Best Friends Forever: Luca & Vanessa: Ziemlich beste Feindinnen - Hortense Ullrich - E-Book

Best Friends Forever: Luca & Vanessa: Ziemlich beste Feindinnen E-Book

Hortense Ullrich

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Beschreibung

Das ist ja wohl das Letzte: Lucas Vater und Vanessas Mutter haben sich gegen ihre Mädels verbündet! Schon schlimm genug, dass sie die beiden gezwungen haben, unter einem Dach zu leben. Jetzt wollen ihre Eltern auch noch heiraten – das geht gar nicht! Sie wollen keine Schwestern werden! Das zweite Buch über "Luca & Vanessa"

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Buchinfo

Das ist ja wohl das Letzte: Lucas Vater und Vanessas Mutter haben sich gegen ihre Mädels verbündet! Schon schlimm genug, dass sie die beiden gezwungen haben, unter einem Dach zu leben. Was aber auf gar keinen Fall geht: dass sie Schwestern werden! Luca und Vanessa sind sich einig: Die Hochzeit ihrer Eltern muss verhindert werden! Sie schmieden einen Plan nach dem anderen – sie schüren die Eifersucht der Mutter, betonen die Macken des Vaters und torpedieren permanent deren Hochzeitsplanung. Auch wenn es seine Zeit braucht – Luca und Vanessa wollen nichts unversucht lassen, um diese Misere abzuwenden ...

Autorenvita

© privat

Hortense Ullrich hat über 60 Bücher für Kinder und Jugendliche geschrieben, von denen es 140 Übersetzungen in 25 Sprachen gibt; mit einer Gesamtauflage von über 4 Millionen Exemplaren. Zuvor hat sie als Journalistin und Drehbuchautorin gearbeitet. Acht Jahre verbrachte sie mit ihrem Mann und ihren beiden Töchtern in New York. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Bremen.

»Mein Leben ist zu Ende! Und alles nur wegen dir!«, fauchte Vanessa.

»Meinst du nicht, wir sollten das mit den gegenseitigen Anschuldigungen jetzt mal lassen?« Luca war mindestens genauso wütend. »Wir hatten uns bereits geeinigt, dass es die Pest ist, miteinander unter einem Dach zu leben. Jetzt geht es darum, wie wir das beenden.«

Doch Vanessa hörte gar nicht zu, sie lamentierte: »Fahrrad! Dein Vater hat meine Mutter dazu gebracht, von mir zu verlangen, dass ich mit dem Rad in die Schule fahre! Das geht gar nicht!«

»Ich hab schon von Fällen gehört, da hat das tatsächlich geklappt«, meinte Luca spöttisch. »Moment mal, ich kenne sogar Leute, die öfter mit dem Rad fahren, die kann ich dir ja mal vorstellen.«

Doch darauf ging Vanessa gar nicht ein. Sie war noch zu sehr mit der Vorstellung eines Schreckensszenarios beschäftigt. »Und womöglich erwartet sie auch, dass ich das Fahrrad benutze, wenn ich in die Stadt will! Das ist so entwürdigend! So gewöhnlich!«

Luca grinste und goss Öl ins Feuer. »Ich glaub nicht, dass du noch oft in die Stadt fahren wirst, nachdem sie dir eben mitgeteilt haben, dass sie dein Taschengeld auf einen Betrag festlegen werden, mit dem du auskommen musst – und du auch keinen Zuschuss mehr bekommst, wenn du in der ersten Woche des Monats schon alles ausgegeben hast.«

»Das freut dich wohl!«, rief Vanessa wütend.

»Ja.« Luca nickte lächelnd. »Das wirst du nämlich nicht schaffen.«

»Natürlich werde ich es nicht schaffen! Das ist ja wohl die Idee, die dahintersteckt: mich unglücklich zu machen! Und ich weiß, dass das auf dem Mist von deinem Vater gewachsen ist. Für meine Mutter war Geld nie ein Thema.«

Luca widersprach: »Doch. Sie hatte nur keinen Erfolg damit. Weil es dir egal ist, was sie sagt, und du eh machst, was du willst.«

»Sicher! Was denn sonst?« Dann fiel Vanessa noch etwas ein: »OMG! Wie soll ich bloß meinen BFFs beibringen, dass ich jetzt arm bin?«

Luca sah Vanessa müde lächelnd an. »Du hast wirklich Probleme!«

»Das kannst du doch überhaupt nicht beurteilen. Du hast ja keine Freundinnen. Für mich ist das ein Problem, sogar ein großes!«

»Dann musst du vielleicht die Wahl deiner Freundinnen überdenken.«

»Sag mal, was soll das hier werden? Ich lass mir doch von dir keine Vorträge halten!«

»Ist bei dir sowieso verlorene Zeit und Mühe.«

»Also, dann lass es! Für dich ändert sich ja nichts.«

»Entschuldige mal! Ich hab hier den deutlich schlechteren Deal gemacht. Hast du nicht gehört, was die beiden gesagt haben? Deine Mutter hat meinen Vater dazu gebracht, unsere Wohnung und sein Atelier aufzugeben. Ich hab mein Zuhause verloren und muss in diesem Protzhaus mein Dasein fristen.«

»Also damit bin ich ja wohl noch mehr gestraft. Denn ich hab jetzt hier einen Underdog an der Backe!«

»Einigen wir uns doch einfach darauf, dass wir beide uns absolut nicht ausstehen können und die Situation grauenvoll finden.«

Wütend stapfte Luca die Treppe der eleganten, luxuriösen Villa hoch. Vanessa folgte ihr wutschnaubend.

