Butler Parker 109 – Kriminalroman - Günter Dönges - E-Book

Butler Parker 109 – Kriminalroman E-Book

Günter Dönges

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Beschreibung

Butler Parker ist ein Detektiv mit Witz, Charme und Stil. Er wird von Verbrechern gerne unterschätzt und das hat meist unangenehme Folgen. Der Regenschirm ist sein Markenzeichen, mit dem auch seine Gegner öfters mal Bekanntschaft machen. Diese Krimis haben eine besondere Art ihre Leser zu unterhalten. Diesen Titel gibt es nur als E-Book. Josuah Parker war konsterniert, als er Augenzeuge eines schamlosen Diebstahls wurde. Die junge Dame griff unverfroren nach dem kleinen, nicht billigen Transistorradio und ließ das Gerät oh-ne jede Hast in ihrer Manteltasche verschwinden. Wie selbstverständlich ging sie weiter, als sei überhaupt nichts passiert. Josuah Parker beschloß, die Diebin unter Kontrolle zu halten. Er war gespannt, ob sie noch mehr Beute machen wollte. Vielleicht war das kleine Radio erst der Anfang. Die junge Frau, etwa fünfundzwanzig Jahre alt und dezent gekleidet, verließ die Radioabteilung und sah sich gespielt gleichgültig eine Verkaufsecke an, in der Uhren feilgeboten wurden. Es kam, wie es kommen mußte. Sie konnte einfach nicht widerstehen. Parker sah es genau. Sie langte fast apathisch nach einer Armbanduhr und verstaute sie in ihrer Manteltasche. Anschließend ließ die junge Dame noch einen kleinen Reisewecker mitgehen. Als sie sich umdrehte, sah sie Parker ins Gesicht. Sie war nicht eine Sekunde lang unsicher, obwohl sie doch das Gefühl haben mußte, beobachtet worden zu sein. Sie schaute aus dunklen Augen durch den Butler hindurch und begab sich hinüber zur Schreibwa-renabteilung. Hier langte sie nach einem Füllhalter, nach einem Taschenbuch und schließlich nach bunten Filzstiften. Das alles wanderte in die Taschen ihres Mantels, als sei es die selbstverständlichste Sache von der Welt. Ja, sie ließ abschließend noch ein Päckchen billigster Briefmarken verschwinden, Besonders wählerisch war sie sicher nicht. Josuah Parker brauchte nicht einzuschreiten. Die Angelegenheit erledigte sich durch einen unauffällig ge-kleideten Mann, der sich als Warenhausdetektiv entpuppte. Er tauchte neben der jungen Frau auf, redete ein paar Worte mit ihr und führte sie

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Butler Parker – 109 –

Der Satan

Günter Dönges

Josuah Parker war konsterniert, als er Augenzeuge eines schamlosen Diebstahls wurde.

Die junge Dame griff unverfroren nach dem kleinen, nicht billigen Transistorradio und ließ das Gerät oh-ne jede Hast in ihrer Manteltasche verschwinden. Wie selbstverständlich ging sie weiter, als sei überhaupt nichts passiert.

Josuah Parker beschloß, die Diebin unter Kontrolle zu halten. Er war gespannt, ob sie noch mehr Beute machen wollte. Vielleicht war das kleine Radio erst der Anfang.

Die junge Frau, etwa fünfundzwanzig Jahre alt und dezent gekleidet, verließ die Radioabteilung und sah sich gespielt gleichgültig eine Verkaufsecke an, in der Uhren feilgeboten wurden.

Es kam, wie es kommen mußte. Sie konnte einfach nicht widerstehen. Parker sah es genau. Sie langte fast apathisch nach einer Armbanduhr und verstaute sie in ihrer Manteltasche. Anschließend ließ die junge Dame noch einen kleinen Reisewecker mitgehen.

Als sie sich umdrehte, sah sie Parker ins Gesicht.

Sie war nicht eine Sekunde lang unsicher, obwohl sie doch das Gefühl haben mußte, beobachtet worden zu sein. Sie schaute aus dunklen Augen durch den Butler hindurch und begab sich hinüber zur Schreibwa-renabteilung.

