Briefe in die Eifel - Max König - E-Book

Briefe in die Eifel E-Book

Max König

0,0

Beschreibung

Ganz Europa wurde 2020 von einem Virus namens Covid 19 beherrscht. Dabei sollte es eigentlich unbeschwert nach Santiago de Compostela gehen. Zu Fuß von der Eifel, und den ganzen Weg bis ins ferne Spanien. Die Reise fand trotzdem statt wie geplant - nur die Bedingungen hatten sich geändert. In 85 Briefen an Anna wird der Leser mit auf eine dreimonatige Pilgerreise genommen. Es sind intensive Tage, voller Ungewissheiten und Fragen. Nur wenige Pilger sind unterwegs und viele Herbergen sind geschlossen. Ausnahmsweise konnte man sich auf das Wetter verlassen, Temperaturen bis 40 Grad bescherten Anna's Freund einen Jahrhundertsommer. Anna folgt Max auf dem Jakobsweg bis nach Santiago de Compostela. Es ist ein besonderer Weg, der die Geschichte und den Glauben Europas von etwa 1200 Jahren umfasst. Beim grenzüberschreitenden Wandern und beim Bezahlen erschließt sich die historische Bedeutung eines geeinten friedlichen Europas. Der Jakobsweg geizt nicht mit Legenden und Geschichten rund um den Glauben. Und der Glaube selber, er wird von vielen Religionsgemeinschaften am Wegesrand von merkwürdig bis denkwürdig gelebt. Die Welt ist viel besser als ihr Ruf, trotz Corona und dem Negativbild der Medien. Anna erfährt von großer Hilfsbereitschaft und kleinen Gesten und nimmt Teil am Leben auf dem Jakobsweg. Es sind die Menschen, die zählen und den Weg möglich machen. Es braucht nicht viel dazu, etwas Neugierde und Vertrauen. Der Autor vermisst Anna und so geht es zum Schluss – an Erfahrungen und Geschichten reicher - natürlich wieder nach Hause.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 455

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Buchbeschreibung
Erster Brief
Auf nach Kerpen
Zweiter Brief
Von Kerpen nach Gerolstein
Dritter Brief
Von Gerolstein nach Daun
Vierter Brief
Von Daun nach Manderscheid
Fünfter Brief
Von Manderscheid zum Kloster Himmerod
Sechster Brief
Von Himmerod nach Gladbach
Siebter Brief
Von Gladbach nach Kordel
Achter Brief
Von Kordel nach Trier
Neunter Brief
Von Trier bis auf eine Wiese kurz vor Merzenich
Zehnter Brief
Von Merzenich nach Sierck le Bain
Elfter Brief
Von Sierck le Bain nach Homburg
Zwölfter Brief
Von Budange nach Metz
Dreizehnter Brief
Metz
Vierzehnter Brief
Von Metz nach Vandières
Fünfzehnter Brief
Von Vandières nach Liverdun
Sechzehnter Brief
Von Liverdun nach Toul
Siebzehnter Brief
Von Toul nach Chalaines
Achtzehnter Brief
Von Chalaines nach Contrexville
Neunzehnter Brief
Von Contrexville nach Bourbonne les Bains
Zwanzigster Brief
Von Bourbonne les Bains nach Marcilly en Bassigny
Einundzwanzigster Brief
Von Marcilly en Bassigny nach Langres
Zweiundzwanzigster Brief
Langres
Dreiundzwanzigster Brief
Von Langres nach Taizé
Vierundzwanzigster Brief
Von Taizé nach Irgendwo
Fünfundzwanzigster Brief
Von Irgendwo nach Probières
Sechsundzwanzigster Brief
Von Probières nach Mars
Siebenundzwanzigster Brief
Von Mars nach Charlieu, Noailly und zu einer Scheune
Achtundzwanzigster Brief
Von einem Bauernhof vor St. Romain la Motte nach Saint Jean Maurice sur Loire
Neunundzwanzigster Brief
Von Saint Jean Maurice sur Loire nach Pommiers
Dreißigster Brief
Von Pommiers en Forez nach Montverdun
Einunddreißigster Brief
Von Montverdun nach Saint George Haute Ville
Zweiunddreißigster Brief
Von Saint George Haute Ville nach La Chapelle en Lafaye
Dreiunddreißigster Brief
Von La Chapelle en Lafaye bis auf eine ferne Wiese
Vierunddreißigster Brief
Von einer Wiese nach Le Puy
Fünfunddreißigster Brief
Von Le Puy nach St. Privat d‘ Allier
Sechsunddreißigster Brief
Von Saint Privat d‘ Allier nach Saugues
Siebenunddreißigster Brief
Von Saugues nach St. Alban sur Limagnole
Achtunddreißigster Brief
Von Saint Alban sur Limagnole nach Nasbinals
Neununddreißigster Brief
Von Nasbinals nach St. Cômte d‘ Olt
Vierzigster Brief
Von St. Cômte d’ Olt nach Fonteilles
Einundvierzigster Brief
Von Fonteilles nach Conques
Zweiundvierzigster Brief
Von Conques in Richtung St. Felix
Dreiundvierzigster Brief
Über St. Felix nach Carjac
Vierundvierzigster Brief
Von Carjac nach Varaire
Fünfundvierzigster Brief
Von Varaire nach Cahors
Sechsundvierzigster Brief
Richtung Lauzerte
Siebenundvierzigster Brief
Aus einem Garten nach Moissac
Achtundvierzigster Brief
Von Moissac nach Miradoux
Neunundvierzigster Brief
Von Miradoux über Lectoure in einen Vorgarten
Fünfzigster Brief
Aus einem Vorgarten nach Montreal du Gers
Einundfünfzigster Brief
Von Montréal du Gers nach Nogaro
Zweiundfünfzigster Brief
Von Nogaro nach Aire sur l’ Adour
Dreiundfünfzigster Brief
Von Aire sur l’ Adour nach Arzacq
Vierundfünfzigster Brief
Von Arzacq nach Arthez le Béarn
Fünfundfünfzigster Brief
Von Arthez le Béarn nach Navarrenx
Sechsundfünfzigster Brief
Von Navarrenx nach Ostabat
Siebenundfünfzigster Brief
Von Ostabat nach St. Jean Pied de Port
Achtundfünfzigster Brief
Von St. Jean Pied de Port nach Roncesvalles
Neunundfünfzigster Brief
Von Roncesvalles nach Larrasoana
Sechzigster Brief
Von Larrasoana nach Puente la Reina
Einundsechzigster Brief
Von Puente la Reina nach Villamayor de Montjardin
Zweiundsechzigster Brief
Von Montjardin nach Viana
Dreiundsechzigster Brief
Von Viana nach Najera
Vierundsechzigster Brief
Von Najera nach Redecillo del Camino
Fünfundsechzigster Brief
Von Redecillo del Camino nach San Juan de Ortega
Sechsundsechzigster Brief
Von San Juan de Ortega nach Burgos
Siebenundsechzigster Brief
Von Burgos nach Castrojeriz
Achtundsechzigster Brief
Von Castrojeriz nach Fromista
Neunundsechzigster Brief
Von Fromista nach Calzadilla de la Cueza
Siebzigster Brief
Von Calzadilla de la Cueza nach Bercianes del Real Camino
Einundsiebzigster Brief
Von Bercianos del Real Camino nach Puente Villarente
Zweiundsiebzigster Brief
Von Puente Villarente nach Oncina de la Valdoncina
Dreiundsiebzigster Brief
Von Oncina de la Valdoncina nach Santibanez de Valdeiglesias
Vierundsiebzigster Brief
Von Santibanez de Valdeiglesias nach Rabanal del Camino
Fünfundsiebzigster Brief
Von Rabanal del Camino nach Ponferrada
Sechsundsiebzigster Brief
Von Ponferrada nach Vega de Valcarce
Siebenundsiebzigster Brief
Von Vega de Valcarce nach Triacastella
Achtundsiebzigster Brief
Von Triacastella nach Portomarín
Neunundsiebzigster Brief
Von Portomarín nach Melide
Achtzigster Brief
Von Melide nach Pedrouzo
Einundachtzigster Brief
Von Pedrouzo nach Santiago de Compostela
Zweiundachtzigster Brief
Santiago de Compostela
Dreiundachtzigster Brief
Von Santiago de Compostela nach Vilaserio
Vierundachtzigster Brief
Von Vilaserio nach Logoso
Letzter Brief
Von Logoso nach Fisterra

Briefe in die Eifel

von Max König

illustriert von Tamika Kawabuchi

Buchbeschreibung

Ganz Europa wurde 2020 von einem Virus namens COVID 19 beherrscht. Dabei sollte es eigentlich unbeschwert nach Santiago de Compostela gehen. Zu Fuß von der Eifel und den ganzen Weg bis ins ferne Spanien.

In 85 Briefen an Anna wird der Leser mit auf eine dreimonatige Pilgerreise genommen. Es sind nur wenige Pilger unterwegs und viele Herbergen sind geschlossen. Ausnahmsweise konnte man sich auf das Wetter verlassen, Temperaturen bis 40 Grad bescherten Anna’s Freund einen Jahrhundertsommer. Anna folgt Max auf dem Jakobsweg. Es ist ein besonderer Weg, der die Geschichte und den Glauben Europas von etwa 1200 Jahren umfasst. Beim grenzschreitenden Wandern und beim Bezahlen erschließt sich die historische Bedeutung eines geeinten friedlichen Europas. Der Jakobsweg ist reich an Geschichten rund um den Glauben. Und der Glaube selber, er wird von vielen Religionsgemeinschaften am Wegesrand von merkwürdig bis denkwürdig gelebt.

