Beast Quest (Band 1-6) - Adam Blade - E-Book

Beast Quest (Band 1-6) E-Book

Adam Blade

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Beschreibung

+ Bücher, die Kinder gerne lesen wollen + Beliebte Themen: Action und Monster + Mit vielen Illustrationen + Bereits über 1.000.000 verkaufte Bücher der Beast Quest-Reihe + Ausgewogenes Text-Bild-Verhältnis + Große Schrift + Kurze Kapitel + Sammelband +   Nervenkitzel pur: sechs Beast Quest-Abenteuer in einem eBundle! Die erfolgreiche Kinderbuchreihe mit zahlreichen Illustrationen ist besonders für Jungs ab 8 Jahren geeignet. Eine actionreiche Fantasy für alle Fans von spannenden Missionen und gefährlichen Biestern.   Der böse Magier Malvel hat die guten Biester Avantias verzaubert. Nun bedrohen sie das Königreich. Tom wird auserwählt, den Fluch zu brechen und die Biester zu befreien, denn Avantia schwebt in großer Gefahr!   Schon bald ist Tom auf seiner ersten gefährlichen Mission und muss gegen den Drachen Ferno, das Seeungeheuer Sepron, den Bergriesen Arcta, den Pferdemann Tagus, das Schneemonster Nanook und den Flammenvogel Eposs antreten …

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Seitenzahl: 277

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INHALT

Ferno, Herr des Feuers

Karte

Dank und Widmung

Willkommen im Königreich Avantia!

Das Ende vom Anfang

Bedrohliche Brände

Unterwegs in die Stadt

Am Königshof

Die Mission

Es geht los

Der Wald des Grauens

Drachendämmerung

Das letzte Gefecht

Ein neuer Anfang

Sepron, König der Meere

Karte

Dank und Widmung

Willkommen im Königreich Avantia!

Auf dem Meer

Nach Westen

Wettlauf gegen die Welle

Auf dem Trockenen

Feuer und Wasser

Die Bootsfahrt beginnt

Insel in Sicht

Sepron taucht auf

Seprons Reich

Letzter Versuch

Die nächste Aufgabe wartet

Arcta, Bezwinger der Berge

Karte

Widmung

Willkommen im Königreich Avantia!

Im Gebirge

Ein neues Abenteuer

Weggeschwemmt

Im Schatten des Berges

Lebendig begraben

Gefahr im Gebirge

Das Biest kommt

Wettlauf gegen die Zeit

Ein Schritt bis zum Abgrund

Ein neuer Anfang

Tagus, Prinz der Steppe

Karte

Dank und Widmung

Willkommen im Königreich Avantia!

Der Angriff

Tausend Hufe

Gefangen!

Hinter Gittern

Hufgeklapper in der Nacht

Viktor

Wieder in der Stadt

Viehtrieb

Über den Fluss

Wilde Jagd

Malvels böser Zauber

Nanook, Herrscherin der Eiswüste

Karte

Dank und Widmung

Willkommen im Königreich Avantia!

Im eiskalten Norden

Der Weg nach Norden

Im Schnee begraben

Begegnung auf dem Eis

Schrecken in der Nacht

Eine Schlittenfahrt

Gerettet

Das Eis bricht

Der Kampf

Die Heilung

Eposs, Gebieterin der Lüfte

Karte

Dank

Willkommen im Königreich Avantia!

Geräusche aus der Höhle

Brandgefahr

Ein brennendes Geheimnis

Flucht in die Höhle

Märchen aus der Vergangenheit

Die Schlacht

Feuerströme

Eine dunkle Gestalt

Überlebenswille

Vernichtendes Feuer

Willkommen im Königreich Avantia!

Ich bin Zauberer Aduro und lebe am Hofe König Hugos.

Die Zeiten sind schwer, in denen Du zu uns kommst. Warum … ich will es Dir erklären:

In den alten Schriften steht geschrieben, dass unser friedliches Königreich eines Tages bedroht und angegriffen wird.

Jetzt ist diese Zeit gekommen.

Der böse Magier Malvel zwang durch einen Zauber sechs mächtige, uralte Biester unter seine Herrschaft. Feuerdrache, Seeungeheuer, Bergriese, Pferdemann, Schneemonster und Flammenvogel verwüsten nun in wilder Raserei das Land, das sie einstmals beschützten.

Avantia ist in großer Gefahr!

Die alten Schriften sagen aber auch voraus, dass uns ein ungewöhnlicher Held zu Hilfe eilen wird. Es heißt, dass ein Junge die Aufgabe übernehmen wird, die Biester von Malvels Fluch zu befreien und das Königreich zu retten.

Wer dieser Junge sein wird, wissen wir nicht, aber seine Zeit ist gekommen …

Wir beten darum, dass dieser junge Held ein tapferes Herz haben wird und den Mut besitzt, sich der gefährlichen Mission zu stellen.

Nun warte mit uns und hoffe.

Avantia grüßt Dich,

Aduro

Das Ende vom Anfang

Kaldor der Tapfere stand am Fuße des Berges. Die bronzene Rüstung des Ritters schimmerte im blassen Licht der Morgensonne.

„Der Drache ist ganz in der Nähe. Das fühle ich.“ Kaldor zeigte mit seinem Schwert auf die Nebelschwaden, die den Berggipfel einhüllten. „Um des Königreichs willen! Er muss aufgehalten werden!“

„Viel Glück, mein Herr“, sagte Edward, der Knappe des Ritters.

