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„Kein Ding ist unmöglich, solange wir nicht an die Grenzen der Vorstellbarkeit zu stoßen drohen, solange wir nicht selbstzufrieden ankern in den stillen Gewässern der Gewohnheit.“ Eigentlich ist das Sonett die bevorzugte Ausdrucksform des Leipziger Autors Jan Lindner. Aber auch seine Prosa hat es in sich. Neben dem Hang zum Absurden zeigt sich eine allgegenwärtige Düsternis in den Herzen und Köpfen seiner Protagonisten. Seine Erzählungen haben etwas von Edgar Allan Poe, erinnern an Twin Peaks und nehmen den Leser mit ins Niemandsland zwischen Alptraum, Rausch und Neurosen.
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Seitenzahl: 174
Veröffentlichungsjahr: 2016
Auf Teufel komm Rausch
www.edition.subkultur.de
JAN LINDNER: „Auf Teufel komm Rausch“ 1. Auflage, März 2016, Edition Subkultur Berlin
© 2016 Periplaneta - Verlag und Mediengruppe / Edition Subkultur Inh. Marion Alexa Müller, Postfach: 580 664, 10415 Berlin www.subkultur.de
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, Übersetzung, Vortrag und Übertragung, Vertonung, Verfilmung, Vervielfältigung, Digitalisierung, kommerzielle Verwertung des Inhaltes, gleich welcher Art, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags.
Korrektorat & Satz: Thomas Manegold Cover: David Czinczoll
print ISBN: 978-3-943412-23-9
epub ISBN: 978-3-943412-73-4
I
Punsch in your Face
Und so begab es sich, dass der friedliebende Stamm der Kaktianer nach jahrzehntelanger Odyssee durch Krieg, Hochwasser, Erdbeben, Reaktorkatastrophen, Schnee und Wüstenei nun endlich ein beschauliches Zuhause gefunden hatte: zu Füßen des hochausbruchsgefährdeten Zwillingsvulkans Popokakepetl.
Als Hauptnahrungsquelle und Leibgericht der Kaktianer galt seit Äonen von Katzensprüngen der gemeine Kaktus, wobei man sich hier gerade auf die psychedelische Wirksamkeit einiger exotischer Exemplare versteift hatte. „In Kaktus we trust“ war der Leitspruch vieler Kaktianer, den sich gerade die pubertierenden Kak-Teenager auf Unterarm und Kniescheibe tätowieren ließen, um es dann später zu bereuen.
Weil der psychokaktive Kaktus einen hemmungslösenden Stimulus versprach, wurde er in größeren Mengen gerade von den introvertierten unter den Kaktianern konsumiert. Auf Kaktus traten sie befreit zutage und sahen sich jäh bemächtigt, selbst den allerschärfsten Kak-Tussis nicht nur überaus spitz, sondern vor allen Dingen bestechend weltgewandt gegenüberzutreten. So fügte es sich, dass einige Kak-Teens am Stachel hingen und den Kaktus von früh bis spät begierig in sich hineinschaufelten – begonnen mit einem warmen Kaktao am Morgen, zum Mittagstisch mit einem duftenden Kak-Braten mit Ei und zum Abend schließlich … Bananensplit.
Dies rauschhafte Verhalten missfiel jedoch den spießigen unter den Kaktianern, die seit Jahren nur noch rauschfreie Kakteen konsumierten und ihrem Unmut Luft verschafften, indem sie vor ihren Tipis hockten und leere Parolen droschen. „Keine Macht dem Kaktus“ rasselte es aus ihren von der Droge verschrumpelten Organen, wobei sie sich mahnend auf die Lehren der angebeteten Gottheit der Kaktianer beriefen: den großen Kakadu.
Der geneigte Kak-Teenager ließ sich nun für gewöhnlich von jenen Spießern anstacheln und piekste gegen solch Besserwisserei gerne mit einem beiläufigen „Kak you“ zurück. Falls die Situation allerdings einen spitzfindigeren Konter erforderte, befleißigte sich der Kak-Teenager, den Verzehr spießiger Speise-Kakteen anhand eines allseits bekannten Zungenbrechers herabzuwürdigen, der da lautete: „Kak-Teens kicken keine kargen Kakteen“! Dabei berief er sich ebenfalls auf die Lehren des großen Kakadus und kaute hie und da auf einem psychedelischen Fruchtknoten herum.
