Blutrote Schwestern - Maya Shepherd - E-Book

Blutrote Schwestern E-Book

Maya Shepherd

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Beschreibung

Die Zeit des Drachens war vorbei. Er bekam, was er verdiente, nachdem Mary und Dorian seinetwegen in die Ferne fliehen mussten. Aber nicht einmal dort waren sie vor ihm sicher. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätten weder Margery noch Rosalie je das Licht der Welt erblickt. Seinetwegen mussten die Schwestern getrennt voneinander aufwachsen. Sie waren geboren worden, um einander zu hassen und gegenseitig im Krieg der Farben zu töten. Weiß gegen Schwarz. Gut gegen Böse. „Warum sollte ich dich nicht auf der Stelle umbringen?“, wollte Margery von ihrer Schwester wissen. „Du bist nicht wie ich“, erwiderte Rosalie mit einem traurigen Lächeln.

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Inhaltsverzeichnis

Was zuvor geschah

Unbeantwortete Fragen

Zwiegespalten

Die letzte Ehre

Die neue Königin

Der unterirdische Irrgarten

Blutrote Schwestern

Ein Turm, so dunkel

Zerstörtes Vertrauen

Der Erdenvater

Die Spiegelwelt

Zwei Sonnenaufgänge

Schlussworte der Autorin

Danksagung

Maya Shepherd

Die Grimm Chroniken 21

„Blutrote Schwestern“

Copyright © 2020 Maya Shepherd

Coverdesign: Jaqueline Kropmanns

Lektorat: Sternensand Verlag /Martina König

Korrektorat: Jennifer Papendick

Illustration „Rosalie“: Laura Battisti – The Artsy Fox

Alle Rechte, einschließlich dem des vollständigen oder teilweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

Facebook: www.facebook.de/MayaShepherdAutor

E-Mail: [email protected]

Für all jene Leser,

die den ›Grimm-Chroniken‹ bereits seit Beginn folgen.

Gemeinsam stehen wir die Sommerpause durch.

Was zuvor geschah

Samstag, 27. Oktober 2012

9.00 Uhr

Simonja, Ember, Maggy, Will und Joe kehren mit dem Körper von Arian in die Villa am Rheinufer zurück. Die Stimmung ist niedergeschlagen, da sie Rosalie in der Schlosskommende zurücklassen mussten, nachdem diese sich geopfert hatte, um ihnen zur Flucht zu verhelfen. In dem alten Gebäude wird die Gruppe bereits von Jacob, Dorian und Margery erwartet, die ihnen schwere Vorwürfe wegen ihres riskanten Verhaltens machen.

Es kommt zum Streit zwischen den Verbündeten und ihre Differenzen erscheinen kaum noch überwindbar. Zudem gefährdet Rosalies Gefangennahme ihre Pläne für die Nacht des Spiegelballs, sodass sie gezwungen sind, diese zu überdenken.

Zur selben Zeit trifft Rosalie in der Schlosskommende auf die böse Königin. Diese will von ihr wissen, welche Geheimnisse sie den Vergessenen Sieben und ihren Freunden entlocken konnte. Es kommt heraus, dass Rosalie sich nie von Elisabeth abgewandt hat, sondern für sie spioniert hat. Nun verrät sie ihr alles, was sie herausgefunden hat, aber verlangt dafür von Elisabeth, sich an eine gemeinsame Vereinbarung zu halten.

11.00 Uhr

Eva erwacht in einem Zimmer der Schlosskommende. Dorthin hat ein Polizist sie gebracht, nachdem ihr die Flucht aus dem unterirdischen Bunker, in dem sie von Rumpelstein gefangen gehalten wurde, gelungen ist. Sie erhält Besuch von einer Frau, die sich ihr als Elisabeth vorstellt und ihr Fragen zu ihrer Entführung stellt.

Eva wähnt sich in Sicherheit und erkennt erst, dass sie sich nun in noch viel größerer Gefahr befindet, als Elisabeth sie in ihren Folterkeller führt und ihr dort ein Stück ihres Herzens entnimmt.

15.00 Uhr

Maggy und Will verabreichen Joe heimlich einen Schlaftrank, der ihn davon abhalten soll, auf dem Spiegelball zu erscheinen. Sie wollen ihn dadurch schützen, da sie befürchten, dass er ein zu großes Risiko eingehen würde, um Rosalie zu retten.

