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Beth kennt die dunkle Seite vom Leben. Am Anfang war sie positiv, doch wie viel hält ein Mensch aus, bevor er bricht?
Das E-Book Beth wird angeboten von BoD - Books on Demand und wurde mit folgenden Begriffen kategorisiert:
Slum,Vergangenheit,Gegenwart,Mord,Verlust
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Seitenzahl: 154
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Dieses Buch behandelt die Themen: Mobbing, Misshandlung, Vernachlässigung, Depressionen, PTSD und Trauma, Selbstmord, Drogen- und Alkoholsucht sowie -missbrauch, Mord, Verlust, Verlustängste, Rassismus
Vergangenheit
Prolog
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Gegenwart
Prolog
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Prolog
Es schneit, überall liegt die weiße Kälte. Es ist ein harter und tiefer Winter. Aber sie wurde zu dieser harten Zeit geboren. Ihre neue Mutter eine Drogenabhängige, ihr neuer Vater ein Alkoholiker. Sie hatten einst ein Haus, doch das haben ihre Eltern für Drogen verkauft, nur um ihre Sucht zu stillen. Aber egal, wie süchtig die beiden auch waren, ließen sie sich wenigstens einmal Zeit. Nur einmal, für ihre wunderschöne Tochter. Und da wirkte plötzlich auch der fallende Schnee wunderschön. Sie war ein Wunder. Ein kleines Wunder, welches es so eigentlich gar nicht geben würde.
„Wie soll sie heißen?“, fragte ihr Vater voller Liebe und hielt seine Frau im Arm, die wiederum das kleine Mädchen im Arm hielt.
Sie drehte ihren Kopf zu ihm um. „Beth.“
Es war ein Wunder, dass Beth mit Eltern wie ihren überlebte. Doch ihr Vater hatte eine Schwester, die sie öfters zu sich nahm, wenn ihre Eltern nicht mal mehr in der Lage dazu waren, sich um sich selber zu kümmern. Selber hatte sie keine Kinder, hatte eigentlich auch nie welche gewollt, doch konnte sie nicht mit ansehen, wie es ihrer Nichte mit solchen Eltern erging. Es hätte ihr so gut gehen können, doch bekam ihre Tante Krebs. Sie hatte nicht das Geld, um sich helfen zu lassen und es war ohnehin schon zu spät.
Die Tante von Beth starb, als sie zwei Jahre alt war. Beth wusste später nur durch Bilder und Tagebücher von ihr, die ihre Tante ihr hinterlassen hatte. Doch mit dem Erbe, zogen ihre Eltern ein und waren wieder für sie zuständig. Andere Verwandte konnten sich nicht um sie kümmern, ihre Tante, sie war wohl eine der letzten beiden Verwandten aus ihrer Umgebung. Und es bezieht sich auf das war. Aber sie hatte ihnen ein Haus vermacht. Das erste, in dem das Mädchen lebte. Dadurch, dass sie bereits von ihrer Tante aufgenommen wurde und in der Gegend so viele Frauen mit Kindern wohnten, besuchte sie diese oft und ließ sich von ihren Nachbarn helfen. Diese kannten Beths Situation und nahmen sie daher auch nach dem Tod ihrer Tante oft zu sich, wenn ihre Eltern – wie so oft – wieder nicht in der Lage dazu waren, sich um sie zu kümmern.
Sie waren eine der wenigen weißen Familien, denn das Haus lag im Slum. Aber Beth hatte dennoch eine lustige Zeit. Sie spielte viel mit den Kindern. Ihre besten Freunde waren schwarz – sie war so gesehen sogar Teil ihrer Familie, da sie sich mehr um Beth kümmerten, als ihre eigene Familie. Aber eine Freundin von ihr war weiß, lebte allerdings nicht direkt im Slum. Zusammen in die Schule gingen sie aber alle, wenn sie so früh eingeschult wurden.
„Beth, hast du wieder kein Essen bekommen?“, fragte die Mutter von Liam, ihrem besten Freund. „Du siehst ja halb verhungert aus. Wir hätten dich die Woche über doch zu meiner Schwester mitnehmen sollen.“ Sie ging zu ihrer so gesehenen Ziehtochter, nahm sie bei den Schultern und begutachtete sie von allen Seiten.