Die Welt ist besser als ihr Ruf, trotz Corona und dem Negativbild der Medien. Anna erfährt von großer Hilfsbereitsschaft und vielen kleinen Gesten und nimmt Teil am Leben auf dem Jakobsweg. Es sind die vielen Begegnungen mit gewöhnlichen und manchmal höchst ungewöhnlichen Menschen, die den Weg erst möglich machen.

Briefe in die Eifel

Ein getreulicher Bericht vom Jakobsweg nach Santiago de Compostela

erzählt von Max König

illustriert von Tamika Kawabuchi

Impressum

1. Auflage, 2023© by Michael Hemmann in Aremberg

Veröffentlicht im Selbstverlag

Michael Hemmann, Burgstr. 2, 53533 Aremberg

Herstellung und Druck: epubli, ein Service der neopubli GmbH, Berlin

Illustrationen: Tamika Kawabuchi, Düsseldorf

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über dnb.dnb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten.

Einleitung

Anna – die Wanderung ist bereits Vergangenheit und lebt nunmehr in diesen Zeilen. Gib die Geschichte weiter, all die Legenden und Beobachtungen dieser kuriosen Pilgerreise nach Santiago de Compostela. Es waren drei eigenartige Monate auf diesem Weg durch ein vom Coronavirus geplagtes Europa. Eine Pilgerreise, die zur berechtigten Frage führt: Wer war eigentlich dieser Heilige Jakob und was hatten seine angeblichen Überreste mit Santiago de Compostela zu tun?

Erwähnt man den Jakobsweg, können beim Zuhörer oft zwei Reaktionen beobachtet werden. Die eine Partei bekommt große Augen, kramt tief in ihren Erinnerungen, schaut einen enthusiastisch an und beginnt zu erzählen. Man hat einen Gesprächspartner für den ganzen Abend gefunden. Die andere Partei betrachtet einen nur mitleidig. Sieht im Geiste von Wanzen befallene Betten, mit Mull umwickelte Füße zum Schutz der aufgestochenen Blasen und sich selbst bequem zu Hause sitzend. Kommt dann noch die Coronapandemie hinzu, wird man entweder für lebensmüde oder wagemutig gehalten.

Möglich wurde mein Aufbruch mit der Öffnung der Grenzen nach Frankreich und der Aufhebung der deutschen Reisewarnung. Die Krise war damit nicht vorbei, die durch Beachtung der neuen Hygieneregeln gewann man vorläufig einen Teil seiner Freiheit zurück, zwar um den Preis der Spontaneität und mit Einschränkungen, aber das Gespenst geschlossener Grenzen in Europa war abgewendet.

Der Jakobsweg bedarf einer Erklärung. Wir begeben uns dabei auf historisch dünnem Eis. Die wenigen Fakten machen das Eis nicht unbedingt sicherer, helfen aber das Phänomen des Pilgerweges zu verstehen. Immerhin sprechen wir von einer Geschichte, die vor fast 2000 Jahren ihren Anfang nahm.

Jakobus war der vierte Apostel Jesu, etwas unwirsch in seiner Art und als Menschenfischer wenig erfolgreich in seiner Missionsarbeit. Im Jahre 44 nach Christus wurde der Hitzkopf auf Geheiß von Herodes Agrippa I. geköpft – nichts Unnatürliches in diesen Zeiten. Gottes Zorn ließ nicht lange auf sich warten. Laut der Apostelgeschichte von Lukas wurde Agrippa im gleichen Jahr von himmlischen Mächten gerichtet – oder war es nur der Blinddarm? Mit dem Tod der beiden verlässt die Geschichte eine einigermaßen gesicherte Realität und wird zum Gegenstand zwischen Glaube und Fantasie. Als Märtyrer stand dem Apostel ein ordentliches Begräbnis zu, das ihn und die begleitenden Engel in einem Boot aus weißem Marmor nach Galicien führte. Warum ausgerechnet Spanien? Die Geschichte schweigt sich darüber aus – vielleicht ein Jugendtraum.

Das ist erst einmal schwer zu glauben, war aber in dieser Zeit nichts Ungewöhnliches. Hunderte von Jahren vergingen, seine angebliche Grabstätte geriet in Vergessenheit. Nun hat man die Möglichkeit, unter verschiedenen Legenden der Grabfindung zu wählen. In einer eher wissenschaftlichen Erklärung wird dem Eremiten Pelayo der Weg zum Grab durch himmlische Lichtzeichen aufgezeigt. Oder die königliche Variante, in der Karl dem Großen die Milchstraße mit exakter Position des Heiligen und abzuarbeitender To-do-Liste im Traum erschien. Also nach Spanien, Mauren raus, Christentum retten, Jakobus ausgraben und Kirche bauen. Wobei Karl im echten Leben nie in Santiago war und sein einziger Besuch in Pamplona im Jahr 778 mit einem schnellen Rückzug nach einer Niederlage zurück über die Pyrenäen endete.

Eine dritte Variante der möglichen Identifizierung datiert auf die Zeit König Alfons II. von Asturien im 8. Jahrhundert. Auf wundersame Weise tauchten Urkunden auf, die zumindest beweisen sollten, dass die Gebeine Jakobs nach Spanien gebracht worden sind. Nach dem Motto: Hier ist der Frachtbrief, eine Kiste Knochen, frei Haus Santiago de Compostela. Nachdem der Papierkram erledigt war, stand der Gründung des neuen Wallfahrtsortes durch Alfons II., kurz vor seinem Tod im Jahre 842, nichts mehr im Wege. Womit die Geschichte des Jakobsweges offiziell begann. Ungeachtet dessen, ob die Knochen Jakobs existieren oder nicht und wer letztlich für die Entdeckung verantwortlich zeichnet, ist Santiago auf einem großen Vielleicht aufgebaut worden. Es gibt keine Antwort auf die Fragen, wie das Grab nach fast 800 Jahren gefunden werden konnte und ob die Grabkammer zweifelsfrei die Reste des toten Heiligen enthält. Legenden verdichten sich ungeachtet aller Widersprüche zu einer fantastischen Geschichte und jeder Pilger addiert mit seinem Weg ein wenig mehr Wahrheit dazu.

Die Gründung des neuen Pilgerortes war ein geschickter Schachzug. Der Norden Spaniens war zwar in der Hand der Christen, aber immer wieder standen die Mauren vor der Tür, mit dem Daumen an der Türglocke. Etwas mehr Bevölkerung, zumal christlich geprägt und gegen die unliebsamen Eroberer aufgebracht, könnte das Kräfteverhältnis günstig beeinflussen.

Über dem Grab wurde zunächst eine kleine Kapelle errichtet. Dann, mit zunehmendem Erfolg des Pilgerortes und den steigenden Einnahmen wurde der bescheidene Bau erst durch eine Kirche ersetzt und später von der heutigen Kathedrale abgelöst. Aus dem Dorf entwickelte sich eine wirtschaftlich erfolgreiche Stadt. Das Glück hielt nicht lange an, die Mauren überrannten Santiago im Jahr 997, nahmen die Kirchenglocken mit, vergaßen aber den alten Jakob – den Hauptgrund für das Kommen und Gehen der zahlreichen Pilger.

Für die Christen ein Gottesgeschenk – im wahrsten Sinne des Wortes. Sie nutzten den Heiligenrummel geschickt aus und machten Stimmung für den im maurischen Joch festsitzenden toten Jakobus. Es dauerte 250 Jahre, dann war Santiago zurückerobert. Als Heiliger, Märtyrer und Schutzpatron war der Apostel gut etabliert. Seinen liebevollen Spitznamen „El Matamoros“ – der Maurentöter – erhielt er 800 Jahre nach seinem Tod, verlässliche Augenzeugen sahen ihn hoch zu Pferde leibhaftig und schwertschwingend auf dem Kampffeld von Clavija. Jakobus würde sich seufzend im Grabe umdrehen, wüsste er, wofür sein Name missbraucht wird.

Santiago de Compostela konkurrierte hart mit den alten christlichen Zentren in dem von Mauren befreiten Spanien. Da gewährte Papst Urban II. dem Erzbischof von Toledo doch das Recht, kurz nach der Rückeroberung Toledos im Jahr 1088, als päpstlicher Stellvertreter zu handeln. Satz und Sieg für Toledo. Alle Kirchen mit einem toten Apostel hatten den Rang eines Erzbistums, bis auf Santiago de Compostela. Der umtriebige Bischof wusste den Papst zu überzeugen. Als Argument schickte er 120 Pfund Gold im Jahr 1118 nach Rom. Die begleitenden Männer waren wie Pilger gekleidet und hofften, unerkannt als arme Reisende Rom zu erreichen. Es gelang ihnen. Im Hin und Her der Kirchenmacht und unter ständiger Litanei des Spruches „wir haben aber die Reliquien des Apostels Jakobus“, bekam die Stadt im Jahr 1124 unter Bischof Diego Gelmírez für immer und ewig den Status der Erzbischofswürde von Papst Calixt II. zugesprochen.

