Brotherband - Der Kampf um die Smaragdmine - John Flanagan - E-Book

Brotherband - Der Kampf um die Smaragdmine E-Book

John Flanagan

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Beschreibung

Treue Freunde in einer gefährlichen Welt

Hal und seine Jungs sind nun zwar Krieger, doch es ist ihr Fehler, dass Skandias heiligstes Artefakt gestohlen wurde. Mit dieser Schuld will und kann die Bruderschaft nicht leben. Heimlich begeben sie sich mit ihrem Schiff auf die Jagd. Doch die eisigen Stürme und die unerbittliche See treiben sie an ihre Grenzen, während Zavac und seine skrupellosen Piraten weiterhin für Angst und Schrecken sorgen. Hal braucht einen guten Plan, denn jeder falsche Schritt kann den Tod für die Brüder bedeuten …

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Seitenzahl: 476

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© Random House Australia

DER AUTOR

John Flanagan arbeitete als Werbetexter und Drehbuchautor, bevor er das Bücherschreiben zu seinem Hauptberuf machte. Den ersten Band von »Die Chroniken von Araluen« schrieb er, um seinen 12-jährigen Sohn zum Lesen zu animieren. Die Reihe eroberte in Australien in kürzester Zeit die Bestsellerlisten.

Von John Flanagan ist als cbj Taschenbuch erschienen:

»BROTHERBAND – Die Bruderschaft von Skandia«

»Die Chroniken von Araluen. Die Ruinen von Gorlan«

»Die Chroniken von Araluen. Die brennende Brücke«

»Die Chroniken von Araluen. Der eiserne Ritter«

»Die Chroniken von Araluen. Der Angriff der Temujai-Reiter«

»Die Chroniken von Araluen. Der Krieger der Nacht«

»Die Chroniken von Araluen. Die Belagerung«

»Die Chroniken von Araluen. Der Gefangene des Wüstenvolks«

»Die Chroniken von Araluen. Die Befreiung von Hibernia«

»Die Chroniken von Araluen. Der große Heiler«

»Die Chroniken von Araluen. Der Schwertkämpfer von Nihon-Ja«

Aus dem Englischen von Angelika Eisold Viebig

cbjist der Kinder- und Jugendbuchverlagin der Verlagsgruppe Random House

1. Auflage

Deutsche Erstausgabe März 2014

Gesetzt nach den Regeln der Rechtschreibreform

© 2012 John Flanagan

Die englische Originalausgabe erschien 2012 unter dem Titel »BROTHERBAND. The Invaders« bei Random House Australia Pty Limited, Sydney, Australia.

This edition published by arrangement with Random House Australia.

© 2014 der deutschsprachigen Ausgabe cbj Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House

Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten

Übersetzung: Angelika Eisold Viebig

Lektorat: Petra Koob-Pawis

Umschlagbild: © Jeremy Reston

Reproduced by arrangement with Philomel Books, a division of Penguin Young Readers Group, a member of Penguin Group (USA) Inc. All rights reserved.

Umschlaggestaltung: init. Büro für Gestaltung, Bielefeld, unter Verwendung des Originalcovers von www. blacksheep-uk.com

Karte: Anna Warren

MI ∙ Herstellung: CB

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN 978-3-641-10128-2www.cbj-verlag.de

Für meinen Bruder Peter, der die BESTEN Holzschwerter der Welt gemacht hat!

Teil eins

In der Zufluchtsbucht

Kapitel eins

Lange halten wir das nicht mehr durch«, sagte Stig.

Hal blickte ihn aus von Salzwasser und Erschöpfung geröteten Augen an. Er hatte während der letzten zehn Tage die meiste Zeit am Steuerruder gestanden. Unablässig hatten die stürmischen Winde aus Südosten geweht – was nur gut war, da die Mannschaft noch keine Gelegenheit gehabt hatte, die Backbordrah zu reparieren, die bei dem Rennen im Kampf um den Titel der besten Bruderschaft zu Bruch gegangen war.

