Bennos Dorf - Hartmut Schulze - E-Book

Bennos Dorf E-Book

Hartmut Schulze

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Beschreibung

Der Name des Ortes Beendorf soll angeblich von einem Mann namens Banno herrühren. Dies wird jedenfalls aus der ersten urkundlichen Erwähnung des Ortes als "Banenthorpe" abgeleitet, welche auf das Jahr 1150 datiert ist. Wer der Namensgeber Banno oder Benno wirklich war, ist unbekannt. Was sich damals zu beiden Seiten des Lappwaldes zutrug, weiß man ebenfalls nur in Bruchstücken. Der Roman verknüpft Bekanntes aus der Zeit vor 1100 mit Fiktivem. Die spannende Handlung ist in die Geschehnisse im damaligen Herzogtum Sachsen und im Römisch-Deutschen Reich eingebettet. Wichtige historische Persönlichkeiten der damaligen Zeit, wie Lothar III. von Süpplingenburg, die Grafen von Walbeck, Gertrud von Haldensleben und König Heinrich der IV. spielen eine Rolle und beeinflussen den Lebenslauf des Urvaters von Beendorf.

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Seitenzahl: 244

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort zur 2. Auflage

Einleitung

Die Grafen von Waldbeke

Der Deutsche König und die Sachsen

Der Bauer am Lappwald

Der Graf von Supplinburg

Das neue Bauernbaby

Die Holzsammlerin im Dorm

Die Gräfin von Supplinburg

Der Soldat Veyt

Der Stammhalter

Der Alte im Wald

Der Gegenkönig Rudolf

Der Ritter und die Bauersfrau

Der Soldat auf dem Heimweg

Der junge Graf und der junge Krieger

Der sächsische Slawe

Das Findelkind als Soldat

Die Siedlung im Allertal

Die sächsische Truppe am Lappwald

Die erzbischöfliche Truppe an der Aller

Der Bauer und der Reiter

Die Schlacht auf der Totenwiese

Der Kerker von Haldeslevo

Der Wald von Bregenstide

Der Wilderer im Wald

Die Jagd im Bertenslever Forst

Das Mädchen an der Triole

Die Rückkehr zur Supplinburg

Der Priester auf dem Berg

Die Hochzeit im Allertal

Nachwort

Über den Autor

Vorwort zur 2. Auflage

Die Geschichte meines Heimatdorfes Beendorf begann mich zu fesseln, als ich in den Jahren 1999 und 2000 Mitglied im Festkomitee zur Vorbereitung der 850-Jahrfeier des Ortes war. Ich kam damals in Kontakt mit den Aufzeichnungen des Lehrers und Heimatforschers Bernhard Becker1 über einige Forschungsergebnisse hinsichtlich der Historie Beendorfs. Bei der Vorbereitung der Feierlichkeiten wurde auch die Urkunde ausfindig gemacht, in welcher der Ort Banenthorpe im Jahre 1150 erstmals erwähnt war und die den Anlass dafür gab, dass wir im Jahre 2000 das 850. Jubiläum dieser ersten urkundlichen Erwähnung feiern durften.

Nachweis der ersten urkundlichen Erwähnung von Banenthorpe2

Die Urkunde bestätigt, dass einem Untervasall aus Westingersleben (Alleringersleben) von mehreren Dörfern Geld zusteht, so unter anderem aus Banenthorpe fünf Schillinge.

Der Name Banenthorpe wird als „Bannos Dorf“ interpretiert, wobei vorläufig noch offengelassen werden muss, wer „Banno“ war.

Ebenfalls im Jahre 2000 gestaltete der Beendorfer Faschings-Club sein Programm anlässlich der 850-Jahr-Feierlichkeiten als Ritterfasching und verlegte die Handlung in dieses für Beendorf bedeutsame Jahr 1150. Ich spielte damals den Burghauptmann einer fiktiven Burg im Allertal. Im Programm trat auch der Kaiser Lothar der III. von Süpplingenburg auf. Wegen der angeblichen Verdienste des Burghauptmannes schenkte ihm der Kaiser das Dorf am Rande des Lappwaldes und wegen „seiner Probleme mit meinen Senk-, Spreiz- und Plattbeenen“ wurde das Dorf mit dem Namen Beendorf versehen.

Diese verulkte Gründung von Beendorf war zwar dem Faschingsprogramm angemessen, ließ aber offen, wie es damals wirklich gewesen sein könnte. Ich habe in der Folgezeit öfter damit geliebäugelt, mich mit dem Thema tiefgründiger zu beschäftigen, fand aber während meiner beruflichen Tätigkeit weder die Zeit, dies zu tun, noch schien es mir als Laie erfolgversprechend zu sein, etwas mehr Fakten über das Geschehen um Beendorf in jener Zeit herauszubekommen, in welcher Banno hier lebte und in welcher im benachbarten Süpplingenburg ein adliger Spross heranwuchs, der König und später Römisch-Deutscher Kaiser wurde.

