Auf Männerfang - Christiane Hagn - E-Book

Auf Männerfang E-Book

Christiane Hagn

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Beschreibung

Wenn Christiane Hagn an ihre eigene Liebesbiografie denkt, kann sie auf viele schöne und einige weniger schöne Beziehungen zurückblicken. Doch leider konnten all diese Partnerschaften (von heißen Flirts bis hin zu 'diesmal für immer') nie dem turbulenten Alltag einer Paarbeziehung standhalten. Während Freunde und Bekannte das Scheitern einer Beziehung ja 'eh immer schon voraussehen', macht sie sich in einem gewagten Selbstversuch daran, die Gründe dafür zu erforschen - damit beim nächsten Mal endlich alles ganz anders, vielleicht sogar 'ewig' wird. In Auf Männerfang startet sie 33 verrückte, halsbrecherische und ambitionierte Versuche, den Mann fürs Leben zu finden. Dafür testet sie neben den altbekannten auch ganz unkonventionelle Möglichkeiten der Partnersuche: vom Speed-Dating bis hin zum Tangokurs, von der Modemesse über den Italienisch-Kurs und dem städtischen Freibad bis hin zur Kletterwand. Sie findet: Es wird höchste Zeit, über den eigenen Schatten zu springen, hinzufallen, aufzustehen und am Ende Bilanz zu ziehen: Findet frau den Mann fürs Leben, wenn sie nach ihm sucht? Egal, wie man ihn nun nennt, eigentlich suchen ihn doch alle Frauen: den Einen und Einzigen, den Mann fürs Leben, Mr Right, den Traummann. Das zeigt sich unter anderem an unzähligen Internet-Partnerbörsen, Kontaktanzeigen und Single-Events, die immer gefragter werden. Doch trotz des heißen Wunsches und schier unendlicher Möglichkeiten erweist sich die Suche nach dem Richtigen in der Praxis doch häufig als echte Herausforderung, die nicht immer von Erfolg gekrönt ist. Das belegen nicht zuletzt aktuelle Statistiken über die stetige Zunahme von Singlehaushalten in Großstädten. Doch woran liegt das, und was ist so schwierig an der Suche nach dem Partner fürs Leben? Alle Frauen träumen von ihm: dem Mann fürs Leben! Doch angesichts der verzweifelten Suche vieler Singles könnte frau sich manchmal ernsthaft fragen, ob es sich bei ihm nur um einen Mythos handelt. Oder versteckt er sich nur unheimlich gut? Wie stellt man es also an, den richtigen Partner zu finden? Und warum ist das so schwer? Christiane Hagn geht in Auf Männerfang diesen Fragen in 33 Selbstversuchen auf den Grund und erzählt auf amüsante, bewegende und entwaffnend ehrliche Weise von ihren Erfahrungen auf dem Singlemarkt und von ihrer unkonventionellen und doch romantischen Suche nach dem Richtigen. '›Das Eigelb von den Eiern trennen und in einen Messbecher geben‹, erklärt mir Konstanze am Telefon streng. Ich klemme das Handy zwischen Ohr und Schulter und versuche ungeschickt, ihre Anweisung zu befolgen. ›Ich finde, Eigelb von Eiern trennen klingt irgendwie nicht richtig. Eigelb und Ei gehören doch zusammen, so wie Finger und Hand. Oder Mutter und Kind.‹ Konstanze seufzt. ›Christiane, du willst doch ein Tiramisu machen, oder? Also trenn jetzt das verdammte Eigelb vom Ei.‹ Ist ja gut. Ich trenne ja schon. ›Ist das schlimm, wenn noch ein bisschen Eigelb im Eiweiß schwimmt?‹ Konstanze seufzt noch lauter: ›Wieso bringst du nicht einfach eine Flasche Wein mit auf diese Italiener-Party?‹ - ›Na hör mal. Ich suche doch den Mann fürs Leben. Und falls er da sein sollte, muss ich ihn schon ein bisschen beeindrucken.‹ Konstanze lacht. ›Wenn du ihn beeindrucken willst, sprich italienisch, zeig Dekolleté oder zieh am besten gleich ein Dirndl an. Da stehen die Italiener drauf. Aber gegen das Tiramisu seiner italienischen Mamma kommst du eh nicht an. Das ist wie ein Kampf zwischen David und Goliath.‹ ›Aber David hat gewonnen‹, gebe ich zu bedenken.'Christiane Hagn

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Christiane Hagn

Auf Männerfang

33 verrückte, halsbrecherische und ambitionierte Versuche, den Mann fürs Leben zu finden

Ein Selbstversuch

Schwarzkopf & Schwarzkopf

INHALT

Für Evi W.

»Die Liebe besteht zu 3/4 aus Neugier.«

Giacomo Girolamo Casanova (ital. Abenteurer u. Schriftsteller, 1725  798)

Alle Namen der in diesem Buch auftretenden Personen wurden geändert.

Vorwort

»Der Mann fürs Leben«: Ein Mythos oder einfach nur gut versteckt?

Mein Name ist Christiane. Ich bin zum Zeitpunkt dieses Vorwortes fast dreißig Jahre alt und Single. Meine letzte Beziehung liegt zwei Monate zurück, dauerte ein halbes Jahr und war von vornherein zum Scheitern verurteilt. Davon wusste ich nur nichts. Zugegeben, die Voraussetzungen waren nicht ideal. Er war 15 Jahre älter als ich und kam frisch aus einer zehnjährigen Beziehung. Abgesehen davon kannten wir uns gerade erst einen Monat, als er schon bei mir einzog. Möglicherweise etwas überstürzt. Aber Liebe versetzt bekanntlich Berge.

Eine Beziehung auf Sprichwörtern aufzubauen funktioniert nur bedingt. Denn die Berge blieben, wo sie waren. Alles, was dagegen von ihm blieb, war eine leere Hälfte in meinem Kleiderschrank, ein Werkzeugkasten und ein Post-it, auf dem »Tut mir leid, Häschen« stand. Mir auch, dachte ich und nahm mir vor, mich diesmal nicht wie sonst wochenlang in Liebeskummer zu suhlen und selbst zu bemitleiden. Ich zwang mich, positiv zu denken: Einen Werkzeugkasten hatte ich mir doch schon lange gewünscht! Und die leere Hälfte des Schrankes würde ich schnell mit zahlreichen Frustkäufen füllen. Bis dahin hätte ich genug Platz, eine Menge Liebhaber darin zu verstecken oder endlich meine Kleidung nach Farben zu sortieren.

Kampfbereit, mit dem festen Vorsatz, mich vom Leben und der Liebe nicht unterkriegen zu lassen, steckte ich das Post-it zu seinen Fotos, Briefen und Liebesbeteuerung in ein kleines Kistchen. Dieses Kistchen steht jetzt auf dem Kistchen von Sven, das wiederum auf David steht, das ich zwischen Marco und Simon gequetscht habe. Ich fürchte, bald umziehen zu müssen – nicht weil ich Platz für Mann und Kind brauche, sondern um die Erinnerungskisten meiner Verflossenen unterzubringen. (Bis dahin bleibt immer noch der Kleiderschrank.)

Da stehe ich also vor meinem Kistenberg der gescheiterten Beziehungen und stelle fest, dass keine dieser Partnerschaften – die von »leidenschaftlichen Liebschaften« bis hin zu »diesmal für immer« reichten – dem turbulenten Alltag einer Paarbeziehung standhalten konnte. Leider oder Gott sei Dank – das sei mal dahingestellt. Viel wichtiger ist die Frage nach dem Warum.

