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ARKTIS - Eine Meeresbiologin macht eine für die Medizin bahnbrechende Entdeckung in der arktischen Tiefsee. Wenige Tage später ist sie tot. Zeitgleich tauchen auf dem Forschungsschiff Mitarbeiter eines Pharmakonzerns auf. Danach fehlt jede Spur ihrer Forschungsarbeit. MÜNCHEN - Ein Historiker findet in einer alten Schrift aus dem 13. Jh. Hinweise auf sieben kunstvoll verzierte Behälter, die von einer alten Bruderschaft gehütet und versteckt wurden. Was ist darin verborgen? Der Wissenschaftler verunglückt tödlich, sein Mitarbeiter verschwindet! DIESSEN a.A. - Die Nichte des Verunglückten erbt dessen Notizbücher und folgt den Aufzeichnungen in die Vergangenheit. Die Suche führt sie zu einem Vermächtnis Karls des Großen. Es beginnt eine atemberaubende Schnitzeljagd quer durch die geheimnisvollsten Plätze Europas. Neue Freunde helfen ihr, skrupellose Gegenspieler versuchen sie zu töten. Ist die Bruderschaft noch aktiv? - Welchen diabolischen Plan verfolgt ihr Widersacher?
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Seitenzahl: 585
Veröffentlichungsjahr: 2014
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Dieses Buch ist meiner Familie gewidmet:
meinem Mann Dirk,
unseren Kindern Philipp, Manfred, Judith
und natürlich meiner Mutter
Ich danke Euch für Eure Unterstützung
und Geduld in den letzten zwei Jahren,
in denen dieses Buch entstanden ist.
Abb. Kartusche 1 :
J. Grecoe ist das Pseudonym der Autorin, die 1961 in Augsburg geboren wurde. Sie war 35 Jahre in der Immobilienbranche tätig und lebt mit ihrer fünfköpfigen Familie in Süddeutschland. Seit ihrer Jugend ist ein Leben ohne Bücher für die Autorin unvorstellbar. So begann sie 2012 ihre Leidenschaft für spannende Bücher in die Tat umsetzen.
Mit Beaufort 4123 - Die Tiefe birgt die Erinnerung kommt nun ihr erster Thriller in den Handel. Das Buch ist der erste Teil einer geplanten Reihe von Thrillern zu aktuellen Themen.
©Tuschezeichnungen von Philipp Greuling
©weitere Abbildungen J. Grecoe und Judith Greuling
Dies ist ein Roman. Die Handlung ist frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen, Institutionen oder Firmen sind rein zufällig und in keiner Weise beabsichtigt.
Bruder Cunradus setzte seinen Becher auf dem Tisch ab. Er war der Älteste der Sieben hier in der Runde. Er hatte sie alle für diesen Abend in sein Haus einbestellt. Nach außen lebten die sieben Männer ein ganz normales Leben als Kaufleute und Handwerker. Hier, in ihrer Versammlungsstätte, trugen Sie die schwarzen Kutten ihres Ordens. Draußen durften sie sich nicht so zu erkennen geben. Das wäre ihr Todesurteil gewesen.
»Brüder, ich habe Euch zusammengerufen, weil ich Euch meine Entscheidung mitzuteilen habe: Wir müssen uns aufteilen! Und den Papyrus auch! Es wird zu gefährlich, das Wissen an einem Ort zu behalten. Vor allem an einer so gefährlichen Stätte wie hier in Jerusalem. Bis jetzt waren wir sicher, denn keiner wusste, dass wir unter den Muslimen leben. Wenn aber der Kampf um Jerusalem wieder auflebt, können wir unsere Tarnung vielleicht nicht mehr aufrechterhalten. Wir müssen gehen, solange wir es noch können!«
»Und wie stellt ihr Euch das vor?«, fragte Bruder Linhardt nach.
Cunradus nahm eine kleine Tonkartusche vom Tisch und drehte sie in der Hand, so dass alle sie sehen konnten:
»Wir werden den Papyrus in sieben Teile zerlegen. Jedes Fragment kommt in eine solche Tonröhre. Bruder Arens hat bereits sieben Kartuschen vorbereitet. Die einzelnen Kartuschen werden von uns an verschiedenen Orten verborgen. Dort sollen sie so lange verbleiben, bis sie ihrer Bestimmung übergeben werden können. Niemand darf sie vorher finden! Jeder Einzelne von Euch bürgt mit seinem Leben für die Sicherheit dieser Kartuschen!«
»Wie soll das über einen so langen Zeitraum gehen, Bruder Cunradus? Wann wissen wir, dass der Richtige kommt, um die Teile wieder zusammenzuführen?«, zweifelte Bruder Bartimes.
»Und wie sollen wir ihn erkennen?«, rief ein anderer dazwischen.
Cunradus stand auf und gebot den Brüdern, ihre Aufregung in Zaum zu halten.
»Wir, die Custodes Posteritatis, folgen nun schon seit beinahe einhundert Jahren der Bestimmung. Und das werden wir auch die nächsten 822 Jahre tun. Dann wird das Wissen seiner Bestimmung zugeführt. Wir müssen dafür sorgen, dass das dann auch geschieht. Vorher darf es nicht entdeckt werden. Seht zu, dass ihr immer einen Nachfolger findet, der für die Sicherheit der Teile sorgt. Ab heute dürft ihr euren Nachfolgern nur noch die Orte der Verstecke mitteilen, aber nicht mehr, was darin geschrieben steht. Dieses Wissen muss mit uns sterben! Wir sind die Letzten, denen es offenbart wurde! Vergesst das nicht! Sonst wird die Menschheit vergessen!
Ein Mann und eine Frau werden der Wahrheit helfen, ans Licht zu kommen. Ein Mann aus beiden Welten wird ihnen zur Seite stehen. Sein Name wird Hoffnung und Gerechtigkeit sein!«
Alle sieben legten ihr Schwert auf den runden Tisch. Die Spitzen zeigten zur Mitte, wo ein Zahnrad eingeprägt war. Eine Speiche spaltete das Zahnrad. Links stand ein C und rechts davon ein P. Es war das Siegel ihres Auftrags und ein jeder von ihnen trug dieses Siegel auf der Brust.
Ihm fiel das Blatt Papier aus der Hand, auf dem die Nachricht stand, dass Serena tot aufgefunden worden war. Er hörte nur das Rauschen in seinen Ohren. Von dem Lärm in der Schiffs-Kombüse nahm er nichts wahr. An die zwanzig Männer und Frauen saßen an den Tischen, allesamt Forscher aus den verschiedensten Ländern des Globus. Sie hatten Stunden in der arktischen Kälte zugebracht und waren froh sich in der warmen Stube, bei einer heißen Mahlzeit, aufzuwärmen. Langsam senkte sich der Lärmpegel im Raum, als immer mehr Personen seinen Schockzustand wahrnahmen. Elsbeth Kierkegaard, eine hochgewachsene Geologin, stand auf und kam auf ihn zu:
»Was ist los? Was hast du?«, sie legte ihre Hand auf seine Schulter und rüttelte leicht daran. Aber der Mann ließ durch keinerlei Zeichen erkennen, dass er Elsbeths Berührung wahrgenommen hatte. Nun legte sich Stille über den Raum und immer mehr Leute blickten zu den beiden. Als er weiterhin keine Reaktion zeigte, bückte sich Elsbeth und nahm das Schreiben vom Boden auf. Sie las die Zeilen, die auf der Nachricht standen:
Serena Öresond wurde am 20. Mai 2013, um 16.23 Uhr tot in ihrer Wohnung aufgefunden.
Die Nachricht war von der Polizeidienststelle Yellowknife in Kanada geschickt worden. Da Serena keine Eltern mehr hatte, hatte die Dienststelle ihren Chef auf der Neptunia verständigt. Elsbeth ließ die Hand mit dem Blatt sinken und sah in die Runde ihrer Kollegen:
»Serena ist tot!«
Nun stand auch all den anderen der Schreck im Gesicht. Serena war eine sehr beliebte Kollegin gewesen. Polarforscherin mit Leib und Seele. Stets hilfsbereit allen Kollegen gegenüber und eine echte Expertin auf ihrem Gebiet. Sie hatte sich auf die Erforschung der Meso-, Mikro- und Makrofauna der Tiefsee spezialisiert, ihr Schwerpunkt lag dabei auf dem Gebiet des Benthos. Hier auf der Neptunia hatte sie mittels eines Tauchroboters Proben vom Meeresgrund genommen. Erst vor zwei Tagen hatte sie ihren Kollegen gegenüber erwähnt, dass sie bei den neuen Proben aus über 4000m Tiefe eine Entdeckung gemacht hatte, die ihr keine Ruhe ließ. Mehr hatte sie den anderen Forschern nicht verraten. Sie war so begeistert gewesen, geradezu aufgeregt. Eigentlich wollte sie den Hubschrauberflug an Land gar nicht wahrnehmen, so sehr war sie von ihrer Arbeit in Beschlag genommen. Sie hatte sogar ihre Kollegen ersucht, mit ihr die freien Tage zu tauschen. Aber alle waren der Meinung, dass Serena ein paar Tage Urlaub gut tun würden, und gingen nicht auf den Tauschvorschlagein.
