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KÜHNER PLAN – HEISSE GEFÜHLE von RED GARNIER
Er ist Beths letzte Chance: Nur der mächtige Tycoon Landon Gage kann ihren Sohn aus den Fängen ihres Ex-Manns befreien. Dafür muss sie eine Vernunftehe mit ihm eingehen! Doch als sie Landon halbnackt in seiner Suite überrascht, stockt Beth der Atem – vor Verlangen …
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Seitenzahl: 611
Veröffentlichungsjahr: 2025
Red Garnier, Day Leclaire, Maureen Child
BACCARA WEEKEND BAND 49
IMPRESSUM
BACCARA WEEKEND erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg
Neuauflage 2025 in der Reihe BACCARA WEEKEND, Band 49
© 2011 by Red Garnier Originaltitel: „Paper Marriage Proposition“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Kai Lautner Deutsche Erstausgabe 2012 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburgin der Reihe BACCARA, Band 1706
© 2012 by Harlequin Enterprises ULC Originaltitel: „A Very Private Merger“ erschienen bei: Harlequin Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Peter Müller Deutsche Erstausgabe 2013 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg,in der Reihe BACCARA, Band 1764
© 2011 by Harlequin Enterprises ULC Originaltitel: „One Night, Two Heirs“ erschienen bei: Harlequin Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Sabine Bauer Deutsche Erstausgabe 2012 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburgin der Reihe BACCARA, Band 1720
Abbildungen: Harlequin Books S.A., Best Seller / AdobeStock, alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 05/2025 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783751531023
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. Jegliche nicht autorisierte Verwendung dieser Publikation zum Training generativer Technologien der künstlichen Intelligenz (KI) ist ausdrücklich verboten. Die Rechte des Autors und des Verlags bleiben davon unberührt. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY
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Red Garnier
Verzweiflung.
Verzweiflung war das einzige Wort, um zu beschreiben, was sie fühlte. Nur dieses Wort konnte rechtfertigen, was sie gerade im Begriff war zu tun.
Ihr Herz raste, und ihre klammen Hände zitterten so sehr, dass sie sie kaum unter Kontrolle halten konnte.
Denn sie war dabei, die Hotelsuite eines Mannes zu betreten. Und zwar ohne Erlaubnis.
Tagelang hatte sie versucht, die Sekretärin des unnahbaren Fremden mit ihren Tränen zu rühren und, als das nicht funktionierte, seinen Chauffeur zu bestechen. Schließlich hatte sie dem Zimmermädchen etwas vorgeschwindelt, um Zutritt zu erhalten. Als Bethany Lewis nun zum ersten Mal in ihrem Leben etwas Ungesetzliches tat, war sie kurz davor, vor Schuldgefühlen zusammenzubrechen.
Ihr zitterten die Knie, während sie die Tür hinter sich schloss. Bethany nahm ein kleines schwarzes Buch aus ihrer Handtasche und presste es an sich, während sie weiter in die Präsidentensuite vordrang.
Gedämpftes Licht erfüllte den Raum, es duftete nach Orangen, und ihr Magen meldete sich knurrend, weil sie den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte.
Am Fenster stand ein kleiner Lacktisch. Die pfirsichfarbenen Gardinen dahinter waren geöffnet, sodass sie den großen Balkon und die glitzernde Skyline der City sah. Auf einem kleinen Glastisch stand ein Tablett mit schokoladenglasierten Erdbeeren, verschiedenen Käsesorten und einladend polierten Früchten. Daneben lag ein einzelner, ungeöffneter Briefumschlag, auf dem der Name Mr Landon Gage stand.
Ein Name, der für ererbtes Vermögen, gesellschaftliches Ansehen, Bildung und Macht stand. Jahrelang war Bethany dieser Name hasserfüllt ins Ohr geflüstert worden: „Landon Gage wird dafür bezahlen. Die Familie Gage wird in der Hölle schmoren!“
Doch Gage schwamm im Geld, und wenn dies hier die Hölle war, dann würde Beth sie jenem Fegefeuer, durch das sie gegangen war, jederzeit vorziehen.
Während sie an dem Queen-Anne-Sofa vorbeiging, dachte sie an ihren blonden Sohn mit seinem engelsgleichen Gesicht. Als sie sich von ihm verabschiedet hatte, um zur Gerichtsverhandlung zu fahren, hatte der Sechsjährige gebettelt: „Mommy, verlass mich nicht! Versprich es mir.“
Sie hatte es ihm versprochen …
Beim Gedanken daran fühlte sie sich elend, doch gleichzeitig erfüllte der Mut der Verzweiflung sie. In ihrem Zustand hätte sie es mit einem Feuer speienden Drachen aufgenommen. Gern wollte sie lügen und stehlen, nur um ihr Versprechen zu halten.
„Mr Gage?“
Vorsichtig spähte sie ins Schlafzimmer, dessen Doppeltüren halb geöffnet waren. Unten im Ballsaal war die Wohltätigkeitsveranstaltung für krebskranke Kinder bereits in vollem Gang. Eigentlich hatte Bethany vorgehabt, sich als Kellnerin dort einzuschleichen und sich Landon Gage zu nähern. Doch als der Tycoon nicht aufgetaucht war, obwohl er, wie man allseits wusste, bereits im Hotel gewesen war, hatte sie sich umentschieden.
Auf dem großen Doppelbett lag geöffnet ein lederner Aktenkoffer, umgeben von Papieren. Daneben stand ein aufgeklappter Laptop.
„Sie sind mir gefolgt.“
Beth zuckte zusammen und schaute in die Richtung, aus der die tiefe, kraftvolle Stimme gekommen war. Ein Mann trat aus dem begehbaren Kleiderschrank, und während er Beth mit scharfem, eiskaltem Blick musterte, knöpfte er sein blütenweißes Hemd zu. Bethany wich zurück bis an die Wand, verblüfft, wie unglaublich beeindruckend Landon Gage war.
Beeindruckend – und Furcht einflößend. Allein schon durch seine Größe. Dazu sein durchtrainierter Körper, unterstrichen noch durch das Smokinghemd und die maßgeschneiderte Hose. Sein dichtes schwarzes Haar war aus der Stirn gekämmt und betonte sein markantes Gesicht mit den grauen Augen, die in der Tiefe eine gewisse Leere, fast eine Verlorenheit verrieten.
„Tut mir leid“, sagte sie schnell, als sie merkte, dass sie ihn anstarrte.
Sein Blick fiel auf ihre Hände mit den abgekauten Fingernägeln, doch Beth widerstand dem Impuls, sie zu verstecken, und bemühte sich, gefasst und ruhig zu wirken. Gage betrachtete ihr elegantes Strickkostüm – eines der wenigen hochwertigen Kleidungsstücke, die sie nach dem Scheidungskrieg noch besaß und das sie für diesen Anlass heute ausgewählt hatte. Es war allerdings ein wenig zu weit geworden in den vergangenen Monaten, und ihr war klar, dass Gage die Schatten unter ihren Augen auffallen mussten.
Ihr Magen krampfte sich zusammen, als sie merkte, dass er wenig beeindruckt von ihr war.
Jetzt nahm er eine schwarze, glänzende Fliege vom Nachttisch und sah Beth grimmig an. „Ich hätte Sie längst verhaften lassen können.“
Überrascht erkannte sie, dass er bemerkt hatte, wie sie ihm seit Tagen aufgelauert, sein Büro mit Anrufen bombardiert und seinen Chauffeur belästigt hatte. „Warum haben Sie es nicht getan?“, fragte sie.
Er blieb vor der Frisierkommode stehen, die neben seiner hohen Gestalt fast lächerlich klein wirkte, band sich die Fliege um, und bemerkte ironisch: „Vielleicht amüsieren Sie mich?“
Beth hörte seine Antwort nur halb, denn jetzt, da sie mit Landon Gage endlich allein war, fielen ihr tausende neuer Möglichkeiten ein. Dieser Mann war offensichtlich genau so, wie ihn die Medien darstellten. Kalt, rücksichtslos, brutal. Genau der Typ, den sie für ihr Vorhaben brauchte. Im Stillen betete sie, dass es klappen würde.
Denn etwas war ihr klar geworden: Wenn sie vorhatte, ihren Sohn aus den Klauen ihres Exmannes zu befreien, brauchte sie die Hilfe von jemandem, der noch gemeiner, noch härter, noch mächtiger war als ihr Ex. Jemand, der furcht- und gewissenlos war. Was sie brauchte, war ein Wunder. Und wenn Gott ihr schon nicht half, dann war sie bereit, einen Pakt mit dem Teufel zu schließen.
„Nun, Miss …?“, fragte er schneidend.
„Lewis“, antwortete sie und musste zugeben, dass Gage sie einschüchterte. Er war so groß, so kraftvoll, so kalt. „Sie kennen mich nicht“, fuhr sie fort. „Jedenfalls sind wir uns noch nie begegnet. Aber ich glaube, Sie kennen meinen Exmann.“
„Und der wäre?“
„Hector Halifax.“
Wenn sie eine heftige Reaktion erwartet hatte, so wurde sie enttäuscht. Seine Miene blieb regungslos. Er zeigte weder Interesse noch jenen Zorn, den sie gehofft hatte, in ihm zu finden.