„Sie waren nicht zuhause. Ich habe mich nicht aus dem Slum getraut, ich wollte nicht, dass die Polizei mich sieht. Aber die anderen waren auch nicht da oder hatten selber nicht genug oder waren ebenfalls mit Drogen zu oder von der Polizei mitgenommen worden.“ Mit den anderen meinte sie ihre anderen Nachbarn und Freunde, die sich ebenfalls um sie kümmerten.
„Und da sagen die was davon, dass Weiße so viel besser wären. Dabei können sie sich nicht mal um ihre eigenen Kinder kümmern.“ Sie sprach eher zu sich selber, aber sie verstanden es dennoch.
Wie beim Realisieren, schüttelte sie ihren Kopf und zog Beth an den kleinen Küchentisch. „Komm erstmal, du bist doch schon halb verhungert, du möchtest jetzt bestimmt erstmal etwas essen.“
Beth nickte, es wäre eigentlich eifrig, doch sie war zu schwach.
Liam schob ihr seinen Teller hin, während seine Mutter einen neuen holte. Zusätzlich holte sie Beth eine Flasche Wasser. Sie kannten dieses Szenario bereits.
„Kann ich heute Nacht hier schlafen? Ich habe gehört, dass es diese Nacht besonders kalt werden soll und die Heizung funktioniert nicht.“ Beth schluckte, fragte kurz und aß schnell weiter.
„Ja, natürlich.“ Sie sah zu ihrem Mann, der in diesem Moment durch die Tür kam. Er wäre überrascht gewesen, doch er dachte sich bereits, dass sie da sein würde. Dennoch versuchte er wenigstens etwas überrascht zu klingen. „Hallo, Beth. Schön, dich zu sehen.“ Er hing seinen Hut und seine Jacke an den Kleiderständer, zog seine Schuhe aus, lief zu ihr und nahm sie kurz in den Arm. Er hatte sie bereits als seine Tochter anerkannt, als sie als kleines Kind bei ihnen war, als Beths Tante ihnen erzählt hatte, dass sie sterben würde und Beth jemanden brauchte, der sich um sie kümmerte – aus ihnen allen bekannten Gründen.
Er ging mit seiner Frau in die Küche, die ihn besorgt ansah. Kurz sahen sie nochmal zu Beth und ihrem Sohn, um sicher zu gehen, dass die beiden sie nicht hören konnten. Sie sprachen möglichst leise, um auch ja nicht zu riskieren, dass die beiden doch noch auf sie aufmerksam wurden.
„War sie die ganze Woche alleine?“, wollte er von seiner Frau wissen.
„Ja. Es ist Winter, wir können sie nicht wieder nach Hause schicken. Sie erfriert noch. Sie sagte, die Heizung funktioniert nicht. Die beiden haben bestimmt die Rechnungen wieder nicht bezahlt. Ich gehe davon aus, dass sie auch kein Strom und kein fließendes Wasser hat. Wer weiß, wann sie sich das letzte Mal waschen konnte.“
Er nickte. „Ihr Bett ist ja sowieso schon gemacht.“ Da sie so oft bei ihnen war, hatten sie ihr ein Bett mit Bettwäsche, und auch eine kleine Kommode mit Wechselsachen, besorgt. Von ihren Eltern bekam sie derlei Sachen nicht.
„Wir sollten sie wirklich lieber adoptieren.“ Er sah Beth an, die mit Liam zu reden und lachen angefangen hatte. Ihm ging durch den Kopf, wie jung sie noch war.
„Nein, wir haben da schon oft genug drüber gesprochen. Ein weißes Kind, in einer schwarzen Familie und das in unserer Gegend. Das würde niemand zulassen. Und wenn sie von ihr erfahren, dann nehmen sie sie ihr weg – und damit uns. Wie es jetzt ist, ist es für sie am besten. Wer weiß, wo sie sonst noch landet.“ Ihm war klar, was seine Frau meinte. Er war selber in einer Pflegefamilie, mehreren. Es gab wirklich genug furchtbare Menschen, die für ein wenig extra Geld Kinder leiden ließen.
Frustriert seufzte er. „Hat sie gesagt, wann ihre Eltern das letzte Mal bei ihr waren?“
Sie schüttelte ihren Kopf.
