Billionaire Crush - Mira Lyn Kelly - E-Book

Billionaire Crush E-Book

Mira Lyn Kelly

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Beschreibung

Er ist erfolgreich, berühmt und unwiderstehlich. Doch ist er noch derselbe wie damals?


Seit zehn Jahren hat Abby ihre Jugendliebe Hank nicht mehr gesehen. Das heißt, sie hat ihn gesehen, allerdings nur auf dem Cover von Zeitschriften, wo er als der heißeste CEO im Silicon Valley gefeiert wird. Als Hank unerwartet in ihre Heimatstadt zurückkehrt, macht ihr Herz einen unerwarteten Satz - obwohl ihr schnell klar wird, dass Hank sich verändert hat. Der Erfolg ist nicht spurlos an ihm vorübergegangen und sie weiß nicht, ob sie dem Hank von heute ihr Herz noch einmal anvertrauen soll. Doch auch wenn er immer wieder betont, dass er nicht bleiben wird, dass sein Leben nicht mit ihrem kompatibel ist, ist die Leidenschaft zwischen ihnen stärker als Abby es sich je in ihren heimlichen Träumen vorstellen konnte ...


"Ich liebe dieses Buch, die Chemie zwischen den Charakteren, die Dialoge. Eine der besten Second-Chance-Romances, die ich je gelesen habe." Sultry Sirens Book Blog


Band 1 der Back-To-You-Reihe


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Inhalt

Titel

Zu diesem Buch

Widmung

1

2

3

4

5

6

7

8

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21

Epilog

Danksagung

Die Autorin

Die Romane von Mira Lyn Kelly bei LYX

Leseprobe

Impressum

MIRA LYN KELLY

Billionaire Crush

Roman

Ins Deutsche übertragen von Michael Krug

Zu diesem Buch

Seit zehn Jahren hat Abby ihre Jugendliebe Hank nicht mehr gesehen. Das heißt, sie hat ihn gesehen, allerdings nur auf dem Cover von Zeitschriften, wo er als der heißeste CEO im Silicon Valley gefeiert wird. Als Hank unerwartet in ihre Heimatstadt zurückkehrt, macht ihr Herz einen unerwarteten Satz – obwohl ihr schnell klar wird, dass er nicht mehr derselbe ist wie damals. Der Erfolg hat ihn verändert und sie weiß nicht, ob sie dem Hank von heute ihr Herz noch einmal anvertrauen soll. Doch auch wenn Hank immer wieder betont, dass er nicht bleiben wird, dass sein Leben nicht mit ihrem kompatibel ist, ist die Leidenschaft zwischen ihnen stärker als Abby es sich je in ihren heimlichen Träumen vorstellen konnte …

Für meine beste Freundin, Lexi Ryan.

Für das Plaudern, das Lachen, die Tränen und das gelegentliche Ideen einhauchen. Für das Vertrauen, die fünf Sekunden, die zu einer Stunde werden und die Märchenstunden, die mir Gänsehaut bereiten!

Für die unverblümten Wahrheiten, die Analysen von Popsongtexten, die Anteilnahme und die Feiern.

Für das spontane Brainstorming, das Anfeuern und dafür, wie du manchmal tapfer genug für uns beide bist.

Für die Erinnerungen daran, dass ich an meine Geschichteglauben und Vertrauen in mich selbst haben muss.

Für dieses Buch … weil es ohne dich nie zustande gekommen wäre. Und aus zig weiteren Gründen, die nur du verstehen kannst!

Love you, Girl!

1

HANK

»Echt jetzt, Hank, es geht um einen einzigen Abend. Gib dir ’nen Ruck.«

Ich drehe mich zu Jack Hastings um, meinem ältesten Freund, derzeitigen Vermieter und Nervensäge des Tages. Im Augenblick wirft er mir vom Fahrersitz seines Hunderttausend-Dollar-Autos einen finsteren Blick zu.

»Keine Chance. Auf keinen verdammten Fall.« Jack hat mich bereits bearbeitet, bis ich der Besichtigung des neuen Trakts für Naturwissenschaften zugestimmt habe. Aber was das Klassentreffen angeht, gebe ich nicht nach.

Wir sind auf dem Besucherparkplatz der Bearings Highschool. Und der liegt nah genug am Schülerparkplatz, um Erinnerungen der Art wachzurütteln, die ich mich seit zehn Jahren bemühe, hinter mir zu lassen. Erinnerungen ans Warten auf das erste Klingeln in meinem verbeulten Pick-up … an beschlagene Scheiben, an meine Finger in einem Schopf dunkler, seidiger Haare. An ihren Atem an meinem Ohr und …

»Weichei«, brummt Jack und holte mich damit gerade noch rechtzeitig von dem Ort zurück, an den ich nicht will.

»Du greifst auf Beschimpfungen zurück? Ich bin enttäuscht«, sage ich tonlos. In Wirklichkeit gehören Jacks Schläge unter die Gürtellinie zu den wenigen Dingen, die mich noch zum Lachen bringen. Sie erinnern mich daran, dass ich menschlich bin. Die meiste Zeit kann ich mir diesen Luxus nicht leisten.

Wieder eine finstere Miene, und ich bin versucht, mein Handy zu zücken, um ein Foto zu schießen. Dann jedoch steigt er aus, tätschelt die Motorhaube und setzt sich in Richtung des weitläufigen, festungsartigen Ungetüms aus Ziegelstein in Bewegung.

Ich rücke die Brille zurecht und folge ihm den Gehweg entlang. Er ist frisch asphaltiert, aber ich erinnere mich noch an den rissigen Beton und an den Schotter, der durch die Gegend gespritzt ist, immer, wenn wir zu spät dran waren und rennen mussten.

