Beowulf - Karl Simrock - E-Book

Beowulf E-Book

Karl Simrock

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Beschreibung

Das altenglische Heldenepos erzählt von dem jungen Helden Beowulf, der mit seinen Gefährten dem dänischen König, der durch einen Troll bedroht wird, zu Hilfe eilt. Beowulf kann den Troll besiegen, muss sich dann auch noch gegen dessen Mutter durchsetzen und wird anschließend als Held gefeiert und für sein Heldentum reich belohnt. Im zweiten Teil des Epos blickt der greise Beowulf auf sein Königtum zurück, wird jedoch in seiner Retrospektive gestört durch einen Drachen, den es zu überwinden gilt. Wieder versammelt er seine Gefährten, wieder ist er siegreich. Aber der Preis des Sieges ist hoch.

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Seitenzahl: 205

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Inhaltsverzeichnis

Vorrede.

Grendel.

1. Heorot.

2. Grendel.

3. Beowulf.

4. Der Buchtwart.

5. Wulfgar.

6. Begrüßung.

7. Ecgtheow.

8. Hunferd.

9. Wealchtheow.

10. Gelfspruch

1

11. Nächtlicher Kampf.

12. Arm und Achsel.

13. Siegmund und Fitela.

14. Danksagung.

15. Gabenspende.

16. Hildeburg.

Der Ueberfall in Finnsburg.

17. Hengest.

18. Der Könige Gaben.

Grendels Mutter.

20. Das Moor.

21. Hrunting.

22. Der Meersaal.

23. Grendels Haupt.

24. Heremod.

25. Betrachtungen.

26. Abschied.

27. Hygd und Offa.

28. Freaware.

29. Ingeld.

30. Hygelak.

Der Drachenkampf.

32. Heardred.

33. Hredel.

34. Beginn des Kampfes.

35. Wiglaf.

36. Der Wurm gefällt.

37. Beowulfs Tod.

38. Der Verzagten Verfehmung.

39. Ongentheow.

40. Wulf und Eofur.

41. Bestattung.

42. Leichenbrand und Todtenmal.

Erläuterungen.

2. Germanisches Heldenleben.

3. Hygd und Offa.

4. Scild Scefing.

5. Beaw und Heremod.

6. Beowulf.

7. Hygelak.

8. Brosinga mene.

9. Sigmund.

10. Finnsburg.

11. Ongentheow und Hädkynn.

12. Mythische Deutung.

13. Poetischer Werth.

1 Unter Gelfspruch im weitesten Sinne versteht das Gedicht jede Ruhmrede z. B. 14, 57; hier aber im engern nur eine solche, welche unmittelbar vor der rühmlichen That sich zu ihr erbietet. Die Erbotworte 25, 21 bedeuten ganz dasselbe. Auch im Waltharius begegnet eine Ruhmrede vor dem Kampfe und der christliche Dichter hat das Bewustsein, daß die Sitte heidnisch ist, denn er läßt seinen Helden sogleich zur Erde fallen und Gott die stolzen Worte abbitten. Wahrscheinlich geht der Gebrauch auf die Gelübde zurück, welche die Heiden nach Helgakw. I auf den Juleber ablegten. Allerdings musten diese Verheißungen nicht sogleich, aber doch innerhalb des eben anbrechenden Jahres erfüllt werden. Wie im Norden auf das Eberhaupt, so wird im Hugschapler auf den Pfau ein Gelübde abgelegt, dessen Erfüllung kaum über Nacht hinausgeschoben bleibt. Auch in Gedichten des Kerlingischen Kreises begegnet die Sitte solcher Ruhmreden und das von Kaiser Karl im Morgenlande (Charlemagne, an anglonorman poem published by Fr. Michel, London 1836) bewegt sich ganz um dieselbe. .

Vorrede.

