Die kleinen grünen Männchen - Günter Dönges - E-Book

Die kleinen grünen Männchen E-Book

Günter Dönges

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Beschreibung

Butler Parker ist ein Detektiv mit Witz, Charme und Stil. Er wird von Verbrechern gerne unterschätzt und das hat meist unangenehme Folgen. Der Regenschirm ist sein Markenzeichen, mit dem auch seine Gegner öfters mal Bekanntschaft machen. Diese Krimis haben eine besondere Art ihre Leser zu unterhalten. Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! »Ich verbitte mir Ihren mitleidigen Blick, Mister Parker«, grollte Lady Simpson leicht gereizt. »Sie haben es nicht mit einer Irren zu tun.« »Sehr wohl, Mylady«, antwortete Parker in seiner höflichen Art. »Sollte mein bescheidener Blick sich vergessen haben, so bitte ich das entschuldigen zu wollen.« »Das möchte ich Ihnen auch geraten haben«, warnte die stets ein wenig streitbare Dame. Sie befand sich in ihrer Stadtwohnung in London und sichtete nach einem ausgiebigen Frühstück gerade die Morgenzeitung. »Haben Mylady noch Wünsche?« Parker war bereit, sich wieder zurückzuziehen. »Sie bleiben«, entschied Lady Simpson, eine stattliche Erscheinung von annähernd sechzig Jahren. Sie erinnerte an eine Walküre aus einer Wagner-Oper. Man konnte sich die resolute Dame sehr gut mit Jagdspeer und Schild vorstellen. Sie trug ein wallendes Hauskleid und saß vor ihrem Schreibtisch. Agatha Simpson war wieder mal dabei, ihren ersten Roman anzufangen. Das tat sie schon seit einigen Monaten, doch sie wurde zu ihrer inneren Freude immer wieder abgelenkt. Das hinderte sie jedoch nicht daran, an ihren Bestseller fest zu glauben. Sie hatte sich vorgenommen, eine gewisse Agatha Christie in Grund und Boden zu schreiben, denn sie kannte in ihrem Leben keine Minderwertigkeitskomplexe. Lady Agatha besaß ein volles Gesicht mit einem energischen Kinn und einer ausgeprägten Adlernase. Ihre dunklen Augen funkelten stets unternehmungslustig. Ihr weißes Haar lag in vielen kleinen Locken auf dem Kopf. Sie verfügte über sehr große Hände, die einen recht zupackenden Eindruck machten. Diese Hände fuhrwerkten mit den Morgenzeitungen herum und fegten sie kurzerhand vom Arbeitstisch. »Nun sagen Sie schon endlich etwas«, fuhr sie ihren Butler an

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Butler Parker – 115 –

Die kleinen grünen Männchen

Günter Dönges

»Ich verbitte mir Ihren mitleidigen Blick, Mister Parker«, grollte Lady Simpson leicht gereizt. »Sie haben es nicht mit einer Irren zu tun.«

»Sehr wohl, Mylady«, antwortete Parker in seiner höflichen Art. »Sollte mein bescheidener Blick sich vergessen haben, so bitte ich das entschuldigen zu wollen.«

»Das möchte ich Ihnen auch geraten haben«, warnte die stets ein wenig streitbare Dame. Sie befand sich in ihrer Stadtwohnung in London und sichtete nach einem ausgiebigen Frühstück gerade die Morgenzeitung.

»Haben Mylady noch Wünsche?« Parker war bereit, sich wieder zurückzuziehen.

»Sie bleiben«, entschied Lady Simpson, eine stattliche Erscheinung von annähernd sechzig Jahren. Sie erinnerte an eine Walküre aus einer Wagner-Oper. Man konnte sich die resolute Dame sehr gut mit Jagdspeer und Schild vorstellen. Sie trug ein wallendes Hauskleid und saß vor ihrem Schreibtisch. Agatha Simpson war wieder mal dabei, ihren ersten Roman anzufangen.