»Neues Schild.«

Jack nickt. »Jetzt haben sie hier Geld zur Verfügung.«

Ja, ich weiß. »Und ich hätte es nicht gespendet, wenn ich gewusst hätte, dass ich dafür hergeschleppt werde und unter die Nase gerieben bekomme, was ich getan habe.«

Ich scherze größtenteils, und Jack spart sich die Mühe einer Antwort.

In der Schule fühlt es sich wie an Bord eines Geisterschiffs an. Die Flure sind verwaist. Nur hin und wieder dringt eine Stimme um eine Ecke. Ein Lachen. Ein Flüstern. Das schrille Quietschen eines Stuhls, der über den Boden geschoben wird.

Jack wirft mir einen Seitenblick zu. »Ich lasse es mit dem Klassentreffen vorerst mal gut sein, aber es ist wichtig, dass du siehst, was du für diese Kinder getan hast. Es ist keine Presse da. Niemand wird aus den Schatten springen, um dich unverhofft zu knipsen oder, Gott bewahre, sich zu bedanken. Also entspann dich einfach.«

Leichter gesagt als getan. Mein Telefon quillt über vor Anrufen und Nachrichten, seit ich die Arbeit vor anderthalb Stunden mit Jack verlassen habe. Ich habe fast ein Jahr lang mit SpaceWalk über ein gemeinsames Projekt verhandelt, und mittlerweile sind wir nur noch wenige Wochen von einer Einigung entfernt. Es ist Konkurrenz im Spiel – verdammt, wer hat heutzutage eigentlich noch kein milliardenschweres Technologiekonglomerat aus dem Boden gestampft? Aber ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, der Streber zu sein, der bei einem Projekt am meisten einbringen kann, von daher bin ich zuversichtlich. Trotzdem weiß ich nicht, was mich geritten hat, dass ich mich von diesem Clown hier habe weglocken lassen. Vor allem, um hierher zu kommen.

Wir biegen in den Südtrakt, wo hoch über den Spinden ein Plakat für eine Blutspendeaktion hängt. Es sieht aus, als könnte es dasselbe wie vor zehn Jahren sein. Unwillkürlich denke ich daran zurück, wie Jack früher immer Anlauf genommen hat und hochgesprungen ist, um darauf zu klatschen, wenn wir daran vorbeigekommen sind. Diesmal geht er darunter hindurch, ohne einen Blick nach oben zu werfen. Womit er beweist, was für mich nie infrage gestanden hat: Wir sind nicht mehr dieselben Menschen wie vor zehn Jahren.

»Bringen wir es hinter uns«, sage ich. In meinen Worten schwingt eine Schärfe mit, die ich mir selbst nicht erklären kann.

Rechts öffnet sich eine Klassenzimmertür. Ein schlaksiger Teenager huscht heraus, muss offenbar zur Toilette. Durch die Tür dringt außerdem ein leises, weibliches Lachen, das mich jäh innehalten lässt. Ich schiebe die Brille auf der Nase hoch und drehe mich mit einem verdatterten Stirnrunzeln der Quelle des Geräuschs zu. Dieses Lachen. Es klingt herzlich, überschwänglich und so verdammt vertraut, dass es sich um meine Brust wickelt und mir den nächsten Atemzug abwürgt. Und plötzlich denke ich nicht mehr an Meetings, Verträge, die Zukunft oder auch nur an das verdammte Klassentreffen am Samstagabend. Langsam bewege ich mich zurück, bis ich auf Höhe des Klassenzimmers gelange und durch die Glasscheibe der Tür hineinsehen kann.

Schier unmöglich, dass sie es ist. Liegt wohl nur daran, dass ich wieder an dem Ort bin, an dem sie vier Jahre lang der Mittelpunkt meiner Welt war. Das war sie bis zu dem Tag, an dem uns beiden klar wurde, dass meine wachsende Welt eine Welt ohne sie war.

Sie spricht über den Schreibtisch gebeugt mit einem Schüler. Sieht so aus, als würde er versuchen, ihr bei etwas am Computer zu helfen. Sie streicht sich das Haar zurück. Es ist glänzend, dunkelbraun und lang genug, um über ihre Schultern zu fallen. Da sehe ich den rosa Schimmer ihrer Wange und die eine, auffällige Sommersprosse an ihrem blassen Hals.

Großer Gott, es ist tatsächlichAbby.

Ihre Hände bewegen sich so lebhaft wie schon früher immer, wenn sie frustriert oder aufgeregt war. Der Anblick bringt mich zum Lächeln und weckt in mir den Wunsch zu hören, was sie gerade sagt. Am liebsten würde ich mir gegen die Stirn klatschen, weil ich nicht geahnt habe, dass sie hier sein würde.

Und weil ich dem Blödmann Jack nicht zugetraut habe, dass er wissen würde, was nötig ist, um mich am Samstagabend zum Klassentreffen zu locken.

Mit einem hilflosen Schulterzucken dreht sich Abby dem Smartboard hinter ihr zu, einem interaktiven Whiteboard.

Ich sollte weitergehen. Sie hat mich noch nicht bemerkt, und wir haben eine Abmachung. Aber wie damals an ihrem ersten Tag in unserer Schule, nachdem sie hergezogen war, kann ich mich auch jetzt nicht zurückhalten. Also lehne ich mich stattdessen näher hin. Ein Kribbeln breitet sich durch meine Adern aus, als ich die Ohren spitze. Ich weiß bereits, was als Nächstes von ihr kommen wird.

Sie sieht den Jungen an, der versucht hat, ihr zu helfen. »Lauf runter zur Technik und sieh nach, ob jemand dort ist, der uns helfen kann.«

ABBY

Technik scheint etwas gegen mich zu haben.

