Bones and Skulls - Kapitel 1 bis 5 - Franck A. Leblang - E-Book

Bones and Skulls - Kapitel 1 bis 5 E-Book

Franck A. Leblang

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Beschreibung

Tom und seine Freunde leben in der Provinz. Ihr Leben ist bestimmt von ihrer Freundschaft, ihren Motorrädern und ihrem freiheitlichen Lebensstil. Doch das Schicksal setzt ihnen zu, sie müssen Tiefschläge einstecken. Ein Freund stirbt und das Leben, so wie sie es kannten, existiert nicht mehr. Sie müssen sich gegen eine brutale Gang zur Wehr setzen und unmerklich wird aus den Freunden ein organisierter Motoradclub, dessen Aktivitäten weit über das hinausgehen, was sie sich je vorgestellt haben.

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Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhaltsverzeichnis

Bones and Skulls

Impressum

Bones and Skulls

Band 1

Franck A. Leblang

Impressum

© 2021 Franck A. Leblang

Autor: Franck A. Leblang

E-Mail: franck @ leblang.de

Umschlaggestaltung, Illustration: Franck A. Leblang

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Kapitel 1 | Erstes Blut

Der Fuß traf ihn unerwartet am Kopf und das Blut spritzte quer durch die Luft. Die Fäuste schlugen weiter auf ihn ein. Sein Körper schien sich mit der Niederlage abgefunden zu haben, denn sein Kopf wippte mit jedem Treffer den er einsteckte, widerstandslos mit in die Richtung des Schlages. Rechter Haken, Treffer! Linker Haken, Treffer! Seine Augen waren jetzt nicht nur blutunterlaufen und angeschwollen, sie hatten auch diese Leere in sich, als hätte der Verstand der Quälerei ein Ende setzen wollen. In diesem Moment ging der Ringrichter dazwischen, denn er hatte diesen Blick schon oft gesehen und wusste, wenn er jetzt nicht einschritt, würde er sterben. Er wies den Kontrahenten mit einer Handbewegung an, Abstand zu halten. Sergej folgte der Anweisung sofort und wich zurück. Er ließ seine Hände von der Kampfstellung auf die Bauchhöhe herabfallen, tänzelte aber immer noch kampfbereit von einem Fuß auf den anderen, den Gegner weiterhin mit seinem eiskalten Blick fixierend. Noch stand dieser, doch dann ließ auch der Rest des Körpers nach und sein Gegner fiel wie ein nasser Sack zu Boden, als hätte jemand den Stecker gezogen und jegliche Energie entwich sofort von dem einen auf den anderen Moment. Sein Kopf schlug hart auf dem Ringboden auf, sein Mund öffnete sich dabei wie ein Fischmaul und rote Flüssigkeit, eine Mischung aus Speichel und Blut, quoll aus ihm heraus.

Das Publikum schrie euphorisch: „Stalin! Stalin! Stalin!“ Nun erst entwich Sergejs Anspannung, ein knappes Lächeln flog über sein karges Gesicht und er hob die Fäuste in die Luft. „Stalin! Stalin! Stalin!“ Er genoss, wie das Publikum seinen Kampfnamen schrie. Viele von ihnen waren emotional aufgewühlt, da ihr Kämpfer gewonnen hatte, andere waren im Blutrausch, hatten vorher nicht viel von Sergej gewusst aber riefen nach diesem dominanten Sieg seinen Namen, da sie begeistert von seiner Kampfesdarbietung waren. Dann gab es noch diejenigen, die sich lediglich über das gewonnene Geld freuten und dies ebenso mit lauten Stalin-Rufen zum Ausdruck brachten.