Das tat sie schon seit einigen Monaten, doch sie wurde zu ihrer inneren Freude immer wieder abgelenkt. Das hinderte sie jedoch nicht daran, an ihren Bestseller fest zu glauben. Sie hatte sich vorgenommen, eine gewisse Agatha Christie in Grund und Boden zu schreiben, denn sie kannte in ihrem Leben keine Minderwertigkeitskomplexe.

Lady Agatha besaß ein volles Gesicht mit einem energischen Kinn und einer ausgeprägten Adlernase. Ihre dunklen Augen funkelten stets unternehmungslustig. Ihr weißes Haar lag in vielen kleinen Locken auf dem Kopf. Sie verfügte über sehr große Hände, die einen recht zupackenden Eindruck machten. Diese Hände fuhrwerkten mit den Morgenzeitungen herum und fegten sie kurzerhand vom Arbeitstisch.

»Nun sagen Sie schon endlich etwas«, fuhr sie ihren Butler an und stand auf. »Was halten Sie von diesen Meldungen?«

»Ich möchte Mylady nicht vorgreifen.«

»Papperlapapp, Sie wollen sich nur ‚Um eine Stellungnahme herumdrücken, Mr. Parker!«

»Diese Zeitungsmeldungen entbehren meiner bescheidenen Ansicht nach nicht einer gewissen Komik, Mylady.«

»Sie glauben also nicht an Marsmenschen?«

»Nicht direkt, Mylady.« Parker war äußerst vorsichtig. Ihm war das grimmige Funkeln in den Augen der alten Dame nicht entgangen.

»Sie halten das alles für reinen Unsinn?«

»Für Mißverständnisse«, redete der Butler sich heraus. Er sah korrekt und steif wie immer aus, ein Butler, wie er eigentlich nur noch in englischen Gesellschaftsfilmen und Boulevardkomödien vorkam.

Josuah Parker war etwa fünfzig Jahre alt. Vielleicht auch älter. Doch das sah man ihm nicht an. Er schien von zeitlosem Alter zu sein. Er war mittelgroß, schlank und zeichnete sich durch eine schon fast penetrante Höflichkeit aus. Selbst in den verrücktesten Situationen verlor er nie seine Selbstbeherrschung. Gemessenheit und Würde zeichneten sein Tun aus.

Man sah es diesem stets in Schwarz gekleideten Mann nicht an, wie phantasievoll und fuchsschlau er war. Parker verfügte in übertragenem Sinn über eine riesige Trickkiste, die bis zum Rand gefüllt war. Gekonnte Improvisation verblüffte seine zahlreichen Gegner immer wieder.

Und er hatte Gegner!

Parker war Amateurdetektiv aus Leidenschaft. Er stand seit geraumer Zeit in den Diensten der Lady Agatha Simpson, einer immens reichen Frau, die mit dem Blut- und Geldadel der Insel verschwistert und verschwägert war. Da auch Mylady eine unstillbare Sehnsucht besaß, sich als weiblicher Detektiv auszuzeichnen, hätte Parker sich kein idealeres Dienstverhältnis wünschen können.

»Sie halten die Beobachtungen also für Mißverständnisse?« Lady Agatha Simpson sah ihren Butler fast verächtlich an. »Haben Sie überlesen, daß die Bewohner so etwas wie eine ›Fliegende Untertasse‹ gesehen haben?«

»Das, Mylady, geschieht immer wieder«, bemerkte Parker höflich und gemessen. »Luftspiegelungen, Wetterballons oder reine Erfindungskraft dürften dafür verantwortlich sein.«

»Wir werden nach Schottland reisen«, ordnete Agatha Simpson an. »Ich werde mir diese Mißverständnisse aus der Nähe ansehen.«

»Ich war bereits so frei, Mylady, das Reisegepäck zu richten«, antwortete der Butler.

»Sie haben bereits gepackt?« Agatha Simpson sah ihren Butler verblüfft an.

»In der Tat, Mylady«, meinte der Butler, »mir war in aller Bescheidenheit bewußt, daß Mylady nach der Lektüre der Notizen Schottland einen sofortigen Besuch abzustatten wünscht.«

*

Ben Melness war ein gestandener Mann von fünfzig Jahren, der als Lastwagenfahrer sein Brot verdiente.