Luca seufzte und sagte: »Lass uns darüber nachdenken, wie wir das gemeinsame Elend hier zu einem Ende bringen.«

Vanessa blickte Luca immer noch ärgerlich an, nickte aber und meinte: »Okay.«

Oben angekommen ging Luca zu ihrem Zimmer. Vor ihrer Zimmertür fiel ihr auf, dass Vanessa ihr nicht gar nicht gefolgt war, sondern den Flur entlang zu ihrem Wohnbereich gelaufen war. Dort stand sie nun, sah feindselig zu Luca und meinte: »Was ist? Ich denke, wir müssen reden!« 

»Ja«, gab Luca zurück. »Da denkst du ausnahmsweise mal richtig.«

»Also«, meinte Vanessa ungerührt, »dann komm jetzt hierher. Wir reden selbstverständlich bei mir.«

Kurz überlegte Luca, ob sie darauf bestehen sollte, dass man sich in ihrem Zimmer traf, aber dann gab sie nach. Das war die Diskussion nicht wert. Sie hatten ein viel größeres Problem zu lösen. Sie ging zu ihr. Dass Vanessa ihren Wohnraum »Zimmer« nannte, war die Untertreibung des Jahrhunderts. Sie bewohnte eine Suite, die aus einem Wohnzimmer, einem Schlafzimmer, einem Ankleidezimmer und einem Badezimmer bestand. Vanessas »Zimmer« war etwa so groß wie Lucas bisherige Wohnung, in der sie mit ihrem Vater gelebt hatte, bevor er Britta, die Mutter von Vanessa, kennengelernt hatte. Luca hatte sich, als sie in das große, feudale Haus der Schmidts gezogen war, eins der Gästezimmer ausgesucht. Unter Protest und, wie sie glaubte, nur vorübergehend. Sie war ziemlich sicher, dass ihr Vater auf Dauer einsehen würde, dass sie beide nicht in die Welt der Reichen und Schönen gehörten, sondern in kürzester Zeit wieder in ihre gemütliche Atelierwohnung zurückziehen würden. Denn so war es ja auch ausgemacht: nur ein Test, ein Versuch, um zu sehen, ob die Beziehung zwischen Vanessas Mutter und ihrem Vater wirklich von Dauer sein könnte und sich ihre beiden Töchter verstanden. Und ganz schnell stellte sich heraus: Luca und Vanessa würden niemals Freundinnen werden. Es war Feindschaft auf den ersten Blick.

Lucas Vater Paul war Maler; ihre Mutter war, als Luca zwei Jahre alt war, gestorben. Im Laufe des Zusammenlebens mit ihrem Künstler-Vater hatte Luca, als sie älter wurde, die Regie in ihrem gemeinsamen Leben übernommen, was nötig war, denn ihr Vater war verträumt, unorganisiert und unpünktlich.

»Ich bin ‚alleinerziehende Tochter’«, stöhnte sie gelegentlich. Schon früh hatte sie damit aufgehört, ihren Vater Papa zu nennen – sie war der Meinung, er sei mehr ein Paul als ein Papa. Ihr ganzes Leben lang hatte sie mit ihm im bunten Szeneviertel der Stadt gelebt, das sie sehr liebte und wo sie sich zu Hause fühlte. Bis er Brittas Mutter, eine reiche Galeristin, kennengelernt hatte. Britta war geschieden und wohnte mit ihrer Tochter Vanessa im Villenviertel der Stadt. Britta und Paul hatten gehofft, dass ihre beiden Einzelkinder sich über eine gleichaltrige Schwester freuen würden. Und Luca und Vanessa hatten gehofft, dass ihre Eltern zur Vernunft kommen und selbst einsehen würden, dass ihre Welten unvereinbar waren. Ebenso wie die Persönlichkeiten ihrer Töchter.

Vanessa ließ sich theatralisch auf ihr teures Sofa fallen und stöhnte: »Also, lass hören!«

Luca ärgerte sich. Wieso saß Vanessa da wie eine Königin, die sich von ihren Untergebenen Vorschläge machen ließ? Sollte sie doch auch mal nachdenken! Aber Luca schluckte ihren Ärger runter. Sie hatte ein Ziel vor Augen und das wollte sie nun dringender denn je erreichen.

Sie musste noch ein paarmal tief durchatmen, dann setzte sie sich auf einen der Sessel und sagte: »Mit Vernunft und Argumenten sind wir ja bisher bei unseren Eltern nicht weitergekommen. Also ist jetzt List und Tücke angesagt.«

An dieser Stelle setzte sich Vanessa auf. Das schien sie zu interessieren.

»Du bist echt bereit, etwas gegen deinen ach so heißgeliebten perfekten Papi zu unternehmen?«

Luca biss sich auf die Lippen. Auf Vanessas spöttischen Ton wollte sie nicht eingehen. Sie musste noch vor selbst rechtfertigen, dass sie das, was sie vorhatte, moralisch vertreten konnte.

»Paul hat den ultimativen Verrat begangen, als er einfach, ohne mit mir darüber zu reden, unsere Wohnung aufgegeben und mich vor vollendete Tatsachen gestellt hat. Das kommt einer Kriegserklärung gleich.« Sie nickte, um vor sich ihre eigenen Worte noch einmal zu bestätigen. Ja, sie war im Recht. Ihr Vater hatte nicht mehr ihre Interessen im Sinn, wenn er Entscheidungen traf, sondern nur seine. Oder die von Vanessas Mutter. Er hatte dem gemeinsamen Leben mit seiner Tochter ein Ende bereitet.

»Der Plan ist ganz einfach: Wir müssen die beiden wieder auseinanderbringen. Abgesehen davon, dass sie nicht zueinander passen, zerstören sie das Leben ihrer Töchter.«

Vanessa hatte sich inzwischen vorgebeugt und nickte heftig. »Sehr gut!«

Luca stand auf und begann herumzulaufen. Sie sagte jedoch nichts.

»Was soll das Rumgerenne?«, fragte Vanessa irritiert.

»Ich kann besser denken, wenn ich mich bewege.«

»Dann beweg dich schneller, vielleicht kannst du ja dann auch schneller denken.«

»Was führt zu einer Trennung? Also welche Gründe?«

»Geld. Meist, wenn es zu wenig ist.«

»Verschiedene Weltanschauungen.«

»Andere Frauen, beziehungsweise Männer.«

»Berufliche Veränderungen.«

»Alkohol?«

»Keiner von beiden trinkt.«

»Streit wegen der Kinder?«

»Na, in unserem Fall offensichtlich nicht. Die verbünden sich sogar gegen uns.« Luca sah Vanessa auffordernd an. »Schreib mal mit.«

Vanessa machte ein empörtes Gesicht. Doch Lucas Blick blieb eisern.