Santiago de Compostela blühte und gedieh die nächsten hunderte Jahre und festigte seinen Ruf als Wallfahrtsort. Mit der Sicherung des Pilgerweges von den Pyrenäen bis zum Atlantik wurde dieser ordentlich christlich durchgespült und die prosperierende Stadt etablierte sich als drittes Pilgerziel neben Jerusalem und Rom. Der Besuch möglichst vieler Kirchen, Heiligengräber und Reliquienschreine war logisch, schließlich sammelte der Pilger Fürsprecher in Sachen persönlicher Beschwerden und Payback-Punkte für die Abrechnung beim Jüngsten Gericht.

Ab dem 16. Jahrhundert geriet die Position Jakobs etwas in Wanken. Im fernen Rom fragte man sich, warum die Tätigkeit des Apostels in Spanien nirgendwo dokumentiert war. Jakobus hatte keine glaubhaften Arbeitszeugnisse. Eine Kommission von Kardinälen untersuchte den Fall und schlug entsprechende Änderungen der Kirchenaufzeichnungen vor. Die Spanier intervenierten diplomatisch und erhielten zumindest den Status quo. Die Echtheit der Gebeine wurde bewusst nicht angezweifelt. Im Jahr 1589 wurden die Überreste des Jakobus aus Angst vor Plünderungen in Sicherheit gebracht. Die spanische Armada war vor einem Jahr vernichtend geschlagen worden und die Engländer kreuzten plündernd vor den spanischen Küsten. Sir Francis Drake kam zwar nicht, Jakobus blieb trotzdem verschwunden. Das Versteck war gut gewählt, leider blieb die verantwortliche Person unauffindbar.

Viele Gründe sprachen gegen eine umständliche Pilgerfahrt. Martin Luther mit seiner neuen Bewegung des Protestantismus im 15. Jahrhundert hinterließ heftige Spuren und dünnte die Pilgerscharen aus. Er war ein erbitterter Gegner des Reliquienkultes: „Lauf nicht dahin, man weiß nicht ob Sankt Jakob oder ein toter Hund daliegt“. Die ehemals zahlreichen französischen und deutschen Pilger blieben aus, den Daheimgebliebenen reichte ein Besuch der örtlichen Jakobskapelle. Die gleiche Wirkung, aber erheblich billiger und bequemer. Der Dreißigjährige Krieg ab 1618 machte die Wege auch nicht sicherer und unter Napoleon dünnte sich der ohnehin spärliche Pilgerstrom auf ein Tröpfeln aus.

Im 19. Jahrhundert kam bei Sanierungsarbeiten in Santiago de Compostela eine Kiste mit menschlichen Überresten zutage. Waren dies die vor den Engländern versteckten Knochen Jakobs? Papst Leo XIII. gab im Jahr 1884 zugunsten der gefundenen Reliquien eine eidesstattliche Erklärung ab und Jakobus eine zweite Chance. Gleichzeitig wurde damit ein Schlussstrich unter die strittige Frage gezogen, ob der Heilige in Toulouse oder Santiago aufgebahrt wurde. Seitdem erinnert uns die Redewendung demonstrativen Misstrauens, „das ist aber nicht der wahre Jakob“ an berechtigte Zweifel.

Den Millionen Pilgern in der Vergangenheit stand ein behutsamer Aufschwung im 20. Jahrhundert entgegen. Im Jahr 1973 registrierte das amtliche Pilgerbüro 37 Pilger. Es gab kein Interesse und damit wenig für Jakob zu tun. Erst ab 1999, mit dem von den Vereinten Nationen ausgerufenen „Internationalen Jahr der Senioren“, stiegen die Zahlen unaufhaltsam. Gibt es einen Zusammenhang? Tatsache ist, dass die Altersgruppen der 40- bis 65-Jährigen stets in der Pilgerstatistik über die jugendlichen Pilger zwischen 18 und 25 Jahren dominieren. Im Heiligen Jahr 1999 kamen 157.000 Pilger. Eine Zahl, die sich bis 2019 auf 347.000 Pilger steigerte. Von einem heiligen Jahr spricht man, wenn der Geburtstag des Jakobus auf einen Sonntag fällt. Dann bekommt man auf seiner Pilgerfahrt einen großzügigen Rabatt, einen doppelten Sündenerlass. Eine Art kirchlicher Black Friday. Dem neuen Volkssport des Pilgerns schob das Virus Covid im Jahr 2020 einen zarten Riegel vor, ein kleiner Hubbel in der Pilgergeschichte, aber der Weg hat einen langen Atem.

Auch wenn der Glaube nachgelassen hat, die Kirchenpolitik nicht mehr so im Vordergrund steht und äußere Ereignisse einschränken. Der Weg bleibt ein Magnet und zieht Christen, Esoteriker, Sportler, Abenteurer, Naturliebhaber, Singles und Urlauber mit schmalem Budget gleichsam an.

Für eine Zeit habe ich mein Leben dem Ungewissen überantwortet. Außer dem Ziel und der Aufgabe, getreulich alle Beobachtungen mitzuteilen, gab es keine Verpflichtungen. Ob Glaube oder Wille, nichts läuft ohne Einverständnis meiner Füße. Als Pilger war ich in bester Gesellschaft zwischen Big Brother-Kandidaten, Franz von Assisi, Shirley Mac Laine, Papst Johannes Paul II, Frank Elstner, Hape Kerkeling, Paulo Coehlo und unzähligen anonymen Rucksäcken.

Die Wegführung gestaltete sich auf dem Papier recht übersichtlich. Zunächst galt es den Eifelsteig bis Trier zu folgen und dann über Metz nach Le Puy. Weiter entlang der Via Podiensis bis St. Jean Pied de Port und über die Pyrenäen durch Spanien zum Ziel Santiago de Compostela. Ein überschaubarer Weg mit einer guten Infrastruktur und mehrheitlich schönen Wanderwegen. So weit die Theorie. Für den Rest würde Jakobus sorgen – er war der Guss, der alles zusammenhielt. Ich würde Kirchen und Klöster besuchen, mir meine Pilgerstempel abholen und im Übrigen die undurchsichtige Geschichte Jakobs großzügig auslegen. Das war der Plan.

Erster Brief

Auf nach Kerpen

Liebe Anna,

der erste Tag der Wanderung ist geschafft und das Ziel erreicht. Mein grünes Zelt steht aufgebaut am Rande eines Fußballplatzes in Kerpen. Viel Platz ist nicht darin. Egal, es wird mein Zuhause für die nächsten Monate sein. Auch wenn uns nur wenige Kilometer und Stunden trennen, vermisse ich bereits deine Nähe und Fröhlichkeit. Müde bin ich und fühle Muskeln an mir bislang völlig unbekannten Stellen.

Getreu dem Versprechen, dir ausführlich über alle Erlebnisse und Beobachtungen zu berichten, beginne ich mit meinen Notizen. Es ist spät im Monat Juni. Corona hat die Welt seit Jahresbeginn fest im Griff. Die Krankenhäuser sind überfüllt. Der Seuche zum Opfer fielen vor allem kranke und alte Menschen. Grundrechte wurden eingeschränkt und in einigen Ländern der Ausnahmezustand ausgerufen. Selbstverständliches wie die Reisefreiheit galt nicht mehr. Im März senkten sich die Grenzbalken zwischen Frankreich und Deutschland – eine unbekannte Erfahrung für alle Grenzgänger. Italien wurde zur Sperrzone erklärt, Spanien machte sämtliche nicht lebenswichtige Unternehmen kurzerhand dicht. Bis Ende April gab es weltweit 200.000 Tote. Jetzt im frühen Sommer 2020 hat sich die Situation vordergründig etwas beruhigt. Die Grenzkontrollen wurden Mitte Juni eingestellt, die Übergänge von Deutschland nach Frankreich sind wieder offen. Die Reisewarnungen bleiben bestehen, keiner weiß, was morgen sein wird. Trotzdem habe ich vor, quer durch Europa nach Santiago de Compostela zu wandern.

Die Haustür fiel ins Schloss. Ich tat den ersten Schritt hinaus auf die Straße. Es war früh am Morgen, nur eine Katze strich mir auf der morgendlichen Mäusejagd um die Beine. Heute beginnt meine ungewisse Reise. Zweifel plagen mich. Werde ich es schaffen? Übersteigt das ferne Ziel nicht meine Kondition oder meine Fähigkeiten? Ich weiß es nicht. Fallenlassen und vertrauen – nur dann werde ich es erfahren. Auf jeden Fall habe ich genug Brote im Rucksack und der öffentliche Nahverkehr in der Eifel ist besser als sein Ruf. Am Dorfrand stand die alte Bärbel vor der Haustür. Ich sah ihren skeptischen Blick und hörte die unausgesprochene Frage: „Wohin geht’s – in den Urlaub, zu Fuß und das mit dem ganzen Gepäck? Eine Gitarre ist auch noch dabei! Na, wenn das mal gut geht.“ Sie erkannte mich nicht unter dem voluminösen Rucksack.