„An ihren Geburtstag werden sie doch wenigstens denken?“
„Das ist doch der einzige Tag, an dem sie an sie denken.“
„Damit haben sie dann ein fünftes Mal an sie gedacht. Da schlagen sie ja wirklich jedes Jahr neue Rekorde.“
„Hör auf, sowas zu sagen.“
„Aber es ist nun mal die Wahrheit!“
„Tsch, nicht so laut.“ Sie sahen zu den Kindern, ob sie etwas gehört hatten, doch die beiden waren so sehr miteinander beschäftigt, dass sie nichts mitbekamen.
„Sie ist ein wundervolles Kind. Die beiden haben sie gar nicht verdient.“ Er sah wieder zu den Kindern, wirkte beinahe verzweifelt.
Schnell nahm sie ihren Mann in die Arme, ihr ging es dabei nicht anders.
„Wenigstens hat sie uns und die anderen.“
„Wenigstens das.“
Ihre Eltern dachten an ihren Geburtstag, waren jedoch nicht gerade nüchtern.
„Meine Kleine! Hier, alles Gute zum Geburtstag.“ Ihre Mutter kam zu ihr und umarmte sie von hinten. Sie tauchten einfach bei Liam und seiner Familie auf. Ihnen war klar, dass Beth bei ihnen war. Sie kamen einfach rein, sobald die Tür geöffnet wurde, sahen ihre Tochter mit dem Rücken an sie gewandt. Beth wurde ein abgewetzter Teddy hingehalten. Ihm fehlte ein Auge, einzelne Stellen waren aufgerissen, er war voller Dreck und stank entsetzlich.
„Mommy!“ Beth sprang voller Freude auf und umarmte ihre Mutter, ihr Vater versuchte dagegen noch taumelnd in das Haus zu kommen. Benommen hielt er sich an dem Türrahmen fest und richtete sich langsam auf, bevor auch er eintrat. Sie sprang auf ihn zu und umarmte ihn ebenfalls. Wenn er nicht rechtzeitig von Liams Vater festgehalten worden wäre, dann wäre er wahrscheinlich umgefallen. Er gab unverständliches Gemurmel von sich.
Liams Eltern sahen einander besorgt an, sein Vater wirkt sogar ein wenig sauer. Seine Frau schüttelte jedoch nur leicht mit ihrem Kopf. Er sollte nicht vor den Augen ihrer Tochter böse auf ihre Eltern werden, nicht an ihrem Geburtstag.
„Mein Schatz, ganze vier Jahre alt bist du schon!“ Ihre Mutter war besetzt von Glück, die Drogen hatten ihren Kopf bereits völlig eingenommen.
„Sie ist fünf“, korrigierte Liams Vater sie ernst. Seine Frau kam zu ihm und legte eine Hand auf seine Schulter. Sie konnte spüren, wie er zitterte.
„Mein Schatz, mein kleiner Schatz, wie schön es ist, dich zu sehen.“
„James“, sagte Liams Mutter warnend, als sie bemerkte, wie sich seine Hände zu Fäusten ballten und seine Zähne knirschen hörte.
„Nein, es reicht jetzt langsam mal“, meinte er zu seiner Frau. Er konnte es nicht länger ertragen. Er stand auf. Beths Vater lag auf dem Boden, konnte sich selber nicht aufrecht halten nachdem James ihn abgesetzt hatte. „Wenn Sie sich wirklich darüber freuen würden, sie zu sehen, dann würden Sie öfter zu ihr kommen und sich mal um sie kümmern; Verantwortung übernehmen, statt sie sich selbst zu überlassen!“
„Wieso denn das? Sie scheint doch gut alleine zurecht zu kommen.“ Ihre Mutter sah verwundert aus.
„Alleine? Sie ist fünf! Sie ist heute fünf geworden! Und wenn wir uns nicht um sie sorgen würden, dann würde es niemand tun! Alle hier kümmern sich um Beth, nur Sie – ihre eigenen Eltern – schaffen es nicht, sich um sie zu kümmern!“
„Schatz, beruhige dich wieder, sie verstehen das in ihrem Zustand sowieso nicht und die Kinder sehen uns gerade zu“, versuchte seine besorgt hin und her sehende Frau, die Situation zu beruhigen.
Er sah seinen Sohn und Beth an, die verwundert aber auch ein wenig verängstigt aussahen. Sie verstanden die Situation nicht so recht.
„Wir sollten wohl lieber gehen, Liebling, wir sind bei unserer eigenen Tochter wohl nicht länger willkommen. Komm schon, steh auf.“ Sie lief zu ihrem Mann.
