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Es ist mehr oder weniger eine Fügung des Schicksals, die den jungen Witwer Arne Freund im Winter 2019 auf die abgelegene Nordseeinsel Bollwark verschlägt. Bollwark - diese kleine von der Welt vergessene Insel der Bedeutungslosigkeit. Fernab der Schifffahrtswege und Touristenströme ist sie kaum mehr als ein sturmumtoster Flecken Erde, kaum höher als der Meeresspiegel, mitten in der rauen Nordsee vor Ostfriesland. Eine winzige Insel ohne Stromnetz, Kanalisation, Internet oder Handyempfang. Abhängig von der Versorgung durch das Festland. Ein Ort, den nur wenige und ganz besondere Menschen zu ihrer Heimat erklären. Was allerdings nicht nur an den harten Lebensbedingungen, sondern auch an den explosiven Hinterlassenschaften einer längst verlassenen Militärbasis liegen könnte - Betreten streng verboten! Eigentlich ein perfekter Ort, um sich vor der Welt zu verbergen und neue wie auch uralte Geheimnisse zwischen der Brandung und dem Sand der Dünen auf ewig zu bewahren. Ausgerechnet in dieser Einsamkeit und Abgeschiedenheit, mitten im norddeutschen Winter und fernab von den Segnungen der modernen Zivilisation, plant Arne, endlich den tragischen Verlust seiner Frau zu verarbeiten. Als er am menschenleeren Strand über eine unglaubliche Entdeckung stolpert, kommt eine Kette von Ereignissen in Gang, die seine eigene Zukunft und alles, woran er immer geglaubt hat, komplett auf den Kopf stellen wird: Menschen verschwinden, merkwürdige Besucher beziehen Quartier, die Lage eskaliert und Arne muss ein paar folgenschwere Entscheidungen treffen. Überraschende Unterstützung findet er bei den liebenswerten und etwas eigenwilligen Inselbewohnern, zwei fast alleinstehenden Damen, und nicht zuletzt bei der Insel selbst, deren Geist ihn auf ganz besondere Weise berührt und für immer verändert. BOLLWARK - Insel der Ewigkeit Ein Inselmärchen mitten in der Nordsee ... ... zwischen Liebe, Freundschaft, Abenteuer, Grusel und purer Gewalt. Ein Crossover. Fast wie im richtigen Leben, aber halt nur fast. Zum Glück ist alles völlig frei erfunden.
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Seitenzahl: 481
Veröffentlichungsjahr: 2025
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An dieser Stelle möchte ich allen danken, die mich bei der Erstellung meiner von vorn bis hinten frei erfundenen Geschichte unterstützt haben. Ganz besonders danke ich meinen Beta-Testern und Erstlesern: Ines, Anke, Mad, Stephan und Andrea.
… sowie Akki für das Coverfoto des imaginären Bollwarker Leuchtturms, der in Wirklichkeit … aber das ist eine andere Geschichte.
Kapitel 1 – Rachel
Kapitel 2 – Hansis Anruf
Kapitel 3 – Aufbruch
Kapitel 4 – Sturmfahrt
Kapitel 5 – Ankunft
Kapitel 6 – Haus Seestern
Kapitel 7 – Moin Bollwark
Kapitel 8 – Willkommensfeier
Kapitel 9 – Eine Lebensgeschichte
Kapitel 10 – Grien
Kapitel 11 – Strandspaziergang
Kapitel 12 – Das Versteck
Kapitel 13 – Schatzsuche
Kapitel 14 – Ende eines langen Tages
Kapitel 15 – Frühstück mit Eva
Kapitel 16 – Regeneration
Kapitel 17 – Detox
Kapitel 18 – Wie neu geboren
Kapitel 19 – Sturmvogel
Kapitel 20 – Badehaus
Kapitel 21 – Offenbarung
Kapitel 22 – Neuigkeiten
Kapitel 23 – Der Svoboda-Hof
Kapitel 24 – Waffen
Kapitel 26 – Folkwang und Gladsheim
Kapitel 27 – Der Hafen
Kapitel 28 – Widerstand
Kapitel 29 – Verzweiflung
Kapitel 30 – Drei Tage später
Kapitel 31 – Lebewohl
Kapitel 32 – Nachspiel
Es war spät in der Nacht, als er auf einem Stuhl neben Rachels Bett im Krankenhaus erwachte. Er rieb sich die Augen und sah seine schlafende Frau an. Er hatte das ganze Wochenende an ihrem Bett gewacht und musste dringend duschen und sich frische Sachen anziehen. Er gab seiner Frau einen Kuss auf die Stirn, streichelte noch einmal zärtlich ihre Wange und ging nach Haus. Vor der Arbeit würde er noch einmal bei ihr vorbeischauen, dann ins Büro gehen und später den Abend bei ihr verbringen.
Heute verfluchte er sich dafür, dass er Rachel allein gelassen hatte. Es sollte das letzte Mal gewesen sein, dass er sie lebend sah. Sie starb noch in der gleichen Nacht und ein paar Tage später weinte er an ihrem Grab. Sie wurde nur 36 Jahre alt.
Noch Wochen danach war sein Herz so schwer, dass er sich mehr als einmal ausmalte, nach unten in den muffigen Keller zu gehen. Dort würde er das rostige Vorhängeschloss seines Verschlags öffnen. Die vielen Umzugskartons, Koffer, Taschen und das andere nutzlose Zeug, das früher oder später in einem Container des städtischen Wertstoffhofes landen würde, würde er beiseite räumen. Dann käme er an die Seekiste seines Großvaters heran. Auch sie würde verschlossen sein. Doch er hätte den Schlüssel. Er würde sie öffnen, die alte Pistole herauszuholen, laden und sich zwischen all dem angesammelten Gerümpel seines Lebens selbst entleiben. Einfach so. Ohne zu zögern. Dann wäre seine jämmerliche Existenz vorbei und sein Leiden hätte ein Ende. Aber das hätte Rachel nicht gewollt. Er sollte leben, das hatte sie ihm gesagt. Ihr Leben sei schön gewesen und sie sei dankbar, es mit ihm geteilt zu haben. So ein Leben warf man nicht einfach weg.
Rachel hatte ihm das Versprechen abgenommen, dass er ein neues Leben beginnen würde, sobald sie gestorben sei. Das war ihr letzter Wille gewesen und er hatte es ihr versprochen. Versprochen, weil er sie von ganzem Herzen liebte, obwohl ihm das Leben ohne Rachel sinnlos anmutete.
Die Monate vergingen, doch die Traurigkeit, die ihn damals erfasste, ließ ihn immer noch nicht los. Sie klammerte sich an ihn und hielt ihn fest. Die Zeit heilt alle Wunden, sagte der Volksmund, aber davon spürte er nichts.
Er verlor seinen Job und lebte von dem, was Rachels Lebensversicherung ausgezahlt hatte. Er kapselte sich ab und trieb ziellos dahin, gefangen zwischen Alkohol, Trauer und Selbstmitleid, ohne jeden Glauben an eine Zukunft. Er war bereit, die Wellen ewiger Trauer einfach über sich zusammenschlagen zu lassen, um immer tiefer in das Dunkel hinabzugleiten, dorthin wo nichts war und er nichts mehr fühlen musste, tief hinab ins erlösende Nichts.
Eines Nachts, er lag im Bett und schlief seinen Rausch aus, da war Rachel plötzlich wieder da. Sie flüsterte seinen Namen, bis er erwachte und sich verwirrt im Bett aufrichtete. Er blinzelte und rieb sich die Augen. Er tat es in der Hoffnung, den dröhnenden Kopfschmerz seiner Sauferei vertreiben zu können, was ihm nicht gelang. Sein Blick blieb trüb, der Schädel dröhnte, dennoch erkannte er Rachel. Er sah sie wie durch einen dunstigen Schleier. Mal war sie ganz nah, dann wieder in der hintersten Ecke des Raums. Sie war so schön wie damals, als sie ihren ersten gemeinsamen Urlaub am Meer verbrachten. Sie war gesund und voller Energie, ohne jedes Zeichen ihrer diabolischen Krankheit. Wie früher hatte sie nur sein altes Jeanshemd übergeworfen und zeigte ihre braunen Beine.
„Wache ich oder träume ich?“, fragte er, während er an der Rückwand des Bettes lehnte, den Mund halb offen. Durch das Halbdunkel der Nacht, die durch die Ritzen der Jalousien ins Schlafzimmer fiel, wirkte sie wie lebendig und zugleich nicht von dieser Welt. Ihm war bewusst, dass Rachels Erscheinung nicht real sein konnte. Sie konnte überhaupt nicht mehr sein. Sie war tot. Das war ihm klar, trotz seines jämmerlichen Zustandes. Aber das war keinesfalls das, was er spürte. Hier waren gerade kein Tod, keine Vergänglichkeit, keine Trauer, sondern nur Liebe, Frieden und Rachel.
Sie lächelte milde, so wie sie es immer getan hatte, wenn sie ihn von irgendeiner Dummheit abbringen wollte.
Er, unfähig sich zu rühren, starrte sie mit offenem Mund an. Er hatte Angst, dieser Augenblick könnte enden, wenn er auch nur blinzeln würde. Also saß er einfach nur da und sah sie weiter an.
Als Rachel sich auf seine Bettkante setzte, war sie ganz zu sich selbst geworden. Sie war da, in Fleisch und Blut, und schaute ihm tief in die Augen, während sie sich vorbeugte. Er spürte ihren Kuss, ihre Berührung, ihre Wärme, roch den Duft ihrer Haare und hörte das Rascheln der Bettwäsche, als sie ihn umarmte. Tränen rannen still seine Wangen herunter.