16.00 Uhr

An einem ihr unbekannten Ort kommt Eva wieder zu sich. Als Elisabeth sie erneut aufsucht und von ihr verlangt, sich an ein Spinnrad zu setzen, kommt Eva dem aus Furcht nach. Obwohl sie nichts mehr davon weiß, je zuvor an einem Spinnrad gesessen zu haben, geht ihr die Arbeit leicht von der Hand. Um zu verhindern, dass Eva sich jemals an ihre Vergangenheit in Engelland erinnert, lässt die böse Königin sie erblinden.

21.00 Uhr

Ember und Maggy haben sich auf den Spiegelball geschlichen. Dort erfahren sie, warum Elisabeth bereits in Engelland nach Scherben in den Augen der Menschen suchte: Sie will daraus einen zweiten schwarzen Spiegel erschaffen, der es ihr ermöglichen würde, über die ganze Welt zu herrschen.

Einige Splitter hat sie bereits gefunden, sodass sie den Anwesenden einen zerbrochenen Spiegel präsentieren kann. Elisabeth ist es gelungen, die ehemaligen Bürger Engellands in Königswinter ausfindig zu machen, und sie hat sie zum Spiegelball geladen. Nacheinander fordert sie diese auf, durch den Spiegel zu treten, woraufhin sie ins Nirgendwo verschwinden. Ihre Splitter bleiben allerdings zurück, sodass die gläserne Oberfläche sich immer weiter zusammensetzt.

An Elisabeths Seite befinden sich Rosalie, die sie den Gästen als ihre Erbin vorstellt, und Prinz Philipp.

Während Maggy in der Gestalt einer Spinne den Ballsaal verlässt, um ihren Verbündeten unbemerkt Zutritt zum Anwesen zu gewähren, ist Ember fest entschlossen, Kontakt zu Philipp aufzunehmen, um ihm zur Flucht zu verhelfen.

22.00 Uhr

Dorian mischt sich unbemerkt unter die Gäste des Spiegelballs und nimmt Kontakt zu Rosalie auf, um sie vermeintlich vor der bösen Königin zu retten. Es gelingt ihm, mit ihr den Ballsaal zu verlassen und in den Apfelgarten zu fliehen. Dort richtet Rosalie allerdings ihre Waffe gegen ihn und offenbart ihm, dass sie gemeinsam mit Elisabeth plant, Margery zu töten. Sie hat die ›Grimm-Chroniken‹ nie gelesen, da sie glaubt, die Wahrheit bereits zu kennen.

Obwohl Dorian von ihrem Geständnis schockiert ist, gibt er sie nicht auf und versucht, sie von seiner Aufrichtigkeit zu überzeugen.

Als Rosalie ihm verrät, dass sie Margerys Versteck an die böse Königin verraten hat und sich gerade Jäger auf dem Weg dorthin befinden, um Margery gefangen zu nehmen, erzählt Dorian ihr, dass sich auch Joe dort befindet. Rosalie weiß, dass die Jäger ihn nicht verschonen würden, deshalb willigt sie ein, mit Dorian zur alten Villa aufzubrechen, um sowohl Margery als auch Joe vor den Feinden zu retten.

Zur selben Zeit begegnen sich Philipp und Ember auf dem Spiegelball. Ember ist überzeugt davon, dass Philipp sie nicht erkennen kann, da Maggy ihr mit Magie ein anderes Äußeres verliehen hat. Doch Philipp vermag, den Zauber zu durchschauen. Gemeinsam beschließen sie, den Spiegelball zu verlassen, um seine Eltern aus dem Verlies zu befreien.

22.30 Uhr

Simonja betritt verkleidet als Margery den Spiegelball. Durch ihre Kostümierung gelingt es ihr, die Aufmerksamkeit der bösen Königin zu wecken und diese aus dem Ballsaal bis in den zweiten Stock zum Spiegelzimmer zu locken. Dort wird Elisabeth bereits von Vlad Dracul, seinen Vampiren sowie Maggy und Jacob erwartet. Die Gruppe stößt sie in einen magischen Salzkreis, der verhindert, dass die böse Königin sich ihrer Blutmagie bemächtigen kann. Durch ein Ritual soll Elisabeths Geist aus Marys Körper vertrieben werden. Auch Mary ist durch den schwarzen Spiegel anwesend und kann dem Geschehen folgen.