»Na gut«, gab Vanessa nach, zückte ihr Handy und notierte. »Ich hab das bessere Gerät, mit deinem kannst du ja kaum telefonieren.«

Luca ließ es ihr durchgehen, es stimmte zwar nicht, aber es war Vanessa eben wichtig, darauf hinzuweisen, dass sie immer das Beste, Neueste, Schönste hatte.

»Zeig mal, was hast du bisher?«

Vanessa hielt Luca ihr Handy hin. Luca checkte die Liste. »Womit können wir arbeiten?«

Vanessa las ebenfalls und meinte dann: »Andere Frauen.« Sie klang bitter. Doch bevor Luca nachfragen konnte, fuhr Vanessa in neutralem Ton fort: »Meine Mutter neigt zur Eifersucht.«

»Generell? Also auch unbegründet? Flippt sie sofort aus, wenn eine andere Frau auftaucht? Oder nur ein bisschen?«

»Sie versucht, vernünftig zu bleiben, aber sie wird nervös, wenn sich zu viele Frauen um Paul scharen.«

»Woher weißt du das?«

»Ich hab Augen im Kopf. Was machst du denn, wenn wir bei Ausstellungseröffnungen sind?«

»Ich schau mir die Bilder an.«

»Siehst du, und ich beobachte Leute.«

Luca grinste. »Wie gut, dass wir verschiedene Interessen haben.« Dann fragte sie sachlich: »Also, du meinst, das wäre ein Ansatzpunkt?«

»Ja. Schließlich hat sie meinen Dad wegen einer anderen Frau verloren. Da ist sie sehr empfindlich. Sie wird reagieren.«

Wieder hatte Luca kurz den Impuls, sich bei Vanessa nach Einzelheiten zu erkundigen, sie zu fragen, ob die Trennung ihrer Eltern für sie sehr schlimm gewesen war, aber das war ihr dann doch zu persönlich und vor allem war es nicht ihre Baustelle. Ging sie nichts an.

Vanessa fuhr fort: »Und jetzt, wo dein Vater ja zu Ruhm und Ehren gekommen und somit populär ist, sind bestimmt eine Menge Frauen hinter ihm her. Da könnten wir was draus machen.«

Luca begann wieder im Kreis zu laufen. Ihr Vater hatte sich jahrelang als Maler kaum über Wasser halten und sich und seine Tochter gerade so ernähren können. Was beide nie gestört hat, denn sie waren sehr happy und hatten ein buntes Leben. Durch Brittas Hilfe hatte er nun den Durchbruch geschafft. Verdientermaßen, denn er war wirklich ein begnadeter Künstler. Gleich seine allererste Ausstellung in Brittas Galerie war ein durchschlagender Erfolg gewesen. In der Kunstszene war er nun bekannt, Zeitungen und Magazine schrieben über ihn, er war ein gern gesehener Gast auf wichtigen Veranstaltungen, und Britta war damit beschäftigt, mit Kunstexperten zu verhandeln und weitere Ausstellungen zu organisieren. Paul interessierte der ganze Rummel nicht, er freute sich zwar, aber er verbrachte seine Zeit damit, Bilder zu malen. Malen war sein Leben und nur ungern ließ er sich von Britta aus seinem Schaffen herausreißen, wenn sie ihn für diese oder jene Veranstaltung brauchte oder es darum ging, andere Galeristen oder Journalisten zu treffen.

Paul war schon immer umschwärmt gewesen, er hatte ständig irgendwelche Freundinnen. Nur hatte er nie Interesse an einer festen Beziehung gehabt; es gab früher nur ihn und Luca. Sobald seine Freundinnen gemeinsame Zukunftspläne schmiedeten, ergriff er die Flucht. Leider war das bei Britta anders gelaufen.

Britta eifersüchtig zu machen und so die Beziehung zum Wackeln zu bringen, war womöglich die einzige Chance.

Luca stoppte ihren Lauf und rief: »Ich hab eine Idee! Er hat ja Knall auf Fall unsere Wohnung aufgegeben und wie ich ihn kenne, keinem Menschen seine neue Anschrift mitgeteilt.«

»Und?«

Luca lächelte verschmitzt. »Das werde ich nun tun. Ich werde seinen Verflossenen seine neue Adresse geben und sagen, dass er sich über einen Besuch sicher freuen würde. Dann marschieren hier all seine Exfreundinnen auf.«

Vanessa grinste anerkennend. »Du kannst ja richtig bösartig sein.«

Diese Erkenntnis ernüchterte Luca. Vanessa spürte das wohl, denn schnell schob sie hinterher: »Aber du tust es ja sozusagen aus Notwehr! Immerhin hat dein Vater, ohne dich zu fragen, einfach eure Wohnung gekündigt!«

Luca seufzte. »Ich weiß nicht, ob das wirklich eine so gute Idee ist …«

»Aber ich. Gib mir die E-Mail-Adressen, das übernehme ich.«

Luca überlegte, ob sie dieses Vorgehen etwas weniger schuldig machen würde. Sie kam zu dem Entschluss: Ja, irgendwie schon.

»Okay. Damit starten wir erst mal«, sagte Vanessa. »Wir lassen sie aber abends antanzen, wenn meine Mutter garantiert zu Hause ist. Und ich will das auch live miterleben.«

Vanessa war nun voller Tatendrang. »Noch weitere Ideen, was wir tun können?«

»Wieso ziehen wir nicht erst mal das durch und warten ab, was passiert?«, schlug Luca vor.

»Gut dann war’s das fürs Erste«, sagte Vanessa in einem Ton, der nahelegte, dass Luca nun wieder gehen sollte.

Luca war etwas verärgert. »Verkneif dir diesen herablassenden Tonfall. Tu nicht so, als hättest du mir eine Audienz gewährt! Wir arbeiten zusammen.«

»Mann, bist du empfindlich! Soll ich dir noch was zu trinken anbieten oder ein paar Kekse?«, fragte Vanessa spöttisch.

»Wir wollen nicht übertreiben«, meinte Luca und ging.

