Body Positivity - Liebe deinen Körper - Megan Jayne Crabbe - E-Book
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Body Positivity - Liebe deinen Körper E-Book

Megan Jayne Crabbe

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Beschreibung

Das Praxis- und Umdenkbuch zum Trendthema Body Positivity von einer der Key Influencer und als @bodyposipanda weltweit bekanntem Instagram-Star. Body Positivity ist eine neue gesellschaftliche Bewegung. Sie kommt aus den USA und will erreichen, dass wir unseren Körper als einzigartig annehmen, ihn gut behandeln und Frieden mit ihm schließen. Megan Jayne Crabbe ist die bekannteste Vertreterin dieses weltweiten Trends. Megan's Probleme mit dem Gewicht und der eigenen Körperwahrnehmung begannen, als sie fünf Jahre alt war. In ihrer Kindheit wollte sie um jeden Preis schlank bleiben und erkrankte mit 14 Jahren an Anorexie. Nach einer Erholungsphase folgten weitere Jahre mit Diäten und anschließendem Jojo-Effekt. Bis sie Body Positivity entdeckte. Sie beendete alle Diäten, lernte ihren Körper anzunehmen und entkam so dem Size-Zero-Wahn. "Body Positivity - Liebe deinen Körper" ist zum Teil ein Memoir, wo Megan über ihre Veränderung berichtet, zum Teil ein praktischer Ratgeber, der Übungen und Anregungen zur eigenen Veränderung bietet und zum Teil eine Analyse der gesellschaftlichen und medialen Einflüsse, die das sogenannte "body shaming" auslösen. Megan widmet ihr Buch jeder Frau, die sich jemals schlecht in ihrem Körper gefühlt hat und sich gefragt hat, ob das Leben einfacher und cooler wäre, wenn sie nur irgendwie "besser" aussehen würde. Mit ihrem unnachahmlichen Charme, bissigem Humor und einer rebellischen Haltung plädiert die Autorin für eine Welt ohne Bikini-Körper-Diäten und einen liebevollen Blick auf sich selbst.

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Seitenzahl: 402

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Megan Jayne Crabbe

Body Positivity – Liebe deinen Körper

Vergiss Diäten und begrüße dein Leben

Aus dem Englischen von Brigitte Rüßmann und Wolfgang Beuchelt

Knaur e-books

Über dieses Buch

»Body Positivity« ist ein Buch für jede Frau, die sich jemals schlecht in ihrem Körper gefühlt hat und sich gefragt hat, ob das Leben einfacher und cooler wäre, wenn sie nur irgendwie »besser« aussehen würde. Megan Jayne Crabbe ist eine der ersten Stimmen, die zur Selbstakzeptanz des Körpers aufruft. Sie gibt praktische Anleitungen zum Umgang mit dem Körper und analysiert den Einfluss manipulativer Werbung auf unser Selbstbild. Sie selbst hat dank Body Positivity ihre Anorexie-Probleme überwunden. Mit ihrem unnachahmlichen Charme, ihrem bissigen Humor und einer rebellischen Haltung plädiert die Autorin für eine Welt ohne Bikini-Figur-Diäten und einen liebevollen Blick auf sich selbst.

Inhaltsübersicht

EinleitungNimm ab oder stirb!ObsessionDie fünf ProzentIllusionDünn ist inDer MythosKlartextEin neues IdealDas F-WortEndlich schlank – für nur 29,99 im Monat!Die ErsteDiätkulturWeniger! Weniger! Noch weniger!Wie viel hast du diese Woche abgenommen?Detox-TeesDiätpillenIch will mein Geld zurückDer SchwurKann ich body-positive sein und trotzdem Diät machen?Jeden verdammten Tag DessertNoch einen HappenDie Guten, die Schlechten und die SchuldSauber essen, schmutzig trainierenHungerDer Teufelskreis von Diät und EssattackenIntuitive ErnährungNie mehr DiätLernen Sie, auf Ihren Körper zu hörenWas ist mit Nährstoffen?Es geht nicht ums AbnehmenFrustessenNormales EssverhaltenDas mache ich nach den nächsten zehn PfundOder nach den nächsten 15 oder 20 Pfund. Vielleicht 30 …FotosGeburt, Babys und die FigurDie verschwundenen FaltenDas kann ich nicht tragenMännlichkeit und GesellschaftDates, Sex und LiebeKuchenNicht wirklich krankWie es wirklich warDiät außer KontrolleWarum isst du nicht einfach mehr?Wessen Fehler ist es denn jetzt?Nicht krank genugGeheilt versus Gewicht wiederhergestelltIst eine Gesundung möglich?Hilfe bei Essstörungen»Übergewicht ist genauso ungesund wie Magersucht«Was ist mit meiner Gesundheit?Gewicht ≠ GesundheitWer hat die Studie bezahlt?Ist Fettleibigkeit wirklich der Grund?Ja, ist das denn alles erfunden?Wie sieht die andere Seite der Geschichte nun aus?Die wahren AuswirkungenDiagnose: fettAngst vor FettWerbung für FettleibigkeitSolange ihr gesund seid#bodygoals#strongnotskinnyVerbrennenThinspo im Sport-BHDas muss wehtun!#transformationtuesdayBewegung aus FreudeBereit zu rebellieren?FAQsKann ich Sport machen und trotzdem body-positive sein?Heißt das, es ist schlecht, ins Studio zu gehen?Was ist mit muskulösen Menschen? Können sie body-positive sein?Ich habe zu viel Angst, etwas Neues auszuprobieren. Was ist, wenn ich da völlig falsch aussehe?Was ist, wenn sich die Leute über mich lustig machen?Hilfe, ich habe immer wieder Fitspo-Rückfälle!Wie geht’s weiter?Dinge, die Sie heute tun könnenWerden Sie wütendUnterzeichnen Sie den Keine-Diät-SchwurEntgiften Sie sich von der DiätkulturEröffnen Sie einen Body-Positivity-FeedDinge, die Sie diesen Monat tun könnenMisten Sie Ihre Garderobe ausSchreien Sie gegen negative Selbstbezichtigungen anLesen Sie!Verabschieden Sie sich von Ihrer WaageDinge, die Sie ständig üben könnenIntuitives Essen und lustvolle BewegungWehren Sie sich gegen BodyshamingEntziehen Sie sich dem DiätgeredeZiehen Sie keine VergleicheNoch eins zum Schluss …LeselisteSchwur
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Einleitung

Vor drei Jahren saß ich meinem Vater gegenüber und malte mit dem Finger Muster auf das dunkle Holz des Tisches. Wir hatten uns zum Mittagessen verabredet, um uns gegenseitig auf den neuesten Stand zu bringen und weil ich eine wichtige Neuigkeit für ihn hatte. Ich riss mich zusammen und begann.

»Hey, Dad …«

»Ja, Megan?«

»Du weißt doch, was ich immer für Probleme mit meinem Selbstbild hatte?«

Dazu hätte meinem Vater einiges einfallen können, zum Beispiel, wie ich eines Tages mit fünf Jahren in meinem blau karierten Kleid aus der Schule kam, meinen Bauch umklammerte und ihn fragte, warum der so viel dicker war als der der anderen Mädchen. Er hätte sich daran erinnern können, wie er zehn Jahre später an meinem Krankenhausbett stand und hoffte, dass es ab diesem Tag mit mir bergauf ginge. Er hätte sich an zahllose Gelegenheiten in den folgenden Jahren erinnern können, in denen ich neun unterschiedliche Kleidergrößen und Gewichtsschwankungen vieler Hundert Pfund durchlief.

Natürlich erwähnte er nichts davon, sondern antwortete nur mit einem vorsichtigen »Ja …?«.