Ehrlich gesagt scheine ich die Einzige zu sein, die sich diese Frage überhaupt stellt. Denn Freunde und Familie konnten sie immer recht schnell beantworten. »Kein Wunder!« oder »War ja klar!« waren häufige Kommentare enger Angehöriger, wenn es mal wieder ganz überraschend – zumindest für mich – vorbei war. »Warum suchst du dir auch immer solche Männer aus, mit denen eine Beziehung von vornherein zum Scheitern verurteilt ist?«

Ja, warum? Und wieso haben mich all diese Besserwisser nicht gleich gewarnt und mir freundschaftlich von einer »von vornherein zum Scheitern verurteilten Beziehung« abgeraten? Die Antwort darauf gefällt mir gar nicht, denn ehrlich gesagt, das haben sie getan. Aber wer liebt und nicht hören will, muss fühlen.

Manche Erfahrungen kann man eben nur selbst machen, und aus Fehlern soll man ja bekanntlich lernen. Ich schiebe die Kisten zurück ins Regal und nehme mir vor, beim nächsten Mann alles anders und vielleicht sogar mal richtig zu machen. Im Folgenden werde ich mich einem Selbstversuch unterziehen, ob, wie und wo Frau um die dreißig den Mann fürs Leben findet, wenn sie gezielt nach ihm sucht.

Jetzt stellt sich nur noch die Frage, wen ich da eigentlich suche. »Der Mann fürs Leben«. Das ist immer so schnell dahingesagt. Meistens in Form einer Negation: »Er ist zwar nicht der Mann fürs Leben, aber er vögelt wie ein Weltmeister, und wir haben sehr viel Spaß zusammen.«

Zugegeben: Wir Frauen wissen immer sehr genau, wer kein Mann fürs Leben ist. Im Umkehrschluss die Frage zu beantworten, was diesen Mann ausmacht, der dem Kriterium »fürs Leben« standhalten kann, ist dagegen gar nicht so einfach. Und wann hat man überhaupt angefangen, bei der Partnerwahl über eine Zeitspanne nachzudenken, die sich auf den Rest des Lebens bezieht? Das hat man »früher« doch auch nicht getan. Wenn aus dem »Später« von früher plötzlich das »Jetzt« geworden ist, ist es dann schon zu spät oder einfach nur höchste Zeit?

Ich weiß, was ihr sagen wollt, aber vergessen wir einfach mal das ganze Theater um die biologische Uhr, die angeblich bei Frauen um die dreißig zu ticken beginnt. Kinder kriegen können wir auch noch, bis wir vierzig sind, sofern wir welche wollen oder überhaupt wissen, ob wir welche wollen. Ehrlich gesagt haben meine bisherigen Beziehungen nicht mal das Stadium erreicht, in dem man über das Thema Nachwuchs auch nur nachgedacht hätte. Eine Partner-Bahncard war bislang das höchste Maß an Verbindlichkeit.

Für meinen Selbstversuch nehme ich mir vor, die Zeit der »Bindung, ohne sich zu binden« (ein Satz, mit dem ein internationaler Telefonanbieter wirbt) ein für alle Mal hinter mir zu lassen. Trotzdem kann ich die Frage, wie der Mann sein sollte, an den ich mich für den Rest meines Lebens binden möchte, immer noch nicht so genau beantworten. Ich fühle mich ein bisschen wie Siddharta, der auszog, um das »Atman«, die ewige Essenz des Geistes, einfacher ausgedrückt, die Seele, zu finden. Der hatte bestimmt auch keine Ahnung, wonach er suchte. Erst als er es gefunden hatte, wusste er es.

Vielleicht wird genau das passieren. Vielleicht wird er eines Tages vor mir stehen und ich werde spüren: Das ist er. Diesen Mann habe ich gesucht. Mit diesem Mann will ich leben. Mit diesem und keinem anderen will ich die schönen, die schrecklichen, die aufregenden und zermürbenden Seiten des Lebens teilen. In seinen Armen will ich nachts einschlafen und in seine Augen möchte ich blicken, wenn ich aufwache. Jetzt, später, bis wir alt und grau sind und morgens halbblind nach unserem Gebiss tasten. Mit diesem Mann will ich reisen, lachen, weinen, streiten, leiden und lieben. Mit ihm will ich Kinder haben, oder auch nicht. Ich will für ihn da sein, mich an seiner Schulter ausweinen, die Nächte verquatschen, die Tage vertrödeln. Ich will Geschirr nach ihm werfen und gemeinsam die Scherben aufkehren. Mit diesem und nur diesem. Vielleicht wird genau das passieren: Plötzlich ist alles ganz klar und ganz einfach.

Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht bin ich irgendwann alt und grau, wohne mit einer biestigen Katze zusammen, die mich nicht leiden kann, und sammle gläserne Elefantenfiguren. Und dann werde ich mich fragen, ob ich vielleicht damals, als ich noch jung und schön in der Blüte meines Lebens stand, einfach mal hätte suchen müssen. Für diesen Fall wird es höchste Zeit, jetzt über den eigenen Schatten zu springen, hinzufallen, aufzustehen und am Ende Bilanz zu ziehen: Findet Frau den Mann fürs Leben, wenn sie nach ihm sucht?

Die Regeln

Meine Mission ist es also, den »Mann fürs Leben« zu finden. Diesmal alles richtig, oder zumindest anders zu machen. Daher habe ich den Plan gefasst, mutig und klug zu sein.

Mutig genug, Orte und Wege auszuprobieren, die ich bisher noch nie in Betracht gezogen habe, um jemanden kennenzulernen. Neben uns allen bekannten und gefürchteten Möglichkeiten der konventionellen Partnersuche, wie Kontaktanzeigen, Internetplattformen oder diversen unangenehmen Single-Events, sollten unbedingt auch Gelegenheiten genutzt werden, die nicht offensichtlich nach »Ich bin alleine und verzweifelt« riechen. Orte, an die ich mich bisher noch nicht gewagt habe oder Orte, die ich tagtäglich besuche, an denen ich mich aber vielleicht noch nie richtig umgesehen habe.

Um Fehlerquellen, Fettnäpfchen und »hoffnungslose Fälle« diesmal von vornherein zu vermeiden, werde ich so klug sein, einige Regeln aufzustellen, an die es sich im anstehenden Dating-Marathon zu halten gilt. Außerdem werde ich versuchen, mich von rein oberflächlichen und äußerlichen Kriterien so weit wie möglich zu lösen. Dennoch sei vorab kurz erwähnt, dass mich »der Mann fürs Leben« schon optisch ansprechen sollte. Er muss nicht übermäßig attraktiv und darf auf keinen Fall schön sein. Aber mir sollte er gefallen.