Beth wischte sich die feuchtkalten Hände am Jackett ab und machte zwei zögernde Schritte nach vorn. „Wie ich weiß, sind Sie beide erklärte Feinde.“
„Ich habe viele Feinde, aber ich sitze nicht da und denke über sie nach. Wenn Sie sich bitte beeilen würden – man erwartet mich unten.“
Beeilen? Dabei wusste sie noch nicht einmal, wo sie anfangen sollte. Ihr Leben war ein solches Chaos, und ihre Geschichte war so verwickelt und traurig, dass sie nicht in ein paar Sätzen erklären konnte, worum es ihr ging.
Sie spürte, wie ihr die Kehle eng wurde, als sie schließlich geradeheraus sagte: „Er hat mir meinen Sohn weggenommen.“
Gage klappte seinen Laptop zu und stopfte die Papiere in seine Aktentasche. „Aha.“
Ob er wohl geahnt hatte, dass sie zu ihm kommen würde? Beth beobachtete ihn genau. Er schien über ihren Besuch nicht im Geringsten überrascht zu sein. Andererseits wirkte er wie ein Mann, der durch nichts mehr überrascht werden konnte.
„Ich … ich will ihn wiederhaben. Ein sechsjähriges Kind gehört zur Mutter.“
Er schloss den Aktenkoffer mit einem energischen Klicken.
Beth fühlte, wie Zorn in ihr aufstieg. Nicht auf Landon Gage, sondern auf ihren Exmann. Trotzdem sagte sie gefasst: „Es gab eine Sorgerechtsklage und eine Gerichtsverhandlung. Dabei behaupteten Hectors Anwälte, ich hätte mehrere außereheliche Affären gehabt, und sie versuchten, dies mit Fotos zu beweisen.“
Als Gage sie erneut musterte, hatte sie das Gefühl, er würde sie mit seinen Blicken ausziehen. „Ich habe es in der Zeitung gelesen, Miss Lewis. Ihr Ruf ist nicht gerade untadelig.“
Er nahm seine Geldbörse vom Nachttisch und steckte sie in die Gesäßtasche seiner Hose, ehe er den maßgeschneiderten Smoking anzog, der über einer Stuhllehne gehangen hatte.
„Es ist alles eine Lüge“, beeilte sich Beth zu erklären. „Die Fotos sind eine Fälschung.“
Gage war bereits auf dem Weg zur Tür, doch Beth heftete sich an seine Fersen. Sie folgte ihm den Flur entlang bis zum Lift und blieb mit klopfendem Herz neben ihm stehen. Er drückte den Knopf, um den Fahrstuhl zu rufen, dann warf er Beth einen arroganten Blick zu. „Und was geht mich das an?“
„Hören Sie“, sagte sie mit zitternder Stimme, „ich habe kein Geld für eine Sorgerechtsschlacht. Hector hat dafür gesorgt, dass mir nichts geblieben ist. Anfangs dachte ich, irgendein junger Anwalt, der Karriere machen wolle, würde sich auf den Fall stürzen und umsonst für mich arbeiten, aber das war ein Irrtum. Ich habe zwanzig Dollar bei einer Serviceline gelassen, um herauszufinden, welche Möglichkeiten ich sonst noch habe.“
Sie hielt inne und atmete tief durch, ehe sie rasch fortfuhr: „Offensichtlich könnte ich das Sorgerecht beantragen, wenn sich meine Lebensumstände ändern. Meinen Job habe ich bereits aufgegeben. Hector hat mir vorgeworfen, dass ich Vollzeit arbeite und David bei meiner Mutter lassen würde. Sie … sie ist ein wenig taub. Aber sie liebt David über alles, und sie ist eine wunderbare Großmutter. Außerdem, Mr Gage – ich musste doch arbeiten, weil Hector nicht zahlen wollte.“
„Verstehe.“
Unter seinem durchdringenden Blick errötete sie. Wie damals im Gerichtssaal fühlte sie sich falsch eingeschätzt, und es war in diesem Moment nicht weniger demütigend als damals.
Mit einem lauten „Ping“ hielt die Aufzugskabine, die Türen glitten auseinander, und Beth folgte Gage, als er den Lift betrat.
Mut, dachte sie immer wieder. Ich muss mutig sein.
Doch als sie nach unten fuhren, nahm sie nichts wahr als die betörende männliche Nähe Landon Gages. Seine Ausstrahlung, noch betont durch sein herbes Eau de Toilette, war so stark, dass sie meinte, ein Prickeln auf der Haut zu spüren.
Wow, war dieser Mann sexy. Und er roch unglaublich gut.
Es war völlig verrückt, sich in diesem wichtigen Moment von solchen Dingen ablenken zu lassen, doch Beth war nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen.
Ungehalten verschränkte Gage die Arme vor der Brust und starrte auf das Display des Fahrstuhls, als könne er es nicht erwarten, endlich den Ballsaal zu erreichen.
„Geld ist mir egal“, flüsterte Beth. „Alles, was ich will, ist mein Kind.“
Niemand hatte ihr zugestanden, eine gute Mutter gewesen zu sein, obwohl sie genug vorzuweisen hatte. Jeden Abend hatte sie David eine Gutenachtgeschichte vorgelesen. Sie war mit ihm zum Arzt gegangen, hatte sich um jeden Kratzer gekümmert, den er vom Spielen mit nach Hause gebracht hatte, hatte jede Träne getrocknet. Im Gerichtssaal war all dies nicht von Belang gewesen. Dort galt sie nicht als fürsorgliche Mutter, sondern nur als Hure. Bethany und die Männer. Männer, von deren Existenz sie bis dahin nicht einmal etwas geahnt hatte.
Es war so verdammt leicht für die Reichen und Mächtigen, das Recht zu beugen. Wie viel hatte es Hector wohl gekostet, die Beweismittel zu fälschen? Für ihn waren es höchstens Peanuts gewesen. Was sie dabei verlor, war ein ganzes Leben.
Ganz in Gedanken versunken, hatte sie nicht bemerkt, dass Landon Gage sie aufmerksam betrachtete. „Ich wiederhole: Was geht mich das an?“
Sie sah ihm direkt in die Augen. „Sie sind sein Feind. Er verachtet Sie und wird alles daransetzen, um Sie zu zerstören.“
Mit einem Lächeln, als gäbe es ein Geheimnis, das nur ihm bekannt war, erwiderte er: „Das soll er mal versuchen.“
„Ich habe …“ Sie hielt das kleine Buch hoch. „In diesem schwarzen Büchlein stehen Dinge, die Ihnen helfen werden, ihn zu vernichten.“
„Schwarzes Büchlein? Wir sind doch nicht mehr auf der Highschool.“
Beth blätterte hektisch. „Telefonnummern von Leuten, mit denen er sich trifft, Details zu seinen Aktivitäten und Partnern, Namen von Journalisten, die er kauft, von Frauen, mit denen er …“ Mit einer dramatischen Geste schlug sie das Buch zu. „Hier drin steht alles. Wirklich alles. Wenn Sie mir helfen, gebe ich Ihnen das Buch.“
Der Blick, mit dem Gage das kleine schwarze Buch betrachtete, verriet zum ersten Mal Interesse. „Weiß Halifax denn nicht, dass sich dieses Buch in den Händen seiner Exfrau befindet?“
„Er denkt, es wäre bei einem Segeltörn über Bord gegangen.“
Nun schien Landon Gage tatsächlich Feuer gefangen zu haben. Beth sah es in seinen Augen. Rachsucht las sie darin und schöpfte Hoffnung.
Doch in diesem Moment hielt der Lift im Erdgeschoss, und Gages Miene wurde wieder ausdruckslos. „Rache ist ermüdend, Miss Lewis. Ich bin kein Mann, der seine Zeit damit verschwendet.“
Damit betrat er den lauten, überfüllten Ballsaal und ließ Beth einfach stehen. Sie verharrte einen Moment, überwältigt von der Geräuschkulisse, dem Licht, den Abendkleidern und glitzernden Juwelen, und blickte Gage hinterher, der sich durch die Menge schob. Er war ihre einzige Chance, und er war gerade dabei, ihr zu entkommen.
Das durfte nicht geschehen.
Kellner trugen Tabletts mit Häppchen und Champagner vorbei, doch Beth ignorierte das Angebot und folgte Gage, indem sie sich am Rand des Ballsaals ihren Weg bahnte. Am Zimmerbrunnen, wo statt Wasser Wein floss, holte sie ihn ein, gerade, als er sich im Vorübergehen ein Glas füllte.
„Mr Gage“, begann sie.
Ohne stehen zu bleiben, stellte er das Glas zurück. „Gehen Sie nach Hause, Miss Lewis.“
Beth überholte ihn, baute sich vor ihm auf und hielt ihm das schwarze Buch unter die Nase. „Bitte hören Sie mich an.“
Er stellte sein Glas auf ein Tablett, das ein Kellner ihm höflich präsentierte, und streckte die Hand nach dem Büchlein aus. „Okay, dann geben Sie her, damit ich mir den Inhalt anschauen kann.“
„Nein.“ Sie presste die Kladde an ihre Brust. „Sie bekommen das Buch, wenn Sie mich heiraten.“
„Wie bitte?“
„Ich muss nachweisen, dass sich meine Lebensumstände geändert haben, um das Sorgerecht für meinen Sohn zu erhalten. Hector wird toben, wenn er erfährt, dass Sie mich geheiratet haben. Und er wird versuchen, mich zurückzugewinnen, weil er Angst hat, dass ich Ihnen bestimmte Dinge verraten könnte. Das ist der Moment, in dem ich anfangen kann, um mein Kind zu kämpfen. Wenn Sie mir dabei helfen, dann helfe ich Ihnen, Hector zu vernichten.“
Verblüfft schaute er sie an. „So eine zierliche Person und so voller Hass. Wer hätte das gedacht.“
„Mein Name ist Bethany. Aber Sie dürfen mich Beth nennen.“
„Hat er sie so genannt?“
Sie machte eine vage Handbewegung. „Meist nannte er mich ‚die Frau da‘, aber ich denke, das ist nebensächlich.“
Gage verzog angewidert das Gesicht, als er den „Kosenamen“ hörte, doch Beth bekam keine Gelegenheit, sich dazu zu äußern, denn es kamen Leute auf ihn zu, die ihn begrüßten und versuchten, ihn ins Gespräch zu ziehen. Beth bemerkte außerdem, dass der Sicherheitsdienst auf sie aufmerksam geworden war. Aber sie ließ nicht locker.
