Auf der Suche nach der wahren Liebe - Jessica Zimmerer - E-Book
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Auf der Suche nach der wahren Liebe E-Book

Jessica Zimmerer

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Beschreibung

Leni ist nach einer gescheiterten Beziehung am Boden zerstört. War es eine falsche Entscheidung gewesen? Die Zweifel nagen an ihr - wie findet sie nur heraus, was richtig und falsch ist? Sie sehnt sich nach dem Gefühl von wahrer Liebe, unwissend, wie es sich wirklich anfühlt zu lieben. Trostsuchend wendet sie sich an ihre Freundin Hanna, die ihr einen ganz neuen Blickwinkel auf das Geschehene eröffnet. Entschlossen, die wahre Liebe zu finden, begeben sich die zwei Frauen auf eine Reise nach Argentinien. Intensive Begegnungen und Erlebnisse bringen sie mit neuen tiefgründigen Erkenntnissen Stück für Stück der wahren Liebe näher. Eine Liebesgeschichte, die sich mit dem Gefühl Nicht-gut-genug zu sein beschäftigt und gleichzeitig zeigt, wie eine erfüllte Beziehung geführt werden kann und was die Voraussetzungen sind, um wahre Liebe fühlen zu können. „Auf der Suche nach der wahren Liebe“, zeigt dem Lesenden, wie Wachstum in Beziehungen funktioniert und, dass die eigene Selbstfindung wesentlich für eine glückliche Beziehung ist. "Auf der Suche nach der wahren Liebe" erzählt eine spannende Geschichte über Selbstfindung, Selbstliebe, Sehnsucht, erfüllte Beziehungen und tiefsinnige Erkenntnisse. Das Buch ist für alle, die nach dem „Mehr“ in Ihrem Leben suchen - mehr Erfüllung, mehr Liebe und mehr Sinn.

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Seitenzahl: 231

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über dnb.dnb.de abrufbar.

Lektorat: Isabelle Romann

Gestaltung und Satz: Miriam Hase

Bildnachweis:

AdobeStock #557511523 Blubber, AdobeStock #181144215 fantom rd

Print: ISBN 978-3-948885-29-8

Ebook: ISBN 978-3-948885-30-4

www.lebensgut-verlag.de

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Quellen

Danksagung

Über die Autorin

Die Autorin über sich

Kapitel 1

Da stand ich nun – allein im kalten Flur unseres Hauses, verlassen und verbittert. Meine rechte Hand lag auf der grauen, massiven Tür. Mein Blick ging entrüstet in die Richtung, in der ich ihn zum letzten Mal gesehen hatte. Hier hatte er mich endgültig stehen lassen. Ich konnte es nicht mehr rückgängig machen.

Abwesend starrte ich in die entstandene Leere. Mich umgab eine Glasglocke, die mich abschirmte. Es kam mir wie ein surrealer Traum vor, aus dem ich nicht erwachte.

Ich hoffte, er würde zurückkommen, mich umarmen, küssen und aus diesem Trancezustand befreien. Doch das tat er nicht. Gar nichts war in Ordnung. Alles war auseinandergebrochen.

Mein Herz fing an zu rasen. Ich übersprang einen Atemzug, als hätte ich Schluckauf. Erst als ich blinzelte, merkte ich, wie die Tränen immer schneller flossen und meine Sicht vollkommen verschwamm. Mit zitternder Hand wischte ich sie mir von der Wange. Ich wollte schreien und gegen die Tür schlagen.

Was war falsch mit mir? Ich wollte doch nur glücklich sein. Hatte ich einen Fehler begangen?

Die Unsicherheit pochte in mir. Ein Speer durchbohrte förmlich mein Herz, der Kopf wurde schwer, und ein dumpfes Geräusch legte sich über meine Ohren. Ich schluckte, doch der Druck wurde stärker. Die Haustür begann, sich von mir wegzudrehen. Mir wurde schwindelig. Ich griff nach einem Stuhl, aber bekam ihn nicht zu fassen, mein Körper drehte sich weg, die Knie knickten endgültig ein. Vor meinen Augen wurde es schwarz.

Als ich einige Minuten später wieder zu mir kam und mein Blick als Erstes an die Decke des Hausflurs fiel, war ich nach wie vor allein, nicht wie im Märchen. Es war kein Prinz gekommen, der mich hätte auffangen können. Kein Happy End für mich. Ich war selbst schuld, immerhin hatte ich ihn vorher weggeschickt. Wieso wunderte ich mich?