Kaldor legte seine Hand, die von einem eisernen Handschuh geschützt war, auf Edwards Schulter. Beiden war klar, dass sie sich vielleicht nie wiedersehen würden.

Der Ritter drehte sich um und begann den dunklen Felshang zu erklimmen. Seine Füße schlitterten über den glatten Stein und er rutschte aus. Schnell richtete sich Kaldor wieder auf. Verbissen kletterte er höher und höher hinauf. Dann verschwand er im Nebel.

Nur eine gespenstische Stille blieb zurück. Edward fröstelte.

Plötzlich bebte der Berg.

Edward spürte die Erschütterung unter seinen Füßen und bis hoch in seine Beine. Ein neues Beben warf ihn um und er schlug mit dem Kinn auf dem harten Boden auf. Im Mund schmeckte er etwas Metallisches. Blut!

Was war bloß geschehen?

„Kaldor!“, schrie Edward und rappelte sich hoch, während unter ihm die Felsen schwankten. „Kommt zurück!“

Aber seine Stimme verlor sich im lauten Mahlen und Knirschen des Berges, der gewaltig bebte. Würde er gleich darunter begraben werden?

Panik ergriff Edward. Sein Herz schlug aufgeregt, als er sah, dass sich über ihm zwei Felsblöcke auseinanderschoben. Ihre rasiermesserscharfen Kanten glänzten im Sonnenlicht. Edward zuckte zusammen, als die Felsen sich drohend über ihm aufrichteten.

Auf einmal lichtete sich der Nebel und der Knappe entdeckte Kaldor, der sich eng an den Berg klammerte. Dann bäumte sich etwas hinter Kaldor auf. Edward erkannte ein glitzerndes Auge und dicke, ledrige Schuppen. Es war der zackenbewehrte Kopf eines riesigen Drachen.

Mit einem Mal war ihm alles klar. Sein Herr hatte recht gehabt. Das bösartige Biest war tatsächlich in der Nähe. Und dies war kein Berg … es war der Drache selbst. Deutlich sah Edward nun die Flanken des Drachen, die sich beim Ein- und Ausatmen heftig bewegten. Aus seinen Nasenlöchern trat Rauch. Kaldor hielt sich am Rücken des Ungeheuers fest.

„Kaldor! Kommt zurück!“, rief Edward noch einmal. Aber ein schreckliches Gebrüll übertönte seine Worte.

Als Edward zum Boden sah, überkam ihn Furcht. Er stand mit einem Fuß auf dem Schwanz des Drachen. Und jene vorragenden Felsblöcke waren die mächtigen Schwingen des Biests. Edward wollte losrennen, aber seine Beine schienen aus Blei zu sein.

Der Drache entfaltete seine Flügel noch weiter, um zu einem todbringenden Flug anzusetzen.

„Er hebt gleich ab!“, schrie Edward. „Beeilt Euch, Kaldor!“

„Geh zurück!“ Kaldors Worte drangen nur schwach zu seinem Knappen vor. „Lauf in die Hauptstadt. Warne König Hugo! Lauf!“

Bevor er sich bewegen konnte, holte der Drache mit seinem Schwanz aus und schleuderte Edward durch die Luft. Hart landete der Knappe auf dem Boden und rang zitternd nach Atem. Das mächtige Biest erhob sich in den Himmel. Kaldors Schreie hallten in Edwards Ohren.

Mühsam stand er auf und rannte seinem Herrn hinterher, aber der Drache war schon längst hoch oben in der Luft. Er stieß ein Gebrüll aus, das wie Donnergrollen klang, und ein orangefarbener Feuerstrahl schoss aus seinem Maul. Als er davonflog, fiel einer von Kaldors Eisenhandschuhen direkt neben Edward auf die Erde. Der Handschuh war angekohlt und rauchte ein bisschen. Zwischen den Fingern steckte ein silberner Schlüssel.

Kaldors Rufe waren ein letztes Mal zu hören. Dann war es still.

Der Ritter war verschwunden.

Aber das Biest war noch immer frei.

Bedrohliche Brände

Tom starrte seinen Gegner grimmig an. „Ergib dich, du Schurke!“, rief er. „Gib auf oder du wirst meine Klinge zu spüren bekommen!“

Tom versetzte dem Heusack einen heftigen Schlag mit dem Schürhaken.

„Jetzt bist du erledigt“, verkündete er. „Eines Tages werde ich der beste Schwertkämpfer von Avantia sein. Sogar noch besser als mein Vater, Taladon der Flinke.“

Wie immer fühlte Tom einen Stich in der Brust, wenn er an seinen Vater dachte. Seit er ein Baby war, lebte Tom bei seinem Onkel und seiner Tante. Aber warum ihn sein Vater nach dem Tod der Mutter zu den beiden gebracht hatte, darüber sprachen sie nie. Tom steckte den Schürhaken in seinen Sack zurück.

„Eines Tages werde ich den Grund herausfinden“, schwor er sich.

Auf dem Weg zurück zum Dorf atmete Tom plötzlich einen scharfen Geruch ein.

„Rauch!“, dachte er.

Er blieb stehen und sah sich um. Links von ihm hinter den Bäumen knisterte es und schon schlug ihm eine heiße Luftwelle entgegen.

Feuer!

Tom bahnte sich einen Weg durch die Bäume und rannte zum Feld, das dahinterlag. Der goldene Weizen war bis auf die Stoppeln niedergebrannt. Rauchschleier hingen in der Luft. Entsetzt starrte Tom auf das Feld. Wie konnte das nur passieren?