„Ich liebe dich“, flüsterte er, mitgenommen von dem Moment und betrunken, wie er war.
„Ich weiß“, sagte Rachel, lächelte gütig und streichelte zärtlich sein Gesicht. „Doch ich kann nicht ewig bei dir bleiben. Du musst mich gehen lassen.“
„Ich kann nicht“, stammelte Arne.
„Doch, das kannst du. Deine Zeit ist noch lange nicht vorbei. Auf dich wartet ein unglaubliches Leben. Es ist dein Schicksal“, sprach Rachel und schmiegte sich an ihn, dabei drückte sie ihn fest und flüsterte leise in sein Ohr: „Du findet es auf Bollwark“. Dann verschwand sie. Löste sich auf wie Nebel und ein trauriger Mann weinte sich in den Schlaf.
Drei Tage nach Rachels Erscheinung klingelte sein Telefon mit unterdrückter Rufnummer.
„Arne Freund“, meldete er sich knapp.
„Hier ist Hansi!“, sagte Peter Hansen.
Arne Freund und Peter Hansen, genannt Hansi, waren bereits seit Kindergartentagen miteinander befreundet. Sie besuchten dieselben Schulen und studierten zusammen. Erst nach dem Studium trennten sich ihre Wege. Hansi zog es als Unternehmensberater in die Welt und Arne blieb in Hamburg. Aber sie hatten immer Kontakt gehalten. Selbst wenn sie längere Zeit nichts voneinander gehört hatten, lebte ihre Freundschaft bei jedem Kontakt wieder auf, fast so, als wäre keine Zeit vergangen.
„Hallo“, sagte Arne. Zu mehr reichte es nicht.
„Ich habe gerade erst von Rachels Tod erfahren. Mein aufrichtiges Beileid, Arne. Ich war die letzten 18 Monate in Asien. Hab´ viel gearbeitet und kaum etwas aus der alten Heimat mitgekriegt. Es tut mir sehr leid. Es ist ungerecht - ich weiß nicht, was ich noch sagen kann“, sagte Peter Hansen.
„Danke“, erwiderte Arne. „Es ist verdammt schwer. Ich kriege immer wieder Depressionen. Dann ziehe ich die Vorhänge zu und bleibe tagelang im Haus. Seit Rachels Tod fühle ich mich beschissen“.
„Das kann ich mir vorstellen“, entgegnete Hansi.
„Sie war so ein lieber Mensch. Es ist nicht fair, dass sie gehen musste“, sagte Arne.
„Es kann nicht fair sein. Das ist es nie“, erwiderte Hansi.
„Krebs ist ein Arschloch!“, sagte Arne.
„Ein Riesenarschloch! Und gerecht ist daran gar nichts. Weder Rachels Tod, noch dein Zustand“, sagte Hansi.
„Tja“, murmelte Arne.
„Ich hab´ in der Firma angerufen. Sie sagten, du arbeitest nicht mehr dort?“, fragte Hansi.
„Ja“, antwortete Arne. „Wir haben uns getrennt. Eigentlich bin ich kaum noch hingegangen. Dann haben sie mich gefeuert. Aber ich bin ihnen nicht böse. Ich war sehr unzuverlässig in den letzten Wochen. Ich glaube, ich hätte mich auch rausgeschmissen.“
„Und was machst du den ganzen Tag?“, fragte Hansi.
„Nichts“, sagte Arne.
„Nichts?“, fragte Hansi.
„Nichts!“, bestätigte Arne.
„Aber du greifst zur Flasche“, behauptete Hansi.
„Häufig“, gab Arne zu.
„Und? Macht dich das glücklich?“, fragte Hansi.
„Nichtstun und Schnaps?“, fragte Arne.
„Genau“, sagte Hansi.
„Macht es kurzfristig erträglicher, aber nicht wirklich besser. Eher nicht. Nein. Ich glaube nicht. Ganz im Gegenteil“, stammelte Arne.
„Das hört sich nicht gut an“, sagte Hansi.
„Nein. Tut es nicht“, stimmte Arne zu.
„Kannst du mit jemandem reden?“, fragte Hansi.
„Tut gut jetzt mit dir zu reden“, sagte Arne. „Solche Momente habe ich in letzter Zeit selten. Also, nein.“
„Du musst da raus, Arne. Du brauchst Luftveränderung, aber ganz dringend“, sagte Hansi.
„Ich mache bestimmt keine Single-Kreuzfahrt“, sagte Arne.
„Rachel hat gesagt, dass du so was ähnliches sagen würdest“, erwiderte Hansi.
„Wann hat sie das gesagt?“, fragte Arne.
„Sie hatte mir geschrieben, Arne. Vor über einem Jahr schon. Der Brief verfolgte meine diversen Nachsendeadressen in Asien, hat mich aber nie erreicht und landete dann, Gott weiß wie, vor ein paar Wochen ausgerechnet bei meinen Eltern in Pinneberg. Der Brief ist um die halbe Welt gereist. Das muss man sich einmal vorstellen. Ich habe ihn erst gestern erhalten“, sagte Hansi.
Arne sprach einen Augenblick lang nichts. Das war jetzt der zweite Gruß aus dem Jenseits innerhalb weniger Tage. Dann besann er sich und fragte: „Was hat Rachel denn geschrieben?“
„Rachel ahnte, dass sie den Kampf gegen den Krebs nicht mehr gewinnen würde, und machte sich Sorgen um dich. Sie befürchtete, dass du den Halt verlieren würdest, wenn sie gegangen wäre. Wie es scheint, hat Rachel dich gut gekannt, oder?“, fragte Hansi.
„Das hat sie“, sagte Arne.
„Das hat sie sicher, Arne. Das hat sie. Und sie hat mich darum gebeten, dass ich mich um dich kümmern soll, wenn es so weit ist. Und das tue ich gern, für einen alten Freund. Rachel meinte, dass du eine Aufgabe und Luftveränderung gebrauchen würdest und Menschen, die du magst, um dich herum. Sie schrieb auch, dass das Meer dein Seelenort sei, na ja, es war wohl ihr Wink mit dem Zaunpfahl. Immerhin wusste sie von unserem Haus am Meer und da hatte ich gestern gleich eine Idee“, sagte Hansi.
„Haus am Meer? Was für eine Idee?“, fragte Arne.
„Ich könnte tatsächlich deine Hilfe gebrauchen. Wenn du was Sinnvolles tun willst, kannst du mir bei der Renovierung meines alten Hauses helfen. Unterkunft, Verpflegung und ein gutes Taschengeld sind inklusive. Viel frische Luft gibt es gratis dazu. Und wir haben uns über zwei Jahre nicht mehr gesehen. Es wird Zeit für ein Wiedersehen – oder?“, fragte Hansi.
Arne dachte über das Angebot nach. Mit Hansi etwas zu unternehmen, würde ihm Spaß machen. Eine Aufgabe und Abwechslung würden ihm ebenfalls guttun. Und er wäre nicht mehr allein, mit sich und seinen finsteren Gedanken. Alles war besser als das jämmerliche Dasein im Hier und Jetzt.
„Haus am Meer hört sich gut an. Was soll ich denn genau tun?“, fragte Arne.
„Dies und das“, entgegnete Hansi. „Hauptsächlich Malerarbeiten. Tapeten entfernen, Tapeten aufkleben, Tapeten anstreichen und so weiter. Das ganze Programm, also Wände, Decken, Türen, Treppen, Fußleisten und so. Ist ein altes Haus. Du wohnst bei mir im Gästehaus und wenn du fertig bist, kannst du dir überlegen, ob du noch über Weihnachten und Neujahr bleiben willst oder wieder in dein altes Leben aufs Festland zurückkehrst.“
„Wie jetzt? Aufs Festland zurückkehren? Wieso weiß ich nichts von deinem Haus am Meer? Wo zum Geier schleppst du mich hin?“, fragte Arne.
„Nordseeinsel Bollwark“, sagte Hansi.
„Bollwark?“, stammelte Arne und musste sich setzen. „Rachel wollte, dass ich nach Bollwark gehe.“
„Wieso das?“, fragte Hansi.
„Keine Ahnung“, sagte Arne, der spürte, wie ihm die Knie weich wurden. Er war nicht sicher, ob diese Zeichen Zufall oder Fügung waren. Aber wenn ihn seine verstorbene Frau und sein ältester Freund gemeinsam nach Bollwark schickten, dann konnte dies nur ein Wink des Schicksals sein.
„Arne? Bist du noch da?“, fragte Hansi.
„Ja“, sagte Arne.
„Und?“, fragte Hansi.
„Ich komme gern!“, sagte Arne.
Rumpelnd schlossen sich die Türen des Zuges, als sich dieser frühmorgens vom Hamburger Hauptbahnhof aus Richtung Cuxhaven in Bewegung setzte. Es war ein trüber Dezembertag und das Grau der Stadt schien sich mit dem Grau des Himmels vereinen zu wollen. Arne hatte Platz genommen und schaute aus dem von Regentropfen übersäten, schmutzigen Fenster.
Seit Monaten war diese Reise die erste vernünftige und zielgerichtete Aktivität, die er in Angriff genommen hatte. Daran war Rachel nicht ganz unschuldig gewesen, denn ihre nächtliche Erscheinung war nicht ohne Wirkung geblieben.
