Burg Totenhall - Walther Kabel - E-Book

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Walther Kabel

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Beschreibung

»Ich kenne Ihre Leidensgeschichte, Mynheer van der Dymen,« erklärte er sogleich. »Die Zeitungen haben darüber recht eingehend berichtet. — Sie sind verheiratet und haben nur ein Kind, eine Tochter von neunzehn Jahren namens Mabel. Mitte Mai hatten Sie sich zu einer dreiwöchigen Kur nach Bad Kissingen begeben. Dort lernten Sie ein Ehepaar von Groening kennen, einen Major a. D., reizende Leute, mit denen Sie und die Ihrigen dann täglich zusammenwaren. Der Major lud Sie nach Beendigung der Kur zu sich nach Berlin ein. Sie reisten gemeinsam dorthin, und Ihre Tochter Mabel fuhr dann im Auto mit Groenings nach deren Villa in Schlachtensee, während Sie und Ihre Gattin in einem Berliner Hotel abstiegen.

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Der Detektiv

Kriminalerzählungen

von

Walther Kabel.

 

Band 151

Burg Totenhall

 

© 2023 Librorium Editions

ISBN : 9782383837855

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Inhalt

Burg Totenhall

Das Kapuzineräffchen.

Die tote Sanitätsrätin.

Burg Totenhall.

Das Burggespenst.

Als es einschlug …

Das tote Burggespenst

Die zweite Nacht.

Der verwaiste Junge.

Die grünliche Scheibe.

Bernardts Versteck.

Die Zugbrücke.

 

Burg Totenhall

1. Kapitel.

Das Kapuzineräffchen.

An jenem Junivormittag, als der körperlich und seelisch völlig zusammengebrochene holländische Großkaufmann van der Dymen uns besuchte, hatte Harald gerade hinten im Garten das Spalierobst gekalkt, während ich in meinem Wohnzimmer, das dem seinen nur durch den Flur getrennt gegenüberlag, mit Erledigung von Briefen beschäftigt war.

So kam es denn, daß ich van der Dymen zuerst empfing.

Der Holländer war ein sympathischer Herr. Trotz seiner Erregung und seines Schmerzes um den Verlust seiner Tochter schilderte er mir das Vorgefallene kurz und übersichtlich.

Wir hatten in Harsts Arbeitszimmer Platz genommen, und Dymen lehnte weder die Zigarre noch den Kognak ab, die ich ihm anbot, da er einen recht erschöpften Eindruck machte.

Dann trat Harald von seinem Schlafzimmer herein, wo er sich umgezogen hatte.

Er begrüßte den Holländer mit liebenswürdiger Teilnahme.

»Ich kenne Ihre Leidensgeschichte, Mynheer van der Dymen,« erklärte er sogleich. »Die Zeitungen haben darüber recht eingehend berichtet. — Sie sind verheiratet und haben nur ein Kind, eine Tochter von neunzehn Jahren namens Mabel. Mitte Mai hatten Sie sich zu einer dreiwöchigen Kur nach Bad Kissingen begeben. Dort lernten Sie ein Ehepaar von Groening kennen, einen Major a. D., reizende Leute, mit denen Sie und die Ihrigen dann täglich zusammenwaren. Der Major lud Sie nach Beendigung der Kur zu sich nach Berlin ein. Sie reisten gemeinsam dorthin, und Ihre Tochter Mabel fuhr dann im Auto mit Groenings nach deren Villa in Schlachtensee, während Sie und Ihre Gattin in einem Berliner Hotel abstiegen. Sie waren abends eingetroffen, und vormittags sollten Sie und Ihre Frau dann ebenfalls in der Groeningschen Villa Unterkunft finden. Als Sie mit Ihren Koffern nach Schlachtensee kamen, mußten Sie feststellen, daß es dort weder eine Radetzkistraße noch eine Villa Groening gab. Die Polizei erklärte Ihnen, daß Sie fraglos Mädchenhändlern in die Hände gefallen seien, die es von vornherein auf Ihre Tochter Mabel abgesehen gehabt hatten. Man legte Ihnen im Berliner Präsidium die Photographien internationaler Mädchenhändler vor, ohne daß Sie die angeblichen Groenings unter diesen Bildern entdecken konnten. Seitdem sind vierzehn Tage verstrichen. Sie haben eine sehr hohe Belohnung für die Wiederherbeischaffung Ihres Kindes ausgesetzt und haben auch zwei der bekanntesten Amsterdamer Detektive mit Nachforschungen beauftragt. Es wurde nichts versäumt, was irgend nur geschehen konnte, um Fräulein Mabel oder jenes verbrecherische Ehepaar aufzufinden. Alles war umsonst … — Sie sehen, Mynheer, ich bin genau unterrichtet. Zu meinem Beruf gehört ein vorzügliches Gedächtnis. Was ich einmal gelesen habe, vergesse ich nicht so leicht wieder. — Ich nehme an, daß wir, Schraut und ich, nunmehr gleichfalls in Ihrem Interesse tätig sein sollen.«

