Ausgewählte dramatische Werke von Rainer Maria Rilke - Rainer Maria Rilke - E-Book

Ausgewählte dramatische Werke von Rainer Maria Rilke E-Book

Rainer Maria Rilke

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Beschreibung

Dieses eBook wurde mit einem funktionalen Layout erstellt und sorgfältig formatiert. Die Ausgabe ist mit interaktiven Inhalt und Begleitinformationen versehen, einfach zu navigieren und gut gegliedert. Rainer Maria Rilke (1875-1926) war ein Lyriker deutscher Sprache. Mit seiner in den Neuen Gedichten vollendeten, von der bildenden Kunst beeinflussten Dinglyrik gilt er als einer der bedeutendsten Dichter der literarischen Moderne. Daneben verfasste er Erzählungen, Dramen, einen Roman und Aufsätze zu Kunst und Kultur. Beeinflusst durch die Philosophen Schopenhauer und vor allem Nietzsche, deren Schriften er früh kennengelernt hatte, ist Rilkes Werk geprägt durch eine scharfe Kritik an der Jenseitsorientierung des Christentums und an einer einseitig naturwissenschaftlich-rationalen Weltdeutung. Die Anerkennung der Wirklichkeit ohne Jenseitsvertröstungen oder soziale Entwicklungsromantik prägt auch Rilkes Weltverständnis. Dafür stehen intensive Beobachtungen der Natur sowie des menschlichen Verhaltens und Gefühlslebens. Dies alles bildet Rilkes "Weltinnenraum", in dem sich Außen- und Innenwelt verbinden. Inhalt: Ohne Gegenwart Die weisse Fürstin

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Rainer Maria Rilke

Ausgewählte dramatische Werke von Rainer Maria Rilke

Drama in zwei Akten und ein Dramatisches Gedicht

Books

- Innovative digitale Lösungen & Optimale Formatierung -
2017 OK Publishing
ISBN 978-80-272-1111-1

Inhaltsverzeichnis

Ohne Gegenwart
Die weisse Fürstin

Ohne Gegenwart

Inhaltsverzeichnis

Personen
Erster Akt
Erste Szene
Zweite Szene
Dritte Szene
Vierte Szene
Fünfte Szene
Sechste Szene
Zweiter Akt
Erste Szene
Zweite Szene
Dritte Szene
Vierte Szene

Personen

Inhaltsverzeichnis

Frau Gerth

Sophie, ihre Tochter kurz verheiratet mit

Ernst Erben, Ingenieur

Ort der Handlung:

Ein Landhaus in der Nähe einer mittelgroßen Stadt. Eine lichte freundliche Wohnstube, deren Fenster und Erkertüre (die Fenster sind hoch und hell) in den Garten sehen, in welchem Frühling ist. Die Möbel sind alle ziemlich neu, stehen etwas ungeschickt und schematisch da und verraten stark den Willen und die Meinung des – Tapeziers, wie das ja in den Wohnungen junger Eheleute zu sein pflegt. Alles wartet noch auf Gebrauch. Die Einrichtung ist so: Im Erker, dessen eine Wand durch die Gartentüre gefüllt wird, stehen Blumen. Der Erker ist durch eine Portiere, welche konventionell gerafft ist, abgetrennt. Vorhänge derselben Art sind an den hohen Fenstern und an den beiden Türen (rechts und links) angebracht, und von korrespondierendem Muster sind die Bezüge der Fauteuils am Kamin und derjenigen, welche den runden Salontisch vorn umgeben. Die Couchette, welche auffallend breit ist, ragt weit in das Zimmer und ist mit einem Teppich überdeckt. Bilder, meist Prämien, nicht zu zahlreich verteilt.

Erster Akt

Inhaltsverzeichnis

Erste Szene

Inhaltsverzeichnis

Frau Gerth, Sophie.