Daß der Beowulf, obwohl in angelsächsischer Sprache überliefert, doch seiner Grundlage nach ein deutsches Gedicht sei, ist schon von Andern ausgesprochen worden. Die beigegebenen Erläuterungen gehen überdieß noch auf den Nachweis aus, daß der Mythus ein deutscher ist, der noch vielfache Spuren bei uns hinterlaßen hat. Um so mehr lag es mir am Herzen, das Gedicht unserer Sprache wieder anzueignen. Wir besitzen zwar schon zwei höchst verdienstvolle Uebersetzungen desselben, und die jüngste von Grein (Dichtungen der Angelsachsen, 1. Bd., Göttingen, Georg H. Wigand 1857), der ich mich noch mehr als der Ettmüller'schen (Zürich 1840) verpflichtet bekenne, verdient in vollem Maße das Lob, das ihr wie dem ganzen Werke der berufenste Richter, Prof. Dietrich in Marburg gezollt hat. Gleichwohl schien mir eine dritte nicht überflüßig, die sich an ein größeres Publikum wendete, und ohne mit jenen in wörtlicher Uebertragung wetteifern zu wollen, mehr auf eine poetische Wiedergeburt des alten Gedichtes ausgienge. Geist und Stimmung einer fernen Heldenzeit anklingen zu laßen, und doch dem Ausdruck die frische Farbe des Lebens zu verleihen und der Rede die ungezwungene Bewegung, vor Allem aber den Wohllaut, der echter Poesie unzertrennlich verbunden ist, das schien mir die erste Bedingung, damit der Leser, ohne bei jedem dritten Worte einer Note zu bedürfen, den Sinn ahne und von der Schönheit des Gedichts ergriffen von Blatt zu Blatt getragen werde. Nur so glaubte ich eine tausendjährige Kluft überbrücken und dieser mit Angeln und Sachsen ausgewanderten Dichtung neues Heimatsrecht bei uns erwerben zu können.

Wenn ich diesem Ziele nicht näher gekommen bin als meine Vorgänger, so lag es gewiss nur an meinem Ungeschick, nicht daran, daß das uralte Lied uns zu ferne steht, und erst noch anderer Vermittlung bedarf, oder daß der Schmuck der Alliteration, wie man wohl gesagt hat, zu schwach ist, um diesen Langzeilen in unsern durch den Reim verwöhnten Ohren Reiz zu verleihen. Schon an mehr als Einem habe ich die gewaltige Wirkung dieser Poesie und die ungeschwächte Kraft des Stabreims erprobt.

Es ist wahr, daß sie um so stärker wirkt, je mehr man sich gewöhnt, auf den Einklang zu achten; aber auch das ganz unbefangene Ohr entzieht sich ihrem Zauber nicht ganz. Dasselbe würde mit dem Reime der Fall sein, nur daß es da schwerer ist, den Versuch anzustellen, weil ganz Unbefangene kaum noch zu finden sind.

Die Abschnitte, in welche das Gedicht wie die Nibelungen in Abenteuer zerlegt ist, habe ich im Ganzen, mit berichtigter Zählung beibehalten, und mit Ueberschriften versehen; die Grenzen zwischen den Abschnitten aber passender zu bestimmen gesucht.

Grendel.

Schild der Schefing.1

Wie Großes hören wir von den Geerdänen2

Den Volksfürsten aus der Vorzeit Tagen,

Wie diese Edlinge sich eifrig erprobten!

So hat Schild der Schefing mit schädlichen Rotten

Mancher Sippschaft die Methbänk entrißen,

Der gefürchtete Fürst, der in frühster Jugend

Entblößt herbeitrieb; doch bald ward ihm Ersatz:

Er wuchs unter Wolken an Würde gedeihend

Bis ihm die Umsitzenden allzumal

Zu Willen wurden über der Wallfische Bahn

Und Gülte gaben: das war ein guter König!

Dem ward ein Sprößling später geboren,3

Im Gadem jung, den Gott aussendete

Einem Volk zum Troste. Er sah die furchtbare Noth,

Die es lange gelitten, denn leider konnt ihm

Sein König nicht helfen: da gab der Herr des Lebens

Der aller Wunder waltet, ihm weltliche Ehre.

Berühmt ward Beowulf: der Ruf drang weithin

Des Nachkommen Schilds in den Scheidelanden4

So soll ein Kriegsfürst die Kleinode brauchen

Zu vollen Festgaben an des Vaters Busen schon,

Daß ihm im Alter dereinst verbleiben

Frohe Gefährten, und wenn Fehde sich hebt,

Ihn Leute geleiten. Mit Lobthaten mag

Ein Jüngling gedeihen in jeder Sippe.

Schild aber schied zur Schicksalstunde:

Viel versucht fuhr er in den Frieden Gottes.