Tom blickte nach oben und blinzelte. Für eine Sekunde glaubte er, einen dunklen Schatten über den Hügeln schweben zu sehen. Aber dann war der Himmel wieder leer.

„Wer ist da?“, rief ihm eine zornige Stimme entgegen.

Durch den Rauch sah Tom eine Gestalt am Feldrand umherstapfen.

„Bist du durch den Wald gekommen? Hast du gesehen, wer das gemacht hat?“, fragte der Mann.

Tom schüttelte den Kopf. „Ich habe keine Menschenseele getroffen!“

„Das ist Teufelswerk“, sagte der Bauer, und seine Augen blitzten. „Geh sofort zu deinem Onkel, und sage ihm, was passiert ist. Errinel ist verflucht – und seine Bewohner vielleicht auch.“

Tom drehte sich um und rannte so schnell er konnte ins Dorf.

Völlig außer Atem stürmte Tom auf den Marktplatz. Dort hatten sich alle Dorfbewohner versammelt.

„Was machen die bloß hier? Heute ist doch gar kein Markt“, dachte er. Die Leute schrien und zeigten auf Toms Onkel, der auf einer Bank am Rand des Platzes stand.

„Brennende Felder! Was kommt als Nächstes?“, schimpfte ein Mann.

„Mit jedem Tag kommen neue Gefahren!“, rief ein anderer. „Die Biester, die uns angeblich beschützen sollen, haben sich in Teufel verwandelt!“

„Habt ihr den Wasserstand im Fluss beobachtet?“, fragte eine Frau. „Sein Pegel ist so niedrig, dass wir bald kein Trinkwasser mehr haben werden!“

„Wir sind verflucht“, jammerte ein alter Mann.

„Ich glaube nicht an Flüche“, sagte Toms Onkel mit fester Stimme. „Unser Dorf braucht Hilfe. Einer von uns muss zum König gehen und um seine Unterstützung bitten!“

Tom trat aus der Menge hervor. „Ich gehe zum Königspalast!“, rief er.

Die Dorfleute lachten. „Sollen wir etwa einem Jungen diese Aufgabe überlassen? Haha!“

„Der König wird das ganze Dorf auslachen, wenn wir ein Kind zu ihm schicken!“

Toms Onkel sprach mit ruhiger Stimme. „Nein, Tom, du bist zu jung. Ich bin der Dorfvorsteher. Ich werde gehen.“

Plötzlich drängelte sich ein kleiner, rußverschmierter Junge durch die Menge. „Hilfe!“, schrie er. „Bitte helft uns! Unsere Scheune brennt!“

„Männer! Tragt eure Eimer sofort zum Fluss!“, schrie Toms Onkel. „Ihr anderen bringt Spaten zur Scheune – falls wir das Feuer nicht löschen können, müssen wir es ersticken. Beeilung!“

Während die Leute schnell die Befehle ausführten, trat Tom auf seinen Onkel zu.

„Onkel Henry, das Dorf braucht dich jetzt“, sagte Tom. „Bitte lass mich an deiner Stelle zum König gehen.“

Der Onkel sah ihn ernst an. „Früher oder später muss ich dich sowieso in die Welt hinausziehen lassen“, sagte er und sein Blick schweifte in die Ferne. „Vielleicht soll es so sein.“

Onkel Henry schüttelte kurz den Kopf und wandte sich dann wieder zu Tom. „Ja, geh zum König. Morgen früh brichst du auf.“

Unterwegs in die Stadt

Noch im Dunkeln machte sich Tom am nächsten Morgen auf den Weg. Als die Sonne aufging, bemerkte er, dass Errinel nicht der einzige Ort war, der in großen Schwierigkeiten steckte. Während er sich immer weiter von seinem Dorf entfernte, ging Tom an zahllosen verbrannten Feldern vorbei. Und wo einst Bäche rauschten, schlängelten sich nun trockene Gräben durch die Landschaft.

Tom lief zügig voran, ohne auf seine müden Beine und seine schmerzenden Füße zu achten. Als er sich auf der staubigen Straße der Hauptstadt näherte, begegnete er immer mehr Menschen. Reiter galoppierten vorbei und Familien liefen neben Eseln her, die unter ihrer Last fast zusammenbrachen. Er hörte, wie die Leute miteinander sprachen. Alle waren auf der Flucht vor drohender Hungersnot oder anderen Gefahren. Offensichtlich war er nicht der Einzige, der im Palast um Hilfe bitten wollte. Tom beschleunigte seine Schritte.

Bald schon stand er vor dem mächtigen Stadttor. Die Torflügel waren weit geöffnet. Als er hindurchging, spürte Tom wieder neue Kraft. Endlich war er angekommen! Er bahnte sich seinen Weg durch die engen, überfüllten Straßen. Tom hatte nur ein Ziel – sich bis zum Palast durchzuschlagen. Da sah er ihn auch schon vor sich. Die purpurroten Turmspitzen und die meergrünen Kuppeln überragten alle anderen Gebäude. So ein Bauwerk hatte Tom in seinem ganzen Leben noch nicht gesehen!

Als er den Palasthof betrat, stöhnte er auf. Eine lange Warteschlange verlief quer über den Hof und bewegte sich kaum vorwärts.

„Bist du gekommen, um den königlichen Sekretär zu sprechen?“, fragte ihn eine Wache.

„Nein, ich will zum König“, antwortete Tom.