Hier langte sie nach einem Füllhalter, nach einem Taschenbuch und schließlich nach bunten Filzstiften. Das alles wanderte in die Taschen ihres Mantels, als sei es die selbstverständlichste Sache von der Welt. Ja, sie ließ abschließend noch ein Päckchen billigster Briefmarken verschwinden, Besonders wählerisch war sie sicher nicht.

Josuah Parker brauchte nicht einzuschreiten. Die Angelegenheit erledigte sich durch einen unauffällig ge-kleideten Mann, der sich als Warenhausdetektiv entpuppte. Er tauchte neben der jungen Frau auf, redete ein paar Worte mit ihr und führte sie dann mit sich zu einer Tür.

Parker sah in das Gesicht der Warenhausdiebin. Ihm fiel auf, daß die Augen einen völlig abwesenden und zugleich auch gelassenen Eindruck machten. Der Butler hatte das deutliche Gefühl, daß die junge Frau überhaupt nicht bemerkte, was mit ihr geschah.

*

»Du lieber Himmel, wo haben Sie denn gesteckt?« knurrte Lady Agatha ihren zurückkehrenden Butler ungnädig an. »Hier stürzt die Welt ein, aber Sie müssen völlig unwichtige Dinge einkaufen.«

Agatha Simpson, an eine stämmige Walküre erinnernd, um die sechzig Jahre alt, aber noch ungemein rüs-tig und aktiv, funkelte Josuah Parker an. Sie machte, was Parker bemerkte, einen äußerst animierten Ein-druck. Demnach schienen sich während seiner Abwesenheit interessante Dinge getan zu haben.

Parker ließ sich durch den baritonalen Tonfall ihrer Stimme nicht beeindrucken. In jeder Lebenslage blieb er der stets korrekte und beherrschte Butler. Zudem kannte er Lady Agatha. Sie war eine impulsive Frau, die keinem Abenteuer freiwillig aus dem Weg ging.

»Darf ich mir die Kühnheit herausnehmen, Mylady darauf aufmerksam zu machen, daß Mylady mich zu Wetneys schickten, um dort einige Einkaufe zu tätigen?« gab er gemessen und würdevoll zurück.

»Papperlapapp«, raunzte sie. »Nehmen Sie doch nicht immer alles so wörtlich.«

»Mylady brauchten meine bescheidene Wenigkeit?« erkundigte sich der Butler und legte die kleinen Schachteln ab, die er mitgebracht hatte.

»Unsinn«, fuhr sie ihn prompt an. »Bilden Sie sich nur nichts ein, Mister Parker!«

»Gewiß, Mylady.« Parkers Gesicht blieb ausdruckslos.

»Nun fragen Sie mich schon endlich«, sagte sie gereizt, als Parker stumm blieb.

»Wünschen Mylady ein bestimmtes Thema abzuhandeln?«

»Man braucht meine Hilfe«, sagte die resolute Detektivin. »Lord Castner hat Probleme.«

»Privater oder geschäftlicher Art, Mylady, wenn mir diese Frage gestattet ist.«

Parker war sofort hellhörig und dachte automatisch an den Vorfall im Warenhaus. Lord Castner war näm-lich der Aufsichtsratsvorsitzende einer großen Warenhauskette in England. Zu dieser Kette gehörte auch das Warenhaus Wetneys, dem er eben erst einen Besuch abgestattet hatte.

»Lord Castner wird bestohlen, daß es nur so eine Art ist«, redete Agatha Simpson weiter. »Die. Diebstähle in den Warenhäusern nehmen überhand.«

»Ein weitbekanntes Phänomen, Mylady«, antwortete der Butler. »Die frei zugänglichen Waren dürften la-bile Naturen förmlich herausfordern, einfach zuzugreifen.«

»Wir werden diesen Fall übernehmen«, entschied Parkers Herrin, »vielleicht läßt sich daraus ein guter Kriminalroman machen.«

»Mylady denken an einen bestimmten Fall?« Parker gestattete sich ein leichtes Erstaunen.

»So etwas spürt man. Entweder man hat’s, oder man hat’s nicht in den Fingerspitzen.«

»Ist Lord Castner ebenfalls der Ansicht, daß es sich um einen ganz bestimmten Kriminalfall handelt?«

»Habe ich Ihnen das noch nicht gesagt, Mister Parker?« Sie sah ihren Butler irritiert an.