Schwärze umgab sie und ihr war kalt. Sie zitterte so stark, dass ihre Zähne aufeinanderschlugen und ihr ganzer Körper bebte. Als sie zu sich gekommen war, hatte sie die modernde, kühle Feuchtigkeit wahrgenommen. Sie hatte keine Ahnung, wo sie war, nur das Nichts umgab sie und sie hatte Todesangst. Sie spürte, dass sie auf feuchtem Untergrund saß. Die Kälte musste schon seit Stunden durch ihren Körper gekrochen sein. Sie konnte mit der Hand den Boden spüren, alles war sandig, feucht und hart. Ab und zu hörte sie ein donnerndes Geräusch, konnte sich jedoch überhaupt nicht vorstellen, was es verursachte. Sie wollte nach ihrem Handy tasten, aber ihre Hände waren zusammengebunden. Sie lehnte an einer Wand und in ihrem Kopf spürte sie ihren Herzschlag hämmern. Wie lange war sie schon hier. - Würde sie hier sterben?
Sie hörte Schritte. Rechts von ihr kam ein leichter Lichtschimmer. Nun konnte sie Strukturen erkennen. Mit Schreck stellte sie fest: Sie war wirklich wieder in den Katakomben! Und dann wurde es auf einen Schlag hell. Sie drehte den Kopf zur Seite und kniff die Augen zusammen. Das Licht schmerzte richtig in den Augäpfeln. Als sie die Lider langsam wieder öffnete, erkannte sie einen Schemen direkt vor ihr. Sie erschrak zu Tode und stieß einen Schrei aus ...
TEIL I
1 Dießen am Ammersee Freitag - 1. Woche
2 Samstag
3 Dießen Sonntag
4 Dießen Montag
5 Dießen Mittwoch
6 Dießen Donnerstag
7 München Freitag - 2. Woche
8 Dießen Samstag
9 Dießen Sonntag
10 München
TEIL II
11 Aachen Montag
12 Aachen Dienstag
13 Aachen Mittwoch
14 Aachen Donnerstag
15 Detmold Freitag - 3. Woche
16 Dießen Samstag
TEIL III
17 Dießen Sonntag
18 München
19 München
20 München
21 Dießen Montag
22 München
23 Dießen Dienstag
TEIL IV
24 Frankreich Mittwoch
25 Donnerstag
26 Chartres Freitag - 4. Woche
27 Chartres Samstag
28 Chartres Sonntag
29 Frankreich Montag
30 München
31 Dießen
32 Dießen
TEIL V
33 Jerusalem Freitag - 5. Woche
TEIL VI
34 Jerusalem Samstag
35 Sharm el-Sheikh Sonntag
36 Sharm El-Sheikh Dienstag
TEIL VII
37 Istanbul Mittwoch
38 Istanbul
39 Istanbul Donnerstag
40 München Freitag - 6. Woche
TEIL VIII
41 Dießen Samstag
42 Dießen Sonntag
43 München
TEIL IX
44 Rom Montag
45 Dießen
46 Rom Dienstag
47 Rom Mittwoch
48 Dießen
49 Rom
50 Dießen
51 Rom Donnerstag
52 Dießen Freitag - 7. Woche
53 Dießen Samstag
54 Vancouver, Kanada
55 München Sonntag
56 Dießen
57 München
58 Müstair
59 München
60 Vancouver, Kanada
61 Müstair Dienstag
62 Vancouver, Kanada Mittwoch
63 Dießen
64 Yellowknife, Kanada Donnerstag
65 Dießen
66 Neptunia, Beaufort-See
67 Dießen Freitag 8. Woche
68 München
69 Dießen
70 Dießen Samstag
71 Stockholm
72 München Sonntag
73 Dießen
TEIL X
74 Paris Montag
75 Paris Dienstag
TEIL XI
76 München Freitag
77 Yellowknife, Kanada Sonntag
78 München Freitag
79 Dießen Sonntag
80 Vier Wochen später Stockholm
Sie musste unbedingt neuen Kaffee kaufen. Das nächste Mal, wenn sie in München unterwegs wäre, würde sie im Starbucks ihren Lieblingskaffee mitnehmen. Der Tag fing für Julia Weiler einfach nur mit einem guten Kaffee richtig an - anders als in den Cafés angeboten - mit einer Prise Vanillezucker darin und kaltem Milchschaum oben drauf. Sie war gerade von ihrer morgendlichen Laufrunde durchs Seeholz zurückgekommen. Sie versuchte, bei jedem Wetter zusammen mit ihrem Jack Russell diese Runde zu drehen. Nur fünf Kilometer, aber das verlangte sie jeden Morgen von ihrem 43 Jahre alten inneren Schweinehund ab. Am Rückweg lief sie stets beim Bäcker vorbei und holte sich ihr Frühstücksgebäck. Anschließend - allerdings nur, wenn die Wassertemperatur über achtzehn Grad lag - ging sie im See schwimmen. Sie hatte das Glück des eigenen Seezugangs mit kleinem Bootshaus und Steg. Das war heute auch für viel Geld kaum mehr zu bekommen. Das Haus mit dem großen Grundstück war seit drei Generationen in Familienbesitz. Während sie nun in der Küche die Tüte mit den frischen Brezen öffnete, sah sie auf den See hinaus. Sie hatte heute etwas länger geschlafen. Es war schon halb neun. Der Südwind war schon längst in einen leichten Ostwind übergegangen. Die Morgensonne glitzerte auf der rauen Wasseroberfläche, dass sie die Augen zusammenkneifen musste, so sehr blendete es. Auf der Wiese vor der Küche jagte Foster einem Schmetterling hinterher. Die Hündin war nach den fünf Kilometern gerade mal warmgelaufen. Julia holte Butter und Wurst aus dem Kühlschrank. Dabei streifte ihr Blick den Umschlag auf der Küchentheke. Den hatte sie total vergessen! Gestern abend hatte sie ihn aus dem Briefkasten genommen und zusammen mit den Einkäufen hier abgelegt. Nach dem Einräumen des Kühlschranks hatte sie nicht mehr daran gedacht. Sie nahm ihn zur Hand und drehte ihn um. Von einem Anwalt aus München. Was konnte das bedeuten? Sie nahm ein Messer aus der Schublade und schnitt das Kuvert auf. Es enthielt nur ein Blatt und darauf stand:
Sehr geehrte Frau Weiler,
unsere Kanzlei wurde von Martha Weiler beauftragt, Ihnen einen Brief auszuhändigen. Wir bitten Sie, uns in unseren Räumen in München aufzusuchen, damit Sie den Brief persönlich entgegen nehmen können.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Peter Manzinger
Ihre Tante war vor einem halben Jahr gestorben. Sie hatte ihren Mann nur ein Jahr überlebt. Onkel Günter war der jüngere Bruder von Julias Vater gewesen.
Sie holte das Telefon aus der Ladeschale im Wohnzimmer und wählte die Nummer der Kanzlei. Nachdem sie ihr Anliegen vorgebracht hatte, erhielt sie sogar noch für diesen Vormittag einen Termin. Sie war froh, dass sie gleich heute ein Treffen mit dem Anwalt hatte, denn sie musste so schnell wie möglich wissen, was Tante Martha ihr da hinterlassen hatte.
Es war eindeutig Zeit für einen Anruf bei Lisa.
Lisa Kuhnert war ihre beste Freundin. Sie kannten sich seit Grundschultagen und waren seitdem unzertrennlich. Beide lebten hier am Ammersee, wo sie auch ihre Kindheit und Jugend verbracht hatten. Sie telefonierten seit Jahren jeden Morgen miteinander.
Beide waren seit ein paar Jahren wieder Single. Jede hatte eine langjährige Beziehung hinter sich. Die Trennung von ihren Partnern hatte die Freundinnen noch enger zusammengeschweißt.
Julia war über zehn Jahre mit Michael liiert gewesen. Vor fünf Jahren begannen sie, sich auseinander zu leben. Und vor drei Jahren zogen sie einvernehmlich den Schlussstrich unter ihre Beziehung. Es hatte einige Zeit gedauert, aber heute war Julia zufrieden mit ihrem Leben. Nun war sie an das Alleinsein gewöhnt. Aufgrund der Erbschaft ihres leider viel zu früh verstorbenen Vaters war sie seit Jahren finanziell unabhängig. So hatte sie sich ihr Leben seit der Trennung von Michael nach ihren Vorstellungen eingerichtet und konnte es sich leisten, als freie Journalistin nur die für sie interessanten Aufträge anzunehmen.
Julia war eine leidenschaftliche Seglerin. Sie nahm oft an Regatten teil. Dann allerdings als Vorschoterin auf größeren Jachten. Da sie mit ihrer alten O-Jolle mit den neuen Renn-Jollen nicht mithalten konnte, hatte sie sich als Vorschoterin verdingt. Die Steuerleute buchten sie gerne, da sie ein Ass als Vorschoter war. So kam sie im Sommer auch viel an andere Seen. Aber der Ammersee war und blieb ihre Heimat. Sie genoss es jedes Mal, mit ihrer alten O-Jolle, die schon ihr Vater in seiner Jugend gesegelt hatte, einen Schlag über den See zu machen. Viele Ideen für ihre Artikel kamen ihr in der Abgeschiedenheit auf dem See. Stets lagen Block und Bleistift in einer wasserdichten Box an Bord. Sie schrieb immer wieder für Segel- und Sportbootmagazine und berichtete von Regatten. So hatte sie sich auch international einen Namen als Sport-Journalistin gemacht.