Trotz des Aufpralls auf den Fliesen empfand ich keine Schmerzen. Ich spürte nichts außer Kälte. Alles um mich herum war unerträglich still. Meine Gedanken waren das Einzige, was ich laut und deutlich hörte. Wie immer, der Verstand, die klare Stimme meines Lebens, die mir zuvor schon geraten hatte, mich zu trennen. Seine Eigenschaften passten offensichtlich nicht zu meinen Vorstellungen von „dem Richtigen“.

Hier lag ich mit meinen 22 Jahren. Das Gesicht in die brünetten Haare vergraben. Die Hände um den schlanken Körper geschlungen und die grünen Augen zugekniffen.

Irgendwie hatte ich mir das Leben in den Zwanzigern unbeschwerter vorgestellt: in einer erfüllenden Beziehung, mit einem guten Job und unabhängig. Ich wollte endlich auf eigenen Beinen stehen.

Die Realität sah leider anders aus.

Nie zuvor hatte ich nach einer Trennung solche Gefühle gehabt. Ich war immer der Meinung gewesen, der Richtige würde schon noch kommen und mich endlich glücklich machen.

Jetzt empfand ich diese Zuversicht nicht mehr. Mein Herz war schwer wie Beton, es hielt mich fest auf dem Boden gefangen.

Warum schmerzte es so unerträglich und warum lähmte es mich, als sei ich diejenige, die verlassen worden wäre?

Dieses Mal erhielt ich keine Antwort von meinem Verstand.

Hatte ich etwas übersehen? War meine Entscheidung falsch? Nun hatte ich doch das, was ich wollte – oder etwa nicht?

Was aber, wenn es falsch war, ihn gehen zu lassen? Wenn er der Richtige war? Wenn … Nein! Mein Kopf war mit Fragen überladen wie die S-Bahn zu Stoßzeiten.

„Stoppt diese Bahn! Ich will aussteigen“, entfuhr es mir.

Tränen kullerten herunter. Meine Hände zitterten, und erneut schlug mein Herz schneller. Es bahnte sich ein zweiter Nervenzusammenbruch an. Immerhin fühlte ich meinen Körper wieder, und hinfallen konnte ich auch nicht mehr. Es wäre sogar erleichternd, wenn ich auf ein Neues ohnmächtig werden würde und so vor meinen Gefühlen fliehen könnte.

Gab es einen Schalter, um dieses Leiden auszuknipsen? Wo zum Teufel kam dieser Herzschmerz überhaupt her?

Eine Stimme in mir wisperte: Die Emotionen sind ein Teil von dir. Fühle sie.

Wer sprach da?

Unterdrücken und ablenken ist der einfachste Weg, entgegnete die mir geläufigere Stimme.

Atme, widersprach die erste.

Ich versuchte, ihr zu folgen, sog so viel Luft wie möglich ein, um die Schmerzen anschließend auszupusten. Jetzt fand ich die Kraft, um mich aufzusetzen.

Abermals wisperte mir die leise Stimme zu.

Du hättest früher auf mich hören sollen.

Kapitel 2

Irgendetwas brummte und vibrierte in meiner Nähe. Irritiert schaute ich mich um. Einige Zentimeter entfernt lag mein Handy neben mir auf dem Boden. Automatisch griff ich danach und blickte auf das blinkende Display.

Mary: „Und?“

Einige Stunden zuvor hatte ich mit ihr die Trennung besprochen. Jetzt kam es mir albern vor, dass ich mir nicht mehr Zeit für die Entscheidung gelassen hatte. Sie hatte sich ebenfalls vor Kurzem getrennt. Ihr ging es blendend, sie fühlte sich frei und unabhängig. Nicht so wie ich. Hatte ich mich von ihr beeinflussen lassen?

Ich tippte: „Na ja, mir geht es nicht so gut.“

Mary: „Ja, das ist normal. Keine Sorge, morgen geht es dir besser.“

Das war kaum vorstellbar. Wieso hatte ich das nur gemacht?

Ich: „Was ist, wenn es falsch war?“

Leo war immer liebevoll zu mir und jederzeit für mich da. Was hatte ich für einen Grund? Ich konnte mich nicht mal mehr erinnern.

Mary: „Es ist normal, dass du jetzt nur an das Gute denkst, aber du hast ihn nicht mal vermisst, als du ihn länger nicht gesehen hast.“

Das fehlende Vermissen war ein Punkt auf meiner innerlichen Pro-und-Kontra-Liste bei Leo. Das Pro, dass ich vollkommen so sein konnte, wie ich war, und er immer hinter mir stand, reichte anscheinend nicht.