»Ich habe sie jetzt bewältigt«, sagte ich und wartete auf seinen ungläubigen Gesichtsausdruck. Er erwartete sicher, dass ich ihm von meiner neuesten Diät erzählte und dass es die sei, mit der endlich alles besser würde (nicht so wie bei den vorherigen). Ich bin sicher, dass er nicht mehr zu hoffen wagte.

Ich erklärte ihm, dass ich etwas gefunden hätte, das in nur wenigen Monaten mein Leben völlig verändert hatte: Es nannte sich Body Positivity.

Jener Tag im Sommer 2014 war ein ganz normaler Donnerstag für mich gewesen. Ich wachte morgens auf, nahm meine zwei Diätpillen, spülte sie mit einem Apfel-Beeren-Kohl-Smoothie runter und zwang mich zum üblichen Ganzkörper-Work-out. Zwei Stunden später hockte ich im Wohnzimmer auf dem Boden und versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Dann folgte die tägliche Suche nach Bildern von Waschbrettbäuchen und straffen Schenkeln auf Instagram, um mich daran zu erinnern, dass all die Schmerzen, der Schweiß und der unterdrückte Hunger es wert waren.

Nur dass ich an jenem Tag wunderbarerweise über etwas ganz anderes stolperte: eine Frau in einem leuchtend roten Bikini, die darüber schrieb, dass sie ihren Körper so liebte, wie er war. Sie war nach ihren eigenen Worten fett, body-positive und wagte es, sich in einem Körper sichtlich wohlzufühlen, in dem sich meiner Meinung nach niemand wohlfühlen durfte. Sie akzeptierte Teile von sich, für die ich mich ein Leben lang gehasst hatte: ihren weichen Bauch, der beim Sitzen Röllchen warf, die Cellulite, die ihre dicken Schenkel bedeckte, ihre Arme, die wabbelten, wenn sie sie bewegte.

Ihre Zufriedenheit fühlte sich für mich an wie ein Riss im Fundament meines Weltbilds. Ich sah zum ersten Mal in meinem Leben jemanden, der sagte, dass man nicht beständig hungern, schwitzen und sich hassen muss. Dass man seinen Körper so akzeptieren und sogar lieben kann, wie er eben ist.

Für mich war das nie eine Option gewesen. Niemand hatte mir je gesagt, dass mein ultimatives Lebensziel nicht darin bestehen musste, meinen Körper zu schrumpfen. Ich habe immer gelernt, dass Selbstliebe mit der richtigen Zahl auf der Waage kommt.

Ich verließ ihre Seite und schaute wieder die vertrauten #fitspo-Bilder, um diesen roten Bikini und seine mögliche Bedeutung aus dem Kopf zu kriegen. Aber mein Denken hatte sich schon irgendwie geändert.

Mit der Zeit stellte ich meine tägliche Routine immer mehr infrage. Konnte ich das wirklich auf ewig durchziehen? Für den Rest meines Lebens Diät und Sport, bis ich jeden Tag aufs Neue auf dem Boden zusammenbrach? Denn genau das war es letztlich, was nötig war, um den »perfekten« Körper zu bekommen.

Das Thema Body Positivity nagte an mir, bis sich der Riss in meinem Fundament einige Wochen später zu einer Schlucht ausgewachsen hatte. Ich stand mittendrauf und versuchte verzweifelt zu entscheiden, auf welche Seite ich springen sollte.

Irgendwann stand ich mit meinem Bruder im Garten und fragte ihn um Rat. Traute er mir das zu? Konnte ich wirklich alles aufgeben, was ich jemals über Gewicht und Selbstwert und Schönheit geglaubt hatte, und lernen, mich mit anderen Augen zu sehen? Ich erinnere mich nicht mehr an seine genauen Worte, aber er versprach, mich bei allem zu unterstützen, was mich wirklich glücklich mache. In diesem Moment wusste ich: Wenn ich nach all der Zeit des täglichen Wiegens mein Glück nicht gefunden hatte, würde ich es niemals finden.

Ich wagte also den Sprung und tauchte ein in die Body-Positivity-Gemeinde im Internet. Ich sammelte alle Informationen, die ich finden konnte, und lieh mir zwei Wochen später The Body Myth von einer Freundin aus. Der Rest ist Geschichte …

… und steht in diesem Buch. Alles, was ich in den letzten drei Jahren darüber gelernt habe, warum wir gegen unseren Körper kämpfen und wie wir endlich Frieden mit ihm schließen können, steht auf den folgenden Seiten. Ich hoffe, es hilft Ihnen dabei, wieder zufriedener und selbstsicherer zu werden. Das Leben ist nämlich viel zu kurz, um hungrig zu sein und seinen Körper zu hassen.

 

PS: Papa, ich habe es dir ja gesagt.

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Nimm ab oder stirb!

Wie uns das Streben nach dem »perfekten Körper« kaputt macht

»Es sind nicht unsere Körper, die wir ändern müssen, sondern die Regeln.«

– Naomi Wolf, Der Mythos Schönheit

Obsession

Wir sind besessen von unserem Körper oder, genauer gesagt, von allem, was an ihm nicht stimmt. Wir sind besessen davon, unseren Körper zu schrumpfen, zu straffen und zu formen, schlank und fest zu werden, Fett zu verbrennen und abzunehmen, einen flachen Bauch zu bekommen, Kurven zu betonen und Unschönes zu verbergen, die Röllchen zu bekämpfen und möglichst zum Idealbild unserer selbst zu werden!

Und wofür das alles? Was versuchen wir damit zu erreichen? Es muss etwas Tolles sein, weil das alles so gar keinen Spaß macht. Fragen Sie irgendjemanden am fünften Tag seiner Kohlsuppendiät, wie viel Spaß er hat – viel Glück dabei! Natürlich sollen wir niemals zugeben, wie wenig Freude das alles macht, und belügen uns dabei sogar selbst: Ich lebe wirklich gern von Cayennepfeffer-Ahornsirup-Drinks, das ist das Beste, was ich je für mich getan habe! Die Fassade bröckelt aber, wenn wir beim Anblick der Pizza unserer Freundin in Tränen ausbrechen und überlegen, ob man Papierservietten essen kann und wie viele Kalorien sie wohl haben. Warum belügen wir uns selbst und tun uns so viel Unangenehmes, sogar Schmerzen an? Wozu?

Wir tun all das für den perfekten Körper. Manche von uns verbringen ihr gesamtes Leben mit der Jagd nach diesem makellosen Körper, der uns endlich schön macht, der uns endlich glücklich sein lässt. Diesen Körper stellen wir uns vor, während wir verzweifelt auf dem Laufband keuchen, bis die Knie aufgeben. Nur noch einen Kilometer mehr! An diesen Körper denken wir, wenn wir uns mal wieder unser Lieblingsdessert verwehren. Das landet doch direkt auf der Hüfte! Diesen Körper haben wir vor Augen, wenn wir auf die Waage steigen und die Zahlen an uns vorbeirauschen. Bitte nur noch zwei Pfund diese Woche, wir haben doch so hart dran gearbeitet! Wir hungern, schwitzen und weinen auf dieser Waage und verlieren beim Blick in den Spiegel die Nerven. Wir schwören, nächste Woche wird es besser gehen.

Wir tragen beständig das Gefühl des Nichtgenügens in uns, und das beeinflusst alles, was wir tun. Das kann ich mit meiner Figur nicht tragen! Ich bin nicht hungrig, ich habe schon gegessen, ehrlich! Schau mich doch an, die interessieren sich nicht für mich! Das mache ich, wenn ich erst mal abgenommen habe. Unser ganzes Leben wird vom Körperideal in Geiselhaft genommen und muss sich seine Freiheit erarbeiten. Nur Perfektion zählt. Und die ist immer gerade so unerreichbar. Nur noch ein Pfund, nur noch eine Problemzone (die sind wirklich überall, als ob sie jemand extra erfinden würde …). Aber wir glauben fest daran, dass wir es erreichen können. Wir glauben nach all der Zeit immer noch, dass wir uns nur ausreichend selbst hassen müssen, um uns irgendwann zu lieben. Wir merken nicht, dass wir hinters Licht geführt wurden.