Lisa betrieb eine Töpferwerkstatt. Dießen war bekannt für seine Töpferwaren. Eigentlich war Lisa Rechtsanwältin. Als ihre Mutter vor vier Jahren ihre Töpferwerkstatt inklusive daran anschließendem Wohnhaus in Dießen verkaufen wollte, entschied sich Lisa spontan den Anwaltsberuf an den Nagel zu hängen - mit dem Beruf auch Steffen, ihren Lebensgefährten - und die Werkstatt zu übernehmen. Sie renovierte das Haus von Grund auf und richtete es komplett neu ein. Was selbst zu machen war, machte Lisa auch selbst. Das erstreckte sich vom Vorhänge nähen, über Parkettabschleifen bis zum Möbelbauen. Lisa war der perfekte Heimwerker. So hatte sie auch Julia bei der Renovierung deren Hauses geholfen.
Julia drückte lange die Taste 3 auf dem Telefon. Schon immer war auf Taste 3 Lisas Nummer eingespeichert.
»Hallo Lisa, guten Morgen!«
»Hey, Julia!«
»Schon in der Werkstatt?«
»Natürlich. Klappt es heute Nachmittag mit Andechs?«, fragte Lisa nach.
»Ich denke doch. Ich muss vorher nach München. Stell dir vor, gestern habe ich einen Brief von einem Anwalt aus München erhalten. Tante Martha hat bei ihm einen Brief für mich hinterlegt.«
»Aber deine Tante ist doch schon vor einem halben Jahr gestorben!«
»Ja. Ich weiß auch nicht, warum sie das gemacht hat. Um zwölf Uhr habe ich dort einen Termin. Ich komme danach gleich zu dir in die Werkstatt!«
»Gut. Dann sprechen wir nachher weiter. Ich habe gerade Kundschaft bekommen. Bis nachher!«
Julia nahm einen Schluck Kaffee. Was erwartete sie wohl in München? Wieso nach so langer Zeit diese Nachricht? Sie konnte sich keinen Reim darauf machen.
Über viele Jahre hatte Julia einmal in der Woche ihre Tante besucht. Günter jedoch war stets in seine Bücher vertieft gewesen und hatte nie Zeit gehabt, sich dazu zu setzen, wenn sie miteinander Tee getrunken haben. Das wäre für ihn Zeitverschwendung gewesen. Er hatte immer nur seine Wissenschaft im Kopf. Seine Leidenschaft war die Welt Karls des Großen gewesen und alles, was damit zusammenhing. Bücher und Artikel zu diesem Thema hatte er wie mit einem Schwamm aufgesaugt. Die Buchhandlungen und Antiquariate in München hatte er regelmäßig nach Büchern zum Thema des Karolingers durchsucht. Auch das Internet hatte er, trotz seines fortgeschrittenen Alters, nach Abhandlungen und neuen Forschungsergebnissen durchforstet.
Er war lange Jahre in Heidelberg an der Universitätsbibliothek tätig gewesen und vor zwölf Jahren als Historiker und Paläograph an die Universitätsbibliothek nach München gewechselt. Hier hatte er seine Forschungen intensiv weiter betrieben. Er war für den Bereich frühes Mittelalter zuständig gewesen, und wenn er in seinen Büchern gelesen hatte, war er für niemanden mehr ansprechbar gewesen.
Martha und Günter hatten keine Kinder. Deshalb war Julia für Martha eine Art Tochter gewesen.
Günter war nicht immer einfühlsam mit Martha umgegangen. Selbst Urlaube hatte er stets ohne jede Rücksicht auf Marthas Reisewünsche an Orten verbracht, die mit seiner Passion oder sonst in irgendeiner Art und Weise mit alten Schriften in Verbindung standen. So blieben sie einmal einen ganzen Sommer lang in Aachen, damit Günter seine Recherchen betreiben konnte. Er hatte sich dafür extra ein Vierteljahr von der Universität freistellen lassen. Ein anderes Mal musste Martha wochenlang von Kloster zu Kloster reisen, angefangen von St. Denis in Frankreich bis in den Norden Italiens. Sie fand diese Reisen einerseits schon auch interessant, doch hatte Julia immer gespürt, dass Martha wusste, dass sie nur die zweite Geige in Günters Leben spielte. Sie musste ihre Interessen immer zurückstellen und nur für ihren Mann da sein. Eigentlich war er ein echter Macho gewesen, dachte Julia für sich.
Martha lebte nach Günters plötzlichem Tod sehr zurückgezogen. Julia hatte damals gehofft, sie würde aufleben, nun, da sie nicht mehr nur für ihren Mann da sein musste. Nun hätte sie doch ihre eigenen Wünsche verwirklichen können. Das hörte man ja immer wieder von Witwen. Aber das Gegenteil war der Fall. Julia merkte damals, dass Martha das Leben ohne ihren Mann keine Freude mehr machte. Wie bei einer Blume konnte sie zusehen, wie Martha welkte. Günter war vor eineinhalb Jahren bei einem Treppensturz tödlich verunglückt. Es war ein Sonntagmorgen. Als er gefunden wurde, musste er dort schon seit Stunden gelegen haben. Er war sein ganzes Leben ein extremer Frühaufsteher gewesen, denn er blieb selten länger als bis 4.30 Uhr im Bett. Martha dagegen war ein Langschläfer und genoss es, wenigstens am Wochenende auszuschlafen. So hatte sie noch stundenlang geschlafen, als ihr Mann schon längst tot war. Das hatte ihr schwer zu schaffen gemacht.
Nach Günters tragischem Tod stellte Martha jeden Kontakt zu ihren Freunden ein - auch Julia kam immer schlechter an sie heran. Sie nahm auch keine Aufträge der Handarbeitsgeschäfte mehr an, für die sie seit Jahren Auftragsarbeiten wie Pullover, Tischdecken und Stickereien angefertigt hatte. Sie zog sich völlig zurück.
Manchmal wirkte Martha geradezu ängstlich und apathisch. Seit sie alleine lebte, sperrte sie alle Türen ab, schloss nachts alle Läden, obwohl sie im dritten Stock wohnte. Julia hatte mehrmals versucht herauszufinden, was Martha solche Angst einflößte. Aber sie hatte nichts preisgegeben. Von Besuch zu Besuch war das schlimmer geworden.
Julia räumte das Frühstücksgeschirr auf und zog sich fertig an. Es war Zeit sich auf den Weg zu machen. Sie rief Foster aus dem Garten und ging mit dem quirligen Hund zu ihrem blauen Mini-Cabrio, das oben auf der Straße in der Einfahrt parkte. Von der Straße ging es ein bisschen bergab zu ihrem Haus, was bei starkem Regen etwas unangenehm war, weil es dann den ganzen Staub und Schmutz von der Straße in ihr Grundstück schwemmte. Die Uferstraße war nämlich immer noch eine Schotterstraße, wie schon zu ihrer Kindheit. Dementsprechend staubte es auch an trockenen Sommertagen. Diese Straße war eine der ältesten in Dießen. Hier standen noch die ganz alten Häuser aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts. Auch einige Künstlerhäuser, die heute unter Denkmalschutz standen. Diese alten Häuser machten den Flair dieser Gegend aus.
Sie öffnete das Verdeck ihres Cabrios und startete Richtung München. Zum Glück fuhr Foster gerne Auto. Sie hatte ihren Platz auf der Rückbank und machte es sich dort sogleich bequem.
Kurz vor zwölf betrat Julia über eine breite Freitreppe die Kanzlei ´Manzinger und Kollegen´. Es war eine sehr vornehme Kanzlei. Das erkannte man sofort beim Anblick der alten Stadtvilla, die augenscheinlich für ein Vermögen renoviert worden war. Im Vorgarten standen moderne Skulpturen. Wie kam ihre Tante zu dieser Kanzlei? Sie wollte nie etwas mit Anwälten zu tun haben. Das war auch ein Punkt, der Julia so stutzig machte.
Julia wurde aus ihren Gedanken gerissen, als die Empfangsdame sie ansprach. Diese hatte eine Art Chanel-Kostüm an und ließ einen skeptischen Blick auf Foster fallen. Julia ignorierte das, berief sich auf ihren heutigen Anruf und wurde sofort in ein Besprechungszimmer geführt. In der Wartezeit studierte sie den Stuck der Decke und wie perfekt das Muster der Tapeten zu den Vorhängen passte. Alles war in eleganten Grau-Nuancen aufeinander abgestimmt. LED-Spots schufen ein angenehmes Licht.
Die Tür öffnete sich und ein elegant gekleideter Mann Mitte 50, mit grauen Schläfen und einer goldenen Breitling am Handgelenk, betrat den Raum. Foster hüpfte kurz auf, legte sich aber auf ein Fingerschnippen von Julia sofort wieder unter den Stuhl.
»Guten Tag, ich bin Peter Manzinger. Sie sind Frau Julia Weiler?«, stellte sich der Anwalt vor.
»Ja. Grüß Gott, Herr Manzinger«, nickte Julia. Sie streckte ihm die Hand entgegen.
»Sie sind sicher sehr überrascht gewesen, ein halbes Jahr nach dem Tod Ihrer Tante dieses Schreiben von mir zu erhalten. Aber Frau Weiler hat genau geregelt, dass Sie am 31. Mai 2013 über diese Nachricht verfügen sollen. Den Grund dafür kenne ich nicht. Sie ging nicht ins Detail, als sie die Hinterlegung des Briefes bei uns veranlasste. - Wenn ich bitte Ihren Ausweis sehen dürfte!«
»Bitte schön!«, Julia reichte ihm den Ausweis über den polierten Schreibtisch.