Aus der Kabine heraus hörte Tom, wie die Stalin-Rufe langsam abklangen und die Musik sich wieder über das allgemeine Stimmenwirrwarr legte. Seine schwarzen Bandagen saßen gut und fest. Wie in Trance überprüfte er ihren Sitz trotzdem immer wieder, indem er abwechselnd die eine Faust in die andere schlug, was einen dumpfen Hall in der tristen Kabine erzeugte. Die heruntergekommenen grauen Metallspinte im Raum, einige von Ihnen aufgebrochen, waren allesamt mit Tags, Malereien oder Aufklebern versehen. Bis auf einen, ein einziger Spint war makellos. Er war nicht baugleich mit den anderen, er war etwas höher und vollkommen schwarz. Auf der Tür war in dunklem Rot ein Doppeladler aufgemalt, der zu beiden Seiten krächzend seinen Schnabel aufriss. Er gehörte Dalmat, einem bislang unbesiegten Kämpfer der dem albanischen Marku Familienclan angehörte. Dieser Spint war unantastbar, jeder, der jemals diese Umkleide betrat, wusste es. Toms Spint war es nicht, deswegen ließ er seine Sachen auch nicht darin. Maik war schon dabei sie in einer Tasche zu verstauen, um sie mit zum Käfig zu nehmen. Er war Toms Cutman bei diesem Kampf. Er war noch recht jung und nicht sehr erfahren, denn so richtig musste er Tom noch nie zusammenflicken. Es gab nur mal kleinere Platzwunden hier und da, denn Tom hatte bis heute noch jeden Kampf souverän gewonnen. Dies war vielleicht auch gut so, denn ob er in der Lage war starke Blutungen zu versorgen, ohne den Kampf unterbrechen zu müssen und Narben zurückzulassen, wusste er nicht. Maik hatte sogar an eine zweite Tasche gedacht, die groß genug war, um deren Motorradhelme und Lederjacken einzupacken. Er war wahrlich kein großer Organisator, nur sich die Motorradsachen stehlen zu lassen und nicht mit den Choppern zurück nach Hause fahren zu können, war für ihn eine katastrophale Vorstellung. Diese Angst ließ ihn alles planen, mehrere Male durchdachte er jeden Schritt des gesamten Ablaufs, vom Eintreffen beim Turnier bis zum Verlassen nach dem Kampf. Er hatte das zwar schon dutzende Male gemacht und eigentlich sollte es ihn nicht kümmern. Da ihn dieser Ort beunruhigte, veranlasste es ihn dazu, alles zu kontrollieren, was er überhaupt kontrollieren konnte. Er durchdachte alles im Detail.

Die Tür zur Kabine wurde plötzlich einen Spalt aufgerissen. „Kartoffel, Du bist dran!“, rief eine männliche Stimme mit leichtem Akzent. Es war ein Helfer, der zur Organisation dieser Kampfveranstaltung gehörte. Er machte sich nicht einmal die Mühe, sich selbst zu zeigen und schloss die Tür sogleich wieder mit einem lauten Knall.

„Kartoffel?“, wiederholte Maik leicht verärgert.

Doch Torge schnitt ihn gleich ab: „Scheiße, wir konzentrieren uns hier auf den Kampf, lasst euch nicht provozieren!“

Nachdem er das gesagt hatte, haute er Tom mit der flachen Hand auf die Schulter. Sein mit einem Totenkopf tätowierter Unterarm verblieb dort für eine Sekunde. Mehr musste er nicht tun, um Tom verstehen zu geben, es war Zeit in die Kampfarena zu gehen. Er zwinkerte ihm dabei zu, gepaart mit einem aufgesetzten Lächeln, denn die aufgequollenen Adern an seiner Schläfe unterhalb der sauber rasierten Glatze ließen keinen Zweifel daran, wie angespannt er in Wirklichkeit war. Auch mit seinen über fünfzig Jahren war jeder Kampf noch anders und wenn einer seiner Sprösslinge in den Ring stieg, fühlte er sich, als stiege ein Teil von ihm selbst mit hinein. Er war schon von Anfang an Toms Trainer gewesen, als Jugendlicher hatte er ihm das Kickboxen beigebracht und später alles das, was man für einen Mixed Martial Arts Kampf benötigte. Jetzt war Tom weitaus besser, als er es selbst in seinen besten Tagen hätte sein können. Ob ihn das auch zu einem besseren Kämpfer machte, musste sich noch zeigen. Denn harte Schläge und schnelle Reaktionen nützten einem nichts im Angesicht der Niederlage, wenn der ganze Körper schmerzte und man wie benommen durch den Käfig taumelte. Nur wer dann in der Lage war stehen zu bleiben, die Arme noch einmal hochzuheben und trotz aller Schmerzen angriff, war ein wahrer Kämpfer. Jeder der mit Torge zu tun hatte, hatte ihn schon einmal sagen gehört, der Unterschied zwischen einem Sieger und einem Verlierer ist es, einmal mehr aufzustehen. Er hoffte aber, heute sei nicht der Tag, an dem Tom das zu beweisen hatte.