Als Hals Bootsmann hatte Stig so oft wie möglich versucht, ihm Pausen zu verschaffen. Doch die vom Wind aufgepeitschten Wellen türmten sich mittlerweile so hoch auf, dass sie über das kleine Schiff hereinbrachen und es überfluteten. Alle Mitglieder der Mannschaft mussten Wasser schöpfen; sie arbeiteten in Vierergruppen, immer abwechselnd etwa eine Stunde lang. Sobald die Schicht vorbei war, ließen sie sich durchnässt und erschöpft aufs Deck fallen und versuchten, ein wenig Schlaf zu finden, ungeachtet des eiskalten Meerwassers, das über sie hinwegschwappte. Daher hatte Stig auch nicht viel Zeit gehabt, Hal zu helfen. Aber Hal gab ohnehin nicht gern das Steuer ab. Er fühlte sich verantwortlich für die Sicherheit seiner Mannschaft und seines Schiffes.

Stig blickte über das Heck des Seevogels in die Ferne. Es waren noch keine Verfolger in Sicht.

»Meinst du, wir sind weit genug von Hallasholm weg?«, fragte er.

Die Jungen hatten die Hauptstadt Skandias gegen den ausdrücklichen Befehl des Oberjarls Erak verlassen, um den Andomal, Skandias wertvollsten Schatz, zurückzuerobern. Dazu hatten sie heimlich den Seevogel genommen, Hals beschlagnahmtes Schiff. Die Jungen zweifelten nicht daran, dass Erak ihre Verfolgung befehlen würde, und Stig mochte sich gar nicht ausmalen, wie ihre Bestrafung aussehen würde.

»Ich will auf keinen Fall riskieren, dass sie uns erwischen«, sagte Hal.

Stig zuckte mit den Schultern und blickte auf die aufgewühlte See. »Diese Gefahr besteht nicht, wenn wir untergehen«, sagte er lakonisch.

»Stimmt«, gab Hal ihm recht. »Vielleicht haben sie den Hafen noch gar nicht verlassen. Der Sturm bläst unablässig, seit wir ausgelaufen sind.«

Ob sie nun verfolgt wurden oder nicht, es war Zeit, nach einem sicheren Ankerplatz Ausschau zu halten. Der Wind nahm immer weiter zu, weiße Gischt krönte die Wellen und wurde vom Sturm aufgewühlt. Hal gab Stig das Zeichen, das Ruder zu übernehmen, dann verkroch er sich im Heck unter den Schutz aus Öltuch. Es war ein kleiner überdachter Winkel, wo er seine Navigationsausrüstung, Karten und Notizen aufbewahrte – Notizen, die er gewissenhaft während der Ausbildung zur Bruderschaft gemacht hatte.

Er sah sich auf der Karte die Ostküste der Sturmweißen See genau an, bis er fand, was er suchte. Die meisten Buchten und Häfen entlang dieser Küste zeigten nach Südwesten, also direkt ins Meer. Lediglich eine kleine, unauffällige Einbuchtung hatte einen Zugang nach Norden und wurde zudem von einer hohen Landzunge auf der Südwestseite vor Wind und Meer geschützt. Das war ein idealer Liegeplatz, wo sie auf eine Wetterbesserung warten konnten.

Hal wickelte die Karten und Aufzeichnungen sorgfältig in wasserfestes Öltuch und duckte sich, um wieder nach draußen zu gehen. Genau in diesem Moment schwappte eine Welle über Bord und erwischte ihn. Er hielt sich am Achterstag fest und kletterte anschließend auf die Heckverschanzung. Geschickt balancierte er die starken Auf- und Abwärtsbewegungen des Schiffes aus und spähte zur einige Meilen entfernten Küstenlinie.

Da drüben! Er hatte einen der Orientierungspunkte auf der Karte entdeckt, eine beidseitig hohe Landzunge bar jeglicher Bäume. Der dunkle Granitstein war vor dem Graugrün der Kiefern, die den größten Teil dieses Küstenabschnitts bedeckten, leicht auszumachen.