Da brachten alsbald ihn ans brandende Ufer

Die süßen Gesinden wie er selber gebeten,

Als des Worts noch waltete der Wirth der Schildinge,

Der liebe Landesfürst; lange besaß ers.

Da ruhte bereit der geringte Steven

Zu eiliger Ausfahrt, des Edlings Fahrzeug.

Die Leute legten den geliebten König,

Den Schatzspender in des Schiffes Busen,

An den Mast den Mächtigen.

Da war Menge der Schätze

Viel fernen Küsten entführter Schmuck.

Nie sah man schöner ein Schiff gerüstet

Mit kampflichen Waffen und Kriegsgewanden,

Borten und Brünnen. Ihm am Busen lagen

Viel köstliche Kleinode, die den König sollten

In der Wogen Gewalt weithin begleiten.

Sie rüsteten den Recken nicht mit geringerm Gut,

Mit schlechterm Geschmeid, als er geschmückt war einst,

Da er zu Anfang ausgesendet worden

Allein über Meer, der ungeborene.

Ein golden Banner banden sie ihm

Hoch zu Häupten, und hießen die Woge,

Das Meer ihn tragen. Ihr Gemüth war traurig,

Ihr Sinn voll Sorgen. Nicht sicher mögen

Nun Menschen melden, Männer des Raths,

Helden unterm Himmel, wer die Hab empfieng.

1. Heorot.

Da blieb in der Burgen Beow(ulf), der Schilding5

Als lieber Leutefürst lange Jahre

Den Völkern ferne kund, da sein Vater längst

Sich weggewendet. Derweil erwuchs ihm

Der hohe Healfdene: der beherschte spät noch

Ein grimmkühner Greis die guten Schildinge.

Dem Könige waren der Kinder vier

Zur Welt erwacht, die Wehrscharführer

Heorogar, Hrodgar und Halga der gute.

Elan, hört ich, hieß des Königs Tochter,

Die Bettgehalsin des Headoschilfings.

Dem Hrodgar wurde Heerglück verliehen,

Erwünschter Waffenruhm, daß die werthen Sippen

Ihm gerne gehorchten bis die Jugend erwuchs,

Der Männer Menge. Ins Gemüth kam ihm,

Daß er ein Hallgebäude gebieten wollte,

Einen mächtigen Methsaal den Männern zu bauen,

Des Gleichen nimmer noch vernommen ward.

So wollt er darinnen Alles vertheilen,

Jungen und Alten was Gott ihm schenkte

Außer den Leuten und dem Leben der Männer.

Da wurde weithin das Werk geboten

Ueber den Mittelkreiß mancher Gilde,

Die Volkstatt zu zieren. Zu fördern gelang es ihm

An den Erdensöhnen, daß endlich errichtet stand

Der Hallhäuser gröstes. Hirsch nannt' er es,6

Der weithin des Wortes Gewalt besaß.

Er brach sein Erbieten nicht: Bauge (Ringe) vertheilt' er,

Schätze beim Schmaus. Der Saal hob sich

Hoch und hornreich als hätt er nicht zu scheun

Der leiden Lohe Grimm.

Nicht lange währt' es noch,

Daß den Edlingen zu eifrigem Kampf

Des Walfeldes Wuth erwachen sollte,

Da ein ungeheurer Geist gar ungern länger

Das erduldete in der düstern Wohnung,

Daß er den Jubel jeglichen Tag

In der Halle hörte. Da war Harfenklang,

Des Sängers lautes Singen. Es sagte der Kundige

Der Menschen Ursprung in alten Zeiten,

Wie der Allmächtige die Erde schuf,

Die frischen Gefilde von der Flut gegürtet,

Dann siegsfroh setzte Sonne und Mond

Als leuchtende Lichter den Landbewohnern,

Und zum Schmuck die weiten Gewannen zierte

Mit Laub und Zweigen, Leben auch schenkte

Allem was athmet auf der Erde Breiten.

So lebten die Leute in Lust und Frieden

Aller Sorgen ohne bis Einer begann

Frevel zu stiften, ein Feind aus der Hölle.

Der grimme Gast war Grendel geheißen,

Der berüchtigte Markgänger, der im Moore hauste

In des Sumpfes Abgrund. Der Unthiere Sitz

Behauptete lange der leidige Wicht,

Welchen der Schöpfer verworfen hatte.