Nachdem Tom seine leicht gepolsterten Kampfhandschuhe angezogen hatte, stand er auf. Er trug noch immer seinen löchrigen dunkelgrauen Bademantel, unter dem eine schwarze Kampfhose mit einem roten zackigen Muster zu sehen war, auf der am rechten unteren Hosenbein ‚No Surrender´ stand. Durch das Öffnen der Tür drang zunächst das erwartungsvolle Gemurmel der Zuschauer in den Raum hinein. Torge verließ als erster die Umkleidekabine, gefolgt von Tom und Maik, der schwer mit seinen Taschen zu tragen hatte. Es war nur ein kurzer Gang über den tristen Flur mit Neonröhrenbeleuchtung, vorbei an Wandstücken, die große Teile des Putzes verloren hatten und rundeherum mit geistreichen Zitaten oder Beschimpfungen beschmiert waren. Sie stoppten vor einer geschlossenen Stahltür und warteten.

Endlich begann die Musik, über alle Lautsprecher der Halle erklang eine E-Gitarre, deren Melodie von einem Schlagzeug getrieben wurde. Nun war es endlich an der Zeit. Tom ließ seinen Bademantel in Maiks Hände fallen, dies entblößte seinen Rücken, den quer über die gut sichtbaren Muskeln ein Drache vereinnahmte, der warnend sein großes Maul aufriss. Er folgte Torge in die Halle. Dabei nahm er nicht die Blicke der Zuschauer wahr, an denen er vorbeiging, die von gleichgültig bis ablehnend reichten. Sein Blick war konzentriert, er starrte auf den Käfig und jeder Muskel seines Körpers schien angespannt zu sein. Torge öffnete ihm den Zugang und beide traten hinein.

Zurück blieb Maik, der vor dem Käfig wartete und unachtsam die Taschen zu Boden fallen ließ. Er genoss den Moment, all das Adrenalin, welches ihn in der Luft umgab. Die Zuschauer, die gespannt waren auf das, was dieser Kampf ihnen bringen mochte. Ein K.O., ein langwieriger Bodenkampf oder ein zaghaftes Abtasten der Kämpfer? Die Wettquoten sagten einen Knock-Out voraus, aber nicht mit Tom als Sieger. Er war zwar unbesiegt, hatte aber noch keinen großen Namen. The Dragon war Toms Kampfname, doch das sagte hier niemandem etwas. Viele hatten wahrscheinlich einen asiatischen Kämpfer erwartet und waren eher enttäuscht, als ein weiteres Weißbrot den Ring betrat. Sein Gegner allerdings, The Nigerian Bull, war durchaus bekannt. Seine Kampfquote war durchwachsen, viele Siege, ein paar Unentschieden aber auch einige Niederlagen. Er war eher ein Boxer, der mit seinem natürlichen muskelösen Körperbau ein leichtes Spiel hatte, jemanden KO zu schlagen, wenn er ihn denn erwischte. Schnelligkeit war nicht seine Stärke. Ab und zu platzierte er Tritte, die selten trafen oder Wirkung zeigten. Eine Gefahr war es indes, ihm im Bodenkampf zu begegnen. Das war zwar nicht seine bevorzugte Kampfart, aber allein durch seine Masse konnte er dort kaum bezwungen werden.

Es dauerte gar nicht lang, kurz nachdem Tom und Torge den Ring betreten hatten, herrschte zunächst Stille. Dann drangen plötzlich Trommellaute durch die Halle. Ein langsamer aber eindringlicher Rhythmus läutete den Einmarsch des Nigerian Bull ein. Die Reaktion des Publikums war dieses Mal ganz anders. Als der schwarze, mächtige Kämpfer die Halle betrat, waren Jubelschreie zu hören, vereinzeltes Klatschen und einige Frauen, die helles Geheule von sich gaben. Der Kämpfer genoss augenscheinlich den Moment. Sein Name, die Musik, alles bediente Klischees, mancher könnte Rassismus dahinter vermuten, aber das war es nicht. Es war Kalkül, dies wurde nicht von ihm verlangt, er wollte es so. Er dachte, sollen mich die Leute ruhig mit Buschtrommeln und einem Bullen in Verbindung setzen, solange sie meinen Namen kennen, mir zujubeln und das Geld fließt, ist mir das egal. Er war intelligent und wusste, die Show war ein Teil des Geschäfts. Nachdem er den Ring betreten hatte, stand er vor Tom und sagte mit seiner dunklen fast angewidert klingenden Stimme: „Toastbrot.“ Das war alles - dann schwieg er. Eine Szene wie aus einem Film.