Leichtfüßig sprang Hal aufs Deck und übernahm wieder das Steuerruder. Thorn, der in seiner durchnässten Schaffelljacke mit dem Rücken zum Mast stand, hatte ihn die ganze Zeit über beobachtet. Jetzt trat er zu den beiden Jungen.

»Gehen wir vor Anker?«, fragte er.

»Ungefähr drei Meilen südlich gibt es eine kleine geschützte Bucht«, erklärte Hal. »Dahin möchte ich.«

Thorn nickte. Nicht dass Hal als Skirl des Seevogels seine Zustimmung benötigte. Ein Skirl, selbst ein so junger, hatte auf seinem Schiff die absolute Befehlsgewalt. Dennoch war Hal froh über Thorns Zustimmung. Es wäre dumm, seine Meinung zu missachten. Der alte Seewolf hatte viel mehr Stürme auf hoher See erlebt als Hal oder Stig.

Tatsächlich verpassten sie bei dem schweren Unwetter beinahe die Einfahrt in die Bucht. Die Sicht war durch Gischt und Regen eingeschränkt, und in der kleinen Lücke zwischen den Landzungen befand sich zudem nach hinten versetzt ein hoher bewaldeter Hügel, der den Eindruck vermittelte, als sei die Küstenlinie gar nicht unterbrochen. Im letzten Moment entdeckte Thorn mit seinem scharfen Blick den Zugang, während der Seevogel gerade auf einer Welle ritt. Der alte Seewolf streckte den rechten Arm aus und deutete mit dem hölzernen Haken, den Hal eigens für ihn angefertigt hatte, auf die betreffende Stelle.

»Die Einfahrt!«

Stig und Hal tauschten einen raschen Blick aus. Es war nicht nötig, Stig einen Befehl zu geben. Er kämpfte sich nach vorn, winkte Stefan und Jesper zu sich an die Taue, die das Segel straff im Wind hielten. Als Hal das Schiff drehte, sodass der Wind von der anderen Seite kam, gaben die drei beim Segel nach, damit es sich fast im rechten Winkel zum Schiffsrumpf befand.

Mit dem von hinten kommenden Wind glitt der Seevogel tatsächlich über die Wellen wie ein Vogel. Es war ein berauschendes Gefühl. Dennoch hielt Hal Ausschau nach besonders großen Wellen. Bei diesem Wetter durfte man einfach nie unachtsam sein.

Nach einigen Minuten sah er in Thorns Blick eine unausgesprochene Frage und nickte. Sie waren jetzt nahe genug an der Küste, um wieder einen Kurs einzuschlagen, der sie direkt in die Bucht führen würde. Hal bewegte das Steuerruder, während Stig und die anderen beiden sich um das Segel kümmerten.

Problemlos segelten sie in die Bucht. Sobald die hohen Klippen Wind und Wellen abhielten, richtete sich der Seevogel auf und durchschnitt elegant das ruhige Wasser. Als die heftigen Bewegungen des Schiffes nachließen, wich auch die Anspannung der Jungen. Sie setzten sich auf die Ruderbänke und stellten die Eimer weg, mit denen sie Wasser geschöpft hatten. Hal merkte erst jetzt, wie nahe sie alle der völligen Erschöpfung gewesen waren. Er hatte keine Minute zu früh nach einer Zuflucht gesucht.

Am Ende der Bucht befand sich ein Sandstreifen, dahinter erhoben sich bewaldete Hügel. Hal lenkte den Bug Richtung Sandstrand und der Seevogel reagierte prompt. Jetzt hörte man nur noch das sanfte Plätschern der Bugwelle, der Sturm war weit weg.

»Willkommen in der Zufluchtsbucht«, sagte Hal zu Stig.

»Heißt sie so?«

Hal grinste seinen Freund müde an. »Jetzt schon.«

Anfangs schliefen sie noch an Bord des Schiffes, das sie an den Strand gezogen hatten, und das schwere Ölzeug diente ihnen als schützendes Zeltdach. Während der letzten zehn Tage an Bord hatten sie sich sogar im Schlaf gegen die heftigen Bewegungen des Schiffes stemmen müssen. Es war angenehm, sich entspannen zu können, ohne sich gegen ein plötzliches Schlingern des Schiffes wappnen zu müssen. Am zweiten Vormittag machten sie sich jedoch daran, eine stabilere Unterkunft an Land zu errichten. Sie ähnelte der Zeltkonstruktion, die sie für die Bruderschaft in Skandia gebaut hatten.