Beth stand auf und hatte Liams Hand gegriffen. Sie fühlte sich so, als bräuchte sie jemanden, der sie hielt, wie eine Art Beschützer, denn mit der Situation, wie sie war, war sie maßlos überfordert.
Ihr Vater blieb liegen, schien kurz vor der Bewusstlosigkeit zu stehen.
„Jetzt steh auf!“, wurde Beths Mutter lauter und zog und trat sogar nach ihrem Mann.
Beth zuckte zurück, als sie die wütend klingende Stimme ihrer Mutter durch das Haus hallen hörte. So hatte sie sie noch nie erlebt, immer nur lächelnd und gut gelaunt.
„So habe ich das überhaupt nicht gesagt! Ich habe das komplette Gegenteil gesagt! Ihr sollt bei ihr bleiben! Euch um sie kümmern!“ James griff nach dem Arm von Beths Mutter, doch die wurde dabei nur hysterisch. Sie floh aus dem Haus und ließ ihren Mann einfach liegen.
Beth standen die Tränen in ihren Augen. Liam nahm sie in seinen Arm und zog sie hinter sich her in sein Zimmer. Liams Mutter hatte ebenfalls Tränen in ihren Augen und hielt sich ihre Hand vor den Mund, lief unruhig im Zimmer rum und stemmte eine Hand in ihre Hüfte. James rutschte benommen die Wand hinab und ließ seinen Kopf hängen. Die Kälte des Winters wurde vom Wind durch die offene Tür in das Haus geweht. Diese Kälte hatte sich in Beths Herz festgesetzt und dafür gesorgt, dass sie diesen Tag niemals vergessen würde.
Dieser Tag war der erste in Beths Leben, der eine Spur hinterließ; einen dunklen Riss, der zeigte, dass doch nicht alles so toll war, wie sie dachte.
Sie musste in ihrem jungen Leben vieles durchmachen, versuchte immer, durch zu kommen, war dankbar, dass sie so viel Unterstützung und Hilfe bekam.
Durch diese Menschen, ihre Freunde und Familien, war es für sie dennoch so, als würde sie nur Gutes kennengelernt haben. Das Leben empfand sie als glücklich und schön, selbst, wenn sie es schwer hatte. Sie dachte immer positiv, wusste sich selbst zu helfen – oder zu wem sie gehen konnte, wenn sie es selber nicht schaffte.
Wenn ihre Eltern da waren, dann wurde ihr über all das Schlechte in der Welt berichtet. Ihre Eltern waren ein schlechter Einfluss. Sie erzählten von Morden, von der Polizei, die mehr als rassistisch war, ob sie nicht lieber woanders hinwollten. Sie hörte auf all das nicht, verstand es ja kaum.
Und dann ging es von diesem Tag an nur noch Berg ab. Auf diesen Tag, folgte der nächste Tag. Ein Tag mit einem ganz besonderen Vorfall, der für sie die Welt, wie sie sie kannte, auf den Kopf stellen sollte.
„Gib mir den Dino, Liam!“, sagte Beth, nachdem sie ein Haus aus Stöcken für das kleine Plüschtier gebaut hatte.
„Wozu? Das ist meiner!“
„Ich weiß, aber ich habe ein Haus für ihn gemacht! Ich will wissen, ob er reinpasst.“
Ihr Freund sah sie skeptisch an, gab ihn ihr aber dann dennoch.
Beth legte den Dino in das Haus und freute sich, als sie sah, dass er passte. „Guck! Er passt! Jetzt hat er ein Haus! Das kannst du mitnehmen!“
Er wollte sich gerade bedanken, als ein lauter Schrei und dann Sirenen ertönten.
Erschrocken sahen die beiden Kinder nach oben, weg von ihrem Spiel.
„Die Polizei! Komm, schnell rein!“, rief Beth, die auf ihren Beutezügen oft die Töne der Sirenen erklingen hörte und dabei immer Herzrasen bekam. Es hätte ja sein können, dass sie wegen ihr da waren. Sie rannte dann immer schnell weg, sah dann aber meist, dass es nicht wegen ihr, sondern wegen der anderen war, die Drogen verkauften oder Diebstähle, bis zu Körperverletzung oder sogar Mord verübten. In ihrer Gegend kam fast täglich ein Auto, weil sich irgendjemand über die Gegend beschwerte oder einfach nur wegen ihres schlechten Rufes.