Mich selbst würde ich als durchschnittlich attraktiv beschreiben. Keine Schönheit, eher ein »Typ«. Ich bin dunkelblond, habe langes, meist ungekämmtes Haar und eine undefinierbare Augenfarbe zwischen Grün, Grau und Blau. Meine Augen haben einen leicht mongolischen Einschlag, den sich niemand aus meiner Familie erklären kann. Ich bevorzuge es, wenn der Mann größer ist als ich, was bei meiner Größe von 1,58 Meter nicht zu viel verlangt sein sollte. Ich habe keine Modelmaße (nicht nur wegen der Körpergröße), aber auch keine Ess-Brech-Sucht. Ich bin schlank, wobei mein Körpergefühl je nach Stimmungslage variiert. Uneingeschränkt stolz (auch bei schlechter Laune) bin ich auf meinen Po. (Ich hörte, er solle toll sein!) Ich achte sehr auf den Klang einer Stimme, den ich im Gegensatz zu Gesichtern nie vergesse.

Ich habe keinen bestimmten Typ Mann, den ich bevorzuge – auch wenn mir meine Freundinnen eine Vorliebe für sizilianische Zementmischer und Schiffschaukelbremser unterstellen (ein hartnäckiges Gerücht, das während meiner Studienzeit entstanden und nicht mehr auszurotten ist). Ich gebe zu, ich liebe muskulöse Oberarme und durchtrainierte Körper. Aber genauso gern mag ich Männer, die nicht übermäßig eitel sind. Leider schließen sich diese beiden Kriterien sehr oft aus. Aber das ist nicht weiter schlimm, denn echter Sexappeal kommt eh von innen: Nichts macht einen Mann unwiderstehlicher als Selbstbewusstsein, Humor und Intelligenz. Hat er dann noch tolle Oberarme, umso besser.

Abgesehen davon habe ich einige persönliche Abneigungen, über die ich nicht hinwegsehen kann: Ich könnte mich nie in einen Mann verlieben, der vor dem Essen »Mahlzeit!« sagt, zur Verabschiedung dreimal auf den Tisch klopft, oder inflationär das Wort »schlichtweg« benutzt. Er dürfte auch unter keinen Umständen noch oder wieder bei seinen Eltern wohnen und keine LPG-Biomarkt-Mitgliedschaft besitzen oder haben wollen.

Ansonsten habe ich die gleichen Ansprüche wie wohl jede Frau. Dass er zu mir hält und mich so liebt, wie ich bin, setze ich genauso als selbstverständlich voraus, wie, dass er sich selbst mag, Humor hat, und mich im Bett glücklich macht – was er gern und oft tut. Er ist eben einfach völlig verrückt nach mir. Außerdem ist er kein Mörder, kein Perverser, kein Trinker, kein Junkie und kein entflohener Häftling. Ein ehemaliger Häftling oder ein trockener Alkoholiker wäre dagegen schon wieder denkbar. Schließlich hat jeder Mensch eine zweite Chance verdient.

Abgesehen von diesen Kleinigkeiten gelten folgende Grundregeln:

1. Kein Sex in der ersten Nacht!

Nein, auch nicht nur ein bisschen. Schließlich bin ich keine zwanzig mehr und lustige Bumsbeziehungen hatte ich genug. Wenn ich dem Mann fürs Leben begegne, wird er wohl noch ein bisschen warten können (und ich hoffentlich auch). Natürlich kann ich auch nicht entscheiden, ob jemand der Mann fürs Leben sein könnte, bevor ich nicht mit ihm geschlafen habe. Denn ein ausgefülltes Sexualleben ist neben der Tatsache, dass man sich gegenseitig respektiert und mehr als leiden kann, die wichtigste Grundvoraussetzung für eine lebenslange, glückliche Partnerschaft.

Beim Thema Sex gibt es nach meiner Erfahrung zwei Extreme, die beide gemieden werden sollten: Es gibt die eine Sorte Männer, die nach dem Erlegen ihrer Beute das Interesse verliert, sich nicht mehr meldet, oder nur, um irgendwann noch mal eine Nummer zu schieben. Das ist keine schlechte Sorte Männer, fällt aber in die Kategorie »Liebhaber«, »Bumsfreund« oder »Back-up-Mann für einsame Nächte«. Die viel fatalere Sorte sind jene, die einmal Sex pro Monat für ausreichend halten. Finger weg! Sehr frustrierende Angelegenheit, vor allem hinsichtlich der Zeitspanne Leben. Der Mann, der ein »Nein« in der ersten Nacht akzeptiert, aber spätestens beim zweiten oder dritten Treffen einen erneuten, wenn auch zarten Beischlafversuch startet, darf im Auge behalten werden.

2. Er muss zuerst wieder anrufen!

Ganz ehrlich, wir Frauen finden immer tausend Gründe, warum wir uns doch zuerst melden könnten, obwohl wir uns ganz fest vorgenommen haben, auf seinen Anruf zu warten. Wenn dieser Anruf nicht kommt, werden wir kreativ. Zuerst rufen wir – natürlich ohne jemandem davon zu erzählen – bei unserem Telefon­anbieter an, um nachzufragen, ob möglicherweise eine Störung im Netz vorliege, weil das verdammte Ding einfach nicht klingelt. Spätestens, wenn der O2-Testanruf positiv verlaufen ist, vergessen wir unsere Restscham und heulen uns bei unseren Freundinnen aus.

Fieberhaft und meist betrunken überlegen wir gemeinsam, warum er sich nicht meldet. »Vielleicht ist ihm was passiert?«, ­spekuliert unsere beste Freundin. »Möglicherweise hat er sein Handy verloren«, legt die andere nach. »Oder er wurde überfallen.« – »Genau. Wahrscheinlich ist er einer alten Dame zu Hilfe geeilt, als ihr gerade die Handtasche gestohlen wurde. Dann haben ihn die Übeltäter niedergeschlagen. Jetzt liegt er im Krankenhaus und kann nicht sprechen, weil sie ihm die Zunge abgeschnitten haben. Außerdem haben sie ihm alle Finger gebrochen, sodass er keine SMS mehr tippen kann.« Das muss es sein. Spätestens jetzt, nach der vierten Flasche Sekt, sind wir alle davon überzeugt, dass er zusätzlich an Gedächtnisverlust leidet und wir die Einzige sind, die ihm seine Identität zurückgeben könnte. Angestachelt von dieser neuen Erkenntnis machen wir dann den fatalsten Fehler: Wir rufen ihn an.

»Es klingelt!« Die Freundinnen verstummen und unterdrücken ihr hysterisches Kichern. Er geht ran. Er weiß sofort, wer du bist, und, verblüffender Weise auch, wer er ist. Er hat sich nicht gemeldet, weil er einfach keine Zeit hatte. »Viel zu tun halt.« Dann fragt er, warum wir anrufen würden, und wir reden uns mehr schlecht als recht raus. Wir seien uns nicht sicher, ob wir unseren Regenschirm bei ihm vergessen hätten oder wollten nur eben mal nach dem Rezept von diesem köstlichen Käsekuchen fragen, von dem er so geschwärmt habe. »Nachts um zwei Uhr?« Ganz ehrlich: Scheißidee.

Eine Sache habe ich gelernt: Wenn ein Mann eine Frau wiedersehen will, wird er sich melden. Er ist weder zu schüchtern, noch hat er die Nummer verloren. Wenn er sich nicht mehr meldet, hat er schlichtweg kein Interesse.