»Vergiss nicht, mir die Adressen zu mailen«, rief Vanessa ihr hinterher.

Als Luca in ihrem Zimmer war, überkamen sie kurz noch einmal Skrupel, aber dann wischte sie diese beiseite. Ihr Vater hatte damit angefangen. Gnadenlos zog er seine Nummer durch, ohne ihre Gefühle zu berücksichtigen, ja sogar ohne mit ihr auch nur darüber zu reden. Das war früher anders, da hatten sie alles besprochen! Britta hatte sich in eine perfekte Vater-Tochter-Beziehung reingedrängt. Bisher mochte Luca Britta eigentlich ganz gerne. Sie hatte gelernt, über ihr Schickimicki-Aussehen hinwegzusehen. Und wenn man die Äußerlichkeiten ignorierte, war sie wirklich supernett zu Luca und bemühte sich, es ihr hier so angenehm wie möglich zu machen. Gelegentlich nahm sie sie sogar vor Angriffen von Vanessa in Schutz. Das rechnete Luca ihr hoch an. Doch all das spielte nun keine Rolle mehr: Sie hatte ihren Vater dazu gebracht, das gemeinsame Leben mit Luca aufzugeben. Jetzt waren sie Feinde. Damit waren die Fronten geklärt und Luca fühlte sich im Recht, gemeinsam mit Vanessa diesen Plan durchzuziehen. Sie grinste schräg, als sie zu dem Schluss kam, dass die beiden eigentlich sehr zufrieden sein mussten: Vanessa und sie arbeiteten plötzlich zusammen, redeten miteinander und zogen an einem Strang. Das wollten ihre Eltern doch immer.

Nachdem Vanessa die E-Mails an Pauls Exfreundinnen abgeschickt hatte, warf sie sich aufs Bett und schimpfte. »Mit dem Rad! Meine Mutter spinnt doch!«

Dann setzte sie sich auf. Nein, es kam gar nicht infrage, dass sie von nun an Rad fahren würde. Sie hatte allerdings das Gefühl, dass ihre Mutter, auch wenn sie sie anbetteln und heulen würde, nicht nachgeben würde. Also musste sie einen anderen Weg finden. Sie könnte eine ihrer Freundinnen fragen, ob sie bei ihr im Auto mitfahren durfte.

Aber wen? Theresa, die im Haus nebenan wohnte, fuhr mit dem Rad. Annabell, die in der Stadt lebte, ebenfalls. Mona wurde immer gefahren. Aber Vanessa lag nicht auf deren Strecke und sie war sich nicht sicher, ob Monas Mutter diesen Umweg tagtäglich auf sich nehmen würde. Nur Delias Mutter fuhr durch ihre Straße. Das wäre also kein Problem. Aber für Delia wäre es ein Triumph, wenn Vanessa sie um einen Gefallen bitten würde. Ständig spielte Delia darauf an, dass sie in einer heilen Familie aufwuchs. Ihre Eltern waren nach wie vor verheiratet und sie hatte noch eine zwei Jahre ältere Schwester, Selina. Delias Familie war einflussreich und wohlhabend. Ihre Mütter waren befreundet und die Mädchen kannten sich seit der fünften Klasse. Damals war Delia unscheinbar und schüchtern gewesen. Vanessa, schon immer hübsch, aufgeschlossen und beliebt, hatte sich auf Wunsch ihrer Mutter um Delia gekümmert. Inzwischen sah Delia allerdings ebenso gut aus wie Vanessa und war ihre schärfste Konkurrentin geworden.

Nein, Delia kam also auch nicht infrage. Sie musste einen anderen Weg finden. Aber es gab keinen.

Doch, natürlich gab es den!

Vanessa sprang aus dem Bett und suchte nach ihrem Handy. Sie musste jetzt nur die anderen davon überzeugen, dass Radfahren total in war und dass jeder, der cool war, ein Rad benutzte. Das würde funktionieren! Da könnte sie auch gleich mal überprüfen, wie es um ihren Einfluss auf ihre besten Freundinnen stand. Vanessa war die Wortführerin der Gruppe, aber Delia bemühte sich seit Längerem um diese Rolle, und von Zeit zu Zeit gelang es ihr auch, die anderen auf ihre Seite zu ziehen.

Vanessa lächelte. Delia würde sie erst mal außen vor lassen, die restlichen Mädels zum Radfahren bringen und wenn alles nach Plan lief, wäre Delia bald die Einzige, die nicht mit dem Rad fuhr. Oder zumindest die Letzte, die mitmachte. Es würde Delia wurmen, dass sie nicht die Trendsetterin war.

Vanessa hatte ihr Telefon gefunden. Wer wäre das leichteste Opfer?

Annabell. Nein, das konnte sie sich schenken, sie fuhr ja schon mit dem Rad. Annabell war Vanessas größte Bewunderin und das war auch der Grund, weshalb Vanessa sie in ihren exklusiven BFF-Kreis aufgenommen hatte, denn eigentlich passte sie nicht wirklich zu ihnen; sie wohnte in einer Doppelhaushälfte, beide Eltern mussten arbeiten, damit sie sich die teure Privatschule für ihre einzige Tochter leisten konnten, und sie hatte oft Schwierigkeiten, mit ihren reichen Freundinnen mitzuhalten.

Theresa. Auch sie war bereits Radfahrerin. Denn ihre Familie war zwar wohlhabend, aber ohne Dünkel und leicht alternativ angehaucht.

Also Mona. Bei Mona würde es nicht so einfach werden, sie vom Radfahren zu überzeugen. Das lag jedoch nur daran, dass Mona superfaul war und die Vorstellung, sich körperlich zu betätigen, würde ihr nicht gefallen. Mona war etwas naiv, aber sie kam aus bester Familie und hatte zwei ältere Brüder, worin Vanessa Vorteile sah. Die Brüder waren ihr egal, aber die beiden gehörten zu Adrians Clique und an ihm hatte Vanessa höchstes Interesse. Deshalb zählte auch Mona zu ihren BFFs.