Arne hätte gern mit jemandem über seine transzendente Erfahrung gesprochen, doch er traute sich nicht. Wer würde ihm auch zuhören? Einem in Selbstmitleid zerfließenden Säufer. Tote besuchten einen nicht, und wenn doch, hatte man höchstwahrscheinlich nicht mehr alle Tassen im Schrank. Das schloss er für sich allerdings aus. Er war in Trauer, trank, hatte abwechselnd Kater oder Depressionen oder beides, aber er war nicht wirklich verrückt. Also gab es nur eine logische Erklärung für sein Erlebnis. Arne hatte betrunken geträumt. So intensiv, dass er selbst davon überzeugt war, Rachel gesehen, gehört, gerochen und berührt zu haben. Dennoch arbeiteten sein Herz und sein Verstand in dieser Angelegenheit nicht zusammen. Zurück blieb nur Verunsicherung. Das Verrückte an dieser Erfahrung aber war, dass er alles dafür geben würde, eine solche Begegnung mit Rachel noch einmal erleben zu dürfen.
„Die Fahrkarten, bitte!“, forderte der Zugbegleiter und holte Arne aus den Tiefen seiner Erinnerungen, kontrollierte seinen Fahrschein und wünschte ihm eine gute Reise.
Arne bedankte sich und sortierte seine Gedanken. Er war neugierig auf das, was ihn auf Bollwark erwarten würde.
Er wusste nicht viel über das Eiland. Nur, dass es dünn besiedelt und marginal touristisch erschlossen war. Bollwark bestand zum größten Teil aus von Prielen durchzogenen Salzwiesen, einer wüstenähnlichen Dünenlandschaft und einer kultivierten Knicklandschaft mit Wiesen und Feldern im eingedeichten, bewohnten Bereich der Insel. Das Eiland war durch die Jahrhunderte hindurch unauffällig geblieben. Lediglich ein paar Fischer hatten sich dort niedergelassen und pflegten ihr karges Dasein.
Ihren Namen verdankte die Insel im ostfriesischen Wattenmeer einer uralten, primitiven Befestigung, deren Ursprung nie eindeutig geklärt werden konnte. Sturmfluten, Wind und Wetter hatten nicht mehr viel davon übrig gelassen. Nur die Reste ihrer Fundamente ruhten unter dem Sand der Insel. Das war alles.
Dramatische Geschichten von heldenhaften, kriegerischen Auseinandersetzungen wurden nicht überliefert. Das änderte sich auch nicht, als im Zweiten Weltkrieg ein paar Marineflieger mit ihren Maschinen auf der Insel stationiert wurden. Sie waren so unwichtig, dass nicht eine feindliche Bombe auf die Insel fiel. Kaum war der Krieg vorbei, verschwanden die Flieger wieder und kehrten nie zurück. Was blieb, waren verrostender Stacheldraht, Bunker, Munitionsreste und ein Minengürtel rund um den Feldflughafen. Eine tödliche, instabile Hinterlassenschaft, die bis heute zwei Drittel Bollwarks unbewohnbar machte. Ein Umstand, der diesen Teil der Insel für den Tourismus unmöglich und für Seevögel zum Paradies machte.
In den späten Fünfzigerjahren verband die niedersächsische Landesregierung das Praktische mit dem Nützlichen und erklärte kurzerhand das explosive militärische Sperrgebiet zum Naturschutzgebiet. Betreten verboten!
Der überwiegende Teil der Insel bestand also aus einem Naturparadies, inmitten einer tickenden Zeitbombe aus verrottenden Munitionsresten. Bis auf ein paar geräumte, sichere Wege, lauerte unter jedem Sandkorn Gefahr. Kein Mensch wusste genau, wo welche explosiven Hinterlassenschaften schlummerten. Touristen wollte man das jedenfalls nicht herausfinden lassen, so blieben die Insulaner bis heute weitgehend unter sich.
Hansis Eltern liebten die abgeschiedene Insel und hatten dort bereits vor Jahren ihre Häuser erworben. Immer wieder zogen sie sich in die Stille, abseits jeder zivilisatorischen Hektik zurück. Es gab kein Internet, Telefon, Radio oder Fernsehen auf der Insel. Nur Meer, Licht, Wind und eine einzigartige Vogelwelt gab es reichlich.
Das Leben auf Bollwark war einsam, denn das Festland war mehr als 20 Kilometer entfernt. Besuch von außerhalb gab es wenig. Nur einmal pro Woche kam das Postschiff aus Cuxhaven, um die wenigen Bewohner mit Lebensmitteln, Post und manchmal auch Besuchern zu versorgen.
Das Boot brauchte zweieinhalb Stunden bis zum alten Bollwarker Fischereihafen, aber nur, wenn die launische Nordsee und die Gezeiten es zuließen. Bollwark war seit Ewigkeiten von Meer, tückischen Strömungen, Watt, Schlick, Treibsand und Nebel umgeben. Diese Insel ließ niemanden einfach so an sich heran. Das war schon immer so gewesen und würde wohl auch ewig so bleiben.
Die jämmerlich quietschenden Bremsen des Zuges rissen Arne aus seinen Gedanken und kündigten den nächsten planmäßigen Halt an. Sie erreichten Wingst im Landkreis Cuxhaven. Arne schaute aus dem Fenster. Immerhin war der Himmel an diesem 06. Dezember 2019 etwas freundlicher als bei der Abfahrt in Hamburg. Hier und da schimmerte ein wenig Blau durch den wolkenverhangenen Tag. Viel gab es allerdings nicht zu sehen. Ein menschenleerer Bahnsteig und ein altes Backsteingebäude machten den Bahnhof Wingst aus. Tote Hose, dachte Arne. Dann rumpelte der Zug bereits weiter. Zwei Stationen später erreichten sie Cuxhaven.
Am Bahnhofskiosk versorgte sich Arne mit diversen Zeitschriften. Insgeheim machte er sich Sorgen, ob die Zeit auf der Insel nicht doch ein wenig lang werden würde. Zu diesem Zeitpunkt ahnte er noch nicht, dass Langeweile sein geringstes Problem sein würde. An der Kasse packte er noch drei Tüten Lakritz auf den Stapel seiner Einkäufe und zahlte mit der EC-Karte.
„Wo geht es hin?“, fragte eine freundliche, rotgesichtige Frau hinter der Kasse.
„Bollwark“, sagte Arne.
„Oh je“, sagte die Frau, schaute mitleidig und packte ihm noch einen Roman mit dem Titel „Verschollen“ auf den Stapel. „Geht aufs Haus“, sagte sie, lächelte milde und schwieg.
„Danke“, sagte Arne etwas verlegen, nickte ihr zum Abschied kurz zu und verlies mit gekräuselter Stirn nachdenklich den Laden.
Die 800 Meter vom Bahnhof bis zum Liegeplatz des Postboots legte Arne trotz des vollgestopften Seesacks auf seiner Schulter, und des Rucksacks auf seinem Rücken, zu Fuß zurück. Das Postschiff sollte im alten Fischereihafen, in der Nähe der Polizeistation, auf ihn warten. Hansi hatte sich um die Passage gekümmert und Arne eine SMS mit der Reservierungsnummer und der Abfahrtzeit geschickt. Der Postschiffer sollte bis 11:00 Uhr auf ihn warten. Wenn er das Postschiff nicht gleich finden würde, sollte er einfach nach Oke Nissen fragen.
Als Arne an der Station der Wasserschutzpolizei vorbei kam, sah er die Bürgermeister Brauer, ein Polizeiboot, am Kai liegen. Dahinter lag ein noch deutlich größeres Boot der Küstenwache. Von einem Postboot sah er nichts. Der Zufall wollte es, dass ein Polizeibeamter in jenem Augenblick über die scheppernde Gangway von Bord der Bürgermeister Brauer ging und Arne etwas ratlos auf dem Kai umherblickend bemerkte.
„Na, wo wollen sie denn hin? Kann ich helfen?“, fragte der Beamte.
Arne grüßte den Mann freundlich und sagte: „Zum Postboot. Ich suche Oke Nissen. Ich muss nach Bollwark.“
„Puh!“, entfuhr es dem Beamten. „Sind sie sicher, dass sie das wollen? Ich meine, übermorgen ist der zweite Advent. Bald ist Weihnachten“. Dann sah er Arne an, als erwarte er eine Erklärung für die absurde Reise.
„Ja. Das will ich“, sagte Arne und fragte: „Was ist mit der Insel?“
„Nichts. Total tote Hose. Nicht mal Fernsehen. Wenig Menschen. Windig. Kalt. Nichts für ungut, aber das ist die langweiligste Insel unter der Sonne“, sagte der Polizist.
„Ich habe Bücher und Lakritz dabei“, entgegnete Arne und lächelte verunsichert.
„Na dann. Oke kommt einmal die Woche vorbei. Wenn es zu öde wird, dann kommen sie mit ihm zurück. Das Boot liegt gleich dahinten, hinter dem Küstenwachboot. Oke ist schon an Bord. Grüßen sie mir den alten Rochen“, sagte der Polizist und ging.
Arne sah ihm nach und rief: „Danke. Mache ich!“, dann ging auch er. Im Gehen drehte sich Arne noch einmal um und rief dem Beamten hinterher: „Von wem soll ich Oke überhaupt grüßen?“
„Von Ove. Ich bin sein Schwager“, rief der Beamte, der sich den Jackenkragen hochgeschlagen hatte und mit eingezogenem Kopf durch den einsetzenden Nieselregen eilte.