Die ersten Wegstücke waren unspektakulär. Es ging Richtung Ahrhütte und dann über Stahlhütte südwärts nach Uxheim. Ein kleiner Spaziergang bei frischen Temperaturen. Am Nohner Wasserfall kehrte ich auf einen Kaffee ein, es waren einige Besucher und Wanderer unterwegs. Der Eifelsteig war nahe und ihm werde ich bis Trier folgen. Doch zunächst galt es Kerpen zu erreichen, mein heutiges Tagesziel. Über den Ort gibt es wenig zu berichten. Ein kleines Museum zum Maler Fritz von Wille und eine im Privatbesitz befindliche Burg sind die Attraktionen des Eifelstädtchens. Die Burg Hillesheim gehörte von 1911 bis 1941 sogar von Wille. Der Absolvent der Düsseldorfer Malerschule war lange Zeit recht erfolgreich und spezialisierte sich auf Motive in der Eifel. Kaiser Wilhelm II. verlieh ihm für seine Malerei einen Orden. Der gewohnte Erfolg blieb ihm nicht treu. Der Zeitgeschmack änderte sich und die Kosten der stattlichen Burg überstiegen bald seine Einkünfte. Sein Restvermögen fiel der Inflation zum Opfer. Heute werden seine Bilder zwar weiter gesammelt, der Kreis der Interessenten ist aber überschaubar geworden. Zumindest bleibt sein Name als Maler zahlreicher Landschaftsmotive fest verbunden mit der Region. Der Eifelsteig führt nahe der Burg an seinem Grab vorbei. Hillesheim ist zwar beschaulich, hat aber Qualitäten. Hier wäre die Auszeichnung im Wettstreit „Unser Dorf hat Zukunft“ im Jahr 2013 zu erwähnen und der unvergessene Sieg 1993 bei dem Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“.

Du willst wissen, wie viele Kilometer ich gelaufen bin? Mein Körper sagt 40 – es waren weniger als 20. Nur nicht darüber nachdenken. Selbst der Rucksack hat unerklärlicherweise, trotz schwindender Brotstullen, im Laufe des Tages deutlich an Gewicht zugelegt. Einen Campingplatz gibt es nicht mehr in Hillesheim. Dafür bekam ich von freundlichen Anwohnern einen Milchkaffee und einen Stuhl angeboten. Zum Abschied wiesen sie mir den Weg zu einem Fußballplatz, dort sollte ich mein Zelt aufschlagen. Ich verbrachte einen ruhigen Abend und aß die letzten Brote. Die einzige Unterbrechung war die Ankunft des Platzwarts, der mich stirnrunzelnd fragte, was ich denn hier treibe. Meine Antwort schien ihn zufriedenzustellen. Mit den Worten: „Für so ein kleines Zelt will ich mal kein Fass aufmachen“ verabschiedete sich der besorgte Einheimische. Jetzt liege ich neben dem Rucksack, darüber die Gitarre und am Kopfende die Wanderschuhe mit den leicht müffelnden Socken. Ich könnte eine Dusche gebrauchen. Morgen. Die ersten zaghaften Schritte Richtung Santiago de Compostela sind getan. Die Wiese draußen ist feucht, es wird langsam dunkel. Ich bin müde. Es ist 21 Uhr.

Gute Nacht, liebe Anna

Zweiter Brief

Von Kerpen nach Gerolstein

Liebe Anna,

ich beneide dich um dein Bett und Daunendecke. Das Zelt war feucht vom Kondenswasser und die Wärme meines Lagers wich im Laufe der Nacht einer unangenehmen Kälte. Über die anfängliche angenehme Abendtemperatur vergaß ich, den Schlafsack zu schließen, und war zu müde, um wach zu werden. Entsprechend feuchtkalt fühlte sich am heutigen Morgen alles an.

Jetzt aber zu den Erlebnissen des zweiten Reisetages. Es geht langsam vorwärts. In manchen Momenten bekomme ich im Ausschreiten eine Ahnung von der vor mir liegenden Strecke. Es fühlt sich gut an, dieses Wandern, die Monotonie der Bewegung auf den wechselnden Wegen. Die einzige Ungewissheit ist das abendliche Quartier. Die Sonne scheint und Santiago de Compostela ist zu fern, um realistisch zu sein. Ich laufe buchstäblich in den Tag hinein. Seit Kerpen folge ich dem Eifelsteig, der mich bis Trier führen wird, mein erstes großes Ziel. Seinen Anfang nimmt der Wanderweg in Aachen, 310 Kilometer später endet er an der Mosel. Hinter Trier überschreite ich die Landesgrenze nach Frankreich. Bis dahin bleibt noch Zeit und jetzt gilt es, die hochsommerlichen Tage zu genießen.

Morgentau lag auf Wiese und Zelt. Die Sonne ließ sich Zeit, der Sportplatz verbarg sich in einer schattigen Senke. Es dauerte über eine Stunde, bis Zelt, Schlafsack und Isomatte trocken zusammengepackt und alles seinen Platz gefunden hatte. Ich brauchte dringend Kaffee und ein kleines Frühstück. Kerpen sei Dank – es gab eine Bäckerei und vom Koffein belebt, ging es Richtung Hillesheim – ein Weg von zwei Stunden. Dort sitze ich jetzt glücklich und zufrieden mit der Welt in der Sonne und schreibe dir diese Zeilen. Vor mir ein Stück Kuchen und die Beine ausgestreckt. Die tägliche Bewegung ist appetitanregend. Am Nebentisch saß ein Wanderer mit seiner Begleitung. Beide braungebrannt, professionell gekleidet und mit strahlenden Gesichtern. Sie waren frisch verheiratet und erzählten von ihren Flitterwochen auf dem Eifelsteig. Eine sympathische Idee und passend zu Corona.

Über Hillesheim habe ich wenig in Erfahrung bringen können. Es wird zwar im Jahre 943 erstmals erwähnt, scheint sich aber unerkannt und frei von Persönlichkeiten durch die Jahrhunderte bewegt zu haben. Heute hat der Ort einen bekannten Ruf in der Krimiszene mitsamt Kriminalmuseum, Krimihotel und Vorlesungen zahlreicher Eifeler Krimiautoren.

Wegweiser zeigten den Weg des Eifelsteiges aus Hillesheim heraus, so dachte ich zumindest, wurde aber eines besseren belehrt. Es gab immer weniger Zeichen, dafür mehr Kühe und Wald. Kurz, ich hatte mich verlaufen. Behalte dies für dich. Mein einziger Trost war die Tatsache, dass ich als unbekannter Fremder nach Belieben mit schwerem Gepäck durch die Stadt streifen konnte, ohne aufzufallen. Hätte ich doch besser auf die Beschilderung geachtet. Um 14 Uhr kam ich wieder beim gleichen Bäcker vorbei – mittlerweile war mir recht heiß geworden. Zügig und vor allem still ging es in dann in die richtige Richtung.

Das Thermometer stieg weiter. Bei gefühlten 40 Grad klebte mir der Rucksack auf dem Rücken, und die Gitarre zog zusätzlich am Gepäck. Anna, ich beneidete erst jeden Autofahrer und später selbst die Radfahrer. Ich folgte der Beschilderung via Pelm entlang der Kyll und kam schweißgebadet und völlig fertig nach 20 Kilometern in Gerolstein an. Meine Schultern schienen nicht zu mir zu gehören und die Füße waren gefühlt auf Größe 45 angeschwollen. Positiv zu vermerken war allein die Tatsache, dass ich mein Ziel aus eigener Kraft erreicht hatte. Heute ist der zweite Tag der Wanderung und ich bin weniger als eine Autostunde von zu Hause entfernt und damit der lebendige Beweis für die Stimmigkeit der Relativitätstheorie: Raum und Zeit sind abhängig vom Bewegungszustand des Beobachters.

Lass schnell zu Ende berichten, ich muss mich hinlegen. Den markierten Campingplatz gab es nicht mehr, ein Zimmer in einer Pension sollte 40 Euro kosten. Vielleicht würde der Pilgerausweis weiterhelfen oder zumindest das Mitgefühl der großen evangelischen Gemeinde. Es gab eine riesige Rasenfläche und mit Glück dürfte ich mein Zelt im Garten aufschlagen. Das Gebäude und die gepflegte Wiesenfläche sahen einladend aus. Ein Anwohner verwies mich an den russischen Küster, doch der verstand mich zunächst nicht: „Das ist suu schnell, bitte laaangsam sprechen.“ Ich wiederholte die Frage. Ohne große Worte zog er die Wohnungstür zu und führte mich in das Gemeindebüro. Hier wurde erst mein Pilgerpass abgestempelt, dann gingen wir in den Garten zu einem Nebengebäude. „Hier kaaannst du schlafen.“ Ich hatte eine Unterkunft, ein Bett und sogar ein Waschbecken. Ich dankte dem Küster und der Gemeinde mit einer Spende. War es Glück oder Zufall – es schien ein Vorgeschmack auf die Launen des Weges zu sein.

Die Schuhe habe ich mittlerweile ausgezogen und sitze in der späten Nachmittagssonne vor der Tür meines Zimmers auf einem Stuhl. Ohne zu denken und ohne mich zu bewegen. Ich halte den Kopf in die Wärme und strecke die Füße in die Sonne. Es ist die Stille nach der Ankunft. Eine freundliche Nachbarin hat mir eine Flasche Wasser geschenkt. Mit geschlossenen Augen spüre ich alle möglichen Körperteile: Schulter, Hüfte, Füße und Hintern. Es wird ein kurzer Abend, kalte Getränke, ein schnelles Döner, und dann werde ich mich hinlegen. Mach dir keine Sorgen, ich bin zwar angeschlagen, aber müde-optimistisch. Diese Reise steht erst am Anfang und wird mir noch einiges abverlangen. Ich vermisse dich und werde den Brief schnellstens aufgeben. Es ist wieder 21 Uhr – ich scheine meine Bettzeit gefunden zu haben.