So rächt' an Kains Kindern den Mord7

Der ewige König, daß er Abeln erschlug.

Des genoß er nicht: aus der Nähe der Menschen

Verwies ihn der Schöpfer für die unselge That.

Ihm sind die Unholde all entstammt,

Eoten und Elfen und der Orken Scharen,

Die Giganten zugleich, die Gott widerstrebten

Jahrhunderte lang; doch lohnt' er es ihnen.

2. Grendel.

Bei nahender Nacht eilt' er nachzuspüren

In dem hohen Hause, wie die Hringdänen

Nach dem Aelgelage sich darin gebettet.

Da fand er auf dem Estrich der Edelinge Schar

Nach dem Schmause schlafend. Sie kannten Sorge nicht,

Kein lastendes Leid, das die Leute drückt.

In grausamem Grimme war er gleich bereit,

Und entriß der Rast mit raffender Gier

Der Degen dreißig. Von dannen eilt' er dann,

Sich der Beute brüstend dem Baue zu,

Mit den geraubten Recken zurück in sein Haus.

Da ward um die Uchte, beim ersten Tagen,

Grendels grause Kraft den Geerdänen kund.

Auf des Festmals Freude folgte Wehruf,

Lauter Morgenschrei. Der erlauchte König,

Der fromme Fürst unfreudig saß,

Drangsal duldend: um die Degen sorgt' er,

Als sie des Leidigen Laufspur ersahen,

Des verwünschten Geistes. Zu groß war das Unheil,

Zu leidvoll lastend.

Doch lange ruht' er nicht:

In der nächsten Nacht naht' er wieder und übte

Der Mordübel mehr; ihn ermüdete nicht

Gefährd und Frevel: er war zu fest darin.

Da war unschwer zu finden dem der anderwärts

Gerne geruhiger rasten wollte,

Ein Bett in den Bauten, da ihm entboten war

Und für sicher gesagt mit sichtlichen Zeichen

Des Höllengeistes Haß: wer hielte sich da

Nicht fern hinfort, dem Feind zu entweichen?

So schaltete schonungslos und scheute das Recht nicht

Der Eine wider Alle, bis eitel stand

Der Häuser wonnigstes. Es währte lange so:

Seinen Zorn erduldete zwölf Winter lang

Der Freund der Schildinge, schwere Trübsal

Lastendes Leid.

Lautbar ward es bald,

Unverborgen kund den Kindern der Menschen

In grausigen Liedern, wie Grendel so schwer

Wider Hrodgar wüthe: er erwies ihm Haß,

Fehd und Gefährde in der Halbjahre viel,

Unversöhnliche Feindschaft. Frieden wollt er

Der Degen Keinem des Dänenlands gönnen,

Noch gegen Lösegeld ihr Leben schonen.

So hatt auch Niemand, die Hoffnung wär thöricht.

Wehrgeld zu gewärtigen von des Wüthrichs Hand.

Der üble Unhold ängstigte stäts,

Der traurige Todschatte, Tugend und Jugend

Meuchelnd und mordend in den Mitternächten

Dem Nebelmoor entsteigend. Niemand weiß genau,

Wo die Geister der Hölle hausen und brüten.

So übte der arge Eingänger lange

Vielfachen Frevel, der Feind der Menschen,

Häßlichen Hohn. Heorot bewohnt' er,

Den schmuckreichen Saal, in schwarzen Nächten;

Aber dem Gabenstuhl Gottes durfte,

Der seine Minne misste, der Mörder nicht nahen.

Der Kummer kränkte den König der Schildinge.

Mit gebrochenem Muthe manchmal saß er wohl

Mit den Reichen zu raunen, ob sie ihm Rath ersännen,

Was die Hochgeherzten am Heilsamsten thäten

So grimmem Graus entgegen zu wirken.

In Hof und Heiligthum verhießen sie oft auch

Opfer und Weihen, mit Worten flehend,

Daß der Geisttilger ihnen gnädig hülfe8

Wider den Würger. Das war ihr Gebrauch,

Die Hoffnung der Heiden: der Hölle gedachten sie

In Geist und Sinn, den Schöpfer verkennend,

Der die Thaten wägt. Sie wusten von Gott nichts,

Den Herrn der Himmel verherrlichten sie nicht,

Den Walter der Wonnen! Weh dem, der da soll

Zur Sühne der Bosheit die Seele tauchen

In Feuerflammen; er freue sich nicht,

Daß ein Ende werde. Wohl ihm, der da darf

Nach des Hingangs Tag den Herren suchen,

Und Frieden finden an Vaters Busen!