Der Mann lachte. „Zuerst musst du mit seinem Sekretär reden. Er entscheidet, wer beim König vorsprechen darf. Stell dich hinten an. Du wirst lange warten müssen.“

„Ich kann nicht warten!“, entgegnete Tom. „Mein Dorf braucht ganz dringend Hilfe – sofort!“

„Wir alle brauchen Hilfe“, meinte ein stämmiger Mann. Sein Bart reichte ihm bis zu den Knien. „Wir im Westen wurden von mehreren Flutwellen überschwemmt. Wir müssen dringend Dämme bauen, aber ohne die Hilfe des Königs schaffen wir das nicht!“

„Im Norden toben verheerende Schneestürme“, sagte eine Frau. „Das ganze Königreich ist in Gefahr. Denkt an meine Worte – die Biester haben uns das angetan!“

„Die Biester?“, spottete der stämmige Mann. „Sie machen wohl Witze!“

Wütend starrte ihn die Frau an.

„Wenn keiner an die Biester glaubt, wie soll man sie dann jemals aufhalten? Es muss etwas passiert sein, was sie gegen uns aufgebracht hat. Ja, Teuflisches hat die Biester aufgescheucht …!“

„Was meinen Sie damit?“, fragte Tom.

Aber die Frau drehte sich einfach um und verließ den Palasthof.

Plötzlich fiel Tom der Schatten wieder ein, den er über den Hügeln gesehen hatte. War das etwa eines der Biester gewesen?

Nach einer alten Legende wurde Avantia von sechs mächtigen Biestern beschützt, und eines davon war ein Drache. So hatte Tom es jedenfalls erzählt bekommen. Aber niemand wusste mit Sicherheit, ob es diese Ungeheuer tatsächlich gab.

Tom betrachtete die lange, lange Warteschlange vor sich und fasste einen Entschluss. Er war gekommen, um den König um Hilfe zu bitten, und genau das würde er tun – auch wenn es bedeutete, dass er dafür in den Palast einbrechen musste.

„Solange Blut in meinen Adern fließt“, schwor er, „werde ich alles tun, um mein Dorf zu retten.“

Tom drängelte sich wieder durch die Menge und verließ den Palasthof.

Die Nacht brach herein und blasses Mondlicht schien auf Tom hinunter. Er lief an den Palastmauern entlang.

„Ich brauche nur ein offenes Fenster“, murmelte er, „oder eine Tür, die nicht abgeschlossen ist.“

Um den ganzen Palast herum waren jedoch Wachen aufgestellt. Tom schlich zum Osteingang, aber auch dort hielten zwei kräftige Männer Wache.

Plötzlich hörte Tom Fußgetrappel. Ein Junge in zerrissener Kleidung stürzte aus der Dunkelheit.

„Öffnet das Tor!“, rief er mit heiserer Stimme. Er war etwa so alt wie Tom und völlig verdreckt. Mit einer Hand umklammerte er einen Eisenhandschuh.

„Ich habe eine Botschaft von Ritter Kaldor. Ich muss zum König!“

Die Wachen öffneten das Tor und rannten dem Jungen entgegen.

„Das ist die Gelegenheit!“, dachte Tom.

Am Königshof

Die Wachen drehten Tom den Rücken zu. Er sprintete sofort durch das Tor und versteckte sich im Schatten der Mauer, die den Innenhof umgab. Aus einer Tür in der Nähe wehte der Geruch von Gebratenem herüber. Toms Magen knurrte laut. „Da ist wohl die Palastküche“, murmelte er. „Wenn ich hineingehe, dann erfahre ich vielleicht, wie ich zum König komme.“

Als Tom in die Küche trat, schlug ihm glühende Hitze entgegen, die ihn an das Schmiedefeuer seines Onkels erinnerte. Riesengroße Eisenkessel hingen über den offenen Feuerstellen. Küchenmädchen liefen umher und rührten in Töpfen oder richteten Essen auf Silbertellern an.

Eine dicke Frau hastete auf ihn zu.

„Na endlich!“, rief sie. „Du musst der neue Küchenjunge sein!“

„Wie? Ach so, na klar!“, antwortete Tom schnell.

„Ich bin die Köchin!“, fuhr die Frau fort. „Gott sei Dank bist du da! Zwei meiner Dienstmädchen sind krank geworden und das königliche Abendessen muss aufgetischt werden. Noch gibt es ja etwas, das aufgetragen werden kann!“

Tom konnte kaum fassen, dass es selbst im Palast bald zu wenig zu essen geben würde. Die Gefahr, die das Land bedrohte, war noch viel größer, als er befürchtet hatte.

Tom folgte der Köchin dorthin, wo die Platten mit dem Essen standen. Ein Mundschenk zeigte Tom schnell, wie man das Tablett mit einer Hand hoch über dem Kopf balancierte. Dann führte er Tom und die anderen Diener hinauf zum Speisesaal.

Toms Herz klopfte aufgeregt. König Hugo saß am Kopfende der langen, von Kerzen erhellten Tafel. Er sah jünger aus, als Tom ihn sich vorgestellt hatte. Der König hatte kräftiges dunkles Haar und große braune Augen. Er war in grünen Samt gekleidet und von grimmig aussehenden Herren und streng blickenden Damen umgeben. Tom straffte seine Schultern und trug die silberne Platte zum Kopfende des Tisches.

„Ich muss unbedingt mit dem König sprechen“, dachte Tom. „Das Dorf verlässt sich auf mich!“

Direkt neben dem König saß ein kleiner, älterer Mann mit einem dünnen Bart. Er trug einen Umhang aus verblichener roter Seide. Ein spitzer Hut thronte auf seinem Kopf. Seine grauen Augen funkelten im hellen Kerzenschein so strahlend wie der Edelstein, der an einer schweren Kette um seinen Hals hing.