Gute Nacht, liebe Anna

Dritter Brief

Von Gerolstein nach Daun

Liebe Anna,

ab heute geht es auf dir bekannten Pfaden weiter. Ja, und ich vermisse dich und mein gewohntes Bett. Meine Schultern haben sich über Nacht etwas beruhigt. Ich hoffe, sie reagieren nicht übermäßig beim Anblick des Rucksacks. Das nächste Ziel ist Neroth, ein kleines Dorf mit der weltgrößten Mausefalle. Abgesehen von diesem Eintrag im Guinnessbuch der Rekorde gibt es wenig zu berichten. Auch Neroth hat vier Jahreszeiten und seine Einwohnerzahl sich seit 1815 verdoppelt. Ich erinnere mich an unseren gemeinsamen Weg vor einigen Jahren und an ein köstliches Abendessen zur Belohnung nach einem nassen und langen Tag.

Aber von vorne: Der Weg aus Gerolstein heraus folgte einem steilen Aufstieg hoch zur Löwenburg auf die andere Talseite. Ich traf die ersten Wanderer. Zwei junge Mädels mit riesigen Rucksäcken und am Ortsausgang von Neroth ein holländisches Wanderpaar. Nach einer kurzen Rast stieg der Weg an bis 650 Meter hoch gelegenen Nerother Kopf. Ein heute harmloser Vulkankegel, den einst die Burg Freudenkoppe schmückte. Weiche Waldwege führten entlang der Burgruine durch eine grüne Landschaft unter blauem Himmel. In einem zerzausten Waldstück erinnern verblasste Infotafeln an den Jahrhundertsturm Xynthia im Jahr 2010. Wie Streichhölzer zerbrachen damals Tannenstämme unter den Orkanböen. Heute stehen wieder junge Bäume zwischen den zerborstenen Stämmen und verdecken langsam die alten Narben. Der Weg nach Neunkirchen führte weiter in zahlreichen Kehren über blühende Wiesen. Die Landschaft war lieblich. Bis auf die Geräusche des Waldes und den summenden Insekten herrschte eine friedliche Stille. In der Ferne schwankten zwei große Rucksacke den Weg entlang, das einzige Zeichen menschlicher Anwesenheit.

Die Schultern schmerzten weniger als am Vortag und die Füße verrichteten klaglos Schritt um Schritt. Ein Anruf im Gemeindebüro der katholischen Kirche in Daun sicherte mir eine Unterkunft. Ich darf im Gemeindehaus nächtigen, selbst eine Dusche ist vorhanden. Allein die Klärung der Übernachtungsfrage machte gute Laune. Der Himmel leuchtete heller und die Luft roch frischer. Ich schrie meine Erleichterung heraus – Gott sei dank hörte keiner zu. Frühere Selbstverständlichkeiten wie Essen, Trinken und ein Bett bekommen einen höheren Stellenwert. Ich muss mich erst an diese neuen Ungewissheiten gewöhnen.

Bislang ist die Reise eher anstrengend, was eine Frage der Kondition ist. Ich denke nicht an das ferne Ziel, vor allem nicht in Verbindung mit meiner bescheidenen Geschwindigkeit. Ich trage mein Zuhause auf dem Rücken und genieße das langsame Schrittmaß. Baum um Baum, Strauch um Strauch und Wiese um Wiese lasse ich hinter mir. Trotzdem summiert sich der stete Schritt zu einer beachtlichen Distanz. Man muss stehenbleiben und sich umdrehen, nur in der Rückschau erkennt man Veränderungen. Es ist eine überschaubare Welt geworden.

Der Empfang im Pfarrbüro war herzlich und die Kirche in Daun offen für einen Besuch. Ein stiller Dank und eine kleine Spende fühlten sich richtig an diesem Ort an. Ich bin alleine im Gemeindehaus, mein Lager habe ich auf dem gepolsterten Stufenpodest im Vortragssaal aufgeschlagen. Zum Abendessen gab es wieder ein Dönergericht und Coca-Cola. Selbst der Appetit treibt seltsame Blüten. Die Menschen sind wunderbar entspannt, ein sympathischer Charakterzug der Eifeler. Morgen geht es weiter, neue Dörfer und Landschaften, ich werde dir berichten. Es ist fast 21 Uhr und damit Zeit fürs Bett.

Gute Nacht, liebe Anna

Vierter Brief

Von Daun nach Manderscheid

Liebe Anna,

der heutige Wandertag hätte dir gefallen. Der Tag hat sich herausgeputzt. Es ist warm. Der Himmel leuchtet blau und die Landschaft präsentiert sich in ihrer Weite wie ein Postkartenmotiv. Könnte ich diesen Anblick mit dir teilen. Schulter und Hüfte gewöhnen sich langsam an den Rucksack, und die Beine haben ihren Tritt gefunden.

Der Weg nach Manderscheid ist bislang einer der schönsten Abschnitte des Eifelsteiges. Im sanften Auf und Ab führt er an drei Maaren vorbei. Das Gemündener-, Weinfelder- und das Schalkmehrener Maar – durch gewaltige Explosionen entstandene und heute mit Grundwasser gefüllte Krater. Die Eruption wurde durch das unheilvolle unterirdische Aufeinandertreffen von Magma und Wasser verursacht. Die Eifler nennen die friedlichen Seen die blauen Augen der Vulkaneifel. So lernt man, Anna, immer wieder etwas Neues. Unter dem sommerlichen Himmel schimmerte die Wasseroberfläche verlockend einladend und frisch. Aber ohne Badehose blieb nur eine Rast am Brunnen in Schalkenmehren. Das Geplätscher des Wassers im Ohr, einen Apfel in der Hand, die Beine ausgestreckt – das Leben war angenehm.

Der Weg folgte prominenten Spuren. Nicht nur Fritz von Wille wanderte als heimischer Maler durch die Region. Zahlreiche Künstler der Romantik und Vertreter der Düsseldorfer Malerschule wie Caspar David Friedrich oder Friedrich von Lessing besuchten um 1850 die Eifel. Eine raue Gegend für die Bewohner, für die angereisten malenden Rheinländer eine Schatzkammer mit wilden Landschaftsmotiven und poetischen Stimmungsbildern. Entsprach die ärmliche Region doch dem Bild ihrer romantischen Weltanschauung. Auch wenn die Gegend mittlerweile kultiviert und gezähmt ist, ganz abgelegt hat die Landschaft ihren wilden Charakter nicht.

Schmale Waldwege zogen sich durch dunkle Tannengehölze. Der Weg folgte einem gewundenem Auf und Ab. Im Talgrund murmelten leise träg fließende Rinnsaale auf ihren Wegen zum Fluss Lieser. Immer wieder kreuzte der Eifelsteig die plätschernden Zuflüsse über schmale Brücken. Die Talwiesen waren kühle stille Orte, merkwürdigerweise hing ein Hauch von Waldbeeren in der Luft. Ein vorzeitiges Versprechen der blumigen Fruchtstände, belebt durch umher schwirrenden Insekten. Der Steig macht seinem Namen Ehre, oft waren die Pfade von Erdrutschen durchbrochen und mittels Trossen oder Drahtgitter gesichert. Zahlreiche Schutzhütten zeugen von plötzlichen Wetterumbrüchen und begleiteten den Weg bis Manderscheid.

Die Oberburg kam in Sicht und der Ortszugang führte passend entlang der Kirchstraße. Die freundliche Mitarbeiterin der katholischen Gemeinde Daun hatte mich angekündigt, ich bekam ein Quartier im Gemeindehaus. Diese Nacht schlafe ich auf dem Boden. Langsam gewöhne ich mich an Isomatte und Schlafsack.

Diese Zeilen schreibe ich dir in einem Speiselokal im Freien sitzend, vor mir eine Pizza Diavolo und ein großes Glas Bier. Ein Donna Leone-Roman mit Commisario Brunetti aus dem Gemeindehaus leistet mir Gesellschaft. Das Lokal ist gut besucht, alle Tische besetzt. Auf der einen Seite die Coronaregeln mit Maskenpflicht, getrenntem Ein- und Ausgang und auf der anderen Seite sitzten die Gäste eng an eng. Corona treibt seltsame Blüten. Die Wanderung gefällt mir immer besser, besonders nachdem die Übernachtungsfrage geklärt ist und der Tag mit Essen und Trinken einen gemütlichen Abschluss findet. Es ist Bettzeit, gleich neun Uhr.

Gute Nacht, du fehlst mir, liebe Anna

Fünfter Brief

Von Manderscheid zum Kloster Himmerod

Liebe Anna,

morgen sehen wir uns wieder – ich freue mich auf dich. Einen ganzen Tag werden wir zusammen verbringen. Auch wenn dem Wiedersehen ein endgültiger Abschied bis zur Rückkehr aus Santiago de Compostela folgt. Ich denke nicht an das ferne Reiseziel, zu theoretisch sind 2.500 Kilometer Wegstrecke. Lieber freue ich mich auf die nächste geöffnete Bäckerei, das ist mir momentan Ziel genug.

Der Weg hinter Manderscheid führte steil abfallend hinab ins Tal der Lieser. Ich versuchte die schroffen Felswände, die umgestürzten Bäume und den sich durch den Grund schlängelnden Fluss mit den Augen der Maler gesehen. Die Natur zeichnet die poetischsten Bilder, ich verstehe die Faszination der Romantiker für die Eifel. Über eine offene Landschaft näherte ich mich dem Kloster Himmerod, meinem Tagesziel. Eine Bank im Schatten einer Baumgruppe lud zum Rasten ein. An der Lehne hing ein weites, weibliches T-Shirt. Entweder läuft vor mir eine Wanderin nur mit einem BH oder einem sauberen Oberteil herum. Über mir jagten sich zwei Düsenjäger. Sie passten gar nicht in die idyllische Umgebung. Der Lärm der Jets im Tiefflug war ohrenbetäubend. Ich duckte mich vor dem nahenden Etwas, selbst die Singvögel hockten verschreckt und stumm auf ihren Ästen.