Zuerst sieht es so aus, als könnte der Plan erfolgreich sein. Doch dann verrät Elisabeth Vlad, dass sich Philipps Eltern in ihrer Gewalt befinden. Diese sind der Grund dafür, weshalb Vlad überhaupt zum Vampir wurde. Er jagt sie seit Jahrhunderten, um Rache an ihnen zu üben. Jetzt, wo sein Ziel zum Greifen nah ist, kann er es sich nicht entgehen lassen und verhilft deshalb Elisabeth zur Flucht. Jacob, Maggy und Simonja ist es nur möglich, den Vampiren zu entkommen, weil Jacob mit seiner Pfeife einen grünen Nebel hervorruft.

Ember und Philipp ist es gelungen, den Spiegelball zu verlassen. Bevor sie sich auf den Weg ins Verlies machen, nutzt Ember die Chance, um Philipp ihre Liebe zu gestehen. Dieser erwidert ihre Gefühle und die beiden küssen sich. Als sie jedoch die Zelle erreichen, in der seine Eltern von der bösen Königin gefangen gehalten wurden, finden sie diese verlassen vor. Sie ahnen Schlimmes, was ihnen außerhalb der Schlosskommende bestätigt wird, als sie dort auf Simonja treffen. Vlad Dracul hat Philipps Eltern in seiner Gewalt.

23.00 Uhr

Margery leidet immer mehr unter dem Verlust ihrer Gefühle. Verzweifelt vertraut sie sich Will an, in der Hoffnung, dass ihre Liebe für ihn stark genug ist. Doch auch ein Kuss vermag nichts in ihr zu bewegen.

Kurze Zeit später wird die Villa, in der sie sich verstecken, von den Jägern der bösen Königin gestürmt. Margery fordert Will auf, mit ihr zu fliehen, doch dieser weigert sich, da er den schlafenden Joe und den bewusstlosen Arian nicht zurücklassen will.

Um ihr eigenes Leben zu retten, ergreift Margery allein die Flucht und lässt Will im Stich.

23.45 Uhr

Will wird im Kampf gegen die Jäger lebensbedrohlich verletzt. Erst zu Mitternacht, als Arians Geist erscheint, gelingt es ihnen gemeinsam, die Feinde zu überwältigen.

Aus Furcht, dass noch mehr Feinde die Villa aufsuchen könnten, fliehen sie mit dem schlafenden Joe in den Wald, woraufhin Arian loszieht, um Hilfe zu holen. Wills Verletzung ist so stark, dass er das Bewusstsein verliert. Als er später wieder zu sich kommt, ist eine ihm unbekannte Frau bei ihm, die ihn verarztet. Sie ist ein Geist und gibt sich als Wills leibliche Mutter zu erkennen. Durch ihr Medaillon, welches er bei sich trägt, war es ihr möglich, ihn zu finden. Es ist ihre unsterbliche Mutterliebe, die dem Schmuckstück seine Magie verleiht.

Sonntag, 28. Oktober 2012

0.00 Uhr

Maggy und Jacob kehren in den Ballsaal zurück und müssen feststellen, dass nur noch wenige Gäste übrig sind, die noch nicht den Spiegel passiert haben. Um die Pläne der bösen Königin zu vereiteln, legt Maggy einen Zauber über die letzten Anwesenden. Dieser wird jedoch von Baba Zima gebrochen, die als Geist von den Toten zurückkehrt, um Rache an Maggy zu üben.

Die beiden Hexen liefern sich ein magisches Duell, bis Elisabeth hinzustößt und ihre Blutmagie ebenfalls gegen Maggy richtet. Diese unterliegt im Kampf und droht ihr Herz an Elisabeth zu verlieren. Doch Baba Zima ist nicht die einzige Tote, die den Spiegelball aufsucht. Die Geister der Mädchen, welche die böse Königin in ihrem Keller ausbluten ließ, treffen unter der Führung des Teufels ein und stürzen sich auf Elisabeth.

Dennoch schreiten weiterhin Gäste durch den Spiegel. Jacob ahnt, dass es nur eine Möglichkeit gibt, um zu verhindern, dass die Oberfläche vervollständigt wird. Er befreit Elisabeth aus den Fängen ihrer Opfer und stößt diese in den Spiegel. Dabei hält sie sich allerdings an ihm fest und reißt ihn mit in das schwarze Glas.