Zuerst läuft mir heute Morgen die Kanne der Kaffeemaschine über. Dann ist auf einmal mein Handy tot. Das Display wird schwarz, und so sehr ich es auch auflade, anflehe, verwünsche oder größtenteils behutsam gegen den Tisch klopfe, es lässt sich nicht wieder zum Leben erwecken. Und jetzt kommt mir auch noch dieses verflixte Smartboard mit einem blinkenden roten Lämpchen und der Meldung »Keine Verbindung« in die Quere.

Es ist einer dieser Tage, an denen alles drunter und drüber geht. Gereizt frage ich mich, welches Bein mir die Technik als Nächstes stellen wird.

Ich atme tief durch. Ruhig, unauffällig. Denn die oberste Regel der Pädagogik lautet: keine Schwäche zeigen. Diese Kinder – und ganz ehrlich, ich liebe sie heiß und innig – wittern es einen Kilometer gegen den Wind, wenn ein Lehrer kurz vor dem Kollaps ist. Und ganz gleich, wie nett diese Gruppe an sich sein mag, das wäre eine zu verlockende Gelegenheit, um sie sausen zu lassen. Also atme ich langsam aus und setze wieder mein unerschütterliches Lächeln auf. Ich wende mich der Klasse zu und blättere in dem abgegriffenen Exemplar von Herr der Fliegen, das ich schon benutze, seit ich im Alter meiner Schüler war. Muss ich eben ohne das Anschauungsmaterial auskommen. Obwohl es mich satte zwei Stunden gekostet hat zu lernen, wie man es erstellt.

»Na schön, Leute. Während wir auf den Techniker warten …«, beginne ich. Aber plötzliche Unruhe im Klassenzimmer lässt mich von den vergilbten Seiten zu den tuschelnden Schülern aufschauen. Sie rutschen auf den Sitzen hin und her und beugen sich vor, um einen genaueren Blick auf den Mann in dem eleganten Anzug zu werfen, der lässig mit vor der Brust verschränkten Armen am Türrahmen lehnt.

Ich blinzle. Dann schüttle ich den Kopf, als sich der Raum um mich herum zu drehen beginnt.

Unmöglich. Sogar in meinem Kopf klingt das Wort atemlos und zittrig. Es kann unmöglich Hank Wagner sein, der am Eingang meines Klassenzimmers steht, das zerzauste Haar so lang, dass es ihm die Augen hängt und deren helleres Braun verdeckt. Diese sexy Geek-Brille sitzt immer noch auf einer scharf geschnittenen Nase, die zu gerade ist, um das Gestell an seinem Platz zu halten.

»Ich hab gehört, Sie brauchen technische Unterstützung, Ms Mitchel«, sagt er schmunzelnd. Die Luft strömt mir aus der Lunge, verlässt mich zusammen mit den letzten Zweifeln, die ich vielleicht noch hatte.

Ich kenne diese Stimme.

Nur ergibt das keinen Sinn. Der neue Trakt für Naturwissenschaften wurde vor einem Jahr fertiggestellt. Hank ist weder zum ersten Spatenstich hergekommen noch zum Durchschneiden des Bands am Tag der Eröffnung. Er hat nie einen Rundgang gemacht.

Nie angerufen …

Ist nie nach Hause gekommen …

Hat nie zurückgeschaut …

Womit er nur getan hat, was ich von ihm wollte.

»Ms Mitchel?«, fragt Clara aus der zweiten Reihe.

Obwohl ich den Kopf in ihre Richtung drehe, kann mich nicht ganz von den schokoladenbraunen Augen lösen, die tief in meine blicken. Um seine Augenwinkel haben sich feine Fältchen gebildet, die damals in der Highschool noch nicht da gewesen waren. Steht ihm gut. Genau wie der Anzug und das Selbstvertrauen, das er unübersehbar ausstrahlt.

Warum ist er hier?

»Äh … Ms Mitchel, haben Sie gerade einen Schlaganfall? Ihr Mund steht nämlich offen.«

Jemand anders murmelt, dass es nur dann ein Schlaganfall sein könnte, wenn ich dabei sabbere.

Ich klappe den Mund zu. Hitze schießt mir in die Wangen, als sich Hank vom Türrahmen abstößt und völlig ungezwungen vor die versammelte Klasse schlendert. Sein Mund hat dieses schiefe Grinsen aufgesetzt, das ich nur aus Videos in den Medien kenne, aus Zeitungsartikeln und zuletzt vom Cover der vier Monate alten Ausgabe von Men’s Health. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass immer noch ein Exemplar davon bei mir zu Hause auf dem Küchentisch liegt. Jedenfalls ist es nicht mehr das Lächeln, das mich vor zehn Jahren regelmäßig vor dem Klassenzimmer empfangen hat. Es überrascht mich, dass ich erwartet habe, es könnte noch dasselbe sein. Oder dass ich überhaupt etwas erwarten würde. Oder dass er überhaupt hier sein würde.

»Beachtet mich gar nicht«, wendet er sich an die Klasse, während er sich das Smartboard ansieht. »Macht einfach mit dem Unterricht weiter. Ich hab das im Handumdrehen behoben.«

Das Geräusch einer platzenden Kaugummiblase aus der dritten Reihe erinnert mich daran, wer ich bin und was ich hier tue. Ich schnippe mit den Fingern und zeige auf den Mülleimer. Sienna Delvino spuckt den Kaugummi hinein, bevor sie zu ihrem Platz zurückkehrt.

»Hank?«, frage ich leise und trete näher zu ihm. So nah, dass ich die Hand ausstrecken und ihn zum ersten Mal seit zehn Jahren berühren könnte. Was ich natürlich nicht tue. Ich warte darauf, dass diese warmen braunen Augen aufschauen, die gerade ein Kabel betrachten. »Was machst du hier?«

»Dein Smartboard reparieren. Wonach sieht’s denn aus?«

Ich setze zu einem Kichern an, nur klingt es eher panisch als erfreut, denn …

Was zum …

Das Getuschel der Klasse gerät außer Kontrolle. Worte wie »Technik-Guru« und »Milliardär« schwirren durch den Raum. Die Kids können nicht glauben, dass ich diesen Mann kenne, der sowohl mit seinen Innovationen als auch mit seinen Eskapaden zum Promistatus aufgestiegen ist.