Dymen nickte …

»Ich habe leider zu spät an Sie gedacht, Herr Harst.«

Seine Augen wurden feucht …

»Ihr Amsterdamer Kollege Lookenzook war es, der mir vorschlug, Sie zu Rate zu ziehen … Vorgestern sprach er mit mir darüber, nachdem sich … noch etwas ereignet hat, etwas, was Lookenzook genau so unbegreiflich ist wie mir …«

»Ich kenne Lookenzook,« sagte Harald ernst. »Ein sehr befähigter junger Mann … Trotz seiner erst achtundzwanzig Jahre mit Recht eine Berühmtheit … Es muß sich also schon in der Tat um etwas Merkwürdiges handeln, wenn der Kollege es nicht begreift …«

»Allerdings — etwas mehr als Merkwürdiges, Herr Harst,« erwiderte der vornehme Holländer seufzend. »Es ist etwas aus meiner Villa in Hilversum gestohlen worden, Herr Harst …«

Harald machte ein etwas enttäuschtes Gesicht …

Aber Dymen fügte schon hinzu:

»Ein zahmes allerliebstes Kapuzineräffchen samt dem Käfig, Herr Harst … Das Äffchen war Mabels Eigentum, und sie hing an dem Tierchen so sehr, daß sie es am liebsten sogar mit nach Kissingen genommen hätte …«

Mein Freund erhob sich plötzlich aus seinem Sessel …

»Einen Augenblick, Mynheer …«

Und er schritt zum Zeitungshalter, holte eine Abendzeitung von gestern, setzte sich wieder und las uns dann vor:

»Affenjagd auf dem Görlitzer Bahnhof. — Heute vormittag entfloh einem Reisenden aus dem abfahrtbereiten D-Zuge nach Breslau ein Kapuzineraffe, den der Reisende, ein älterer Herr, in einem Deckelkorb mit sich führte. Erst nach einstündiger Jagd konnte das Tierchen wieder eingefangen werden. Der Besitzer spendete dem betreffenden Beamten, der durch tollkühnes Klettern in dem Eisengebälk des Hallendaches den kleinen Ausreißer wieder erwischte, nicht weniger als dreihundert Mark. Inzwischen war der D-Zug längst abgedampft, und der alte Herr setzte seine Reise dann mit dem nächsten Personenzug fort. — Der betreffende Beamte dürfte sich fraglos häufiger eine so lohnende Affenjagd wünschen.«

Harst legte die Zeitung weg …

Meinte nun: »Es gibt ja fraglos eine ganze Menge zahmer Kapuzineräffchen, Mynheer … Immerhin ist dieses Zusammentreffen zweier zeitlich und räumlich getrennter Ereignisse, des Diebstahls und dieser Affenjagd etwas auffällig. Vielleicht handelt es sich um dasselbe Äffchen — vielleicht!! — Wann wurde der Liebling ihrer Tochter gestohlen?«

»Vorgestern Nacht, Herr Harst … Die Diebe, es waren zwei Personen, wie Lookenzook festgestellt hat, sind über einen Balkon in meine Villa eingedrungen. Wie gesagt — sie nahmen auch den großen Käfig mit, denn das Äffchen ist sehr bissig. Ihr Kollege konnte die Spuren der Diebe bis zum Bahnhof Hilversum verfolgen — nur bis dort. Er glaubt nun, daß Mabel vielleicht irgendwo doch nur von den angeblichen Groenings gefangen gehalten wird und sie nach ihrem Liebling verlangt hat … Deshalb der Diebstahl … — Das heißt: Lookenzook gibt zu, daß diese Annahme reichlich phantastisch ist …«

»Allerdings …! Sehr phantastisch! Und doch soll man sie nicht so ohne weiteres verwerfen … — — Einige Fragen, Mynheer … Sind Sie allein nach Berlin gereist?«

»Nein, meine Frau hat mich begleitet … Sie wartet draußen im Auto …«

Und er deutete auf das Fenster …

Auf der Straße vor unserem Vorgärtchen hielt ein geschlossenes Mietauto …

Harst war aufgestanden …