Was Arne sah, als er das Schiff der Küstenwache hinter sich gelassen hatte, war allerdings nicht das, was er sich unter einem Postboot vorgestellt hatte. Das war kein Boot. Das war eine Nussschale. Das wackelige Bötchen schwankte selbst im geschützten Hafen, war sieben oder acht Meter lang und wirkte auf ihn alles andere als hochseetüchtig. Skeptisch sah er über den Hafen hinaus auf die breite Elbmündung und erblickte dunkelgrünes, aufgewühltes Wasser. Vom teilweise blauen Himmel, den er noch in Wingst gesehen hatte, war hier nichts mehr geblieben. Der Wind trieb finstere Wolkenberge Richtung Land und selbst die Möwen schienen mit eingezogenen Köpfen etwas tiefer zu fliegen. Einladend sah das Meer nicht aus. Ganz im Gegenteil. Am liebsten hätte er auf dem Absatz kehrtgemacht und sich in ein warmes Hotel zurückgezogen. Aber das war ausgeschlossen, denn Hansi erwartete ihn auf Bollwark. Also gab er seinem inneren Schweinehund einen gewaltigen Tritt und katapultierte ihn ins Hafenbecken, wo er jämmerlich versank. Dann wand er sich wieder dem Postboot zu. Immerhin hatte das Bötchen eine Kajüte und einen geschlossenen Fahrstand. Hinter dem Aufbau ragte ein Mast empor, an dem neben der Deutschlandfahne auch ein Wimpel der Post und des Landes Niedersachsen flatterten. Verschiedene Positionslampen, Radar und ein Suchscheinwerfer waren ebenfalls dort montiert.
Wie aus dem Nichts war ein Mann neben Arne aufgetaucht, der ihm auf die Schulter klopfte. Er war ein Seebär wie aus dem Bilderbuch. 50, vielleicht 60 Jahre alt. Er hatte ein zerfurchtes und vom Wetter gegerbtes Gesicht sowie einen roten Vollbart, wie er wilder kaum sein konnte. Dazu trug er einen Norwegerpullover, gelbe Gummistiefel und Regenjacke. Der Seebär zog an einer Pfeife und ein Sprachgemisch aus Platt- und Hochdeutsch, vielleicht auch friesisch, verlies seinen Mund. Arne konnte nicht jedes Wort verstehen.
„Moin! Ich bin Oke. Du bist mein Passagier nach Bollwark – richtig?“, sagte Oke und noch viel mehr. Wortkarg war dieser riesige Ostfriese nicht. Der grinsende Seebär reichte ihm die Hand zum Gruß.
„Moin und jo! Arne Freund“, erwiderte Arne, der die eiserne Pranke ergriffen hatte. Er war froh, den kräftigen Händedruck ertragen zu können, ohne direkt in die Knie gehen zu müssen. Viel fehlte dazu aber nicht. Sie schüttelten sich die Hände und Oke schob ihn durch den stärker werdenden Regen Richtung Postboot.
„Lass mal los. Henrike wartet nicht gern“, brummte Oke.
„Henrike?“, hörte Arne sich selbst fragen.
Der Seebär hatte bemerkt, dass Arne stehen geblieben war, drehte sich um und sagte: „Das Boot. Das heißt Henrike, wie meine Mutter und mit der Guten schippern wir jetzt nach Bollwark. Also mit Henrike, meine ich, nicht mit meiner Mutter. Genug gesabbelt! Wir müssen los.“ Dann drehte er sich um, stieg die Treppe am Kai zum Boot herunter und Arne folgte ihm nach.
Drei Minuten später tuckerte das ungleiche Gespann durch den windgeschützten Hafen hinaus auf die Elbe und die Fahrt wurde deutlich bewegter.
Vor einer Stunde hatten sie den schützenden Hafen verlassen. Arne stand neben Oke im kleinen Fahrstand der Henrike und klammerte sich irgendwo fest. Fasziniert starrte er auf das tobende Meer. Immer wieder brachen sich Wellen krachend an dem kleinen Bug des Schiffes und die aufgewirbelte Gischt vermengte sich mit dem beständigen Regen, der unaufhörlich gegen die Scheiben peitschte, während sich Henrike rollend von links nach rechts und von oben nach unten durch die aufgewühlte See kämpfte.
Arne sah zu Oke, der eine schier unglaubliche Ruhe und Gelassenheit ausstrahlte, die sich wie von Zauberhand auf ihn übertrug. Der Seebär hielt das Ruder fest in der einen Hand, während er mit der anderen den Schubhebel bediente. Okes Blick war konzentriert, doch seine Miene entspannt. Er schien das raue Wetter zu lieben. Er spielte förmlich mit dem Sturm. Oke hatte die Lage unzweifelhaft im Griff. Das gab Arne ein gutes Gefühl.
Auch war Arne froh, dass der Fahrstand geschlossen war. Hier war es trocken und die Heizung lief auf Hochtouren. Er mochte gar nicht daran denken, wie die Fahrt in einem offenen Boot verlaufen würde.
Der Sturm türmte die See immer mehr auf. Die Dünung war gewaltig und hob das kleine Boot empor wie Spielzeug. Auf dem Kamm einer Woge angekommen, hatte Arne das Gefühl, vor sich in einen schwarzen Abgrund zu starren. Dann kippte Henrike mit dem Bug voran nach vorn. Oke nahm das Gas zurück und Henrike glitt schnell und überraschend stabil den Wellenberg hinab, nur um unten angekommen, die nächste Woge erklimmen zu müssen. Im Wellental gab Oke Gas und das Boot begann unter Volllast der Maschine zu dröhnen. Alles vibrierte, klapperte und lärmte infernalisch. Man konnte die Kraft, mit der sich Henrike gegen die tosende Nordsee zur Wehr setzte, förmlich spüren. Dann, wenn es der richtige Moment war, und die Welle erfolgreich erklommen wurde, nahm Oke das Gas zurück und sie surften wieder elegant die Woge herunter. Unten angekommen begann das Spiel in einer Wolke aus Gischt von vorn.
Der Sturm, die sich brechenden Wogen, das Heulen des Windes, der sich in der Takelage und in den Aufbauten verfing, all das vermischte sich mit den Lebensäußerungen der gequälten Maschine und dem Klappern und Scheppern der vielen losen Dinge in den Fächern und Schubladen an Bord zu einer Geräuschkulisse, dessen einschüchternde Orchestrierung man nur verstehen kann, wenn man es selbst einmal erlebt hat - mitten im Sturm, auf hoher See, in einer ständig um sämtliche Achsen schaukelnden Nussschale.
Sie waren von der Heftigkeit des Wetterumschwungs überrascht worden. Es war ungemütlich und regnerisch gewesen, als sie Cuxhaven verließen, aber mit einem solch heftigen Sturm hatte selbst Oke nicht gerechnet. Er hatte zwar eine Sturmwarnung vom Deutschen Wetterdienst erhalten, dieser hätte sich aber viel weiter draußen auf dem Meer abspielen sollen. Die Sturmausläufer, mit denen sie es jetzt, nur wenige Kilometer vor der Küste zu tun hatten, waren in dieser Stärke nicht vorhersehbar gewesen. Aber nun war das Unwetter da und sie mittendrin.
„Sollen wir umdrehen?“, brüllte Arne durch den Lärm. Dabei beobachtete er den Skipper, der immer noch eine unbegreifliche Ruhe ausstrahlte, während er, ohne seinen vorausschauenden Blick von der kleinen rotierenden Drehscheibe vor sich abzuwenden, weiter durch den Sturm steuerte.
„Bringt nichts“, brüllte Oke durch den Lärm zurück. „Wir sind schon zu weit draußen. Bollwark ist näher als Cuxhaven. Jetzt heißt es Augen zu und durch, Herr Kaleu“, dabei grinste er, als ob er gerade den Spaß seines Lebens hätte.
„Du sprichst ja hochdeutsch“, brüllte Arne durch den Sturm zurück.
„Ja“, rief Oke. „Wenn wir schon zusammen absaufen, dann kann ich mir die touristische Volkstümelei ja auch sparen – oder was meinst du? Das bringt ja nix.“ Dabei grinste er breit, griff nach rechts, zog eine Rettungsweste hervor und reichte sie Arne. „Einfach überziehen, wie eine Jacke, und gut verschließen. Wenn du über Bord gehen solltest, dann bläst sich das Teil selbstständig auf und du bleibst oben. Blinklicht geht automatisch an. Musst nichts machen, einfach nur warten, bis dich jemand rausfischt.“
„Sind wir in Gefahr?“, brüllte Arne, dem langsam mulmig wurde.
„Auf See und vor Gericht sind wir alle in Gottes Hand“, mehr sagte Oke nicht, dabei grinste er noch breiter als zuvor und zog instinktiv den Kopf ein, als Henrikes Bug in eine Welle knallte und die aufschäumende See in alle Richtungen verteilte. Dann schob er den Gashebel nach vorn und ließ Henrike die nächste Woge erklimmen.
So ging es endlos weiter. Rauf und runter, runter und rauf, von links nach rechts, von rechts nach links. Dabei rollte das Boot immer wieder stark um die eigene Achse und Oke hatte alle Hände voll zu tun, den Kurs zu halten.
„Die Weste!“, ermahnte ihn Oke. „Leg sie an“, rief er durch den Lärm.
In seiner Naivität hatte Arne die Rettungsweste neben sich in eine Ablage gestopft. Oke selbst trug ja auch keine. Arne hatte gedacht, der Skipper wollte ihm nur einen Schrecken einjagen. Das wollte er offensichtlich nicht.
„Und was ist mit dir?“, brüllte Arne zurück.