An diesem Nachmittag saß er am Steuer seines Wagens und befand sich auf der Fahrt von Thurso nach Bettyhill. Er kannte diese Küstenstraße im äußersten Norden von Schottland in- und auswendig. Es machte ihm nichts aus, daß leichter Nebel aufgekommen war.

Er hatte das Radio eingeschaltet und hörte Musik. Ben Melness rauchte eine Zigarre und war mit sich und der Welt zufrieden. Er verlor auch dann noch nicht seine Gelassenheit, als der Nebel plötzlich dichter und irgendwie zäher wurde. Eine träge Suppe schien die Fahrbahn zu verschlucken.

Ben schaltete herunter und fuhr sicherheitshalber langsamer weiter. Hier oben an der Küste war solch ein Wetter nicht ungewöhnlich, man verstand sich darauf einzustellen und ging kein unnötiges Risiko ein. Plötzlich wurde diese träge Suppe allerdings derart breiig, daß Ben Melness unwillkürlich auf das Bremspedal trat und erst mal hielt. Er hatte jede Orientierung verloren und wußte nicht mal genau, auf welcher Straßenseite er sich befand.

Er schaltete das Radio ab, öffnete die Wagentür und kletterte aus dem Fahrerhaus. Er trat nur wenige, zögernde Schritte, als er den Wagen bereits nicht mehr sah. So etwas wie Angst packte ihn. Er ging zurück zu dem Fahrzeug, um wenigstens einen Bezugspunkt zu haben, doch er konnte den Laster nicht mehr finden.

Aus der leisen Panik wurde echte Bestürzung. Er war schon längst nicht mehr mit sich und der Welt zufrieden. Ben Melness fluchte, versuchte sich zu erinnern, wo der Laster sein mußte, und tastete sich erneut durch den weißgrauen Dunst...

Nichts! Der Laster blieb verschwunden. Er war gewiß kein Spielzeug und leicht zu übersehen. Es handelte sich immerhin um einen ansehnlichen Sattelschlepper, dessen Umrisse der Fahrer zumindest bald ausmachen mußte.

Diese Umrisse tauchten jedoch nicht auf.

Ben Melness versuchte es erneut, ging jetzt systematisch vor und bekämpfte seine Angst. Er baute sich erneut auf und suchte erst mal einen der beiden Straßenränder. Als er das Bankett erreicht hatte, blieb er mit seinen Schuhen auf dem weichen Untergrund und ging genau fünfzehn Schritte weiter. Als er den Lastwagen immer noch nicht entdeckte, überquerte er die Straße und suchte die andere Seite auf. Dann marschierte er zwanzig Schritte zurück, blieb kopfschüttelnd stehen und verstand die Welt nicht mehr.

Sein Lastwagen war einfach nicht zu finden. Er schien sich im Nebel aufgelöst zu haben. Selbst die Nebelscheinwerfer, die er eingeschaltet hatte, ließen sich nicht ausmachen.

Ben Melness zuckte zusammen, als er dazu noch ganz in der Nähe ein Glucksen hörte.

»Ist da wer?« rief er in den Nebel hinein.

Irgend etwas kicherte, dann war wieder Ruhe.

»Hallo, ist da jemand?« rief er erneut, diesmal bereits ein wenig gereizt. Er fühlte sich kräftig auf den Arm genommen. »Ist da wer?«

Ben Melness hätte jetzt liebend gern zumindest ein Kichern gehört, doch es blieb aus. Der weißgraue Brei wurde noch dichter und zäher. Melness schluckte und kam auf eine blendende Idee. Es war sinnlos, weiter herumzuirren, obwohl sein Laster nicht weit sein konnte. Er versuchte es mit einem Schotterstein. Er bückte sich, hob einen handlichen Brocken auf und warf ihn mit ziemlicher Kraft in den Nebel. Er hoffte, seinen Wagen zu treffen.

