Bohlweg Gang - Thomas Ostwald - E-Book

Bohlweg Gang E-Book

Thomas Ostwald

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Beschreibung

In diesem Krimi geht es um die Übernahme einer Szene-Kneipe, einen Drogentoten und der Aufklärung eines älteren Raubüberfalls. Starb Schorse wirklich an einer Überdosis? Was befand sich im alten Panzerschrank im Keller der Kneipe? Mitten im Geschehen stehen die neuen Betreiber des Lokals, in dem sich bald verschiedene Member der umliegenden MCs treffen - da kann es nicht ausbleiben, dass es bald ein wenig turbulenter zugeht in der Stadt... Polizeihauptkommissar Thomas Faust, selbst begeisterter Motorradfahrer, ermittelt und findet bald eine heiße Spur.

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Seitenzahl: 91

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Nick Sissy

Freddy Mike

Thomas Ostwald

Bohlweg Gang

Ein Braunschweig-Krimi

Edition Corsar D. u. Th. Ostwald

Braunschweig

Impressum

Texte: © 2025 Copyright by Thomas Ostwald

Umschlag und

Illustrationen:© 2025 Copyright by Thomas Ostwald

Alle Personen, MC-Klubs und Lokale in diesem Krimi sind erfunden, Ähnlichkeiten mit lebenden oder bereits verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Verantwortlich für den Inhalt:

Thomas Ostwald

Am Uhlenbusch 17

38108 Braunschweig

[email protected]

1.

Das Dröhnen der V-Motoren war noch im Sitzungssaal des Rathauses zu hören. Ein paar der älteren Ratsmitglieder sahen sich verwundert an, einer von ihnen stand sogar auf, ging an das große Fenster und starrte auf den Rathausvorplatz, ohne jedoch etwas erkennen zu können. Das war auch nicht weiter verwunderlich, denn der Motorrad-Corso bewegte sich nicht über die Straße Langer Hof, sondern natürlich über den Bohlweg. Dort reckten die ersten bereits ihre Hälse, als das Dröhnen anschwoll und schließlich vom Hagenmarkt die ersten Motorräder heranrollten und direkt vor dem Eis-Café hielten. Zwei oder drei der schwarz gekleideten Biker hatten Stahlhelme auf, die meisten jedoch nur ein Lederband oder ein Tuch um die Stirn gebunden, drei von ihnen trugen eine Halbschale, wie man die Nachbauten der alten Cromwell-Helme nannte. Beeindruckt vom Auftreten der Biker, die jetzt ihre Harleys auf dem Seitenständer abstellten und zum Tresen schritten, hielten sich die jungen Eiskäufer etwas abseits. Es handelte sich um etwa acht Jungen, die nach Schulschluss sich noch ein Eis bei Coletti auf dem Bohlweg gönnen wollten und beim ersten Geräusch der amerikanischen Motorräder fasziniert stehen geblieben waren und sogar ihre Eistüten in den Händen vergaßen, deren Inhalt langsam an ihren Händen heruntertropfte.

Kein Blick der in schwarze Lederjacken gekleideten Biker galt ihnen. Dann nahm einer der wenigen Helmträger seine Halbschale ab, schüttelte die langen, blonden Haare mit einer lässigen Kopfbewegung und schritt an der Warteschlange nach vorn.

„He, was für eine dufte Biene!“, raunte einer der Schüler seinem Nachbarn zu. Sie hatten ihre braunen Aktentaschen an den Füßen abgestellt und verschlangen den Auftritt der Motorradgruppe mit großen Augen.

„Bist du bekloppt, so laut zu reden!“, zischte der andere seine Antwort. „Die Wuchtbrumme haut dich ungespitzt in den Boden, wenn’se dich hört!“

Die anderen schwiegen, aber die Blicke, mit denen sie jetzt der Blonden folgten, sprachen Bände.

„Man, ist die scharf!“, flüsterte einer der anderen Jungen jetzt, dessen dicke Oberschenkel zu der kurzen Hose nicht richtig passten. Wie zwei wuchtige, fleischige Keulen schimmerten sie weiß über einem Paar dunkler Kniestrümpfe, die in offenen Sandalen endeten.

Auch sein kurzärmeliges Oberhemd mit dem Karo-Muster hatte ihm schon in seiner Schulklasse viel Spott eingebracht, aber Manni schien das nicht wirklich zu stören. Er hatte seinen Platz in der Clique gefunden, denn was er optisch nicht bieten konnte, machte sein absolut einmaliges Taschengeld wieder wett. Jeder wusste, wer mit Manni ins Stadtbad ging, hatte keine Sorgen. Eis, Bockwurst, Sinalco – Manni zeigte sich großzügig. Nur bei den Mädels kam er nicht an, auch wenn er großzügig Eistüten verteilte, Brause ausgab oder sogar mit den beliebten Wrigley-Kaugummistreifen lockte. Blöd nur, dass er nicht nur seine Schultasche noch an die Wand gelehnt hatte, sondern auch noch den Turnbeutel an einem Riemen über der Schulter trug.