Wie konnte es dazu kommen, dass wir es absolut normal finden, unseren Körper zu hassen? Alle Frauen, die ich kenne, lehnen ihren Körper ganz oder in Teilen ab. Man hat uns davon überzeugt, dass unser Lebensziel darin besteht, unseren Körper zu verändern. Das hat im vergangenen Jahrhundert zwar vor allem den Frauen gegolten, aber heute ist kein Körper mehr davor sicher. Männer hören zunehmend, dass ihr Wert in ihren Muskeln liegt und dass sie nicht genügen, wenn sie nicht mindestens wie das Covermodel eines Fitnessmagazins aussehen. Dank eines toxischen Bilds von Maskulinität dürfen sie auch nicht über Probleme mit ihrem Körperbild sprechen. Es ist ganz normal geworden, seinen Körper zu hassen.

Die meisten von uns kennen jemanden mit einer Essstörung, jemanden, der beim Schönheitschirurgen war, jemanden, der die immer gleichen 20 Pfund ab- und dann wieder zunimmt. Menschen leiden unabhängig von Größe, Alter, Geschlecht, Hautfarbe und Fähigkeit unter einem gestörten Körperbild. Wir sind zu fett, zu faltig, zu männlich, zu weiblich, zu dunkel, zu blass, zu queer, zu anders. Wir sind immer »zu« irgendwas im Vergleich zum Idealkörper, und dieser Druck wird übermächtig. Unser Selbsthass breitet sich aus wie ein Buschfeuer und setzt im Dienst der Perfektion langsam, aber sicher alles in Brand.

Das ist Ihnen sicher alles nicht neu. Sie sehen es jeden Tag in den Anzeigen für den »Neuen! Einfachen! Schnellen! 10-Pfund-in-10-Tagen-Abnehmplan«. Sie sehen es auf den Riesenplakaten, auf denen Models alles bewerben, von Burgern bis zu Parfüm. Sie hören es im unablässigen Geraune in der S-Bahn, im Büro, auf der Party, wie viele Pfund jemand diese Woche wieder abgenommen hat. Sie sehen es in den Magazinen im Wartezimmer, wo der neueste Hype über Saftdiät oder Detox durchgehechelt wird.

Es sind die hinterhältigen Komplimente, wie gut Sie doch »für Ihr Alter« aussehen, und die besorgten Fragen aus dem Familienkreis, wann Sie denn mal was wegen … na, du weißt schon … tun wollen. Es sind die Supermarktregale voller fettarmer, zuckerfreier, kalorienloser Produkte aus Luft und Wasser, die Sie ohne »schlechtes Gewissen« essen dürfen. Dann wollen Sie sich bei Ihrer Lieblingsserie im TV entspannen und dürfen eine endlose Parade dürrer, weißer, schöner, junger und fitter Körper abnehmen.

Sie merken es nicht, aber Sie lernen daraus. Sie erfahren jeden Tag auf unzähligen kleinen Wegen, dass es ein Ideal gibt, dem Sie nicht entsprechen. Wenn Sie dem Geraune entkommen und zu Hause all die Bilder, Anzeigen und Spots ausblenden und ganz allein mit sich, Ihrem Körper und Ihren Gedanken sind … wissen Sie es immer noch, denn da hängt ein Spiegel, dessen Bild gnadenlos alle Mängel zeigt, alles, woran Sie arbeiten müssen, alles, was an Ihrem Körper nicht stimmt. Sie wissen es einfach.

Wenn es Ihnen wie mir geht, wissen Sie das schon lange. Seitdem Sie alt genug waren, die Wörter, Bilder und Lektionen in sich aufzunehmen. Ich war gerade einmal fünf, als ich das erste Mal dachte, ich bin zu fett. Länger hat es bei mir nicht gedauert, bis ich wusste: Ich bin zu viel. Ich war zu fett, zu weich, zu braun, zu hässlich, mein Bauch war zu rund, und meine Haare waren nicht blond genug.

Ich fantasierte stundenlang, wie ich wohl als Erwachsene aussehen würde, im festen Glauben, dass ich eines Tages schön (also dünn) sein würde. Das war die einzige Option. Natürlich würde ich dünn werden, denn schließlich waren alle Vertreterinnen schöner Frauenkörper, die ich kannte, dünn: Barbie, Disney-Prinzessinnen, Rachel, Monica und Phoebe. In meinem fünfjährigen Kopf mussten Frauen so aussehen. Da hielt mich der Umstand, dass ich ein Kind war, nicht davon ab, mich mit ihnen zu vergleichen.

Neueren Studien zufolge haben schon Dreijährige ein gestörtes Körperbild, und Vierjährige wissen bereits, wie man abnimmt.[1] Dabei sollten die größten Sorgen in diesem Alter sein, ob man Rad schlagen oder sich das Alphabet merken kann, nicht, ob man zu fett ist oder wie viele Kalorien es braucht, seinen Körper zu verändern. Diese Obsession beginnt immer früher, und das sind die Folgen:

97 Prozent der Frauen gaben in einer Umfrage des Magazins Glamour zu, mindestens einmal pro Tag ihren Körper zu hassen, der Durchschnitt lag bei 13-mal pro Tag.[2]

In einer Umfrage des Magazins REAL mit 5000 Teilnehmerinnen gaben 91 Prozent an, unglücklich mit ihrem Körper zu sein.[3]

Das Centre for Appearance Research befragte 384 britische Männer, von denen 35 Prozent ein Jahr ihres Lebens gegen einen perfekten Körper eintauschen würden.[4]

Nach einer Umfrage des Magazins Esquire würden 54 Prozent der Frauen lieber überfahren werden, als fett zu sein.[5]

Tausende von Studien und Umfragen enthüllen die Wahrheit hinter unserem Körperbild. Wir befassen uns tagein, tagaus mit unseren Mängeln. Wir bremsen unser gesamtes Leben aus, weil wir uns unseres Körpers nicht würdig fühlen. Wir würden Lebenszeit opfern, Schmerzen, Krankheit und sogar Tod riskieren, um unsere Körper liebenswert zu machen. Und wir bringen unseren Kindern bei, genauso über sich selbst zu urteilen. An Statistiken kann man leicht heruminterpretieren, deshalb hier die hässliche Wahrheit: Wir zerstören uns selbst für einen unerreichbaren und wirklichkeitsfremden Körpertyp.

Was wir im Interesse des perfekten Körpers zu tun bereit sind, spricht für sich selbst. Wir hungern und verwehren uns wichtige Nährstoffe und Grundbedürfnisse. Wir treiben uns über die Grenzen unserer körperlichen Leistungsfähigkeit hinaus an. Wir verbringen Stunden damit, uns mit Lotionen und Salben einzureiben, die uns wahre Wunder versprechen. Wir quetschen uns in elastische Hüllen, die unsere Silhouette formen, und streben nach einer Taille, die so von der Natur nie vorgesehen war. Wir trinken Tees und schlucken Pillen, die Herzrasen machen und uns die ganze Nacht auf der Toilette festhalten.

Wir sitzen jede Woche in Selbsthilfegruppen, fantasieren über unsere Ziele und tun so, als hörten wir den knurrenden Magen der Sitznachbarin nicht. Wir leben von Luft und Säften in der Überzeugung, dass unser Körper voller Toxine steckt, die wir ausscheiden müssen. Wir bezahlen Unsummen dafür, dass jemand an unserem gesunden Körper herumschneidet, ihn tackert, umformt und wieder zusammennäht. Und es sind nicht nur einige wenige, die alles für ihren Traumkörper zu tun bereit sind, das betrifft uns alle: die alleinerziehende Mutter ein paar Häuser weiter, die ehemalige Mitschülerin, die alte Englischlehrerin, die Spitzensportlerin, die clevere Geschäftsfrau, die A‑Prominente, die Selfmade-Millionärin. Der Druck der Perfektion lässt niemanden unberührt.