„Ich brauche keine. Bin mit der Nordsee verheiratet. Aber du nicht. Du säufst garantiert ab. Also schnack´ nicht lang ´rum, sondern leg das Teil an!“, kommandierte er.
Arne griff gerade nach der Weste, als er Oke schreien hörte: „FESTHALTEN!“
In diesem Moment traf sie eine gewaltige Quersee von Backbord und legte Henrike auf die Steuerbordseite. Ungesicherte Schubladen und Fächer flogen auf und entleerten ihren Inhalt in das Innere der Kabine. Alles, was nicht bombenfest verstaut war, flog durch die Gegend: Kugelschreiber, halb volle Kaffeetassen, Pfefferminzdrops, Seekarten und noch mehr Kleinkram. Arne klammerte sich mit aller Kraft an den breiten Mahagonigriff neben sich, der schnell über seinen Kopf wanderte. Er verlor den Halt unter den Füßen. Wo eben noch der Boden des Schiffes war, war jetzt die Steuerbordseite und dort lag auch der fluchende Oke auf dem Rücken. Wasser drang durch die Ritzen der geschlossenen Luke des Fahrstands und Arne fragte sich, wie lange sie noch dicht halten würde. Um sie herum schien nur noch gurgelndes, schwarzes Wasser zu sein. Es war oben, unten, links, rechts und überall.
„Scheiße!“, entfuhr es Oke, der auf allen vieren kriechend wieder versuchte, auf die Beine zu kommen. Doch bevor es ihm gelang, packte eine unsichtbare Faust das Postboot und drückte es auf die entgegengesetzte Backbordseite. Das Boot ächzte unter der Belastung und die Brecher droschen wie Paukenschläge auf das umherwirbelnde Schiff ein. Die Wogen schienen von allen Seiten gleichzeitig zu kommen. Es war das pure Chaos. Wieder und wieder wurden die beiden Männer, wie Würfel in einem Becher, durcheinandergewirbelt.
Arne knallte gegen die Backbordwand und sah Sterne. Er bedauerte es, die Rettungsweste nicht angezogen zu haben. Dann richtete sich Henrike wieder auf. Oke kam ebenfalls wieder auf die Beine. Arne tat es ihm nach. Sein Kopf dröhnte und er schwankte leicht. Schneller als er den Schmerz verdrängen konnte, war Oke wieder am Ruder, stieß einige unverständliche Flüche aus und drückte den Schubhebel nach vorn. Die Maschine nahm zügig Fahrt auf. Oke korrigierte den Kurs und Henrike kletterte mit dröhnendem Motor auf die nächste Welle.
„Donnerwetter! Das war mal ein Kaventsmann!“, schrie Oke und Arne fischte sich wortlos die Rettungsweste vom Boden und legte sie mit brummendem Schädel an. „Gewaltige Quersee. Das ist tückisch. War richtig gefährlich. Hab ich nicht kommen sehen. Tut mir leid. Hast du dich verletzt? Hat ganz schön gerumst, als du mit deinem Schädel mein schönes Boot kaputtmachen wolltest.“
Arne musste unwillkürlich lachen und betastete mit der Rechten seine pochende Stirn, während er sich mit der Linken weiter festhielt. Dabei behielt er die See voraus fest im Blick und Unmengen von Adrenalin in seinen Adern. „Gibt bestimmt ein ganz ordentliches Horn. Aber ich fühl mich gut, Oke. Lebendiger als je zuvor“, brüllte Arne.
„Du hast das Herz eines Seemanns. Du kannst bei mir anheuern!“, schrie Oke zurück.
„Haben wir es denn überstanden?“, brüllte Arne.
„Noch sind wir nicht da“, antwortete Oke. „Aber Henrike ist härter im Nehmen, als man es ihr auf den ersten Blick ansieht. Sie ist ein alter Rettungskutter. Fast völlig kentersicher, angeblich unsinkbar. Traut man ihr wegen der hässlichen Aufbauten gar nicht zu. Ist aber so.“ Dabei streichelte Oke verliebt das hölzerne Steuerrad seines Bootes. „Aber wir sind dem Ende ein ganzes Stück nähergekommen. Schau voraus. Was siehst du?“
Arne kniff die Augen zusammen und versuchte, durch die nassen Scheiben etwas zu erkennen, was nicht Wasser, Welle oder Wetter war. „Unwetter, endloses Meer, Sturm, den nassen Tod“, rief Arne.
„Sieh genauer hin“, brüllte Oke.
Dann sah Arne es. Verschwommen zwar, aber es war da. Ein gelbes Licht in der Ferne. Blinkend. Zweimal kurz, einmal lang. Wunderschön.
„Das ist Bollwark-Leuchtfeuer. In einer Stunde sind wir da. Wenn wir Glück haben“, brüllte Oke durch den Sturm.
„Wenn wir Glück haben?“, frage Arne. Ostfriesischer Humor konnte sehr trocken sein, das wusste er jetzt.
Oke griff nach dem Mikro des Funkgeräts, drückte die Sprechtaste und nahm Kontakt zu Bollwark-Hafen auf. Am anderen Ende meldete sich die norddeutsch, breite Stimme eines Mannes.
„Bollwark-Hafen für Henrike: Sag´ nicht, dass du bei diesem Sauwetter los bist. Kommen!“, fragte die Stimme aus dem Funkgerät.
„Henrike für Bollwark-Hafen: Doch, sind wir. War ein bisschen ungemütlich. Liegeplatz für Henrike ist frei – oder? Kommen!“, brüllte Oke durch den heulenden Sturm ins Mikro.
„Bollwark-Hafen für Henrike: Logisch – für dich doch immer. Kommen!“, knarzte die Stimme des Bollwarkers aus dem Funkgerät.
„Henrike an Bollwark-Hafen: Steuere Hafen an. Ankunft ca. 15:30 Uhr. Bleibe über Nacht. Bitte Peter Hansen informieren! Gast Arne Freund ist an Bord. Setz´ schon mal Grogwasser auf! Henrike Ende und aus“, funkte Oke. Dann hängte er das Mikro weg und schaute Arne an.
„Wer war das?“, fragte Arne.
„Enrik Sievertsen. Insulaner, Ureinwohner in der x-ten Generation. Einer der letzten seiner Art: amtierender Leuchtturmwärter, Hafenmeister und Mädchen für alles. Außerdem hat er das einzige amtliche Funkgerät auf der Insel. Und er ist ein alter Freund von mir“, brüllte Oke durch den unablässigen Lärm.
„Und wieso nimmt er kein Handy?“, wollte Arne wissen.
Oke runzelte wortlos die Stirn. Daraufhin kramte Arne sein Handy aus der Tasche und aktivierte das Gerät. Kein Empfang! Manche Dinge beantworteten sich von allein.
Nach über vier Stunden Sturmfahrt hatten sie Bollwark endlich vor sich liegen. Trotz des Sauwetters und des von finsteren Wolken verhangenen Himmels war der Leuchtturm gut zu erkennen. Sein Leuchtfeuer und der feste Grund auf dem er stand, wirkten auf Arne wie die Verheißung vom gelobten Land.
„Die Flut steht heute ganz schön hoch. Der Wind drückt die See von Westen her auf die Insel“, brüllte Oke.
Arne zuckte mit den Schultern. „Und was heißt das?“, fragte er.
Oke blickte ihn nur kurz an, dann konzentrierte er sich wieder auf das Meer vor ihnen. „Dass wir verdammtes Glück haben, dass der Hafen im Osten auf Lee liegt. Das ist die windabgewandte Seite der Insel. Wir müssen noch mal die starke Strömung an der Nordspitze passieren, aber dann haben wir es in ruhige Gewässer geschafft. Nur noch die Ladung an Land bringen, dann ist Feierabend“, rief Oke.
„Und ich?“, fragte Arne.
„Wenn du nicht abgeholt wirst, bringt Enrik dich später zum Haus. Wir laden wie gesagt vorher noch die Post und die Fracht aus. Ich bleibe über Nacht im Hafen liegen und fahre nach dem Sturm zurück“, brüllte Oke. Bei diesen Worten griff Oke über sich an die Decke und legte einen kleinen Kippschalter um. Sofort flammte ein Suchscheinwerfer auf und tauchte die Welt vor Henrike in gleißendes Licht. Oke hielt auf Besen zu, die an langen Stielen, mit den Bürsten nach oben aus dem Wasser ragten. Sie standen 20 bis 30 Meter auseinander und wenig dahinter standen die nächsten zwei. „Die Besenbaken markieren die Fahrrinne in den alten Fischereihafen“, rief Oke.
„Wer lebt eigentlich noch auf der Insel?“, fragte Arne.
„Die drei Fischer Sörensen, Matthiessen und Sievertsen mit ihren Frauen. Ebenfalls die Letzten ihrer Art. Wenn die mal nicht mehr sind, dann war es das, mit der Bollwarker Fischerei. Dann sind da noch ein paar Aussteiger, zwei Umweltschützer und der Mann vom Funkgerät. Aktuell leben hier nur noch 20 oder 30 Menschen ständig auf der Insel. Je nachdem, ob man die diensthabenden Seenotretter mitzählt oder nicht. Kinder gibt es gar nicht mehr. So bitter das ist, vom Festland will niemand dauerhaft auf die Insel ziehen. Bollwark gehen langsam aber sicher die Bewohner aus“, brüllte Oke.
„Und in der Feriensaison?“, fragte Arne.