MUTTER. Immer wieder möcht ich durch das ganze Haus gehn. Liebes Kind, du hasts wirklich gut. Wenn ich denk, unsere Böden in den alten Häusern, da in der Spornergasse. Du weißt ja: wenn man herunterkommt, wie aus dem Kamin kommt man. Bei dir? Strudelteig könnt man auf den Dielen rollen, nicht ein Stäubchen ... Sie unterbricht sich plötzlich. Aber das hab ich dich fragen wollen, Sophie. Gefällt dir das da? Sie weist nach der Couchette. Ich kann nicht daran vorübergehn. Es steht mir überall im Weg. Was ich mich herumgestritten hab mit dem Tapezier. Er hat halt immer behauptet, sowas muß schief stehen. Nicht sehn kann ichs.

SOPHIE. Gott, so schlimm ist das ja nicht. Gar so weit muß es ja auch nicht vorstehn, und wenn dann erst alles in Ordnung ist, kann mans ja noch überlegen, vorläufig laß ichs so ...

MUTTER. Denk dir nur, Kind, auch den Schreibtisch hat er so stellen wollen; so quer in die Stube herein. »Mann,« sag ich ihm, »sind Sie denn ...« Na, offenbar war er so ein bißchen Macht eine Handbewegung vor der Stirne. Einen Schreibtisch stellt man doch an die Wand.

SOPHIE. Er dachte wohl wegen des Lichts.

MUTTER. Ja richtig; die dumme Ausrede hat er gehabt. 's ist kein Licht so. Wozu denn auch? Man sitzt ja sowieso 's ganze Jahr keine zweimal beim Schreibtisch.

SOPHIE mit drolligem Entsetzen. Aber, Mama ...

MUTTER. Ja tun Sie nur nicht so – bald hätt ich Fräulein gesagt – so 'ne Beleidigung. Aber man sieht dirs wirklich schon an, daß man zu dir ›gnädige Frau‹ sagen muß. Du bist ja ganz stolz und ordentlich groß geworden.

SOPHIE schmiegt sich an die Mutter. Ich bin so glücklich.

MUTTER. Versteht sich. Und drum sag ich ja auch: du wirst auch nicht oft bei dem Zeug da sitzen, seit du mit dem Herrn Ernst jede Weile – so – Macht die Mundbewegung des Küssens. reden kannst. Was? Früher da sind wohl die heimlichen Brieferl nur so hin und her. Da war der Schreibtisch wichtiger wie's Bett. Hm?

SOPHIE schweigt verlegen.

MUTTER. Noh jetzt ist ja der Kampf zu Ende. Jetzt habt ihrs ja durchgesetzt! Jetzt kann mans ja sagen. Ich habs ja lange gewußt und hab ja den Papa nicht mehr losgelassen.

SOPHIE zögernd. Ich hab dich schon oft fragen wollen, warum hat eigentlich der Papa den Ernst solange nicht mögen?

MUTTER. Gott, das ist seine Art so. Du kennst ihn ja. Übrigens den Ernst hat er immer mögen.

SOPHIE. Aber? ...

MUTTER. Die Verwandtschaft in Wien war ihm halt nicht ganz recht.

SOPHIE sieht fragend auf.

MUTTER beschwichtigend. Es werden ehrliche und achtbare Leute sein – gewiß – wenn auch vielleicht nicht sehr gebildet. Das stört den Papa. Du weißt ja. Rasch abbrechend. Aber es ist doch umso schöner von Ernst, daß er sich so hinaufgearbeitet hat. Nicht? Immer war er Vorzugschüler, und jetzt ist er auch in der Fabrik der Fleißigste. Alle haben ihn gern. Er wird Karriere machen ... aber – erzähl ich dir von den Tugenden deines einzigen Ernst. Als ob du das nicht am Besten könntest!

SOPHIE mit kindlichem Stolz. Er ist aber auch!