Zu den körperlichen Dingen, die wir uns jeden Tag antun, kommt noch die finstere Besessenheit von der Perfektion, die unseren Geist gefangen nimmt. Die wirklichen Kosten einer Diät sind nicht etwa die Hungergefühle, die man ignorieren muss, es ist die unablässige Beschäftigung mit Essen, das nie enden wollende Zählen und Wiegen und Feilschen, das unser gesamtes Denken beherrscht. Der Hass, den wir für unseren Körper empfinden, endet nicht bei den Schenkeln, er bestimmt unser Selbstempfinden.

Er beherrscht unsere Beziehungen, wie wir andere behandeln, und unser Selbstwertgefühl. Er beeinflusst unser Berufsleben, unsere Kraft und unsere Ziele. Er lässt neben dem Abnehmen keinen Platz für anderes. Man kann nicht davon träumen, eine Künstlerin, Forscherin oder Anführerin zu werden, wenn die Träume vom Dünnsein beherrscht sind. Wir glauben, so, wie wir sind, verdienen wir es noch nicht einmal, auf der Welt zu sein, gesehen, gehört und geschätzt zu werden. Es raubt uns all unsere Kraft.

Weil wir den gesellschaftlichen Schönheitsidealen nicht entsprechen, sehen wir uns als klägliche Versager und als eine Last. Wir hassen nicht nur unser Äußeres, wir hassen unser ganzes Selbst. Das macht uns fertig. Ich bin keineswegs die Einzige, die sich davon komplett ausgepowert fühlt.

Diese zusätzlichen Pfunde, die wir als Makel zu sehen gelernt haben, werden zur Last der Welt auf unseren Schultern. Können Sie den Druck fühlen? Das ist das Gewicht Ihres anerzogenen Gefühls des Nichtgenügens. In unserer heutigen Welt von Schönheitsvorstellungen kann keiner von uns genügen.

Wir spielen weiter nach den Regeln, weil man uns versprochen hat, dass es sich am Ende lohnt. Selbst wenn wir bei der Diät stolpern und wieder zunehmen, versuchen wir es immer wieder aufs Neue, weil wir das Körperbild vor Augen haben, das uns endlich glücklich machen wird.

Ich will Ihnen ein Geheimnis verraten, das mir niemand auf meiner Jagd nach dem perfekten Körper genannt hat: Zufriedenheit hat keine Kleidergröße. Man findet sie nicht beim Kalorienzählen und ganz sicher nicht auf dem Display der Waage. Ich weiß, das ist schwer zu glauben, schließlich erzählt man uns immer wieder das Gegenteil.

Man hat uns so lange erzählt, wir müssen nur hart genug arbeiten, um den perfekten Körper zu bekommen. Wenn wir den erst einmal haben, sind wir schön, begehrenswert, erfolgreich und endlich würdig. Vielleicht dämmert Ihnen, dass Sie schon sehr lange nach diesen Regeln spielen, eigentlich so lange, wie Sie denken können. Sie haben wirklich alles versucht, Zeit, Kraft und Lebenszeit investiert, um den perfekten Körper zu bekommen, und sehen im Spiegel doch nur Ihre Mängel. So fehlerhaft, so menschlich. Wie ist das nur möglich?

Ich will es Ihnen sagen, Ihnen die Last abnehmen. Wenn Sie dieses Buch in Händen halten, haben Sie die Jagd nach dem Unerreichbaren vielleicht schon satt. Sie wollen keinen Krieg mehr gegen Ihren Körper führen und sich beständig ungenügend fühlen. Sie sehen nur keinen Ausweg. Wie können Sie sich selbst davon überzeugen, dass Sie schon längst gut genug sind? Wie mit Ihrem Körper Frieden schließen?

Zunächst einmal müssen wir all die Lügen über unser Aussehen hinter uns lassen und stattdessen die Wahrheit lernen. Wenn das nicht von jetzt auf gleich geht oder zu schwer erscheint, denken Sie immer daran, dass Sie gegen eine lebenslange gnadenlose Konditionierung kämpfen. Es ist nicht einfach, das abzulegen und sich neuen Ideen zu öffnen. Haben Sie Geduld mit sich selbst, seien Sie nett zu sich, und denken Sie vor allem immer daran, dass Sie wie wir alle Besseres verdienen, als Ihren Körper zu hassen.

Lektion Nummer eins: Ihr ein Leben lang gepflegtes Bild vom perfekten Körper ist eine Lüge.

Die fünf Prozent

Wir erlernen unser Ideal von dem, was wir sehen, und wir sehen es überall. Die Bilder, die vor unserem geistigen Auge entstehen, wenn wir an Schönheit denken, entstammen nicht etwa unserer Fantasie, sondern den Medien, denen wir jeden Tag ausgesetzt sind. Wir sehen es auf jeder Magazinseite, in jedem Film, jeder Fernsehshow und auf jedem Plakat. Wir sehen sie.

Das Model, den Hollywoodstar, das Mädchen mit den goldenen Haaren und der makellosen Haut. Manchmal ist ihr Haar glatt und dunkel, manchmal sieht man andere Augen- oder Hautfarben, aber zwei Dinge sind immer gleich: Sie ist schön, und sie ist dünn. Wenn das Gesicht der schönen Helena von Troja tausend Schiffe in Bewegung setzte, so haben wir heute Gesichter, die tausend Diäten, tausend Schönheitskuren und tausend Arten von Selbsthass hervorrufen. Wir sehen ihre Körper an jeder Ecke und lernen, was in unserer Kultur als schön gilt, welche Körper begehrenswert sind und wonach wir alle streben sollen. Das lässt man uns nie vergessen.

Wenn jemals Aliens auf der Erde landen und die Menschheit nur aus dem Fernsehen und einem Stapel Magazine kennenlernen sollten, bevor sie sich selbst in diese Gemeinschaft integrieren, was werden sie denken? Wahrscheinlich, dass unsere Frauen alle über 178 cm groß sind, weniger als 50 kg wiegen, der Schwerkraft trotzende, runde Brüste und makellose Gesichtshaut haben, von der Nase abwärts haarlos sind und praktisch samt und sonders nach dem 35. Lebensjahr aussterben (außer den paar, die Mütter, Milfs oder traurige alte Frauen sind). Sie werden vermutlich auch glauben, dass ein überproportionaler Anteil unserer Männer steinharte Sixpacks und ein strahlend weißes Lächeln hat, wobei vielleicht auffällt, dass Männer zumindest sichtbar altern dürfen und eine Identität besitzen, die über ihr attraktives Äußeres hinausgeht.

Sie werden vermutlich annehmen, dass farbige Menschen ein seltenes Spektakel sind und Behinderte viel zu selten, als dass man sie jemals sehen würde. Sie könnten auch nicht ahnen, dass es Menschen außerhalb des binären Geschlechterbilds gibt. Stellen Sie sich ihre Überraschung vor, wenn sie ihr Schiff verlassen und vor allem uns Frauen in all unserer Pracht zu Gesicht bekommen. Nach dem ersten Schock werden sie sich wohl fragen, warum unsere Medien immer nur einen Körpertyp zeigen, dem 95 Prozent von uns nicht entsprechen, und die anderen ignorieren. Vielleicht finden sie diese Verzerrung der Realität sogar lustig. Das Problem ist nur, dass wir diese Verzerrung nicht erkennen.