„Solche Sachen tragen eigentlich nur Zauberer“, wunderte sich Tom.

„Ja, Eilboten würden in solchen Kleidern wohl ziemlich albern aussehen, nicht wahr?“, sagte der alte Mann und lächelte.

Tom schnappte nach Luft. „Sie haben meine Gedanken gelesen!“

„Weil ich tatsächlich ein Zauberer bin, Aduro ist mein Name“, murmelte der alte Mann und betrachtete Tom näher. „Aber ich frage mich, wer du wohl bist …?“

Plötzlich flogen die Türen des Speisesaals auf. Der Junge, den Tom vorhin am Eingang gesehen hatte, stolperte herein. Zwei Wachen folgten ihm.

„Vergebt mir, Eure Majestät“, krächzte der Junge. Er fiel vor dem König auf die Knie und streckte ihm den angekohlten Eisenhandschuh entgegen. Tom entdeckte einen silbernen Schlüssel, der zwischen den Fingern steckte.

„Mein Herr, Kaldor der Tapfere, ist tot“, sagte der Junge mit bebender Stimme.

„Tot“, wiederholte der König und sprang auf. Er beugte sich vor und umklammerte die Tischkante, sodass die Haut über seinen Fingerknöcheln ganz bleich wurde. „Das kann nicht sein!“

„Es ist wahr, Majestät.“ Edwards Augen füllten sich mit Tränen. „Der Drache Ferno hat ihn getötet. Unsere Mission ist gescheitert.“

Tom traute seinen Ohren nicht. Drache Ferno! Es gab die Biester also wirklich!

König Hugo drehte sich um und starrte aus dem Fenster, das in die dicken Palastmauern eingelassen war. Durch das Fenster sah Tom die Stadt. Ihre funkelnden Lichter streckten sich weit in die Nacht hinaus.

„Mein tapferster Ritter lebt nicht mehr!“, klagte König Hugo verzweifelt. „Avantia ist dem Untergang geweiht!“

Aduro, der Zauberer, ging in die Mitte des Saals. Sein Blick war ernst, aber er wirkte dennoch gelassen.

„Der königliche Rat muss sich in einer dringenden Angelegenheit besprechen“, verkündete er. „Ich bitte alle Diener, den Saal sofort zu verlassen.“

In Begleitung von zwei Wachen gingen die Bediensteten aus dem Speisesaal, der von nervösem Gemurmel erfüllt wurde.

„Ich gehe nicht“, dachte Tom. „Jetzt kann ich endlich herausfinden, was los ist!“

„Beeilt euch dahinten!“, befahlen die Wachen. Als die Nachzügler den Raum verließen, schoben sie sich an Tom vorbei. Tom reagierte schnell. Er blieb zurück und versteckte sich hinter einer dicken Säule, die nahe beim Stuhl des Königs stand. Eng presste er sich an den kalten Stein. Sein Herz pochte so heftig, dass er glaubte, man könnte es hören.

„Verflucht sei der finstere Magier Malvel!“, rief jemand aus dem Rat des Königs. „Wir müssen den bösen Zauber brechen, den er den Biestern auferlegt hat – bevor Ferno uns alle vernichtet!“

Ein böser Zauber! Tom stöhnte laut auf. Hastig hielt er sich den Mund zu, aber es war zu spät.

Edward fuhr herum. „Wer versteckt sich da?“, fragte er.

„Ein Spion!“, rief der König.

„Bitte, hört mich an“, bat Tom, als zwei Wachen auf ihn zukamen. Rasch wich er ihnen aus, aber eine dritte Wache stellte sich ihm in den Weg. Tom sah zum König hinüber und rief ihm zu: „Ich bin bloß hier, weil ich Leben retten will!“

Die Wachen packten ihn am Arm.

„Das reicht!“, donnerte Aduro.

Alle erstarrten.

„Bringt ihn ins Verlies!“, befahl König Hugo.

Er ging auf Tom zu und sah ihm direkt ins Gesicht. Tom hatte noch nie in die Augen eines Königs gesehen. Er neigte den Kopf.

„Weg mit ihm!“ König Hugo winkte zur Tür. „Führt ihn ab!“

Aduro trat neben den König. „Der Junge ist mit guten Absichten gekommen. Das fühle ich“, sagte er.

Die Wachen blieben stehen.

„Seid Ihr Euch sicher?“, fragte König Hugo.

Aduro zeigte auf Tom.

„Seht Ihr nicht die Ähnlichkeit?“, erwiderte der Zauberer.

König Hugo betrachtete Tom. Verneinend schüttelte er dann den Kopf. Tom sah Aduro verständnislos an. Welche Ähnlichkeit? Wovon redete Aduro bloß?

Wieder schien der Zauberer seine Gedanken zu lesen.

„Ich zeige es Euch, mein König“, sagte der alte Mann und sah kurz zu Tom hinüber.

Tom beobachtete, wie auf Aduros Handfläche eine kleine flackernde Flamme erschien. Ihm verschlug es den Atem, als sie sich violett verfärbte. Diesmal betrachtete König Hugo Tom durch die magische Flamme hindurch und seine Augen weiteten sich.

„Das darf doch nicht wahr sein! Er ist Taladons Sohn!“

Die Mission

„Taladon!“, wiederholte Tom überrascht. „Kanntet Ihr meinen Vater, Eure Majestät?“

„Aber ja“, antwortete der König und lächelte. „Er war einer der tapfersten Männer aus meinem Gefolge!“

Endlich erfuhr Tom etwas über seinen Vater! Tränen schossen ihm in die Augen.