0.15 Uhr

Dorian und Rosalie treffen bei der alten Villa ein, um Margery und Joe vor den Jägern der bösen Königin zu retten. Doch sie finden in dem Gebäude nur noch die Leichen der Feinde vor. Als Rosalie zur Schlosskommende zurückkehren will, überwältigt Dorian seine Tochter und schlägt sie bewusstlos.

0.45 Uhr

Simonja, Ember und Philipp befinden sich auf dem Weg zu Schloss Drachenburg, um Philipps Eltern aus der Gewalt von Vlad Dracul zu befreien. Plötzlich werden sie im Finsterwald von den Geistern der Toten aufgesucht, deren Seelen Simonja ins Jenseits befördert hat. Diese sind auf Rache aus und greifen die Gruppe an. Nachdem es der Gruppe nicht gelingt, sie abzuhängen, beschließt Simonja, allein weiterzugehen, und lockt die Geister von ihren Freunden fort.

Instinktiv flieht sie zum Friedhof, wo die Toten sie einholen und zu überwältigen drohen. Unerwartet erhält sie Hilfe von ihrer Mutter Nisha, die sich Seite an Seite mit ihr den Geistern im Kampf entgegenstellt.

1.30 Uhr

Auch Lavenas Weg führt sie auf den Friedhof, um dort im See des versunkenen Mondes ihre letzte Ruhe zu finden. Sie ist bereit, von dieser Welt Abschied zu nehmen, da das Tor zur Unterwelt sich nur durch ihren Tod verschließen lässt.

Ihr Vorhaben wird jedoch von Arian unterbrochen, der ahnt, was sie vorhat, und sie davon abbringen will. Aber es ist Lavena, die es schafft, ihn davon zu überzeugen, dass sein Leben auch ohne sie lebenswert sein kann. Dazu trägt auch bei, dass sie vom Ufer aus beobachten können, wie Simonja und ihre Mutter sich gegen die Geister zur Wehr setzen müssen. Nicht nur ihr Leben, sondern das aller Menschen schwebt in Gefahr, solange die Unterwelt geöffnet bleibt.

Mit gebrochenem Herzen entscheidet Arian sich für das Leben, während Lavena den Tod wählt und auf dem Grund des Sees ihre Augen für immer schließt.

2.00 Uhr

Ember und Philipp erreichen Schloss Drachenburg und werden dort von den Vampiren in Empfang genommen. Vlad Dracul erwartet sie bereits im Thronsaal, wo er auch Philipps Eltern gefangen hält. Er verlangt von den ehemaligen Herrschern Hamelns, zuzugeben, was sie ihm angetan haben. Diese haben jedoch keine Erinnerung an ihre Vergangenheit und sind ihm deshalb ahnungslos ausgeliefert.

Vlad offenbart Philipp, dass er als Mensch zu seinem Vater, dem König, kam und dieser ihm für seine Hilfe einen Unterschlupf im Winter versprach. Er hielt sein Wort nicht und verdammte Vlad zu einem grausamen Tod durch Erfrieren. In seiner Not wurde Vlad vom Teufel aufgesucht, der ihn zum ersten Vampir machte. Seitdem jagt Vlad die von Hamelns von einer Welt in die andere, um sich an ihnen zu rächen.

Philipp ist zwar schockiert über die einstige Herzlosigkeit seiner Eltern, aber möchte diese dennoch retten. Er bietet sein eigenes Leben im Tausch für das seiner Eltern. Vlad Dracul weist sein Angebot zurück und schlägt den Eltern stattdessen die Köpfe ab. Damit nicht genug, lässt er ihre Körper auch noch pfählen, um Philipp mit dem Anblick zu quälen.

3.30 Uhr

Margery betritt den Thronsaal von Schloss Drachenburg und verhindert dadurch den Tod von Ember und Philipp. Es entsetzt sie, zu sehen, wie Vlad Dracul die Leichen von Philipps Eltern zugerichtet hat. Sie lässt sich davon jedoch nichts anmerken, sondern spielt ihrem Großvater vor, dass sie bereit ist, im Krieg der Farben an seiner Seite zu kämpfen.

Vlad glaubt ihr und heißt sie in seiner Familie willkommen. Es trifft ihn vollkommen unerwartet, als sie ihre spitzen Zähne in seinen Hals schlägt und ihm die Kehle herausreißt. Margery zeigt keine Gnade und lässt ihn verbluten, bis sein Körper sich in Asche auflöst.