Drück mir die Daumen, dass ich ein Quartier bekomme. Himmerod hat eine lange Geschichte. Bernhard von Clairvaux gründete das Kloster im Jahr 1135 mit Unterstützung des Trierer Bischofs in der Hochzeit der Pilgerbewegung. Die Bauarbeiten im Salmtal dauerten 43 Jahre. Im Dreißigjährigen Krieg ab 1618 wurde die Abtei geplündert und schwer zerstört. Knapp 200 Jahre später löste Napoleon das Kloster auf und überließ die Gebäude dem Verfall. 1952 wurde die Klosteranlage ein letztes Mal aufgebaut. Von der Klosterkirche blieb damals nur ein Giebel erhalten. Hier kommt wieder der Maler von Wille ins Spiel – er liebte die romantische Ruine und verbrachte Stunden, sie aus verschiedenen Perspektiven zu zeichnen. Eine Folge von Zerstörung und Aufbau, eine ausgezeichnete Lehre für uns, nicht zu verzagen und weiterzumachen.

Der Weg ins Kloster und zum Empfang führte filmreif durch die Klosterpforte und an einem Biergarten vorbei. Klosterbier wurde ausgeschenkt. Für einen Moment fühlte ich mich wie ein mittelalterlicher Pilger, der müde und verschwitzt sein sicheres Ziel erreicht hat. Eine junge Mitarbeiterin fragte nach einer Reservierung. Kurz sank meine Hoffnung auf ein Quartier, mit einem Lachen schob sie ein Anmeldeformular über den Tisch. Wir haben für unser Wiedersehen ein kleines Zimmer, selbst die Mahlzeiten im Refektorium sind geregelt.

Im Jahre 1224 legte das Mutterhaus der Zisterzienser die Anzahl der Klosterbewohner fest: sechzig Mönche und zweihundert Laienbrüder. Die Zeiten haben sich geändert, der Nachwuchs bleibt aus. 2011 lebten nur noch elf Brüder in Himmerod. Im Jahr 2017 beschloss die Mehrerauer Kongregation die endgültige Auflösung des Klosters. Die Tradition des Klosterlebens endet in unserer Zeit ohne Gewalt und Zerstörung, es ist ein stilles Verschwinden. Bruder Stephan ist der letzte verbliebene Zisterziensermönch. Seit 1958 arbeitet und lebt er in Himmerod. Trotz seiner 86. Lebensjahre fährt er jedes Jahr in den Sudan und widmet sich seinem Projekt „Initiative Sudan“. Er wirkt ernst, wenn er über die Vorbildfunktion des Einzelnen spricht und zum mutigen Handeln ermuntert. Der Mönch ist das Herz der Abtei und hat einen trockenen Humor: „Sie können gerne weitersingen, ich gehe jetzt frühstücken.“ Gott ist Bruder Stephan ein ständiger Begleiter, den er aber nicht immer mit Wohlwollen betrachtet. Er beschreibt ein Bild: „Wenn sich zwei Menschen unterhalten, sitzt Gott zwischen ihnen. Es ist die Gemeinschaft, sie zählt und bewirkt Neues.“ Gleichwohl wird ein anderer Orden oder eine geistige Gemeinschaft zur Nachfolge gesucht. Kein leichtes Unterfangen für den Trierer Bischof Stephan Ackermann.

Die Abgeschiedenheit der Klöster wurde in der Geschichte oft für politisch heikle Themen genutzt. Auch in Himmerod fanden geheime Gespräche statt. Unter Konrad Adenauer diskutierten deutsche Wehrmachtsoffiziere 1950 die Wiederbewaffnung Deutschlands, mit dem Treffen wurde der Weg zur Gründung der Bundeswehr frei. Unweit des Klosters, in Spangdahlem, ist seit 1953 eine amerikanische Fliegerstaffel stationiert. Hier starten die F-16 Jagdbomber des 52. Fluggeschwaders zu ihren Übungsflügen. 4000 Amerikaner leben auf dem Stützpunkt mit ihren Familien, der Fliegerhorst bringt Kaufkraft in die strukturschwache Region. Das Motto der Staffel lautet: „seek, attack, destroy“, übersetzt: „aufspüren, attackieren und zerstören“. Die Angst der Bewohner vor einem Angriff in Kriegszeiten ist verständlich.

Auf der Suche nach dem Speisesaal passierte ich stille Gänge, verschlossene Türen und leere Zimmer. Ein Bild, das den Untergang des Klosters gut beschreibt. Eine letzte Tür öffnete sich zum Kreuzgang. Er lag friedlich vor mir im späten Sonnenlicht. Aus einem angrenzenden Raum tönten Stimmen und das Klappern von Tellern. Ich hatte den Speisesaal gefunden. Fast alle Tische waren besetzt, jedem Gast war ein fester Sitzplatz gewiesen. Wird so menschliches Miteinander in Coronazeiten aussehen, immer mit Mindestabstand und außerhalb der privaten Zonen nur mit Mundschutz? Der Raum war in dunklem Holz getäfelt, die Bohlen knarrten und die Gäste nickten sich grüßend zu. Morgen werden wir uns sehen.

Gute Nacht, liebe Anna

Sechster Brief

Von Himmerod nach Gladbach

Liebe Anna,

heute nur ein kurzer Brief, hatten wir doch gestern einen ganzen Tag für uns. Wiedersehen und Abschied lagen dicht beieinander. Das gestrige Konzert mit nur fünf Besuchern war amüsant. Gut gefiel mir der Part, als der Sänger mit seinem Einsatz auf den abwesenden Zuschauer wartete. Ein letztes gemeinsames Frühstück im Refektorium, und dann blieb mir nur meine wenigen Sachen in den Rucksack zu stopfen. Der Abschied war seltsam – du zurück in dein Leben und deinen Alltag und ich endgültig unterwegs nach Santiago de Compostela. Jetzt wird es ernst und alles, was ich mitnehme, sind Erinnerungen und drei Unterhosen. Das ist übertrieben, aber das Bild stimmt.

Heute habe ich die ersten Kirschen am Straßenrand von zwei geschäftstüchtigen Mädchen gekauft. Es ist warm, die Füße haben ihren Rhythmus gefunden und folgen dem sich windenden Band des Weges. Der Blick zurück zu den waldigen Höhen und Wegpunkten zeigt mir die gegangene Strecke. Die Ortschaft Bruch ist uns beiden in guter Erinnerung. Hier beherbergte uns eine junge Familie in der Not. Der Ort ist klein und tatsächlich fand ich die Adresse wieder. Mittlerweile wurde das Haus in ein Gästehaus umgewandelt, leider war keiner daheim. Am Ortsausgang traf ich einen Wanderer. Er saß auf einer Bank, grüßte und wir kamen kurz ins Gespräch. Luca folgt dem Eifelsteig von Aachen nach Trier. Sein Rucksack sah überschaubar aus. Er verriet mir sein Geheimnis: Zelt und Zubehör hat er heimgeschickt. Seitdem fliegt er sprichwörtlich über den Wanderweg – soll ich mich von der Gitarre trennen?

Vier Kilometer später in Gladbach traf ich erneut auf Luca. Er hockte auf den Stufen zu einer kleinen Gaststätte und wartete auf den Wirt. Sie waren um 17 Uhr verabredet. Ich setzte mich dazu und hoffte ebenfalls auf eine Unterkunft. Der Ort war winzig und wirkte wie eingefroren. Ein Junge radelte vorbei. Kehrte um, hielt an, schaute uns eine Weile zu und fuhr weiter. Nichts geschah. Wir unterhielten uns. Ein Traktor tuckerte im Leerlauf. Die Straße blieb leer. Der Junge mit dem Fahrrad kam zurück, drehte ein paar Kreise und verschwand wieder. Das Warten machte schläfrig. Ich überlegte weiterzuziehen, als in der Tür hinter uns ein Schlüssel umgedreht wurde. Mit einer Zigarette im Mundwinkel und den Bauch kratzend schaute uns der Wirt an und gähnte ausgiebig. „Ich bin gerade wach geworden, wartet ihr schon lange?“ Ich hatte von verschiedenen Zeitzonen gehört, aber hier in der Eifel? Wir wurden in den Hinterhof zu einem Gartenhaus geführt. Hier schlief Luca. Ich durfte mein Zelt auf der Wiese aufbauen und konnte die Dusche für einen kleinen Betrag mitbenutzen. Eine ungewöhnliche Übernachtung mit Kneipenanschluss.

Neben dem Holzhäuschen schloss sich ein Unterstand an. Zugestellt mit reparaturbedürftigen Gegenständen, angefangen von einem Sportboot auf einem Trailer mit geöffnetem Motor bis hin zu Werkzeugstücken. Überall lag Gerümpel, jeder freie Platz war zugestellt. Die Gaststätte wurde nur in kleinen Teilen genutzt, der ursprüngliche Kneipensaal vollgestellt mit Tischen und Kartons. Wir orderten zwei gezapfte Radler. Mundschutz wurde nicht erwähnt. Der einzige Gast trank am Tresen ein Bier aus der Flasche. Die Kneipe hatte schon bessere Zeiten und vor allem mehr Gäste gesehen. Fünfzehn Tische zählte ich, auf jedem stand ein Aschenbecher und ein kleines Sträußen Plastikblumen. Zum Abendbrot gab es Schnitzel mit Bratkartoffeln. Die Atmosphäre war seltsam, der Wirt und die Wirtschaft schienen aufgegeben zu haben. Wir blieben die einzigen Gäste, ich dachte an Landflucht, lachende Kinder und mein Zelt. Luca ist ein sympathischer Wanderer und bei einem zweiten Bier erzählte er von seinen Reisen und ich vom fernen Ziel. Es war das erste richtige Gespräch seit zwei Tagen.