Nach und nach reifte in mir der Gedanke, wenn es schon schwierig oder für mich kaum möglich ist, weitere Fakten zusammenzutragen, dann vielleicht eine Mischung aus historisch Bekanntem und selbst Ausgedachtem zu kombinieren, d.h. einen historischen Roman zu schreiben.

So begann ich im Herbst 2016 diesen Roman zu schreiben. Je mehr ich mich dabei mit dem Geschehen in der Zeitspanne zwischen 1050 und 1150 beschäftigte, um so spannender wurde es für mich.

Welch ein Jahrhundert! Welche Weltpolitik wurde damals hier um Beendorf herum betrieben! Ich musste mich bremsen, all diese komplexen historischen Entwicklungen und die damals real handelnden Figuren in den Roman zu packen.

Das hätte ihn wahrscheinlich zu einem Geschichtslehrbuch gemacht. Aber ohne den historischen Hintergrund sollte die fiktive Handlung um Banno bzw. Benno auch nicht ablaufen. Und so habe ich mich entschlossen, eine Mischung der geschichtlichen Zusammenhänge zu bringen und um diese herum die Erlebnisse von Banno und den Personen, mit denen er zu tun gehabt haben könnte, zu schildern.

Mein Buch ersetzt nicht die Chronik von Beendorf. Wir sind in der glücklichen Lage, mit meinem langjährigen Freund Claus Hansper jemanden im Dorf zu haben, der sich gemeinsam mit weiteren Mitstreitern sowie mit Ausdauer und großen Mühen der Daten- und Faktensammlung über die Jahrhunderte und insbesondere über das letzte Jahrhundert widmet. Unter seiner Federführung entsteht die eigentliche Chronik von Beendorf.

Ich bin, was das Buch betrifft, zweifacher Laie. Ich bin kein Profi-Historiker. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass ich den einen oder anderen Sachverhalt nicht wissenschaftlich exakt wiedergegeben habe. Und ich bin kein Profi-Schriftsteller. Meine Schreibweise ist so, wie es mir gerade in den Sinn kommt. Ich bitte deshalb um Nachsicht, wenn der geneigte Leser den gekonnten Spannungsaufbau verbunden mit literarisch hochwertigen Formulierungen vermisst. Sicherlich reiche ich nicht ansatzweise an die geschliffene Formulierungskunst der großen deutschsprachigen Dichter und Literaten heran.

Es war zu entscheiden, wie historisch-authentisch die Sprache und die Bezeichnungen im Roman verwendet würden. Die Namen von Personen und von Ortschaften habe ich meist so benutzt, wie sie tatsächlich im Mittelalter vorkamen. Das war eine gehörige Recherchearbeit.

Gerade bei Orten ist die Verwendung ihres früheren Namens für dieses Buch unumgänglich, da es ja als Kerngedanken beschreiben soll, warum Beendorf damals etwas anders hieß, nämlich Banenthorpe. Und so habe ich konsequent alle anderen Orte ebenfalls mit ihren mittelalterlichen Namen versehen, soweit sie für mich recherchierbar waren. Dabei ist noch zu bemerken, dass Namen damals so aufgeschrieben wurden, wie es dem Schreiber gerade in seine Ohren drang. Es gab keine geregelte Schriftsprache. Und so wechselte oft von Dokument zu Dokument die Schreibweise der Personen- und Ortsnamen. Andererseits habe ich darauf verzichtet, die Redeweise der handelnden Figuren so zu verwenden, wie es im Mittelalter üblich war. Das hätte einen Roman auf Mittelhochdeutsch hervorgebracht. Dies kann ich nicht und wenn, wäre er sicherlich nicht ohne Weiteres lesbar gewesen.

Auch die Redeweise, die Darsteller und Gaukler auf Mittelalter-Märkten oft benutzen, habe ich nicht verwendet. Sie ist meist nicht überliefert und soll wahrscheinlich eine Authentizität erzeugen, die oft gar nicht gegeben ist. So war der Kompromiss unvermeidlich, unser heutiges Hochdeutsch und unsere heutige Redeweise zu verwenden.

Karte der Umgebung des Lappwaldes mit mittelalterlichen Ortsbezeichnungen

Nun ist mein erstes Buch auch in der zweiten Auflage fertig! Die auffälligste Veränderung zur 1. Auflage ist, dass es nunmehr farbigen Abbildungen enthält. Einige davon sind auch neu erstellt. Darüber hinaus habe ich einige Formulierungen verbessert. Da es inzwischen einen zweiten Band mit dem Untertitel „Beendorf Saga Teil II“ gibt, hat dieses Buch konsequenterweise denselben Untertitel, allerdings „… Teil I“ erhalten.

Ich möchte mit den Büchern der Beendorf Saga Anregungen geben, sich mit der beeindruckenden Vergangenheit unserer näheren Heimat zu beschäftigen und vor allem uns Beendorfern einen fiktiven Urvater liefern, an den wir uns anlehnen und von dem wir das Bewusstsein ableiten können, was für ein tolles Dorf wir doch eigentlich sind.