3. Beowulf.

So sott die Sorge den Sohn des Healfdene

Jahr aus Jahr ein: der Edle vermochte

Das Weh nicht zu wenden: die Gewalt war zu stark,

Zu leidig lastend, die den Leuten geschah,

Die neidgrimme Noth, der Nachtübel gröstes.

Da hörte daheim Hygelaks Degen,

Der gute Geatenheld von Grendels Thaten,

Er aller Männer machtgestrengster,

Die dieses Lebens Licht überschien,

Hehr und edel. Er hieß den Wogengänger,

Den raschen, rüsten, da er den berühmten Fürsten

Ueber des Schwanes Pfad zu suchen gedächte,

Den erlauchten Herrn, dem eines Helden Noth sei.

Ihm hatten die Fahrt erfahrene Männer

verleidet, so lieb er ihnen war;

Jetzt ermunterten sie ihn: sie bemerkten günstge Zeichen.

Der Gute hatte aus den Geatenleuten

Sich Kämpen gekoren, die kühnsten von allen,

Die er finden mochte. Der funfzehnte selber

Sucht' er das Sundholz. Ein seekundger Lootse

Steuerte das Schiff über Scheren und Klippen.

Die Frist schritt fürder, das Floß war auf der See,

Das Boot geborgen; die Biedern eilten,

Den Steven zu besteigen: die Strömung schwoll

Ans Ufer zurück. Die Edlinge trugen

In der Barke Busen die blinkenden Zierden,

Die kostbare Kriegswehr. Als die Kielmänner nun

Zur Wunschfahrt trieben das wohlgebundene Holz,

Da flog über Flut, einem Vogel vergleichbar,

Das schaumhalsge Schiff, geschoben vom Winde,

Bis daß zur Ebenzeit des andern Tages9

So weit der gewundene Steven gewatet war,

Daß Land ersahen die Seefahrenden.

Die Brandungsklippen blinkten, die Berge ragten

Hinter langen Höhen. Da war der Lauf vollbracht,

Das Meer durchmeßen. Muthig alsbald

Erstiegen den Strand die stattlichen Gäste,

Und seilten den Seebaum. Die Schlachtkleider klangen,

Helm und Harnisch. Dem Herrn dankten sie,

Daß sie die Wellenwege so leicht durchwandelt hatten.

Da gewahrte vom Walle der Wächter der Schildinge,

Der hier der Seeküsten hüten sollte,

Wie sie die blanken Schilde vom Schiffe trugen

Und die guten Harnische. Er hätte gern erkannt

In seinen Muthgedanken, wer die Männer wären.

Auf dem Streitross stapfte zum Strande da

Der Held Hrodgars, in den Händen kräftig

Wägt' er des Speres Wucht, diese Worte rufend:

»Wer seid ihr, wackere Waffenträger

In den blanken Brünnen, die den brandenden Kiel

Ueber die Waßerwege sich wiegen ließet

Von jenseits der See?

Dieses Ufers Hüter hab ich Acht des Strandes,

Daß der Dänen Land kein leidiger Feind

Mit fernem Schiffsheer zu schädigen komme.

Nie sah ich offener hier Anfahrt halten

Lindenschildträger, die Erlaubniss doch

Noch schwerlich erlangten von des Landes Beschützern,

Noch der Männer Mitwißen. Nie sah ich mächtigern

Edling auf Erden, als den Einen unter euch,

Den Helden im Harnisch: ihn hat man heut nicht zuerst

Der Waffen gewürdigt, wo nicht sein Antlitz lügt,

Sein edles Ansehen. Ich aber muß nun

Eure Herkunft wißen, eh ihr von hier aus gar

Als lose Späher in das Land der Dänen

Vorwärts fahrt. Nun, ihr fernwohnenden

Meerdurchsegler, meine Gedanken,

Die einfachen, hört: eilends ist Noth,

Daß ihr mir verkündet, woher euer Kommen sei.«

4. Der Buchtwart.

Ihm zur Antwort gab der Anführer dieß,

Des Wehrvolks Weiser den Worthort erschloß:

»Geermänner sind wir des Geatenvolks,

Die Heerdgenoßen Hygelaks.