Die anwesenden Vampire erkennen sie durch ihre Tat und ihr Erbrecht als rechtmäßige Thronfolgerin an und ernennen sie zu ihrer Königin.

Sonntag,

28. Oktober 2012

Noch drei Tage

Unbeantwortete Fragen

Sonntag, 28. Oktober 2012

4.00 Uhr

Königswinter, Finsterwald, Friedhof des versunkenen Mondes

Eingeschlagene Fensterscheiben, zerbrochene Möbel, Porzellanscherben und ein komplett abgebrannter Dachstuhl – mehr war von Simonjas ehemaligem Zuhause in dieser Welt nicht übrig geblieben. Zwischen all dem Chaos saß sie auf der Couch mit den hervorquellenden Polstern und fühlte sich genauso zerstört wie ihre Umgebung.

Nachdem die Geister der Toten sich plötzlich in Luft aufgelöst hatten, war das Totengräberhaus der nächstgelegene Zufluchtsort gewesen.

Simonjas Mutter Nisha stieg über die Trümmer ihrer Existenz und suchte nach Verbandsmaterial, ohne sich auch nur einen Hauch Bestürzung anmerken zu lassen. Ein Außenstehender wäre niemals auf die Idee gekommen, dass dies einmal ihr Zuhause gewesen war. Der Ort, an dem sie ihre Tochter hatte aufwachsen sehen und Simonja ihre ersten wackligen Schritte von einem Grabstein zum nächsten gemacht hatte. Hier hatten sie sich Gruselgeschichten wie andere Leute Witze erzählt, vor Lachen geweint und sich manchmal so heftig gestritten, dass die Toten in ihrer Ruhe gestört wurden.

Für Nisha schien das alles nicht von Bedeutung, sondern Teil eines anderen Lebens zu sein. Aber auch Simonja trauerte nicht um die Vergangenheit, sondern um die Gegenwart. Natürlich war sie froh, mit dem Leben davongekommen zu sein, aber sie wusste auch, dass es nur eine Erklärung dafür geben konnte, dass die Geister noch vor Sonnenaufgang verschwunden waren: Die Tore der Unterwelt mussten wieder verschlossen worden sein.

Was hieß das für Arian? Hatte er sich für das Leben oder für die Ewigkeit mit Lavena entschieden?

Wenn Simonja tief in sich hineinhörte, kannte sie die Antwort. Sie wusste, dass er ohne Lavena nicht leben konnte. Dennoch hoffte sie etwas anderes. Aus purem Egoismus war sie bereit, ihn leiden zu sehen, solange er dann noch bei ihr wäre. Hatte sie ihn nun für immer verloren? Er hatte ihr doch in der Schlosskommende versprochen, dass sie sich wiedersehen würden! Ein Versprechen war bindend und musste gehalten werden.

Ihre Gedanken waren töricht, aber nur so konnte sie sich davon abhalten, zusammenzubrechen. Wenn sie Gewissheit haben wollte, musste sie zu der alten Villa am Rheinufer aufbrechen, um zu überprüfen, ob sich Arians Körper noch dort befand. Sollte er sich für die Ewigkeit entschieden haben, würde sie nur noch einen Leichnam vorfinden, in dem kein Herz mehr schlug. Dann wäre es endgültig. Dann müsste sie ihn gehen lassen und akzeptieren, dass ihre Liebe nicht ausgereicht hatte. Es war in gewisser Weise nicht nur eine Entscheidung zwischen Leben und Tod, sondern auch zwischen Lavena und ihr.

Sie verfluchte dieses Gefühl, über das andere Lieder sangen, Gedichte reimten oder ganze Bücher schrieben. Liebe tat weh und machte verletzlich. Sie raubte einem die Luft zum Atmen und zog einem den Boden unter den Füßen weg. Nichts war rosarot in ihrer Gegenwart, sondern alles nur umso schwerer. Es war nicht fair, dass man einen Menschen lieben konnte, dieser aber einen anderen liebte. Wer hatte sich diesen Mist ausgedacht? Derselbe Sadist, der einem erst das Leben schenkte, nur um es einem dann viel zu früh wieder zu rauben?

Na, gefällt dir dein Leben? Bist du glücklich? Tja, jetzt ist es vorbei!

Ein höhnisches Lachen hallte durch Simonjas Kopf und sie presste sich die Hände auf die Ohren, ehe sie sich das Haar raufte, welches sich aus ihrem Pferdeschwanz gelöst hatte. Das war genug! Sie würde noch wahnsinnig, wenn sie hier länger tatenlos herumsaß.