Als sie vor ihrer Flucht Waffen und persönliche Dinge aus ihrer Unterkunft geholt hatten, war Stig geistesgegenwärtig genug gewesen, um das als Dach dienende Segeltuch loszubinden, es zu einem Bündel zusammenzuschnüren und mitzunehmen.

»Wer weiß, wann wir das noch brauchen«, hatte er gesagt.

Jetzt waren Hal und die anderen froh über seine Voraussicht. Sie schlugen junge Bäume und schnitten sie zurecht, um daraus das Zeltgerüst zu bauen, dann zogen sie das Segeltuch straff über die Sparren. Die Wände waren niedriger als bei ihrem Zelt in Hallasholm, aber mit einem gewölbten Dach hatten sie dennoch genug Raumhöhe. Lehmverschmierte Seitenwände hielten das schlimmste Wetter ab, auch wenn der hin und wieder auffrischende Wind durch die Ritzen und Spalten pfiff. Aber sie waren jung, und ein solcher Sturm reichte nicht aus, um ihren Abenteuergeist zu dämpfen.

Thorn zog es vor, weiterhin auf dem Schiff zu schlafen. Wenn die anderen im Zelt waren, hatte er genug Platz für sich. Die Jungen respektierten seinen Wunsch. Er hatte viele Jahre allein verbracht und war daran gewöhnt, für sich zu sein. Und auch wenn er die Mannschaft mochte, so waren es doch allesamt Jungen, mit der üblichen Neigung zu lautem Gerede, Zankereien oder Witzen, von denen sie glaubten, sie seien neu, obwohl Generationen vor ihnen schon ähnliche Geschichten erzählt hatten.

Sobald das Quartier fertig war, baute Hal mit Unterstützung des unermüdlichen Ingvar eine kleine notdürftige Werkstatt. Dann ging er mit Ingvar und Stig in den Wald, um einen jungen Baum auszusuchen, der die gebrochene Rah ersetzen sollte. Nach einigen Stunden fand Hal ein geeignetes Exemplar und gab Stig das Zeichen zum Fällen.

»Wir nehmen den hier.«

Ingvar trug den Stamm zurück ins Lager, wo sie die Rinde entfernten und das Holz ein paar Tage austrocknen ließen. Dann zimmerte Hal daraus die neue Rah und sie brachten das Backbordsegel an. Erst jetzt war Hal wirklich beruhigt. Mit einem nur bedingt seetüchtigen Schiff vor Anker zu liegen, hatte ihn belastet – wie sehr, merkte er erst jetzt. Nun war der Seevogel bereit, um notfalls sofort in See zu stechen.

Hal stellte einen Plan für die Pflichten im Lager auf, wobei jeder abwechselnd mit Kochen dran war. Das ging nicht lange gut. Nachdem Stig, Ulf und Wulf Mahlzeiten zubereitet hatten, sprach Edvin ein Machtwort.

»Ich bin nicht auf diese Verfolgungsjagd mitgekommen, um dann an Lebensmittelvergiftung zu sterben«, sagte er mürrisch. »Von jetzt an übernehme ich das Kochen.«

Da er in dieser Hinsicht bereits ein gewisses Können an den Tag gelegt hatte, waren die anderen froh, ihm diese Aufgabe überlassen zu können. Dafür stellte Hal ihn von anderen Verpflichtungen frei, wie Holz sammeln und Wasser holen.

Nach ein paar Tagen hatte Edvin einen weiteren Vorschlag für Hal.