„He!“, rief eine Frau, als Beth beim Versuch, an Gages Seite zu bleiben, gegen sie stieß. Beth entschuldigte sich rasch und klemmte sich wieder neben den Mann, der ihre Probleme lösen sollte. „Hector ist besessen von der Vorstellung, dass Sie hinter ihm her sind. Er wird alles tun, um Ihnen zuvorzukommen. Falls Sie ihn nicht stoppen, wird er Ihr Leben zerstören.“
Gage blieb stehen und runzelte die Stirn. „Scheint, als wüssten Sie nicht, wer ich bin.“ Er beugte sich vor, seine grauen Augen funkelten. „Ich bin zehn Mal mächtiger als Hector Halifax. Wenn ich es befehle, tanzt er in einem rosa Tutu.“
„Dann beweisen Sie es. Denn soweit ich weiß, geht es Hector besser denn je. Dass er leidet, kann man nicht gerade behaupten.“
„Landon! Du meine Güte, da bist du ja endlich.“
Er gönnte dem Mann, der ihn rief, keinen Blick, sondern sah Beth grimmig an. Er schien ihr aufgewühlter als zuvor, und in seinen Augen schimmerte Hass.
Ihr Puls raste, und sie wartete auf das, was er sagen würde.
„Nur um das klarzustellen“, begann er schließlich, und sein Blick war wieder ausdruckslos. „Ich habe kein Interesse an den Hinterlassenschaften eines anderen Mannes, und ich bin nicht auf der Suche nach einer Ehefrau.“
„Es wäre doch nur vorübergehend. Bitte, Mr Gage, helfen Sie mir! Ich darf noch nicht einmal Kontakt zu meinem Sohn haben! Vor der Schule lauere ich ihm auf, nur um ihn wenigstens einmal zu sehen. Sie sind der einzige Mensch, der meinen Exmann ebenso hasst wie ich. Ich weiß, dass Sie ihn hassen, ich kann es in Ihren Augen sehen.“
Er presste die Lippen zusammen.
„Landon, amüsierst du dich denn auch? Soll ich dir irgendetwas bringen, Darling?“
Er ignorierte die bildschöne Blondine, die in verführerischem Ton versucht hatte, seine Aufmerksamkeit zu erringen, und heftete seinen Blick auf Beth. Unvermittelt nahm er ihr Kinn und hob es, sodass sie zu ihm aufschauen musste. „Vielleicht hasse ich ihn wirklich“, sagte er. „Mehr, als Sie ahnen.“
„Landon“, meldete sich eine andere Stimme.
Er strich Beth über die zitternde Unterlippe, und seine Berührung ließ sie erschauern. Verlangen stieg in ihr auf, so stark, wie sie es nie zuvor erlebt hatte. Nun zitterte sie am ganzen Körper.
„Landon“, ertönte erneut eine Stimme, diesmal die eines Mannes.
Gage knurrte etwas Unverständliches, nahm Bethanys Arm und zog sie an allen Leuten vorbei hinter sich her, hinaus auf den Flur, in einen kleinen Nebenraum. Als er die Tür schloss, war es fast dunkel im Raum, nur durch ein winziges Fenster drang das flackernde Licht der nächtlich erhellten Großstadt.
„Bethany“, sagte er gepresst, ihm war deutlich anzumerken, dass er am Ende seiner Geduld war. „Sie sind doch eine kluge Frau. Daher empfehle ich Ihnen, sich einen neuen Plan auszudenken. Ich bin nicht interessiert.“
„Immerhin reden Sie noch mit mir, oder?“
„In zwei Sekunden nicht mehr.“
Sie packte seinen Arm, ungeachtet dessen, dass er sie finsterer anblickte denn je. Irgendwie hatte sie das Gefühl, wenn sie noch ein bisschen bettelte, dann …
„Bitte“, flehte sie inständig. „In der Öffentlichkeit sind Sie sehr beliebt. Der Familienrichter wird mir glauben, dass ich eine anständige Frau bin, wenn er sieht, wer mein zweiter Mann ist. Es ist überall bekannt, wie reich und wohltätig Sie sind, Mr Gage.“ In ihrer Aufregung presste sie seinen Oberarm und bemerkte die stahlharten Muskeln unter dem Stoff seines Jacketts. „Sie haben einen hervorragenden Ruf, und die Medien zeichnen das Bild eines ehrwürdigen Mannes.“
Weil er bei allem Reichtum und bei all seiner Macht der menschlichen Tragödie nicht entkommen war.
„Auf die Medien zu bauen ist gefährlich“, erwiderte er. „Außerdem gehören sie mir. Kein Wunder, dass sie gut über mich berichten.“
„Man fürchtet und bewundert Sie.“
Er schien einen Moment nachzudenken, dann fragte er unvermittelt: „Was wissen Sie über Hectors Machenschaften?“
„Ich kenne die Namen von Leuten, mit denen er krumme Geschäfte macht. Journalisten, die er gekauft hat. Und ich kenne seine Pläne.“ Als sie sah, dass sekundenlang Interesse in seinem Blick aufblitzte, fuhr sie mutiger fort: „Ich werde Ihnen alles erzählen. Alles, was ich weiß. Und ich garantiere Ihnen, das ist eine ganze Menge.“
Schweigend überlegte er, und Beth dachte triumphierend: Ich habe ihn! Ich habe ihn überzeugt! Sie konnte genau erkennen, wie groß die Versuchung für ihn war. Für sie war es ein Hoffnungsschimmer am Horizont. Hilf mir, Landon Gage, um Himmels willen, hilf mir.
In seinen Augen sah sie die gleiche Verlorenheit, die gleiche unbändige Wut, die sie empfand. Manchmal, wenn alle Freunde sich abwandten, musste man sich eben auf einen Fremden einlassen. Landon Gage verstand, was sie fühlte. Endlich war da jemand, der ihr die Hand reichen würde.
„Suchen Sie sich jemand anderen“, sagte er hart, und machte damit all ihre Hoffnungen zunichte.
Verzweifelt baute sich Beth an der Tür auf und presste das kleine schwarze Buch an sich. „Wie können Sie das tun!“, zischte sie. „Warum lassen sie ihn entkommen, nach allem, was er Ihnen angetan hat? Er hat Ihnen alles genommen, und jetzt will er Sie vernichten.“
„Vorsicht!“, warnte er sie mit drohendem Unterton. „Sie wissen nichts, aber auch gar nichts über mein Leben.“
„Oh, doch, ich weiß alles. Ich konnte zusehen, als er es zerstört hat. Mir hat er genau dasselbe zugefügt.“
„Hören Sie gut zu, Beth.“ Er sprach jetzt leise und eindringlich, und sie erahnte hinter dem, was er sagte, einen eisernen Willen. „Das Ganze ist sechs Jahre her. Ich habe mit der Vergangenheit abgeschlossen, und das ist gut so, denn jahrelang habe ich nur daran gedacht, wie ich mich rächen könnte. Mordlust ist kein angenehmer Begleiter. Also provozieren Sie mich nicht länger, sonst könnte es sein, dass ich sie an Ihnen auslasse.“
„Aber begreifen Sie denn nicht, dass dies Ihre große Chance ist?“ Sie spürte, wie ihre Hoffnung schwand. „Ich dachte, Sie empfinden dasselbe wie ich. Hassen Sie ihn denn nicht?“
Er drängte sie zur Seite und legte die Hand auf den Türgriff, doch Beth schob sich erneut dazwischen. Sie durfte einfach nicht zulassen, dass sie ihre letzte Chance verlor.
„In einem Jahr, wenn ich David wiederhabe, sind Sie mich los. Bitte, Mr Gage, was muss eine Frau tun, um Sie zu überzeugen?“
Ohne nachzudenken, ließ sie das Buch zu Boden fallen, packte Landon Gages Jackett, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn mit wilder Verzweiflung. Sie legte alles in diesen Kuss, was sie an Leidenschaft besaß, doch Gage stieß sie herum und drückte sie gegen die Wand. Dicht vor ihr stehend rief er: „Sind Sie verrückt geworden?“
Sie zitterte, und ihr war schwindlig. Was für ein Kuss. Ein Kuss, den er nicht erwidert hatte und der sie trotzdem völlig verwirrt zurückließ. Hart presste er sie gegen die kühle Wand, und plötzlich spürte sie, dass er erregt war. Ihr Puls beschleunigte sich bei dem Gedanken, dass dieser einseitige Kuss zu solch einer Reaktion geführt hatte.
Ihr selbst zitterten die Knie, und sie hatte Schmetterlinge im Bauch. So etwas war ihr seit Jahren nicht mehr passiert.