»Nicht direkt, Mylady.«

»Weil Sie nicht zugehört haben«, raunzte die resolute Dame ihren Butler an. »Ich habe mich doch unmiß-verständlich ausgedrückt.«

»Wie Mylady meinen.« Parker ließ sich nach wie vor nicht aus seiner Ruhe bringen.

»Es handelt sich also um eine Bande«, sagte die Detektivin begeistert, »wenigstens ist Lord Castner dieser Ansicht. Die Bandenmitglieder sind durchweg junge Frauen aus sogenanntem gutem Haus.«

»Das, Mylady, klingt in der Tat einladend.«

»Sage ich doch die ganze Zeit, Mister Parker. Lord Castner hat eine Aufstellung der Warenhausdiebe ve-ranlaßt. Und die werden wir uns jetzt mal genau ansehen.«

»Darf ich mir erlauben, Mylady auf einen wahrscheinlich außerordentlichen glücklichen Zufall hinweisen zu dürfen?«

»Spannen Sie mich doch nicht immer so auf die Folter«, räsonierte die ältere Dame.

»Möglicherweise gibt es bereits so etwas, was man eine heiße Spur nennt.«

»Nun reden Sie doch schon endlich!« Agatha Simpson flammte ihren Butler an.

Josuah Parker faßte sich erstaunlich kürz. Trotz seiner barocken Ausdrucksweise brauchte er nur knapp drei Minuten, bis Lady Simpson wußte, was er im Warenhaus beobachtet hatte.

»Diese junge Frau machte einen geistesabwesenden Eindruck?« vergewisserte sich die Detektivin sicher-heitshalber noch mal.

»Dieses Eindrucks konnte ich mich in der Tat nicht erwehren, Mylady.«

»Dann ist der Fall für mich bereits gelöst«, behauptete Parkers Gesprächspartnerin enttäuscht.

»Mylady sind vollkommen sicher?« Der Butler war ein wenig anderer Meinung.

»Natürlich, Mister Parker. Die Warenhausdiebinnen sind hypnotisiert worden. Das ist doch vollkommen klar.«

»Eine interessante Hypothese«, sagte Parker vorsichtig.

»Eine Tatsache«, erklärte die streitbare Dame. »Lord Castner sagte, daß die ertappten Frauen ohne Aus-nahme nichts von ihren Diebstählen gewußt haben wollten.«

»Das, Mylady, scheinen Diebe gern als Ausrede zu benutzen.«

»Nicht in diesem Fall, Mister Parker. Nein, nein, der Fall ist bereits gelöst!«

»Mylady wissen also, wer die Diebinnen hypnotisiert hat?« erkundigte sich der Butler höflich.

»Treiben Sie gefälligst keine Kümmelspalterei«, raunzte sie daraufhin mit ihrer Adele-Sandrock-Stimme. »Diese Kleinigkeit läßt sich doch im Handumdrehen klären. Ich erwarte dazu Ihre Vorschläge.«

»Sehr wohl, Mylady«, erwiderte Parker und verbiß sich gekonnt ein Lächeln. Er wußte, daß der Fall jetzt eigentlich erst begann. Er war nicht so optimistisch wie Lady Agatha.

*

Der Mann war kaum mittelgroß, rundlich und hatte ein fleischiges Gesicht. Er sah durchschnittlich aus, trug einen wenig eleganten Stadtmantel aus dunklem Stoff und eine helle Hornbrille, die seinem Gesicht ein eulenhaftes Aussehen verlieh. Sein braunes Haar war voll und leicht gewellt. Ein Kenner hätte sofort be-merkt, daß dieser Mann eine Perücke oder ein Toupet trug. Er schlenderte gelassen durch das große Waren-haus und hatte bereits einige Dinge eingekauft, die er in einer Plastiktasche mit sich führte.

Dieser Typ fiel nicht auf. Er wurde glatt übersehen und ging in der Menge völlig unter. Gefährlich oder hintergründig wirkte er auf keinen Fall, er machte eher einen schüchternen und etwas gehemmten Eindruck.

Das genaue Gegenteil war jedoch der Fall.