Nichts...

Ben Melness versuchte es wieder. Diesmal wählte er eine andere Richtung. Irgendwann mußte es ja mal scheppern.

Wie gesagt, weit konnte der Sattelschlepper wirklich nicht sein.

Der Stein verschwand im Brei und ... kam postwendend wieder zurück. Ben Melness sah ihn nicht, doch er spürte ihn an der linken Schulter. Er war derart verdutzt, daß er sogar vergaß, einen Schmerzensschrei auszustoßen.

»Was soll denn der verdammte Blödsinn? « rief er. Statt einer Antwort hörte er wieder ein Kichern und Glucksen. Irgend jemand im Nebel schien sich erstklassig zu amüsieren.

Ben Melness bemühte einen dritten Stein, schleuderte ihn fort und bückte sich sicherheitshalber, um nicht erneut erwischt zu werden.

Er erlebte eine herbe Überraschung.

Zuerst tat sich überhaupt nichts. Diesmal schien der Stein nicht zurückzukehren. Er blieb im dichten Nebel stecken. Nach etwa fünfzehn Sekunden richtete Ben sich zögernd wieder auf und ... fuhr entsetzt zusammen, als der bewußte Stein genau zwischen seinen Schulterblättern landete.

Er kam aus einer Richtung, in die der Mann gar nicht geworfen hatte!

Ben Melness brüllte mit einiger Verspätung auf, rannte in die Richtung, aus der der Stein gekommen war, und landete prompt im Straßengraben. Er klatschte in mooriges Wasser, schlug um sich und hörte dann den Motor seines Lasters. Sekunden später rollte die Silhouette des Sattelschleppers an ihm vorüber und verschwand im weißgrauen Nebel.

Ben Melness war derart verblüfft, daß er noch nicht mal fluchen konnte.

*

Owen Carn war ein zuverlässiger Mann von fünfundvierzig Jahren, der seit drei Jahren die Bankfiliale in Melvoy leitete. Es war gewiß kein aufregender Job, den er hatte. Die Bankkunden waren ohne Ausnahme solide. Es handelte sich um Schafzüchter, Fischer, kleine Gewerbetreibende und Farmer.

An diesem späten Nachmittag langweilte sich Owen Carn. Der immer stärker werdende Nebel ließ erwarten, daß kaum noch Kunden erschienen. Carn beschloß, schon mit der Tagesabrechnung zu beginnen, um pünktlich nach Hause zu kommen. Er wohnte in Melvoy, einem kleinen Fischerstädtchen.

Als er sich am Kassentisch niederlassen wollte, schaute er irritiert hoch. Ein kalter Luftzug hatte sein Gesicht getroffen. Er sah sofort zur Tür hinüber, doch sie war geschlossen. Er schüttelte ein wenig den Kopf, vergaß diesen Zwischenfall jedoch wieder und griff nach den Kassenbelegen, um sie erst mal zu sortieren. Fast dankbar schaute er hoch, als sich die Tür öffnete und Mr. Shepherd eintrat, ein Kaufmann, der mit Fischereiausrüstungen handelte.

»Ich bringe die Tageseinnahme«, sagte Shepherd, »mager genug.«

»Das heute ist kein Tag«, meinte Carn mitfühlend, »die ganze Küste ertrinkt langsam im Nebel.«

»Heute ist er besonders dick«, erwiderte Shepherd, »man braucht ja fast ’ne Radaranlage, um über den Platz zu kommen. So, das hier wär’s!«

Er stellte eine kleine Stahlkassette auf das Zahlbrett und wollte den im Schloß steckenden Schlüssel umdrehen, doch er rührte sich nicht.

»Moment«, sagte er zu Carn, um es dann noch mal zu versuchen.

Der Schlüssel rührte sich nicht.

»Das verstehe ich nicht.« Shepherd bekam einen roten Kopf vor Anstrengung, als er erneut probierte. Doch der Schlüssel rührte sich nicht. Er schien aus unerfindlichen Gründen mit dem Schloß verschweißt zu sein.