„Ich …“
Sie sah zu ihm auf. Seine Lippen glänzten noch feucht von ihrem Kuss und sahen so einladend aus, so sinnlich …
Gage schloss seine Finger um ihre Handgelenke. „Keine Spielchen, Bethany. Mein Sinn für Humor ist erschöpft, und wenn Sie es noch einmal wagen, die rote Linie zu übertreten, dann sind Sie dran.“
In diesem Moment wurde die Tür aufgerissen. „Hier bist du, Lan. Alles wartet auf deine Ansprache.“
Abrupt ließ er Beth los. Während sie zu dem Eindringling hinüberblickte, rieb sie sich die schmerzenden Handgelenke.
An der Tür stand ein hochgewachsener, dunkelhaariger Mann, der neugierig auf die Szene blickte, die sich ihm bot. „Darf ich fragen, wer die Lady ist?“
„Die Frau von Halifax“, rief Landon Gage voller Verachtung, ehe er davonstürmte.
„Ich bin nicht seine Frau“, rief Beth ihm nach.
Mit einem halben Lächeln beobachtete der junge Mann, wie Beth ihren Strickblazer glattstrich, ehe sie sich bückte und das schwarze Büchlein aufhob, das geöffnet auf dem Boden lag.
„Garrett Gage“, stellte er sich vor.
Zögernd reichte sie ihm die Hand. „Bethany Lewis.“
„Was Sie jetzt brauchen, ist ein Drink, Bethany.“ Er reichte ihr sein Glas, forderte sie auf, sich bei ihm unterzuhaken, und führte sie zurück in den Ballsaal. Dabei tätschelte er freundlich ihre Hand, als wären sie bestens miteinander bekannt. „Erzählen Sie mir alles, Beth. Ich darf Sie doch Beth nennen?“
Rache.
Rache in den Augen einer zierlichen blonden, blauäugigen Frau, die so verführerisch war, dass Landon sie nicht vergessen konnte. Sie hatte so elegant ausgesehen in ihrem dunkelblauen Strickkostüm, und sie war so mutig gewesen, das Kinn kampfbereit gereckt. Bethany Lewis.
Aber unter ihren Augen hatten tiefe Schatten gelegen, und Landon bezweifelte, dass sie mehr Schlaf fand als er. Leise fluchend verdrängte er das Bild, das vor ihm aufstieg. Es musste ihm egal sein, welche Dämonen Beth nachts heimsuchten.
Im Übrigen wäre er besser beraten, an ihrer Geschichte zu zweifeln. Misstrauen war sein ständiger Begleiter, seit …
„Ich verlasse dich wegen eines anderen Mannes.“ Diesen Satz, diese Stimme, würde er nie vergessen.
Andererseits – der Scheidungskrieg zwischen Hector Halifax und seiner Frau war von den Medien breitgetreten worden. Wenn auch nur die Hälfte dessen stimmte, was in der Presse stand, dann hatte Beth einiges hinter sich.
Doch auch das musste Landon egal sein.
Er hatte seine Ansprache gehalten und sich gerade das fünfte Glas Rotwein geholt. Nun stand er draußen auf der Hotelterrasse, lehnte sich an die Balustrade, schaute hinaus in den nächtlichen Park und nippte ab und zu an seinem Wein. Es war still geworden, still genug, um das Plätschern des Wassers im Swimmingpool zu hören. Eine Grille zirpte, und von fern konnte man die Geräusche der City ahnen. Es hätte ein Moment köstlicher Ruhe sein können, wären da nicht Landons aufwühlende Gedanken gewesen.
Bethany Lewis, Exfrau von Hector Halifax.
Beth, die ihn geküsst hatte, als hinge ihr Leben davon ab. Es war ein Kuss voller Verzweiflung gewesen, und irgendetwas daran hatte ihn tief berührt. Vielleicht weil auch er die Verzweiflung kannte. Sie war ein schäbiger Begleiter, ein schlechter Ratgeber.
Was ihn verwirrte, war, dass er körperlich auf den Kuss reagiert hatte. Bethany Lewis war weder die schönste Frau, die er je gesehen hatte, noch wirkte sie in ihrer Wut besonders sexy. Doch ihre harten, wilden Lippen auf seinem Mund hatten ihn unglaublich angemacht, und als Beth zwischen ihm und der Wand gefangen gewesen war, hatte er dem Bedürfnis, sie zu berühren und sie leidenschaftlich zu küssen, kaum widerstehen können.
Warum hatte er es nicht getan? Seit Jahren war ihm keine Frau mehr begegnet, bei der es gefunkt hatte. Zu gern hätte er gewusst, wie sich Bethanys Brüste anfühlten, zu gern hätte er diesen kleinen hungrigen Mund noch einmal geschmeckt.
Die vertrauten Schritte seines Bruders Garrett rissen ihn aus seinen Gedanken. Wo sein jüngster Bruder war, wusste er nicht, aber bestimmt hing Julian John irgendwo auf dieser Party rum und flirtete mit einer Kellnerin.
„Es überrascht mich, dass du es so lange hier ausgehalten hast“, bemerkte Garrett und lehnte sich ebenfalls an die Balustrade.
Landon zuckte die Achseln. „Ich warte, bis sie weg ist.“
Sein Bruder lachte leise. Es war ein sympathisches Geräusch, und auch Landon hatte früher so gelacht. „Ich gebe zu, dass mich der Inhalt dieses schwarzen Büchleins sehr interessiert“, sagte Garrett.
Landon interessierte sich ebenfalls dafür, aber er schwieg. Als Ältester musste er einen kühlen Kopf bewahren, denn seine Mutter und seine Brüder hatten ein Recht darauf, dass er keine unüberlegten Entscheidungen traf.
Eine leichte Brise kam auf und ließ die Blätter der Büsche rascheln.
„So viel Hass wie in ihren Augen habe ich noch nie zuvor gesehen“, gab Garrett zu. „Außer vielleicht in deinen.“
Die alte, vertraute Wut packte Landon erneut. Er rupfte ein Blatt von einem Busch und riss es in zwei Hälften, ehe er es fortwarf. „Wenn du mir etwas zu sagen hast, dann los.“
„Weißt du, all die Jahre habe ich darauf gewartet, dass du wegen der Sache, die damals geschehen ist, etwas unternimmst. Mutter hat gewartet. Julian ebenfalls. Du hast nie getrauert, Landon, hast dich nicht einmal sinnlos betrunken. Du bist am Tag danach zur Arbeit gegangen und hast seitdem nicht mehr aufgehört, rund um die Uhr zu schuften.“
„Garrett, ich habe Vaters Zeitungsimperium gerettet, habe die Online-Ausgabe erfolgreich gemacht und den Gewinn verdreifacht. Und ihr hättet es gut gefunden, dass ich mich sinnlos betrinke?“
„Nein, so meinte ich das nicht. Ich denke nur, dass du etwas tun solltest, um das Gleichgewicht wiederherzustellen. Das hättest du schon vor langer Zeit tun sollen. Du weißt ganz genau, dass du ihn zerschmettern kannst.“
„Halifax?“
In Garretts Augen glomm ein teuflischer Funken. „Erzähl mir nicht, dass du nicht auch darüber nachgedacht hast.“
„Habe ich. Jeden Tag und jede Nacht.“
„Na also.“ Zufrieden leerte Garrett sein Weinglas und stellte es auf die Balustrade. „Komm schon, Landon. Du bist der einsamste Mensch auf der Welt. Seit sechs Jahren schauen wir zu, wie du dich abkapselst. Du interessierst dich nicht einmal mehr für Frauen. Deine Wut zerfrisst dich, wenn du nicht aufpasst.“
Landon fuhr sich mit der Hand übers Kinn. Er fühlte sich plötzlich müde und ausgelaugt. „Hör auf, Garrett.“
„Wieso willst du dich nicht rächen, Bruderherz?“
Heftig griff Landon nach seinem Glas, und im nächsten Moment zersplitterte es klirrend auf dem Terrassenboden. „Weil es sie nicht zurückbringt!“, schrie er. „Selbst wenn ich ihn umbringe, kriege ich sie nicht wieder. Niemals!“
Nach seinem Ausbruch herrschte Stille. Es ärgerte ihn, dass er die Nerven verloren und seinem Bruder gezeigt hatte, wie nah ihm die Sache immer noch ging. Wie sinnlos ihm das Leben vorkam.
Landon fühlte nichts als Leere in sich.
„Verdammt“, flüsterte er und verfluchte sich selbst und diese Frau, weil sie die Erinnerung an Hector Halifax zurückgebracht hatte.
Lange, sehr lange war es ihm gelungen, das alles zu verdrängen. Den Anruf mitten in der Nacht, die Beweise, die der Privatdetektiv zusammengetragen hatte. Wie hatte er bloß so blind sein können? Warum hatte er nicht gemerkt, dass Chrystine ihn hinterging. Dass sie seit Monaten eine Affäre mit Halifax hatte, ihm SMS und E-Mails schrieb, sich abends unter einem Vorwand davonstahl, um ihn zu treffen. Erst am Tag des Begräbnisses hatte er das volle Ausmaß ihres Betrugs erfahren.
Dabei war es keine Liebesheirat gewesen. Chrystine war von ihm schwanger gewesen, und er hatte getan, was er für richtig hielt. Er war überzeugt gewesen, dass diese Ehe funktionieren konnte, wenn beide sich bemühten.
Doch dann war alles schiefgegangen, und er hatte nicht nur seine Frau, sondern auch seinen kleinen Sohn verloren, der gerade erst sitzen und „Papa“ sagen konnte.