»Ich verstehe nicht, was meine Tante dazu gebracht hat, mir auf so geheimnisvolle Weise eine Nachricht zukommen zu lassen. Sie war gegen Ende ihres Lebens sehr verschlossen und hat nicht mehr viel erzählt.«
»Wie gesagt, sie hat mich nicht über Einzelheiten informiert. - Der Ausweis ist in Ordnung. - Einen Moment, ich lasse den Umschlag bringen«, sagte er nüchtern. Er reichte Julia den Ausweis zurück, griff zum Telefon und drückte eine Taste:
»Frau Gerstmeier, bitte bringen Sie den Umschlag für Frau Weiler!«, er trennte die Verbindung. Dieser Mann war es nicht gewohnt, sich mit Nebensächlichkeiten aufzuhalten. Dieses Mandat schien ihm lästig zu sein, zumindest verstand Julia sein Gebaren so.
Die Bürotüre öffnete sich und das Chanel-Kostüm brachte den Umschlag zum Schreibtisch. Förmlich überreichte der Anwalt Julia den Umschlag und sagte:
»Hiermit übergebe ich Ihnen den hinterlegten Brief von Frau Martha Weiler und bitte Sie, mir den Empfang zu quittieren. Sehen Sie, dort unten auf dem Formular.« Er zeigte mit dem Zeigefinger seiner manikürten Hand auf die Stelle. Julia unterschrieb auf der dafür vorgesehenen Linie.
»Noch eine Frage: Wann hat meine Tante diesen Umschlag bei ihnen deponiert?«
»Augenblick - das war«, er öffnete den Aktenumschlag, » am 20. Dezember 2011.«
Julia erhob sich vom Stuhl.
»Danke, Herr Manzinger - auf Wiedersehen«, sie zog leicht an Fosters Leine und verließ sein Büro. Julia ging die Treppe hinunter, zurück zum Auto.
Wieso hatte Tante Martha, fünf Tage nach dem Tod ihres Mannes, diesen Umschlag bei einem Anwalt hinterlegt? Warum die Auflage, Julia den Umschlag am 31.5.2013 zukommen zu lassen. Sie war jetzt zu aufgeregt, um den Umschlag gleich hier zu öffnen. Sie würde erst einmal zu Lisa fahren und dann bei ihr den Brief lesen. Der Umschlag war sehr dick. Julia meinte, ein Buch darin zu spüren.
Sie öffnete die Wagentüre, ließ Foster auf die Rückbank springen und stieg ebenfalls ein.
Kurz vor vierzehn Uhr kam sie bei Lisa an. Ihre Freundin hatte gerade Kundschaft und deutete Julia, schon in die Wohnung zu gehen und einen Kaffee zu kochen.
Julia deckte den Tisch auf der Terrasse. Nach einer Viertelstunde kam Lisa mit einem Apfelkuchen. Das Kuvert lag ungeöffnet auf dem Tisch.
»Ich habe den Laden geschlossen. Jetzt haben wir den Rest des Tages für uns. Und, wie war's? Was hast du beim Anwalt erfahren?«, wollte Lisa wissen, noch bevor sie sich hingesetzt hatte.
»Erfahren habe ich nicht viel«, meinte Julia und schilderte ihrer Freundin den Besuch in der Kanzlei.
»Der Anwalt war ein eigenartiger Typ und gab kein Wort zu viel von sich. Er war äußerst reserviert. Ich kann mit solchen Typen einfach nichts anfangen. Ich weiß schon, warum ich mit Anwälten nichts zu tun haben will.«
»Du erinnerst dich schon noch, dass ich auch Anwältin bin?«
»Ja, aber du bist meine Freundin. Das ist was anderes! Außerdem übst du den Beruf nicht mehr aus! Und so hast du sicher nie gewirkt.« Julia stupste Lisa mit einem Lächeln an.
»Aber zurück zum Thema. Hat sich deine Tante damals nicht irgendwie sonderbar verhalten nach dem Tod deines Onkels? Ich hab da so was in Erinnerung.«
»Ja, das stimmt schon! Von Besuch zu Besuch wurde sie verschlossener. Auf mein Nachfragen erhielt ich nur wenig Antworten. - Aber lass uns erst nachsehen, was sie mir hinterlassen hat!«
Julia riss den Umschlag auf. Zum Vorschein kam ein in braunes Packpapier eingeschlagenes Notizbuch. Obendrauf lag ein Brief.
»Hast du nicht jede Menge von diesen Büchern in deinem Bücherregal stehen?«, fragte Lisa nach.
»Ja, es sind 78 Stück. Alle im Stil der Moleskin-Bücher, so wie dieses Buch. Mein Onkel hat immer diese Art von Notizbuch verwendet. Darin hat er über seine Reisen geschrieben. Jeder Eintrag ist mit Datum versehen und am Anfang jeden Buches ist ein Inhaltsverzeichnis aufgelistet.
Ich nehme mir immer wieder eines aus dem Regal, mache mir damit einen gemütlichen Abend und gehe in Gedanken auf die Reise. Ich komme mir dann vor wie Indiana Jones, der im Notizbuch seines Vaters blättert. Das klingt verrückt, oder? Aber du musst dir die Bücher einmal genau ansehen. Er hat über jedes Buch, das er gelesen und jeden Ort, den er besucht hat, einen Eintrag verfasst. Sogar seine Recherchen im Internet hat er detailliert aufgeschrieben - mit genauer Angabe des jeweiligen Links. Streckenweise sind ganz fantastische Zeichnungen in den Büchern. Auch Fotos und Kartenausschnitte hat er eingeklebt. Du kannst in diesen Notizbüchern wirklich auf Entdeckungsreise gehen. Für mich sind sie mein wertvollster Schatz!«
Sie öffnete den beiliegenden Briefumschlag von Ihrer Tante.
»Mal sehen, was Martha geschrieben hat!«
Julia faltete den Brief auf und begann zu lesen. Sie erkannte sofort Marthas Handschrift. Früher war ihre Schrift wunderschön gewesen, alle Buchstaben im gleichen Winkel leicht nach rechts geneigt. Wie mit der Maschine geschrieben. Aber im Alter war ihre Hand immer zittriger geworden:
Julia, mein lieber Schatz,
du wirst dich fragen, warum ich dir so schnell die Notizbücher deines Onkels übergeben habe: Ich hatte Angst, sie weiter im Haus zu haben. In letzter Zeit hat sich dein Onkel sehr eigenartig verhalten. Dieses eine Notizbuch hat er immer versteckt und reagierte schon fast panisch, wenn er es dann nicht auf Anhieb wiedergefunden hat. Da er es jeden Tag an einer anderen Stelle deponierte, kam es natürlich auch vor, dass er es nicht sofort wiederfand. Dann konnte es geschehen, dass er mich beschuldigte, es verlegt zu haben. Er wurde dann fast zornig. In solchen Momenten meinte ich, ihn nicht wieder zu erkennen. Oder er behauptete, jemand wäre in der Wohnung gewesen und hätte es gestohlen. Auch ging er abends immer wieder ans Fenster, um die Straße vor dem Haus zu beobachten. Wie wenn er auf jemanden warten würde. Kurz vor seinem Tod warnte er mich, nicht immer so leichtfertig die Türe zu öffnen, wenn es klingelte. Ich solle immer erst durch den Türspion beobachten, wer vor der Tür stehe. Er ließ sogar noch ein weiteres Sicherheitsschloss einbauen. Der Querriegel vor der Haustüre war dir damals sofort aufgefallen.
Was deinen Onkel so verändert hat, weiß ich nicht. Das ging sicher schon ein halbes Jahr vor seinem Tod los. Seit damals war er immer nervös. Schließlich hat sich seine Angst auch auf mich übertragen. Jetzt sehe ich auch schon überall Verfolger, die mir das Notizbuch entwenden wollen.
Ich habe es immer und immer wieder durchgeblättert und kann trotzdem nichts entdecken, was so eine Veränderung in ihm ausgelöst haben könnte. In dem Buch sind alle möglichen Aufzeichnungen, Skizzen, Berechnungen, Listen und Tabellen. Zusammenhanglos. Ich kann nicht nachvollziehen, was es damit auf sich hat. Das Buch ist anders als alle anderen vorher. Das wirst du auch feststellen. Du hast den Vergleich. Du kennst alle seine anderen Bücher.
Du weißt, sein ganzes Leben drehte sich ums Mittelalter, vor allem um Karl den Großen. Ich blieb dabei auf der Strecke. Hätte ich nicht angefangen, mir mit dem Verkauf meiner Handarbeiten einen Hauch eines eigenen Lebens aufzubauen, hätte ich mich wahrscheinlich doch irgendwann von deinem Onkel getrennt. Er war so dominant. Aber nach fast 50 Jahren geht man halt nicht so einfach.
Jetzt ist er zuerst gegangen und ich fühle mich so einsam ohne ihn. Wie gerne würde ich mich wieder über seine Marotten aufregen. Es ist so still geworden.
