Butler Parker 4 – Kriminalroman - Günter Dönges - E-Book

Butler Parker 4 – Kriminalroman E-Book

Günter Dönges

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Beschreibung

Butler Parker ist ein Detektiv mit Witz, Charme und Stil. Er wird von Verbrechern gerne unterschätzt und das hat meist unangenehme Folgen. Der Regenschirm ist sein Markenzeichen, mit dem auch seine Gegner öfters mal Bekanntschaft machen. Diese Krimis haben eine besondere Art ihre Leser zu unterhalten. Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! Pünktlich um 23. 15 Uhr legte Ben Walton, ein gutgekleideter, etwa 50jähriger Mann, den kleinen Hebel am Verstärkergerät um. Er richtete sich erwartungsvoll auf, strich sich nervös über das bereits schüttere Haar und rückte sich die goldgefaßte Brille zurecht. Sein prüfender Blick glitt über die Männer, die am langen Konferenztisch saßen und ihre mehr oder weniger ausdrucksvollen Köpfe erwartungsvoll zum Lautsprecher hoben, der über dem Verstärker angebracht war. Das nervöse Räuspern und Hüsteln erstarb, als das Freizeichen ertönte und ankündigte, daß von auswärts angerufen wurde. Diese Konferenz hinter sorgsam zugezogenen Fenstern fand in einem Raum der »Barner-Import« statt, einer Firma im Handelszentrum von Chicago. Seit gut zehn Minuten warteten die zehn Männer auf dieses Gespräch. Versammelt hatten sie sich bereits vor einer halben Stunde. Wer eine Einladung zu solch einer Konferenz erhielt, war pünktlich und erschien auf die Minute genau. Ben Walton zuckte bereits nach dem ersten Läuten des Telefons zusammen, griff eilfertig nach dem Hörer und meldete sich. »Mit wem spreche ich?« erkundigte er sich mit überhöflicher Stimme. »Hier spricht der ›Bankhalter‹, Mr. Walton«, tönte es aus dem Lautsprecher, der an den Telefonapparat angeschlossen war. »Alles versammelt?« »Selbstverständlich, Sir, ohne Ausnahme.« »Wie ist die Verständigung?« »Ausgezeichnet, Sir.«

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Butler Parker – 4 –

Bang, Bang, Feuer frei!

Günter Dönges

Pünktlich um 23.15 Uhr legte Ben Walton, ein gutgekleideter, etwa 50jähriger Mann, den kleinen Hebel am Verstärkergerät um. Er richtete sich erwartungsvoll auf, strich sich nervös über das bereits schüttere Haar und rückte sich die goldgefaßte Brille zurecht. Sein prüfender Blick glitt über die Männer, die am langen Konferenztisch saßen und ihre mehr oder weniger ausdrucksvollen Köpfe erwartungsvoll zum Lautsprecher hoben, der über dem Verstärker angebracht war. Das nervöse Räuspern und Hüsteln erstarb, als das Freizeichen ertönte und ankündigte, daß von auswärts angerufen wurde.

Diese Konferenz hinter sorgsam zugezogenen Fenstern fand in einem Raum der »Barner-Import« statt, einer Firma im Handelszentrum von Chicago. Seit gut zehn Minuten warteten die zehn Männer auf dieses Gespräch. Versammelt hatten sie sich bereits vor einer halben Stunde. Wer eine Einladung zu solch einer Konferenz erhielt, war pünktlich und erschien auf die Minute genau.

Ben Walton zuckte bereits nach dem ersten Läuten des Telefons zusammen, griff eilfertig nach dem Hörer und meldete sich.

»Mit wem spreche ich?« erkundigte er sich mit überhöflicher Stimme.

»Hier spricht der ›Bankhalter‹, Mr. Walton«, tönte es aus dem Lautsprecher, der an den Telefonapparat angeschlossen war. »Alles versammelt?«

»Selbstverständlich, Sir, ohne Ausnahme.«

»Wie ist die Verständigung?«

»Ausgezeichnet, Sir.« Ben Walton verbeugte sich sicherheitshalber, obwohl sein Gesprächspartner es ganz sicher nicht sehen konnte.