Sein Sohn war durch ihre Schuld ums Leben gekommen. Weil Halifax ihr mitten in der Nacht gemailt und ihr befohlen hatte, zu ihm zu kommen, wenn sie ihn nicht für immer verlieren wollte. „Jetzt oder nie“, hatte er geschrieben, obwohl er genau wusste, dass sie Medikamente nahm. Medikamente, die er ihr verschrieben hatte, wider besseres Wissen. Sie stillte ja noch, und sie hätte mit diesem Zeug im Blut auf keinen Fall Auto fahren dürfen.
Halifax wusste das genau, und trotzdem verlangte er von ihr, dass sie zu ihm kam. Drohte, ihr die Medikamente nicht mehr zu verschaffen, drohte, sich von ihr zu trennen, wenn sie nicht gehorchte. Es war eine stürmische, stockdunkle Nacht gewesen, und obwohl Chrystine an das „Jetzt“ gedacht hatte, war ein „Nie“ daraus geworden.
Denn weder sie noch ihr Sohn hatten nach dem Unfall noch einen einzigen Atemzug getan.
Landon vermisste sein Kind unendlich, seine kleinen Patschhände, mit denen es den Zeigefinger seines Vaters umklammerte, sein Babylachen, seine Stimme, wenn es unverständliche Laute brabbelte. Schmerzhaft wurde ihm bewusst, dass er seinen Sohn nie als Teenager und nie als jungen Mann erleben würde.
„Ich weiß, dass du sie verloren hast“, sagte Garrett versöhnlich und drückte Landons Schulter. „Sie kommen nicht wieder zurück, Bruder, aber ich hatte gehofft, dass du eines Tages zu uns zurückkommen würdest.“
Bethany saß neben dem Parkplatz auf einer hölzernen Bank und starrte blicklos auf das kleine schwarze Buch in ihrem Schoß. „Sie haben die Wut in meinem Bruder neu entfacht“, hatte Garrett Gage mit einem anerkennenden Lächeln zu ihr gesagt. „Eigentlich müsste ich Ihnen dafür dankbar sein.“
Sie wunderte sich immer noch über seine Worte und dachte über ihre eigene Situation nach.
Was nun?
Drüben, neben einem großen schwarzen Lincoln Navigator, stand Landon Gages bulliger Chauffeur. Er hatte sich neulich durch seine Weigerung, sie gegen Geld unbemerkt auf den Rücksitz des Wagens schlüpfen zu lassen, ihren Respekt verdient. Sie erwiderte sein wissendes Lächeln und seufzte.
Spätestens seit sich ihr Märchenprinz als hässliche Kröte entpuppt hatte, glaubte sie nicht mehr an Wunder. Weshalb hatte sie dann gehofft, ein Fremder könnte ihr helfen? Ein Fremder und ein Feind?
Für ihn würde sie immer eine Halifax sein, und dafür hasste er sie vermutlich.
Doch Gage war großer Schaden zugefügt worden. Auch wenn er sich nichts anmerken ließ, musste der Verlust seiner Familie entsetzlich für ihn sein. Vielleicht konnte Bethany doch noch irgendetwas erreichen. Sie jedenfalls würde kämpfen bis zum letzten Atemzug.
Ohne ihren Sohn war das Leben nicht lebenswert.
All ihre Sinne schärften sich, als sie sah, dass Landon das Hotel verließ. Mit grimmiger Miene ließ er seinen Blick über den Vorplatz schweifen, entdeckte Beth auf der Bank und kam mit langen Schritten auf sie zu. Dicht vor ihr blieb er stehen. „Wann?“
„Wann was?“, erwiderte sie verwirrt.
„Wann wollen Sie heiraten? Am Freitag? Am Sonntag?“
Mit weit aufgerissenen Augen schaute Beth zu ihm auf. Seine dräuende große Gestalt und sein aufgewühlter Blick machten sie sekundenlang sprachlos. Dann schüttelte sie ihre Starre ab und platzte heraus: „Freitag. Morgen. Jetzt.“
„Kommen Sie morgen in mein Büro. Ich lasse einen Ehevertrag aufsetzen.“ Er warf ihr eine schwarze Kreditkarte zu; sie landete auf ihrem Schoß. „Ich will, dass Sie ein teures Kleid tragen. Kaufen Sie sich eins. Und wenn Sie Ihren Sohn wiederhaben wollen, dann sorgen Sie dafür, dass Sie jungfräulich aussehen. Besorgen Sie sich auch einen Ring.“ Als sie ihn mit offenem Mund anstarrte, wies er mit einem drohenden Finger auf sie. „Wenn wir fertig sind, kriegen Sie keinen Cent, verstanden?“
Sie stand auf und nickte heftig. „Alles, was ich will, ist mein Kind. Ich suche mir einen Job, den ich zu Hause machen kann, damit mir David niemand mehr wegnehmen kann.“
Gage packte ihr Handgelenk und zog sie so nah zu sich heran, dass sie seinen kraftvollen Körper spürte. In seiner Gegenwart fühlte Beth sich … winzig.
„Ich hoffe, Sie sind sicher, dass das alles ist, was Sie wollen, Miss Lewis. Sobald ich Ihren Mann fertiggemacht habe, sind wir geschiedene Leute.“
Damit drehte er sich auf dem Absatz um und ließ sie stehen. Beth sah ihm nach, erleichtert und seltsam erregt.
„Mr Gage!“
Er fuhr herum. „Landon.“
„Danke, Landon.“
„Ich tue das nicht für Sie“, erwiderte er stirnrunzelnd.
„Das weiß ich. Trotzdem danke.“
Nach einem kurzen Zögern kam er auf sie zu, nahm sie am Arm und beugte sich zu ihr. „Haben wir noch etwas anderes im Angebot, Beth?“
Die Lippen leicht geöffnet, sah sie zu ihm auf. „Was meinen Sie damit?“
Da war sie wieder, diese Atemlosigkeit in seiner Nähe. Sein Gesicht war so attraktiv, sein Mund so schön. Und der Blick seiner grauen, stürmischen Augen …
Er strich ihr leicht über den Arm, und Beth erschauerte. „Ich will wissen, ob es zwischen uns noch etwas mehr geben wird als eine Abmachung.“
Beth sah ihn an und konnte keinen klaren Gedanken fassen. „Ich … ich verstehe nicht.“
Doch unter ihrer Bluse waren ihre empfindsamen Brustwarzen hart geworden. Beth sehnte sich danach, berührt zu werden. Von Landon.
Auch er wirkte erregt, als er ihr mit dem Mittelfinger sanft über die Lippen fuhr. „Ich frage mich …“ Seine Stimme klang rau, und er sah Beth forschend in die Augen, als ob er bis auf den Grund ihrer Seele schauen wollte. „Ich frage mich, ob Sie mich noch einmal küssen werden. Ohne Hast diesmal. Und im Bett.“
Oh, mein Gott.
Seine Pupillen waren geweitet und verrieten, was er vor seinem geistigen Auge sah.
Er legte Beth einen Finger unters Kinn und zwang sie, zu ihm aufzublicken. „Sind Sie interessiert?“
Wieder erschauerte sie, und sie stellte sich vor, wie es sein würde mit Landon. Im Bett. Hart, leidenschaftlich, erfüllend …
Als sie ihn vorhin in dieser Kammer geküsst hatte, hatte sie genau gespürt, dass es ihn all seine Kraft gekostet hatte, den Kuss nicht zu erwidern. Was würde geschehen, wenn er diese Kraft einsetzte, um sie zu befriedigen?
Sie musste Nein sagen.
Nein war ein hartes, kleines Wort, aber sensible Menschen lernten irgendwann, es zu benutzen. Vor sechs Jahren hatte Beth erfahren, dass dieses kleine Wort den Unterschied gemacht hätte zwischen Glück und Verzweiflung, Freiheit und Hölle.
Es gab keine andere Möglichkeit, als Nein zu sagen.
Doch wenn er darauf bestand?
Oder genau das nicht tat?
„Ich denke, wir sollten uns auf den ursprünglichen Plan beschränken“, sagte sie schließlich betont ruhig, auch wenn sie das brennende Verlangen, das sie in Landons Gegenwart spürte, nicht leugnen konnte.
Mit einem kurzen Nicken ließ er sie los und trat einen Schritt zurück, doch Bethany hatte in seinen Augen das Feuer des Begehrens bereits entdeckt. „Gut zu wissen“, bemerkte er knapp.
Er ging hinüber zu seinem Chauffeur, gab ihm ein paar Anweisungen, dann verschwand er grußlos wieder im Hotel.
Bethany blieb allein zurück. Mit einer Hand umklammerte sie das kleine schwarze Buch, mit der anderen Landon Gages Firmenkreditkarte.
„Ich kann mittlerweile nachvollziehen, weshalb du seit Ewigkeiten keine Frau mehr hattest, Landon. Vielleicht hat Julian hier ein paar Tipps für dich. Zum Beispiel, wie man sich einer Frau nähert, ohne sie zu überfallen.“
Landon beugte sich gerade über den Konferenztisch, auf dem die neueste Ausgabe des San Antonio Daily lag. Ohne auf Garretts Bemerkung einzugehen, blätterte er den Andruck durch und strich die Fehler an. Wie jeden Tag, ehe die Zeitung endgültig zum Druck freigegeben wurde. Und wenn sie dann erschienen war, machte er das Ganze noch einmal. Jeden Tag im Jahr.