Eine neue Nachricht riss mich aus den Gedanken.

Mary: „Ihr seid so unterschiedlich, das konnte auf Dauer nicht gut gehen. Ihr habt doch völlig andere Vorstellungen vom Leben.“

Traurig nickte ich. Im Gegensatz zu Leo hatte ich einen klaren Plan, was ich vom Leben erwartete. Nach dem Abitur vor drei Jahren hatte ich meine Ausbildung zur Bankkauffrau begonnen, und das anschließende Studium im Immobilienbereich war ebenfalls geplant. Ich wollte etwas erreichen, immer vorankommen und kein Durchschnittsleben führen.

Leo hingegen machte ein soziales Jahr, fing ein Studium an, hörte wieder auf, und vor Kurzem hatte er eine Ausbildung als Rettungssanitäter begonnen. Er nahm den Tag so, wie er kam, während meine Wochen im Voraus verplant waren.

Ich: „Ja, ich weiß. Aber irgendwie fühlt es sich trotzdem falsch an.“

Wie sollte denn ein Gefühl ausreichen, um die Pro-Seite zu füllen? Und wie sollte das für eine Beziehung reichen?

Mary: „Jetzt lenk dich ab und geh feiern, hol dir einen anderen und genieß deine Freiheit. Du wirst ihn schnell vergessen.“

Bei dem Gedanken wurde mir schlecht. Laute Musik und viele Leute, die im Gedränge aneinanderstoßen, konnte ich nicht gebrauchen. Allerdings würde der dumpfe Bass dieses belastende Gefühl überdecken.

Würde mich das befreien? Ich strebte nach grenzenloser Unabhängigkeit und wollte mein Leben nicht nach einem anderen Menschen ausrichten.

Ich: „Vielleicht hast du recht.“

Mary: „Klar habe ich das. Du findest einen, der besser zu dir passt. Zufrieden warst du ja auch nicht wirklich.“

Ich runzelte die Stirn. Wann war ich jemals zufrieden? Es fand sich immer etwas, was mich störte. Unzufriedenheit war eine Grundeinstellung, die mir half, stetig weiterzukommen. Die Kehrseite zeigte sich darin, dass ich mir bei einer Entscheidung selten sicher war. Aus diesem Grund die Listen, um mir Stabilität zu geben. Mary hatte recht: Häufig beschwerte ich mich darüber, dass Leo mir nicht das gab, wonach ich suchte.

Würde ich jemals glücklich sein und jemanden finden, der zu mir passte und bei dem ich mir absolut sicher war?

Schnell verwarf ich den Gedanken. Da draußen gab es überwiegend Jungs, die meinen Erwartungen nicht standhielten. Vor Leo hatte ich einige Dates gehabt, aber niemand hatte mein Interesse geweckt.

Mary war der Meinung, dass Leo und ich später wieder zueinanderfinden könnten, und genau das gab mir Hoffnung. Wenn ich mich ausgelebt haben und älter sein würde, dann würde er perfekt sein. Dieser Gedanke tröstete mich, und tief in mir sehnte ich mir diesen Zeitpunkt herbei.

Wieso konnte nicht jetzt schon alles wieder gut sein? Unzufrieden und zugleich betrübt legte ich mich zurück auf den Boden. Am liebsten wäre ich darin versunken.

Mein Handy blinkte erneut, ich linste und sah, wie Mary schrieb, ob ich ihr noch erzählen wollte, wie die Trennung abgelaufen war.

Mein Magen zog sich zusammen. Sofort erschien mir Leos lächelndes Gesicht vor den Lidern. Seine große, muskulöse Statur und die braunen, verwuschelten Haare, die ihm in die Stirn fielen und die warmen, schokobraunen Augen umrahmten. Diese Augen, die mich vom ersten Moment an fasziniert hatten. Sie schenkten mir Sicherheit und Geborgenheit, so viel Liebevolles lag darin. Unweigerlich erinnerte ich mich an den Moment von vorhin.

Leo hatte ahnungslos auf mich gewartet, wie fast jeden zweiten Freitag, wenn ich von der Berufsschule heimkam, nachdem wir uns zwei Wochen nicht gesehen hatten.

„Hi, können wir eine Runde spazieren gehen?“

Ich vermied es, Leo anzublicken.

„Ja, was ist los?“ Seine Stimme klang besorgt. Er sah mir sofort an, wenn etwas nicht stimmte.