»Wir haben jede Menge Gedörrtes und sonstige Vorräte«, sagte er. »Aber wir könnten auch frisches Fleisch und frischen Fisch gebrauchen.«

In der Bucht wimmelte es nur so von Fischen, und sowohl Stig als auch Stefan, die begeisterte Angler waren, versorgten die Mannschaft mit Brassen und Schollen. Hal und Jesper gingen im Wald auf die Jagd nach Kleinwild. Wieder kam Ingvar als Hals treuer Schatten mit. Leider war er um einiges lauter als ein Schatten, wenn er zwischen den Bäumen hindurchstapfte und auf abgestorbene Zweige trat. Und obwohl die beiden Jäger Spuren von Hasen, Kaninchen und Wildvögeln entdeckten, bekamen sie die Tiere nicht zu sehen. Schließlich blieb Hal nichts anderes übrig, als die Hand auf den Arm seines großen Freundes zu legen und ihn aufzuhalten.

»Tut mir leid, Ingvar, aber du machst zu viel Lärm.«

»Das ist keine Absicht«, verteidigte sich Ingvar.

Der junge Skirl nickte. »Ich weiß. Aber du verscheuchst das Wild. Ich möchte, dass du hier sitzen bleibst und auf uns wartest, in Ordnung?«

Ingvar war enttäuscht. Seit er in Hals Mannschaft war, hatte er neues Selbstvertrauen gewonnen. In seinem bisherigen Leben hatte niemand besonders viel von ihm erwartet. Aber als Mitglied der Seevögel-Bruderschaft hatte er am gemeinschaftlichen Erfolg und dem Sieg über die anderen Mannschaften Teil gehabt. Hal war der Erste, der Erwartungen an Ingvar gestellt hatte, und Ingvar wollte seinen Skirl auf keinen Fall im Stich lassen. Im Grunde wusste er, dass Hal recht hatte; er war zu unbeholfen und zu laut, um bei der Jagd von Nutzen sein zu können. Aber jetzt, wo die schweren Bauarbeiten erledigt waren, hatte er nichts mehr zu tun.

»In Ordnung, Hal. Wenn du meinst.« Mit dem Rücken gegen einen Baumstamm gelehnt, setzte er sich auf den Boden.

»Keine Sorge«, sagte Hal, als er sah, wie enttäuscht Ingvar war. »Ich habe eine andere Aufgabe für dich. Und du bist der Einzige, der sie erledigen kann. Hab einfach Geduld.«

Nachdem sie Ingvar besänftigt hatten, drangen Hal und Jesper weiter in den Wald vor. Es dauerte nicht lange, da brachte Ingvars Abwesenheit den ersten Erfolg. Sie waren keine fünfzig Schritte gegangen, als sie einen rundlichen Hasen entdeckten, der neben einem quer liegenden Baumstamm auf der anderen Seite einer großen Lichtung am Moos mümmelte.

Jesper berührte Hal sachte am Arm und deutete in die Richtung. Vorsichtig nahm Hal seine Armbrust von der Schulter. Er stellte den Fuß in den Bügel und zog die schwere Sehne mit beiden Händen bis zum Einrasten zurück.

Der Hase hob bei dem Geräusch misstrauisch den Kopf und beide Jungen erstarrten. Die Nase des kleinen Tieres zitterte, als es in der Luft schnupperte, und seine langen Ohren bewegten sich lauschend. Klugerweise hatten sie sich dem Tier von der windabgewandten Seite genähert. Sie warteten eine Weile reglos, dann hob Hal langsam die Armbrust und klappte den Abstandsmesser aus. Sie waren weniger als zwanzig Schritte von dem Hasen entfernt, also würde es ein flacher Schuss werden. Er atmete aus und wieder halb ein, hielt den Atem an und schoss.

Ein Schnappen war zu hören, dann flog der Bolzen über die Lichtung.

»Hab ihn!«, rief Hal und rannte los. Jesper folgte ihm etwas langsamer.

»Du hast ihn auf jeden Fall erwischt«, sagte Jesper trocken, als er den triumphierenden Schützen eingeholt hatte. »Die Frage ist nur: Was haben wir davon?«

Der schwere, mit einer Eisenspitze versehene Bolzen, der so konstruiert war, dass er selbst ein Kettenhemd durchschlagen konnte, hatte den Hasen völlig zerfetzt. Die Armbrust mochte in einer Schlacht eine nützliche Waffe sein, aber für Kleinwild war sie nicht geeignet.