Gestern rief mich Erik an. Erik Mommsen hat seit einem Jahr die Stelle und auch das Büro deines Onkels übernommen. Ich glaube, das hatte ich dir erzählt. Ich kann mich nicht erinnern, ob du ihn schon einmal getroffen hast. Erik ist ein sehr angenehmer Mensch und genauso besessen von seiner Arbeit wir Günter. Auch bei ihm dreht sich alles nur ums Mittelalter. Auf jeden Fall hat mich sein Anruf sehr beunruhigt: Das Büro wurde vor zwei Tagen aufgebrochen. Es wurde total verwüstet. Die PCs sind zerstört. Die beiden Notebooks von Erik und Günter sind verschwunden. Und das vier Tage nach dem Tod Günters. Das ist doch eigenartig! Du musst wissen: Obwohl Günter seit zwei Monaten ganz im Ruhestand war, (was mit 72 Jahren auch nicht zu früh ist), ging er noch alle paar Tage zu Erik ins Büro, um sich mit ihm auszutauschen. In letzter Zeit mehrten sich diese Treffen sogar. Auch abends kamen die beiden ein- bis zweimal in der Woche auf ein Bierchen in der Gaststätte um die Ecke zusammen. Erik wohnt auch hier im Viertel, nicht weit von uns. Du siehst, hier hatten sich zwei Seelenverwandte getroffen. Auch Erik hat mir bestätigt, dass sich dein Onkel stark verändert hatte. Ihm kam er ebenfalls nervös vor.
Ich möchte nun dieses Notizbuch aus dem Haus haben, nicht dass ich hier auch noch ungebetenen Besuch bekomme. Vor allem will ich nicht, dass das Buch in falsche Hände gerät. Aber dir möchte ich es jetzt noch nicht geben, nicht dass du noch in Gefahr gerätst. Es soll aber später in einer Reihe mit den anderen Büchern stehen. Ich weiß doch, wie fasziniert du immer von seinen Notizen warst. Deshalb habe ich mir überlegt, es bei einem Anwalt zu hinterlegen. So hoffe ich, verliert sich die Spur des Buches für diejenigen, die es suchen. Ich bin nämlich sicher, dass die Einbrecher dieses Notizbuch im Büro gesucht haben. Erik wollte es mir abnehmen und für dich aufbewahren, damit ich es aus dem Haus habe. Das war sehr nett von ihm, aber ich will auch nicht, dass er in Gefahr gerät. Ich weise den Anwalt an, dir das Buch zum 1. Juni 2013 auszuhändigen. Irgendein Datum muss ich nennen. Dann sind eineinhalb Jahre seit dem Tod Günters ins Land gegangen. Hoffentlich kannst du dich dann ungestört mit dem Buch befassen. Wenn es dich interessiert, versuchst du vielleicht herauszufinden, was daran für Dritte so wichtig ist, dass sie dafür einen Einbruch begehen - oder Schlimmeres! Ich könnte mir nämlich gut vorstellen, dass Günter auf der Treppe gar keinen Unfall hatte. Inzwischen habe ich deutliche Zweifel.
Ich weiß nicht, wie lange ich noch hier bin. Mir gefällt es hier nicht mehr. Ich möchte lieber zu Günter.
Du warst mir immer wie eine Tochter, die ich leider nie hatte, mir aber immer gewünscht habe. Bedauerlicherweise hat das Leben mir dieses Glück verwehrt. Bleib, wie du bist. Ich liebe Dich und danke dir für alles, was du für mich getan hast. Auch, dass du immer für mich da warst.
Deine Martha
München, 20.12.2011
Julia legte den Brief auf den Tisch. Sie atmete tief durch. Die Tränen standen ihr in den Augen. Auch Lisa war ergriffen. Nach einigen Minuten des Schweigens fragte Lisa leise:
»Wie war das damals gleich noch mal mit dem Unfall deines Onkels?«
»Er ist an einem Sonntagmorgen die Kellertreppe hinabgestürzt. Da er immer so früh aufgestanden war, hatte das kein Mensch im Haus mitbekommen. Vielleicht hatte er auch gar nicht geschrien bei dem Sturz. Nicht um Hilfe gerufen oder so. Du hast damals doch alles miterlebt, du warst doch auch auf der Beerdigung und dem anschließenden Leichenschmaus. Ich weiß nur, dass er da mehrere Stunden gelegen haben muss, bis man ihn gefunden hat.«
»Und damals kam auch keiner auf die Idee, dass das vielleicht gar kein Unfall war?«
»Nein, natürlich nicht! Nicht eine Sekunde habe ich an einem Unfall gezweifelt. Wieso auch? Damals gab es für mich keinen Anlass dafür. Von Marthas Bedenken wusste ich nichts. Wenn sie ihre Befürchtungen geäußert hätte, hätte es vielleicht Ermittlungen gegeben. -Warum hat sie denn nicht mit mir gesprochen? Ich hätte ihr doch geholfen. - Nach diesem Brief sieht alles anders aus. Ich muss jetzt überlegen, wie ich das angehe. Mein Onkel muss etwas entdeckt haben, etwas wirklich Brisantes!«, Julia faltete den Brief wieder zusammen.
»Du meinst etwas so Wichtiges, dass er deshalb womöglich umgebracht wurde?«
»Ja! Und ich werde es herausfinden!«, sagte Julia entschlossen. »Weißt du, was mich richtig schockt? - Dass Martha 50 unglücklich war. Ich hatte schon gemerkt, dass es ihr nicht gut ging. Dass es so schlimm war, das ist mir leider entgangen. Ich hätte mich noch viel mehr um sie kümmern müssen. Sie hatte sich sichtlich aufgegeben. Schon deshalb muss ich herausfinden, was meinem Onkel damals zugestoßen ist. Warum er sich so verändert hat.
Und dabei kann mir nur dieser Erik Mommsen helfen!«
Julia schlug die Augen auf. Wieder wartete ein Sommertag auf sie. Sie liebte es, beim ersten Blick hinaus auf den See das Glitzern der Sonne auf dem Wasser zu sehen. Noch stand der Südwind über dem See und raute die Wasseroberfläche leicht auf. Mehrere Segelboote waren schon auf dem See. Der Wind ließ die Blätter in den Bäumen rascheln. Es war ein so vertrautes Geräusch. Die Möwen schrien am Ufer und Julia hörte den singenden Ton, den die Schwäne verursachten, wenn sie auf dem Wasser Anlauf nahmen, um sich in die Luft zu erheben. Julia hatte sich im Obergeschoss ihres Häuschens ein kuscheliges Schlafzimmer eingerichtet. Im Landhausstil. Mit Blick auf den See. Die schulterhohe Holzverkleidung an den Wänden - wie sie hier in den alten Häusern üblich war - hatte sie weiß gestrichen. Den Holzboden hatte sie naturfarben belassen. Sie spänte ihn zwei- bis dreimal im Jahr mit Stahlwolle. Der Geruch des Bienenwachses, das anschließend auf den abgezogenen Holzboden aufgetragen und einpoliert wurde, hielt sich mehrere Tage im Haus. Das erinnerte sie immer an ihre Kindheitstage hier am See. Schon ihre Mutter hatte den Holzboden so behandelt. Julia verband oft Gerüche mit Erinnerungen.
Die Wände oberhalb der Paneele waren in einem zarten Blau gestrichen. Ihr Bett hatte sie erhöht gebaut. Zusammen mit Lisa hatte sie ein ganzes Wochenende an dem Bettgestell gesägt, geschraubt und lackiert. Unterm Bett waren drei große Schubladen übereinander gesetzt und somit viel Stauraum gewonnen. Die dadurch entstandene Erhöhung ließ sie jeden Morgen diesen einzigartigen Ausblick über den See genießen. So konnte sie, wie in ihrer Kindheit, beim Aufwachen auf den See blicken. Und heute war sie wieder einmal froh, dass sie ihr Schlafzimmer so gestaltet hatte.
An den Fenstern, die durch mehrere Sprossen in kleine Felder unterteilt waren, hatte sie weiße Vorhänge mit Hohlsaumstickerei aufgehängt. Tante Martha hatte sie ihr nach der Renovierung genäht.
Martha - auf einen Schlag war Julia wach!
Sie stand auf, schnappte sich den Bademantel und lief die Treppe hinunter. Heute sollte ausnahmsweise ihr innerer Schweinehundgewinnen. Sie würde den Lauf auslassen und gleich zum Schwimmen übergehen. Sie hatte sich für heute viel vorgenommen. Sie ging über die Terrassentür in den Garten und hinunter zum Steg.
Julia zog den Bademantel aus und hängte ihn an den Haken am Bootshaus. Sie stieg die Treppe ins Wasser hinunter. Nackt, denn man konnte sie nur von der Seeseite her sehen. Morgens waren wenig Boote unterwegs. Wen es störte, der sollte woanders hinsehen! Foster hüpfte ihr vorsichtig die Stufen hinterher. Der Hund schwamm gerne, allerdings nur in Julias Begleitung. Alleine ging er zum Glück nicht in den See. Ein paar Mal tauchte Julia unter und schwamm in flotten Zügen gute hundert Meter hinaus auf den See und wieder zurück. In der Mitte des Sees fuhr gerade die Herrsching. Julia drehte sich auf den Rücken und ließ sich auf den Wellen treiben. Das war fast wie am Meer.
Auf dem Weg zurück zum Haus fühlte sie sich frisch und wach. Sie ging nach oben und machte sich fertig. Vor dem Spiegel steckte sie ihre langen, dunklen Haare hoch und sinnierte über den gestrigen Abend. Die beiden Freundinnen hatten noch lange über Martha und Günter gesprochen. Julia war klar, sie musste Kontakt zu diesem Erik aufnehmen. Er war der Schlüssel zu der ganzen Angelegenheit. Wenn sich die beiden Historiker trotz Günters Ruhestand, noch so oft getroffen hatten, sogar im Büro von Erik, dann musste dieser wissen, was ihren Onkel so verändert hatte. Das war doch nicht normal, dass ein Ruheständler zweimal in der Woche seinen Nachfolger im Büro aufsuchte. Und das mehrere Monate lang! Julia hätte sowas als äußerst lästig empfunden. Für diesen Erik schien das aber in Ordnung gewesen zu sein. Sie hatten sich sogar noch abends getroffen. Julia fand das sehr eigenartig.