Er ging jetzt zu den abgestellten Maschinen und musterte sie eingehend. Als sich Horst, sein Tischnachbar in der Volksschule, neben ihn stellte, stieß er ihn an und deutete auf das Motorrad, das die blonde Frau eben abgestellt hatte.

„Was für ein heißer Ofen!“, sagte er andächtig. „Ob sie mich wohl darauf mitnehmen würde?“

Horst warf ihm einen zweifelnden Blick zu und tippte sich schließlich an die Stirne.

„Du hast’se doch nicht mehr alle, Manni! Guck dir doch die Typen mal richtig an, das sind Rocker der übelsten Sorte! Ich würde mich jedenfalls nicht so dicht an die Maschinen stellen, könnte sein, dass da die Besitzer…“

„He, Moppel!“, unterbrach ihn eine Stimme. Manni, der gerade in die Knie gegangen war, um den glänzend polierten Luftfilter zu bewundern, schrak hoch, wobei sein Turnbeutel nach vorn schwang und die darin enthaltenen Turnschuhe unangenehm gegen seine Weichteile schlugen. Moppel! Das ging nun doch etwas zu weit! Aber dann fiel sein Blick auf die Blonde, die ein geradezu unverschämtes Lächeln im Gesicht hatte, als sie ihn von Kopf bis Fuß musterte. „Abstand zu meinem Mopped, klar? Möchte nicht, dass dein Atem den Chrom trübt, verstanden?“ Ihre Stimme klang scharf und ließ keinen Widerstand zu. Aber ihr Gesicht zeigte ein höhnisches Lächeln, und der dicke Manni blickte fasziniert auf ihre geschwungenen roten Lippen. So etwas habe ich noch nie gesehen!, schoss es ihm durch den Kopf, aber ein Blick aus den blauen Augen der Frau ließ ihn zusammenzucken. So einen Blick hatte er zuletzt von dem großen Reiner erhalten, kurz bevor der ihm mit der Faust mitten ins Gesicht schlug. Dabei hatte er gar nichts gemacht, war dem Schläger auf dem Pausenhof nur nicht schnell genug ausgewichen.

Manni trat also gehorsam einen Schritt zurück, konnte aber seine Bewunderung für diese blonde, kurvenreiche Frau im schwarzen Leder nicht verbergen. Ihre schwarze Lederjacke stand offen und das T-Shirt mit einem grinsenden Wolfskopf und dem Schriftzug Harley Davidson verbarg nur wenig von den großen Brüsten. Dabei leckte sie mit ihrer Zunge auf so provozierende Weise an ihrer Eistüte, dass Manni spürte, wie sich etwas in seiner Hose regte. Was für ein Weib! Ob er sie jetzt nach einer Runde auf dem Beifahrersitz fragen sollte? Ein rascher Blick auf das schmale Polster für den Sozius ließ ihn jedoch zögern.

Die Blonde schien seine Gedanken zu erraten.

„Geht dir gerade einer ab, Kleiner?“

Sie lachte laut auf, und jetzt kamen auch die anderen Biker mit ihren Eistüten in der Hand herüber und stellten sich grinsend neben sie.

„Schaut euch den Fettmops an. Ich wette, eben ist ihm einer abgeflutscht. Tatsächlich, da ist ja ein Fleck!“

Die Blonde deutete lachend auf Mannis Hosenstall, und auch der sah irritiert an sich herunter. „Die Farbe ist ja vielversprechend!“, ätzte die Blonde weiter. „Aber mach dir nichts draus, Moppel, ist mir auch schon passiert!“ Brüllendes Gelächter ihrer Begleiter folgte umgehend.

Beschämt erkannte er, dass dort wirklich ein Fleck war, aber leider ein dunkelbrauner. Mein Schoko-Eis!, dachte Manni bekümmert und wischte sich verlegen über den Fleck, was ihm weiteres Gelächter der umstehenden Biker einbrachte, denn damit verwischte und vergrößerte er nur den frischen Eisfleck.

„Ist er nicht süß, der Dicke?“, stieß die Blonde mit einem so verächtlichen Ton aus, dass Manni sich unwillkürlich duckte und zu seinen Schulfreunden hinübersah. Aber dort gab es keine Hilfe.

Im Gegenteil.

Auch die Jungen aus seiner Klasse grinsten breit.

Na wartet!, schwor sich Manni in diesem Augenblick. Pommes im Stadtbad mit Brause? Nicht für euch, ich bin doch nicht bekloppt! Ihr werdet schon sehen, was es heißt, wenn ich mein Geld für mich behalte!