Natürlich kenne ich ihn auch nicht. Jedenfalls nicht wirklich. Nicht mehr.

Es ist an der Zeit, meine Klasse einzubremsen. Allerdings verflüchtigt sich meine Kontrolle, weil ich nur ungläubig zusehen kann, wie der Schwarm meiner Jugend, der mir damals das Herz gebrochen hat, keinen halben Meter von mir entfernt arbeitet. Natürlich habe ich ihn schon oft gesehen. An zu vielen Orten, um sie aufzuzählen. Aber nicht so. Nicht seit jenem letzten Tag.

Wenige Sekunde später geht das Smartboard wieder online und zeigt meine simplen Grafiken spektakulär vergrößert an.

»Ja!« Ich klatsche in die Hände und lasse einen Stoßseufzer der Erleichterung heraus, bevor ich mich Hank zudrehe. »Du willst nicht zufällig auch einen Blick auf mein Handy werfen, oder?«

»Mann, versuchen Sie’s gar nicht erst«, wirft Eric, einer der Neisen-Jungs, aus der letzten Reihe ein. »Ms Mitchels Handys überleben nie lang. Ich hab gesehen, wie sie ihr derzeitiges Gerät letzte Woche aus dem Autofenster fallen gelassen hat.«

Verdammt. Dabei hatte ich gehofft, das hätte niemand mitbekommen.

Hank fährt sich mit der Hand über den Mund und verdeckt ein tiefes, raues Lachen, das die seit Langem schlummernden Schmetterlinge in meinem Bauch zaghaft mit den Flügeln schlagen lässt. Er wendet sich an Eric.

»Das ist noch harmlos. Ich hab mal gesehen, wie sie ein Handy aus einem Fenster im ersten Stock fallen gelassen hat.«

In der Klasse bricht hysterisches Gelächter aus, und mir entfährt empört sein Name. Weitere Verlegenheit jagt mir zusätzliche Hitze in die Wangen. Zum einen, weil das Handy damals nicht meines war. Sondern seines. Und zum anderen, weil besagtes Fenster das meines Schlafzimmers war und ich ihm um zwei Uhr morgens helfen wollte, hinauszuklettern.

Hank streckt mir einladend die offene Hand entgegen. Mein Herz setzt einen Schlag aus.

Auch nach zehn Jahren erinnere ich mich noch daran, wie gut es sich angefühlt hat, seine Hand zu halten.

Er wartet, und als ich in seine Augen aufschaue, wird mir leicht schwindlig. Hank beugt sich näher, so nah, dass ich seinen Atem auf der Wange spüre.

»Abby, dein Handy.«

Wah! Er wartet auf mein Telefon, nicht auf meine Hand.

Was bin ich für eine Idiotin! Ich sollte ihm sagen, dass die Sache mit dem Handy als Scherz gemeint war. Die Zeiten, in denen ich diesen Mann bedenkenlos bitten durfte, meinen elektronischen Geräten ihre Macken auszutreiben, sind längst vorbei. Trotzdem haste ich stattdessen zu der Schublade, in der meine Handtasche liegt. Dabei hoffe ich, dass er nicht deuten kann, welche Gedanken sich hinter der Gluthitze in meinem Gesicht verbergen.

»H-Hier«, stammle ich und kann ihm nicht richtig in die Augen sehen.

Früher war es nicht so. Damals war mir ihm gegenüber nie etwas peinlich. Das ist definitiv nicht meine Lieblingsveränderung, die sich im Verlauf der Jahre vollzogen hat.

Clara fragt Hank, woher er mich kennt. Gleich darauf will Aaron wissen, was für ein Auto er fährt. Hank dreht sich mir zu, als die Fragen wie Maschinengewehrfeuer auf ihn einprasseln.

»Tut mir leid, dass ich deinen Unterricht störe, Abby.«

Er wirkt so aufrichtig, und es ist einfach so schön, ihn zu sehen, dass mir nicht in den Sinn kommt, ihn noch einmal zu fragen, warum er eigentlich hier ist. Dann entfernt er sich rückwärts zur Tür. Sein Grinsen dabei erinnert schon eher an das Lächeln, das ich von früher kenne.

»Wenn du sonst nichts brauchst, sehen wir uns wohl beim Klassentreffen.«

Ich nicke und bringe irgendwie heraus: »Bis dann.«

Die Tür schließt sich hinter ihm. Er ist weg, und ich bleibe mit einem Dutzend Fragen und den Erinnerungen zurück, die ich jahrelang zu verdrängen versucht habe.

»Abby, tu das nicht. Bitte.«

Obwohl über zehn Jahre Hanks letzte Worte an jenem Tag abgestumpft haben, versetzt mir die Erinnerung an sie immer noch einen Stich ins Herz.

Ich weiß, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe. Das bestätigt sich jedes Mal, wenn ich den Fernseher einschalte oder die Zeitung aufschlage und sein Gesicht sehe.

Und es geht mir blendend. Ich führe das Leben, auf das ich viele Jahre gewartet habe. Das Leben, das ich nicht aufgeben wollte, als klar wurde, dass Hank auf ein anderes zusteuert. Ich wohne nicht weit von den Menschen entfernt, die seit meinem fünfzehnten Lebensjahr meine Mutter und mein Vater sind. Ich unterrichte an der Schule, die ich selbst besucht habe. Ich habe Freunde. Zum Beispiel Helen – so unkonventionell meine Nachbarin sein mag, ich liebe sie heiß und innig. Tatsächlich habe ich alles, was ich mir je gewünscht habe.