Der Rundliche war ein raffinierter Jäger, der nach Beute Ausschau hielt. Das Jagdwild, das ihn interessier-te, war von ganz besonderer Art. Unauffällig musterte er die Frauen, die im Warenhaus seinen Weg kreuz-ten. Seine Augen, hinter den getönten Gläsern der Brille verborgen, schätzten die Frauen kühl ab. Dieser Jäger war wählerisch und anspruchsvoll.

Er hatte sich für ein Opfer entschieden.

Der Rundliche verfolgte unauffällig eine schlanke, etwa fünfundzwanzig Jahre junge Dame. Sie trug ein modisches Jackenkleid und eine kleine Perlenkette, die der Jäger sofort als echt klassifiziert hatte.

Die Frau war natürlich völlig ahnungslos. Sie stieg in den Lift und fuhr hinauf zum Dachgartencafé des Warenhauses. Selbstsicher schritt sie durch den großen, dennoch intim eingerichteten Raum und setzte sich an einen Tisch. Sie sah nicht auf, als der Rundliche an einem Nebentisch Platz nahm.

Sie bestellte Tee und einige Kekse.

Der Mann ließ sich ebenfalls Tee kommen. Er saß der jungen Frau genau gegenüber und konnte ihr Ge-sicht studieren. Als sie den Zucker in den inzwischen servierten Tee gab und dann trank, trafen sich ihre Blicke.

Die junge Frau sah in die Augen des Rundlichen, der inzwischen seine Brille abgenommen hatte. Sie hatte das Teeglas zwar an die Lippen gesetzt, doch sie war plötzlich nicht mehr in der Lage, auch nur einen einzi-gen Schluck zu nehmen.

Der Rundliche hielt ein silbernes Feuerzeug zwischen Daumen und Zeigefinger und ließ es leicht hin und her pendeln. Er sah in die Augen der jungen Frau, die abwesend und irgendwie nachdenklich wirkten. Dann ließ er das Feuerzeug wie unabsichtlich fallen. Es landete mit hörbarem Geräusch auf der Tischplatte.

Die junge Frau erwachte aus ihrer Nachdenklichkeit.

Sie trank ein paar Schlucke Tee, setzte das Glas ab und griff nach ihrer Handtasche aus teurem Krokodil-leder. Sie holte eine Packung Zigaretten hervor und zündete sich eine an. Sie wirkte wieder völlig unbefan-gen und schien den Rundlichen nicht zu sehen.

Doch dann reagierte sie plötzlich seltsam.

Sie nahm die kaum angerauchte Zigarette und … tunkte sie in ihrem Teeglas aus.

Dieser erstaunliche Vorfall wurde von den Gästen kaum beobachtet. Doch da war eine attraktiv aussehen-de, junge Frau, die in einer der vielen Nischen saß. Sie wirkte wie ein scheues Reh, hatte rotbraunes Haar und große, ausdrucksvolle Augen, deren Grundfarbe kaum bestimmbar war.

Diese aufmerksam gewordene Frau hieß Kathy Porter und war die Gesellschafterin und Sekretärin der Lady Agatha Simpson. Darüber hinaus war sie eine mehr als gelehrige Schülerin eines gewissen Butler Par-ker.

Kathy Porter sah leicht irritiert zu der Frau hinüber, die ihre Zigarette in den Aschenbecher warf, aufstand und ging. Kathy Porter beobachtete aber auch den rundlichen, harmlos aussehenden Mann, der ohne zu zö-gern, folgte.

*

Der rundliche Mann bog in eine schmale Seitenstraße ein und ging mit kurzen, schnellen Schritten auf ei-nen nahen Parkplatz. Vor einem alten Morris blieb er stehen und schloß die Tür auf. Er setzte sich ans Steu-er und wartete, bis die junge Dame im Jackenkleid neben dem Wagen erschien. Erst dann beugte er sich über den Beifahrersitz, entriegelte die Tür und ließ die Frau einsteigen.

Kathy Porter, die dem Rundlichen und der jungen Dame gefolgt war, wußte nicht, was sie von dieser Entwicklung halten sollte. Sie spürte aber sehr deutlich, daß hier Dinge passierten, die das Tageslicht scheu-en mußten.