Hartmut Schulze, Mai 2017/Januar 2020

1 Lehrer und Historiker aus Beendorf, 1879 – 1961

2 Urkunde der Abtei Werden über Erhebungen des Klosters St. Liudgeri vor Helmstedt

Einleitung

Mitte des 11. Jahrhunderts gab es entlang des Flüsschens Aller mehrere sächsische Ansiedlungen. In ihnen wohnte in der Regel jeweils ein Familienclan. Die Gegend östlich des kleinen Höhenzuges, der Lappwald genannt wird, teilten sich mehrere Grafschaften. Diese waren Bestandteile des Herzogtums Sachsen. Immer häufiger drangen auch slawische Siedler von der Ostseite der Elbe bis an die Aller vor. Gleiches vollzog sich in umgekehrter Richtung. Sächsische Siedler waren immer öfter im eigentlich westslawischen Siedlungsraum zwischen Magdeburg und Brandenburg zu finden.

Das damalige Sachsen war weitgehend identisch mit dem Bundesland Niedersachsen, einem Teil Nordrhein-Westfalens und dem westlichen Sachsen-Anhalt, hatte jedoch nichts zu tun mit dem heutigen Freistaat Sachsen um Dresden, Leipzig und Chemnitz.

Solange die Vermischungen zwischen Deutschen und Slawen langsam und friedlich stattfanden, war das alles in Ordnung. Leider gab es aber immer wieder kleinere Fehden, bei denen es sich meist um Streitigkeiten um Besitztümer drehte. Das fand übrigens auch zwischen sächsischen Clans und zwischen slawischen Sippen untereinander statt.

Überlagert wurden diese mehr oder weniger kleinen Geschehnisse von großpolitischen Konflikten, bei denen die Deutschen Könige versuchten, die Christianisierung der Slawengebiete durchzusetzen. Im Gegenzug waren einige slawische Herrscher bestrebt, das Christentum nicht in die Köpfe ihrer Untergebenen eindringen zu lassen bzw. diejenigen, die sich Christen nannten, zu vertreiben oder zu vernichten.

Das Ganze war ein komplexes Gewirr von Interessen, Machtansprüchen und religiösen Dogmen. Vor allem auf Seiten der deutschstämmigen Gruppierungen gab es wechselnde Koalitionen. Mal kämpften die sächsischen Fürsten und Bischöfe gemeinsam mit dem König bzw. Kaiser gegen die Slawen, ein andermal bekriegten sich die Sachsen, die Schwaben, die Bayern oder andere Volksgruppen mit dem König. Darüber hinaus verbündeten sich mitunter sächsische und slawische Fürsten gemeinsam entweder gegen den Deutschen König oder gegen den obersten Polenherzog. Das komplexe Geschehen wurde noch dadurch gesteigert, dass sich weltliche Fürsten und kirchliche Würdenträger darüber stritten, wer wem gegenüber das Sagen hatte.

Deutschland um 1100

Leidtragende waren wie immer die Krieger auf allen Seiten, die nicht wussten, wer eigentlich Freund oder Feind war, und es waren vor allem die kleinen Siedler in den Kriegsgebieten, die von marodierenden Soldaten ausgeplündert und vergewaltigt oder von den einzelnen Befehlshabern nach Gutdünken zum Kriegsdienst gezwungen wurden.

Die Grafen von Waldbeke3

Waldbeke, August 1074

Die Aller durchfließt östlich des Lappwaldes ein Tal, das sich wegen der geschützten Lage geradezu zum Wohnen anbietet. Vom Lappwald sprudelten kleine Bäche herunter ins Allertal. Hier siedelten mehrere sächsische Familien, deren Hütten meist wenige hundert Meter voneinander entfernt anzutreffen waren. Oben auf dem Hagen von Waldbeke befanden sich die Reste der Burg der zugehörigen Grafschaft. Seit Mitte des 10. Jahrhunderts existierte das Geschlecht derer von Waldbeke, begründet von Lothar I., der im Jahre 930 starb. Es erlangte seine größte Bedeutung unter Lothar dem IV. Dessen Herrschaft erstreckte sich vom Nordthüringau4 bis zur Nordmark5. Im Jahre 1033 fiel Lothar der IV. von Waldbeke im Kampf gegen die Liutizen, einen slawischen Stamm, der nordöstlich der Elbe siedelte.

Das Waldbeke’sche Grafengeschlecht hatte mit dem Tod Lothars des IV. seine frühere Bedeutung in Ostsachsen verloren. Sein Sohn Lothar der V. trug zwar noch den Titel eines Grafen von Waldbeke, die Besitztümer gingen jedoch nach und nach an andere Geschlechter über. Nur die Stiftskirche, die Lothar II. von Waldbeke hatte bauen lassen, ragte noch hoch oben auf dem Hagen über dem Tal der Aller.