Ich bat ihn nicht herein, obgleich ich übers Wochenende sturmfrei hatte. Ich wollte ihm nicht gegenübersitzen. Beim Anblick seiner vertrauenswürdigen Augen würde ich mein Vorhaben vergessen. Der Kloß im Hals erschwerte mir das Reden.

„Ich habe mir Gedanken über uns gemacht. Wir streiten häufig, weil wir unterschiedliche Ansichten haben. Vielleicht sind wir einfach zu verschieden …“

Ich schluckte schwer, bevor ich fortfuhr. „Für mich steht ein neuer Lebensabschnitt an. In zwei Monaten studiere ich in München. Ich bin mir nicht sicher, ob ich eine Fernbeziehung möchte. Ein Neuanfang, ganz für mich allein, fühlt sich gerade richtig an. Ich will einfach alles hinter mir lassen und in meine eigenen vier Wände ziehen.“

War das wirklich wahr? Der Druck auf dem Herzen fühlte sich alles andere als bestätigend an.

Er blieb still. Ich hatte das Gefühl, weitersprechen zu müssen.

„Ich möchte mich ausleben und nichts verpassen. Ich bin noch jung. Würden wir uns in ein paar Jahren wieder treffen, dann …, aber momentan brauche ich einfach dieses Abenteuer.“

Er nickte und nahm es hin. Ich erwartete eine Antwort. Wünschte mir insgeheim, dass er wie gewohnt um mich kämpfte. Bei jedem Streit kam er zu mir. Auch wenn ich es nicht verdient hatte. Überhaupt hatte ich ihn nicht verdient. Für Leo war es besser so.

Nach ein paar Minuten blieb er stehen.

„Leni, ich hoffe, du hast es dir gut überlegt. Wir hatten eine sehr schöne Zeit, und wir würden auch die Fernbeziehung gut meistern. Das zwischen uns ist etwas ganz Besonderes.“

Hatte ich es mir gut überlegt? Ich war mir unsicher, aber diesmal wollte ich nicht mehr zweifeln. Die Entscheidung war getroffen. Ich musste es durchziehen.

Leo sagte öfters, dass ihm meine Unschlüssigkeit zusetzte, denn er war sich vollkommen sicher mit mir. Nachvollziehen konnte ich das nie. Selbst jetzt hätte ich am liebsten gesagt: „Nein, Leo, ich hab keine Ahnung, ob ich das wirklich will. Ich muss es einfach ausprobieren, um es zu wissen.“

Doch ich blieb still. Er schaute mich traurig, aber gefasst an. Immer schon konnte er die Dinge akzeptieren, wie sie sind, und besonnen reagieren. Das bewunderte ich an ihm.

Mehr um mich selbst zu beruhigen, bestätigte ich ihm: „Ja, ich bin mir sicher. Vielleicht finden wir zu einem späteren Zeitpunkt wieder zueinander. Die Beziehung kam einfach zu früh.“

Ich hörte mich und glaubte mir dabei kein Wort. Zumal ich gehofft hatte, mit dieser Aktion mehr Klarheit zu erlangen.

Insgeheim wollte ich von ihm hören, dass es zwischen uns perfekt war. Ja, er sollte mir die Entscheidung abnehmen.

„Du musst wissen, was du für richtig hältst. Das kann dir keiner sagen“, sagte er passend.

In diesem Moment wünschte ich mir eine sprechende Fabelfigur, wie die Taube bei Aschenputtel, die mir die Wahrheit zurufen und mir mitteilen würde, ob ich das Richtige tat, aber das Leben war nun mal kein Märchen. Nein, es war vielmehr ein Kampf. Ein geistiger Kampf in mir.

Als wir seinem Auto näherkamen und der Abschied bevorstand, wurde es mir allmählich bewusst. Dieses Mal gab es kein Zurück. Es gab keine dieser Umarmungen, die sich anfühlten, als würde ich in ein warmes Wasserbecken eintauchen und vollkommen in Sicherheit gehüllt sein.

Während ich davon träumte, blieb er erneut stehen und schaute mich ausdruckslos an.

„Mach’s gut. Ich werde dich vermissen.“

Für einen winzigen Moment brachte er sogar ein halbherziges Lächeln zustande. Dann stieg er in sein Auto. Tränen schossen mir in die Augen, während mein Herz schmerzte.

„Tschüss, Leo“, flüsterte ich. Mehr brachte ich nicht heraus.