»Vielleicht sollten wir lieber Fallen bauen«, schlug Jesper vor.

Kapitel zwei

Jesper und Stefan stritten. Schon wieder. Das Wetter war miserabel, der Wind blies unablässig und in regelmäßigen Abständen zogen Regenwolken vom Meer heran. Sogar Schnee hatte es schon gegeben. Daher zogen es alle vor, im Zelt zu bleiben, auf ihren Bettrollen zu liegen und auf das Segeltuch zu starren. Es war fast unvermeidlich, dass Streit ausbrach, und sei es auch nur als Zeitvertreib. Die Zwillinge Ulf und Wulf lagen sich ja sowieso dauernd in den Haaren und jetzt hatte diese Krankheit auf die anderen übergegriffen. Besonders Jesper und Stefan schienen jede Menge Gründe zu finden, um sich uneinig zu sein.

Thorn und Stig hörten ihre lauten Stimmen, als sie von einer Patrouille durch den Wald zurück ins Lager kamen. Als alter Krieger fühlte Thorn sich mit dem Rücken zum Meer und dem Schiff an Land nie wohl, solange er sich nicht selbst davon überzeugt hatte, dass nirgendwo Gefahr drohte. Er sah sich nach Hal um, aber der war zusammen mit Ingvar in der Werkstatt beschäftigt. Sie bauten irgendetwas, das wusste Thorn, mehr aber auch nicht.

»Ich weiß, dass du ihn genommen hast!«, sagte Stefan. »Warum gibst du es nicht einfach zu?’«

»Oh, du weißt es, ja? Und woher?«, fragte Jesper herausfordernd.

»Jeder weiß, dass du ein Di…« Stefan brach gerade noch rechtzeitig ab.

»Was weiß jeder?«, fragte Jesper wütend. »Dass ich ein Dieb bin?«

»Das habe ich nicht gesagt«, erwiderte Stefan mürrisch.

»Ach, um Gorlogs willen!«, knurrte Stig. Er schob das Öltuch vor dem Eingang zur Seite und trat ein.

Ulf, Wulf und Edvin lagen auf ihren Bettrollen. Stefan und Jesper standen einander in der Mitte des Zelts gegenüber. Beide hatten zornig gerötete Gesichter

»Könnt ihr zwei vielleicht mal aufhören?«, sagte Stig müde. »Ihr hackt schon seit Tagen aufeinander herum. Was ist denn jetzt schon wieder?«

»Jesper hat meinen Schleifstein gestohlen!«, beschwerte sich Stefan.

Sofort schoss Jesper zurück. »Behauptest du!«

»Ja genau! Ich weiß, dass du ihn genommen hast. Du … nimmst Sachen. Das weiß jeder.«

Zu spät erkannte Stig, dass er den Streit nicht beendet, sondern neu angefacht hatte. »Hört mal, lasst …«

»Vielleicht nehme ich manchmal Sachen«, übertönte ihn Jesper und beugte sich näher zu Stefan. »Aber nur, wenn es für mich eine Herausforderung ist. Und ich gebe immer alles wieder zurück.«

»Tja, dann gib mir meinen Schleifstein zurück!«

»Würde ich ja, wenn ich ihn genommen hätte. Hab ich aber nicht! Deine Sachen zu nehmen ist keine Herausforderung. Du lässt sie überall herumliegen.«

»Das stimmt«, sagte Ulf.

Und schon war auch Wulf in den Streit verwickelt. »Das sagt der Richtige. Deine Sachen liegen immer über meinen ganzen Schlafplatz verteilt!«, beschwerte er sich. Am Vortag hatte er beispielsweise eine von Ulfs Socken neben seinem Bett gefunden. Da es eine gute Socke war, hatte er sie sich angeeignet. Das änderte in seinen Augen allerdings nichts an der Tatsache, dass die Socke nichts in seinem persönlichen Bereich zu suchen hatte.

»Vielleicht würde das nicht passieren, wenn du nicht mehr Platz in Anspruch nehmen würdest, als dir zusteht!«, gab Ulf zurück.