Die Kinder schnappten sich ihre Spielsachen und rannten in das Haus hinter ihnen – Beths Haus, bei welchem sie immer spielten, wenn sie Ruhe vor den Erwachsenen haben wollten, da dort fast nie jemand war. Sie schlossen die Tür hinter sich und sprangen auf das Sofa, von wo aus sie aus dem Fenster, direkt auf die Straße sehen konnten, versteckt hinter einem Vorhang. Ein großer Mann rannte die Straße lang. Schwarz. Wie die meisten in dieser Gegend. Ein lauter Knall ließ die Kinder zusammenzucken. Krachend fiel der Mann zu Boden. Der Knall kam von einer Pistole. Der Beifahrer im Polizeiauto hatte auf den Mann geschossen. Einen Augenblick sahen die Kinder erstarrt zu, was als nächstes passierte.
„Warum haben sie das gemacht?“, wollte der Junge wissen.
„Na weil er schwarz ist. Hat bestimmt geklaut oder Drogen genommen.“ Sie sagte es einfach so dahin, wie es ihre Eltern ihr gesagt hatten, als sie davon erzählten, wie ein schwarzer Junge vor ihnen erschossen wurde, weil er beim Drogenverkauf erwischt wurde und danach wegrannte.
Der Junge sah sie mit großen Augen an. „Werden sie mich jetzt auch erschießen?“
Erschrocken drehte sie sich zu ihm um. „Was? Nein! Du bist doch nur ein Kind! Warum sollten sie das tun? Du hast doch gar nichts getan.“
„Aber ich bin doch auch schwarz!“
„Aber Kindern werden die schon nichts tun! Und grundlos schießen die auch nicht einfach mal so auf Leute.“ Sie sah zwar ganz ernst zu ihm, aber als sie sich wieder zum Fenster drehte und den verblutenden Mann sah – der kurz zuvor noch Blut gespuckt hatte – wurde sie sich unsicher. Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen und ihr Herz schlug schneller. Hoffe ich zumindest.
Sie ging mit ihren Freunden in die Schule. Da sie keinen Kindergarten in ihrer Umgebung besaßen, wurde Beth bereits mit ihren frischen fünf Jahren eingeschult, ihre Freunde dagegen mit ihren späten fünf, fast sechs Jahren. Beths Mutter war gerade so in der Lage gewesen, das Formular auszufüllen und zu einem Gespräch in die Schule zu kommen, bei der Einschulung war sie jedoch nicht anwesend und ihr Vater war wegen seines Alkoholmissbrauchs im Krankenhaus gelandet. James und seine Frau hatten ihr etwas geschenkt und sie mit zu sich genommen. Auch am ersten Schultag haben sie sie mit in die Schule gebracht.
Eine Schule im Slum, bedeutet eine Schule voller Gewalt. Wer in die Schule wollte, wurde daher auf Waffen kontrolliert und da war dann auch das Alter egal, besonders in einer Schule, in der es von der ersten bis zur sechsten Klasse ging. Wo doch das Vorurteil herrschte, dass sie besonders in diesem Alter mit Gewalttaten und Mord anfingen.
Viele der Mädchen fühlten sich unwohl, da es nur Männer beim Abtasten gab. Beth war daher froh, dass bei ihr die Frauenprobleme noch nicht vorhanden waren und sie noch ein paar Jahre Zeit dazu hatte.
Beth war mit Liam auf den Weg zur Schule, sie war nicht weit von ihrer Straße entfernt.
In der Schule lernten sie, wie sie überleben mussten. Die anderen Kinder waren gemein und verlangten furchtbare Dinge von ihnen.
Ein Junge wollte Liam mit seinem Kopf in die benutzte Toilette stecken, weil er ihm nicht sein Brot geben wollte. Beth hatte es sofort mitbekommen.
„Hey, Volltrottel!“ Sie sah den Jungen finster an, der gerade ihren besten Freund am Nacken packte, um ihn in die Schüssel zu tunken.
Der Junge lachte sie nur aus und ließ von Liam ab. Seine beiden Freunde fingen ebenfalls an zu lachen, blieben aber neben Liam stehen und hielten ihn an seinen Armen fest.
„Was glaubst du eigentlich, wer du bist? Ein kleines, weißes Mädchen. Glaubst wohl, dass du über uns stehst, was?“