Statt einen universell gültigen Körpertyp als falsch, irreführend oder manipulativ zu begreifen, sehen wir unseren Körper als das Problem an. Warum sind unsere Beine nicht so lang und wohlgeformt? Warum ist unser Haar so schlaff und leblos? Warum hat unsere Haut Falten? Wir vergleichen uns mit diesen Bildern, bis wir uns wertlos fühlen. Diese Bilder sind uns nicht einmal ähnlich.

Das sollen sie auch gar nicht sein. Sie sollen übermenschlich und übernatürlich sein, um uns zu faszinieren, aber gleichzeitig ein Schönheitsziel abbilden, das wir für erreichbar halten. Auf diese Weise kann man uns die Illusion verkaufen, genauso schön werden zu können. Wir können die Wunderpille kaufen, die uns schlank macht. Wir können Geld für Shampoo ausgeben, das uns dichte Locken schenkt. Wir können in das Outfit investieren, das wir an den schönsten (dünnen) Körpern gesehen haben, weil wir dann vielleicht auch so aussehen! Vielleicht können wir auch schön sein! Alle Werbung verkauft uns zwei Dinge: das Idealbild und das Produkt, mit dem wir es erreichen.

Das weibliche Schönheitsideal ist das beste Marketingprogramm der Welt. Man muss nur der Hälfte der Welt einreden, sie sei hässlich, und ihr dann die Lösung verkaufen.

Abseits der Werbung stellen die Medien sicher, dass wir nicht vergessen, dass nur der ideale Körper es wert ist, gefeiert und geliebt zu werden. Wann haben Sie das letzte Mal eine weibliche Hauptrolle gesehen, die glücklich wird, ohne zuvor den üblichen Schönheitsidealen zu entsprechen? Ein Happy End gibt es nur für die Schönen. Wann haben Sie das letzte Mal ein Zeitschriftencover gesehen, das einen »Makel« einer Prominenten deutlich präsentiert? Der dazugehörige Artikel beschreibt, wie sie die Kontrolle über ihr Leben verloren hat, weil ihr Bauch beim Bücken Falten wirft. Sie kann doch nicht glücklich sein! In der nächsten Ausgabe kämpft sie dann darum, ihre Figur und ihr Leben zurückzugewinnen.

Wir lernen schnell, dass wir nur auf der Jagd nach dem perfekten Körper glücklich sein können. Es ist eine Jagd, weil nur fünf Prozent von uns den Körpertyp besitzen, den die Medien so lieben.[6] Selbst die äußerlich scheinbar so Perfekten sind verunsichert. Beim Blick in den Spiegel sehen wir nicht wirklich uns, weil wir uns durch den Filter des Idealbilds betrachten. Diesen Bildern gegenüber sind wir immer zu fett, zu hässlich, zu dunkel, zu unvollkommen.

Eine Studie zu den Auswirkungen des weiblichen Idealbilds im Fernsehen auf unser Selbstbild fand heraus, dass 95 Prozent der Frauen ihre Kleidergröße überschätzten, nachdem sie Bilder von Frauen mit Idealfigur gesehen hatten.[7] Wenn wir also immer Bilder des idealdünnen Körpers sehen, halten wir uns am Ende für dicker, als wir wirklich sind. Was wir tagtäglich vor Augen haben, formt unser Selbstbild.

Wir können unsere eigene Schönheit nicht erkennen, weil wir gelernt haben, zuerst unsere Fehler zu sehen. Alle Regeln, wie wir auszusehen haben, haben unserem Aussehen seinen Zauber geraubt. Jes Baker fasst es in ihrem Buch Things No One Will Tell Fat Girls schön zusammen:

Das Schreckliche ist, dass wir in den Spiegel und auf Bilder schauen und erwarten, ein dünnes Model zu sehen. DAS WIRD ABER NUR DÜNNEN MODELS GELINGEN. Hört auf mit dem Scheiß! Sucht nach euch selbst, dann werdet ihr euch selbst auch schätzen lernen.

Die Sache wird noch komplizierter, wenn wir erkennen, dass der perfekte Körper, nach dem wir im Spiegel suchen, für den wir uns fast umbringen, noch nicht einmal existiert. Das Ideal ist keine echte Frau mit einer Geschichte, die sich auf ihrer Haut zeigt, mit einem sich stetig verändernden, lebendigen Körper. Das Ideal ist eine Photoshop-Schöpfung. Niemand kann dem Ideal entsprechen, nicht einmal die fünf Prozent.

Illusion

Vor 14 Jahren schrieb Susan Bordo im Vorwort zur Jubiläumsauflage ihres Buchs Unbearable Weight:

Heute, in 2003, ist praktisch jedes Promibild, das man in Videos, Magazinen und sogar Filmen sieht, digital manipuliert. Lassen Sie das mal sacken. Nehmen Sie es nicht nur zur Kenntnis, sondern machen Sie sich die Konsequenzen klar: Hier geht es nicht nur um Wahrnehmung, sondern um Wahrnehmungspädagogik, Grundkurs Wie interpretiere ich meinen Körper. Diese Bilder lehren uns zu sehen. Gefiltert, geglättet, poliert, weichgezeichnet, geschärft und neu arrangiert, trainieren sie unsere Wahrnehmung dessen, was mangelhaft und was normal ist.

14 Jahre später ist alles nur schlimmer geworden. Wir vergleichen uns selbst mit Körpern, die noch nicht einmal existieren, und investieren Zeit, Energie und Geld, um einer Illusion zu entsprechen. Als ich jünger war, träumte ich davon, meinen freien Wunsch bei der guten Fee für einen perfekten Körper zu nutzen – mich wie Knete formen zu können, indem ich das Fett von meinem Bauch in meine Brüste hochschob, damit sie fest und rund würden und stolz über meiner immer schlankeren Taille thronten. Ich würde meine Schlüsselbeine senken und meinen Bauch formen, meine Augen dreimal größer machen und mein Kinn dreimal kleiner.

Genau das macht Bildbearbeitungssoftware mit nahezu jedem weiblichen Körper, den wir in den Medien sehen, nur dass sie dabei noch einen Schritt weiter geht, als ich je gedacht hätte. Sie eliminiert alle Anzeichen von Alter, Müdigkeit und Charakter aus Frauengesichtern. Sie macht routinemäßig dunkle Haut heller und helle Haut sonnengebräunt. Sie verkleinert Ohren, Nasen, Fesseln und Zehen. Sie nimmt nicht nur Pfunde von Taille und Schenkeln ab, sondern auch da, wo man es gar nicht erwartet hätte: von Hals, Unterarmen, Rücken, Knien und allem dazwischen. Nicht einmal die Achselhöhlen sind sicher, damit es nur ja so aussieht, als hätte es dort noch nie auch nur ein einziges Härchen gegeben. Das ist die ideale Achselhöhle, kein Scherz.

Liebe deinen Bauch – Tipp 1

Mein Bauch war immer mein schlimmster Feind. Ich habe ihn zu jeder Zeit und in jeder Größe abgrundtief gehasst. Ich habe geglaubt, ohne Waschbrettbauch nicht glücklich werden zu können. Ich habe mich geirrt. Heute ist mein weicher, wabbeliger Bauch einer meiner Lieblingskörperteile, und ich will Ihnen zeigen, wie Sie Ihren Bauch auch ohne Sit-ups lieben lernen können. Schließen Sie endlich Frieden mit Ihrem schönen Bauch.

Anfassen

Hören Sie auf, an Ihrem Bauch herumzudrücken, ihn zu kneifen und zu ziehen, als müssten Sie nur fest genug zupacken, um ihn wegreißen zu können. Hören Sie damit auf.

Berühren Sie ihn sanft, fühlen Sie seine Textur, ohne beständig daran zu denken, wie er sich anfühlen sollte. Stellen Sie sich vor, wie gemütlich man seinen Kopf auf ihn legen oder ihn streicheln könnte. Hören Sie auf, sich selbst wehzutun, und beginnen Sie, Ihren Körper mit Liebe neu zu entdecken.