3. Keine verheirateten Männer!

Ich weiß, was ihr sagen wollt: »Ich würde mich niemals mit einem verheirateten Mann einlassen!« Das ist sehr löblich und aus moralischer Sicht bestimmt ein guter Vorsatz. Aber dann, eines Tages, steht er plötzlich vor euch. Aus einem Blick wird ein zweiter, dann eine versehentliche Berührung, plötzlich der erste Kuss, gefolgt von einer Entschuldigung und einem noch viel leidenschaftlicherem Kuss. Ehe man sich versieht, hat man eine Affäre mit einem verheirateten Mann. Ihr trefft euch in seltsamen Städten wie Duisburg, Wuppertal oder Halle, wo euch niemand kennt und wo es außer dem Hotelzimmer nichts Interessantes zu sehen gibt. Dort verbringt ihr leidenschaftliche Stunden, jede Nacht, als wäre es die letzte. Kaum wieder getrennt und zu Hause, schreibt ihr euch verschlüsselte SMS. Es ist spannend und aufregend, der Reiz des Verbotenen heizt das Feuer eurer Leidenschaft an. Das unüberwindbare Hindernis »Ehe« schweißt euch zusammen. Das Schicksal von Romeo und Julia ist Kinderkram im Vergleich zu eurem.

Dann folgen die Eifersucht, die Sehnsucht, die Wut. Ein Ultimatum wird gestellt. Entweder er trennt sich, entscheidet sich für dich (was statistisch gesehen selten der Fall ist), oder du musst die Wahl treffen: Trennung oder die »ewig Zweite« sein? Egal wie es kommt, die Chancen, dass es gut gehen wird, stehen schlecht. Sollte er mutig, verliebt und wohlhabend genug sein, sich für dich zu entscheiden und seine Frau zu verlassen, wächst der Druck auf dich. Funktioniert es zwischen euch nicht, fühlst du dich schuldig, seine Ehe – ach was, sein Leben – zerstört zu haben. Auf der anderen Seite quält dich ein nicht zu ignorierendes und äußerst unangenehmes Gefühl in deiner Bauchgegend. Schließlich hat dieser Mann schon einmal sein »Versprechen fürs Leben« gegeben. An eine andere. Und wer einmal lügt, dem ... Kann man so einem Menschen vertrauen? Und ist Vertrauen nicht die Basis für jede funktionierende »Fürs Leben«-Beziehung? Ich fürchte schon.

Sollte es dir allerdings vor allem um den Nervenkitzel, um den Reiz des Verbotenen gehen, empfehle ich ein Verhältnis mit dem Kollegen oder dem Vorgesetzten – unverheiratet, versteht sich. Denn was könnte spannender sein als eine heimliche Nummer auf dem Kopierer, während die anderen im Meeting sitzen?

4. Kein Altersunterschied, der 12 Jahre­ ­übersteigt!

Zuallererst aus rein pragmatischen Gründen. Ich suche den »Mann fürs Leben« und gehe – optimistisch wie ich bin – nicht davon aus, schon morgen von einem Bus überfahren zu werden, sondern schätze den Rest meines Lebens tollkühn und sehr grob, auf noch vierzig bis fünfzig Jahre. Immerhin liegt laut Gesundheitsberichterstattung des Bundes in Deutschland die durchschnittliche Lebenserwartung für Frauen meines Jahrganges bei 76,2 Jahren. Das heißt, das Objekt meiner Suche müsste zum jetzigen Zeitpunkt noch 46,2 Jahre durchhalten, damit er den Rest meines Lebens mit mir verbringen könnte.

Die entsprechende durchschnittliche Lebenserwartung für Männer beträgt allerdings nur 69,6 Jahre. Das wiederum bedeutet, dass der Mann, der zumindest statistisch gesehen eine faire Chance hätte, mich zu überleben, jetzt nicht älter als 23,4 Jahre sein dürfte. 23,4 Jahre? Irgendetwas stimmt da nicht! Mathe ist ein Arschloch!

Vielleicht ist das auch einfach zu radikal gedacht. Schließlich suche ich den »Mann fürs Leben« und nicht den »Mann, der nach mir stirbt«. Trotzdem bin ich der Meinung, dass Vaterkomplexe im Rahmen einer Psychotherapie behandelt werden sollten und Männer, die das 18. Lebensjahr noch nicht erreicht haben, nicht nur zu unreif sein könnten, sondern möglicherweise einen Strafprozess wegen »Verführung Minderjähriger« nach sich ziehen. Daher würde ich spontan vorschlagen, der gesuchte Mann sollte sich möglichst zwischen dem 27. und dem 42. Lebensjahr bewegen. Dann erhöht sich auch die Chance, dass man im gleichen politischen System groß geworden ist und vielleicht einen Musikstil findet, den beide kennen und mögen. Im Notfall bleibt immer noch Michael Jackson.

5. Keine Männer, die in einer Lebenskrise ­stecken!

Diese Regel ist nicht zu unterschätzen. Denn eine solche Krise ist gerade bei der anvisierten Altersgruppe ein enormer Risikofaktor. Ich zitiere: »Mit dem Begriff Midlife Crisis (engl. für »Mittlebenskrise«) meint man umgangssprachlich einen psychischen Zustand der Unsicherheit im Lebensabschnitt von ca. 30 bis Anfang 50 Jahren.«

Damit ist wirklich nicht zu spaßen: Stimmungsschwankungen, Grübeleien, depressive Verstimmungen, innere Unsicherheit, Unzufriedenheit mit dem bisher Erreichten (beruflich, partnerschaftlich, familiär) sind Symptome, die auch die schönste Beziehung unerträglich werden lassen. Das Schlimmste daran: Wir können nichts tun. Wir können unserem Partner nicht helfen, ihm nicht zur Seite stehen. Wir können nur möglichst schnell das Feld räumen und ihm die Chance geben, bei sich aufzuräumen und später mal wieder auf uns zuzukommen – wenn wir dann noch wollen. Denn Männer, die eine solche Krise bereits hinter sich haben und möglicherweise gestärkt und mit dem Gefühl innerer Reife aus diesem Lebensabschnitt hervorgegangen sind, dürfen durchaus wieder in Betracht gezogen werden.

Diese fünf Grundregeln sollten ausreichen, um grobe Fehler bei der anstehenden Partnersuche zu vermeiden und trotzdem noch eine reale Chance zu haben, ihn zu finden. Außerdem verderben zu viele Regeln den ganzen Spaß an der Sache. Und das sollte die Liebe immer noch an erster Stelle tun: Spaß machen.

Geld oder Liebe?

1. Rot – wie die Liebe

Nach dem Motto »Wer braucht ein Haus am Meer, wenn er eine Wohnung am Wannsee haben kann« ist meine Freundin Emma zusammen mit ihrem Mann in ein paradiesisches Zuhause nach Potsdam gezogen. Die Porsche fahrenden Nachbarn feiern am Wochenende eine Party und haben die beiden eingeladen. Emma hat gern zugesagt, allerdings sei ihr Mann beruflich verreist. So entstand das Angebot, eine Freundin mitzubringen. »Gern eine Singlefreundin«, da einige alleinstehende männliche Gäste erwartet werden. Und schon erhielt ich einen Anruf: »Christiane, du musst am Samstag nach Potsdam kommen: Es gibt Cocktails und ­potenzielle Heiratskandidaten!« Ach, ich liebe es, wenn Emma die ­essenziellen Dinge des Lebens ohne Umschweife in einen Satz packt. »Das wird ein super Fest, auf der Terrasse, direkt am Wannsee mit Singlemännern um die vierzig.« Ehrlich gesagt hätte ich schon wegen der Cocktails zugesagt. Aber wenn Freundinnen versuchen, einen zu verkuppeln, fühlt sich das immer irgendwie peinlich an.