Stefan kam wieder auf den eigentlichen Grund des Streites zurück.

»Tja, ich habe meinen Schleifstein jedenfalls nicht herumliegen lassen, wie du behauptest. Also hast du ihn genommen.«

»Warum ich?«, rief Jesper. »Warum nicht Ulf oder Wulf?«

»Willst du damit andeuten, ich hätte ihn genommen?«, fragte Wulf. Er hatte einen Anflug von schlechtem Gewissen. Vielleicht hatte Jesper gesehen, wie er Ulfs Socke in seinen Rucksack gesteckt hatte.

Jesper schüttelte ungeduldig den Kopf. »Nein! Ich wollte damit nur sagen, dass …«

»Ich war es nicht!«, sagte Wulf.

Sofort nutzte Ulf das aus. »Wahrscheinlich warst du es doch. Das gehört genau zu den Sachen, die du immer machst. Und dann schiebst du die Schuld auf Jesper.«

»Wer hat die Schuld auf Jesper geschoben?«, schrie sein Zwillingsbruder. »Ich war es jedenfalls nicht.«

»Nein, aber du stehst da und lässt zu, dass Stefan ihm die Schuld gibt.«

Stig sah sich um und begegnete Edvins ruhigem Blick. Edvin legte sich zurück auf sein Kissen und schloss die Augen.

»Ich gebe auf«, seufzte Stig. »Ihr seid ja alle völlig verrückt geworden.«

Draußen vor dem Zelt schüttelte Thorn den Kopf. »Das kannst du laut sagen«, brummte er und marschierte durch das feuchte Gras zum Arbeitsschuppen, während erneut wütende Stimmen aus dem Zelt zu hören waren.

»Junge Burschen«, murrte er vor sich hin. »Lorgan sei Dank, dass ich nie einer war.«

Hal und Ingvar standen an der Werkbank, auf der eine ungewöhnliche Holzkonstruktion lag. Es war ein kompliziert aussehendes Teil, und Thorn rätselte, wozu der Gegenstand diente. Hal blickte auf, als er den alten Krieger kommen sah.

»Was baust du da?«, fragte Thorn.

Hal zuckte mit den Schultern und zog rasch ein Öltuch über die Vorrichtung, um sie zu verbergen.

»Nur so eine Idee«, sagte er vage und deutete auf verschiedene Einzelteile. Zwischen Holzbrettern und abgesägten Teilen stand eine merkwürdige Kiste mit einem Schlitz im Boden, in dem sich ein flaches Brett befand, das wie eine Klinge geformt war. Thorn konnte sich einfach keinen Reim darauf machen, welchen Sinn das Ding haben sollte. Da Hal noch nicht bereit war, darüber zu reden, ging Thorn nicht weiter darauf ein und kam auf das zu sprechen, weswegen er gekommen war.

»Also, während du mit was auch immer beschäftigt bist, ist deine Mannschaft eifrig dabei, sich zu entzweien.«

»Die Mannschaft?«, wiederholte Hal mit einem Stirnrunzeln. »Was ist denn los?«

»Die Jungs langweiligen sich. Sie haben nichts zu tun. Deshalb fangen sie an, sich zu streiten. Stefan hat Jesper beschuldigt, seinen Schleifstein gestohlen zu haben.«

Hal zuckte mit den Schultern. »Ist das alles? Ach, das ist nicht schlimm. Sobald wir auf See sind, ist alles wieder in Ordnung«, sagte er gleichgültig.

Thorn schüttelte den Kopf. »So einfach ist das nicht, Hal. Ist es dir noch nicht in den Sinn gekommen, dass Zavac eine Mannschaft von über fünfzig Männern hat – und zwar Piraten und erfahrene Krieger? Du hingegen hast eine Mannschaft von Grünschnäbeln, die ihre Zeit damit verbringen, sich über Kleinigkeiten zu zanken!«

Zavac war der Pirat, der den Andomal unter ihrer Nase weg gestohlen hatte. Einen Augenblick lang sagte Hal nichts, sondern überlegte, ob Thorn nicht vielleicht recht hatte.