Neben der Stiftskirche bewohnte Lothar der V. ein paar aus Stein gemauerte Räumlichkeiten. Die sächsischen Familien, die entlang der Aller siedelten, waren die letzten Untertanen, die er zu seinem Herrschaftsbereich zählen konnte.

Sein Sohn Siegfried konnte es nicht überwinden, dass das stolze Geschlecht der Grafen von Waldbeke so heruntergekommen war. Er nahm es seinem Vater übel, dass dieser sich nicht genug dafür einsetzte, dass die früher zur Grafschaft Waldbeke gehörenden Besitzungen an das Waldbeke’sche Geschlecht zurückkamen. Äußeres Zeichen des Desinteresses seines Vaters an der Waldbeke’schen Grafenlinie war für ihn, dass dieser ihn nicht wie alle männlichen Vorfahren ebenfalls Lothar genannt hatte.

Mittelalterliche Stiftskirche von Waldbeke (Fotomontage)

Wegen dieses Streits hatte Siegfried verzichtet, oben auf dem Hagen zu wohnen. Unmittelbar an der Mündung des kleinen, aus dem Lappwald kommenden Baches Riole in die Aller befand sich die aus stabilen Balken errichtete Hütte Siegfrieds und seiner Familie. Dazu gehörten seine Frau Elen und die beiden vierzehnjährigen Zwillinge Irma und Barba. In seiner Hütte waren hinter einer dünnen Zwischenwand außerdem zwei Ziegen und ein Schwein untergebracht.

Elen war hochschwanger, und Siegfried hoffte, dass sein nächstes Kind ein Sohn würde. Es war klar, dass er diesen Sohn Lothar nennen würde und damit die alte Tradition derer von Waldbeke wieder neu aufleben ließ. Und genauso klar war für Siegfried, dass sein Sohn Lothar VI. von Waldbeke mit seiner Unterstützung die Grafschaft von Waldbeke aus ihrem Schlummerzustand holen würde.

Obwohl Siegfried seinem Vater nicht sehr wohlgesonnen war, unterstützten sie sich bei den wenigen Obliegenheiten, die ihr kleines Besitztum erforderte. An einem sonnigen Nachmittag im August saßen Vater und Sohn vor Siegfrieds Hütte und besprachen ein paar wichtige Angelegenheiten. Auch Lothars Frau war vom Hagen heruntergekommen und beschäftigte sich mit den beiden Mädchen.

Elen war den Bachlauf entlang in Richtung Lappwald gegangen und hatte eine gehörige Portion Pilze gesammelt. Sie setzte sich auf einen dort liegenden Baumstamm, legte eine Hand auf ihren Bauch und lauschte den Bewegungen ihres Kindes. Sie schaute ins Tal, wo friedlich die Aller dahinfloss und wo Graf Lothar der V. und sein Sohn Siegfried vor der Hütte saßen.

Da drangen auf einmal Schreie aus südlicher Richtung an Elens Ohr. Das musste von der benachbarten Ansiedlung kommen. Auch Lothar und Siegfried schauten in die Richtung, aus der der Lärm kam. Elen sah, wie die beiden Männer aufgeregt in Siegfrieds Hütte liefen und auch die beiden Zwillinge und Lothars Frau hineindrängten.

Und dann nahm Elen das Unheil wahr. Die Hütte ihrer Nachbarn brannte lichterloh, und von dort näherten sich etwa fünfzehn Männer dem Anwesen. Es war unübersehbar, dass sie kriegerische Absichten hatten. Sie trugen Lanzen und Schwerter, einige waren auch mit Pfeil und Bogen ausgerüstet. Elen durchfuhr der Schreck, ihr Herz schlug bis zum Hals, und schnell versteckte sie sich im Buschwerk. Jetzt erkannte sie an der Kleidung der Männer, dass es Slawen waren. Sie befanden sich wahrscheinlich auf Raubzug, und die Überzahl der Männer gegenüber ihrer Familie da unten im Tal ließ ihr sofort klarwerden, dass es keine Chance gegen die Slawen gab.

Jetzt erreichten die ersten Angreifer die Hütte und schlugen gegen die Holztür, hinter der sich Siegfried und die anderen befanden. Sie sah, wie Lothar aus der Hütte trat und vor den Angreifern auf die Knie fiel. Ein etwas edler gekleideter Slawe, wahrscheinlich der Anführer, richtete die Spitze seines Schwertes auf Lothars Brust und brüllte irgendetwas. Wenige Augenblicke später bohrte sich sein Schwert in die Brust des Grafen von Waldbeke, und Elens Schwiegervater fiel blutüberströmt vornüber. Zwei andere Slawen fesselten Siegfried und zogen ihn mit sich fort. Da drangen aus der Hütte die Schreie von Lothars Frau und den beiden Töchtern. Die Schreie erstarben kurz darauf. Dann zerrten zwei Männer die beiden Mädchen aus der Hütte. Die anderen Angreifer hatten Stricke um die Hälse der Ziegen gebunden und führten sie mit sich fort in Richtung des Waldes, an dessen Rand sich Elen versteckt hatte.