»Emma, was verstehst du unter potenzielle Heiratskandidaten?« Sie überlegt kurz: »Reiche, ungebundene Männer.« Vielleicht sollte ich Emma vorschlagen, sich mit einer Begleitagentur selbstständig zu machen. Dann könnte sie mich das nächste Mal einfach buchen, wenn sie in Verlegenheit kommt, eine Singlefreundin auftreiben zu müssen.

Ich bin wirklich gemein. Emma ist der herzallerliebste Mensch, den ich kenne. Sie ist die einzige Frau, mit der ich befreundet bin, obwohl sie glücklich verheiratet ist und sogar ein Kind hat. Emma würde sich aufrichtig freuen, wenn ich einen wirklich tollen Mann kennenlernen würde, ihn heirate und Kinder kriege. Nicht aus reiner Selbstlosigkeit. Denn ihre zweite Babyrunde würde sie auch lieber zusammen mit einer ebenso schwangeren Freundin drehen.

Was soll’s. Schließlich bin ich ab jetzt auf der Suche nach dem ominösen »Mann fürs Leben«. Verkupplungsaktionen durch Freunde gehören vermutlich dazu. Ich sage zu – unter einer Bedin­gung: »Nur, wenn du versprichst, mich nicht als Christiane, meineSinglefreundin vorzustellen.« – »Deal!«

Ich habe beschlossen, mich auf die Porsche-Party extrem gut vor­zubereiten. Ehrlich gesagt rechne ich mit Yuppis, die sich über Geld, Promis und Autos unterhalten. So kommt es, dass ich Samstagmittag bei der Pediküre sitze und ein wenig in der »Gala«blättere, um für mögliche Gesprächsthemen gewappnet zu sein. Wer oder was ist denn bitteschön Ina Müller? »Die lauteste ­Geheimwaffe der ARD.« Das steht zumindest hier. Aha. Noch nie gehört. So laut kann die nicht sein. Als ich umblättere, zucke ich unwillkürlich zusammen, als mich das Gesicht von Jürgen von der Lippe angrinst. Ich wusste gar nicht, dass er immer noch im »Showbusiness« ist. Ich erinnere ich mich an eine seiner Sendungen, die ich als Kind immer sehr gern gesehen habe: »Geld oder Liebe?« Jürgen von der Lippe begrüßte drei weibliche und drei männliche Singles, die alle ein außergewöhnliches Hobby hatten. Anhand von »lustigen« Spielen sollte sich im Laufe des Abends zeigen, wer zu wem am besten passt. Am Ende konnten die Zuschauer per Telefon ihr Traumpaar wählen und die Kandidaten mussten sich vorab entscheiden: Geld oder Liebe? Das war immer so aufregend. Schade, dass es diese Show nicht mehr gibt.

Heute Abend werde ich in meiner persönlichen Feldforschung überprüfen, ob Geld möglicherweise eine gute Voraussetzung für Liebe sein kann oder ob man sich tatsächlich für eins von beidem entscheiden muss. Für die Fußnägel wähle ich Rot – wie die Liebe.

2. Die Porsche-Party

Als ich um kurz nach acht Uhr in meinem schönsten Sommerkleid völlig verschwitzt in Potsdam ankomme, frage ich mich, warum ich mir das alles überhaupt antue. Der Zug war gesteckt voll mit diesem Ausflugsverkehr. Menschen mit Fahrrad und Helm, Kind und Kegel. Ich finde, diese »Wir fahren am Wochenende raus ins Grüne«-Menschen sind echt die Pest. (Ich weiß, ich bin ja nur neidisch.)

Am Potsdamer Hauptbahnhof angekommen, fällt mein Blick auf ein riesiges Werbebanner: »Bahnhofspassagen – die Antwort auf alles.« Potsdamer Größenwahn oder eine geheime Botschaft?

Nach einer weiteren Straßenbahnfahrt bin ich endlich da. Ich gebe zu, ich freue mich, meine Emma endlich mal ohne Mann ganz für mich zu haben. So gut wie. Wir stecken den kleinen Schreihals ins Bett, trinken zwei bis vier Gläser Sekt (sie eines, ich drei) und reden ein bisschen über Arbeit und Sex, bevor wir uns zwei Stockwerke tiefer auf die Porsche-Party begeben.

Als wir mit einer Schüssel Salat, dem Babyfon in der Tasche und dem echt teuren Sekt (17 Euro!) gerade klingeln wollen, quäkt eine Stimme aus dem Babyfon. »Der Kleine weint«, stellt Emma betrübt fest. »Ja, nichts wie zurück! Kinder und Frauen gehen vor.« Also wieder rein in den Aufzug, ab nach oben, Milch warm machen, Lippenstift nachziehen, Wiegenlied singen, noch ein Gläschen Sekt und wieder ab nach unten.

Inzwischen ist es fast zehn Uhr, ich habe vier Gläser auf nüchternen Magen getrunken und fürchte, früher als geplant über das Geländer zu kotzen. Als uns niemand öffnet, was ein gutes – denn ungewöhnliches – Zeichen für eine Yuppi-Party ist, gehen wir ­außen rum, durch die Hecke, direkt auf die Terrasse. Diese Terrasse ist größer als mein Wohnzimmer und meine Küche zusammen. Doch ein erstes Scannen der Gesellschaft bestätigt meine Vermutung: Nichts dabei. Das sehe ich sofort. Weder der Mann fürs Leben noch für eine Nacht. Ob ich gleich wieder gehen kann? Zu spät. Schon werde ich den Gastgebern Bettina und Bernd vorgestellt und überreiche schweren Herzens meinen teuren Sekt.

Mein Magen knurrt. Obwohl es vielleicht nicht allzu vornehm ist, sich ohne Umwege auf das Buffet zu stürzen, ist es genau das, was ich jetzt tue. Es gibt Salate, Steaks und Würstchen. Das dürfte erst mal reichen, um meiner drohenden Ohnmacht vorzubeugen. Trotzdem: Wo ist eigentlich der Kaviar?

Emma setzt sich mit Monika und Franz, weiteren Nachbarn, zu mir und bringt uns zwei Gläser Weißwein mit. Wir lassen unsere Blicke schweifen. Die gesamte Wohnung ist sehr geschmackvoll eingerichtet, wäre da nicht dieser giftgrüne Filzteppichboden. »Ob sie den Teppichboden zur Einstimmung auf die WM ausgelegt haben?«, spreche ich meine Gedanken laut aus. »Ne, ne. Das ist Parkettschutz«, erklärt Moni wissend. »Nach unserer Einweihungsparty war unsere damalige Wohnung auch völlig zerstört.« Dann lacht sie sehr laut los und ich weiß nicht warum. Ich schneide mir ein großes Stück Fleisch ab und versuche, das Gespräch am Laufen zu halten.

»Und? Habt ihr auch Kinder? So wie Emma und ihr Mann?« – »Nein!«, antwortet Moni vehement. »Und wir wollen auch keine. Früher wollte ich mal welche, aber ich habe mich für die Karriere entschieden. Deshalb bin ich auch nach Potsdam gezogen. Und mein Mann hinterher, stimmt’s Franz?« Franz nickt. »Meine­ Männer ziehen mir immer hinterher.« Noch lauteres Lachen. »Wow! Respekt«, sage ich. »Meine Männer ziehen mir immer aus.« Betretenes Schweigen setzt ein. Ich kichere ein bisschen, um die Situation aufzulockern und Bettina stimmt schallend mit ein. Die Arme. Bestimmt hat sie sich immer Kinder gewünscht, aber jetzt muss sie die Kohle nach Hause schaffen, um ihrem Mann seine Yacht zu finanzieren. Scheiß-Emanzipation.