»Lassen Sie mich mal versuchen«, sagte Carn. Shepherd schob ihm die Kassette hin und verfolgte den Versuch, der prompt mißlang.

»Das verstehe wer will«, meinte Carn und hob den Behälter an, um das Schloß genau zu inspizieren.

»Eben hat das noch geklappt«, sagte Shepherd, »ich weiß genau, daß ich abgeschlossen habe.«

Carn wollte den Schlüssel herausziehen, doch er rührte sich nicht. Und genau in diesem Augenblick war irgendwo im Raum ein Kichern zu vernehmen.

Carn und Shepherd schauten sich betroffen an, nehmen dann fast gleichzeitig den Kopf herum und versuchten herauszufinden, wer da gelacht haben könnte.

»Sie sind nicht allein, Carn?« fragte Shepherd.

»Natürlich bin ich allein«, entgegnete Carn.

»Aber da hat doch jemand gekichert.«

»Habe ich auch gehört, aber ich bin allein.«

»Wie Sie meinen, Carn.« Shepherd sah den Bankfilialleiter etwas mißtrauisch an und nahm dann die Kassette wieder an sich. Dabei fiel sein Blick ungewollt auf den Kassentisch. Shepherds Mund öffnete sich, seine Augen weiteten sich. Er wollte mit Sicherheit etwas sagen, doch er brachte keinen Laut hervor.

»Ist was?« erkundigte sich Carn arglos.

»Da ... da ... da!« gurgelte Shepherd endlich. Carn fuhr herum und beeilte sich, ebenfalls Mund und Augen aufzureißen. Fassungslos starrte er auf die Kassenbelege des Tages. Sie schienen von einem lokalen Miniaturwirbelsturm erfaßt worden zu sein, stiegen hoch, wirbelten durcheinander, stiegen immer weiter hoch und erreichten schließlich die Decke der Bankfiliale. Dort klebten sie fest und dachten nicht daran, dem Gesetz der Schwerkraft gehorchend, herunterzuflattern.

»Nein«, flüsterte Carn beeindruckt.

Shepherd blieb stumm. Er kümmerte sich auch nicht weiter um dieses Phänomen, rannte bereits zur Tür und war wenige Sekunden später draußen im Nebel verschwunden.

Carn aber stand noch immer am Kassenschalter und schaute zu seinen Belegen hoch. Er zweifelte ernsthaft an seinem Verstand.

*

Von Glasgow aus hatten sie einen Hubschrauber genommen.

An Bord des Helikopters befanden sich unter anderem Lady Agatha Simpson, Butler Parker und Kathy Porter, eine tizianrote, schlanke Schönheit, die ein wenig an ein scheues Reh erinnerte.

Kathy Porter war die Sekretärin und Gesellschafterin der älteren Dame. Doch sie war gleichzeitig auch so etwas wie die erwachsene Tochter der exaltierten Lady. Geduldig und auch ein wenig amüsiert ertrug sie die Launen ihrer Herrin. Kathy Porter wirkte nur nach außen hin scheu und schüchtern. Wenn es sein mußte, verwandelte sie sich blitzschnell in eine Pantherkatze. In der Kunst der geschmeidigen und wirkungsvollen Verteidigung war sie eine Meisterin, wie schon mancher Ganove am eigenen Leib erfuhr.

Butler Parker hatte sein hochbeiniges Monstrum in London zurückgelassen, da die Anfahrt per Auto doch ein wenig zu kompliziert war. Zudem hatte Agatha Simpson darauf bestanden, sofort nach Schottland abzureisen. Sie konnte es nicht erwarten, sich an Ort und Stelle zu informieren.

An Bord des großen Hubschraubers befanden sich zusätzlich noch einige Herren, die zum Atom-Forschungszentrum in Dounreay gehörten, das sich an der Nordküste Schottlands, in der Nähe der reizenden Stadt Thurso befand.

Der Vormittag war strahlend schön.