Wir waren froh, ein Quartier gefunden zu haben und gleichermaßen dankbar morgen weiterziehen zu können. Ein seltsam trauriger Ort – vielleicht irrte ich mich. Passend verdunkelte sich der Himmel. Dem fernen Grollen zu urteilen zog ein Gewitter auf. Egal, ich war satt und zufrieden und gibt es Schöneres, als sich nach einem Wandertag auszustrecken, die Augen zu schließen und den Regen aufs Zeltdach trommeln zu hören?

Anna, es ist Schlafenszeit. Gute Nacht.

Siebter Brief

Von Gladbach nach Kordel

Liebe Anna,

bevor es weitergeht, muss ich dir die Geschichte der Gastwirtschaft zu Ende erzählen. Wir saßen beim Frühstück, die freundliche Wirtin war in Plauderlaune. Luca balancierte mit der Gabel eine Scheibe Salami Richtung Brötchen, als die Wirtin uns die Unterschiede zwischen Discounter- und Metzgerwurstwaren zu erklären begann. „Da gibt es keinen“, erfuhren wir, „das kommt eh alles vom gleichen Schlachthof.“ Die Beschreibung der Herstellung war ausgesprochen bildhaft – ich beschloss, den Tag mit einem Marmeladenbrötchen zu beginnen. Luca legte die Scheibe Salami langsam am Tellerrand ab und probierte stattdessen den Käse – er ist ein höflicher Mensch. Unsere Wirtin plauderte weiter und arbeitete sich an aktuellen Themen ab: Raucherkneipe, Coronavirus, Politik. Wir bekamen im Schnelldurchlauf einen Überblick über die Probleme vor Ort. Auf die leere Kneipe angesprochen, erzählte sie vom betriebsamen gestrigen Abend. „Da waren Heinz und Kurt“, eine Aufzählung der sieben anwesenden Gäste folgte „und um 22 Uhr kam auch noch Willi…“, es ging hoch her, auf dem Land versteht man zu feiern. Wir verabschiedeten uns und dankten der Wirtin für Unterkunft und Aufnahme. Ein interessanter Abend, wir waren froh um den Schlafplatz und das saubere, kleine Badezimmer war zugegebenermaßen die Krönung der Woche.

Das nächste Ziel hieß Kordel. Kurz vor dem Abmarsch erlebten wir einen kleinen Weltuntergang. Er begann mit einem leichten Tröpfeln, Minuten später schüttete es aus allen Wolken. Wir waren verständlicherweise unschlüssig und beschlossen abzuwarten. Sollte es weiter regnen, hatte ich meinen Regenponcho. Die Gewitterwolken zogen vorbei, nur noch einzelne Tropfen begleiteten uns. Die Wegführung nach Kordel war ein Auf und Ab. Der Weg strebte nach oben und der Rucksack mitsamt Gitarre zog mich nach unten. Abends bin ich froh, mich mit der Gitarre beschäftigen zu können, tagsüber würde ich das Instrument am liebsten zur Adoption freigeben. Noch ist Zeit, die Adoptionsunterlagen auszufüllen.

Der Eifelsteig führte an verschieden großen Felsenhöhlen aus rotem Sandstein vorbei. Höhlen, die vor über 200 Jahren sogar bewohnt waren. Die größte unter ihnen ist die Klausenhöhle, wobei ein Klausner der Bewohner eines abgeschiedenen Ortes ist. Die Erdlöcher sahen gemütlich aus, mit der richtigen Innenausstattung und einem vernünftigen Ofen sind sie auch im Winter bewohnbar. Bis zur Säkularisierung im 19. Jahrhundert gab es offizielle Eremiten und sogar einen kirchlichen Beauftragten für Eremitenfragen. Wahrscheinlich nur halbtags, denn die Zahl der in Höhlen wohnenden Einsiedler war überschaubar. Die Verwaltung des Höhlenwesens für Eremiten kann nur mit den Hürden auf den Weg zu einer Sozialwohnung verglichen werden. Eine freie Höhle wurde nicht in Besitz genommen, es mussten Fürsprecher gefunden werden und eine persönliche Vorstellung beim Eigentümer war Voraussetzung für eine erfolgreiche Vermittlung. Hier ist die Datenbank „Kulturgüter in der Region Trier“ bei der Beschreibung der näheren Umstände der Wohnungssuche des zukünftigen Eremiten hilfreich. Der Brief des Pfarrers Ley an den Bischof von Nalbach, gibt Einblick in den bürokratischen Ablauf:

„Geliebter Herr!

da in der 1703 herausgegebenen Eremitenregel auf Seite 25 steht, es soll der Aufsichtführende Bruder fürder keinen Eremiten in seinem Bezirk dulden, der nicht vom obgenannten Herrn erlauchtestem, hochwürdigsten Weihbischof, dem Präses, eingewiesen ist. Unter Beachtung dieses Verbotes ist kürzlich der Bruder Antonius Leucken gekommen, um vom hochwürdigsten, erlauchtesten gnädigen Herrn, dem Oberaufseher des trierischen Oberbezirkes, der zur Zeit für Kordel und die dortige Eremitage zuständig ist, die Erlaubnis zu erhalten, die Klause bei Kordel, die durch den Fortgang ihres Inhabers, des Bruders Georg Reck, kürzlich freigeworden ist bewohnen zu dürfen. Der Bruder Simon Hort, dem die Aufsicht über die Eremiten dieses Bezirks obliegt, schickt den genannten Einsiedler, Bruder Antonius Leucken, zum erlauchten, hochwürdigen Bischof, um ihm allen schuldigen Gehorsam und seine Unterwürfigkeit zu bezeigen und um die Erlaubnis zu bitten, künftig in der Eremitage bei Kordel wohnen zu dürfen.

Ittel, Auf der Höhe, den 14. Oktober 1733

Euer erlauchtesten und hochwürdigsten bischöflichen Gnaden

ergebendster Diener R. Ley, Pfarrer in Ittel“

Im Nachtrag ist erwähnenswert, dass der ursprüngliche, verstorbene Bewohner – Bruder Ägidius Schuler – eine Erbschaft von 27 Talern hinterließ und darum bat, die Eremitage zu renovieren und einen Ofen hineinzustellen.

Vom Felsplateau Kauley fällt die Felskante steil in den darunter liegenden Wald ab. Luca und ich fotografierten den dramatischen Blick ins Tal hinunter nach Kordel. Die Waldwege folgten kleinen Bachläufen, passierten eine alte römische Erzmine und führten im Bogen wieder zurück zur Burg Ramstein. Nach vielen Kehren und Schleifen und grandiosen Aussichten ging es endlich Richtung Kordel und damit zum Tagesziel.

Luca und ich werden uns ein Quartier teilen. Die Auswahl an Gasthöfen ist bescheiden bei anspruchsvollen Preisen. Unser Zimmer ist geräumig und erinnert mich an das Schlafzimmer meiner Großeltern. Dunkelbraune Möbel, ein grüner, hochfloriger Teppichboden und mittig ein mit Kissen und Federbett hoch beladenes Doppelbett. Die Lampen tragen Stoffschirme und ein Hauch von Möbelspray hängt in der Luft. Dafür ist die Dusche heiß und es sind frische, weiche Handtücher ausgelegt. Hier sitze ich, versunken in einem braun bezogenen Polstersessel und schreibe diese Zeilen. Luca ist unten bei der Wirtin und hilft beim Einrichten eines neuen Handys. Danach wollen wir uns an einem Wandermenü gütlich tun: Pizza und Bier.

Langsam kommt ein gewisser Rhythmus in den Tag, bestimmt vom fernen Ziel und der immerwährenden Suche nach Essbarem und Nachtquartier. Schultern und Beine haben sich an Gewicht und Bewegung gewöhnt, die Tage wandern sich immer leichter. Frische Luft und zehn Kilogramm Gepäck machen hungrig. Mein Gürtel braucht ein neues Loch. Ich werde Luca von seinen Aufgaben erlösen, es ist Essenszeit. Morgen erreichen wir Trier und werden wieder Stadtluft nach all den kleinen Eifeldörfern atmen. Der Eifelsteig ist ein unterschätzter Weg und die motivreiche Vulkanlandschaft einen Besuch wert. Jetzt aber zu Luca, Pizza und dem großen kalten Bier.