Nach einem letzten Blick durch die Scheibe der Tür des Klassenzimmers auf den verwaisten Flur dahinter seufze ich.

Na schön … fast alles.

2

ABBY

»Ihr seht euch beim Klassentreffen?«, fragt Helen zum zwölften Mal nach. Die runzlige Haut über ihrem wogenden Busen ist gerötet, während sie meinen zugegebenermaßen überschaubaren Kleiderschrank durchwühlt. »Und das war’s?«

Ich gehe zum Bett, sammle eine Ladung Kleider ein, die sie als »altmodisch«, »unvorteilhaft« und »geht gar nicht« aussortiert hat, und trage sie zurück zum Schrank. Behutsam schiebe ich Helen zur Seite und stelle klar: »Er hat mein Smartboard repariert und auch mein Handy mitgenommen, um es in Ordnung zu bringen.« Was mir immer noch total peinlich ist.

Außerdem hat er gezwinkert. Und da war dieses Lächeln. Und der Blickkontakt. Über all das habe ich mir unverhältnismäßig lange den Kopf zerbrochen, habe versucht, es zu analysieren – bevor ich noch angestrengter versucht habe, es nicht zu analysieren … Denn wie sich herausgestellt hat, war Hank Wagner nur deshalb in der Schule, weil er einen verspäteten Rundgang durch den von ihm gestifteten Trakt unternehmen wollte.

Die Begegnung mit mir war reiner Zufall. Offensichtlich.

»Kein Sterbenswort, seit er weggezogen ist, um dieses schicke College zu besuchen. Kein Anruf, nicht mal Kontakt über Facebook. Und dann spaziert er in deine Klasse, als würde ihm alles gehören, klaut dir dein Telefon und meint, ihr seht euch am Samstag? Was soll das denn?« Helen klingt eher, als wäre sie neunzehn statt zweiundsechzig.

Offen gestanden ist es wahrscheinlich mehr, als ich verdiene.

Ich setze mich aufs Bett, lehne mich mit dem Rücken an den gerüschten Kissenüberzug und fahre mit den Fingerspitzen das abgesteppte Muster meiner Bettdecke nach. »Ich hatte Unterricht. Was hätte er denn tun sollen? Die Kinder bitten, uns ein paar Minuten zum Plaudern zu geben? Er war eigentlich nur da, um zu sehen, was die Schule mit seinem Geld gemacht hat. Trotzdem ist er reingekommen, um mir zu helfen. Ich würde sagen, das war ziemlich großzügig.«

Helen tippt sich mit einem mit Strass verzierten Fingernagel an die Lippen. »Sieht er in Fleisch und Blut genauso gut aus wie in den Zeitschriften?«

Lachend nicke ich. »Ob du’s glaubst oder nicht, sogar noch besser.« Und auf einmal denke ich daran, wie sich sein Jackett über breite Schultern gespannt hat, als er damit beschäftigt war, das Smartboard zu reparieren. Wie sich sein Bizeps sogar durch den Stoff als pralle, runde Erhebung abgezeichnet hat. Wie ich mit dem Finger seine Kieferpartie entlangfahren wollte, um seine rauen Bartstoppeln zu fühlen.

Als sich Helen räuspert, überkommt mich ein Anflug von Schuldgefühlen. »Was?«

»Du wirst ein neues Kleid brauchen. Eins, das verführerisch und raffiniert zugleich ist.«

Der Gedanke ist mir auch schon gekommen. Allerdings nicht wegen Hank. Auf keinen Fall. Ich muss bloß generell meine Garderobe mit etwas aufpeppen, das nicht meine Mutter mit mir ausgesucht hat.

Meine Freundin hält einen Finger in meine Richtung und mustert mich mit einem Blick, der mir nicht recht geheuer ist.

»Äh, Helen?«

»Ein guter Push-up-BH wäre nicht verkehrt. Deine Mädels sind zwar bezaubernd, aber sie verdienen es, von Zeit zu Zeit ein bisschen in Szene gesetzt zu werden.« Sie nähert sich mir, als wolle sie das Ausgangsmaterial testen.

»Helen!«, rufe ich schrill und verschränke die Arme vor der Brust.

Mit einem Zwinkern weicht sie zurück. »Was ist Hanks Lieblingsfarbe? Nein, vergiss es. Die könnte sich geändert haben, seit ihr zusammen wart. Ich frage Google.« Helen hält sich das Telefon vor die Lippen und räuspert sich zaghaft. »Okay, Google …«

»Ich kaufe keine Unterwäsche in Hanks Lieblingsfarbe.« Ich werde überhaupt keine Unterwäsche für Hank kaufen.

Keine Ahnung, warum ich mich Helen nach wie vor anvertraue. Am Anfang hat sie wie die süße Großmutter gewirkt, die ich nie hatte. Damals bot sie mir eine dampfende Tasse Kakao an und zog gleichzeitig das zerknitterte Zellophan von ihrem Teller mit Keksen. Aber innerhalb von fünf Minuten wurde überdeutlich, dass Helen alles andere als eine Bilderbuchoma ist … eher die wandelnde, sprechende Verkörperung von Zu viel Information! Und an jenem Tag habe ich mich irgendwie in ihr zudringliches, keine Hemmungen kennendes Wesen verliebt.

Ein geballter finsterer Blick begegnet meinem Starren. »Google funktioniert nicht, wenn jemand dazwischenredet.«

»Ich weiß, tut mir leid. Aber ich brauche keinen neuen BH. Auch wenn Hank dabei sein wird. Das mit uns war vor über zehn Jahren.« Und obwohl ich in der Klasse atemlos einen Angriff von Schmetterlingen im Bauch erlitten habe, hat er mir völlig unbeeindruckt von unserer Begegnung gewirkt. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass der Mann heutzutage mit exotischen Supermodels und Primaballerinen von Weltruf ausgeht statt mit schlichten Durchschnittsfrauen, die seine Heimatstadt nie verlassen haben.