Emma lenkt das Gespräch auf andere Themen und fragt, ob sie hier einen direkten Zugang zum Wasser hätten. »Aber selbstverständlich …« Ich schalte geistig ab und lasse meinen Blick erneut durch den Raum schweifen: übergewichtige Männer und solarien­gebräunte Frauen mit gebärfreudigen Becken, alle mit derselben Frisur. Bestimmt gibt es die in den Bahnhofspassagen. Na ja, das Steak ist echt gut.

»Komm, Christiane. Wie holen uns einen Cocktail!«, schlägt Emma vor. Auf der Terrasse gibt es eine Bar und ich bestelle uns zwei Mojito. Der Barkeeper sieht gar nicht mal so übel aus. Ich zwinkere Emma zu. »Der ist ganz süß, oder?« Emma lächelt. »Du hast wirklich einen Hang zum Personal, oder?« Da hat sie recht. Meistens gefallen mir die Kellner, Fahrer und Aufzugbegleiter am besten. Aber heute wollte ich mich doch mal zur Abwechslung auf wohlhabende Menschen konzentrieren. Nur Mut!

Mit dem Cocktail in der Hand wende ich mich einer Gruppe junger Männer zu und frage nach einer Zigarette. Das klappt immer, um ins Gespräch zu kommen. So lerne ich Achim den Arzt, Bernd den Immobilienmakler und Rocko kennen, der plattdeutsch redet und bei der Post arbeitet. Bestimmt gehört ihm der Laden, aber er stapelt ein bisschen tief, um nicht als Angeber dazustehen. Understatement ist der neueste Chic.

Achim trägt einen Ehering. Das wäre mir früher niemals aufgefallen, aber ab sofort achte ich auf so etwas (Regel Nummer drei). Ich erkläre Achim, dass ich kerngesund sei und wende mich sofort Bernd zu. »Immobilienmakler. Macht das Spaß?« – »Ja klar. Willst du vielleicht eine Eigentumswohnung kaufen?« – »Nein danke. Ich suche keine Wohnung, sondern den Mann fürs Leben.« Die Herren verstummen und blicken verlegen zu Boden. Ich fürchte, jetzt habe ich sie erschreckt. Im Versuch, die Stimmung zu heben, rede ich unbeirrt weiter: »Rocko, bist du dafür verantwortlich, dass bei mir immer nur Rechnungen und nie die Liebesbriefe ankommen? Kannst du da mal ein bisschen aufräumen, bei dir in der Post?« Jetzt lachen sie wieder und Rocko sagt: »Du erinnerst mich total an Ina Müller. Kennst du die?« – »Ja klar: Ina Müller – die lauteste Geheimwaffe der ARD! Ich erinnere dich an sie? Ist das jetzt gut oder schlecht?« Erneutes Lachen. Das war ja einfach.

Achim sieht eigentlich ganz gut aus. Man muss sich nur diesen Anzug wegdenken. Aber Finger weg von dem Mann mit dem Ring, ermahnt mich meine innere Stimme. Bernd geht beim besten Willen nicht. Ich brauche einen Mann mit Haaren auf dem Kopf. Der Rest des Körpers darf gern arschglatt sein, aber der Kopf sollte mich nicht an einen Babypo erinnern. Rocko ist irgendwie sympathisch. Er lacht sehr viel. Allerdings sieht er etwas mitgenommen aus. Als hätte er die letzten zehn Jahre sehr viel gefeiert. Passend zu dieser Feststellung hole ich mir einen zweiten Cocktail.

Ich unterhalte mich hier und da, nippe an meinem Glas und rauche eine Zigarette nach der anderen. Ich kann Small Talk nicht leiden und fange an, mich zu langweilen. Zurück im Wohnzimmer lehne ich mich müde gegen die Lehne der weißen Ledercouch und überlege, wie ich mich möglichst galant so früh schon wieder verabschieden könnte. Als mich die Mutter des Gastgebers höflich, aber bestimmt zurechtweist, mich bitte nicht gegen diese Couch zu lehnen, ist das mein Startsignal, diese Veranstaltung schleunigst zu verlassen. Am besten wieder durch die Hecke.

»Christiane, komm mit raus, Rocko macht seine Playbackshow!«, fordert mich Emma auf und zieht mich an der Hand auf die Terrasse. Playbackshow? Und ich dachte, es könnte nicht mehr schlimmer kommen.

Auf der Terrasse stehen alle jubelnd im Kreis gruppiert um Rocko. Mit einer leeren Colaflasche in der Hand – seinem ­Mikro – singt Rocko playback einen Song, den ich noch nie zuvor gehört habe. Dabei tanzt er, wirft sich auf den Boden, steht wieder auf, dreht sich um die eigene Achse und macht den Moonwalk.

Was soll ich sagen? Rocko ist der Hit, so wie er da im Halbdunkel voller Inbrunst seine selbstironische Tanzshow hinlegt. Dieser Mann hat Humor und kann sich bewegen. Eine Kombination, die dazu führt, dass ich mein erstes Urteil korrigieren muss und er das Prädikat »verbraucht, aber irgendwie sexy« erhält.

Emma lächelt mich an. »Ich würde sagen, du hast deinen Meister gefunden!« Emma weiß, dass ich selbst eine leidenschaftliche Alleinunterhalterin bin und dieses Talent an Männern sehr schätze. Es geht doch nichts über eine gesunde Portion Exzentrik. Rocko ist zwar nach wie vor nicht mein Typ, aber sein Attraktivitätsgrad ist gerade auf einer Skala von eins bis zehn von zwei auf fünf, vielleicht sogar sechs, angestiegen. Ich beschließe, meine Flucht durch die Hecke noch ein bisschen zu verschieben. Vielleicht bin ich manchmal einfach nur zu ungeduldig mit den Männern, der Liebe und mir.

Als mich Emma nach einem kurzen Soundcheck am Babyfon auf die Tanzfläche zieht, fange ich tatsächlich an, mich zu amüsieren. Ich habe auch Emma schon lange nicht mehr so ausgelassen erlebt. Ein Abend ohne Baby und Mann scheint ihr offensichtlich gutzutun. Ehe ich mich versehe, packt mich Rocko am Arm, dann an der Hüfte und wirbelt mich über die Terrassendielen. Na gut, auch dreimal gegen die Wand, zweimal geben wir uns eine Kopfnuss und einmal falle ich um. Dafür kann er aber nichts. Ich habe einfach schon zu starke Koordinationsschwierigkeiten und daher unsere Unfälle selbst zu verantworten.