Schnell wählte sie Monas Nummer. Während es klingelte, überlegte Vanessa, dass sie vielleicht nicht nur verkünden sollte, dass Radfahren in war, sondern es sollte auch ein besonders Rad sein. Sie legte schnell wieder auf und suchte auf ihrem Laptop nach Rädern. Mona rief zurück, aber da Vanessa noch nichts Cooles gefunden hatte, drückte sie den Anruf weg.

Dann entdeckte sie das perfekte Rad: einen Beachcruiser! Super! Das war’s. Diese Räder waren bunt, einige hatten Hawaii-Blumen aufgemalt. Die sahen total super aus. Jawohl! So ein Rad wollte sie haben. Dann musste sie auch nicht viel erklären, das Rad würde für sich sprechen. Sie würde es bei ihren Freundinnen auch nicht ankündigen, sondern einfach eines Tages ganz selbstverständlich mit dem Beachcruiser auftauchen und sich darüber wundern, dass die anderen nicht wussten, dass die in waren.

Sie wollte schon nach unten laufen, um ihrer Mutter mitzuteilen, dass sie ein neues Rad brauchte, aber dann fiel ihr ein, dass Paul ja auch da war, und auf den hatte sie keine Lust.

Sie musste mit ihrer Mutter allein sprechen. Sie schrieb ihr eine WhatsApp, ob sie mal zu ihr hochkommen könne.

Kurz darauf erschien ihre Mutter und fragte vorsichtig: »Na, bist du noch sauer auf uns?«

Uns? Würg! So weit war es schon, dass sie nur noch im Plural redete? Aber Vanessa beherrschte sich und lächelte stattdessen.

»Ich wollte noch mal mit dir über die Sache mit dem Radfahren sprechen.«

»Schätzchen, also versteh das nicht falsch, es ist nicht so, dass ich dich nicht gern durch die Gegend fahre, es ist …«

Vanessa unterbrach sie. »Ja, schon klar.«

Verwundert blickte ihre Mutter sie an. »Wirklich? Du bist nicht böse auf mich?«

»Nein. Ich hab nichts gegen Radfahren.«

Vanessas Mutter strahlte. »Oh, Gott sei Dank. Da bin ich froh!«

»Ich auch. Aber ich hab eine Bitte …«

»Ja?«

»Ich brauche ein neues Rad.«

»Ein neues Rad? Du hast ein funkelnagelneues weißes Rad. Das du übrigens so gut wie nie benutzt hast.«

»Das ist ein Hollandrad.«

»Weil du das unbedingt wolltest. Und das ist schon das zweite Rad, das ich dir gekauft habe, weil du meintest, mit dem schwarzen könntest du dich nirgends mehr blicken lassen.«

»Ja, und jetzt sind die wieder out. Ich will einen Beachcruiser.«

Vanessa schob ihr den Laptop mit den Abbildungen der Räder hin. Ihre Mutter sah sie sich an, dann lächelte sie. »Die sehen wirklich gut aus.«

Vanessa nickte.

Doch dann schüttelte ihre Mutter den Kopf. »Ich kann dir nicht ständig neue Räder kaufen. Du benutzt sie ja doch nicht.«

»Was denn jetzt? Ich denke, ich soll Rad fahren? Oder hast du deine Meinung geändert?«

»Ja. Also, nein.«

»Gut, dann steht fest, dass ich den Beachcrusier auch nutzen werde.«

»Was ist denn mit dem Rad, das du schon hast?«, fing sie wieder an.

Vanessa setzte einen tieftraurigen Blick auf und schmollte. »Wenn du mich schon zum Radfahren verdonnerst, wieso willst du mir dann nicht diesen kleinen Gefallen tun?«

»Vanessa …«

»Mam!« Dann schluchzte sie ein wenig. »Du verlangst ganz schön viel von mir! Mein Leben war wunderbar, aber dann schleppst du mir plötzlich eine neue Familie ins Haus und verlangst, dass ich mich darüber auch noch freue. Ich bemühe mich ja und versuche, nett zu Luca und freundlich zu Paul zu sein, ich finde mich damit ab, dass du nun kaum noch Zeit für mich hast, aber wenn ich dich mal um eine winzige Kleinigkeit bitte, etwas, womit du mir eine Freude machen könntest, dann lehnst du ab.«

Das schlechte Gewissen stand ihrer Mutter ins Gesicht geschrieben.

Vanessa wusste, dass sie gewonnen hatte. Sie tippte auf den Bildschirm. »Ich hätte gerne das pinke, mit den Hawaii-Blumen.«

Ihre Mutter biss sich auf die Lippen.

Lauernd fragte Vanessa: »Hast du Angst, dass du Ärger mit Paul kriegst, wenn du mal nett zu deiner Tochter bist?«

Empört wies Britta diese Vermutung von sich. Und dann hatte sie es auf einmal eilig, wieder zu gehen. Sie stand auf. Vanessa wunderte sich, aber als ihre Mutter sagte: »Das mit dem Taschengeld steht nicht zur Diskussion. Das bleibt genau so wie ausgemacht«, war ihr klar wieso. Sie hatte wohl Angst, dass es ihrer Tochter gelingen würde, auch hier neue Bedingungen auszuhandeln.

Eigentlich wollte Vanessa echoen: Ausgemacht? Das habt ihr einfach bestimmt! Aber dann besann sie sich. Dieses Thema würde sie bei einer anderen Gelegenheit ansprechen. Daher lächelte sie nur und flötete: »Natürlich.«

Ihre Mutter, die offensichtlich eine andere Reaktion erwartet hatte, sah sie verblüfft an. Dann lächelte sie ebenfalls. Erleichtert sagte sie: »Gut. Dann sind wir uns ja einig. Über die Höhe reden wir noch. Mach mal eine Aufstellung über deine monatlichen Ausgaben.«

»Ab wann tritt denn diese neue Regelung in Kraft?«

»Ab nächsten Monat.«

Das war noch drei Wochen hin, Vanessa entspannte sich ein wenig. Trotzdem musste sie dafür eine andere Lösung finden.

Britta ging und war schon fast zur Tür raus, da rief Vanessa ihr hinterher: »Aber ich fahre erst mit dem Rad, wenn ich den Beachcruiser habe. Solange musst du mich schon noch chauffieren.«

Ihre Mutter drehte sich um, öffnete den Mund, um etwas zu sagen, dann schloss sie ihn wieder.