Im Speicher hinter ihrem Schlafzimmer hatte sie die beiden Kartons mit dem restlichen Hab und Gut von Martha und Günter. Da es keine anderen Verwandten gab, musste Julia damals die Wohnung auflösen. Sie öffnete die Dachbodentüre und schaltete das Licht ein. Da standen die Kisten. Immer noch so, wie sie sie vor einem halben Jahr abgestellt hatte. Sie öffnete die Größere von beiden: Fotoalben - allerlei Papiere, Familienstammbuch - mehrere alte Reisepässe und sonstige Unterlagen, von denen sie sich nicht auf die Schnelle hatte trennen können. Alte Zigarrenkistchen mit verschiedenstem Kleinkram stapelten sich im Karton. Dann klappte sie den Deckel des anderen Kartons auf: Da sah es auch nicht besser aus. Unter den Sachen musste auch das grüne Adressbuch von Günter sein. Es war eigentlich recht auffallend, da es rundherum eine dicke Ledernaht aufwies. Früher hatte es immer aufgeschlagen auf seinem Schreibtisch gelegen. Auf Anhieb fand sie es jetzt nicht. Sie würde später die Kisten gründlich danach durchsuchen. Es war sowieso noch viel zu früh, um Erik Mommsen anzurufen. Sie kannte ihn ja nicht einmal und es war schließlich Wochenende. Sie ließ die Kartons offen stehen und schaltete beim Hinausgehen das Licht wieder aus.
Auf der Terrasse vor der Küche drehte sie die Markise heraus und setzte sich gemütlich mit dem Notizbuch von Günter auf ihre Bank. Sie fuhr mit dem Finger die Goldprägung nach und öffnete das Buch. Die Seiten fühlten sich glatt an. Günters Notizbücher hatten immer schon ein gefälliges Papier gehabt. Da liefe auch die Tinte so gut darauf, hatte ihr Onkel ihr einmal erzählt. Er hatte alle Einträge stets mit Füller geschrieben.
Wie in allen Büchern ihres Onkels, fand sich auch in diesem gleich zu Beginn ein Inhaltsverzeichnis. Hinter jedem Eintrag war sogar das Datum der Aufzeichnung notiert. Die Einträge waren in Sütterlin geschrieben. Aber Julia hatte kein Problem damit. Ihr Onkel hatte es ihr damals in den Sommerferien nach der vierten Klasse beigebracht. Heute war Julia über seine damalige Hartnäckigkeit froh, denn alle seine Bücher waren so geschrieben.
Sie blätterte weiter und war wie immer fasziniert von seinen Aufzeichnungen: wundervolle Skizzen, manche sogar koloriert. Es waren viele Zeichnungen von Kirchenansichten, nein - sie musste sich verbessern, das waren schon eher Kathedralen, die ihr Onkel da mit Bleistift festgehalten hatte. Hauptsächlich schien das sogar immer ein und dieselbe Kathedrale zu sein, immer wieder eine andere Ansicht dazu. Sie blätterte die Seiten vor und zurück und verglich die einzelnen Darstellungen. Ja - es handelte sich eindeutig um dieselbe Kathedrale. Günter hatte die einzelnen Portale detailliert gezeichnet. Aus allen möglichen Blickwinkeln. Welcher Dom war das nur? Sie fand keinen Hinweis auf den Ort, an dem er stand. Sie blätterte durch alle Seiten. Immer wieder waren Teilansichten mit Bleistift festgehalten. Es war eindeutig eine gotische Kirche. Aber herauszufinden welche es war, würde Zeit in Anspruch nehmen. Es gab so viele gotische Kirchen. Auf einer Seite war ein Labyrinth abgebildet. Sie konnte sich keinen Reim darauf machen. Erneut entdeckte sie geometrische Zeichnungen, die sie an Hefteinträge aus ihrer Schulzeit erinnerten. Ein Eintrag stach ihr sofort ins Auge. Das Dreieck des Pythagoras mit den Quadraten über Katheten und Hypotenuse. Es waren Maße angebracht. Auch gab es mehrere Darstellungen von Vierecken, genauer gesagt Sehnenvierecken. Das waren Konstruktionszeichnungen. Aber für was?
Dazwischen - vollkommen unpassend zu den anderen Seiten davor - hatte sich der Onkel über mathematische Besonderheiten ausgelassen: den Goldenen Schnitt, Fibonacci-Zahlen, Primzahlen, Platonische Körper.
Dann war da ein Oktogon und Zahlen, die 6, die 8 und die 12 waren, beinahe belanglos, an den Rand geschrieben.
Eine wunderbare Darstellung vom Thron Karls des Großen. Auch Sarkophage waren farbig abgebildet. Daneben waren mehrere Säulen gezeichnet. Und in der gleichen Farbe wie Karls Thron gehalten. Keine Angabe von Orten. Gut den Thron erkannte sie sofort. Der war nun bekannt genug.
Auf mehreren Seiten waren Tische sowie Astrolabien abgebildet. Ein Tisch jedoch war sehr genau gezeichnet. Auf seiner Tischfläche war ein Kreis zu sehen, der durch eine Linie halbiert war. Die äußere Kontur des Kreises war gezackt. Links und rechts der Mittellinie stand ein Buchstabe: C und P. So etwas hatte Julia noch nie gesehen. Was konnte das sein?
Truhen, mit und ohne Tragestangen. Karren, die von Ochsen gezogen wurden, beladen mit Kisten. Irgendwie verzerrt dargestellt, vielleicht von einer Säule abgezeichnet. Darstellungen von Drachen waren über die Seiten verteilt. Fotografien von Wandmalereien, manche waren allerdings kaum zu erkennen. Fast ganz verblasst. Mosaike mit Blumenmuster erinnerten an byzantinischen Wandschmuck. Auch Wappen waren dargestellt.
Wo sollte sie da einen konkreten Hinweis entdecken? Sie hatte keine Ahnung, wo sie anfangen sollte. Es waren insgesamt achtzig Seiten mit einer Unmenge Informationen. Scheinbar wahllos aneinandergefügt.
Hinten im Buch gab es Zahlentabellen, die Julia erst einmal nichts sagten.
Des Weiteren gab es eine Bücherliste mit ISBN-Nummern. Vielleicht wollte er sich diese Bücher besorgen, dachte Julia bei sich. Sie blätterte nochmals von vorne durch das Buch:
Schiffe, Kreuze, Löwen, Blätter. Dazwischen Davidstern und Halbmond. Auf einer Seite war eine Stadt, nein, ein Dorf mit einer überdimensional hohen Mauer skizziert. Darin sowohl ein Kirchturm als auch ein Minarett. Irgendwie kam es Julia bekannt vor, aber sie kam gerade nicht darauf.
Dazwischen mehrere Doppelseiten mit den Grundrissen dieser Kathedrale. Julia mutmaßte, dass die Grundrisse verschiedene Bauepochen oder Ebenen dieser Kirche darstellten. Sie blätterte zurück zum Inhaltsverzeichnis. Tatsächlich keinerlei Ortsangaben! Und jetzt fiel es ihr auf: Die Datumsangaben dehnten sich über fünf Jahre. FÜNF Jahre! Julia rieb sich den Nacken. Sie war schon ganz steif vom stundenlangen Stillsitzen. Sie brauchte eine Pause.
Sie steckte das Buch in ihren Rucksack, schnappte sich die Leine von Foster und verließ das Haus. Sie ging hinauf zur Straße und dann Richtung Ortsmitte. Sie brauchte jetzt etwas Bewegung und ging zu Fuß zu Lisa. Das waren nur zwanzig Minuten. Das tat jetzt ganz gut.
Eine halbe Stunde später traf sie in Lisas Werkstatt ein.
»Dachte ich mir schon, dass du einen Kuchen mitbringst. - Hey, meine Liebe! Wie geht's dir denn?«, begrüßte Lisa ihre Freundin und nahm ihr den Kuchen ab.
»Danke. Ich sag dir, mir raucht schon der Kopf!«
»Hast du schon was herausgefunden?«
»Nein. Seit Stunden arbeite ich mich durch die Seiten und kann keinen Zusammenhang feststellen. Genauso, wie Martha es beschrieben hat«, stöhnte Julia.
»Hast du es mitgebracht?«
Julia nickte und zog das Buch aus ihrem Rucksack. »Hier! Tu dir keinen Zwang an!«
Lisa nahm das Buch und blätterte es durch.
»Das sind so schöne Zeichnungen. Dein Onkel war echt begabt.«
»Ja, er hatte wirklich Talent. Mir wäre es lieber, wenn er mehr geschrieben statt gezeichnet hätte! Du musst dir einmal das Inhaltsverzeichnis ansehen. Keine Ortsangaben. Nur Datumsangaben. Die gehen über fünf Jahre. Er muss also dieses Buch parallel zu den anderen Büchern geführt haben«, teilte Julia Lisa ihre Vermutung mit.
»Das bedeutet, dass du die anderen Notizbücher alle nach diesen Daten durchsuchen muss!«
»Die Idee ist mir auch schon gekommen.«
»Vielleicht findest du dann heraus, wo zum Beispiel diese Kathedrale steht. Das Buch scheint tatsächlich eine Verschlüsselung zu sein. Wenn er wirklich hinter etwas Sensationellem her war, dann wollte er das verbergen.«
»Das ist ihm dann gut gelungen!«, resignierte Julia.