Kathy Porter, von Parker auf Neugierde getrimmt, blieb neben einem der geparkten Fahrzeuge stehen und merkte sich die Nummer. Vielleicht war es wichtig, den Besitzer des Morris ausfindig zu machen.

Sie hatte ihren kleinen Mini auf einem anderen Parkplatz abgestellt. An eine Verfolgung des Morris war leider nicht zu denken, da auch weit und breit kein Taxi wartete. Sie blieb also in Deckung und sah tatenlos zu, wie der Morris sich in Bewegung setzte und langsam den Parkplatz verließ.

Eine halbe Stunde später befand sie sich im Haus der Lady Simpson, das sich im Stadtteil Shepherd’s Market befand. Dieses altehrwürdige Fachwerkhaus, das noch aus dem Mittelalter zu stammen schien, ge-hörte zu einem Komplex ähnlicher Häuser, die einen kleinen Platz säumten. Vom Lärm der Millionenstadt London war hier nichts zu verspüren. Es handelte sich um eine Oase der Ruhe und des Friedens, sofern Lady Agatha nicht gerade wieder einen Fall bearbeitete und für Trubel sorgte.

»Gratulation, Kindchen«, sagte die Detektivin wohlwollend, nachdem Kathy Porter ihre Beobachtungen geschildert hatte. »Ich bin sehr zufrieden mit Ihnen.«

»Sie wirken gar nicht überrascht, Mylady«, wunderte sich Kathy

»Aber nein, Kindchen«, meinte die streitbare Dame. »Was Sie beobachtet haben, paßt genau in meine Theorie.«

»Theorie, Mylady?« Kathy Porter wußte nichts von Lord Castner und dessen Sorgen.

»Klären Sie Miß Porter auf, Mister Parker«, sagte Agatha Simpson, sich an den bisher schweigend zuhö-renden Butler wendend, »aber reichen Sie mir vorher noch einen kleinen Kreislaufbeschleuniger.«

Parker servierte einen sehr alten und guten französischen Cognac. Dann informierte er die aufmerksam zuhörende Sekretärin seiner Herrin und faßte sich erstaunlich kurz.

»Sie haben Miß Porter eine wichtige Tatsache verschwiegen«, grollte Lady Simpson. »Nach meiner Theo-rie, Kindchen, sind die Warenhausdiebinnen hypnotisiert worden.«

»Daß ich daran nicht gedacht habe!« Kathy Porter starrte die Lady überrascht an.

»Ich lasse mich nicht gern auf die Folter spannen«, sagte Agatha Simpson gereizt.

»Die junge Frau, die in den Morris stieg, Mylady, wirkte auf mich wie hypnotisiert. Ja, sie muß unter ei-nem fremden Zwang oder Willen gestanden haben.«

»Na, bitte, Mister Parker!« Agatha Simpson sah den Butler triumphierend an. »Finden Sie sich endlich damit ab, daß ich als Kriminalist eben doch besser bin als Sie! Ich vertrete die moderne Schule!«

»Wie Mylady wünschen«, gab Parker gemessen zurück. »Ich darf aber darauf verweisen, daß Mylady be-reits in jüngster Vergangenheit einen Fall lösten, der ebenfalls mit Suggestion und Hypnose zu tun hatte.«

»Was ändert das an den Tatsachen?« wollte Agatha Simpson wissen. »Stellen Sie doch endlich fest, wer der Besitzer des Morris ist! Wir wollen dieses Subjekt so schnell wie möglich aus dem Verkehr ziehen. Worauf warten Sie eigentlich noch?«

Parker war durchaus nicht der Meinung, daß damit der Fall bereits gelöst war, doch er verzichtete auf jede Antwort, um sich nicht den Unwillen seiner Herrin zuzuziehen. Er verließ gemessen den großen Wohnraum und begab sich hinüber in die Diele.

»Der kleine, rundliche Mann macht aber keinen sonderlich unheimlichen Eindruck«, stellte Kathy Porter in Richtung Lady Simpson fest.