„Ich will keine Frau.“ Landon schlug den Sportteil auf und markierte mit einem dicken roten Filzstift einen Fehler in der Überschrift des ersten Artikels. „Bisher sind es vierundzwanzig Druckfehler, Garrett, und ich bin noch nicht fertig. Dein Grinsen sollte dir mittlerweile vergangen sein.“
„Das heißt also, du willst sie aus einem anderen Grund“, bemerkte Garrett ungerührt und hielt ein Dokument hoch. „Denn dieser Ehevertrag hier ist ein bisschen ungewöhnlich. Jules, wenn du so nett wärst, dich auch dazu zu äußern – was hältst du von diesem Vertrag? Welche Frau wäre so verrückt, so etwas zu unterschreiben?“
Mit einer lässigen Handbewegung griff Julian nach dem Dokument, lehnte sich an die Wand und überflog die Paragrafen. Dann sagte er auf seine übliche nonchalante Weise: „Gemein und geprägt von Misstrauen. Gut, Landon. Ganz dein Stil.“
„Danke, Jules. Hier schließen sich zwei Feinde zusammen, da ist Vorsicht geboten.“
Garrett schüttelte den Kopf und ging zum Kaffeeautomaten, um sich noch einen Espresso zu holen. „Das heißt, die Scheidung ist programmiert?“
Landon unterstrich ein falsches Datum mit dem roten Filzstift. Dann markierte er ein fehlendes Bindewort. „Genau. Diesmal wissen wir beide, wie es enden wird.“
„Ich habe euch gestern Abend gesehen. Und falls du es vergessen haben solltest, Landon: Du hast sie gegen die Wand gedrückt.“
Landon erstarrte mitten in der Bewegung. Beth an der Wand, mit leicht geöffneten, feuchten Lippen, ihr Körper so nah. Allein die Erinnerung daran erregte ihn, aber er hasste es, von Gefühlen kontrolliert zu werden. Er nutzte die Schwäche von anderen und bekämpfte sie bei sich selbst. Jetzt legte er den Filzschreiber weg, fuhr sich mit der Hand durchs Haar, und atmete tief durch, ehe er seinen Bruder finster ansah. „Weißt du, was der Skorpion zur Schildkröte sagte, als er sie in die Weichteile stach?“
Garrett nippte an seinem Kaffee. „Erzähl’s mir.“
„Ich kann nicht anders, sagte der Skorpion.“
„Und was bedeutet das in deinem Fall?“
„Ganz einfach, Garrett“, mischte sich Julian ein. „Er heiratet die Exfrau seines Erzfeindes, und deshalb traut er ihr nicht über den Weg.“
Verblüfft stellte Garrett seine Espressotasse ab. „Du bist also die Schildkröte in dieser Geschichte?“
„Hier kommen die Informationen, Mr Gage.“ Donna, seine Assistentin, kam beladen mit Archivmappen, die Zeitungsausschnitte enthielten, in den Konferenzraum. Darin stand alles über Halifax und Bethany. „Einige sind mehr als fünf Jahre alt.“
Nachdem Donna den Stapel auf den Tisch gelegt hatte, machte sich Landon sofort darüber her. „Es scheint, als gäbe es in der Redaktion ein paar Maulwürfe“, informierte er seine Brüder.
„Bist du sicher?“
„Beth kennt wahrscheinlich ihre Namen. Jedenfalls hat sie das angedeutet. Ich möchte herausfinden, wer Halifax geheime Informationen zuspielt.“ Landon schlug die oberste Mappe auf. Eigentlich hätte er all das auch am Computer erledigen können, aber in dieser Hinsicht war er irgendwie altmodisch. Er liebte den Geruch von Druckerschwärze und Zeitungspapier unter seinen Fingern.
„Vielleicht steht es in dem kleinen schwarzen Buch?“, meinte Garrett.
Landon zog spöttisch eine Augenbraue hoch. „Und Halifax ist ein Idiot? Ich müsste verrückt sein, wenn ich mich darauf verlassen würde, was in einem Notizbuch steht.“
„Aber weshalb heiratest du Beth dann?“
Das ging seine Brüder nicht das Geringste an. Landon blätterte weiter. „Weil ich eine Kampfgefährtin haben will.“
Garrett lachte und gab seinem Bruder einen spielerischen Schlag auf den Rücken. „Ich würde sagen, da suchst du dir besser jemand anderen.“
Doch Landon schwieg.
„Wer so blöd ist, seine widerlichen Machenschaften in einem Notizbuch festzuhalten, hat alles verdient, was ihm zustößt“, sagte Julian verächtlich.
„Er hat Landon verdient.“
Als seine Brüder in lautes Gelächter ausbrachen, schob Landon ihnen einige Mappen mit Zeitungsausschnitten zu. „Los, an die Arbeit oder verschwindet endlich.“
Garrett setzte sich an den Tisch und öffnete eine der Archivmappen. „Mom will alles über Beth wissen.“
„Und ich bin sicher, du wirst sie umfassend informieren, Garrett“, gab Landon zurück und wandte sich an Julian. „Hast du mit unserem Familienanwalt gesprochen?“
„Er wird morgen herkommen. Zurzeit arbeitet er sich in den Fall ein.“
„Gut. Garrett, du schickst ein Team los, das über die Verlobungsparty heute Abend berichtet.“
„Mache ich.“
Landon überflog eine fett gedruckte Überschrift in einem alten Artikel. „Ehefrau von Halifax mit Lover erwischt.“ Dazu gab es ein Foto von Beth, wie sie das Gericht verließ. Der Artikel selbst berichtete lang und breit von der Gerichtsverhandlung. Als er das Bild genauer betrachtete, meldete sich Landons Beschützerinstinkt. Beth wirkte so verloren, ihr Blick hatte etwas Flehendes, Unschuldiges.
Trotzdem konnte sie eine Lügnerin sein.
Und trotzdem begehrte er sie.
Es war so kompliziert und gleichzeitig so einfach.
Gestern Nacht, als er nicht einschlafen konnte, hatte er sich wieder und wieder gefragt, weshalb gerade Bethany Lewis in ihm jenes wilde Verlangen entfacht hatte. Aber es gab dafür keinen Grund – außer ihrem verzweifelten Kuss. Ein Kuss, der ihn wieder zum Leben erweckt hatte.
Er war ein Mann.
Sie war eine Frau.
Er begehrte sie.
Also würde er bekommen, was er wollte, ganz egal, was es ihn kostete. Er war bereit zu warten, er war bereit, Halifax an den Füßen aufzuhängen, wenn er dafür Beth bekam.
Er musste sie haben. Um jeden Preis.
So, Beth, dachte sie, als sie schließlich im obersten Stockwerk des Verlagsgebäudes angekommen war. Hol ihn dir.
Sie atmete tief durch, dann folgte sie Landons Assistentin – es war dieselbe, die ihre Bitte um einen Termin mit Mr Gage mehrere Male abgewiesen hatte. Nervosität ergriff sie, als die Assistentin eine beeindruckend massive Doppeltür öffnete und stehen blieb, um Beth mit einer förmlichen Handbewegung hineinzubitten.
Landon, im maßgeschneiderten Anzug, zu dem er eine flammend rote Krawatte trug, stand sofort vom Konferenztisch auf, um Beth zu begrüßen. Ihr Magen krampfte sich zusammen, als er auf sie zuging. Vorfreude? Aufregung? Angst?
Ihrem zukünftigen Ehemann schrieb man viele Charaktereigenschaften zu. Sanftmut war nicht darunter.
„Beth“, sagte er, und seine grauen Augen, umrahmt von langen dunklen Wimpern, funkelten, während er sie anerkennend musterte. Ihr stockte fast der Atem, so sexy sah er aus, als er lächelte.
„Hi, Landon“, erwiderte sie und lächelte scheu.
Seine beiden Anwälte erhoben sich, um sie zu begrüßen, und Beth gab ihnen die Hand. Da sie sich vorgenommen hatte, heute einen guten, respektablen Eindruck zu machen, trug sie ihr Haar aufgesteckt, dazu ein dunkles, schlichtes Businesskostüm und wenig Make-up.
Nie zuvor war sie sich ihrer Erscheinung so bewusst gewesen, und sie fragte sich, ob Landon gefiel, was er sah.
Nun entließ er seine Assistentin, zog Beth einen Stuhl hervor und sagte leise: „Setzen Sie sich.“
Sie tat, was er verlangte, und zog dabei ihren Rocksaum bis zum Knie. Auch die Männer setzten sich. Einer der Anwälte verteilte Dokumente an die Anwesenden. Beth hoffte, dass es sich um den Ehevertrag handelte, damit dieser Zirkus hier endlich beginnen konnte.
„Wenn Sie so freundlich wären, die erste Seite aufzuschlagen, Ma’am“, forderte sie der ältere der beiden Anwälte auf. „Mr Gage hat …“
Doch Beth öffnete das Dokument gleich auf der letzten Seite, und der weißhaarige Mann verstummte mit säuerlicher Miene. „Kann ich bitte einen Stift haben?“, fragte sie.
Sofort wurden ihr zwei Füllfederhalter gereicht. Sie entschied sich für den blauen und war sich bewusst, dass Landon sie angespannt beobachtete. Als sie den Stift zur Unterschrift ansetzte, runzelte er die Stirn.
„Lesen Sie den Vertrag zuerst, Beth“, sagte er.
Sie schaute zu ihm hinüber. Was für ein Traummann, dachte sie wieder. Einerseits bewunderte sie ihn, andererseits schüchterte er sie ein wenig ein. In ihm schlummerten unterdrückte Aggressionen, die seine entspannte Haltung Lügen straften. Er verfügte über sehr viel Selbstbeherrschung und Kraft, das hatte sie gespürt, als sie ihn geküsst hatte.