»BH-apperlapapp! Du brauchst Dessous. Ein zusammenpassendes Set aus so vielen Teilen, wie du kriegen kannst.« In Helens Augen tritt ein Glanz, den ich noch nie zuvor gesehen habe, während sich ihre glitzernden Finger schneckenlangsam über ihr Handy bewegen. »Und du brauchst eine Wachsbehandlung. Das ist nicht verhandelbar. Ich buche dir das Komplettpaket bei meiner Kosmetikerin.«

»Nein!«, stoße ich entsetzt hervor und schließe allein beim Gedanken an Helens umfassende Wachsrituale die Augen. »Ich schwöre, ich kümmere mich selbst darum. Ich benutze auch das Heißwachs und arbeite mich über die Knie nach oben. Obwohl es ohnehin keine Rolle spielt. Hank kreuzt wahrscheinlich mit Begleitung auf.« Begleiterinnen hat er mit Sicherheit genug zur Auswahl.

Helen gibt einen missbilligenden Laut von sich und lässt sich vorsichtig auf der Bettkante nieder. »Natürlich spielt es eine Rolle«, rügt sie mich sanft. »Erst recht, wenn er in Begleitung kommt. Ich weiß, was der Mann dir bedeutet hat. Und ob da noch Chemie zwischen euch ist oder nicht, wenn du ihn wiedersiehst, musst du dich schön und selbstbewusst fühlen. Für dich selbst.«

Und plötzlich fällt mir wieder ein, warum ich Helen alles erzähle. Nicht, weil sie mich an eine Großmutter erinnert, die ich nie hatte. Sondern weil sie meine beste Freundin ist.

Ich nicke mit einem Kloß im Hals. »Ich denke über die Unterwäsche nach.«

Helens pergamentartige Hand schließt sich um meine. »Und vergiss nicht das Wachs, Liebes.«

HANK

»Ach Quatsch. Du versteckst dich vor deiner Assistentin, aber so was von«, wirft Jack mir vor und lacht hämisch, als wir die Lobby unseres Gebäudes durchqueren. Es ist erst 17:15 Uhr, und ich sollte definitiv zurück an die Arbeit. Aber nach dem Mega-Stress, den ich Sheila damit aufgehalst habe, meinen Terminplan so zu ändern, dass ich das Klassentreffen am Samstag unterbringe, will ich ihr im Augenblick tatsächlich auf keinen Fall über den Weg laufen.

»Bitte. Hast du’s noch nicht gehört? In meiner Gegenwart kuschen alle.«

Jack lässt laut einen weiteren einfallsreichen Kraftausdruck vom Stapel. Eine langbeinige, todschick gekleidete Blondine schaut zu uns zurück, während sie darauf wartet, vom Sicherheitsdienst abgefertigt zu werden. Erkennen flackert in ihren Augen auf, als ihr Blick auf mir landet. Prompt strafft sie subtil den Rücken. Im Verlauf der Jahre habe ich diese Anzeichen bei Fremden zu deuten gelernt. Sie verraten mir, dass die Frau weiß, wer ich bin.

Wahrscheinlich erkennt sie auch Jack. Er taucht zwar nicht so oft in den Schlagzeilen auf, aber er ist Immobilienentwickler in dritter Generation und besitzt halb Chicago. Außerdem bekommt die Presse nicht genug von seiner Macho-Masche des unbezähmbaren Junggesellen.

Wir gehen weiter zum ausschließlich für Bewohner reservierten Fahrstuhl. Die Frau könnte wegen Greg, Brian oder einem von Jacks anderen Mietern hier sein. Oder sie könnte einer der Gründe sein, warum dieses Gebäude als das sicherste der Stadt gilt. Ein Vorteil, der sich in dem Jahr, seit ich zurück bin, mehr als einmal als praktisch erwiesen hat.

In der Aufzugkabine schwenkt Jack seine Uhr vor einem Sensor, und auf der Bodenplatte leuchtet ein P auf. »Kommst du für ein Bier mit rauf?«

Irgendwie muss ich ohnehin die Zeit totschlagen, bis Sheila Feierabend macht und nach Hause geht. »Ich sollte mit raufkommen und dir in den Arsch treten. Konntest du mir nicht einfach sagen, dass sie dort arbeitet?«

Wir haben noch nicht über Abby gesprochen. Ich bin mir nicht sicher, ob es daran liegt, dass Jack mich mit einer seiner Verhandlungstaktiken einwickeln will, oder ob es reine Gewohnheit ist.

»Oh, haben wir das Verbot der Nutzung des A-Worts aufgehoben?« Gott, er ist wirklich ein Arsch.

Die Aufzugtüren öffnen sich. Dahinter erstreckt sich ein Apartment, das überdeutlich von altem Geldadel zeugt und doch nach dem neuesten Stand der Technik eingerichtet ist. Wir steuern direkt in die Küche. Die Lichter gehen um uns herum automatisch an, und ein Klassiker von Queens of the Stone Age ertönt in der gesamten Wohnung.

Jack reicht mir ein Bier aus dem Kühlschrank und lehnt sich an die Arbeitsplatte. »Wärst du auch hingegangen, wenn du gewusst hättest, dass sie dort sein würde?«

Ich nehme einen ausgiebigen Schluck und begegne seinem Blick.

Kopfschüttelnd lacht er und zeigt mit der Flasche auf mich. »Siehst du, da hast du den Grund. Aber es war an der Zeit, Mann. Überfällig sogar.«

»Sie wiederzusehen war nicht, wie ich es erwartet hätte.« Die Untertreibung des Jahrhunderts.