Das Ganze hatte etwa eine Viertelstunde gedauert, da waren die Slawen mit dem gefesselten Siegfried und den Ziegen verschwunden. Nur der Anführer und ein weiterer Mann waren noch bei Irma und Barba. Die Männer zogen ihre Hosen aus und rissen den Mädchen die Kleider vom Leibe. Mit entblößten Genitalien packte sich jeder ein Mädchen.

Elen zitterte am ganzen Leibe. Es riss sie hin und her. Sie wollte zu ihrer Hütte rennen und ihren beiden Mädchen beistehen. Gleichzeitig war ein starker Wille in ihr, das Leben ihres Kindes in ihrem Leib zu retten. Die Stimmen der anderen dem Wald näherkommenden Slawen waren schon zu hören. Was sollte Elen tun?

Der ekelhafte Anblick der Männer mit nacktem Unterleib war das letzte, was Elen von ihrem Heim und ihren beiden Töchtern sah. Sie hetzte davon in Richtung Lappwald, stürzte mehrfach hin, rappelte sich wieder auf, bis sie keinen Atem mehr hatte und schluchzend im Wald liegen blieb.

Langsam brach der Abend herein, und um sie herum entstanden Geräusche vom Wind in den Bäumen und von den Tieren des Waldes. Bei jedem Laut zuckte Elen zusammen in Sorge, es könnten die Slawen sein, die ihre Familie ausgelöscht, ihre beiden Töchter vergewaltigt hatten und es nun auch auf sie und ihr Kind in ihrem Leib abgesehen hätten.

Sie zwang sich, wieder hochzustehen. Immer weiter lief Elen, ohne zu wissen wohin. Vielleicht lief sie auch im Kreise, sie wusste es nicht. Oft fiel sie hin oder kroch auf allen Vieren. Schließlich blieb sie liegen und schlief völlig erschöpft ein.

Elen erwachte von starken Schmerzen im Unterleib. Als sie in ihren Schritt fasste, war es dort ganz nass. Sie kannte die Anzeichen, mit denen sich eine Geburt ankündigt, und genau das spürte sie jetzt, ganz allein, mitten im Lappwald. Der Angstschweiß trat ihr auf die Stirn, getrieben von den schrecklichen Bildern des Slawenüberfalls in ihrem Kopf und getrieben von der Ungewissheit der bevorstehenden Geburt. Die Schmerzen kamen immer wieder. Elen biss sich die Lippen wund, weil sie unbedingt jeden Laut unterdrücken wollte. Sie wickelte den Stoff ab, der wie eine Hose ihren Unterleib umhüllt hatte, kniete sich auf den Boden, spreizte die Beine und versuchte, mit aller Kraft die Leibesfrucht aus ihrem Körper zu drücken. Elen hatte alles Zeitgefühl verloren. Ihre Qualen zogen sich lange hin. Immer wieder überfielen sie die krampfhaften Schmerzen. Sie mischten sich mit den Schmerzen, die das Kind durch das Ausdehnen des Geburtsganges verursachte. Elen hatte ein Stück ihres Hemdes im Mund und biss darauf, um lautes Schreien und Stöhnen zu vermeiden. Nach wahrscheinlich mehreren Stunden gelang es endlich: Ihr Kind rutschte langsam vorwärts, so dass sein Kopf erschien. Die Schmerzen waren unerträglich. Elen griff zum Kopf des Kindes und zog es endgültig aus ihrem Körper. Das Baby schrie, als es auf den Waldboden glitt.

Das Kind lebte, ja Elens Kind lebte, war in diese Welt voller Grausamkeiten geboren mitten im Lappwald ohne fürsorgliche Hilfe, ganz allein von seiner Mutter entbunden.

Im Osten ging langsam die Sonne auf. Es kündigte sich ein schöner Augusttag an, aber Elen verließ die Kraft. Die Ereignisse und die körperlichen Anstrengungen waren zu viel. Sie überkam ein ohnmächtiger Schlaf.

Elen wachte durch das Schreien ihres kleinen Sohnes auf. Das Baby war noch mit der Nabelschnur mit ihr verbunden. Elen hatte für das Pilzesuchen ein Bronzemesser mitgenommen. Mit dessen scharfer Kante schnitt sie die Nabelschnur durch. Dann spürte Elen neue Krämpfe, die dazu führten, dass sich die Nachgeburt löste und aus ihrem Körper quoll.

Die junge Mutter war körperlich immer noch sehr schwach, aber auch ihr Kopf war durch die Ereignisse seit gestern völlig verwirrt. Was sollte ihr Sohn in dieser Welt? Wo war sein Vater, wo war Siegfried? Er hatte sich so sehr diesen Sohn gewünscht, und jetzt war er geboren, Lothar VI. von Waldbeke.