„Wisst Ihr, wo er ist?“, fragte Tom und hoffte, dass er nicht unhöflich wirkte. König Hugo und Aduro tauschten einen Blick aus. Die Ratsmitglieder reckten die Köpfe, sie alle hörten aufmerksam zu.

„Es ist schon sehr lange her, dass ich von ihm gehört habe …“, sagte der König. Er hob Toms Kinn an, um ihn genauer zu betrachten. „Wie heißt du, Junge?“, fragte er.

„Tom“, antwortete der Zauberer an Toms Stelle. „Eure Majestät, ich muss mit Euch und Tom alleine sprechen!“

König Hugo nickte dem Rat zu. „Ihr könnt gehen. Bitte behandelt Edward als meinen Ehrengast.“

Edward verneigte sich. Dann schloss er sich den Damen und Herren an, die den Saal verließen. Als sich die Türen schlossen, nahm der Zauberer den König zur Seite. Tom spitzte die Ohren, um etwas von ihrer Unterhaltung zu verstehen. Aber er hörte sie nur aufgeregt miteinander flüstern.

Schließlich winkte König Hugo ihm zu. Nervös ging Tom zu den Männern hinüber. Was würde der König sagen? Würde er ihn wegschicken?

„Tom, unser Land befindet sich in schrecklicher Gefahr“, erklärte der König. „Der böse Magier Malvel hat die sechs uralten Biester von Avantia durch einen Zauber unter seine Herrschaft gezwungen.

Die Biester wachten über das Königreich und beschützten uns vor Gefahren, seitdem die ersten Siedler hierherkamen“, fuhr König Hugo fort, während er im Saal auf und ab ging. „Ferno, der Herr des Feuers, lebt im Süden Avantias. Er sorgt dafür, dass es niemals so heiß wird, dass Felder verdorren, Brände ausbrechen oder Flüsse austrocknen. Und auch die anderen Biester haben ihre Aufgaben. Aber nun haben sie sich gegen uns gewandt und in Malvels Auftrag richten sie schrecklichen Schaden an. Selbst meine mutigsten Ritter können sie nicht besiegen.“

„Wer ist Malvel?“, fragte Tom.

„Einst war er ein guter Mann und lebte ehrenhaft“, antwortete der König. „Aber dies war nicht von Dauer. Er wurde das Opfer einer furchtbaren Krankheit: Neid!“

Aduro erzählte weiter.

„Er war eifersüchtig auf den Meister der Biester und sein besonderes Verhältnis zu den mächtigsten Geschöpfen unseres Königreichs. Malvel machte sich auf die Suche nach dem verbotenen Wissen, das es seit der Geburt der Biester gab.“

Toms Mund wurde trocken. „Hat Malvel das verbotene Wissen gefunden?“

„Ja, und die Macht, die er dadurch erlangte, machte ihn böse und verlieh ihm die Kraft, alle magischen Bande zwischen dem Meister und seinen Biestern zu zerreißen. Seitdem ist der Meister der Biester in Gefangenschaft und Malvel beherrscht sie.“

„Was können wir dagegen machen?“, fragte Tom.

„Malvels Zauberkräfte sind sehr stark“, erwiderte Aduro. „Unsere einzige Hoffnung ist, jemanden zu finden, der die Biester von dem bösen Bann befreit, damit sie Avantia wieder beschützen können. Unser Volk darf jedoch nicht erfahren, dass es die Biester wirklich gibt. Denn die mächtigen Wesen können ihre Aufgaben nur erfüllen, wenn man sie in Frieden lässt. Deshalb haben wir die Menschen auch immer glauben lassen, dass die Biester Gestalten aus einer Legende sind.“

„Malvel hat die Biester unbesiegbar gemacht“, fuhr der König fort. „Ferno brennt unser Korn nieder. Die anderen Biester – das Seeungeheuer, der Bergriese, der Pferdemann, das Schneemonster und der Flammenvogel – lösen Sturmfluten, Lawinen und Chaos aus. Sie werden unser Königreich zerstören. Wir hofften, sie von Malvels Zauber erlösen zu können. Deswegen sandten wir Ritter Kaldor aus. Er sollte das erste verzauberte Geschöpf befreien, den Drachen Ferno. Mit einem Schlüssel sollte er das magische Halsband aufschließen, das Malvel dem Drachen angelegt hat, um ihn zu bändigen.“

Er überreichte Tom einen großen silbernen Schlüssel. „Nur dieser kann das Schloss des Halsbandes öffnen!“

Tom nahm den Schlüssel an sich. Er war lang, aber nicht schwer. Tom bemerkte, dass es derselbe Schlüssel war, der vorhin noch zwischen den Fingern von Kaldors Eisenhandschuh gesteckt hatte. Er sah den König fragend an.

„Aduro hat den Schlüssel mit seiner Zauberkraft gefertigt“, murmelte König Hugo. „Aber er darf nur von Helden benutzt werden. Einstmals diente dein Vater mir – jetzt bitte ich dich, dasselbe zu tun. Aduro hat mir deine Stärke und dein Ehrgefühl offenbart. Ich weiß, dass du jedem Ritter in meinem Königreich ebenbürtig bist.“

Der König lächelte. „Das Schicksal hat dich zu mir geführt, Tom. Und nun schicke ich dich auf eine Mission …“

Vor Aufregung rieselte Tom ein Schauer den Rücken hinunter.