Und trotzdem waren seine Lippen verführerisch gewesen. Die ganze vergangene Nacht hatte sie sich vorgestellt, wie es sein würde, wenn er sie öffnete für einen Kuss, der besitzergreifend sein würde, leidenschaftlich und voll von gebändigtem Zorn.
Weil sie spürte, dass sie errötete, senkte Beth rasch den Kopf. Sie ärgerte sich, dass sie am helllichten Tag von Lan-dons Küssen träumte.
„Ich bin nicht hinter Ihrem Geld her, Landon. Sie haben mir gesagt, dass ich nichts zu erwarten habe. Da ich selbst arm wie eine Kirchenmaus bin, können Sie mir nichts nehmen, was mir Hector nicht bereits entrissen hätte.“
„In einem Ehevertrag geht es nicht nur um Geld“, erwiderte Landon.
„Darf ich, Miss Lewis?“ Der weißhaarige Anwalt räusperte sich und begann vorzulesen. „Am Tag der Hochzeit übergeben Sie Ihrem Mann ein kleines schwarzes Buch, das persönliche Aufzeichnungen von Dr. Hector Halifax enthält. Als Ihr rechtmäßig angetrauter Ehemann verpflichtet sich Mr Gage, bis zum Ende der Ehe in jeder Hinsicht für Sie zu sorgen, solange Sie sich von Ihrem Exmann fernhalten. Jede Untreue Ihrerseits beendet diesen Vertrag und diese Ehe mit sofortiger Wirkung.“ Der Anwalt schaute ihr direkt in die Augen. „Ich fürchte, diese Klauseln sind nicht verhandelbar.“
Die Tatsache, dass Landon Gage wie alle anderen nur das Schlechteste von ihr dachte, verletzte Beth so sehr, dass sie reglos dasaß und schwieg. Endlich hob sie den Kopf und sah ihn an, doch das war ein Fehler, denn das unverhohlene Begehren, das sie in seinen Augen entdeckte, ließ sie erschauern. Plötzlich schien der Ring, den sie sich auf seine Anweisung hin gekauft hatte, auf ihrer Haut zu glühen. Trotzdem hielt sie Landons Blick stand. „Ich war Hector während unserer Ehe immer treu“, erklärte sie. „Was man über mich erzählt, ist nicht wahr.“
Landon zögerte einen Moment, ehe er mit sanfter, verführerischer Stimme sagte: „Mir ist egal, ob Sie Hector treu waren. Was mich einzig und allein interessiert, ist, dass die Frau, die meinen Namen trägt, mir die Treue hält.“
Seine Worte und seine Stimme sandten ein Prickeln durch ihren ganzen Körper, und Verlangen stieg in ihr auf. Aber sie ließ sich nichts anmerken und antwortete fest: „Es handelt sich zwar nur um eine Scheinehe, aber ich will meinen Sohn wiederhaben und kann es mir nicht leisten, auch nur einen einzigen Fehler zu machen. Daher erkläre ich, dass ich zurzeit keinen Partner habe und auch nach der Eheschließung keine Beziehung zu jemand anderem eingehen werde.“ Dann fiel ihr jedoch noch etwas ein. „Und Sie, Mr Gage? Geben Sie mir dieselbe Garantie?“
„Im Gegensatz zu dem, was alle denken, bin ich kein Frauenheld.“
„Um ein Leben auf den Kopf zu stellen, bedarf es meist nur einer einzigen Frau“, entgegnete Beth.
„Ich schaue ihr gerade in die Augen.“
Verblüfft schwieg sie, und als sie merkte, dass er seine Aussage weder abschwächen noch dementieren wollte, wandte sie sich hastig wieder dem Vertrag zu. Ihr Herz raste. Aber da war noch etwas, was sie wissen wollte. „Unsere Vereinbarung bezieht sich nur auf … auf eine Partnerschaft, oder?“
Im Raum herrschte nun eine gespenstische Stille.
Beth wurde nervös, weil Landon ihr nicht antwortete, sondern sie unverwandt ansah, voller Begehren. „Was genau wollen Sie von mir?“, fragte sie rau.
Er schien kurz zu überlegen, dann beugte er sich vor und sagte: „Alles, was ich will, ist, dass Sie mir treu sind, Beth. Wenn Sie das Bedürfnis haben sollten, mit jemandem zu schlafen, dann tun Sie es mit mir.“
Seine Worte klangen wie ein Versprechen, fast wie ein Gelöbnis, und sie errötete tief. Obwohl Romantik und Sex gerade nicht auf ihrer Agenda standen, wurde ihr durch Landons unverhohlenes Interesse klar, welch ein attraktiver, sinnlicher Mann er war. Selbst in einem formellen Anzug kam seine durchtrainierte Figur zur Geltung, und seine Ausstrahlung erfüllte den Raum so sehr, dass Beth sich ihrer Weiblichkeit umso stärker bewusst wurde.
Das intensive Schweigen wurde endlich durch den jüngeren der Anwälte unterbrochen. Er wirkte etwas verstört durch die Spannung, die zwischen Beth und Landon entstanden war. „Hm, nun ja“, begann er zögernd und fuhr dann fort: „In einem vertraulichen Anhang, der von Mr Gage gewünscht wurde, stellen wir fest, dass die Ehe noch eine Weile pro forma aufrechterhalten wird, sobald Sie, Miss Lewis, das Sorgerecht für Ihren Sohn erhalten haben. Sobald die Zeit für die Trennung gekommen ist, erwartet Mr Gage, dass Sie in eine schnelle, unkomplizierte Scheidung einwilligen. Dafür erhalten Sie ein kleines Vermögen, das Ihnen und Ihrem Sohn ermöglichen wird, ein neues Leben zu beginnen.“
Beth wünschte sich ans andere Ende der Welt. Es war so fürchterlich unangenehm, dass diese privaten Dinge in einem Konferenzraum ausgebreitet wurden. Und dann waren da noch Landons Blicke, die ihr Herz schneller schlagen ließen und ihr Verlangen anfachten. Jahrelang hatte sie keine so intensiven Gefühle mehr für einen Mann empfunden.
Um so schnell wie möglich fortzukommen, unterbrach sie den Anwalt. „Ich möchte kein Vermögen von Ihnen, Mr Gage. Ich will Sie, weil Sie der einzige Mensch sind, der Hector wirklich wehtun kann.“
Seine Miene blieb undurchdringlich, doch Beth sah, wie er die Hände zu Fäusten ballte.
„Falls aus der Verbindung ein Kind entsteht“, fuhr der Anwalt fort, „erhält Mr Gage automatisch das alleinige Sorgerecht.“
Entsetzt rief Beth: „Es wird kein Kind geben.“
Ihre heftige Reaktion entlockte Landon spontan ein lautes Lachen. Es passte so wenig zu seinem sonst so selbstbeherrschten Auftreten, dass Beth zusammenzuckte.
Wütend blitzte sie ihn an. Fand er die Sache etwa lustig? Nahm er an, sie würde riskieren, für ein bisschen Sex von ihm schwanger zu werden?
„Heißt das, Sie würden mir das Kind wegnehmen?“, fragte sie ungläubig. „Kann man auf diese Art eine Ehe schließen? Eine Partnerschaft? Kann man so gemeinsam in den Krieg ziehen?“
Ihr Zorn schien ihn zu erheitern. „Ich sehe, wir beginnen damit, uns die Wahrheit zu sagen. Das ist mehr, als ich von meiner letzten Ehe behaupten kann.“ Dann wurde er wieder ernst und zuckte die Achseln. „Ich misstraue jedem, bitte haben Sie dafür Verständnis.“
Beth konnte das nur zu gut nachfühlen. Er hatte bereits ein Kind verloren und würde niemals riskieren, dass ihm das ein zweites Mal passierte. Außerdem war er betrogen worden, genau wie Beth. Wenn man nicht mehr an Menschen glaubte, hielt man in Beziehungen einen Teil von sich selbst zurück. Man ließ niemanden mehr ernsthaft an sich heran.
Landon vertraute Beth nicht, aber er hatte vor, ihr zu helfen. Dankbar fragte sie sich, wie sie es bloß geschafft hatte, einen solchen Mann auf ihre Seite zu ziehen. Er war ein Geschenk des Himmels.
Und jetzt saß er ihr gegenüber, sah umwerfend aus, und sie hatte Schmetterlinge im Bauch, weil sie wusste, dass Hector Halifax niemand retten konnte, wenn Landon Gage sich entschloss, ihn zu ruinieren.
Plötzlich hatte sie beste Laune und lehnte sich entspannt auf ihrem Stuhl zurück. „Ich werde Sie trotzdem heiraten, Landon. Lassen Sie mich ruhig noch durch ein paar brennende Reifen springen. Das ändert nichts an meinem Entschluss.“
Etwas wie Bewunderung war in seiner Miene zu lesen, ehe sich der Ausdruck seiner Augen veränderte. Landon Gage wirkte jetzt kampfbereit und begierig loszuschlagen. Ruhig und ernsthaft sagte er: „Wie wäre es, wenn Sie nun den Vertrag unterschreiben würden, Bethany?“
Der weißhaarige Anwalt wies mit dem Kopf auf das Dokument. „Bitte, Miss Lewis, wenn Sie so freundlich sein wollen?“
Bethany, dachte sie. Niemand nannte sie so. Aus seinem Mund klang es wie ein Kosename.
Sie unterschrieb den Vertrag schwungvoll und deutete dann mit dem Stift auf Landon. „Mrs Gage“, korrigierte sie den Anwalt.