Er fuhr weg, und ich sah dem Auto hinterher, bis es aus meinem Sichtfeld verschwand. Plötzlich traf mich die Realität wie ein Schlag. Er war für immer weg. Für immer. Er würde nie wieder für mich da sein, und ich könnte nie wieder bei ihm Halt suchen, wenn die Welt schwankte. Nie mehr seine Ausgeglichenheit fühlen, wenn mir alles zu viel wurde.

Panik kroch in mir hoch. Meine Sicht verschwamm, und ich rannte, so schnell ich konnte, zurück zum Haus. Als ich die Tür aufschloss, sah ich seine Sporttasche auf dem Stuhl neben dem Eingang liegen. Ich wischte meine Tränen weg, und mit einem sachten Lächeln griff ich sofort nach dem Handy.

„Hallo, Leo, du hast deine Tasche noch hier.“

„Die habe ich wohl beim letzten Mal vergessen. Ich drehe um.“

Wartend saß ich auf dem Stuhl in unserem Hausflur, seine Tasche auf dem Schoß. Ich hielt sie fest umschlungen wie einen kleinen Schatz.

Dann klingelte es. Ich öffnete die Tür und lächelte ihn an. Das Lächeln war unwillkürlich da. Mein Herz weitete sich ein Stück. Ein seltsames Gefühl, da ich ihn doch eben verlassen hatte. Sprach da vielleicht meine Seele zu mir?

Er blieb ernst und sah mich nicht an. Daraufhin verfinsterte sich auch meine Miene. Ich überreichte ihm seine Tasche.

„Danke“, sagte er und drehte sich unmittelbar um. Kein Zögern, kein weiterer Blick.

Ich wollte den Mund aufmachen und etwas sagen, aber auf die Schnelle wusste ich nicht, was. Nichts hätte Sinn ergeben.

Stumm und regungslos blieb ich stehen, bis ich schließlich auf dem Boden lag.

Kapitel 3

In der Nacht träumte ich von Freiheit, Abenteuer und Aufregung. Mit einem Wohnwagen fuhr ich den Highway No. 1 in den USA hoch. Die Sonne strahlte mit mir um die Wette.

Im Radio lief „Summer of ’69“. Ich bewegte meinen Körper im Takt hin und her und das Lenkrad gleich mit.

Die Aussicht auf das Meer war befreiend und berauschend – ich heiter und glücklich.

Neben mir setzte eine männliche Stimme zum Gesang ein. Ich blickte nach rechts und sah Leo auf dem Beifahrersitz. Zusammen trällerten wir den Refrain und lachten. Wir sangen dermaßen schräg, dass andere Menschen sich die Ohren zuhalten würden. Mit Leo gemeinsam die Welt erkunden. Ohne Zweifel, ohne Streit, unbekümmert und glücklich das Leben genießen. Wie schön das wäre! So stellte ich es mir vor.

Allmählich wurde ich wach, spürte noch das Lächeln auf meinen Lippen. Bis ich tatsächlich in der Realität ankam und hochschreckte. Schlagartig zog ich mein Gesicht schmerzvoll zusammen. Mein Herz war nicht länger mit rosaroter Liebe gefüllt, sondern mit rotem Blut. Es fühlte sich an wie gebrochen. Ich krümmte mich, drehte mich um, drückte mein Gesicht in das Kissen und schrie. War es wirklich die richtige Entscheidung gewesen? Wieso schmerzte es so fürchterlich?

Einige Stunden zwischen Weinen und Schlafen vergingen, bis ich realisierte, dass ich für heute Mittag mit meiner Freundin Hanna verabredet war.

Wie sollte ich ihr das mit Leo mitteilen? Meine Stimme war labil, so vermutete ich. Sobald ich anfangen würde zu sprechen, würden mich sicherlich die Tränen überkommen.

Dabei nahm Hanna sowieso sofort wahr, wenn etwas nicht stimmte. Vor einigen Wochen hatte sie noch gesagt, dass Leo und ich uns perfekt ergänzten. Sie wählte das Wort „Einheit“ für uns. Vermutlich wünschte sie sich auch so einen Freund, denn sie war seit mehreren Jahren Single.

Nein, ich konnte ihr das jetzt nicht sagen. Sie würde das nicht verstehen. Sollte ich ihr absagen? Es war zu verlockend, im Bett zu bleiben und in Selbstmitleid zu versinken, anstatt mich meinen Problemen stellen.

Hanna und ich trafen uns in einem zentralen Café in der Stadt. Unterwegs hielt ich meinen Blick auf den Boden gerichtet. In der Hoffnung, ich würde niemanden treffen, den ich kannte.