Oke musste lachen. „Zwei oder drei Familien mit ganz kleinen Kindern und manchmal ein paar Segler. Dann sind in Stoßzeiten 50 Menschen auf der Insel, eher weniger. Hier liegt wirklich der Hund begraben“.
Kaum waren sie unter Land, flaute der Wind merklich ab und der Seegang ließ nach. Arne schaute landwärts. Das Ufer war flach, bis auf den mit Rasen begrünten Deich, der den bewohnten Teil der Insel umschloss. Menschen sah er keine. Das Leuchtfeuer und ein paar Hausdächer waren das einzig erkennbare Zeichen von Zivilisation.
Oke bemerkte seinen Blick. „Das Leuchtfeuer markiert den kleinen Hafen für die Fischerei und die Freizeitkapitäne. Die Routen der Handelsschifffahrt führen schon seit Jahren nicht mehr in die Nähe der Insel. Außerdem ist das Meer für die dicken Pötte hier auch viel zu flach“, sagte Oke.
„Wie klein ist der Hafen?“, fragte Arne.
„Sehr klein. Ist nur ein winziger Fischereihafen mit geringem Tiefgang. Aber selbst bei Ebbe schiffbar, es sind dann gute zwei Meter bis zum Grund. Wenn also ein Freizeitskipper dringend einen Hafen braucht, findet er hier einen. Und die Seenotrettung hat hier ebenfalls einen Bereitschaftsliegeplatz mit Notunterkunft und Hubschrauberlandeplatz. Man kann ja nie wissen“, sagte Oke.
Arne nickte und schaute auf das Land vor ihnen. Es lag völlig im Trüben. Nur der Leuchtturm schickte sein Licht in den Sturm, und im Hafenbereich brannten ein paar Laternen und die Markierungen links und rechts der Hafeneinfahrt.
„Ganz schön finster auf der Insel. Sollten da nicht irgendwo Lichter leuchten?“, fragte Arne.
„Wenn, dann nur hinterm Deich. Aber das siehst du von hier aus nicht. Straßenlaternen gibt es nur im Hafen und Licht nur auf Bestellung. So wie für uns jetzt. Aber sonst nicht. Braucht auch keiner, ist niemand unterwegs“, sagte Oke, dabei griente er Arne belustigt an. „Das wird ein interessanter Jahresabschluss 2019 für dich werden. Eine ganz neue Erfahrung. Greif´ mal neben dich. Da ist ein Fach. Schieb´ den Riegel zur Seite, mach´ auf und hol´ die Buddel raus.“
Arne tat wie Oke sagte und förderte eine randvolle Rumflasche zutage. Bevor er etwas sagen konnte, übernahm Oke das Wort: „Die nimmst du mit, mein Freund. Trink ihn mit Verstand und in Maßen. Wer weiß, wann du wieder so was Gutes kriegst. Das ist echter Ostfriesenrum. Der bringt dich über den kalten, einsamen und finsteren Winter auf Bollwark. Und bei jedem Schluck erinnerst du dich an unsere Überfahrt und feierst das Leben!“
Arne bedankte sich höflich, auch wenn ihn langsam aber sicher Zweifel beschlichen, ob sein Aufenthalt auf Bollwark so verlaufen würde, wie er es sich vorgestellt hatte. Oke schien jedenfalls einen Heidenspaß mit ihm zu haben, anders konnte er sich dessen Fröhlichkeit nicht erklären. Hansi würde ihm heute noch die eine oder andere Sache erläutern müssen, denn bisher gab ihm jeder das Gefühl, dass der Aufenthalt auf Bollwark einer Verbannung gleichen würde - voller Entbehrungen, Langeweile und Einsamkeit.
Arne hätte nie gedacht, wie sehr es ihm gefallen würde, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Am liebsten wäre er auf die Knie gefallen und hätte den Erdboden geküsst. Er schloss auf dem Kai stehend die Augen und atmete einmal kurz durch. Der Wind wehte ordentlich durch den Hafen, aber lange nicht so infernalisch, wie auf dem offenen Meer. Auch der ständige Regen hatte sich von Bollwark aufs Meer verzogen, doch es war ungemütlich, außerhalb des beheizten Fahrstands der Henrike. Die nasskalte Luft kroch unter die Klamotten und bohrte sich direkt in seine Knochen. Frierend schloss Arne seine Jacke und sah einen älteren, hageren Mann, um die 60, aus dem Schatten eines Gebäudes treten. Er sah aus, wie sich Arne immer einen kernigen Insulaner vorgestellt hatte. Schlanke Gestalt, vom Wind gegerbtes Gesicht, graue Bartstoppeln, glimmende Pfeife im Mundwinkel, Gummistiefel und altes abgetragenes Ölzeug. Das Outfit ähnelte dem von Oke sehr.
„Moin“, murmelte der Mann, als er Arne zur Begrüßung die Hand hinstreckte. „Enrik Sievertsen“, stellte er sich vor, „Du musst Peters Gast aus Hamburg sein.“ Dann drehte er sich leicht zur Seite und wies auf einen roten Backsteinschuppen, dessen hölzerne Flügeltüren weit offen standen. „Die Ladung könnt ihr da unterstellen. Wenn du fertig bist, fahre ich dich rüber zu Hansen. Oke ist noch an Bord?“
Arne, der den Handschlag immer noch erwiderte, schaute leicht irritiert, hatte er doch erwartet, dass Hansi ihn persönlich abholen würde.
„Arne Freund. Schön sie kennenzulernen. Oke ist noch an Bord. Sie heißen auch Sievertsen? Wie der Fischer?“, fragte Arne.
„Das ist mein Bruder“, entgegnete Enrik. „Hat Oke unterwegs wieder die halbe Insel vorgestellt?“
„Nicht ganz“, sagte Arne und winkte ab. „Aber er sprach von den Fischern.“ Dann wechselte er das Thema: „Was war das jetzt mit der Ladung? Welche Ladung?“
Enrik Sievertsen zog ein Gesicht, als wenn Arne die dämlichste Frage der Welt gestellt hätte. Dann schüttelte er ungläubig den Kopf und legte los: „Was denkst du denn? Das ganze Zeug natürlich, das ihr mit der Henrike vom Festland herübergeschafft habt. Oder glaubst du, du bist die einzige Fracht gewesen? So! Nun sei so nett und hilf uns bitte beim Ausladen, sonst gibt es morgen kein Frühstück“, sagte Enrik. Er ließ seine Worte kurz wirken, bis Arne zustimmend nickte. Dann klopfte Enrik ihm aufmunternd auf die Schulter. „Dauert zu dritt auch nicht so lange. Verteilen können wir das morgen noch. Heute nur Ausladen und Einlagern. Ist sowieso gleich viel zu dunkel, um kreuz und quer über die Insel zu juckeln.“ Mit diesen Worten ging Enrik an Arne vorbei und stiefelte zur Henrike, die vertäut am Steg vor dem Lagerschuppen im Hafen lag.
Der kleine Hafen wurde von einer großen, vierarmigen Laterne im Bereich des Lagerschuppens erhellt. Drei zusätzliche, mickrige Straßenlaternen markierten den Weg vom Leuchtturm bis zum Fluttor im Deich, dem einzigen Zugang vom Hafen ins Inselinnere.
Im geöffneten Lagerschuppen brannte Licht, dazwischen blinkte das Leuchtfeuer. Das war alles. Es gab keine zahllosen, künstlichen Lichtquellen, wie man sie aus dem quirligen Hamburg gewohnt war. Hier leuchteten keine Ampeln, blendeten keine Autoscheinwerfer, blinkten keine Leuchtreklamen und erst Recht erstrahlte kein Kaufhausschaufenster im vorweihnachtlichen Glanz. Hier gab es nichts von dem, was man sonst an Lichtern aus den großen Städten der Republik gewohnt war. Hier gab es nur den kleinen Hafen und so langsam dämmerte Arne, dass es im Inneren der Insel nicht lebhafter zugehen würde.
Irgendwo in der Nähe brummte ein Dieselgenerator. Arne kam das Geräusch bekannt vor. Es erinnerte ihn an seine Zeit bei der Bundeswehr. Dort hatten sie immer ein Stromaggregat dabei gehabt, um ihre mobile Funkstation betreiben zu können. Aber die Geheimnisse der Bollwarker Stromerzeugung konnten warten, Henrikes Ladung nicht.
Arne holte als Erstes sein Gepäck von Bord, während Oke und Enrik noch damit beschäftigt waren, die Überfahrt zu besprechen. Arne ging mit seinem Kram zum Schuppen und stellte seinen Seesack und den Rucksack in einer freien Nische unter.
In einer Ecke des Schuppens stand ein großer Rollwagen, ganz offensichtlich für den Transport von Waren gedacht. Arne zog ihn aus dem Schuppen hinter sich her und machte sich wieder auf den Weg zur Henrike. Oke und Enrik hatten bereits begonnen, die Kajüte zu entladen. Es stapelten sich schon diverse Kisten auf dem Steg. Hauptsächlich haltbare Lebensmittel, verschiedene Hygieneartikel, Zeitschriften aber auch palettenweise Dosenbier, Trinkwasser und Saft wanderten auf den Rollwagen, um von Arne in den Schuppen gebracht zu werden. Er war froh, sich nach der langen Anreise wieder etwas bewegen zu können. Außerdem hatte er seit Langem wieder das schöne Gefühl, von jemandem gebraucht zu werden.
Eine halbe Stunde später war alles im Lagerhaus verstaut und Arne wollte sich gerade von Oke verabschieden, als dieser abwinkte.