Lisa nickte ihr aufmunternd zu: »Da hast du ein großes Stück Arbeit vor dir. - Hast du schon die Adresse von diesem Erik herausbekommen?«
»Nein, ich suche nachher das Adressbuch aus den Kartons heraus, die ich noch von meiner Tante habe.«
»Vorher könnten wir doch zum Entspannen ein Stündchen segeln gehen, oder? Auf eine Stunde mehr oder weniger kommt es jetzt auch nicht mehr an.«
»Gute Idee. Das macht meinen Kopf vielleicht wieder frei.«
Sie räumten den Tisch ab. Lisa packte ein paar Sachen zusammen und dann spazierten sie zurück zu Julias Haus. Der Fußmarsch tat ihnen beiden gut.
Kurz bevor sie in die Uferstraße zu Julias Haus einbogen, sahen sie einen schwarzen Range Rover auf sich zu fahren. Sie mussten auf die Seite springen, sonst hätte er sie umgefahren. Staub wirbelte unter seinen breiten Reifen hervor und Kieselsteine spritzen an ihre Beine.
»So ein Spinner! Rast hier wie ein Irrer durch die Straße. Hier springen auch Kinder herum«, schimpfte Lisa dem Wagen nach und zeigte ihm eine nicht gerade damenhafte Geste.
Als sie zur Einfahrt von Julias Grundstück kamen, sahen sie die Gartentüre offen stehen.
»Ich habe das Tor vorhin zugemacht! Da bin ich mir ganz sicher!«, staunte Julia.
Sie gingen hinunter zum Haus und blieben starr vor Schreck stehen. Julia glaubte, ihren Augen nicht zu trauen. Die Haustür war aufgebrochen. Lisa, pragmatisch wie immer, wählte schon vom Handy aus die Nummer der Polizei. Julia ging vorsichtig Richtung Haustür weiter.
»Bleib stehen, Julia!«, kommandierte Lisa. »Bist du verrückt? Du kannst doch da nicht reingehen! Die Polizei kommt gleich. Komm jetzt mit rauf zur Straße! Wir warten oben am Tor!«
Sie setzten sich auf die alte, grüne Holzbank, die neben dem Gartentor am Zaun stand. Es dauerte nicht lange, bis sie die Sirenen der Polizeiwagen hörten. Und als die Streifenwagen vor der Einfahrt hielten, war die Straße innerhalb von Minuten voller Schaulustiger. Als Erstes kamen vier uniformierte Polizisten zu ihnen und deuteten ihnen, weiter im Garten zu warten.
Kurz darauf kam die Spurensicherung. Mehrere Männer und Frauen in weißen Wegwerfoveralls und Koffern in der Hand gingen ins Haus. Vor der Haustüre streiften sie Plastikfüßlinge über ihre Schuhe.
Es war ein Kommen und Gehen. Nach über zwei Stunden durften sie endlich ins Haus.
Im Wohnzimmer sah es aus, als ob eine Bombe eingeschlagen hätte. Alle Bücher waren aus den Regalen gezogen. Julia hatte im Wohnzimmer alle Wände mit Bücherregalen verkleidet. Vom Boden bis zur Decke. Hunderte von Büchern lagen am Boden verteilt. Sie ging in die Küche. Dort standen alle Schranktüren offen, Kochbücher, Handtücher, Besteck, alles war ausgeräumt und häufte sich auf dem Fußboden.
Gott sei Dank hatten die Einbrecher das Geschirr wenigstens ganz gelassen. In den Geschirrschränken hatte ihnen allem Anschein nach der Blick genügt, um zu erkennen, dass dort nichts versteckt war. Sie ging hinauf ins Schlafzimmer und ins Bad. Auch dort waren alle Schränke ausgeräumt. Die Eindringlinge hatten ganze Arbeit geleistet. Das würde Stunden dauern, alles wieder einzuräumen. Eigenartigerweise waren ihr Schmuck und der Umschlag mit knapp tausend Euro Bargeld noch da. Die Schatulle und der Umschlag lagen einfach so am Boden. Wieso hatten sie das nicht mitgenommen? Sie mussten es gesehen haben.
Selbst im Speicher waren alle Regale und Kisten durchwühlt. Die beiden Kartons ihrer Tante waren komplett ausgeleert und lagen achtlos zur Seite geworfen auf den anderen Kisten im Speicher. Sofort durchsuchte Julia das Chaos auf dem Dachboden nach dem Adressbuch. Nach einigen Minuten des Suchens war ihr klar, dass es weg war. Hätte sie es nur heute früh aus dem Karton genommen, dann wäre es jetzt vielleicht noch da, ärgerte sich Julia.
»Lisa komm mal rauf in den Speicher!«, rief sie nach unten. Lisa rannte die Treppe hoch und trat hinter Julia in den dunklen Raum.
»Ach du dickes Ei! Selbst hier haben sie alles durchsucht!«, sagte Lisa schockiert.
»Das Adressbuch meines Onkels ist weg. Auch ein paar andere Sachen scheinen aus dem Karton zu fehlen. Ich meine, da waren zwei kleine Fotoalben und ein Bündel mit Briefen. Heute Morgen habe ich sie noch gesehen. So ein richtig dicker Packen.« Und Julia zeigte einen Abstand von mindestens zehn Zentimetern.
»Die Briefe waren noch so im alten Stil mit Stoffbändern zusammengebunden. Ein rotes Band. Schon ziemlich verblichen. Deshalb erinnere ich mich auch so gut daran.«
»Bist du sicher, dass es fehlt? Vielleicht ist es noch in irgendeinem anderen Karton hier drin. Die anderen sind ja nicht ausgeleert.«
»Und jetzt frag noch: Warum?«, Julia stand auf und zeigte Lisa die beiden Deckel der Kartons ihrer Tante.
»Stand doch groß drauf: Martha und Günter. Die wussten ganz genau, was sie suchten. Und wo sie es finden konnten! Eigentlich wollte ich das alles einmal sortieren. Jedes Mal, wenn ich hier oben war, habe ich mir das vorgenommen. Aber immer kam etwas dazwischen und dann habe ich es wieder vergessen. Aus dem Blick, aus dem Sinn. Du weißt doch, wie das ist.«
»Dann lass uns im Wohnzimmer nachschauen, was dort fehlt!«, schlug Lisa vor.
»Nachdem das Adressbuch und die Briefe fehlen, kann ich mir schon denken, was die unten mitgenommen haben«, gab Julia zur Antwort.
»Das vermute ich auch«, schnaufte Lisa.
Im Wohnzimmer bestätigte sich nach kurzem Suchen ihr Verdacht.
Alle 78 Notizbücher ihres Onkels waren gestohlen.
Ein Beamter bat Julia, so schnell wie möglich eine Aufstellung der gestohlenen Gegenstände auf das Revier zu bringen. Die Polizisten machten ihr jedoch keine Hoffnungen, dass die Täter ergriffen würden. In letzter Zeit seien mehrere Häuser in der Gegend aufgebrochen worden. Schließlich verabschiedete Julia die Polizisten. Dann sahen sich die beiden Frauen an und sagten zeitgleich »Packen wir's an!«
Sie werkelten bis nach Mitternacht. Dann hatten sie die Küche, das Bad und das Schlafzimmer wieder in Ordnung gebracht. Ein noch am späten Abend gerufener Schließnotdienst reparierte notdürftig die Haustüre und brachte ein neues Schloss an. So fühlte sich Julia wenigstens etwas sicherer. Lisa blieb über Nacht bei Julia. In dieser Nacht zogen sie auch alle Klappläden zu. Selbst den in ihrem Schlafzimmer. Würde am nächsten Morgen wohl nichts werden, mit dem Blick auf den See. Aber der Schock saß zu tief.
Sie lagen im Bett und unterhielten sich über den Abend. Sie hatten sich noch eine Flasche Chardonnay mit hinauf genommen, um sich etwas Bettschwere anzutrinken.
»Das war kein normaler Einbruch. Mit den Einbrüchen in der Gegend hat das sicher nichts zu tun«, meinte Lisa.
»Das sehe ich genauso. Mit Sicherheit haben sie dieses Buch gesucht«, Julia nahm das Buch vom Nachtkästchen. Wie gut, dass ich es heute Nachmittag mitgenommen habe.«
»Allerdings!«
»Ich glaube beinahe, mir wäre es lieber, wenn sie das Buch auch gefunden hätten. Dann wäre das Thema ´Geheimnisse um Onkel Günter´ endlich erledigt. Ich könnte die Spur nicht mehr verfolgen und hätte mein normales Leben zurück.«
»Du würdest trotzdem weitermachen! Du bist viel zu neugierig, um hier aufzugeben.«
»Fragt sich nur, ob sich diese Einbrecher mit den 78 Büchern zufriedengeben», gähnte Julia, »oder, ob sie das 79. Buch auch noch haben wollen. Aber da sie heute hier aufgetaucht sind, nachdem ich gestern dieses Buch erhalten habe, gehe ich davon aus, dass sie Bescheid wissen. Sie werden das 79. Buch schon auch noch haben wollen. Vielleicht haben sie deshalb auch den Rest des Hauses auf den Kopf gestellt, obwohl sie unten schon die anderen Bücher gefunden hatten. Ob ich schon seit dem Besuch beim Anwalt beobachtet wurde? - Aber dann hätten sie sich das Buch doch schon früher aus der Anwaltskanzlei beschaffen können.«
»Solche Hinterlegungen bewahren Anwälte nicht in der Kanzlei auf. Das wäre viel zu gefährlich. So einfach kann man so etwas nicht stehlen. Und das wissen solche Typen auch. Da ist es schon einfacher, Geduld zu bewahren und sich dann an den Empfänger heranzumachen. Erst recht, wenn es sich um eine alleinstehende Frau handelt.«
Lisa räkelte sich. Sie konnte sich fast nicht mehr wachhalten.