»Was?«, meinte Vanessa. »Du kriegst doch deinen Willen. Und auf die paar Tage kommt es ja wohl nun nicht mehr an, oder?«

»Okay«, erwiderte ihre Mutter mit einem leichten Seufzen.

Nachdem ihre Mutter gegangen war, ärgerte sich Vanessa wieder. Taschengeld! Wo gab’s denn so was? Und egal wie hoch es ausfallen würde, sie würde sich da keine Vorschriften machen lassen. Hier ging es ums Prinzip. Wieso hatten sie denn Geld, wenn sie es nicht ausgeben durfte?

Sie schlenderte in ihr Ankleidezimmer, um ein Outfit für den nächsten Tag herauszusuchen. In der Privatschule, die Vanessa besuchte, war zwar einheitliche Schulkleidung Pflicht, und im Gegensatz zu Luca, die seit Kurzem auf dieselbe Schule ging, empfand sie es nicht als Frechheit und Bevormundung, sondern als Auszeichnung, denn dann sahen die Leute sofort, dass man sich eine teure Schule leisten konnte. Aber morgen würde ihr Vater sie abholen, um mit ihr im Blue Jasmin essen zu gehen und in Schuluniform wollte sie dort nicht hin. Das Blue Jasmin, ein neues Restaurant, hatte auf Anhieb einen Michelin-Stern bekommen und war der Treffpunkt der High Society. Vanessa wählte ein schickes Cocktailkleid, die farblich passenden Schuhe und war sehr zufrieden. Sie wollte ihren Vater beeindrucken, ihm zeigen, dass sie fast schon erwachsen war. Er sollte es cool finden, eine Tochter wie sie zu haben und sehen, wie viel angenehmer es war, Zeit mit ihr zu verbringen als mit seinen beiden neuen Kindern. Sechs und vier Jahre alt – das waren doch noch quäkende Kleinkinder, das musste einfach nervig für ihn sein!

Ihr fiel ein, dass sie ihren Vater auf die Taschengeld-Sache ansprechen sollte. Sie würde ihn bitten, ihr eine Kreditkarte zu besorgen. Ihr Vater war stets großzügig; das wäre kein Problem. Dann könnte ihre Mutter taschengeldmäßig festlegen, was sie wollte, ihr Leben wäre dadurch nicht eingeschränkt.

Ihr nächster Gedanke machte sie jedoch restlos happy: Auch wegen dieser Radfahr-Sache würde sie ihren Vater um Hilfe bitten. Er könnte ihr seinen Fahrer schicken, der sie zur Schule fuhr und wieder abholte. Ja! Ein Chauffeur in Uniform! Besser geht es nicht. Damit würde sie Delia total übertrumpfen!

Das Handy klingelte – Mona rief wieder an. Ihr Gespräch mit Mona hatte sich ja nun eigentlich erledigt, aber sie musste drangehen und sich einen Grund einfallen lassen, wieso sie sie angerufen hatte.

Na ja vielleicht ließe es sich auch umgehen, überhaupt einen Grund für ihren Anruf zu nennen, denn immerhin handelte es sich ja um Mona.

Vanessa ging ans Telefon und rief fröhlich: »Hallo, Mona! Was gibt’s Neues?«

»Ähm, nichts, glaube ich.«

»Alles okay bei dir? Was hast du so gemacht?«

»Wir waren Sushi essen.«

Dann fiel es Vanessa wieder ein: Ihre BFFs hatten sie schmählich hintergangen und sich mit Luca verabredet. Delia hatte das angeordnet und Mona und Annabell dazu überredet. Ausgerechnet in der White Lounge, Vanessa Lieblings-Sushi-Laden! Sie änderte den Tonfall ihrer Stimme und sagte ironisch: »Hast du Delia auch um Erlaubnis gefragt, ob du mich anrufen darfst?«

»Oje, hätte ich das tun sollen?«, fragte Mona, das Schäfchen.

Vanessa zögerte. Mona erwartete doch wohl nicht ernsthaft darauf eine Antwort?

»Am besten sagen wir es ihr gar nicht«, schlug Mona vor.

Vanessa stöhnte leise auf und flötete: »Ja, denn ich will ja nicht, dass du wegen mir Ärger bekommst.«

»Das ist lieb von dir!«, rief Monat erfreut. »Wieso hast du mich eigentlich angerufen?«

»Du hast mich angerufen, Mona!«

»Ach ja, stimmt, natürlich.« Sie schwieg eine Weile, dann meinte sie: »Und jetzt hab ich ganz vergessen wieso.«

»Egal. Dann erzähl mir mal, wie euer Treffen mit Luca war.«

»Och, also, ich fand es ja ganz nett, aber Delia hat sich über Luca geärgert. Sie meinte, Luca wäre ziemlich dreist und unverschämt.«

»Das hab ich euch ja gleich gesagt!«

Eigentlich musste sich Vanessa gar nicht erkundigen, wie das Treffen gelaufen war, denn sie war ihnen heimlich gefolgt und hatte sie beobachtet. Daher wusste sie schon alles.

»Ach ja«, rief Mona dann aufgeregt. »Und weißt du was?«

»Nein. Was?«

»Adrian kam dann auch noch. Und er hat mit Luca geflirtet. Also, ich glaube das war Flirten. Ich bin mir nicht ganz sicher, da kenn ich mich nicht so gut mit aus.«

Ja, und die Frage war, ob Mona sich je damit auskennen würde, wenn es um Jungs ging. Noch lag Monas Hauptaugenmerk darauf, ständig neue Sorten von Schokoladenkeksen zu testen, da ihre Lieblingsbeschäftigung Essen war. Das zeigte sich leider auch an Monas Figur, was Mona jedoch nicht die Bohne störte. Vanessa beneidete sie um die Eigenschaft, mit ihrem Aussehen zufrieden zu sein.