Als ich nach einiger Zeit aufsah, fiel mir ausgerechnet dieses imposante und markante Haus auf. Es wirkte nicht sehr einladend, da es überwiegend aus kaltem und dickem Beton bestand. Der Eingangsbereich erstreckte sich über mehrere Meter, überdacht mit einer massiven Platte.

War es ein Zufall, dass ich ausgerechnet an diesem Haus aufsah? Gerade hier, wo mich alles an unser erstes Date erinnerte …

„Komm, hier können wir uns unterstellen.“ Leo griff nach meiner Hand und zog mich hinter sich her, bis wir den Unterstand an einem mächtigen Haus erreichten.

Dicke Tropfen prasselten heftig nieder, sodass sich das Wasser auf der Straße zu einem kleinen Bach sammelte. Ich rückte näher zu ihm. Wir schauten uns an und mussten lachen. Der Regen hatte uns eiskalt erwischt.

Erneut fiel mir auf, was für einen faszinierenden Glanz seine Augen umgab. Sie hielten mich fest und ließen mich die Welt für einen kurzen Augenblick vergessen.

Da ist es. Genau danach hast du gesucht. Er hat das Funkeln in den Augen, dachte mein Herz.

Die Augen sind nicht alles. Du hast eine klare Vorstellung von einem potenziellen Partner. Konzentriere dich darauf, ob er die Punkte erfüllt. Sonst lohnen sich keine weiteren Dates, widersprach mein Verstand.

Er nahm mich in den Arm. Dabei versuchte er, mich vor dem Regen zu schützen. In seiner Aura lag etwas Besonnenes. Beschützendes. Liebevolles. Ich fühlte mich sicher und wohl in seiner Nähe. Seltsam, denn ich kannte ihn kaum. Einige Zeit verweilten wir so. Es war mir völlig egal, dass wir nass unter einem fremden Haus standen. Der Moment war perfekt.

Leo löste sich von mir. „Der Regen lässt nach. Lass uns zum nächsten Unterstand rennen.“

Er rannte los und ich hinterher. Seine Bewegungen waren anmutig und kraftvoll. Sein Körper groß, schlank und dennoch muskulös.

Ist er nicht faszinierend? Er beschützt dich. Er ist bedacht und wird dein Schusseligsein, deine Ungeduld und Unsicherheit perfekt ausgleichen. Gib ihm eine Chance, dachte es in mir.

Nach ein paar Sprints und zeitweisen Pausen kamen wir völlig durchnässt bei meinem Auto an. Wir setzten uns hinein, schauten uns an und lächelten.

„Was machst du morgen?“, fragte er mich.

Sofort breitete sich ein Stechen in meiner Magengegend aus, und ich verzog mein Gesicht.

„Ich muss arbeiten. Ich kellnere in einer Gaststätte, und eigentlich sollte ich danach noch etwas im Haushalt helfen … Und was machst du?“

„Ich habe morgen ein Fußballspiel, und dann gehe ich mit meinen Jungs in die Stadt.“

Ich nickte. So gern würde ich samstags Zeit für mich haben oder mit Freunden mittags abhängen.

„Arbeitest du auch nebenbei?“, versuchte ich ihm zu entlocken. Seit ich vierzehn war, jobbte ich, um unabhängig zu sein. „Von nichts kommt nichts“, war mein Lebensmotto. Aus diesem Grund stellte ich mir einen Freund vor, der dieselben Ambitionen und Ziele hatte.

Leo schüttelte den Kopf. „Nein, mache ich aktuell nicht.“

Einige Zeit war es still, bis ich fragte: „Hast du Lust auf ein Spiel?“

Leo schenkte mir ein schiefes Lächeln. „Was denn für eins?“

„Ich stelle dir ein paar Fragen.“

So fand ich schnell heraus, ob er zu mir passen könnte.

Leo sah mich verschmitzt an. „Schieß los.“

„Wenn du eine Superkraft haben könntest, welche wäre das?“

„Ich wäre gerne so stark wie Superman. Und du?“ Er lachte.

„Fliegen!“, kam es sofort aus mir heraus.

Schmunzelnd sah er mich an. „Du liebst es wohl, frei zu sein, was?“

Ich nickte.

„Jetzt bin ich dran. Wenn du einen Wunsch frei hättest, wie sähe er aus?“

Für einen Augenblick überlegte ich.

„Ich wäre gern reich.“ Fast alle Probleme konnten mit Geld gelöst werden.

„Und du?“, fragte ich ihn.