Wütend stemmte sie sich von der Couch hoch, als ein scharfes Stechen in ihrem Schienbein sie daran erinnerte, dass sie verletzt war. Geplagt von ihren Sorgen und ihrer Trauer erschien ihr der körperliche Schmerz nebensächlich. Der Schnitt an ihrem Bein hatte aufgehört, zu bluten, und irgendwie würde sie es damit schon zu der Villa schaffen. Sobald sie Gewissheit hatte, könnte sie sich immer noch ausruhen. Vermutlich würde sie dann sogar nie wieder aufstehen wollen.

Ihre Mutter sah das jedoch etwas anders.

»Simonja!«, rief Nisha tadelnd, als sie ihre Tochter vor der Couch stehend erwischte. Unter ihrem linken Arm klemmte ein Verbandskasten. »Kann man dich keine fünf Minuten aus den Augen lassen?«

»Ich muss …«, setzte Simonja an, doch ihre Mutter ließ sie gar nicht ausreden, sondern drückte sie an der verletzten Schulter wieder auf das Polster. Simonja jaulte auf vor Schmerz, was ihre Mutter ebenfalls ignorierte. Es war sogar möglich, dass sie ihr absichtlich wehgetan hatte, nur um sie spüren zu lassen, weshalb es keine gute Idee war, in ihrem Zustand irgendwohin gehen zu wollen.

»Das Einzige, was du musst, ist, auf deine Mutter zu hören«, setzte sie auch noch stichelnd hinterher, als sie neben ihr Platz nahm und den Verbandskasten öffnete.

Nisha war verdammt stur, ungefähr genauso stur wie ihre Tochter. Simonja hatte nicht nur ihr Äußeres, sondern auch viele Charakterzüge von ihr geerbt. Das machte das Streiten mit ihr umso anstrengender, weil es war, wie eine Diskussion mit sich selbst zu führen – sie konnte nur verlieren.

Es musste für Nisha schwer gewesen sein, die Bestimmung des Todes an ihre Tochter abzugeben. Es war einer dieser Punkte, bei denen das Schicksal ihr keine Wahl gelassen hatte. Sonst hätte Simonja vermutlich nie einen Fuß vor die Tür setzen dürfen und Nisha würde immer noch einem ominösen Beruf nachgehen, bei dem man mit Kuchen und Wein das Haus verließ und blutverschmiert zurückkam.

»Wo bist du in den letzten Tagen gewesen?«, fuhr Simonja ihre Mutter aufgebracht an, während diese das Desinfektionsmittel hervorholte und es rücksichtslos über das verletzte Bein ihrer Tochter schüttete, die ihre Zähne zusammenbeißen musste, um nicht vor Schmerz zu schreien.

Nisha hatte noch nie viel davon gehalten, Simonjas Fragen zu beantworten. Sie hielt es für besser, ihre Tochter so wenig wie möglich wissen zu lassen. Meist tat sie so, als hätte sie gar nichts gehört, stellte eine Gegenfrage oder verbot Simonja schlicht, das Thema noch einmal anzusprechen.

Aber Simonja war nicht in der Verfassung, sich abwimmeln zu lassen. »Was für eine Fortbildung soll das gewesen sein? Eine für Sensenmörder oder der Kurs für Fortgeschrittene, wie man Blutflecken am besten aus der Kleidung bekommt? Warum bist du überhaupt früher zurückgekommen?«

Auch wenn es so klang, fand Simonja nichts daran witzig. Sie neigte nur dazu, in den Sarkasmus zu verfallen, wenn sie besonders zornig war.

Nisha stieß ein gedehntes Seufzen aus, als gäbe es für sie nichts Anstrengenderes, als sich den lästigen Fragen ihrer Tochter stellen zu müssen. »Ohne mich wärst du jetzt tot.«

Das stimmte zwar, beantwortete aber keine von Simonjas Fragen. »Du erinnerst dich offenbar an Engelland«, stellte sie fest und ihr Blick streifte die Sense, die griffbereit auf dem Boden vor der Couch lag. »Hast du das schon die ganze Zeit?«

Simonjas eigene Erinnerung war erst zurückgekehrt, als plötzlich Arian, Ember, Philipp, Will und Margery auf dem Friedhof aufgetaucht waren, um Lavena aus dem See zu befreien.

---ENDE DER LESEPROBE---