Mein Vater war vielen Völkern kund,

Der edle Herscher Ecgtheow geheißen.

Manchen Winter währt' es, da wandt er sich

Im Alter aus dem Erbsitz; es erinnern sich sein

Wohl noch weise Männer weithin auf Erden.

Mit holden Herzen gegen deinen Herrn

Sind wir Healfdenes Sohn zu suchen gekommen,

Den leutselgen König: belehre du uns.

»Wir haben dem hohen Herscher der Dänen

Große Botschaft zu bringen: sie bleibt nicht verhohlen

Wähn ich, den Weisen. Du weist, ob dem so ist,

Was wir für sicher sagen hörten,

Daß bei den Schildingen ein Schadenstifter,

Ein meuchelnder Mörder in den Mitternächten

Unerhörten Haß und höhnische Bosheit

Kund that durch Todtschlag. Nun getrau ich Hrodgarn

Wohl Rath zu geben aus des Geistes Fülle,

Wie der Alte bald den Unhold bezwinge,

Wenn der ihn noch einmal zu ängstigen komme.

So mag ers zur Buße noch bringen des Unheils

Und der kochende Kummer ihm kühler werden,

Oder immer muß er unlieber Zeiten

Druck erdulden, so lange dort besteht

An der Hochstätte der Häuser bestes.«.

Da sprach der Recke, der zu Rosse saß,

Der Buchtwart ohne Bangen: »Beides soll

Ein bescheidner Schildmann zu schätzen wißen,

Wort und Werke, wenn er wohldenkend ist.

Ich hab es gehört, dieß sind holde Gäste

Dem Herrn der Schildinge. Schafft denn heraus

Waffen und Gewande: ich weise euch.

Meine Mitwächter mahnen auch will ich,

Vor allen Feinden euer Fahrzeug zu wahren,

Den neugetheerten Nachen am Strande

In Ehren zu halten bis aber vielleicht

Den theuern Helden trägt über den tiefen Meerstrom

Der gewundne Baum zur Wedernmarke.10

Jedem Gutwirkenden gönn ich es billig,

Daß sie heil vollbringen ihr Heldenwerk.«

Sie fuhren weiter; das Fahrzeug blieb

In der Bucht zurück, das weitbusige Schiff

Am Anker gefestigt. Eberbilder11

Glänzten goldgeschmückt von der Gäste Schläfen,

Hell und feuerhart: sie hüteten das Leben.

Die Kampfmuthgen schritten mit kühnem Muth

Hastig dahin bis sie das Haus

Das goldzier glänzende jetzt erkannten,

Den Erdbewohnern das weitberühmteste

Der Häuser unterm Himmel, wo der Hehre wohnte;

Sein Licht leuchtete über der Lande viel.

Da ließ sie der Buchtwart der Biedern Hof,

Den scheinenden, schauen, daß sie schnurgerade

Ihm entgegen giengen. Der Geerträger wandte

Sein Ross zurück und redete so:

»Ich muß nun fahren: mag der Allwaltende

Vater euch immer in Ehren halten

Und aller Wege wohl. Ich will an die See,

Gegen Widersacher Wache zu halten.«

5. Wulfgar.

Die Straße war steinbunt, die da steigen sollten

Die kühnen Krieger. Die Kampfbrünne glänzte,

Die harte, handgeflochtene. Die Harnischringe

Sangen am Schlachtgewand, als zum Saal sie jetzt

In den Schreckenshelmen geschritten kamen.

Die Seemüden setzten die weiten Schilde,

Die festen Ränder an der Vorhalle Mauer

Eh sie zur Bank sich bogen, daß die Brünnen klirrten,

Die geatischen Harnische. Die Geere hatten sie

Alle zusammen gesetzt mit den Spitzen,

Den oben grauen. Die Eisenschar war herrlich

Mit Waffen gewürdigt.

Da kam ein werther Held,

Nach Adel und Ahnen die Edeln zu fragen:

»Von wannen führt ihr die feißten Schilde,12

Die grauen Brünnen, die bergenden Helme,

Der Heerschäfte Haufen? Hrodgars Amtmann

Und Bote bin ich. Nie gebahrten Gäste,

So mancher Mann muthiger, daß ichs sah.