Sein Mundwinkel verzieht sich zu einem schiefen Grinsen. »Das ist was anderes, als Leuten über den Weg zu laufen, die du früher gekannt hast. Sie ist …«

»Unverändert.«

»Ja.« Nachdenklich trinkt er einen Schluck. »Aber du nicht.«

Nein, bin ich nicht. Meine Ziele und Pläne haben sich geändert. Meine Prioritäten. Wie ich mit Menschen interagiere und welche Bindungen ich mir gestatte. Alles hat sich gegenüber früher fast bis zur Unkenntlichkeit verändert.

Ich bin nicht mehr derselbe. Und ich will nicht wirklich darüber nachdenken, wie ich mich in jenen wenigen Minuten bei Abby gefühlt habe. Also greife ich stattdessen auf meine bevorzugte Ablenkung zurück. Die Zukunft. Was als Nächstes kommt.

»Am Samstag wird es zugehen wie in einem Irrenhaus«, warne ich und bin froh, dass Sheila bereits erwähnt hat, sie wird die Sicherheitsmannschaft für den Abend verstärken. »Wann soll dich der Wagen abholen?«

Jack schüttelt mit amüsierter Miene den Kopf. »Ich passe. Ich reiße mir Gail Anverse auf. Dabei kann ich’s nicht brauchen, dass du mir in die Quere kommst. Außerdem ist mir nicht entgangen, wie du Abby angesehen hast. Hab keine Lust zu riskieren, dass ich dann in Bearings festsitze, wenn du mit ihr in den Sonnenuntergang davonfährst.«

Er spinnt. Gail hat nie auf ihn gestanden. Und da Abby im Wesentlichen noch genau dort ist, wo ich sie vor zehn Jahren zurückgelassen habe, und sie unheimlich glücklich damit zu sein scheint, kann man getrost davon ausgehen, dass ich mit ihr nirgendwohin fahren werde. Aber vor allem … »Das kann nicht dein Ernst sein. Du willst, dass ich allein dort aufkreuze?«

»Alter, du bist dabei, den Weltraum zu erobern«, gibt Jack trocken zurück. »Also bin ich mir ziemlich sicher, dass du mit ein paar Stunden bei deinen alten Klassenkameraden allein klarkommst.«

Ich nicke. Nur sind es nicht die paar Stunden mit den alten Klassenkameraden, die mir Kopfzerbrechen bereiten. Es liegt vielmehr an den Minuten mit Abby Mitchel, auf die ich mich jetzt schon in einem beunruhigenden Ausmaß freue. Es liegt an dem Umstand, dass ich immer noch den Hauch von frischem Apfelduft in der Nase habe, den ich aufgeschnappt habe, als ich mich nah zu ihr gebeugt habe. Es liegt daran, dass ich ihr bereits ein neues Handy bestellt habe. Nicht, weil ich das Gerät, das sie mir in die Hand gedrückt hat, nicht reparieren kann … bitte. Ihr Modell ist Müll, und ich will, dass sie etwas Besseres hat. Ich will, dass sie bekommt, was ich habe. Und da eine meiner Firmen an der Entwicklung des Betriebssystems beteiligt war … will ich, dass es ihr gefällt.

Es liegt daran, dass ich spüre, wie der eine schnelle Schnappschuss von Abby, bevor sie mich in ihrem Klassenzimmer bemerkt hat, förmlich ein Loch in mein Telefon brennt … obwohl ich ihn mir schon sechsundzwanzig Mal angeschaut habe.

Es liegt daran, dass Abby so unverändert geblieben ist und ich mir nicht ansatzweise eine Chance vorstellen kann, dass es nach zehn Jahren anders zwischen uns laufen könnte.

3

HANK

In den letzten fünf Jahren habe ich mich an immer größere Menschenmengen gewöhnt, an ganze Meere unbekannter Gesichter und an das Wissen, dass der nächste beflissene Händedruck von einem millionenschweren Investor kommen könnte. Oder besser noch, von einem aufstrebenden Erfinder.

Wenn ich also einen Raum voll mit Fremden betrete, die meinen Namen rufen und an mich ranwollen, empfinde ich das normalerweise als Routine … aber nicht hier und nicht so. Denn hier kenne ich die Namen hinter den Gesichtern. Und ich erinnere mich durchaus daran, wie wir früher miteinander umgegangen sind, auch wenn die anderen es anscheinend vergessen haben.

Wie Jimmy Alverez, gefeierter Quarterback und im Großen und Ganzen ein anständiger Kerl. An der Highschool waren wir nicht mehr als flüchtige Bekannte. Aber als ich jetzt durch die Doppeltür eintrete, kommt er angerannt, klopft mir auf den Rücken, knipst ein Selfie nach dem anderen und führt sich auf, als wäre er mein lang verschollener bester Freund. Ist schon in Ordnung. Wie gesagt, er war damals ein anständiger Kerl. Nur ist er damit in einer Abschlussklasse von fünfhundert Schülern gerade mal einer. Und ich sehe bereits nicht mehr an den dicht gedrängten Körpern vorbei, die näher an mich heranwollen. Ich vermag nicht zu sagen, ob Abby hier ist. Und falls ja, ob sie allein ist.

Meine Bodyguards haben die Anweisung, die Sporthalle nicht zu betreten. In erster Linie will ich die Medienvertreter meiden, und die scharen sich meist vor dem Eingang. Aber den Leiter meiner Sicherheitsmannschaft, Jerry, macht der Schwarm der Leute um mich herum wohl nervös. Denn plötzlich legt er mir die Hand auf die Schulter und fragt mich leise, ob er für mich Platz schaffen soll.