Vanessa hatte während ihrer Lauschaktion im Sushi-Laden gehört, wie Adrian sich über sie lustig gemacht hatte. Pretty-Face-Vanessa und Little Miss Perfect hatte er sie genannt und gesagt, sie sei naiv und würde nichts kapieren. Vanessa hatte Angst, dass Mona treu und brav alles wiederholen würde, was Adrian gesagt hatte. Diese Schmach wäre zu groß. Daher fragte sie nicht weiter nach, sondern wechselte das Thema.

»In der Stadt gibt es einen neuen Muffin-Laden. Muffin Heaven. Da könnten wir beide mal zusammen hingehen«, bot sie lockend an.

»Oh, super!«, rief Mona sofort. »Wir können das morgen den anderen ja mal vorschlagen.«

Nein, das war nicht die Idee dabei. Vanessa wollte nun ihre Freundinnen, eine nach der anderen wieder für sich gewinnen und sie dem Einfluss von Delia entziehen. Wobei sie da nur bei Mona und Annabell ansetzen konnte; Theresa hielt sich immer etwas zurück, war selten parteiisch und manchmal hatte Vanessa das Gefühl, dass sie gar nicht so richtig mit Leib und Seele eine BFF ihrer Gruppe war. Allerdings hatte Theresa nachmittags auch oft irgendwelche anderen Aktivitäten wie Hockeytraining, Geigenunterricht oder Ähnliches, und deshalb verbrachte sie nicht so viel Zeit mit ihnen.

Vanessa tat etwas gekränkt: »Was hast du denn dagegen, nur mit mir hinzugehen?«

»Überhaupt nichts! Aber ich dachte, weil wir doch Freundinnen sind, müssen wir immer alles zusammen machen!«

»Das machen wir ja auch. Aber weißt du, Mona … irgendwie hat man doch so seine Lieblingsfreundin in einer Gruppe und mit diesem Mädchen möchte man gelegentlich auch mal was allein unternehmen.«

»Und wer ist deine Lieblingsfreundin?«

Gott, war die dämlich!

»Du natürlich, Mona!«

»Echt?« Mona kicherte. Vanessa verdrehte die Augen.

»Bei mir wäre das Theresa«, plapperte Mona weiter.

Bitte? Spinnt die denn? Wie soll sie denn jetzt darauf reagieren? Vanessa ärgerte sich, dass sie vorgegeben hatte, dass Mona ihr Liebling sei. Konnte sie das rückgängig machen? Nicht sofort und nicht ohne das Gesicht zu verlieren. Sie sollte Haltung bewahren. Souverän bleiben. Einfach drüber weggehen.

»Und wieso Theresa?«

»Theresa ist immer nett. Und da muss ich nie überlegen, ob sie das, was sie sagt, auch so meint. Bei dir und Delia bin ich da nie so sicher.«

Vanessa schluckte. Mona traute sich vielleicht was! Oder war sie einfach nur naiv?

»Und was ist mit Annabell?«

»Annabell sagt ja immer nur, was du sagst oder was Delia sagt. Ich glaube, sie hat gar keine Meinung. Und sie beachtet mich auch meistens nicht. Sie redet immer nur mit dir und Delia.«

Vanessa schluckte. Mona hatte auf ihre einfältige Art ziemlich genau die Dynamik der Gruppe geschildert. Vanessa stöhnte leise und fragte sich: Welche Art Freundinnen waren sie eigentlich?! Egal, es waren die einzigen Freundinnen, die sie hatte, und sie waren nun schon lange BFFs, das war eben so. Basta. Hatte sie denn eine Lieblingsfreundin? Mochte sie überhaupt eins der Mädchen? Gott, wieso dachte sie denn jetzt darüber nach? Luca war schuld daran! Sie machte immer so dämliche Bemerkungen! Und das Gequatsche von Mona war auch nicht gerade förderlich.

Etwas kühler und um das Gespräch zu beenden, erkundigte sie sich bei Mona: »Also, was ist mit morgen? Gehen wir oder nicht? Aber wenn du erst Delia fragen musst, dann lassen wir es besser.«

»Bist du sauer?«

»Nein, aber es scheint dir ja nicht wichtig zu sein, mit mir Zeit zu verbringen.«

»Doch! Ehrlich. Fährt deine Mutter, oder soll ich meine bitten, uns zu fahren?«

»Ich bin schon in der Stadt. Treffe mich zum Lunch mit meinem Vater. Sagen wir um vier bei Muffin Heaven?«

»Ja. Super.«

»Also, ciao.«

Vanessa legte einfach auf, bevor Mona sich ebenfalls verabschiedet hatte. Eigentlich hatte sie vorgehabt, auch Annabell anzurufen und ihr zu erzählen, dass sie ihre Lieblingsfreundin sei. Aber nach der Mona-Erfahrung nahm sie davon doch lieber Abstand. Außerdem war ihr nun gründlich die gute Laune vergangen.

Luca lief in ihrem Zimmer eine Runde um die andere, konnte jedoch den Ärger auf ihren Vater nicht durch pure Bewegung abschütteln. Sie wollte ihn zur Rede stellen. Aber allein! Ohne die dämliche Britta, die ihn zu all dem gebracht hatte.

Sie sah aus dem Fenster und stellte fest, dass im Poolhaus Licht brannte. Brittas Poolhaus! Das war jetzt Pauls neues Atelier! Nicht zu fassen, dass Britta ihn dazu gebracht hatte.

Leise schlich Luca aus dem Haus, lief durch den Garten, vergewisserte sich, dass ihr Vater allein war, und trat ein.

Paul blickte von seinem Gemälde auf.

»Luca!«, rief er überrascht.