Aber als jetzt auch noch die Blonde mit einer obszönen Geste die spitz gelutschte Eiskugel zwischen ihre Lippen schob und dann wieder herauszog und zurückschob, brüllten auch Mannis Klassenkameraden vor Lachen, so dass er schließlich den Kopf einzog, sich eine Bahn zwischen seinen angeblichen Freunden brach und in Colettis Eisdiele lief, um sich dort auf der Toilette den Fleck auszureiben. Aber soviel er auch mit aller Verzweiflung darauf herumrieb und schließlich noch das Stoffhandtuch dazu verwendete – der Fleck wurde zwar heller, aber auch noch größer. So konnte er jedenfalls nicht wieder zurück auf den Bohlweg gehen!

Doch heute war nicht sein Tag, es gab keine Gnade für Manni. Der erste seiner sogenannten Freunde war Horst, der jetzt ebenfalls den Toilettenraum im hinteren Bereich der Eisdiele betrat.

„Wo bleibst du denn, Manni? Und was machst du denn da überhaupt? Kannst du nicht wenigstens eine Klotür hinter dir schließen, wenn du dir schon einen auf dem Klo runterholst? Das ist ja ekelhaft, hier mitten im Raum!“

„Was… was mache ich?“

Grinsend deutete Horst auf den großen, nassen Teil seiner viel zu kurzen Hose.

„Na, wie willst du das den anderen erklären?“

„Scheiße!“, heulte Manni laut auf. „Du bist so gemein, anstatt dass du mir hilfst, verspottest du mich noch mehr!“ Aber Horst verkniff sich das Lachen, deutete auf den Stoffbeutel, den Manni noch immer über der Schulter trug und sagte ganz ruhig: „Manni, so kannst du nicht nach draußen, die Rocker machen dich fertig. Du hast doch dein Turnzeug dabei, zieh einfach die Turnhose an und stopf deine Shorts in den Beutel, und niemand wird dich verspotten!“ - „Was soll ich machen?“

Manni blickte verzweifelt von seiner fleckigen Hose zu Horst, nahm schließlich den Beutel von der Schulter und zog die blaue Turnhose heraus. Sie war lang geschnitten und würde kaum auffallen, wenn er noch sein kurzärmeliges Hemd heraushängen ließ.

Rasch entschlossen drehte er sich zu einer Toilettenkabine um, schloss die Tür hinter sich und wechselte rasch die Hose, stopfte die Shorts in den Turnbeutel und war gleich darauf auf dem Weg zu den anderen. Horst hatte schon den Rückweg angetreten und wartete auf ihn bei den anderen. Auch die Biker hatten ihre Eistüten aufgelutscht, stiegen auf ihre Maschinen, starteten und ließen krachend den ersten Gang einrasten. Die Hände drehten den Gasgriff weit auf, und mit sattem Blubbern fuhren die Harleys an. Die Schülergruppe folgte ihrem Weg mit weit aufgerissenen Augen und sog förmlich den Geruch der Abgase und das laute Röhren der Motoren in sich ein.

„Was für ein Klang!“, bemerkte Manni, und der neben ihm stehende Jochen stieß ihn in den Rücken.

„Sag mal, hast du eingepinkelt?“, erkundigte er sich mit einem Blick auf die blaue Turnhose, die viel auffälliger unter dem kurzen Hemd hervorsah, als es sich Manni wünschen konnte.

„Ach, Fresse, Blödmann!“, antwortete er, drehte sich um und ging hinüber zur Straßenbahnhaltestelle.

In der Ferne verebbte der Motorenlärm der Maschinen, und jetzt trat aus dem Radioladen am Eingang der Passage ein junger Mann und blickte den Bohlweg hinauf, als gerade die letzte Maschine in der Höhe der Aegidienkirche aus der Sicht geriet. Er hatte ein Funkgerät in einer Lederhülle über der Schulter hängen, das er jetzt nach vorn zog und die Sprechtaste drückte.

Was er leise dort sprach, verstanden die Schüler natürlich nicht, dazu war er zu weit entfernt. Langsam drehte sich der in leichter Sommerkleidung unauffällig wirkende Mann um und ging durch die Passage in Richtung Münzstraße.

2.

Die chromblitzenden Harleys blieben vor der Eisdiele am Bohlweg stehen, während die Biker langsam ein Stück weitergingen bis zur Einmündung der Fußgängerzone, die hier Damm hieß. An der gegenüber liegenden Hausfront stand über der Schaufensterfront ein interessanter Name für das Bierlokal, in dessen Obergeschoss auch eine Diskothek untergebracht war. Yellow submarine stand in großer Schrift über die gesamte Länge. Man hatte dazu die Silhouette eines gelben U-Bootes aus Folie ausgeschnitten und damit beide Scheiben zugeklebt. Dabei hatte man sowohl das U-Boot wie auch die Schrift nach dem Plattencover des Beatles-Films gestaltet. Hätte man nun auch noch die gelbe D-C-Fix-Folie etwas sorgfältiger verklebt und sie zusätzlich vor der Sonneneinstrahlung geschützt, wäre nicht die hässliche Blasen- und Faltenbildung entstanden, die den zuerst guten Eindruck beim Näherkommen rasch verwischte.