»Als ihr eure Ausbildung zur Bruderschaft gemacht habt, hast du einen echten Mannschaftsgeist aufgebaut«, fuhr Thorn fort. »Du hast die Jungs zu einer disziplinierten Truppe zusammengeschweißt und ihr hattet ein gemeinsames Ziel. Ihr wart wirklich eine Bruderschaft. Jetzt seid ihr wie eine Horde gelangweilter Kinder. Wenn du nichts dagegen unternimmst, dann, gnade dir Orlog, wirst du dein Wunder erleben, wenn du auf Zavac triffst.«

»Vielleicht hast du recht …«, sagte Hal widerstrebend.

»Immer vorausgesetzt, du holst Zavac ein. Wenn du wieder in See stichst, ohne euren früheren Mannschaftsgeist zurückgewonnen zu haben, kommt ihr vielleicht schon im ersten schweren Sturm um. Du weißt, ein Wolfsschiff ist kein Ort für kindische Eifersüchteleien oder Streitigkeiten. Sie müssen wieder zusammenhalten, sonst habt ihr keine Chance!«

»Was soll ich denn tun?«, fragte Hal.

Thorn schnaubte. »Verhalte dich wie ein Skirl! Übernimm das Kommando! Bring deine Mannschaft wieder auf Trab, statt deine Zeit hier zu verschwenden mit irgendwelchen …« Er deutete wütend auf die herumliegenden Teile. »Was immer das ist!«

Hal errötete leicht. »Ich verschwende nicht meine Zeit. Ich arbeite an etwas, das uns sehr nützlich sein wird, wenn wir den Raben eingeholt haben«, sagte er und bezog sich damit auf Zavacs Schiff.

Thorn verdrehte die Augen. »Das ist alles gut und schön. Aber deine Ideen werden dir ohne Mannschaft nicht viel nützen! Ruf die Jungs zur Ordnung und lass sie etwas Sinnvolles machen! Dann kannst du wieder herumtüfteln.«

»Wenn du das sagst …«, begann Hal.

Thorn hob seinen hölzernen Haken, um ihn zu unterbrechen. »Nicht wenn ich das sage. Wenn du das sagst! Es muss von dir kommen. Zeige ihnen, dass du immer noch der Skirl bist.«

»Und du meinst, es ist wirklich so schlimm?«, fragte Hal.

Thorn musterte ihn seufzend, bevor er antwortete.

»Lass es mich mal so sagen«, sagte er. »Gestern haben Ulf und Wulf sich über ihre Schlafplätze gestritten.«

Hal winkte ab. »Ach, das ist doch nichts. Ulf und Wulf streiten dauernd. Das können sie am besten.«

»Ich bin noch nicht fertig. Die anderen haben inzwischen angefangen, sich in dem Streit auf die eine oder andere Seite zu schlagen«, sagte Thorn.

Hal verzog das Gesicht. »Das ist nicht gut«, stimmte er zu. »Wir sollten das lieber sofort klären. Komm, Ingvar.«

Er legte sein Werkzeug weg und verließ den Schuppen. Ingvar folgte ihm wie ein abgerichteter Bär.

Thorn nickte zufrieden. »Wurde auch langsam Zeit«, sagte er zu sich.

Kapitel drei

Kein Wunder, dass ich ihn nicht sehen konnte!«, schrie Stefan gerade, als Hal das Zelt betrat. »Mein Platz ist viel zu weit weg vom Eingang. Er ist dunkel und stickig. Du hast gut reden. Du hast genug frische Luft und Licht.«

Jesper hob beschwichtigend die Hände. Bei einem solchen Mangel an Logik fiel selbst ihm nicht mehr viel ein.

»Ist das meine Schuld?«, fragte er.

Nun mischte auch Ulf sich wieder ein. Er machte einen Schritt auf Stefan zu und rief: »Du hast es nötig, dich zu beschweren! Ich bin genau am Eingang. Es ist kalt und zugig, und letzte Nacht ist jemand auf mich draufgetreten, als er rausmusste!«

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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