Jüngst berichtete ein früherer Photoshop-Experte für Victoria’s Secret in einem Artikel bei Refinery29, dass alle Models bei Aufnahmen Push-up-BHs unter ihren Bikinis trugen, die dann wegretuschiert wurden[8] aber ein Dekolleté hinterließen, das anatomisch schlicht unmöglich ist. Ein Freund aus der Fotobranche erzählte mir, manche Frauen würden verlangen, dass er auf Fotos die Brüste einer anderen Frau über ihre eigenen kopiert. 2013 haben sich mehr als drei Millionen Frauen ihre Brüste operieren lassen.[9]

Das sind nicht einfach harmlose Bilder, die wir alle als unrealistisch erkennen und abtun. Diese Bilder lehren uns, wie wir uns selbst und all unsere Makel sehen sollen. Es spielt noch nicht einmal eine Rolle, ob wir wissen, wie sie manipuliert wurden, wir vergleichen uns trotzdem mit ihnen, weil sie uns schlicht und ergreifend überall begegnen.

Dieses Spiel können wir nicht gewinnen. Egal, wie viele Sit-ups wir machen, wie viele Mittagessen wir auslassen und was wir alles an Hilfsmitteln kaufen – wir werden nie aussehen wie das Model auf dem Magazincover. Man sagt: »Selbst das Mädchen auf dem Cover sieht nicht so aus wie das Mädchen auf dem Cover«, und das geht weit über die Hochglanzseiten hinaus.

Mithilfe von Computergrafik kann man in Musikvideos, Filmen und Fernsehserien sogar sich bewegende Körper manipulieren. Britney Spears hat mit 34 immer noch denselben gestylten Bauch wie mit 19. Die einzigen Anzeichen einer Bearbeitung sind leicht verschwommene Bildpartien oder lancierte unbearbeitete Aufnahmen aus dem Studio von einem Körper, der auch so all die Mühen wert war, die er gekostet hat. Wir können uns mit kostenlosen Apps fürs Smartphone um drei Kleidergrößen schlanker machen, bevor wir unsere Selfies ins Netz hochladen. Wir können den manipulierten Bildern einfach nicht mehr entkommen.

Das hat gewaltige Auswirkungen. Wie Susan Bordo schreibt, geht es nicht mehr um attraktive (bearbeitete) Fotos, die uns nicht beeindrucken. Diese Bilder sind der Standard, an dem wir uns messen und dem wir niemals gerecht werden können. Ein Bild sagt wirklich mehr als tausend Worte, und wenn Millionen das digital manipulierte Bild eines Frauenkörpers sehen, sagen all diese Worte nur: »Du bist nicht gut genug.«

Ungeachtet des offensichtlichen Schadens, den diese Bilder verursachen, behaupten die Verantwortlichen (allen voran die Bildredakteure), dass sie völlig harmlos seien. Als die Sängerin Kelly Clarkson 2009 auf dem Cover des Magazins Self erschien, dauerte es nicht lange, bis die Ersten bemerkten, dass sie digital deutlich verschlankt worden war. Ein Video vom Fotoshooting und Fernsehaufnahmen aus der gleichen Zeit zeigten, wie sie tatsächlich aussah. Der Chefredakteur des Magazins verteidigte das Cover mit der Aussage, die Fotos sollten ja gar nicht »lebensecht« sein und die Bearbeitung diene »nur dazu, sie möglichst gut aussehen zu lassen«.[10] Was für eine Botschaft ist das denn?

Vor einiger Zeit besuchte ich eine Podiumsdiskussion, an der auch die Herausgeberin eines beliebten Frauenmagazins teilnahm. Auf meine Frage, wie sie die toxische Seite der Medien besonders im Hinblick auf das Körperbild von Teenagern einschätze, antwortete sie, dass wir die Kinder unterschätzten. Sie seien intelligent genug, zu wissen, dass die Bilder bearbeitet sind, und könnten selbst steuern, wie stark die Medien sie beeinflussten.

Nun haben einige der intelligentesten Menschen, die ich kenne, die größten Probleme mit Essstörungen und Selbsthass. Intelligenz hat also nichts damit zu tun. Wir sollten jeden Menschen wertschätzen, der Tag um Tag in diesem Krieg gegen seinen Körper überlebt, ausgelöst durch das Gedankengift, das diese Magazine verspritzen, sei es durch unrealistische Retuschen, Ausgrenzung oder einen weiteren Artikel mit der Schlagzeile »So bekommen Sie Ihre Traumfigur!«.

Ich war entmutigt, dass jemand mit der Macht, die Dinge zu ändern, lieber abwiegelt und der Wahrheit ausweicht, dass durch das Bild, das er verkauft, intelligente, kreative, außergewöhnliche Menschen jeden Tag aufs Neue verletzt werden. Magazine sind nicht allein verantwortlich, aber sie sind Teil der Maschine, die uns zu unwerten Gestalten herabstuft, um uns dann die Lösung zu verkaufen. Leugnen wird das nicht ändern.

Merken wir, wenn ein Bild manipuliert ist? Mir ist das mit acht Jahren bestimmt nicht aufgefallen. Ich kann mich noch daran erinnern, welchen Zauber die Hochglanzseiten in den Magazinen meiner Mutter auf mich ausübten, die mir zeigten, wie eine Frau sein muss. Ich konnte es gar nicht erwarten, so auszusehen – makellos, sorgenfrei und vor allem dünn. Dünner als jede Frau, die ich kannte. Ich habe mich nicht gefragt, wie das sein konnte. Selbst wenn ich um die Manipulation gewusst hätte, hätte mich das nicht interessiert.

Mit 17 hatte ich ein ganzes Buch mit Ausschnitten von Frauenbildern. Ich betrachtete sie jeden Morgen und sammelte dabei Kraft für einen weiteren Tag im Kampf gegen den Hunger und für die perfekte Figur. Ich wusste, dass die Bilder retuschiert waren, dass die Körper schlanker gemacht und kleine Makel verdeckt wurden, aber das änderte nichts daran, dass diese Körper mein Traumziel waren.

Wenn wir so fest an den idealen Körper glauben, sind wir bereit, fast alles zu ignorieren, was gegen dieses Bild spricht. Deshalb glauben wir immer noch, dass die richtige Diät funktioniert, auch wenn die anderen 372 das nicht getan haben. Deshalb kaufen wir Lotionen, die uns jünger und glatter machen sollen, obwohl wir eine ganze Schublade mit Mittelchen haben, die alle nicht helfen. Deshalb vergleichen wir uns mit dem Bild eines unmöglich perfekten Körpers, auch wenn wir wissen, dass es manipuliert ist. Wir versuchen es weiter, wissend, dass kein echter Mensch so makellos sein kann. Wir wollen und können den Glauben ans Ideal nicht aufgeben.

Was wäre, wenn morgen alle Bilder anders wären? Kein Photoshop mehr. Keine Ausgrenzung. Echte Vielfalt und echte Körper vor aller Augen. Stellen Sie sich vor, jeder könnte ein Magazin aufschlagen oder den Fernseher anschalten und sich selbst sehen, Körper wie der eigene, die als schön und erstrebenswert gefeiert werden. Ich glaube, dass das eine unbestreitbare Wirkung auf unser Selbstwertgefühl hätte. Dann müssten all diejenigen, die sagen, dass Bilder bedeutungslos sind, sich mit Millionen starker und selbstsicherer Frauen auseinandersetzen, die zu wissen verlangen, warum sie so lange belogen und im Glauben belassen wurden, dass sie alles andere als perfekt sind.