»Ina Müller, du bist der Wahnsinn«, ruft Rocko in seinem lustigen Akzent, als ich erschöpft in seine Arme sinke. »Wie hast du dich nur auf diese Party verirrt?« – »Bahnhofspassagen!« – »Was?«

Okay, das klappt nicht. Dann versuche ich es mal mit der Wahrheit: »Na ja, ich bin die Freundin der Nachbarin und suche den Mann fürs Leben. Bisher läufst du außer Konkurrenz, aber ich suche auch erst seit heute.« Rocko lacht laut los. »Du bist echt so, oder?« Das verstehe ich jetzt nicht. »Noch ein Tänzchen?«

Um drei Uhr morgens legen auch Rocko und ich mal eine Pause ein. Ich trinke sicherheitshalber nur noch Wasser, da sich mein Gegenüber sonst langsam, aber sicher in John Travolta verwandelt. Mit Blick auf den Wannsee erzählt mir Rocko seine Lebens­geschichte. Er fährt keinen Porsche, sondern tatsächlich ein gelbes Postfahrrad. Mit 27 Jahren hat er die Frau geheiratet, die er drei Jahre lang zuvor tagtäglich mit Post belieferte. Nach vier Monaten haben sie sich wieder scheiden lassen, denn mit dem Ring war die Liebe weg. Ganz plötzlich. Er hat keine Kinder und nicht wieder geheiratet. Heute ist er 41 Jahre alt, mal Single, mal nicht. »Ich finde, du siehst älter aus.« Er lacht. »Hab halt schon ’n ganzes Stückchen Leben gelebt. Das sieht man mir halt an, ne?« Wir unterhalten uns, bis die Sonne über dem Wannsee aufgeht. Am Ende verabschieden wir uns mit einem Kuss auf die Wange. Und noch einem.

3. Der Kater

Als ich in Emmas Bett aufwache, brummt mein Schädel. Trotzdem bin ich froh, von Babygeschrei und nicht von einem Penis zwischen meinen Beinen geweckt zu werden. Als sich meine Erinnerungen langsam wieder zusammenfügen, stelle ich fest, dass ich einen überraschend lustigen Abend mit einem Mann verbracht habe, der keinen Porsche fährt und nicht besonders viel Geld verdient. Der plattdeutsch redet, Ina-Müller-Fan ist und mehr Falten hat als mein Sommerkleid nach einer durchtanzten Nacht. Ein Wiedersehen mit Rocko wird es zwar sicher nicht geben, aber der tanzende Postbote hat mir einen zum Scheitern verurteilten Abend gerettet. Wer weiß, vielleicht erhalte ich doch noch mal einen Liebesbrief?

Was ich gelernt habe:

1.Auf der Suche nach dem »Mann fürs Leben« sollte man möglichst nüchtern bleiben, um der Gefahr zu entgehen, sich jemanden »schön zu trinken« (Emma findet, das sei ein sehr guter Vorsatz).

2.Den Satz »Ich suche den Mann fürs Leben« sollte man nur dann laut aussprechen, wenn man ihn gleich wieder loswerden will.

3.Meinen »Hang zum Personal« sollte ich unbedingt beibehalten und die Post auch mal persönlich abfangen.

Der letzte Held

1. Lola – mein virtuelles Ich

Eigentlich hört man immer nur gruselige Dinge über Internet­bekanntschaften. Angeblich wimmelt es im Netz von verheirateten Männern, die sich als Singles ausgeben und über Onlinebörsen außereheliche sexuelle Abenteuer suchen. Oder von solchen, die nach demütigen Gespielinnen trachten, um ihren Strumpfhosen- oder im schlimmeren Fall Anpinkel-Fetisch auszuleben. Daneben gibt es die sogenannten Erfolgsstorys. Also die wenigen Ausnahmen glücklicher Partnerschaften, die ohne das Internet niemals zustande gekommen wären und oftmals vor dem Altar ihr reales Happy End gefunden haben. Ich habe beschlossen, diesem Geheimnis nun selbst auf die Spur zu gehen – online, versteht sich.

Skeptisch wie ich bin, entscheide ich mich für eine kostenlose­ Internetbörse. Aus zwei Gründen: Erstens, sie kostet nichts. Zweitens kann ich mich von dem Vorurteil nicht befreien, dass Männer, die für Internetbekanntschaften auch noch Geld ausgeben, ziemlich verzweifelt sein müssen. Natürlich lässt sich dagegen argumentieren, dass solche Männer nun mal keine Kosten scheuen würden, wenn es darum gehe, eine interessante Frau kennenzulernen. Oder eben reich seien. Aber diesmal lasse ich mich nicht vom Geld locken. Nein, ich will Liebe und erstelle mir folgendes Profil:

»Ich bin weiblich, 29 Jahre jung, Figur sportlich, wohne in Berlin und heiße ›Lola‹«. Zugegeben, dass klingt ein bisschen porno, aber bleibt dafür im Kopf. Ich lade ein Foto hoch, das genug von mir preisgibt, um meine Angaben zu verifizieren und dennoch zu wenig, um mich auf der Straße wiederzuerkennen. Ich verrate, dass ich 1,61 Meter groß bin (na gut, drei Zentimeter ­dazugeschwindelt, aber wer wird schon nachmessen?) und dunkel­blondes Haar habe. Bei »bevorzugte Freizeitbeschäftigungen« schreibe ich: Reisen, Kino, Tanzen, Sprachen, Schreiben, Klettern, Schach. Von hundert zu beantwortenden Fragen wähle ich nur fünf aus. Schließlich sollte es auch noch genug Geheimnisse und Gesprächsstoff geben, worüber man sich bei einem echten Treffen unterhalten könnte. Ich gebe außerdem an, dass ich einen Mann für »eine feste Partnerschaft« suche und vermerke als Statement, dass ich niemanden zuerst anschreiben werde. Das lässt sich als Abwandlung der Regel Nummer zwei ganz gut rechtfertigen, wie ich finde: Er muss sich zuerst melden.

Ich klicke auf »Profil veröffentlichen«, verlasse meinen Schreibtisch und gehe in den Garten rauchen. Eine Zigarettenlänge später habe ich schon sechs Nachrichten in meinem Account. Das läuft ja wie geschmiert.

Nach drei Tagen habe ich von zwanzig Zuschriften nur einem Mann geantwortet. Alles was mit »Hallo Lola. Lust auf ein Abenteuer?« oder ähnlich begann, habe ich sofort gelöscht und den unbekannten Lüstling auf meine Sperrliste gesetzt. Das bedeutet, dass mich diese Person nicht mehr anschreiben kann. Dem Mann, dessen Foto nicht sofort ein Schaudern, sondern sogar ein Lächeln bei mir ausgelöst hat, der offensichtlich des Alphabets mächtig ist und hier und da einen witzigen Satz geschrieben hat, habe ich gern geantwortet. Er nennt sich »Der letzte Held von Neukölln«, hat braune, kurze Haare, ein sympathisches Lachen – wenn auch ein etwas peinliches Unterhemd an. Sein Profil verrät mir, dass er 28 Jahre alt ist, in der Medienbranche arbeitet, eine feste Partnerschaft sucht, keine Kinder hat, aber sich vorstellen könnte, irgendwann welche zu bekommen. Er mag: Bücher lesen und schreiben, Musik hören und machen, Sport treiben, aber noch lieber Sport schauen. Seine Oberarme sagen etwas anderes. Ich muss zugeben, sie gefallen mir.

Wir schreiben uns ein paar Floskeln hin und her und nach einem­ Tag Geplänkel gebe ich dem Helden zu verstehen, dass ich ein Treffen in echt und in Farbe der virtuellen Welt vorziehen würde. Er lässt sich nicht zweimal bitten und schlägt vor, sich übermorgen, am Samstag, um 20 Uhr am Hermannplatz zu treffen. Neukölln, wo sonst.