Ich schüttle den Kopf. Dann stelle ich mich die nächsten dreißig Minuten lang für Fotos mit Leuten zur Verfügung, die ich schon früher kaum gekannt habe. Ich schüttle die Hände von Typen, die totale Arschlöcher waren. Und ich ignoriere die Berührungen mehrerer Frauen, die den Busen an meinen Arm pressen, während sie schwören, sie wären damals an der Highschool ach so verknallt in mich gewesen. Als eine Lücke in der Menge entsteht, sichte ich Abby auf der anderen Seite der Halle. Sie steht lachend bei einigen der Frauen, an die ich mich als ihre früheren Freundinnen erinnere. Und einfach so verpufft eine Anspannung, die sich unbemerkt in mir aufgebaut hatte. Denn obwohl ich sie neulich gesehen habe – oder vielleicht gerade deswegen –, war ich mir nicht sicher, ob sie kommen würde. Und ich wollte, dass sie kommt. Ich wollte mehr als die zweieinhalb Minuten, die ich ihren Unterricht gestört und mit etwas angegeben habe, das jeder Abbrecher einer Technikschule schon im ersten Jahr gekonnt hätte.

Sie trägt ein Kleid in sattem Violett, hauchdünn mit einem kurzen, dazu passenden Pulli darüber. Ein konservativ-nettes Outfit, das eigentlich nicht sexy wirken sollte, es aber tut. Umgeben von ihren Freundinnen beobachtet mich Abby mit einem Getränk in der Hand.

Sie versucht nicht, sich wegzudrehen, als hoffe sie, ich würde es nicht bemerken. Das entspricht nicht ihrem Stil. Stattdessen erhebt sie das Glas in meine Richtung, lächelt mitleidig und legt den Kopf schief.

Ich kann sie praktisch hören: Herrje, viel Glück mit deinen Fans, Hank.

Aber ich habe genug davon, mich mit Leuten zu unterhalten, die ich nicht wirklich kenne. Also murmle ich ein paar höfliche Worte und entschuldige mich aus ihrem Kreis. Die Menge ist dicht gedrängt. Ich schüttle Hände, ohne darauf zu achten, wer mich erwischt hat, klopfe auf Schultern … und löse den Blick dabei nie von Abby.

Gott, sie ist wunderschön.

»Hank.« Obwohl sie meinen Namen leise ausspricht, höre ich ihn, als wäre er das einzige Geräusch im Raum. Als würde nicht im Hintergrund »Love Story« von Taylor Swift gespielt. Als würden nicht gerade hundert verschiedene Unterhaltungen um uns herum stattfinden. Es fühlt sich an, als hätten sich all die Male, die sie meinen Namen in der Vergangenheit ausgesprochen hat, aufgereiht und geballt. Der Eindruck genügt, um mich aus der Bahn zu werfen und mir ein wenig Kontrolle zu entreißen. Und verdammt, es fühlt sich gut an, weil ich sonst immer alles unter Kontrolle habe.

Abby zieht eine Augenbraue hoch und kommt näher, bevor sie in höflichem Abstand stehen bleibt.

Zu weit weg.

Kein Gedanke, den ich haben sollte, aber ich kann ihn nicht verhindern. »Ich war mir nicht sicher, ob du wirklich kommen würdest.«

Ich zucke mit einer Schulter und verringere den Abstand zwischen uns. Dass ihre Augen dabei leicht größer werden, freut mich mehr, als es sollte.

»War ich auch nicht.« Dabei könnte ich es belassen und mich an dem bisschen Kontrolle festklammern, das ich noch habe. Aber bei dieser Frau loszulassen, war schon immer eine Versuchung, der ich nicht widerstehen konnte. »Nur dann hab ich das hübscheste Mädchen der Schule wiedergesehen, und mir ist klargeworden, wie sehr ich es mir gefehlt hat, mit ihr zu reden.«

Und damit hat es sich auch schon. Ich wollte die Gelegenheit, mit dem Mädchen zu reden, das damals ein so wichtiger Teil meines Lebens war … und etwas über die Frau zu erfahren, zu der jenes Mädchen geworden ist. Sicher, Abby wiederzusehen wühlt etwas in mir auf. Es rüttelt einen seit fast zehn Jahren schlummernden Teil des Kontrollfreaks in mir wach. Aber mehr steckt nicht dahinter. Und verdammt, mir gefällt unheimlich, wie sie errötet. Das wird sich nie ändern.

»Hank.« Sie schüttelt den Kopf, während sie zur Decke schaut. Als sie mir schließlich in die Augen sieht, seufzt sie. »Du hast mich überrumpelt. Neulich in meinem Klassenzimmer.«

»Ich war auch verdammt überrascht.« Nickend wische ich mir einige Strähnen von der Brille. »Einen Moment lang dachte ich im Flur, ich hätte Halluzinationen. Aber es hat mir die Augen dafür geöffnet, warum Jack so versessen darauf war, mich in die Schule zu zerren.«

»Warte, du hast nicht gewusst, dass ich hier unterrichte?« Ihr hübsches Gesicht knautscht sich zusammen, wie ich es schon so oft erlebt habe. »Herrje … natürlich nicht. Immerhin bist du der Egosaurus Rex, richtig? Du hast Wichtigeres im Auge zu behalten als ein Mädchen, mit dem du mal zusammen warst.«

Sie lacht, aber irgendetwas an ihrer beiläufigen Beschreibung, was sie einst für mich war, stimmt nicht ganz. Wie dem auch sein mag, ich möchte, dass sie sich besser fühlt.

»Ich war beschäftigt …«, rechtfertige ich mich. Mein verlegenes Grinsen vermittelt, dass ich genau weiß, wie lahm die Antwort ist. In Wirklichkeit habe ich es praktisch zu einer Kunstform erhoben, nicht darüber informiert zu sein, wo diese Frau arbeitet, ob sie jemanden kennengelernt hat oder ob sie je ihre Meinung geändert hat.