»Dann also zur Sache«, übernahm der »Bankhalter« das Gespräch. Seine Stimme klang scharf und schneidend wie ein frisch geschliffenes Rasiermesser. »Die eingereichten Abrechnungen ergeben, daß die Außenstände zu groß geworden sind. Ich habe erhebliche Terminüberschreitungen einiger unserer Kunden festgestellt. Das darf nicht einreißen. Die Schuldner müssen pünktlich zahlen, sonst verlieren wir an Glaubwürdigkeit und werden nicht mehr ernst genommen. Alle Außenstände sind innerhalb von drei Tagen einzutreiben. Ohne Rücksicht auf Namen und Person. Ich hoffe, ich habe mich deutlich genug ausgedrückt.«

»Selbstverständlich, Sir.« Ben Walton bekam einen roten Kopf und strich sich erneut über das schüttere Haar.

»Ihr Haar sitzt ausgezeichnet«, spottete die messerscharfe Stimme des »Bankhalters«. »Sie brauchen sich auch nicht unentwegt zu verbeugen. Ich mache mir nichts daraus. Sorgen Sie als Sekretär unserer Vereinigung lieber dafür, daß die Statuten eingehalten werden.«

»Gewiß, Sir, ganz gewiß …!« Gegen seinen Willen verbeugte sich Ben Walton und erntete dafür ein verstecktes Grinsen seiner zehn geladenen Gäste.

»Nach dieser heiteren Einlage wieder zur Sache«, ermahnte die eiskalte und unheimliche Stimme aus dem Lautsprecher. »Mir fällt auf, daß unser Kundenkreis kaum vergrößert wird, dabei ist es doch eine Tatsache, daß gerade wir Geldverleiher eine erfreuliche Konjunktur verzeichnen können. Ich erwarte also, daß der Umsatz der einzelnen Filialen wesentlich gesteigert wird. Wie, das ist Ihre Sache.«

Ben Walton sah seine Gäste strafend an, als habe er gerade gesprochen. Doch keiner der Männer achtete auf ihn. Wie hypnotisiert starrten sie alle auf den Lautsprecher.

»Nun zu einem Übelstand, der lebensgefährlich ist.« Die Stimme des »Bankhalters« klang plötzlich leise und wirkte dadurch vielleicht noch gefährlicher als vorher. »Ich habe in Erfahrung bringen können, daß gewisse Filialleiter mit vorzeitig zurückgezahltem Geld eigene Geschäfte machen oder Abrechnungen fälschen. Das ist in jedem Falle tödlich. Nur mit einer guten Geschäftsmoral sind wir in der Lage, den Nachstellungen der Behörden zu trotzen. Rechnen Sie ab sofort mit Stichproben meiner Prüfer. Wo Mißstände festgestellt werden, ist mit strengen Bestrafungen zu rechnen. Ich danke Ihnen für Ihr pünktliches Erscheinen, Ende.«

In der Leitung knackte es, dann war das Freizeichen zu hören. Ben Walton, der Sekretär der Vereinigung, schaltete den Verstärker ab und legte den Telefonhörer auf. Etwas unsicher sah er seine Gäste an, die ihre Stühle rückten und aufstanden. Sie unterhielten sich leise und standen noch ganz unter dem Eindruck ihres Chefs, dessen Stimme bereits genügte, sie an die Kette zu legen.

Ben Walton baute den Verstärker ab und packte ihn in einen kleinen Lederkoffer. Ohne sich um die zehn Männer weiter zu kümmern, schritt er auf den Ausgang zu und verließ das Konferenzzimmer.

Mark Steffens, ein vierschrötiger Mann von etwa 40 Jahren, lockerte sich die zu eng gewordene Krawatte und zündete sich eine Zigarette an. Dankbar nahm er die flache Hüftflasche Joe Harms’ entgegen und setzte sie an seinen Mund. Er stöhnte auf, als der Whisky sich durch seine trockene Kehle hinunter in den Magen fraß.

»Laß’ mir auch ’nen Schluck«, mahnte Harms, ein schmaler, zäh aussehender Mann von 35 Jahren. »Der Chef hat ja mal wieder ganz schön auf die Tube gedrückt, wie?«

»Na, wenn schon …!« Mark Steffens grinste und tat unbeeindruckt. »Der hat gut reden, wir schuften uns ab und er steckt den Löwenanteil ein.«

»Ohne sein Geld könnten wir keinen Cent verleihen.«

»Ach, zum Teufel …!« Mark Steffens schmeckte die Zigarette plötzlich nicht mehr. »Wie’n Schuljunge kommt man sich vor. Immer diese Stimme aus dem Lautsprecher. Früher, als ich noch für die Ralker-Gang arbeitete, da wußte man wenigstens, wer der Boß ist. Aber jetzt …«