2. Tag der Wahrheit

Ehrlich gesagt habe ich zwei Tage später überhaupt keine Lust auf ein Date. Trotz schönstem Sommerwetter ist mir eher nach alleine ins Kino gehen zumute. Heute ist einer dieser Tage, an denen ich mich lieber ein bisschen selbst bemitleiden würde. Ich will lieber ausgiebig traurig darüber sein, keinen Partner zu haben, der mit mir Händchen haltend durch den Mauerpark schlendert, anstatt aktiv gegen mein Singledasein vorzugehen. Ich komme mir vor wie ein Produkt, das bisher niemand vermisst hat und das sich noch dazu selbst vermarkten muss. Wird er enttäuscht sein, wenn er mich sieht? Werde ich enttäuscht sein, wenn ich ihn sehe? Wie viel Wahrheitsgehalt steckt in einem Foto, wie viel Authentizität in Chat-Nachrichten? Vielleicht werde ich seine Stimme hassen, oder seinen Geruch nicht leiden können. Welches Parfüm soll ich auflegen? Soll ich eines auflegen? Werden wir uns überhaupt so nahe kommen, dass wir uns riechen können? Fragen über Fragen einer äußerst unmotivierten und sich ziemlich bescheuert fühlenden Lola.

Ich reiße mich zusammen. Eine Frau, ein Wort, ich werde hingehen und mich nach spätestens zwei Stunden einfach wieder verdrücken. Damit das auch sicher klappt, bitte ich meinen besten Freund Tom, mich gegen 22 Uhr anzurufen und irgendeinen Notfall zu simulieren.

»Du musst nur anrufen. Ich werde dann irgendetwas sagen wie: ›Oh Scheiße. Okay. Beruhig dich erst mal. Ich bin gleich da.‹« Tom lacht. »Christiane, wenn der Typ nicht total bescheuert ist, wird er das durchschauen.« – »Kein Problem«, sage ich. »Wenn der Typ nicht total bescheuert ist, wird das nicht passieren.« Tom wünscht mir viel Glück.

Als ich mich zu Hause umziehe, stelle ich fest, dass die lustlose Grundhaltung, in der ich gerade feststecke, eigentlich die optimale Voraussetzung für so ein Date ist. Geradezu gelangweilt ziehe ich mir Jeans und T-Shirt an, flechte mir einen seitlichen Zopf und schminke mich so dezent, als würde ich direkt ins Büro fahren.

Kurz nach 20 Uhr stehe ich vor dem China-Imbiss am Hermannplatz. Inzwischen bin ich doch wieder ein bisschen aufgeregt, vor allem, weil ich Sorge habe, ihn nicht zu erkennen. Panisch sehe ich einen jungen Mann nach dem anderen auf mich zukommen, und – Gott sei Dank – an mir vorbeiziehen. Bitte, bitte, nicht der, denke ich, als ein sichtlich betrunkener Kerl auf mich zuwankt. In diesem Moment werde ich von hinten an der Schulter angetippt und kann ein kurzes Kreischen nicht unterdrücken. »Entschuldige.­ Ich wollte dich nicht erschrecken. Bist du Lola?«

Ich gebe zu, ich bin erleichtert. Das hätte schlimmer kommen können. Er entspricht seinem Profilfoto, ist einen Kopf größer als ich, trägt ein enges T-Shirt, Jeans und Dreitagebart. Fast hätte ich vergessen, dass ich tatsächlich Lola bin, und gleichzeitig ärgere ich mich, dass ich mir nicht etwas Hübscheres angezogen habe. Ich nicke und reiche ihm meine Hand. Er nimmt sie und verwandelt unsere Begrüßung in eine schüchterne Umarmung. Er riecht gut.

»Hallo. Ich bin Daniel. Krass, ich hab dich sogar von hinten erkannt.« – »Na ja, das könnte auch daran liegen, dass ich die Einzige hier bin, die nicht mit Bier und Schäferhund auf dem ­Boden sitzt.« Er lacht und eine charmante Zahnlücke zwischen den Schneidezähnen lugt hervor. Daniel schlägt vor, mir seine Lieblings-Bar zu zeigen. Allerdings müsse er noch schnell Geld abheben.

Als ich vor der Sparkasse stehe und warte, lausche ich ge­zwun­gener­maßen einem Gespräch zwischen zwei Punks, die neben mir auf dem Boden sitzen. Der eine sagt zum anderen: »Ey, Alter! Und weeßt de, woran det liegt? Weil keener mehr die Bräute auf der Straße anquatscht. Det läuft heute anders, weeßt de. Über Internet und so’n Scheiß!« Dann rülpst er. Ich fühle mich ertappt und schaue beschämt zur Seite.

Fünfzehn Minuten später sitze ich mit Daniel im Garten einer neu eröffneten Bar. Er erklärt mir, dass in Neukölln innerhalb von einem Jahr über zwanzig neue Kneipen aufgemacht hätten. »Neukölln ist das neue Mitte.« Daniel ist sehr stolz auf seinen Kiez. »Und du bist der letzte Held?«, frage ich in Anspielung auf sein Internetpseudonym. Er nickt. »Ach, das ist mir so eingefallen, weil ich das Gefühl habe, es gibt kaum noch echte Männer. Irgendwie sind alle trans oder metro und was weiß ich. Schuld daran ist David Beckham.« Aha. Das verstehe ich nicht. Daher starte ich einen Themenwechsel und frage Daniel nach seiner Arbeit in der Medienbranche. Er erzählt, dass er Drehbuchautor sei und gerade an einem Kinospielfilm schreibe – ein echtes Herzensprojekt. Ab und an übernehme er auch Auftragsarbeiten für das Fernsehen, um Geld zu verdienen. »Serien und so’n Schrott. Nicht gerade meine Lieblingsbeschäftigung, aber schnell verdientes Geld. Und du? Was machst du so?« Ich seufze. »Ach Schatz, lass uns nicht über die Arbeit sprechen.« Daniel stimmt mir zu und holt uns die zweite Runde Alster.

Es dauert nicht lange und wir versuchen, uns beide zu rechtfertigen, warum so augenscheinlich tolle Menschen wie wir sich auf so erbärmliche Art und Weise – übers Internet – soziale Kontakte suchen. Erst reden wir uns damit raus, dass wir eh den ganzen Tag vor dem Rechner verbringen und da würde es ja naheliegen ... »Ehrlich gesagt, ich finde es einfach bequem«, gibt Daniel nach einem großen Schluck zu. »Du siehst vorher schon, was du kriegst und kannst bestimmte Parameter auf deine Vorstellungen abgleichen. Und wenn ich noch ehrlicher bin, fehlt mir gerade einfach der Mut, Frauen auf der Straße anzusprechen. Seit mit meiner Freundin Schluss ist, bin ich irgendwie nicht mehr derselbe.«

Da ist er also: der Haken. Daniel hat Liebeskummer. »Wie lange ist das her?«, frage ich möglichst einfühlsam nach. »Knapp einen Monat. Willst du auch einen Schnaps?« Ich denke kurz darüber nach, weil ich mir ja vorgenommen habe, mir niemanden schön zu trinken, aber mein Kopf nickt, bevor ich zu Ende gedacht habe. Was soll’s. Schließlich gäbe es bei Daniel kein böses Erwachen. Er sieht wirklich gut aus.