»Die wahren Verbrecher sehen immer durchschnittlich aus, Kindchen«, antwortete Lady Agatha grimmig. »Verlassen Sie sich da auf mein Urteil!«

»Sie glauben, er hypnotisiert die Frauen, damit sie für ihn stehlen, Mylady?«

»Natürlich«, erwiderte Agatha Simpson geduldig, »er macht so Beute ohne jedes Risiko.«

»Er fuhr aber mit der jungen Dame im Morris weg, obwohl sie für ihn doch im Warenhaus hätte stehlen können, Mylady.«

»Seien Sie doch nicht immer so rechthaberisch, Kindchen«, antwortete Agatha Simpson unwirsch, da sie im Moment keine passende Antwort fand. Dann kam ihr allerdings schon die rettende Idee. »Er wird sie in ein anderes Warenhaus kutschiert haben, um jedem Verdacht aus dem Weg zu gehen. So einfach ist das al-les.«

Kathy Porter hätte noch einige Einwände und Fragen Vorbringen können, doch auch sie kannte schließ-lich die skurrilen Wesenszüge der älteren Dame. Zudem machte Agatha Simpson einen äußerst aufgekratz-ten Eindruck, ein sicheres Zeichen dafür, daß sie sich in Hochstimmung befand. In solch einer Situation durfte man sie nicht zurück auf die Erde holen.

»Der Besitzer des besagten Morris ist ein gewisser Clay Herberts«, meldete Parker in diesem Augenblick von der Tür her. »Er wohnt in der Nähe des Finsbury Park und betreibt dort eine Blumenhandlung.«

»Alles Tarnung«, stellte die Detektivin fest, stand auf und reckte sich kriegerisch. »Fahren Sie den Wagen vor, Mister Parker. Diesem Mister Clay Herberts werde ich jetzt mal auf die Finger klopfen. Lord Castner wird staunen, wie schnell sein Fall gelöst sein wird.«

»Mister Herberts ist Königlicher Hoflieferant, Mylady.«

»Ich wundere mich immer wieder, womit meine Verwandten sich abgeben«, stellte Agatha Simpson fest, die mit dem gesamten Blut- und Geldadel der Insel verschwägert war. »Ich werde an maßgebender Stelle mal ein ernstes Wort reden müssen.«

Agatha Simpson genehmigte sich noch einen zweiten Kreislaufbeschleuniger und blitzte ihren Butler un-ternehmungslustig an.

»Ich denke, daß ich selbst fahren werde«, sagte sie, »in diesem gräßlichen Nachmittags verkehr braucht man Geschicklichkeit und Entschlußkraft.«

»Ich könnte vielleicht die U-Bahn benutzen, Mylady«, erklärte Kathy Porter daraufhin hastig. Sie kannte die einmalige Geschicklichkeit der Lady Simpson, wenn sie erst mal am Steuer eines Wagens saß. Den Mut der älteren Dame bezweifelte sie ebenfalls nicht. Ein Kamikaze-Flieger wäre in solch einer Situation noch sehr vorsichtig gewesen.

»Papperlapapp«, entschied Lady Agatha wegwerfend, »dieses Fahrgeld werden wir einsparen, Kindchen.«

»Ich werde den Wagen Vorfahren.« Josuah Parker überlegte verzweifelt, wie er den Tatendrang seiner Herrin ein wenig steuern konnte.

*

»Was ist denn mit diesem Wägen los?« wunderte sich Lady Simpson eine Viertelstunde später, als sie Parkers hochbeiniges Monstrum rasant bewegen wollte. Obwohl sie Vollgas gab, kam Parkers Wagen nicht in Schwung, was seine Gründe hatte.

Josuah Parker, an Selbstmord nicht interessiert, hatte das ehemalige Taxi leicht frisiert und am Vergaser einige schnelle Manipulationen vorgenommen. Da die Zylinder des Motors nicht die gewohnte Menge Ben-zin erhielten, leisteten sie verständlicherweise weniger Arbeit. Parker war mit dieser Lösung vollauf zufrie-den. Kathy Porter hatte dem Butler bereits intensivdankbare Blicke zugeworfen.

»Das ist ja scheußlich«, ärgerte sich Agatha Simpson von Meter zu Meter, »eine Schnecke ist dagegen ein Formel-Rennwagen.«

»Nach der Rückkehr werde ich mich sofort mit dem Motor auseinandersetzen«, versprach Parker gemes-sen.