Mit trostlosem Blick legte sie das Baby an ihre Brust. Dieser kleine Junge sollte eigentlich das Grafengeschlecht wieder stark machen, und nun war er mitten im Wald heimatlos geboren. Nur Angst und Wut waren in ihr, Angst vor den grausamen Slawen, Angst vor ihrer Zukunft und der ihres Sohnes und Wut über die ungerechte Welt. Wohin hatten die Slawen ihren Siegfried geschleppt? Lebte er noch? Was wurde aus Irma und Barba? Hatten die Slawen die beiden Mädchen auch umgebracht, nachdem sie sie vergewaltigt hatten?

Elen knotete das Band an ihrem Handgelenk auf und legte es ihrem Sohn an. Das Band bestand aus mehreren geflochtenen Lederstreifen und einem kleinen Bronzeplättchen mit einem eingeprägten „W“ für „Waldbeke“. Das „W“ hatte an den oberen und unteren Spitzen je einen kleinen Querbalken. Siegfried hatte es hergestellt und ihr zum Zeichen, dass sie zu seinem Adelsgeschlecht gehörte, geschenkt.

Sie wickelte ihren Sohn in etwas Stoff und legte ihn zu Boden. Dann stand sie auf, torkelte aus dem Wald heraus und blinzelte in die Sonne. Sie merkte zwar, dass sie körperlich sehr geschwächt war, was sie nicht merkte, war ihre geistige Verwirrung. Die Geschehnisse hatten ihre Spuren in ihrem Kopf hinterlassen. Der sonnige Morgen ist doch nur Kulisse. Wie grausam die Welt ist, hat sie gestern gesehen. Immer noch ließ sie das Bild der beiden Slawen nicht los, die sich halbnackt auf die beiden Zwillinge stürzten. Elen war sich sicher, dass auch sie verfolgt würde.

Und da, auf einmal! Was war das? Die Slawen! Sie sind da!

Das ist kein Trugbild in ihrem verwirrten Kopf. Einer der beiden Vergewaltiger lief da mit entblößtem Unterleib etwa hundert Meter entfernt und kam die Anhöhe hoch in ihre Richtung. Elen wurde völlig hektisch, in ihrem Kopf drehte sich alles. Die Angst vervielfachte sich, ein Schauer lief über ihren Rücken. Elen vergaß ihr Neugeborenes, duckte sich und kroch und rannte fort. Nur fort! Sie lief zurück in den Wald, da wurde ihr plötzlich schwarz vor Augen.

Elen stürzte eine Böschung hinab, rollte ein paar Mal um ihre eigene Achse und blieb auf dem Rücken liegen. Alles verschwamm ineinander, sie flüsterte mit leiser Stimme „Lothar“ und langsam wurde es dunkel um sie herum ...

3 Heute Walbeck. Waldbeke bedeutet Waldbach, damit ist der aus dem Lappwald kommende Bach Riole gemeint. Das Grafengeschlecht von Walbeck existierte etwa so, wie im Roman beschrieben. Die Art und Weise des Todes des letzten Walbecker Grafen Lothar des V. im Roman ist reine Fiktion.

4 entspricht etwa dem heutigen Landkreis Börde in Sachsen-Anhalt

5 Gebiet zwischen Elbe im Westen und Oder im Osten bzw. der Mecklenburger Seenplatte im Norden und Berlin im Süden.

Der Deutsche König und die Sachsen

Deutsches Reich, Supplinburg6, 1074

Die Erziehung Heinrichs des IV.7 war ein einziges Trauerspiel. Schon als Kind erbte er durch den Tod seines Vaters im Jahre 1053 den Thron und wurde mit sechs Jahren Römisch-Deutscher König. Von Anfang an wurde ihm eingebläut, seine Herrschaft sei vor allem im Gottesgnadentum begründet und damit unantastbar.

Die unterschiedlichsten Fürsten und Bischöfe versuchten, Einfluss beim kindlichen König und seiner Mutter Agnes zu bekommen, um Vorteile für sich und ihre eigene Herrschaft zu erzielen. Der Bischof von Augsburg ging sogar soweit, dass er ein Liebesverhältnis mit Agnes einging. Andere Fürsten fürchteten um ihren Einfluss und klagten den Bischof der unzüchtigen Liebe und unsittlichen Verkehrs an.

Sie steigerten ihre Versuche, Agnes und den Bischof zu entmachten, indem sie Heinrich mit einem Schiff auf dem Rhein entführten. Dadurch bekam wiederum der Erzbischof von Coellen8 die Verfügungsgewalt über den minderjährigen König, die er mit äußerster Strenge zum Vorteile seiner Diözese ausnutzte.

Als Heinrich im Jahre 1065 als Zeichen rechtlicher Mündigkeit und politischer Handlungsfähigkeit endlich die sogenannte Schwertleite empfing, wollte der junge König als erstes auf den Erzbischof von Köln losgehen und seinen bisherigen Erzieher und Peiniger erschlagen. Nur mit Mühe konnte dies verhindert werden.