»Was überrascht dich?«, fragte Luca kühl. »Dass ich auch noch hier bin? Hattest du das vergessen?« Sie machte eine kurze Pause, dann fuhr sie fort: »Oder ist es die Tatsache, dass ich überhaupt noch mit dir rede?«

Paul wollte etwas erwidern, aber Luca ließ ihm keine Zeit dazu. »Ehrlich gesagt überrascht mich das auch.«

»Luca, lass es mich doch erklären …«

»Was gibt es da zu erklären? Ist doch alles gesagt. Du hast dich für Britta und damit gegen mich entschieden. Ich bin nur gekommen, um dir zu mitzuteilen, was ich davon halte.«

Sie schaute sich im Poolhaus um. »Ist gar nicht so lange her, als du gesagt hast, hier könntest du nicht arbeiten und dass du dein Atelier brauchst.«

Paul hatte den Pinsel zur Seite gelegt und sah ernst Luca an. »In einer Beziehung muss man Kompromisse machen. Und ist es doch wirklich praktischer für mich, dort zu arbeiten, wo ich auch wohne. So war das bisher ja auch.«

»Bisher war es so, dass wir beide alles besprochen haben, bevor wir Dinge in unserem Leben verändert haben.«

»Wir haben nie Dinge in unserem Leben verändert. Also keine entscheidenden zumindest.« Er grinste und versuchte es mit Humor. »Wenn man vom Wechsel unserer Müslisorte absieht und davon, dass du angeordnet hast, ich solle mit dem Pfeifen aufhören, weil es anscheinend klingt, als würde man eine Katze quälen – und davon, dass ich keine Hawaii-Hemden mehr tragen darf.«

Luca blickte ihren Vater mit ausdrucksloser Miene an. »Siehst du, so weit ist es schon: Ich kann nicht mal mehr über dich lachen. Also, ich bin nur gekommen, um dir mitzuteilen, dass ich das alles nicht einfach so hinnehme. Ich denke, es ist nur fair, wenn ich dich vorwarne.«

»Luca, Fröschlein, das ist jetzt alles etwas viel für dich. Ich verstehe das. Aber ich bin ganz sicher, du wirst dich daran gewöhnen und auch jede Menge Vorteile darin sehen. Gib der ganzen Sache doch eine Chance!«

»Nein. Aber ich gebe dir jetzt eine Chance: Ich will unsere alte Wohnung zurück!«

Paul stammelte verblüfft: »Luca! Seit wann stellt ein so vernünftiges Mädchen wie du so unvernünftige Forderungen? Du weißt, dass das nicht geht und du weißt auch, dass ich das nicht will.«

Luca atmete tief durch. Dann sagte sie: »Gut, dann sind die Fronten jetzt geklärt!« Sie drehte sich um und ging.

So, das war der letzte Versuch gewesen. Nun musste sie kein schlechtes Gewissen mehr haben. Aber Luca war unendlich traurig, dass sie Paul verloren hatte. Er war der wichtigste Mensch in ihrem Leben. Außer ihm hatte sie nur noch Milo. Bis vor Kurzem zumindest. Luca und Milo waren seit Kinderzeiten unzertrennlich. Er wohnte auch im Szeneviertel, war genauso alt wie Luca und verbrachte die meiste Zeit bei ihr und Paul. Milo war Lucas bester Freund. Und Luca hatte die Theorie aufgestellt, dass Jungs die besseren Freundinnen waren, weil sie nicht zickten, nicht mit einem in Konkurrenz traten und keine Geheimnisse ausplauderten. Doch dann hatte sich herausgestellt, dass Jungs vielleicht doch nicht als beste Freundinnen geeignet waren, denn Milo hatte sich in Luca verliebt und Luca erwiderte seine Gefühle nicht. Deshalb war Milo auf Abstand gegangen und ihre Freundschaft war beendet.

Mit Hannah, die den Bioladen in der Straße, in der sie früher gewohnt hatte, betrieb, hing sie gelegentlich rum. Aber das war’s. Sonst gab es niemandem in ihrem Leben.

Alles hatte sich geändert. Sie hatte niemanden mehr.

Als Luca wieder im Haus war, ging die schnurstracks die Treppe hoch. Ihr Blick fiel auf Vanessas Zimmertür am anderen Ende des langen Flurs. Bitter dachte sie: Nur Vanessa war ihr geblieben. Haha. Vanessa! Ihre Lieblingsfeindin!

Ullrich, Hortense:

Best Friends Forever

Luca & Vanessa: Ziemlich beste Feindinnen (Leseprobe)

ISBN 978 3 522 68033 2

Einbandgestaltung: Carolin Liepins

E-Book-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

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Leseempfehlung:»Best Friends Forever – Luca & Vanessa: Plötzlich Schwestern« von Hortense Ullrich

Best friends forever – oder doch nicht?

Hortense Ullrich

Best Friends Forever – Luca & Vanessa: Plötzlich Schwestern

Band 1• 9,99 Euro • ab 12 Jahre

ISBN 978-3-522-65267-4

Luca ist happy mit ihrem Leben, ihrer coolen Atelier-Wohnung im alternativen Viertel und mit ihrem Künstler-Vater Paul. Und auf ein Mal soll alles anders werden? Nur weil sich Paul in eine reiche Galeristin verliebt hat? Das darf einfach nicht sein! Doch ehe Luca weiß, wie ihr geschieht, ziehen sie ins Villenviertel und sie hat auf einmal eine gleichaltrige „Schwester“ – die jedoch gar keine Lust darauf hat, ihre BFF zu werden. Denn Vanessa ist alles andere als begeistert davon, einen Underdog wie Luca in ihr Haus zu lassen …

Eine Leseprobe und weitere Infos zum Buch gibt es auf www.planet-girl-verlag.de

Leseempfehlung:»Gallagher Girls – Spione küsst man nicht« von Ally Carter

In geheimer Mission

Ally Carter

Gallagher Girls – Spione küsst man nicht

Band 1 • 7,99 Euro • ab 12 Jahre

ISBN 978-3-522-65232-2

Die Gallagher Akademie für hochbegabte junge Mädchen ist alles andere als eine gewöhnliche Mädchenschule, denn hier werden die Top-Agentinnen von morgen ausgebildet!

Doch was passiert, wenn sich ein Gallagher Girl in einen ganz normalen Jungen verliebt? Cameron „Cammie“ Morgan beherrscht zwar 14 Sprachen, kann sich wie ein Chamäleon tarnen und CIA-Codes knacken, aber die Gallagher Akademie hat sie nicht auf das erste Herzklopfen vorbereitet. Als sie Josh trifft, wird ihr Leben komplett auf den Kopf gestellt ...

Eine Leseprobe und weitere Infos zum Buch gibt es auf www.planet-girl-verlag.de