Ihre Worte schienen Landon seltsam zu berühren. Er schaute Beth so besitzergreifend an, als wolle er sich sofort auf sie stürzen, um jene Lippen zu küssen, denen er sich letzte Nacht verweigert hatte.
„Jetzt gehöre ich zu den mächtigen Gages“, flüsterte sie.
„Noch nicht ganz.“ Landon grinste verwegen. „Meine Herren, bitte lassen Sie mich allein mit meiner Verlobten.“
Eine angespannte Stille breitete sich im Konferenzraum aus. Schließlich sagte Bethany: „Ich denke, wir sollten über unseren Plan sprechen. Was ich will, ist, dass Hector auf den Knien angerutscht kommt. Ich will, dass er keinen Penny mehr besitzt, keine Ehre, kein Kind. Er soll jaulen wie ein getretener Hund.“
Landon sah sie fasziniert an, bemühte sich aber, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr ihre Worte ihn erregten. Er hatte seine Brüder angelogen. Beth war so verdammt süß in ihrer Mordlust. Wahrscheinlich wusste sie es nicht einmal.
Ja, Landon hatte gelogen. Er wollte eine Frau, und jetzt befand sie sich im selben Zimmer wie er.
Ernst stand er auf und ging um den Konferenztisch herum zu Beth. „Ich werde ihn erniedrigen“, versprach er ruhig.
„In aller Öffentlichkeit, hoffe ich.“
Die Hände zu Fäusten geballt, sagte Landon: „Wenn wir mit ihm fertig sind, wird er nicht mehr in der Lage sein, einen klaren Satz zu formulieren.“
Erfreut lächelte Beth. „Das gefällt mir.“
Verrückt, was ihr Lächeln und ihre Entschlossenheit mit ihm machten. So eine Art von Vorspiel war ihm noch nie untergekommen. Erst den Feind plattmachen, dann übereinander herfallen.
In der vergangenen Nacht hatte er sich wieder und wieder vorgestellt, wie es sein würde, Beth zu küssen, wild und leidenschaftlich. Am Morgen, als er erwacht war, hatte er kaum gewusst, wohin mit seiner Lust. Was war es nur, das ihn an ihr so anzog?
Er sah ihr in die blauen, goldgesprenkelten Augen, die abenteuerlustig funkelten.
Hier, im hellen Sonnenlicht, wirkte Beth jünger und nicht mehr so angespannt wie gestern Abend. Ihr elegant aufgestecktes blondes Haar umrahmte ihr feines, ovales Gesicht, um ihren schlanken Hals lag eine schlichte Goldkette. Was ihn jedoch viel mehr begeisterte als ihre milchweiße, zarte Haut, war ihr Mund …
„Haben Sie sich ein Kleid gekauft?“, fragte er, seine Stimme fast ein Flüstern.
„Ja.“
„Weiß und jungfräulich?“
„Cremefarben und dezent.“ Beth nahm seine Kreditkarte aus ihrer Geldbörse, zusammen mit einer gefalteten Quittung. „Ich habe mich mit Thomas angefreundet. Er meinte, es würde Ihnen gefallen.“
Landon runzelte die Stirn. „Mein Chauffeur hat das Kleid gesehen?“
„Ich brauchte Beratung. Schließlich kenne ich Ihren Geschmack nicht.“
„Den kennt auch Thomas nicht.“ Er nahm die Kreditkarte und die Quittung an sich und spürte einen Hauch von Enttäuschung, als es ihm nicht gelang, Beth’ Finger mehr als sekundenlang zu berühren.
„Einen Ring habe ich auch gekauft.“
Sie hielt ihre Hand hoch, um ihn zu präsentieren, und Landon nutzte die Gelegenheit, nach ihr zu fassen und den schmalen Goldreif mit dem kleinen Brillanten näher zu betrachten. Es war elektrisierend, ihre Finger zu spüren, und er konnte das Verlangen, das in ihm aufstieg, kaum kontrollieren. Sachte strich er mit dem Daumen über den Stein, als wäre er wirklich wertvoll und nicht nur ein armseliger Halbkaräter. „Der soll von mir sein?“
„Ja.“ Sie hob den Blick, um ihm in die Augen zu sehen, doch er schaute immer noch auf den Ring. „Ich mag es schlicht.“
Der Ring war – zierlich. Wie Bethany. Und in dieser kleinen, zarten Frau schlummerte eine solche Kraft, eine solche Wut, die sie zu ihrem Rachefeldzug antrieb.
Jetzt seufzte sie verträumt, als ob sie an genau dasselbe denken würde.
Plötzlich schien alles an ihr von flirrender Erotik erfüllt zu sein. Ihre seidenweiche Stimme, die blonden Strähnen, die sich aus ihrer Frisur gelöst hatten, selbst das dunkle Kostüm, das mehr verbarg als enthüllte, sodass ein Mann sich automatisch fragte, was es darunter zu entdecken gab. In ihren Augen schimmerte unverhohlen die Rachlust.
Landon war wie berauscht.
Dann wiederum sagte er sich, dass es dafür eigentlich keinen Grund gab. Bestimmt interpretierte er in den verzweifelten Kuss von gestern Abend zu viel hinein. Außerdem war Beth zu dünn.
Aber so zart und süß.
Und sie küsste zu hart.
Aber gleichzeitig so heiß.
Dieser Kuss hatte ihn zu neuem Leben erweckt.
„Ich fürchtete schon, Sie würden heute Ihre Meinung ändern“, bemerkte Beth und entzog Landon ihre Hand.
Schon wieder hatte er das Bedürfnis, sie zu küssen. Wenn sie so lächelte, war sie unwiderstehlich.
Damals, als er Chrystine geheiratet hatte, war es wegen des Kindes gewesen. Ihr Betrug hatte ihn einsam und gebrochen zurückgelassen. Das würde ihm nicht noch einmal passieren. Nie wieder.
„Hat ein Gage Ihnen jemals sein Wort gegeben?“, fragte er und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Nein.“
„Welchen Grund hatten Sie dann, an meinem Wort zu zweifeln?“
Sie zuckte die Achseln. „Ich habe gelernt, dass man niemandem trauen kann.“
Vertrauen war ihm wichtig. Seine Brüder vertrauten ihm, seine Mutter, seine Angestellten. Bald würde auch Beth dazugehören, dafür würde er sorgen. „Wir sollten zum Geschäft kommen.“ Lächelnd lud er sie mit einer Handbewegung ein, ihm in sein Büro zu folgen.
„Unbedingt.“ Sie sprang auf, nahm ihre Handtasche und folgte Landon in das holzgetäfelte Chefbüro. „Rache duldet keinen Aufschub.“
Lächelnd dachte er daran, dass Halifax’ Frau nun ihm gehörte. Er hatte vor, ihr den Widersacher auf einem Silbertablett zu servieren – Hector geröstet mit einem Apfel im Mund. Und er hatte vor, seine eigene Rache noch ein wenig weiter zu treiben.
„Heute Abend findet im La Cantera unsere Verlobungsfeier statt.“ Er trat hinter seinen Schreibtisch und setzte sich. „Ich bin sicher, dass es hilfreich ist, wenn die Presse dich bei einer kleinen, geschmackvollen Veranstaltung fotografieren kann. Meinst du nicht auch?“
Automatisch war er zum Du gewechselt. Beth bemerkte es und verspürte ein leichtes Kribbeln im Bauch, während sie sich vor dem Schreibtisch auf einem Stuhl niederließ. Einen Moment lang dachte sie nach. Dann schlug sie die Beine übereinander und sagte: „Ich bin ganz deiner Meinung, Landon. Wann soll die Hochzeit sein?“
Schöne, schlanke Beine. Landon riss sich zusammen. Worüber hatten sie gerade gesprochen? Ach ja, die Hochzeit. „Freitagabend im Rathaus, wenn es dir recht ist.“
„Natürlich.“ Als sie lächelte, glänzten ihre Zähne strahlend weiß.
Nur mit Mühe gelang es Landon, sich von ihrem Anblick loszureißen, um einen Knopf der Telefonanlage zu drücken. „Donna, sind meine Brüder greifbar? Ich möchte, dass sie herkommen.“
„Ich hole sie.“
Minuten später klopfte es, und die Assistentin öffnete die Tür für Garrett und Julian.
„Donna“, begann Landon. „Der Wagen soll in drei Minuten bereit sein.“
„Natürlich, Sir.“
Beth hatte sich erhoben, als Landons Brüder hereingekommen waren. Jetzt nahm Landon ihren Arm. „Garrett hast du ja bereits kennengelernt, nicht wahr?“
„Ja, ein sehr netter Mensch.“
„Absolut nicht“, widersprach Landon. „Und dies ist Julian John. Bethany Lewis.“
„Es ist mir eine Ehre“, sagte Julian und gab ihr die Hand.
„Er ist auch nicht nett“, flüsterte Landon ihr ins Ohr.
Als sie lächelte, blitzte der Schalk in ihren Augen, und Landon wusste: Ich bin verloren, genau wie Halifax.
Es läuft nicht schlecht, dachte Beth erleichtert, als sie mit Landon durch das Verlagsgebäude des San Antonio Daily ging. Zwar hatten sie ihren Plan nicht im Detail besprochen, aber das war nicht so schlimm. Beth wusste viel über Hector. Es würde ihr und Landon leichtfallen, ihm Steine in den Weg zu legen. Große Steine.
Sie konnte es kaum erwarten, ihn fallen zu sehen.