Die Unzucht seiner Mutter mit dem Bischof von Augsburg hatte offensichtlich auch Einfluss auf Heinrichs eigenes Liebesleben. Er heiratete Bertha von Turin, fachte Intrigen gegen seine Frau an und erfand Indizien für einen Ehebruch. Es kam soweit, dass Bertha den König von ihren Bediensteten mit Stuhlbeinen und Stöcken verprügeln ließ.

Die von seinem Vater vererbte Herrschsucht wurde durch das Gezerre während Heinrichs Erziehung mit einer gewissen Orientierungslosigkeit und ständigen Kränkungen gekoppelt. Dazu kam das eiserne Bewusstsein, uneingeschränkter gottgewollter Machtfülle. So waren alle Voraussetzungen für einen despotischen, ungerechten und uneinsichtigen Herrscher gegeben.

Dementsprechend umgab er sich mit Beratern, die ähnliche Eigenschaften hatten. Einer der wichtigsten Einflussnehmer war der ehrgeizige Bischof von Bremun9-Hamborc10. Er pflanzte in Heinrich den Hass auf die sächsischen Fürsten ein, die des Bischofs eigenen Machtbereich zu bedrohen schienen. War dessen Papst-Kandidatur schon gescheitert, so wollte er zumindest Norddeutschland uneingeschränkt beherrschen.

König Heinrich der IV. hatte sich Anfang der 1070er Jahre im Harz festgesetzt, um den aufmüpfigen Sachsenfürsten mit seiner Anwesenheit zu zeigen, wer der Herr im Reiche ist.

Heinrich hielt Magnus, den Sohn von Herzog Ornulf von Sachsen auf der Harzburg gefangen und versuchte, auf diese Weise den Herzog zum Verzicht auf sein Stammesherzogtum zu erpressen. Selbst als Ornulf 1072 starb und Magnus nun Herzog von Sachsen war, ließ ihn Heinrich der IV. nicht frei.

Heinrich ließ mehrere Burgen bauen, und die von ihm eingesetzten meist schwäbischen Ritter bedienten sich auf brutale Weise bei den umliegenden Gütern und schürten damit den Hass der sächsischen Adligen und der einfachen Leute auf alles, was irgendwie mit dem Geschlecht der Salier, zu denen Heinrich der IV. gehörte, zu tun hatte.

Im Januar 1074 schafften es die sächsischen Fürsten allerdings allein durch die Anwesenheit einer großen Streitmacht, Heinrich aus dem Harz zu vertreiben und Magnus zu befreien. Daraufhin musste sich König Heinrich der IV. Verhandlungen mit den Sachsenfürsten beugen, bei denen diese erreichten, dass Heinrich auf die sächsischen Gebiete im Harz verzichtete. Heinrich musste auch die dort erst vor wenigen Jahren errichteten Burgen aufgeben.

Im Februar 1074 kehrte Magnus gemeinsam mit anderen sächsischen Adligen sowie ihrer zum großen Teil aus Bauern bestehenden Streitmacht von diesen erfolgreichen Verhandlungen nach Ostfalia zurück.

Heinrich der IV.11

Mit Magnus ritt auch Gebhard von Supplinburg12. Bevor Herzog Magnus von den Verhandlungen aus dem Thüringischen zu seinem Sitz nach Lunenburg13 weiterzog, lud ihn Gebhard auf seine Supplinburg ein, um ein paar Tage zu verschnaufen. Außerdem konnte Magnus seine Stiefschwester Hedwig, die Ehefrau von Gebhard, mal wiedersehen.

Die Fürsten ließen es sich in der Supplinburg gutgehen, feierten Feste wegen des errungenen Erfolges gegen König Heinrich der IV. und schmiedeten Pläne, wie der Bund der sächsischen Adligen weiter gefestigt werden könnte.

Es war inzwischen März geworden, da erreichte sie die Nachricht von Boten, dass Bauern die von Heinrich dem IV. aufgegebene Harzburg plünderten und bis auf die Grundmauern zerstörten. Das größte Problem dabei war jedoch, dass sie das dort befindliche Grab von einem früh verstorbenen Sohn Heinrichs schändeten. Herzog Magnus von Sachsen und Graf Gebhard von Supplinburg war sofort klar, dass König Heinrich diese Schande nicht auf sich sitzen lassen würde.

Und so drohte dem Sachsenland neues Ungemach mit dem feindlich gesonnenen König.

6 Süpplingenburg

7 Heinrich der IV., Deutscher König und später Römisch-Deutscher Kaiser. Die im Roman beschriebenen Handlungen um Heinrich sind ausnahmslos so überliefert.