Vom dichten Nebel des Vortages war nichts mehr zu sehen. Lady Simpson hatte jedoch kein Auge für Schottlands wild zerklüftete Küste. Ihre Gedanken beschäftigten sich mit einem Thema: Unerklärbare Vorfälle! Die Detektivin war jetzt felsenfest davon überzeugt, den richtigen Stoff für ihren geplanten Bestseller gefunden zu haben.

»Ist Ihnen nichts aufgefallen?« erkundigte sie sich bei ihrem Butler, der vor ihr saß.

»Mylady?« Parker wandte sich gemessen zu Agatha Simpson um, die erstaunlich leise sprach.

»Sie sind ein blinder Maulwurf, Mr. Parker«, tadelte sie ihn streng. »Haben Sie nicht mitbekommen, wer diese Männer sind?«

»Wissenschaftler und Techniker der Atom-Versuchsanstalt, Mylady, falls meine Informationen zutreffen.«

»Und da klingelt es nicht bei Ihnen?« Agatha Simpson sah Parker fast schon mitleidig an.

»Im Moment muß ich außerordentlich bedauern, Mylady.«

»Es geht um diese Versuchsanstalt«, flüsterte die Lady mit tragischem Unterton in der Stimme. »Ein groß angelegtes Komplott, wenn Sie mich fragen. Wo haben diese rätselhaften Vorfälle sich zugetragen? Erinnern Sie sich wenigstens daran?«

»An der Nordküste, Mylady, zwischen Thurso und Durness, wenn ich das pauschal definieren darf.«

»Eben«, gab Lady Simpson zufrieden zurück, »und in diesem Küstenstrich befindet sich die Atom-Versuchsanstalt. Haben Sie jetzt endlich begriffen?«

»Ich bin so frei, Mylady, erstaunt zu sein.«

»Hoffentlich«, knurrte Agatha Simpson zurück, »aber Sie muß man ja erst mit der Nase draufstoßen, bevor Ihnen ein Licht aufgeht.«

»Sehr wohl, Mylady«, erwiderte Parker schuldbewußt »Haben Mylady sonst noch Wünsche?«

»Für mich ist dieser geheimnisvolle Fall bereits gelöst«, gab sie in einem fast schon enttäuschten Ton zurück.

»Wünschen Mylady nach Hause zu fliegen?«

»Seien Sie nicht so albern«, knurrte sie gereizt. »Sie glauben doch nicht im Ernst, daß ich ... Was war das?«

Ihre Überraschung war verständlich, denn der Helikopter taumelte ein wenig, als sei er leicht angetrunken. Dann sackte er durch und wurde sofort wieder hochgerissen.

»Eine Luftturbulenz, Mylady«, erklärte Parker.

»Sind Sie sicher?« Agatha Simpson sah sehr mißtrauisch durch das Seitenfenster hinunter aufs Land. Die Felsen und Weiden kamen für ihr Gefühl erstaunlich schnell näher. Der Hubschrauber war nach vorn gekippt und schien die feste Absicht zu haben, sich in den Grund zu bohren.

Unruhe entstand. Auch den übrigen Passagieren an Bord des Helikopters war nicht entgangen, daß die Fluglage irregulär war. Diese Unruhe hielt sich allerdings in Grenzen. Mit mehr oder weniger britischem Gleichmut ließ man die Dinge auf sich zukommen.

Josuah Parker war überhaupt nichts anzumerken. Sein glattes Gesicht besaß den Ausdruck eines erfahrenen Pokerspielers. Kathy Porter beobachtete Agatha Simpson, die sehr empört wirkte.

Wenige Minuten später war bereits alles vorbei.

Der Hubschrauber hatte weich auf einer weiten Wiese aufgesetzt, die von Hügeln und Steinmauern eingegrenzt wurde. Josuah Parker bemühte sich nach vorn und traf auf zwei Piloten, die von einer seltsamen Heiterkeit erfaßt waren.

Sie strahlten sich an, entdeckten den Butler und bekamen dann einen Lachkrampf. Sie schlugen sich auf ihre Oberschenkel und waren nicht ansprechbar ...

*

»Ich muß mich doch sehr wundern.«