Er sah verlegen weg. „Es hört sich vielleicht kitschig an, aber ich wünsche mir einfach Frieden.“

Ich musste lächeln und wusste nicht, ob ich es gut oder komisch fand. Darüber hatte ich noch nie nach gedacht.

Dann fragte er mich: „Was würdest du denn mit dem Geld anfangen?“

„Ich würde gerne reisen und mehrere Immobilien kaufen.“

Reisen war für mich das Tor zur weiten Welt, zu neuen Kulturen und anderen Ansichten.

„Was würdest du machen, wenn du nie wieder arbeiten müsstest?“, stellte ich ihm die nächste Frage.

Leo fasste sich nachdenklich ans Kinn. „Vermutlich würde ich meine Eltern unterstützen, damit sie weniger Stress haben.“

Er war selbstlos. Das konnte ich von mir nicht gerade behaupten.

„Wie würdest du dich in einem Wort beschreiben, Leni?“

„Sag du zuerst“, erwiderte ich schnell. Ich wollte ihn nicht abschrecken.

Prompt antwortete er: „Unkompliziert.“

Ich lächelte ihn an. „Das habe ich auch schon gemerkt.“

„Na los, sag schon“, forderte mich Leo erneut auf.

Ich zögerte. Erst gestern hatte ich ein Treffen mit einer Freundin abgesagt. Wir wollten zum Zumba, aber dann hatte ich mich wieder umentschieden, weil ich doch keine Lust dazu hatte. Daraufhin sagte sie: „Eigentlich hätte ich es wissen müssen, bei dir kann man sich nie sicher sein.“

„Ich bin eher kompliziert“, sagte ich mit gesenktem Kopf.

Leo strahlte mich weiterhin an, und es sah nicht aus, als ob sein Interesse deshalb schwand.

„Was sind deine größten Lebensziele?“, fragte ich.

Ohne lange nachzudenken, antwortete Leo: „Glücklich und zufrieden sein … und deine?“

„Ich möchte erfolgreich sein.“ Und deshalb wollte ich einen Mann, der mich an die Hand nahm und mir die Welt zeigte. Von dem ich was lernen konnte. Einen Mann, der wusste, was er wollte. Alles andere würde nicht funktionieren.

Es hatte drei Jahre lang funktioniert. Leo glich mich aus. Seine Authentizität und Zufriedenheit zogen mich magisch an. Hatte ich das Gefühl, alles um mich stürzte ein, so fand ich bei ihm Halt. Einen Halt, den es in mir nicht gab.

Bei ihm konnte ich die Welt für einen kurzen Augenblick vergessen. Vergessen, dass ich eigentlich immer auf der Suche nach mehr war. Bei ihm konnte mein verkrampfter Verstand sich endlich entspannen.

Außer manchmal. Es gab Momente, da half auch Leo nicht, meine Unruhe und Unzufriedenheit auszugleichen. Im Gegenteil, in diesen Augenblicken fokussierte ich mich voll und ganz auf seine Fehler und das, was er mir nicht geben konnte: Erfolg und das Streben nach mehr.

Vollkommen glücklich konnte ich nie sein. Aber woran lag das? Ich wollte doch einfach nur die einzig wahre Liebe finden. Eine Liebe, die mich und all meine Wünsche erfüllte. Der passende Deckel, der mich vollständig machte. Leo konnte das nicht, also musste ich eben nach einem anderen Deckel suchen, oder?

Ein Ziehen in der Magengegend ließ mich innehalten.

Er war nicht schuld daran, dass du nicht glücklich sein konntest.

Ein Haus kann man nicht auf unterschiedlichem Fundament erbauen. Damit ergriff mein Verstand wieder das Ruder.

Die Basis schaffst du in dir, flüsterte die Herzstimme.

Ich schüttelte den Kopf. Diesem ständigem Hin und Her konnte ich nicht mehr folgen. Es zerriss mich förmlich. Was war richtig und was falsch?

Wie ferngesteuert trugen mich meine Beine weiter bis zu dem Café, in dem Hanna bereits wartete.

„Leni, hier drüben.“

Hanna stand auf und winkte euphorisch. Ihre langen, schwarzen Haare wehten im Wind und umrahmten ihr hübsches Gesicht. Die strahlend blauen Augen konnte ich bereits aus der Ferne erkennen. Auch die anderen Cafégäste richteten die Blicke auf sie. Die Aura, die sie umgab, war spürbar und magisch. Als ich ihr näherkam, lief sie mir entgegen und umarmte mich.