8 Köln

9 Bremen

10 Hamburg

11 Darstellung Heinrichs des IV. in der Chronik des Ekkehard von Aura um 1112/14

12 Süpplingenburg

13 Lüneburg

Der Bauer am Lappwald

Supplinburg, August 1074

Der Bauer Veyt war dabei, die Haferpflanzen von seinem kleinen Acker mit einer Sichel abzuernten. Das Feld lag am westlichen Rand des Lappwaldes. Die Pflanzen waren nicht sehr kräftig und brachten nur mäßigen Ertrag. Zudem musste Veyt genau den richtigen Zeitpunkt abpassen. Wenn er ein paar Tage zu spät an das Abschneiden der Rispen ging, hatten die Vögel schon viele Körner vertilgt. Immerhin war sowieso nur etwa die Hälfte der Ernte für ihn und seine Familie verwendbar. Den anderen Teil beanspruchten Graf Gebhard und dessen Hof.

Mit der Abgabe der halben Ernte an die Herrschaften von Supplinburg war Veyt noch gut dran. Andere Adelsfamilien forderten deutlich mehr von ihren Untertanen. Trotzdem reichten die Produkte seiner kleinen Ackerstücke mehr schlecht als recht für Veyt, seine Frau Gerlin und die vier Kinder. Darüber hinaus hatte er eine Sau und eine Ziege, die sich aber größtenteils selbst ernähren mussten. Dazu pflockte er sie rund um die Hütte an, wo sie das fraßen, was der Boden so sprießen ließ. Gott sei Dank war das Tal, in dem seine Familie wohnte und durch das die Schunter floss, sehr fruchtbar.

Gebückt ging Veyt Schritt für Schritt vorwärts, schnitt die Haferrispen ab und steckte sie in seinen Kittel, in dessen unteren Saum er einen Strick gebunden und um seinen Nacken gelegt hatte. So bildete sich ein Beutel, und wenn er voll war, schüttete er den Inhalt auf einen Haufen, der auf einem großen Leinentuch lag. Sein hochgeschürzter Kittel ließ seinen Unterleib frei. Veyts einzige Hose war für den Winter vorbehalten. Jetzt im Spätsommer trug er nichts unter dem Kittel. Aber so allein auf dem Feld störte es niemanden, wenn er sein Gemächt so offen zur Schau stellte.

Es war ein schöner Spätsommertag, die Vögel zwitscherten und die Grillen zirpten. Friedlich lag das Schuntertal westlich vom Lappwald. Wenn er alleine so vor sich hinarbeitete, hatte er sich angewöhnt, mit sich selbst und mit den ihn umgebenden Sachen zu sprechen. Nicht dass er womöglich nicht ganz richtig im Kopf wäre, aber so schaffte er sich selbst ein wenig Kurzweil bei der eintönigen Arbeit.

„Gerlin, du nichtsnutziges Weib, willst du nicht dein kleines Balg beruhigen?“

Das an sein Ohr dringende Quaken eines Entenpärchens klang wirklich wie sein jüngster Sohn Lentz in der primitiven Wiege. Veyt getraute sich nur so grob mit Gerlin zu reden, wenn seine Frau nicht bei ihm war. Ansonsten hatten die beiden ein sehr liebes und respektvolles Verhältnis miteinander. Aber tief in ihm war trotzdem etwas Frust über sein Weib Gerlin, den er rausließ, wenn er alleine seine Selbstgespräche führte.

„Los, gib ihm eine deiner Titten hin, vielleicht beruhigt ihn das Nuckeln.“

Veyt richtete sich auf und drückte stöhnend den Rücken durch.

„Ich muss ja auch zufrieden sein, wenn mich mein Fleisch dazu drängt, mich auf dich zu wälzen und dir mein Äußerstes zu schenken, aber du mich ständig abwehrst.“

Seit Lentz, der jüngste Spross, geboren war, war Gerlin immer abweisender zu Veyt. Einerseits waren die anderen Kinder in einem Alter, in dem sie flüsternd und kichernd reagierten, wenn sich ihre Eltern in der gemeinsamen Schlafecke ihrer Hütte keuchend miteinander vergnügten. Andererseits wollte Gerlin kein weiteres Kind. Sie schafften es gerade so, die Familie zu ernähren.

Gerlin war durchaus eine schöne Frau für ihr Alter. Die harte Arbeit als Bauersfrau hatte zwar Spuren hinterlassen, aber auch heute nach vier Kindern und als Mittdreißigerin war sie für ihren Mann begehrenswert. Veyt dachte an Gerlins frauliche Rundungen, an ihr langes dunkelblondes Haar, an ihre muskulösen aber zugleich zarten Arme, von denen er sich so gern im Augenblick höchster Wollust kräftig auf Gerlin pressen ließ.

Veyt richtete sich wieder auf und griff genüsslich an die männlichste Stelle seines Körpers.

„Ach Gerlin, du verdammtes Stück Weib! Heute Nacht lasse ich mich nicht abweisen.“

Wieder quakte das Entenpärchen. Es mussten Stockenten sein.

„Ja, ihr habt es gut, vögelt zu jeder Tages- und Nachtzeit. Quakt nur zu, bald wird in meiner Hütte auch gequakt!“