König Hugo beugte sich vor. „Bist du bereit, dein Leben für die Befreiung der Biester zu riskieren?“

„Das bin ich“, antwortete Tom ohne Zögern. Noch niemals war er sich einer Sache so sicher gewesen.

„Was auch immer Ihr von mir verlangt – ich tue es!“

Es geht los

Als Tom am nächsten Morgen aufwachte, wusste er nicht, wo er war. Dann sah er die mächtigen, steinernen Fensterbogen und das Wandgemälde und sofort fiel es ihm wieder ein. Er befand sich im Königspalast in einem königlichen Gästezimmer. Aufgeregt sprang er aus dem Bett.

Jemand hatte ihm neue Kleider hingelegt und auf der Holztruhe neben der Tür ein silbernes Kettenhemd ausgebreitet. Tom streifte sich die dunkle Hose und das langärmelige Wollhemd über. Mit klopfendem Herzen probierte er das Kettenhemd an. Es war wunderschön und passte ihm perfekt. Darüber zog er einen schlichten, grauen Wappenrock, der das Kettenhemd verdeckte. Schließlich sollte niemand merken, dass er sich auf einer königlichen Mission befand. Tom lächelte stolz, als er sich im Spiegel betrachtete.

Doch plötzlich überkamen ihn Zweifel.

„Warum sollte ausgerechnet ich es schaffen, die verzauberten Biester zu befreien? Immerhin haben schon Avantias mutigste Ritter versagt“, dachte er.

„Du schaffst es!“, hörte Tom eine leise Stimme hinter sich.

Mit einem Ruck drehte er sich um. Aduro stand in der Tür. Der Zauberer hielt ein Schwert in der Hand und trug einen großen Schild aus Holz.

„Vielleicht glaubst du, dass du ein etwas ungewöhnlicher Held bist“, sagte Aduro. „Aber in diesen seltsamen Zeiten ist alles möglich.“

„Seltsam sind sie allerdings“, stimmte Tom zu und lächelte.

Aduro trat ein und Tom sank auf den kalten Steinboden nieder. Er wusste nicht, warum er sich hinkniete. Aber er fühlte, dass es richtig war. Aduro schwang das Schwert hoch in die Luft und in diesem Augenblick hätte Tom schwören können, dass es glühte und umherfliegende Staubkörnchen in helle Funken verwandelte.

Aduro und Tom richteten ihre Blicke auf das Schwert. Dann senkte es der Zauberer, sodass die Spitze auf Toms Brust ruhte, direkt über seinem Herzen.

„Möge dieser Junge ein mutiges Herz haben, um Avantia zu retten!“ Die Worte des Zauberers hallten durch das Zimmer. Tom senkte den Kopf. Schließlich zog Aduro das Schwert zurück und half Tom hoch. Lächelnd hielt er ihm den Griff hin. „Für dich“, sagte er.

Tom nahm das Schwert. Es lag genau richtig in seiner Hand und kam ihm leichter vor als der Schürhaken daheim in Errinel.

„Perfekt!“, jubelte Tom.

Nun reichte Aduro ihm den auf Hochglanz polierten Holzschild. Er war sehr gut verarbeitet, sah aber ganz schlicht aus. Tom erinnerte sich an die Ritter mit ihren leuchtenden, farbigen Schilden, die gelegentlich durch sein Dorf geritten waren.

Aduro lächelte, als er Toms Gedanken las. „Das Äußere kann sehr täuschen. Auf deiner Mission wirst du Verbündete in den ungewöhnlichsten Gestalten und an den merkwürdigsten Orten finden. Aber du bist ein kluger Kopf, Tom. Vertraue deiner inneren Stimme … Nun habe ich noch ein Geschenk für dich.“

Der Zauberer holte eine Pergamentrolle aus seiner Tasche.

Aduro entrollte sie, und Tom erkannte, dass es eine Landkarte von Avantia war. Um sie besser betrachten zu können, trat Tom näher. Während er auf die Karte blickte, wurde sie auf einmal lebendig. Bäume und Hügel erhoben sich vom Papier. Die Berge wurden so groß wie Toms Daumen. Vorsichtig streckte er den Finger aus und berührte einen der weißen Berggipfel im Norden. Schnell zog er ihn wieder zurück. Eiskristalle glitzerten an seiner Fingerkuppe.

Überrascht sah Tom Aduro an. Der Zauberer nickte auffordernd.

„Schau sie dir genau an“, sagte er.

Tom beobachtete, wie schmale, verschlungene Pfade auf dem blassen Pergament sichtbar wurden. Sie breiteten sich langsam über die Karte aus und führten zu einem hohen Gebirge im Südwesten, das dunkel und abweisend wirkte.

„Da lebt Ferno“, erriet Tom.

„Ja, richtig.“ Aduro hielt ihm den silbernen Schlüssel entgegen, den Tom bereits in der Nacht zuvor gesehen hatte. Der Schlüssel hing nun an einem Lederband und der Zauberer legte ihn wie eine Medaille um Toms Hals.

„Nur wenn du Ferno von dem magischen Halsband befreist, wird er vom bösen Zauber Malvels erlöst werden.“

„Ich tue alles, was ich kann“, versprach Tom.

„Du musst jetzt aufbrechen“, sagte Aduro und gab Tom die Karte. „Draußen wartet ein Pferd auf dich.“

Tom griff Schwert und Schild und folgte dem Zauberer durch den Palast zu den Ställen, wo ein Pferdeknecht neben einem tiefschwarzen Hengst auf sie wartete. Als das Pferd Aduro bemerkte, wieherte es und drehte seinen Kopf herum. Auf seiner Stirn hatte es eine weiße Blesse in Form einer Pfeilspitze. Vom Sattel hingen auf jeder Seite Lederbeutel.