Beide waren groß, Tom vielleicht knapp einen Meter und neunzig, der Bulle sogar noch etwas größer. Maik ärgerte sich, mit seinem 08/15 Haarschnitt fand er Tom nicht gefährlich genug aussehend. Ihm ging es dabei nicht um die Show, er meinte, als MMA Kämpfer müsste man möglichst brutal aussehen. So wie er! Maik hatte oben etwas längere dunkle Haare, die er hinten zusammengebunden hatte, damit darunter sein frischer Undercut zu sehen war. Auf dem Hinterkopf war zudem deutlich sichtbar ein Totenkopf einrasiert. Er empfand sich als gefährlich aussehend, Tom hingegen hatte einen Soldatenhaarschnitt, wie Maik es nannte, kurze braune Haare an den Seiten, oben minimal länger mit einem strengen Seitenscheitel und einem kurzgeschnittenen Vollbart. Neben dem schwarzen Muskelberg des kahlschädeligen Bullen wirkte er wie ein, naja, Toastbrot. Groß, schlank, muskulös, aber nicht wie ein Kämpfer. Zum Glück, fand Maik, waren wenigstens Tom Arme, Beine und sein Rücken bis zum Hals tätowiert, somit sollte er zumindest etwas Eindruck schinden. Als die Musik nun endlich vorbei war und der Ringrichter seine Ansage an die Kämpfer gemacht hatte, begann der Kampf und Maik dachte nicht weiter an Frisuren sondern war sofort wieder Feuer und Flamme für das bevorstehende Spektakel. Torge stellte sich neben ihn, legte ihm die Hand auf die Schulter und begann diese vor Aufregung zu kneten.

Die Lichter über dem Käfig erleuchteten die Kampffläche sehr gut. Alles außerhalb der mannhohen Umrandung verschwamm allerdings in ein dunkles Gemisch aus Beige, Blau und viel Schwarz. Vereinzelte Rufe hallten auf, mal etwas auf Türkisch, mal etwas auf Deutsch, doch nichts davon erreichte Tom. Erst der Gongschlag zur ersten Runde erreichte seine Ohren.

Sogleich bewegten sich die Gegner aufeinander zu, klatschten einmal kurz ab und begannen dann sich zu fixieren. Mit erhobenen Händen, immer bereit zum Schlag, bewegten sie sich vor und wieder zurück. Ihre Blicke krallten sich aneinander fest. Tom führte ein paar leichte Schläge mit der linken Hand aus, diese Jabs konnte der Bulle aber leicht abwehren. Zu nah an ihn rankommen lassen durfte Tom ihn nicht. Er musste eine sichere Distanz wahren. Wenn der Bulle ihn zu Boden riss oder nah genug an ihm war, um ihm einen Haken zu versetzen, konnte der Kampf schnell aus sein. Tom blieb ruhig, man hätte sogar sagen können sachlich. Er analysierte die Bewegungen des Bullen, testete dessen Reaktionen mit seinen kurzen Schlägen an und bewegte sich dabei ohne Pause. Langsam umkreisten sie sich, wie auf einer elliptischen Laufbahn, vor und wieder zurück, immer den nächsten Schlag erwartend oder die Möglichkeit, selbst einen zu platzieren. Gerade setzte er zu einem weiteren Jab mit seiner Führhand an, da kam es, unerwartet und schnell, wie aus dem Nichts. Zunächst schoss Toms linke Hand nach vorne, rechts war seine Deckung dabei leider etwas zu tief. Auf den Moment hatte der Bulle gewartet, er hatte Tom ebenso studiert. Er wich seinem Jab leicht aus und nutzte die Bewegung, um diese in einen Haken übergehen zu lassen. Treffer! Die Faust erwischte Tom mit voller Kraft, sein Mundschutz flog mitsamt einem Blutschwall durch die Luft. Der Bulle wollte sofort nachsetzen, doch der Ringrichter ging dazwischen. Tom war es kurz schwarz vor Augen geworden, er sah, wie der Ringrichter vor ihm stand und auf den Boden zeigte. Er blickte hinunter und sah einen Mundschutz. Das ist wohl meiner, dachte er leicht benommen.