„Ich komme gleich noch ein Stück mit euch mit. Enrik fährt dich nach dem Einlaufbier mit E-Trude zu Hansens. Da könnt ihr mich ein Stückchen mitnehmen. Dann muss ich nicht den ganzen Weg allein durch die finstere Nacht bis ins Gästehaus stiefeln“, sagte Oke.
Arne verstand nicht so ganz. Oke bemerkte dies und fuhr fort: „Enrik hat für Gäste und Notfälle ein Gästehaus hinterm Deich. Ein Ofen, ein Süppchen aus der Dose, ein warmes Bett, ein Bad, ein Klo, was zum Lesen. Das ist bequemer, als in der kalten, klammen, schaukelnden Nussschale im Hafen zu übernachten. Findest du nicht auch?“
Arne hätte an Okes Stelle auch keine Lust gehabt, allein in der klammen Kälte auf das Ende des Sturms zu warten, um dann am frühen Morgen durchgefroren den Heimweg nach Cuxhaven anzutreten. Die Aussicht auf ein warmes Bett erschien auch ihm deutlich angenehmer, erst Recht nach einer solchen Überfahrt.
„Klar. Leuchtet ein. Was ist E-Trude?“, fragte Arne, da surrte Enrik bereits mit einem gelben, deutlich in die Jahre gekommenen, Still-Elektro-Mobil um den Lagerschuppen herum und hielt vor dem offenen Tor.
„Das ist E-Trude“, sagte Oke.
„Was ist das für ein Name?“, fragte Arne.
„Früher hat Enrik mit Pferdekarren die Waren über die Insel transportiert. Enriks letztes Pferd hieß Trude. Das starb irgendwann. Der Name ist wohl aus reiner Sentimentalität entstanden“, sagte Oke.
„Na dann“, sagte Arne und holte sein Gepäck aus dem Schuppen und verstaute es auf der offenen Ladefläche des Elektromobils. Oke schloss derweil die Flügeltüren des Lagers und ging ebenfalls zum Fahrzeug, das früher einmal die Koffer Helgoländer Touristen in ihre Quartiere befördert hatte. Als es ausgemustert werden sollte, griff Enrik zu und E-Trude zog um nach Bollwark.
Enrik gab Arne zu verstehen, dass er sich auf die Ladefläche zu seinem Gepäck setzen sollte, was dieser mit dem Rücken zur Fahrerkabine tat. Oke quetschte sich neben Enrik auf den schmalen Beifahrersitz und lautlos surrten sie los. Obwohl es erst halb fünf am Nachmittag war, war die winterliche Dunkelheit bereits über die Insel gekrochen.
Arne freute sich auf eine heiße Dusche und ein Sofa. Er wollte nichts mehr als die Beine ausstrecken, ein Bierchen trinken und in seine Zeitschriften schauen. Der Tag war erlebnisreich genug gewesen. Immerhin war es nur der robusten Henrike und Okes Geschick zu verdanken, dass sie nicht abgesoffen waren.
Zu Arnes Überraschung verließen sie nicht das Hafengelände, sondern vollführten eine elegante 180-Grad-Wende, umrundeten den vierarmigen Lampenmast und folgten im funzeligen Licht des schwachen Fahrzeugscheinwerfers dem Hafenweg Richtung Leuchtturm. Dabei ließen sie den Lagerschuppen und ein kleines, einstöckiges Backsteingebäude hinter sich zurück. Wenig später stoppte Enrik vor der letzten mickrigen Laterne und der funzelige Scheinwerfer E-Trudes erlosch. Daraufhin standen sie fast völlig im Dunkeln. Arne fragte sich, ob der Zweck der mickrigen Hafenlaternen einzig darin bestand, die Regentropfen um ihren Schirm herum zählen zu können, denn bis zum Boden reichte ihr schwacher Lichtschein kaum.
Der Insulaner behalf sich auf seine eigene Art. Eine starke Taschenlampe flammte auf und entfernte sich vom Fahrzeug. Dann sah Arne plötzlich jede Menge Licht und lauter bunte Kreise.
„Ey!“, protestierte Arne und drehte den Kopf zur Seite.
„´tschuldigung“, murmelte Oke, als er den Lichtstrahl seiner Taschenlampe von Arnes Gesicht nahm. „Wollte sehen, ob du noch da bist.“
„Ich sehe bunte Lichter“, maulte Arne.
„Das geht vorbei. Komm´ mit! Zeit für einen Grog“, sagte Oke, drehte sich um und folgte dem tanzenden Lichtschein von Enriks Taschenlampe.
Arne stieg von der Ladefläche und stiefelte den Männern hinterher.
Sie waren nur wenige Schritte gegangen, als sie vor einem kleinen, ebenfalls einstöckigen Backsteinhaus mit tief heruntergezogenem Reetdach standen. Der Wind pfiff hier ordentlich um die Ecken und Arne konnte das Meer jenseits des Hafens tosen hören. Er war froh, als Enrik endlich die Haustür öffnete, und den Kopf einziehend, durch die niedrige Tür trat. Oke und Arne folgten dem Insulaner ins überheizte Innere, wo ihnen sehr trockene, warme Luft entgegenschlug. Arne schloss die Tür hinter sich. Er konnte kaum etwas im Schein der wandernden Lichtkegel der Taschenlampen erkennen, und blieb erstmal abwartend stehen.
„Gibt es hier irgendwo einen Lichtschalter?“, fragte Arne.
„Nö“, antworteten Oke und Enrik im Chor.
„Wie nö?“, bohrte Arne nach.
„Was willst du mit einem Lichtschalter, wenn du keinen Strom hast? Macht keinen Sinn, mein Junge“, antwortete Enrik.
„Dann solltet ihr das Haus vielleicht mal an das örtliche Stromnetz anschließen“, sagte Arne. „Dann habt ihr auch Licht“, legte er nach und hörte das Schütteln einer Streichholzschachtel. Im Schein der abgelegten Taschenlampen sah er Oke und Enrik an irgendwas herumhantierten.
„Gibt es nicht!“, sagte Enrik.
„Was?“, fragte Arne.
„Öffentliches Stromnetz!“, sagte Enrik.
„Keinen Strom?“, fragte Arne.
„Genau!“, brummte Enrik.
„Hab´ ich doch gesagt, dass das interessant für dich wird“, sagte Oke.
„Oha!“, stöhnte Arne.
„Man gewöhnt sich dran. Den Hafen beleuchten wir mit Notstromaggregaten aus alten Bundeswehrbeständen, deshalb können wir auch E-Trude laden. Der eine oder andere Bollwarker hat ein paar Solarzellen auf dem Dach oder für Notfälle ein kleines Stromaggregat im Haus“, erklärte Enrik.
„Und das geht?“, fragte Arne.
„Jo“, erwiderte Enrik und Oke lachte.
„Oha!“, stöhnte Arne abermals. „Muss ich mich dran gewöhnen, schätze ich.“
„Jo“, bestätigte Enrik und Oke lachte wieder.
Wenig später erhellten Kerzenlicht und Petroleumlampen die kleinste Hafenkneipe, die Arne je von innen gesehen hatte. „Willkommen im Durstigen Seehund, junger Mann!“, rief Enrik aus der noch winzigeren Küche hinter dem Tresen.
„Danke! Und ich bin 37“, sagte Arne.
„Macht ja nichts“, sagte Enrik und Oke musste schon wieder lachen.
„Ich mein ja nur, weil du junger Mann zu mir sagst. Ich bin gar nicht so jung“, sagte Arne.
„Ach so, verstehe“, sagte Enrik. „Wenn ich versuche, mich an meinen 37. Geburtstag zu erinnern, wird mir schwindelig. Ist eine Ewigkeit her. Ich setz´ uns mal Teewasser auf.“
„Ohne Strom?“, fragte Arne.
„Campinggasflaschen“, antwortete Enrik.
„Ach so!“, kommentierte Arne.
„Ich nehm´ ´nen Grog! Zwei Stück Zucker!“, rief Oke vom Tresen in die Küche. „Und Arne auch!“
„Will ich das?“, fragte Arne.
„Klar. Alles andere wäre sehr unhöflich“, erklärte Oke.
„Jo“, rief der unsichtbare Enrik aus der Küche.
Arne war zu müde zum Diskutieren. Er hatte inzwischen die warme Jacke und seinen Pullover ausgezogen und angefangen die Ärmel seines Hemdes hochzukrempeln. Im Durstigen Seehund herrschten mindestens 30 Grad Celsius, befeuert durch einen uralten Holzofen, der rechts vom Tresen stand. Enrik hatte die Kneipe bereits vor ihrer Ankunft tüchtig vorgeheizt, damit sie es jetzt mollig warm hatten.
Der quadratische Raum beherbergte neben dem Ofen einen uralten, wild zusammengezimmerten Tresen, wie überhaupt alles in dieser Kneipe alt und gebraucht zu sein schien. Das meiste Zeug schien einmal Treibgut gewesen zu sein, das die See an den Strand Bollwarks gespült hatte. Kein Teil sah wie das andere aus. Links und rechts der Eingangstür waren Eckbänke mit jeweils einem großen Tisch und weiteren Stühlen davor platziert. Unter der Decke hingen alte Netze, die mit allerlei maritimen Zeugs gefüllt waren: Rettungsringe, Mützen, Paddel, getrocknete Seesterne, Buddeln, Netzschwimmer, Gummistiefel, Taucherflossen, Strandspielzeug, Schnorchel, Bootsfender und ein halbes Surfboard mit Bissspuren. Dazwischen hingen Petroleumlampen von der Decke. Jeder Millimeter der Wände war mit gerahmten Fotografien von Schiffen, Seeleuten und Menschen jeden Geschlechts, Alters oder Herkunft behängt. Alles an diesem Ort hatte Patina. Viel Platz gab es im Durstigen Seehund nicht, aber urig und gemütlich war es.