Die Weisheit des großen Kakadus galt also sowohl bei Spießern als auch bei Kak-Teens als absolut unangefochten und so suchten sie alle, wo sie nur konnten, dieses hohe Wesen zu zitieren, auf dass seine intellektuelle Strahlkraft ihre mickrigen Argumente ausleuchten möge. Der große Kakadu aber war einfach ein Kakadu mit einem prahlerischen Kamm aus bunten Federn auf der Mitte seines Kopfes, mit dem er infantil herumzuckte, sobald man ihn ansprach.
Nun gab es im Stamm der Kaktianer einen Kak-Teenager namens Karsten, dem es trotz des Beistandes durch den omnispirituellen Kakadu und trotz des Konsums psychokaktiver Kakteen bisher nicht gelungen war, bei einer Kak-Tussi einen Stich zu landen. Als er dies in einem Akt der Rührseligkeit seinen besten Freunden kundtat, ward er schnell als buchstäblich schwächstes Glied verschrien, was ihm noch teuer zu stehen kommen sollte.
Als die Kaktianer nämlich einige Kakteen später die fatale Nachricht erreichte, der Vulkan Popokakepetl, zu dessen Füßen sie lebten, sei tatsächlich nun im Begriffe auszubrechen, gerieten sie in Panik und traten flehentlich an den großen Kakadu heran. Dieser sollte sie nun durch die drohende Naturkakastrophe navigieren, wozu sie ihn zunächst mit einigen kakophonischen Liedern zeremoniell zu beschwören suchten – darunter einige All-Time-Kracher wie „Kak Kak Kaking on Heavens Door“, „Kak as you are“, „Kak a wonderful world“ und irgendwas von Kak-Tussi Cat Dolls. Einige Kaktianer, die besonders drauf und verzweifelt waren, bedienten sich gar der Kakaoke-Maschine.
Der große Kakadu ließ nun diese Orgie an Rausch und Melodei guckend über sich ergehen, bis er endlich auf magisch verklärte Weise zur richtigsten aller Kundgebungen ansetzte und damit die Münder aller Kaktianer offen stehenließ: So nickte er nämlich debil und überaus wahllos in der Gegend herum, wobei sein Kamm rein zufällig auch einmal in die Richtung des leidgeplagten Kak-Teenagers Karsten gezeigt haben muss. Die versammelten Kaktianer jedenfalls durchfuhr ein Strom der Erleuchtung: Ehrfürchtig fielen sie vor dem großen Kakadu auf die Knie und legten ihm Karsten als Opfergabe zu Füßen – den Kak-Teenager, der bisher keinen Stich gelandet hatte, wodurch er natürlich sowohl des Kaktus als auch des großen Kakadus unwürdig erschien. Dann übergossen sie ihn mit Spiritus, auf dass der Spirit des großen Kakadus noch gewaltigere Flammen für die Rettung vor dem nahenden Vulkanausbruch schlüge.
Der große Kakadu aber war einfach ein Kakadu mit einem prahlerischen Kamm aus bunten Federn auf der Mitte seines Kopfes, mit dem er infantil herumzuckte – bis am nächsten Morgen schwarz-dampfende Lava über das anfangs durchaus möglich gewesene Happy End dieser Geschichte rollte und selbst den Punkt am Ende des allerletzten Satzes unter sich begrub
Eines Tages, nicht weit von hier entfernt, da ergab es sich, dass sich etwas, nachdem es geschehen war, zugetragen hatte. Ein Mann kaufte sich ein Haus, ein großes Haus, durchaus ansehnlichen Schnittes – ein hübsches Haus, um nicht zu sagen schnittig. Er wollte darin wohnen.
Als er das Haus nun endlich sein eigen nennen konnte und er so durch die Flure streifte, wobei er die großen Gardinen aus den Fenstern wedeln sah, weil es gerade unübertrefflich stürmte und schneite, da fiel ihm auf, dass ihm irgendetwas fehlte in diesem seinem neuen Haus.
Er kam recht schnell darauf, was es denn war, aber vorher nahm er sich seine Brille zur Brust und putzte sie gehörig, denn auch eine Brille verzehrt sich nach der täglichen Pflege durch den kleinen Mann mit Hut, ebenso wie durch den großen Mann mit Bart und Fingerhut. Alsbald kaute er lässig auf einem der Bügel herum und begann in sich hineinzuschnauben:
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