Morgen geht es weiter – gute Nacht, liebe Anna

Achter Brief

Von Kordel nach Trier

Liebe Anna,

kurz vor Trier lud uns ein Kirschbaum voller roter Früchte zur Rast ein. Wir folgten der Einladung, setzten unsere Rucksäcke ab, griffen in die tiefhängenden Äste und stopften uns die Kirschen in den Mund. Luca bedauerte das nahende Ende seiner Eifelsteigwanderung und den Abschied vom Vagabundieren. Ab und an taucht eine Muschel als Wegweiser zum Trierer Dom auf. In Trier beginnt der erste große Abschnitt des Jakobsweges bis nach Le Puy, weit im Süden Frankreichs, in der Auvergne. Eine Woche bin ich unterwegs, blicke zurück und sehe einen abwechslungsreichen Wanderweg, der mich einen guten Schritt gelehrt hat. Tiefere Einblicke über das Leben und dem Glauben habe ich nicht gewonnen. Momentan reicht es, das abendliche Ziel zu erreichen. Meine Welt bewegt sich um kleine Erlebnisse, wie schwer tragenden Kirschbäumen, blumengesäumten Feldwegen oder der spiegelnden Oberfläche eines Sees. Ich nehme Abschied von Gewohntem und leider auch von dir. Wir zogen in die Stadt, klassisch durch die Porta Nigra. Ein römisches Bauwerk, das zu Beginn des 2. Jahrhunderts als repräsentatives Stadttor errichtet wurde. Sogar ein Einsiedler lebte im Stadttor. Er ließ sich angeblich dort im Jahr 1028 einmauern, sieben Jahre später war er tot. Im Erdgeschoss wurde er begraben, wenn die Geschichte stimmt.

Unsere ersten Ziele waren Kaffee, Kuchen und der Besuch des Doms. In dieser Reihenfolge. Der Dom zu Trier ist ein Scheinzwerg, im Innern erschließt sich seine Größe. Eine Zeitlang war er das größte Gotteshaus im Abendland. Mit einer Länge von 112 Metern und 42 Metern Breite entspricht er fast einem Fußballplatz. Der wertvollste Kirchenschatz ist ein reich verzierter Schrein – darin verborgen liegt das Gewand Christi. Es ist eine der heiligsten Reliquien der katholischen Kirche. Nicht ganz so bedeutend sind zwei Mäuse, die das Sprichwort „arm wie die Kirchenmaus“ im Dom zu Trier zur Suchaufgabe machen. Stanti und Hella heißen die sympathischen Bronzemäuse. Stanti zu Ehren Kaisers Konstantin und Hella im Andenken an seine Mutter Helena. Vor über 1700 Jahren begann der Siegeszug der neuen Religion. Genauer mit der Taufe des besagten römischen Imperators. Zwar ließ der sich erst auf dem Totenbett taufen, das hatte praktische Gründe und mehr mit Mord und Totschlag im kaiserlichen Alltag zu tun.

Zur Gewinnung von Gläubigen benötigte der neue Glauben handfeste Beweise für die Überlegenheit des Christentums über die alten Götter. Hier kommen die Reliquien ins Spiel. Diese stammten entweder aus dem Heiligen Land oder waren Teile verstorbener Schutzheiliger. Ohne Herkunftsbezeichnung, was die Echtheit zu einer wahren Glaubensfrage machte. Der Überlieferung nach war es die Kaiserin Helena, die dem Dom das Gewand Jesu zum Geschenk machte. Immerhin hatte man dem jungen christlichen Publikum damit einen echten Knaller zu bieten. Zumindest versuchen, uns dies Quellen aus dem 12. Jahrhundert weiszumachen. Es ist leider nicht überliefert, wo Helena das Gewand her hatte. Wobei der Rock Christi eine wertigere Reliquie als dessen Sandalen war. Diese fanden auf wundersame Weise ihren Weg in die Abtei Prüm in der Eifel. Eine Zeitlang konkurrierte Prüm erfolgreich mit Trier. An Prüm erinnert sich heute kaum einer. Das Gewand Christi war unschlagbar und mitentscheidend für die zukünftige Stellung Triers und dem Einfluss der Kirche.

Man kann es wie Martin Luther halten. Er kommentierte anlässlich der Pilgerfahrt nach Trier im Jahr 1545:„Wie ist man gelaufen zu den Wallfahrten! Was täte allein die neue Bescheißerei zu Trier mit Christus Rock? Was hat hier der Teufel für einen großen Jahrmarkt gehalten in der Welt und unzählige falsche Wunderzeichen verkauft?“ Es hat nicht gefruchtet. Die Ausstellung des Heiligen Rockes an den Festtagen zog zu allen Zeiten die Menschen an. Noch im Jahr 1959 kamen 1,8 Millionen Pilger nach Trier. Wer kann schon behaupten: „ich habe das T-Shirt vom Jesus gesehen und es hatte dringend eine Wäsche nötig.“

Reliquien waren für die katholische Kirche immens wichtig und die Nachfrage überstieg das Angebot. Im engsten Sinne waren sie die sterblichen Reste eines Heiligen und als Mitbringsel nach Hinrichtungen oder dem natürlichen Tod des „Spenders“ populär. Eine Kirche ohne mindest einem Nagel vom Kreuz Jesu hatte so wenig Besucher und damit Zuwendungen wie ein Gasthaus ohne Bierausschank. Reliquien bewirkten erwiesenermaßen Wunder, zwar nur vom Hörensagen, aber das fiel nicht so ins Gewicht. Darüber hinaus waren viele Heilige als Schutzpatrone hochspezialisiert. Warum zum Allgemeinmediziner gehen, wenn es einen Facharzt gab – so spricht Johannes der Täufer bei Alkoholismus gut an.

Helena war recht rührig im Aufspüren von Reliquien, ein weiblicher Indiana Jones des 3. Jahrhunderts n. Christus. Mit 75 Jahren reiste sie erstmals ins Heilige Land. Dass sie uns dermaßen prominent überliefert wurde, verdanken wir zum einen ihrer Frömmigkeit und zum anderen ihren Funden. Nach gesicherten Legenden – hier reichte eine eidesstattliche Erklärung eines Papstes oder Kirchenfürsten, war Helena im Jahr 325 n. Chr. an der Auffindung der Reste des Grabkreuzes Jesu und dessen Grab beteiligt. Wie kann man sich den Fund vorstellen? Wurden die Kreuze vor Urzeiten im Keller eines baufälligen Tempels achtlos entsorgt und von Helena aufgespürt? Die Echtheit des heiligen Kreuzes – es standen drei Kreuze, beziehungsweise deren Reste zur Wahl – wurde durch die Erweckung eines Toten durch Berührung mit dem Holz bestätigt. Leben und Tod waren buchstäblich eine Frage des Glaubens.

Die Kreuzreste wurden zunächst in Jerusalem, Rom und Konstantinopel aufbewahrt. In Rom fanden sie einen Platz in der Reliquienkapelle des heiligen Kreuzes, sicherheitshalber eingemauert in einem mächtigen Pfeiler. Die Holzreste Konstantinopels verteilten sich nach der Eroberung der Stadt im Jahr 1204 durch die Kreuzritter in ganz Europa – wobei eine wundersame Vermehrung stattgefunden hat. Zählt man alle Splitter zusammen, standen Jesus geschätzt ein Dutzend Kreuze zur Auswahl. Berühmt wurde die fromme Helena nach ihrem Tod. Anlässlich der Kreuzfindung in Jerusalem wurde regelmäßig am 3. Mai das „Fest der Auffindung des heiligen Kreuzes“ gefeiert. Über 1.600 Jahre lang, dann strich Papst Johannes XXIII. den Tag 1960 ersatzlos aus dem Kirchenkalender. Hatte sich das Oberhaupt der Kirche die Quittung genauer angesehen: „ein Stück Holz, gebraucht, um Christi Geburt“?

Warum ich dir das alles so detailliert schreibe, der Jakobsweg ist eine Reihung von der Legenden, Halbwahrheiten, Wundern und zu Fakten erhobenen Geschichten. Wer darüber lächelt, möge sich an das Pippi Langstrumpf-Prinzip erinnern: „2 x 3 macht 4 – widdewiddewitt – und 3 macht 9e! Ich mach‘ mir die Welt – widdewidde – wie sie mir gefällt…“.

In der Dominformation wurde mir die Adresse meiner Unterkunft mitgeteilt. Luca war ebenfalls willkommen. Wir übernachteten bei Frau Sommer, sie hat ein großes Herz für Pilger. Der Weg überrascht immer wieder mit Momenten, in denen einem unverhofft Hilfe zuteilwird. Der Abend endete mit Geschichten unserer Gastgeberin von ihrem Jakobsweg und einer Flasche Wein. Prost. Lass dich drücken, ich denke an dich und soll dir unbekannterweise von Luca und Frau Sommer Grüße ausrichten.

Gute Nacht, liebe Anna

Neunter Brief

Von Trier bis auf eine Wiese kurz vor Merzenich

Liebe Anna,

mein Rucksack ist leicht geworden. Frau Sommer hütet die Gitarre bis zu meiner Rückkehr. Werde ich die Entscheidung bereuen? Nach einem reichhaltigen Frühstück und einem herzlichen Abschied von unserer Gastgeberin trennten sich Lucas und meine Wege. Ich folge der Mosel Richtung Frankreich. Luca sucht derweil im Dom die Kirchenmäuse Stanti und Hella und kehrt dann nach Hannover zurück.

Irgendwann muss ich meine losen Blätter, mit der Wegbeschreibung bis Metz verloren haben. Ich warf mich fast in die Spur eines entgegen kommenden Radfahrers und bat ihn, nach den Unterlagen Ausschau zu halten. „Mach ich, geh schon langsam weiter.“ Kurze Zeit später kam er zurück geradelt, mit der freien Hand die Zettel hin und her schwenkend. Ein hilfsbereiter Mensch. Wenigstens bis Metz werde ich kommen. Vielleicht erreicht mich das bestellte Buch zum Jakobsweg für die Strecke bis Le Puy ja rechtzeitig in Metz.