Arne quetschte sich an den Stühlen vorbei, zwischen den beiden Tischen hindurch zum Tresen. Er setzte sich neben Oke. Enrik kam aus der Küche und stellte jedem ein Schinkenbrot und einen heißen Grog vor die Nase, während draußen der Wind heulte.
„Also noch mal, jetzt aber offiziell - Willkommen auf Bollwark, Männer. Prost!“, sagte Enrik.
Drei Grog später und mit leicht einem Sitzen verließen die Männer den Durstigen Seehund und machten sich auf den Weg ins Inselinnere. Leise surrte der Elektrokarren durch die Nacht und nur der heulende Wind und das Brausen des Meeres waren zu hören.
Nachdem sie das Hafengelände durchquert hatten, stieg der Weg steil an und führte auf den Deich, bis sie kurz vor der Deichkrone vor einem hüfthohen, stählernen Fluttor standen. Enrik war ausgestiegen und hantierte beidhändig an einer Kurbel am Fluttor herum. Es öffnete sich quietschend und mit viel Getöse, bis es den Weg ins Innere der Insel freigab. Enrik stieg wieder ein und sie fuhren hindurch. Kaum hatten sie das Tor passiert, hielt Enrik schon wieder an und die Prozedur, diesmal auf der anderen Seite, begann von vorn, bis das geschlossene Fluttor mit einem lauten Knall in seiner Verankerung einrastete.
Enrik stieg wieder ein und sie surrten weiter lautlos über die Insel. Bald stoppte er erneut. Arne starrte in die Dunkelheit. Er sah gar nichts. Hier gab es weit und breit kein Licht, keine Straßenlaternen, nur die Funzel in der Nase von E-Trude. Die Türen E-Trudes öffneten sich. Enrik und Oke stiegen aus dem Wagen. Ihre Taschenlampen flammten auf. Dann verabschiedete sich Oke und verschwand im Licht der Taschenlampe im Gästehaus. Nun stieg Arne zu Enrik auf den Beifahrersitz und sie folgten der Dorfstraße ins Inselinnere.
„Wir haben nur drei Straßen auf Bollwark. Diese hier heißt Dorfstraße. Gibt nur zwei Straßen im Inselinneren. Die Dorfstraße führt einmal rundherum und wieder zurück zum Hafen. Kannst dich nicht verlaufen. Kommst immer wieder an. Und dann haben wir noch die Zuwegungen zu den Häusern. Das sind aber nur Trampelpfade oder Schotterwege und ohne so schöne Betonplatten wie auf unserer Hauptstraße hier. Ist noch aus der Nazizeit. Hat uns die Wehrmacht hinterlassen. Die anderen Straßen heißen Fischergasse und Hafenweg. Bist auf einer heute schon unterwegs gewesen. Das war es dann aber auch. Der Rest sind wilde Wege oder Trampelpfade. Da kannst du nicht einmal Rad fahren“, sagte Enrik.
„Gibt es hier keine Autos?“, fragte Arne.
„Gibt es nicht. Braucht man nicht. Der bewohnte Teil der Insel ist viel zu klein. Wir nutzen hier Fahrräder oder auch mal E-Trude oder Pferdekutschen, wenn wir etwas Schweres zu transportieren haben. Aber meistens gehen wir zu Fuß. Mehr Verkehr gibt es hier nicht. Jedenfalls nicht auf der Straße“, sagte Enrik.
Arne kommentierte das nicht, sondern konzentrierte sich auf den schmalen Lichtkegel, der die Straße entlang glitt. Eigentlich war es mehr ein schmaler Weg, der gerade breit genug für ein einzelnes Fahrzeug war. Und obwohl sie mit kaum mehr als 25 km/h unterwegs waren, fühlte es sich unter diesen Bedingungen rasend schnell an. Rechts des Weges huschte immer wieder eine Einfahrt zu einem der wenigen Häuser vorbei, mehr sah er nicht. Schließlich bogen sie in eine Schottereinfahrt und hielten vor einem einstöckigen Reetdachhaus. Kein Lichtschein drang durch die Scheiben nach draußen. Es sah verlassen aus.
„Oha! Wissen die Hansens, dass du heute ankommst? Sieht leer aus. Sind vielleicht noch auf dem Festland. Die haben sich auch gar nicht bei mir zurückgemeldet. Macht sonst jeder. Immer!“, sagte Enrik.
Arne schüttelte ungläubig den Kopf.
„Ich habe allerdings vorhin echt tief geschlafen“, sagte Enrik. „Hatte mit Maart einen starken Rum getrunken. Vielleicht auch zwei oder drei. Kann mich nicht mehr so gut erinnern.“
„Das glaub´ ich jetzt nicht“, knurrte Arne. „Der wird mich doch nicht ernsthaft versetzt haben.“ Leichte Unruhe stieg in ihm hoch. Hatte er das Telefonat nur geträumt, so wie den nächtlichen Besuch seiner toten Frau? Nein! Ganz sicher nicht. Außerdem hatte er die SMS von ihm bekommen und Hansi hatte die Passage für ihn gebucht. Arne spürte, wie ihn die Situation trotzdem nervös machte. Er kramte sein Handy heraus und suchte die SMS. Es war alles richtig.
„Lass uns mal nachsehen“, sagte Enrik und gab Arne einen freundschaftlichen Stups. Dann stiegen sie aus und gingen zur Haustür hinüber, nur beleuchtet von E-Trudes glimmendem Auge.
Vor der Tür stand eine geschlossene, rote Plastikbox, die mit einem Ziegelstein beschwert worden war. Auf ihr stand in großen, weißen Buchstaben: FÜR ARNE!
„Oha! Ich hab´ da so einen Verdacht“, nuschelte Enrik und reichte Arne die rote Box. „Die sind noch auf dem Festland, wetten? Das erklärt auch, weshalb sie sich nicht bei mir zurückgemeldet haben. Sind erst vor Kurzem los. Das hatte ich mitgekriegt. Ihr Boot ist ja auch weg. Ist aber nichts Ungewöhnliches. Dass sie nicht mit Oke oder dem eigenen Kahn wieder zurückgekommen sind, meine ich. Peter hat sich oft von Freunden herbringen lassen. Dann hat er sich aber immer wieder bei mir zurückgemeldet. Ich bin ja immerhin der Bürgermeister der Insel, ehrenamtlich, versteht sich. Na ja. Ist auch egal. Mach´ auf. Da ist bestimmt der Schlüssel für dich drin.“
Arne fiel aus allen Wolken. Sollte das wirklich Hansis Ernst sein? Steckte er jetzt ernsthaft mutterseelenallein auf dieser Insel fest? Im Winter? Mitten in der Nordsee? Kurz vor Weihnachten? Bei Sturm? Arne wurde langsam, aber sicher stinksauer.
Enrik gab ihm einen Knuff in die Seite. „Nun lass mal nicht gleich den Kopf hängen, mein Junge. Wird schon nicht so schlimm werden.“
Bei diesen Worten setzte der kalte Regen ein und beide mussten grinsen. Arne öffnete die Box und fand einen Schlüsselbund, gebündelte tausend Euro in kleinen Scheinen, ein Feuerzeug, ein paar Kerzen, Streichhölzer, eine schwere Stabtaschenlampe und einen Brief von Hansi. Er legte alles zurück und behielt nur den Brief in der Hand, während er die Box an Enrik weiterreichte. Im schwachen Licht des Standlichts begann Arne laut zu lesen, damit auch Enrik wusste, was los war:
Lieber Arne,
Du denkst bestimmt, ich habe einen Knall. Habe ich aber nicht. Wenn Du das hier liest, dann sind wir nicht hier, sondern auf dem Festland und haben es nicht mehr rechtzeitig zurück auf die Insel geschafft. Wir kommen aber auf jeden Fall wieder. Sanne musste wg. einer Untersuchung dringend in die Klinik nach Bremen und ich habe noch ein Treffen mit Investoren für ein geschäftliches Projekt. Sanne ist übrigens meine schwangere Frau. Wollte ich Dir eigentlich heute vorstellen. Wie soll ich es Dir sagen? Privat ändert sich gerade alles und im Job, na ja, manche Investoren sind ein wenig eigenwillig und wenn du ihr Geld willst, dann musst du dich anpassen. Lange Rede, kurzer Sinn. Du bist jetzt erst mal ein paar Tage auf Dich allein gestellt und Herr im Haus. Hinterm Haupthaus steht ein sehr kleines, aber feines Backsteinhäuschen. Da ziehst Du erst mal ein. Du bist der erste Feriengast und Komforttester ;). Den Schlüssel und Deinen Lohn für den ersten Monat als „Hausmeister“ hast Du in der Box gefunden. Bis wir wieder da sind, hast Du frei und kannst Dich umsehen. Mach´ Urlaub. Weitere Infos zum Leben auf der Insel findest Du im Haus. Die Speisekammer ist voll. Ist alles für Dich. Bevor ich es vergesse. Das mit dem Strom und mit Frischwasser ist hier noch etwas knifflig. Es gibt leider keine richtige Infrastruktur. Kannst Du aber alles in Ruhe im Haus nachlesen. Aber trinke um Gottes willen nicht das Wasser aus der Leitung.