Dünn ist in

Haben Sie sich je gefragt, woher Ihr Körperbild überhaupt kommt? Wer entscheidet eigentlich, was Schönheit ist? Wir betrachten den idealen Körper als geheiligte Wahrheit, die als göttliches Gebot über Generationen weitergereicht wurde: Du sollst dünn sein. Unser heutiges Schönheitsideal scheint in Stein gemeißelt: Dünn ist schön, fett ist hässlich. Daran zu zweifeln gilt fast schon als Blasphemie! Ich tue es trotzdem. Wenn nämlich der ideale Körper eine ewige Wahrheit ist, wie kommt es dann, dass er sich mit der Zeit so sehr verändert hat?

Man mag kaum glauben, dass es eine Zeit gab, in der dick in und dünn out war. Dabei gibt es in der Geschichte zahlreiche Zeiten, in denen unsere Schönheitsideale geradezu bizarr gewirkt hätten. In der westlichen Kultur galten dicke Menschen als gesund und schön. Dick zu sein bedeutete, dass man genug zu essen hatte und nicht arm war.

Unsere jagenden und sammelnden Vorfahren mussten Fett effizient einlagern können, um zu überleben. Die Fettpolster waren eine Reserve für Notzeiten. Heute verfluchen wir unseren trägen Stoffwechsel und betrachten uns als ineffizient, wenn wir Fett speichern. Ja, wir müssen nicht mehr jagen, Nahrung ist für die meisten reichlich vorhanden, also ist viel Körperfett nicht mehr überlebenswichtig. Aber warum soll es denn hässlich sein? Und warum gab es allein in den letzten 100 Jahren so viele unterschiedliche Sichtweisen auf Umfang und Attraktivität des Dickseins?

Ab und an kommt ein zorniger Jüngling, der es hasst, wenn dicke Frauen sich selbst lieben, auf meine Instagram-Seite und erzählt mir, dass wir uns dahin entwickelt haben, dünne Körper als schön zu empfinden, und ich nichts gegen das instinktive Empfinden tun könnte (ich kürze hier, meist steht da noch mindestens einmal »Du bist eine fette Sau!«). Diese Typen argumentieren, dass das Bild vom idealen Körper entwicklungsgeschichtlich in uns verankert ist, um den perfekten Geschlechtspartner zu finden. Natürlich sind einige unserer persönlichen Präferenzen fest eingebaut, aber die decken nicht einmal ansatzweise das Ausmaß unseres kulturell bedingten Schönheitsbilds ab.

Wenn wir die typischen sekundären weiblichen Geschlechtsmerkmale betrachten, wie Brüste und Hüften, und die Teile, die eine entscheidende Rolle in jedem evolutionsbedingten Idealbild spielen sollten, sehen wir auch, dass uns diese Teile heute am ehesten als makelbehaftet verkauft werden. Die Körperteile, die wir entwicklungsgeschichtlich am meisten bewundern sollten, sind die, die wir am stärksten hassen sollen.

Eine breite Hüfte und Fettansätze in Oberschenkeln und Gesäß sind Zeichen für eine gesunde Östrogenproduktion, die für die Fortpflanzung wichtig ist. Wenn der ideale Körper also mit evolutionären Instinkten zu tun hat, müssten uns diese Eigenschaften doch eigentlich am stärksten anziehen. Dabei ist seit den 1990er-Jahren genau das Gegenteil der Fall.

Damals lautete die Standardfrage aller Frauen: »Sieht mein Hintern darin fett aus?« In der Hoffnung, dass die Antwort »Nein« lautete, zwängten sie sich bis in die Nullerjahre in zu enge Kleidung. Warum? Weil das das gängige Schönheitsbild war: groß, gerade und flach. Dicke Schenkel feiern erst gerade ein Comeback, aber auch nur, wenn sie frei von Cellulite sind. Und was ist mit Bauchfett?

Frauen lagern genetisch bedingt mehr Fett ein als Männer[11], und das Fett im Bauchbereich soll die Fortpflanzungsorgane schützen[12] Es gehört also dahin. Diese wabbelige Tasche im unteren Bauchbereich, die Sie so hassen, dient einem Zweck. Selbst die schlankesten, sportgestähltesten Frauenkörper weisen zumindest eine kleine Beule an dieser Stelle ihres Bauchs auf. Wenn unsere Schönheitsideale von unserer Entwicklungsgeschichte geprägt wären, wären wir alle ganz wild auf das Bauchfett unseres perfekten Geschlechtspartners. Stattdessen werden wir täglich mit Möglichkeiten bombardiert, wie wir unser Bauchfett loswerden und uns im Handumdrehen und drei einfachen Schritten einen Waschbrettbauch zulegen.

Bei der Recherche zu diesem Kapitel habe ich auf Google nach »Bauchfett bei Frauen ist gut« gesucht und fand beinahe ausschließlich Artikel darüber, wie man das hartnäckige Bauchfett loswerden und schnell und einfach einen perfekten Waschbrettbauch bekommen kann. Ich fand tatsächlich nur einen Artikel, in dem es darum ging, dass die Frage, wie man den Speck loswird, schon darauf programmiert, aus etwas Natürlichem und Normalem wie Bauchfett die ultimative weibliche Sünde zu machen, der man einfach nicht entgehen kann. Wir haben entwicklungsgeschichtliche Erwägungen schon lange hinter uns gelassen und spielen heute nach ganz anderen Regeln. Abgesehen davon weiß ich nicht, welcher evolutionäre Instinkt gesteigerten Wert auf gezupfte Augenbrauen und Thigh Gaps legen sollte.

Schönheitsideale wandeln sich, weil sie immer aufs Neue von sehr mächtigen Menschen festgelegt werden, ähnlich wie in einem Jahr Kunstleder schick und im nächsten Jahr eine Kulturschande ist, nur dass diese Leute nicht mit Modestoffen spielen, sondern mit unserem Selbstbild. Die Regeln werden schnell verbreitet, und bald spielen alle die mit, die bestimmen, was wir tagtäglich zu sehen bekommen. Sie überfluten unsere Umwelt mit Bildern des neuen Schönheitsideals, verkaufen uns Wundermittel, mit denen wir es erreichen können, und schreiben Schlagzeilen, die das neue Bild zu einem Fakt zementieren, auch wenn die Grundlagen dafür auf tönernen Füßen stehen.

Es gibt keinen tieferen Grund dafür, dass die Körper, die wir heute verehren, so anders sind als die, die wir vor 50 Jahren toll fanden, so, wie es keinen tieferen Grund dafür gibt, dass Röhrenjeans nach und nach von Skinny Jeans verdrängt wurden. Es ist schlicht eine Mode, eine kulturell bedingte Vorliebe, die uns eingeredet wird. Wir hassen unseren Körper dafür, dass er nicht in einen Standard passt, der von vorn bis hinten erfunden ist. Dieser Standard sähe zu einem anderen Zeitpunkt in der Geschichte völlig anders aus.

Eines meiner liebsten Kunstwerke hinsichtlich Body Positivity ist Wrong Century von Tomas Kucerovsky. Es zeigt eine wunderbar dicke Frau in einem roten Pulli, die in einem Museum steht. Ein Mann geht vorbei, hebt seine Brille und starrt sie mit grimmig gerunzelter Stirn an. Zwei junge Männer tuscheln hinter ihrem Rücken und zeigen lachend auf ihre Figur. Dann sehen wir ihr Gesicht, wie sie traurig auf Peter Paul Rubens’ Der Raub der Töchter des Leukippos schaut, in dem die Frauenkörper weich und dellig sind, mit dicken Schenkeln und wabbeligen Bäuchen. Sie weiß, dass die Dinge einst anders waren. Man denkt sich, wenn die Leute, die sie nach ihrer Figur bewerten, nur wüssten, dass sie nur blind einem Trend folgen, würden sie sie mit ganz anderen Augen sehen. Öffnet eure Augen: Körper wie dieser wurden früher mit großer Kunst gefeiert.