„Der Hengst heißt Storm“, sagte Aduro. „Er ist jung und schnell.“

Storm wandte sich vom Pferdeknecht ab und trottete zu ihnen hinüber. Mit seiner Nase stupste er freundlich gegen Toms Schulter.

Tom strahlte. „Wir werden uns bestimmt gut verstehen!“

Aduro nahm ihm Schwert und Schild ab, sodass Tom in den Sattel steigen konnte.

Von dort sah er auf den Zauberer hinab. „Was passiert mit meinem Dorf und mit meinem Onkel und meiner Tante? Sie verlassen sich auf meine Hilfe.“

„Ein Karren mit Lebensmitteln und Wasser ist schon unterwegs“, erwiderte Aduro. „Der Kutscher wird deinem Onkel mitteilen, dass der König dich auf einen besonderen Botengang geschickt hat. Und dass du zurückkehrst, sobald du ihn erledigt hast.“

Tom tätschelte Storms Hals.

„Vielen Dank, Aduro! Auf Wiedersehen!“

„Leb wohl, mein junger Freund. All unsere Hoffnungen begleiten dich!“

Tom nickte dem Zauberer ein letztes Mal zu und schlug dann mit den Fersen gegen Storms Flanken. Storm trabte aus dem Palasthof hinaus auf die belebten Straßen der Stadt. Seine Hufe klapperten über die Pflastersteine, geschickt wich er entgegenkommenden Karren und Fußgängern aus. Tom sah das Stadttor näher kommen und vor Aufregung wurde ihm ganz heiß. Bald würde er auf sich allein gestellt sein.

„Schneller, Storm!“, feuerte er sein Pferd an.

Storm galoppierte durch das Stadttor. Sie schossen hinaus auf die grasbedeckte Ebene und Tom stieß einen Freudenschrei aus. Es war so weit! Sein Abenteuer begann!

Storm war nicht nur das schnellste Pferd, das Tom jemals geritten war, sondern er schien auch immer genau zu verstehen, was Tom von ihm erwartete.

Durch einen sanften Zug am Zügel wurde Storm langsamer, aber kaum berührten ihn Toms Fersen, beschleunigte er sofort wieder.

Am späten Nachmittag erreichten sie den südlichen Rand der Grasebene. Ein riesiges Waldgebiet dehnte sich vor ihnen aus. Der Wald wirkte finster und abschreckend. Aber ein Blick auf die Karte zeigte, dass der schnellste Weg zur Höhle des Drachen mitten hindurchführte.

„Also los, Storm“, sagte Tom und lenkte den Hengst vorsichtig zwischen die Bäume. „Hier entlang.“

Auf verschlungenen Wegen trabte der Hengst immer tiefer in den Wald hinein. Je weiter sie vordrangen, desto gewaltiger wurden die Bäume und schienen Pferd und Reiter zu bedrängen. Der Himmel über ihnen war kaum noch zu sehen. Tom hatte das Gefühl, als ob die knorrigen Bäume und Büsche nach ihnen greifen wollten. Storms Ohren zuckten, weil er Toms Unruhe spürte.

Sie ritten, bis sie zu einer winzigen Lichtung gelangten. Dort schien der Pfad zu enden. Tom stieg ab und zog sein Schwert aus der Scheide. Er begann eine Schneise ins dichte Unterholz zu schlagen. Plötzlich hörte er ein Rascheln. Er hielt inne und lauschte.

„Wer ist da?“, rief Tom.

Keine Antwort.

Tom hackte weiter auf einen dichten Dornbusch ein. Ihn schauderte es und er war sich sicher, dass er beobachtet wurde. Trotzdem nahm er Storms Zügel und bahnte sich einen Weg durch das Dickicht.

Grrraaaaahhh!

Ein Gebiss mit gelb glänzenden Reißzähnen schnappte nach Tom. Entsetzt schrie er auf und wich zurück.

Ein Wolf! Sein grauweißes Fell war verfilzt und seine bernsteinfarbenen Augen starrten Tom wild an. Die riesigen Pfoten waren mit tödlichen Krallen besetzt. Der Wolf knurrte furchterregend und fletschte die Zähne. Dann setzte er zum Sprung an!

Der Wald des Grauens

Storm bäumte sich auf und trat mit den Vorderhufen aus. Tom warf sich in die Büsche. Aber der Wolf griff nicht an. Sein Knurren galt gar nicht ihnen. Sondern jemandem, der krachend durch das Unterholz lief und direkt auf sie zukam.

Drei Soldaten stürzten auf die kleine Lichtung. Ihre Augen blitzen durch die Helmschlitze. Einer trug eine Armbrust, und die anderen beiden hielten Schwerter in den Händen. Der Wolf sprang auf sie zu und knurrte noch zorniger.

„Wir werden diesem Abschaum beibringen, dass er dem König nichts stehlen darf!“, fauchte der Soldat mit der Armbrust und zielte auf den Kopf des Wolfs.

„Nein!“ Tom sprang hinter den Büschen hervor, als der Soldat den Pfeil abschoss. Ohne zu überlegen, schleuderte Tom sein Schwert in die Luft. Bevor es sich in einen Baumstamm bohrte, zerschnitt es den kurzen, dicken Pfeil in zwei Teile.