Zu tapfern Thaten, nicht als Vertriebne wohl,

Hat euch der Hochsinn zu Hrodgar geführt.«

Der kraftberühmte Kämpe versetzte,

Der werthe Wedernfürst das Wort entgegnete

Aus dem hallenden Helm: »Wir sind Hygelaks

Bankgenoßen: Beowulf ist mein Name.

Sagen will ich dem Sohne Healfdenes

Meine Botschaft, dem mächtigen König,

Deinem Obherrn, wenn er anders vergönnt,

Daß wir den Guten begrüßen dürfen.«

Ihm erwiederte Wulfgar, er war der Wendeln13

Sein mannlicher Muth war männiglich kund,

Seine Kraft und Kunst: »Den König der Dänen,

Der Schildinge Fürsten, will ich fragen gehn,

Den Ringbrecher, deiner Reise wegen

Wie du es wünschest, den würdigen Herscher;

Die Antwort aber dir eilends künden,

Die mir der Gute zu geben gedenkt.«

Da gieng er hurtig hin, wo Hrodgar saß,

Der alte unbehaarte, in seiner Eorle Schar.

Der Erlauchte eilte bis er vor der Achsel stand

Dem König der Dänen; er kannte Hofgebrauch.

Da wandte sich Wulfgar zu dem werthen Herrn:

»Gefahren kamen von fern hieher,

Ueber Meeresrücken Recken des Geatenlands;

Ihren Häuptling hör ich die Heldensöhne

Beowulf nennen. Sie bitten nur,

Reden zu dürfen mit dir, mein König!

Und Worte zu wechseln: das weigre du nicht.

Sie scheinen der Gunst deiner Gegenrede

Nach den Waffengewanden wohl würdig, Hrodgar,

Und der Edeln Achtung; ihr Obherr gewiss,

Der die Heermänner hieher gewiesen hat.«

6. Begrüßung.

Da versetzte Hrodgar, der Helm der Schildinge:

»Ich kannt ihn wohl, als er ein Knabe noch war.

Sein Vater, der alte, war Ecgtheow geheißen,

Dem zur Hausfrau Hredel, der Herr der Geaten,

Die einzige Tochter gab. Sein Abkömmling fuhr er

Nun her, der harte, den holden Freund zu suchen!

So sagten mir Seefahrende,

Die Güter und Gaben der Geaten uns her

Zu Danke brachten, daß dreißig Männer

Kraft der kühne, Kampfberühmte

Im Handgriff habe. Ihn hat der heilige Gott

Uns zu Ehren herübergesandt

Zu den Westdänen, so will mir ahnen,

Wider Grendels Graus. Dem Guten will ich

Für seine Kühnheit Kleinode bieten.

Nun bitte sie eilends hereinzutreten,

Daß sie der Sippen Schar hier beisammen sehen.

Und meld ihnen wahrhaft, daß sie willkommen sind

Uns Geerdänen all.«

[Da gieng hinaus

Wulfgar der Wendelfürst,] und das Wort entbot er:

»Sagen soll ich euch von dem siegreichen Fürsten,

Der Ostdänen König, euern Adel kenn er,

Und über der See salzreiche Wellen

Heiß er euch hoch- geherzte willkommen.

So könnt ihr kommen im Kampfgewande,

Unter Helm und Harnisch, Hrodgarn zu sehen;

Die scharfen Schäfte und der Schilde Ränder

Laßt derweil erwarten des Worts der Bestimmung.«

Da erhob sich der Hehre und die Helden um ihn,

Dreister Degen Schar. Dort verblieben Einige,

Des Heergeräths zu hüten nach des Herrn Gebot.

Die Andern eilten, dem Amtmann folgend

Unter Heorots Dach. Ihr Herr schritt voran

Unterm Helm sich hehlend bis er vor dem Hochsitz stand.

Beowulf begann, die Brünne glänzt' ihm,

Das Schlachtnetz, vom Schmiede kunstreich verschlungen:

»Heil dir, Hrodgar! Ich bin Hygelaks

Mann und Neffe. Viel mannhafter Thaten

Begieng ich jung schon. Mir blieb Grendels Unfug

Auf meinem Erbsitz unverhohlen.