Botticellis Die Geburt der Venus zeigt die römische Göttin des Sex, der Liebe und Schönheit in einer Seemuschel. Ihr Bauch bildet eine fleischige Tasche, und ihre Schenkel stehen eng zusammen. Sie ist faszinierend. Es gibt eine griechische Statue namens Kniende Venus, die dieselbe Göttin mit drei unverkennbaren Röllchen am Bauch zeigt. Die Darstellung der Schönheitsgöttin dieser Zeit hatte also Bauchröllchen. Und wir sollen heute davon angewidert sein.

Die Venus von Willendorf ist eine kleine Statuette aus der Altsteinzeit (vor rund 25000 Jahren), eine Frauenfigur mit riesigen runden Brüsten, die auf einem sogar noch dickeren Bauch ruhen. Würde sie heute so in ein Diätzentrum marschieren, würde man sie als krankhaft fettleibige Frau mit Apfelfigur kategorisieren, die sofort ihre Kalorien reduzieren muss. Dabei stellte sie wohl in ihrer Zeit ein Symbol für Fruchtbarkeit und Sexualität dar. Mann, wie die Zeiten sich geändert haben.

Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wurden zu verschiedenen Zeiten ganz unterschiedliche Figuren gefeiert. Wir dürfen nicht vergessen, dass unser aktuelles Schönheitsideal nicht in Stein gemeißelt, sondern eine Mode ist. Warum nehmen wir etwas so ernst, das sich jedes Jahrzehnt wandelt? Sehen wir nicht, wie bedeutungslos das Körperideal ist, das sich beständig verändert und uns stets aufs Neue diktiert wird?

Body Positivity wird oft als der Versuch missverstanden, ein neues Körperideal einzuführen, das einfach größer und kurviger ist und diejenigen repräsentiert, die sich jahrelang ausgegrenzt gefühlt haben. Dabei wollen wir das Ideal gar nicht ersetzen, wir wollen es ganz abschaffen. Wir wollen, dass man alle Figuren feiert, zeigt und bewundert. Die Frauen auf den Coverfotos können ruhig bleiben, aber sie sollen uns anderen auch ein wenig Platz einräumen. Wir wollen nicht mehr hören, dass es nur eine Art von Schönheit gibt, wenn wir offensichtlich alle in das Schönheitsspektrum passen, egal, wie weit wir den heutigen Standards entsprechen.

Das heutige Körperideal ist trügerisch. Es erlaubt Frauen vordergründig Körperfett und Kurven. Es sagt, Fitness ist genauso wichtig wie Schönheit, Stark ist das neue Dünn! Es tut so, als sei es eine Befreiung vom Diktat der Kate-Moss-Maße. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Ja, Kurven sind wieder erlaubt, aber nur an den richtigen Stellen und nur in den richtigen Proportionen. Das Internet wimmelt nur so von Leuten, die bestimmen, wer sich »kurvig« nennen darf und wer nicht (»das ist nicht ›kurvig‹, das ist einfach nur fett«).

Wir dürfen unsere Hüften und Brüste wiederhaben, aber unsere Bäuche, Beine, Arme und Gesichter müssen auf Spur bleiben, von unseren Hintern ganz zu schweigen. Fitness gilt nur, wenn man sie auch sieht, wenn der Torso definiert und die Gesäßmuskeln hoch und fest sind. Das heutige Ideal ist eine Extremform der alten Stundenglasfigur. Soll es wirklich einfacher sein, einen Körper zu bewahren, der an bestimmten, festgelegten Stellen dünn, straff und fest ist und überall sonst üppig, als es war, von oben bis unten dünn zu bleiben? Oder ist das für die meisten von uns nicht genauso unerreichbar?

Heute muss jedes Mädchen kaukasische blaue Augen, volle hispanische Lippen, eine klassische Knopfnase, unbehaarte asiatische Haut mit kalifornischer Bräune, einen jamaikanischen Dancehall-Hintern, lange schwedische Beine, kleine japanische Füße, die Bauchmuskulatur einer lesbischen Fitnessstudio-Besitzerin, die Hüften eines neunjährigen Jungen, die Arme Michelle Obamas und Puppentitten haben.

– Tina Fey, Bossypants

Wenn man in der genetischen Lotterie nicht den Jackpot geknackt hat, kostet es heute viel mehr Zeit und Energie, den idealen Körper zu erzielen, als jemals zuvor. Die Arbeit an einer Figur, die nur sehr wenige von uns je erzielen werden, ist zum Fulltime-Job geworden. Jede wache Stunde dient dem Kampf gegen das eigene Fleisch und wird zur Besessenheit. Vielleicht ist das ja das Ziel?

Der Mythos

Beim weiblichen Schönheitsideal geht es nicht einfach nur ums Schönsein. Es geht auch darum, wie eine Frau sich verhält und wie sie sich in die Welt einfügt. Weil der Weg zur Idealfigur über so oberflächliche Dinge wie den richtigen fettarmen Joghurt, die richtige Kleidergröße, den richtigen Lidschatten und das richtige Magazin führt, vergisst man leicht, dass es um so viel mehr geht.

Wenn wir unsere eigene Erfahrung betrachten, erkennen wir schnell, dass das Streben nach der perfekten Figur weit über das Körperliche hinausgeht. Es bestimmt, wie wir Zeit, Geld und Energie investieren. Es wird zum Fokus unseres Lebens, über den wir sprechen und nach dem wir uns mehr sehnen als nach irgendetwas sonst. Es wird zum Teil unserer Identität, sodass wir uns fürchten, es aufzugeben – was soll ohne dieses Streben nur aus uns werden? Was immer zum Teufel wir wollen! Weibliche Schönheitsideale haben schon immer dazu gedient, uns in jeder Hinsicht einzuschränken und kleinzuhalten. Hier ist eine kleine Geschichtsstunde, die zeigt, wie abgefuckt Schönheitsideale wirklich sind:

In China waren abgebundene Frauenfüße einst das ultimative Symbol weiblicher Schönheit und Stellung. Frauen mit nur noch sieben bis zehn Zentimeter langen Füßen galten als unglaublich attraktiv und unter reichen Männern als begehrenswehrte Ehefrauen. Um dieses Ziel zu erreichen, brach man ihnen alle Zehen, bis auf den großen Zeh, und band sie flach unter die Fußsohle. Dann brach man das Fußgewölbe in zwei Teile und band beide Teile eng zusammen.

Diese Frauen waren auch ein Symbol für den Reichtum ihres Mannes. Da sie vor Schmerzen nicht einmal richtig laufen konnten, konnten sie auch nicht arbeiten, und ihre Lotusfüße bewiesen, dass sie nicht mitverdienen mussten. Dieses Schönheitsideal führte zu Bewegungsmangel, Schmerzen und manchmal zum Tod.[13],[14] Nicht nur die Füße der Frauen waren winzig und gebrochen, sie selbst waren es auch. Aber sie waren zumindest schön, oder?

Das viktorianische Korsett hatte die gleiche Wirkung. Eine Wespentaille stand für Schönheit und Klasse. Es war »für wahre Weiblichkeit unerlässlich«, obwohl es »häufig Lunge, Leber und Dünndarm zusammenpresste, den Magen hob und die Blase einschnürte. Manche Korsetts waren so eng geschnürt, dass die Rippen mit der Zeit in Leber und andere Organe einwuchsen.«[15] Sollen wir wirklich glauben, dass es dabei nur um Schönheit ging? Warum soll weibliche Schönheit mit solchen Schmerzen erkauft werden? Hierbei ging es längst nicht nur um das ästhetische Ideal der schmalen Taille – die Frauen sollten in ihre Rolle im Haus eingeschnürt und dabei zu kurzatmig sein, um das zu hinterfragen.

In ihrem Buch Der Mythos Schönheit