»Deine Tante hatte vermutlich recht mit ihrer Vermutung, dass es kein Unfall war«, flüsterte Lisa. Ihr fielen die Augen zu. »Aber sei mir nicht böse, ich muss jetzt schlafen, ich kann nicht mehr.«
»Gute Nacht. Danke, dass du heute hier bleibst.«
»Das ist doch selbstverständlich. Schlaf gut!« murmelte Lisa gähnend und war auch schon eingeschlafen.
Am Sonntagmorgen wurde Julia von Foster geweckt, die jaulte und versuchte auf das Bett zu hüpfen.
»Du Arme. Es ist schon elf Uhr vorbei. Jetzt musst du aber dringend raus. Komm, ich lass dich in den Garten!«, Julia lief auf Zehenspitzen die Treppe hinunter. Sie wollte Lisa nicht wecken. Nur das Klackern von Fosters Krallen war auf den Holzbohlen zu hören. Unten entließ sie den Hund in den Garten.
Sie öffnete die restlichen Läden und richtete das Frühstück auf der Terrasse an. Es würde wieder ein sonniger Tag werden. Schon jetzt hatte es 23°.
»Guten Morgen. Hast du einigermaßen geschlafen?« fragte Lisa. Julia hatte sie gar nicht kommen hören.
»Sogar sehr gut. Der Chardonnay hat seine Schuldigkeit getan. Nach dem Frühstück mache ich mich ans Wohnzimmer. Wenn wirklich nichts außer den Notizbüchern verschwunden ist, dann stimmt unser Verdacht.«
»Deshalb fehlt auch nichts von deinem Schmuck. Der Badschrank war komplett ausgeräumt. Die Täter mussten den Schmuck sehen und das Geld auch. Normale Einbrecher hätten da nicht widerstehen können. Das ist ein klarer Hinweis, was der Grund dieses Besuches war.«
»Dann müssen sich bei den entwendeten Sachen Hinweise befunden haben?«, sagte Julia. »Die Briefe waren schon alt. Heute bindet man doch keine Briefe mehr mit einem Stoffband zusammen. Und außerdem glaube ich nicht, dass die beiden sich nach all den Jahren noch Briefe geschrieben haben. So romantisch war Günter nun wirklich nicht. - Es könnte natürlich auch ein neuerer Brief oder ein anderes Dokument dazwischen gewesen sein.»
»Die Täter werden bald wissen, dass du das wichtigste Buch noch hast, deshalb solltest du auf keinen Fall alleine im Haus sein! Zumindest nicht des Nachts.«
»Dann wird es am besten sein, wenn ich das Buch kopiere. Nur für den Fall der Fälle. Mit einer guten Kopie kann ich genauso gut arbeiten wie mit dem Original.«
»Gib mir das Buch! Ich gehe an den Kopierer und du an deine Regale. Beim Büchereinräumen kann ich dir sowieso nicht helfen. Nur du kennst dein System!«
Lisa schnappte sich das Notizbuch und ging in Julias Arbeitszimmer.
Bis zum frühen Abend waren sie mit den Aufräumarbeiten fertig. Lisa hatte das Buch zweimal kopiert, die Seiten zurechtgeschnitten und mit Julias Bindemaschine zwei Bücher gebunden. Ein Exemplar würde Lisa mitnehmen und in Sicherheit bringen.
»Ich warte dann auf ihre Nachricht, ob sie noch Änderungen an dem Artikel vornehmen wollen. Sie können mich jederzeit auf dem Handy erreichen. Ich werde in nächster Zeit viel unterwegs sein.«
»Ist in Ordnung. Dann bis zum nächsten Mal. Ich gehe davon aus, dass der Artikel in Ordnung ist, so wie es bis jetzt immer der Fall gewesen ist. Die Bilder der Reportage sind wieder brillant! Ich bin immer wieder begeistert von ihren Motiven. Machen Sie's gut, Frau Weiler!«
»Auf Wiederhören, Herr Ramsauer. Bis zum nächsten Mal.«
Die Reportage hatte sie abgegeben, jetzt konnte sie sich ganz dem Unterfangen Notizbuch zuwenden.
Gestern Abend noch hatte Julia die Kopie in der Holzverkleidung ihres Schlafzimmers versteckt. Dort konnte sie ein Brett ausklappen. Dahinter war ein Hohlraum. Das Fach war nur zu öffnen, wenn das Bett ein Stück herausgezogen wurde. Lisa hatte die zweite Kopie heute Morgen mitgenommen und würde sich um deren Aufbewahrung kümmern.
Julia klappte ihr MacBook auf, öffnete Safari und googelte die Seite der Universitätsbibliothek. Sie klickte auf die Abteilung von Erik Mommsen. Da es die gleiche Abteilung war, wie die, in der ihr Onkel gearbeitet hatte, musste sie nicht lange suchen. Nur hatte Julia ihren Onkel nie in der Arbeit angerufen. Das hätte sich ihr Onkel auch verbeten. So hatte sie auch nie seine Büronummer abgespeichert. Endlich fand sie in der Liste Erik Mommsen. Sie griff zum Telefon. Julia ließ es sicher zwanzig Mal klingeln. Nach einer Viertelstunde probierte sie es erneut. Wieder dasselbe. Dann suchte sie Eriks Privatadresse heraus. Das war nicht schwierig, da Martha in ihrem Brief erwähnt hatte, dass er in ihrem Viertel wohne. Und bald hatte sie seine Nummer. Es gab nur drei Mommsens in München. Ein S. und ein Michael. Und den E. rief sie jetzt an. Aber auch zuhause ging er nicht ans Telefon. Und nach einer weiteren Stunde sah es auch nicht anders aus. Sie musste diesen Mann finden. Er war ihre einzige Hoffnung, diesem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Julia kam sich seit dem Einbruch so machtlos vor. Dieses Eindringen in ihre Privatsphäre hatte sie schon sehr erschüttert.
Hier schien ein gewaltiges Potential an krimineller Energie im Spiel zu sein. Was kam denn nach diesem Einbruch, wenn sie nicht schneller war und das Rätsel um das Notizbuch löste?
Noch mehrere Male versuchte sie, Erik Mommsen zu erreichen. Um kurz nach drei war ihre Geduld zu Ende und sie machte sich auf den Weg nach München. Es war viel Verkehr, aber sie schaffte es trotzdem noch, vor 17 Uhr an der Bibliothek zu sein. Sie stellte ihren Wagen direkt davor im absoluten Halteverbot ab. Sie hatte jetzt wahrlich keine Zeit, einen ordentlichen Parkplatz zu suchen. Sie befürchtete, dass die Bibliothek schloss, bevor sie Erik Mommsen gefunden hatte. Julia ging durch die Drehtür am Eingang direkt zur Information.
»Entschuldigung. Mein Name ist Julia Weiler. Ich würde gerne zu Erik Mommsen. Könnten Sie mir sagen, wo ich ihn finde?«
Die junge Frau hinter der Theke - sichtlich eine Studentin, die hier ihr Salär aufbesserte - sah in einer Liste nach.
»Gehen sie hier den Gang rechts runter und die vierte Tür links. Dort ist sein Büro. Raum E07.«
»Vielen Dank«, lächelte Julia freundlich und ging in die bezeichnete Richtung.
»Entschuldigung! Den Hund können Sie da nicht mit rein nehmen!«, sie deutete auf ein Schild mit einem durchgestrichenen Hund, das an der Stirnseite der Theke klebte. »Ich passe gerne auf ihren Hund auf! «
»Danke, dann lasse ich Foster bei Ihnen. Ich komme gleich wieder!«
Vor der Türe E07 angekommen, klopfte sie. Aber es tat sich nichts. Sie klopfte noch einmal, wartete, dann drückte sie die Türklinke langsam herunter. Die Türe war nicht abgesperrt und ging sofort ein Stück weit auf. Julia öffnete sie ganz und ging hinein. Der Raum war leer. Sie trat näher an den Schreibtisch heran und ließ ihren Blick durch den Raum schweifen. Erik musste wohl schon heimgegangen sein. Sein Schreibtisch war aufgeräumt, da lag auch nicht ein Blatt Papier herum. Kein Stift. Kein Block. Nichts! Räumte man seinen Schreibtisch so auf, wenn man in den Feierabend ging? Das glaubte Julia weniger. Entweder er war im Urlaub oder er war ein penibler Ordnungsfanatiker.
Plötzlich hörte sie ein Rascheln hinter sich. Sie fuhr blitzartig herum. Da stand ein großer, breitschultriger Mann in der Tür. Er sah sie feindselig an und sagte schroff: »Was machen Sie hier? Ich habe sie hier noch nie gesehen? Wie kommen sie in das Büro?«
»Ich suche Erik Mommsen! Das Büro war nicht abgesperrt!«, verteidigte sich Julia mit zittriger Stimme.
»Und was wollen Sie von ihm?«, fragte der blonde Hüne und ging einen Schritt auf Julia zu. Sie wich zurück und stieß an den Schreibtisch.
»Ich suche ihn, weil er mit meinem Onkel zusammengearbeitet hat. Ich habe da ein paar Fragen an ihn«, erklärte ihm Julia.