MUTTER lachend. Ja, ja – ich weiß. – Aber ich will doch lieber erst gehn, Kind. Wenn ich dieses Tugendregister zuende anhöre, so verhungern sie zu Hause: der Papa und die Agla. Das heißt die Agla denkt wohl nicht ans Essen. Aber der Papa muß pünktlich sein Abendbrot auf dem Tisch haben, und ich habe der Köchin noch nichts herausgegeben. – Belehrend. Und das mußt du dir auch so einteilen. Pünktlichkeit. Das ist die Hauptsache. Um ein Uhr wird gegessen: Punkt Eins muß die Suppe auf dem Tisch sein. Um acht Uhr wird genachtmahlt – und auch mit dem Frühstück ... Na, das hab ich dir ja Alles schon zehntausendmal gesagt ... Diese alte pedantische Mutter, wirst du dir denken. Aber – es muß so sein. Wo keine Ordnung ist, ist das Geld doppelt so rund als anderswo ... Macht Anstalten zu gehn.

SOPHIE. Nein, wart noch. Ernst muß ja gleich da sein. Er versprach um fünf zu kommen, und Ernst ist Mit besonderer schelmischer Betonung. eben auch ›pünktlich‹.

MUTTER. Das will ich doch gleich mal sehen. Die paar Minuten wart ich also. Sie setzt sich auf das Ende der Couchette, Sophie neben sie. Man weiß gar nicht, wie und wo man sitzen soll auf solch einem Ding. Umblick haltend. Aber trotzdem: schön ist es bei dir – so hell und heimlich. Und auch, daß ihr den kleinen Garten habt ... Das ist doch tausendmal besser wie eine Hochzeitsreise, nicht?

SOPHIE nickt.

MUTTER. Du wärst wohl gerne fort?

SOPHIE. Weißt du – nach Venedig. Ja. Wie ich gehört hab, daß der Ernst jetzt keinen Urlaub bekommt, hat mirs eine Weile wirklich leid getan. Aber nur eine Weile. Da hab ich ja noch gedacht, wir werden in der Stadt wohnen müssen. Du hast uns ja so überrascht damit.

MUTTER. Du sollst nichts entbehren. Später sollt ihr ja hinunter, nach Italien. Ihr Schwärmer. Die Tauben auf dem Markus-Platz werden bis dahin nicht verhungert sein.

SOPHIE. Oh jetzt bin ich ja so zufrieden hier. Es ist ja so schön, und man ist doch gleich im Eigenen. Ernst meint auch: wenn man sich erst so recht eingewohnt hat.

MUTTER. Ja, das würde für mich heißen, bis die Sofas fein säuberlich an den Wänden stehn. Sie lachen.

Zweite Szene

Inhaltsverzeichnis

Personen: Vorige und Ernst Erben.

Ernst und Sophie umarmen sich. Währenddessen beginnt die Uhr laut fünf zu schlagen. Sophie löst sich aus den Armen ihres Gatten.

SOPHIE drollig. Pststst!

MUTTER UND ERNST. Was ist denn?

SOPHIE. Du sollst hören, Mama. Gerade der letzte Schlag fünf. Und hier, ich habe die Ehre, dir meinen pünktlichen Gemahl vorzustellen.

ERNST. Was hast du denn?

MUTTER Ernst die Hand reichend. Guten Abend, lieber Ernst. Ein neues Blatt in deinem Lorbeerkranze: deine Pünktlichkeit.

SOPHIE. Jetzt hast du's bei Mama vollends gewonnen.

ERNST. Wieso?

MUTTER. Ja, mein lieber Schwiegersohn, ich habe viele gute Eigenschaften an dir entdeckt, auch, daß du nicht rauchst usw. Aber seit ich weiß, daß du pünktlich bist – ich sag dir: du kannst mich um den Finger wickeln.

ERNST. Ja – das ist kein Verdienst; das ist eine alte Gewohnheit.

MUTTER. Und Scherzhaft. was liegt auch an dem Beifall der Schwiegermutter. Die kommt ja ohnehin nur auf des Teufels Geheiß jeden Augenblick ins Haus ...

ERNST. Das glaubst du doch selbst nicht, Mama, du weißt, wieviel wir dir zu danken haben.

MUTTER. Ach was danken. Im Glück ist man undankbar und soll es sein. Ja, ja. Aber ich muß mich eigentlich wirklich entschuldigen, daß ich schon wieder da bin.

SOPHIE vorwurfsvoll. Mama.