Unweigerlich fing ich an zu schluchzen, obwohl ich das in der Öffentlichkeit überhaupt nicht wollte, aber ich konnte es nicht zurückhalten. Diese Wirkung hatte sie immer auf mich: Was bisher unterdrückt und gut verborgen war, kam plötzlich zum Vorschein.

Manchmal hatte ich das Gefühl, bei ihr ein anderer Mensch zu sein. Bei ihr fühlte ich mich wohl und aufgehoben, aber zugleich nackt.

Hanna flüsterte mir ins Ohr: „Ich bin für dich da. Alles wird gut. Irgendwie habe ich es schon geahnt.“

Dankbar, nichts sagen zu müssen, genoss ich ihre Nähe. Sie verstand mich blind. Seit einem Jahr arbeitete sie als Life Coach, dort konnte sie ihr Talent, zu spüren, was in anderen Menschen vorgeht, sinnvoll einsetzen.

Als ich mich wieder beruhigte und deutlich leichter fühlte, setzte ich mich auf den gegenüberliegenden Stuhl.

Hanna schaute mich einfühlsam an. Bei ihrem Blick dachte ich sofort wieder an Leo. Was er wohl heute machte? Vielleicht war er auch in der Stadt?

Meine Hände waren kalt, und ich fror, obwohl es Sommer war.

„Ach, Leni, ich kann es gut nachvollziehen“, sagte Hanna.

Hannas Freund hatte sich vor einigen Jahren von ihr getrennt. Es brauchte seine Zeit und viele Therapiesitzungen, bis sie es verkraftet hatte und sich nicht mehr selbst dafür die Schuld gab.

„Der Verstand wird dir nicht verraten können, wen du liebst oder lieben solltest.“

Ich nickte wortlos und ohne es wirklich aufzunehmen. Hanna sagte häufig, dass ich ein starker Kopfmensch sei.

„Der Verstand hinterfragt und prüft, aber Liebe ist nicht logisch. Lieben kann man nicht mit dem Kopf. Nur dein Herz fühlt, ob es richtig ist.“

Sie machte eine Pause, als ob sie wüsste, dass ich Zeit brauchte, um ihren Worten zu folgen. Was fühlte ich denn?

„Nachdem ich Jonas verloren hatte, merkte ich, dass etwas in meinem Leben schieflief, doch da war es zu spät. Wenn dein Herz nicht laut genug mit dir spricht, dann nimm deinen Körper wahr. Er zeigt dir den richtigen Weg.“

Ich atmete tief ein und spürte, wie die frische Luft mir meine Fassung zurückgab und wie zugleich der Schmerz intensiver in mein Herz einzog. Ich dachte an Leo und an sein Lächeln.

Hatte Hanna recht?

Sogleich verwarf ich den Gedanken, denn das half mir jetzt sicherlich nicht. Ich musste zu meiner Entscheidung stehen.

„Hanna, ich hatte Gründe für diesen Schritt. Ich habe ihn überhaupt nicht vermisst. Das ist doch nicht normal. Wenn es die wahre Liebe wäre, würde ich ihn doch immer bei mir haben wollen.“

Sie schaute zu Boden, überlegte einen kurzen Moment. „Ist Vermissen für dich ein Liebesbeweis?“

Ich nickte. Hanna war schon einige Jahre Single, und es schien, als käme sie gut zurecht, vielleicht konnte sie mich nicht verstehen.

„Für mich heißt Liebe, dass man nicht mehr ohne den anderen sein will“, antwortete ich.

Ich dachte an den Song, der vorhin im Radio lief und davon erzählte, wie sehr der Sänger sich nach seiner Freundin verzehrte. Leo schrieb mir immer, wie sehr er mich vermisste, und ich konnte es kaum erwidern. Das war doch nicht normal.

Hanna sah in den Himmel, als würde sie sich erinnern.

„Natürlich möchte man bei dem anderen sein, aber man kommt auch ohne ihn zurecht. Wahre Liebe lässt frei.“

„Ich will aber so eine romantische Liebe wie im Märchen“, erwiderte ich.

„Unser Leben ist aber kein Märchen. Man findet nicht den einen und ist für allezeit mit ihm glücklich, ohne etwas dafür zu tun.“

Ich nahm einen Schluck von meinem Kaffee, den sie mir bestellt hatte.

„Hm“, knirschte ich. Es musste doch diese eine alles umfassende Liebe geben, oder?

„Aber warum vermisse ich ihn dann nicht?“

Sie sah mich eindringlich an. „Es ist in dir.“

Was meinte sie damit?