Seefahrer sagten mir, dein Saal hier stünde,

Die hehrste der Hallen, der Helden jeglichem

Eitel und unnütz, wenn das Abendlicht

Unter heiterm Himmel sich verhohlen habe.

Da riethen mir nun die Recken mein,

Die edelsten auch und einsichtsvollsten,

Hier, König Hrodgar, dich heimzusuchen,

Zumal sie meine Machtgestrenge kannten,

Und selber oft sahen, wenn ich vom Siege kam,

Von den Feinden blutig, wie ich fünfe gebunden.

Ich tilgte die Thurse, traf in den Wellen

Nachts die Nixe, große Noth erduldend

Der Wedern Harm zu rächen, denn Weh betraf sie

Bis ich die grimmen tödtete. Mit Grendeln will ich jetzt

Ich Einer allein mit dem ungethümen

Riesen ins Gericht gehn. So ruf ich dich an,

Gebieter der Dänen, bitten will ich,

Obdach der Schildinge, dich Einer Bitte,

Die versage mir nicht, du Schirm der Kämpfer,

Freund deiner Völker, da ich so fern her kam:

Daß ich Einer dürfe mit meiner Edlinge Schar,

Dieser Helden Geleit, Heorot reinigen.

Ich erfuhr auch wohl, daß sich der freche Wicht

In seiner Verwegenheit vor Waffen nicht scheut:

Wohlan, so verheiß ich, so wahr Hygelak mir,

Mein Lehensherr, seine Liebe bewahre,

Weder Schwert zu tragen, noch den tiefen Schild,

Den goldbeschlagenen: mit den Griffen der Hand

Will ich den Feind erfaßen und Faust gegen Faust

Ums Leben ringen: dem Gerichte Gottes

Getrost vertraue sich, wen der Tod hinwegnimmt!

Ich wähn er wolle, wenn ers walten dürfte,

In der Gabenhalle uns Geaten auch

Furchtlos freßen, wie ers vormals that

An den Hredmännern14. Du darfst mir da

Das Haupt nicht bewachen; haben will er mich15

Triefend von Blut, wenn der Tod mich nimmt.

Er schleppt die Leiche, des Schmauses begierig

Und ißt, der Unhold, dann unbekümmert

Sein Moor umwandelnd. Mir brauchst du dann

Auf Leibesnahrung nicht länger bedacht zu sein.

Dem Hygelak sende, wenn mich hinnimmt der Kampf,

Der Brünnen beste, die meine Brust beschirmt,

Das hehrste Heergewand, Hredels Nachlaß

Und Wielands Werk. Seinen Weg geht das Schicksal.«

7. Ecgtheow.

Hrodgar versetzte, der Helm der Schildinge:

»Also Kämpfens halb hast du, kühner Freund Beowulf

Und die Ehre zu mehren, uns aufgesucht!

So focht auch dein Vater der Fehden größeste:

Den Headolaf hatt er eigenhändig erschlagen

Bei den Wülfingen16 mit Waffenmacht

Konnt er sich nicht halten vor des Heeres Toben.

Da sucht' er Schutz bei der Süddänen Volk

Jenseits der See, bei den Schildingen.

Ich waltete damals schon des Dänenvolkes,

Ein Jüngling hielt ich die gemmenreiche

Hortburg der Helden. Heorogar war,

Mein älterer Bruder, schon vorausgegangen,

Healfdens Geborner; der war beßer denn ich!

Da sucht' ich mit Schätzen zu sühnen die Fehde;

Den Wülfingen sandt ich über des Waßers Rücken

Uralte Schätze; Eide schwur er mir.

»Meinem Herzen hält es hart zu sagen

Der Geerträger Einem, wie mir Grendel hat

So viel Hohn in Heorot und haßerfüllte

Bosheit geboten. Mein Burgvolk ist,

Mein Schlachtheer, geschwunden: das Schicksal tilgte sie

Durch Grendels Graus. Gott mag allein

Dem Schadenfrohen die Schandthaten legen.

Gar oft erboten sich vom Biere trunken

Bei der schäumenden Schale die Söhne des Kriegs,

Erwarten wollten sie in der weiten Halle

Grendels Grimm mit dem Graus der Schwerter.

Dann war der Methsaal am Morgen darnach,