Sofort rief Torge von außerhalb des Rings: „Tom, den müssen wir reinigen, komm, gib ihn her!“ Mit dem Ellenbogen stieß er dabei Maik an, der daraufhin ein Handtuch und die Wasserflasche bereithielt. Verdammt, verdammt!, dachte Torge, nicht heute! Er musste etwas Zeit schinden, damit Tom wieder zu sich kommen konnte. Langsam kam dieser zu ihnen herüber, wobei Torge besonders auf dessen Augen achtete. Sie sahen klar aus, müde vielleicht, aber anwesend, nicht verängstigt, nur müde. Wer noch nie einen richtigen Schlag eingesteckt hatte, wusste nicht, was das bei einem verursachte. Das Bewusstsein und die Energie, die in einem Körper steckten, konnten nur durch den kurzen Moment eines einzigen Treffers plötzlich verschwinden.

„Steck ihn mir wieder rein“, sagte Tom nuschelnd.

Torge glaubte zunächst, Tom meinte den Mundschutz. So griff er durch den Ring, hob den Mundschutz auf und hielt ihm Tom hin. Doch Tom spuckte in Torges Hand hinein, im Blut schwamm ein Zahn.

„Steck ihn wieder rein“, wiederholte Tom erneut.

Als Torge Mundschutz und Zahn in Maiks Handtuch legte, tauschten sie einen besorgten Blick aus, allerdings nur kurz, denn Maik fing sofort an beides mit Wasser abzuwaschen. Der Ringrichter machte sich von hinten bemerkbar, sie sollen sich beeilen, sagte er, sonst gibt es Punktabzug. Während Torge Mundschutz und Zahn zurücknahm, begann Maik mit dem Ringrichter zu diskutieren. Es war ein Ablenkungsmanöver, bei dem sich Maik fadenscheinig darüber beklagte, wie Tom benachteiligt wurde, angefangen bei der unwürdigen Umkleidekabine bis hin zum ablehnenden Verhalten der Zuschauer. Die Zeit nutzte Torge und drückte Tom geschickt zuerst den Zahn in den Kiefer und dann den Mundschutz hinterher.

„Hau ihn um!“, rief ihm Torge aufbauend zu.

Tom nickte lediglich, drehte sich um und signalisierte dem Ringrichter, es kann weitergehen. Nun war der Bulle wild geworden. Er kam auf Tom zugestürmt und schlug auf ihn ein. Dieser wehrte ab, wich aus so gut er konnte. Er hatte kürzere Arme als der Bulle und weniger Kraft, aber er war schnell und Angst hatte er keine. Respekt durchaus, der Respekt vor dem Gegner war sogar gewachsen. Wenn er nur konzentriert blieb, so wusste er, konnte er diesen Kampf noch gewinnen. Noch ein Schlag und noch einer. Das Publikum fing an zu jubeln, sie witterten den Knock-Out und feuerten den Bullen an. Dieser war nun dabei, einen Fehler zu begehen. Das Toastbrot schien ihm ausgeliefert zu sein. Er würde ihm so lange mit Schlägen zusetzen, bis einer traf. Das wäre dann das vorzeitige Ende des Kampfes gewesen. Um dem Publikum vorher noch eine Show zu bieten, setzte er jetzt zum High-Kick an. So schnell wie er mit seinen Faustschlägen war, so langsam war er mit seinen Beinen. Das war die Möglichkeit, auf die Tom gewartet hatte. In so einem Moment konnte man nicht durchdenken was man tat, es war wie ein einprogrammiertes Szenario, welches als Programm abgerufen wurde. Als der Bulle seinen Tritt ausführte, war Toms Faust zur Abwehr und zum Schutz seines Kopfes bereits da. Als der Fuß einschlug, trat Tom zeitgleich selbst zu. Ein Low-Kick, blitzschnell und unerwartet, schlug gegen das Unterbein des Bullen und brachte den mächtigen Körper ins Schwanken. Tom ließ zwei gerade Faustschläge folgen, die zwar ihr Ziel verfehlten, den Bullen durch das Ausweichen nun jedoch vollends aus dem Gleichgewicht brachten.

---ENDE DER LESEPROBE---