»Hauptsache, wir verdienen …!« Joe Harms dämpfte seine Stimme und sah seinen Bekannten nach, die den Saal verließen. »An deiner Stelle würde ich das Maul nicht so voll nehmen. Wer weiß, wer für den ›Bankhalter‹ spitzelt …?«

»Komm, hauen wir ab …!« Mark Steffens nahm noch einen Schluck aus der Flasche und stieß seinen Freund Harms an. Sie mußten im Korridor warten, bis der Lift wieder nach oben kam. Dann stiegen sie ein und fuhren ebenfalls hinunter in die Tiefgarage, wo ihre Wagen standen.

»Komisch, wie der Boß uns alle sieht«, meinte Harms während der Fahrt. »Hast du gesehen, wie nervös Walton wurde?«

»Na wenn schon, Fernsehkamera …!« Mark Steffens schien es genau zu wissen, so redete er wenigstens. »Mit diesen Mätzchen will der Chef uns doch nur bluffen.«

»Meinst du wirklich, der hätt’ ’ne Fernsehkamera eingebaut?«

»Ganz sicher, Joe. Ist doch heutzutage ’ne Kleinigkeit. Ich wette, der ›Bankhalter‹ hat sich in ’nem Nebenraum aufgehalten, als er mit uns sprach.«

»Aber wir treffen uns doch jedesmal in ’nem anderen Raum, in ’nem anderen Haus.«

»Hast du ’ne Ahnung, wie schnell man ein tragbares Fernsehgerät aufbauen kann. Walton könnte uns mehr darüber sagen, aber der hält ja seinen Mund.«

Sie erreichten inzwischen die Tiefgarage und stiegen aus. Joe Harms übernahm die Führung. In dem niedrigen Kellergewölbe brannten nur einige mit Drahtkörben gesicherte Notlampen. Ihre Schritte klangen hohl. Weit vorn an der Rampe, die hinaus auf die Straße führte, bewegten sich die Wagen ihrer Freunde aus den anderen Stadtbezirken.

Plötzlich blieb Joe Harms wie angewurzelt stehen. Zu beiden Seiten seines Wagens tauchten zwei Männer auf, die schwarze Gesichtsmasken tragen. Ihre Maschinenpistolen lagen im Hüftanschlag.

Mark Steffens, reaktionsschneller als sein Partner Harms, ergriff sofort die Flucht. Er duckte sich, warf sich zur Seite und lief in Deckung der abgestellten Wagen in die Dunkelheit hinein. Die beiden maskierten Männer kümmerten sich nicht weiter um Harms, sondern nahmen die Verfolgung von Mark Steffens auf.

Joe Harms fühlte die dicken Schweißtropfen auf seiner Stirn. Sekundenlang war er nicht fähig, auch nur einen einzigen Schritt zu tun. Dann aber, als seine Beklemmung sich löste, lief er schnell wie ein Wiesel auf seinen Wagen zu. Er wollte sich so schnell wie möglich in Sicherheit bringen.

Kein Mensch hinderte ihn daran, zur Rampe zu fahren. Daß er beim Einbiegen einen Wagen rammte und dessen hinteren Kotflügel zerschrammte, merkte er gar nicht. Noch immer sah er die beiden maskierten Männer vor sich. Er wußte, daß sie zur internen Polizei ihrer Vereinigung gehörten. So wenigstens wurden sie immer vom »Bankhalter« genannt. Wo sie auftauchten, blieben Tote zurück.

Unwirsch stieg er in die Bremsen, als ihn hart vor der Rampe Ben Walton abwinkte.

»Was ist …?« fragte Joe Harms nervös durch die noch geöffnete Wagenscheibe.

»Joe Harms, Sie werden Mark Steffens’ Filiale bis zur Neubesetzung übernehmen«, erklärte der Sekretär der Geldverleiher.

»Ja, natürlich … Aber was ist denn mit Steffens …?«

»Sie haben nichts gesehen und werden auch nichts hören«, schärfte Ben Walton ihm ein. »Fragen unserer Freunde gehen Sie aus dem Weg, ist das klar?«

»Mark Steffens …?«

»Mark Steffens ist nicht mehr …!« bestätigte Ben Walton, dessen weitere Worte im Aufbellen einer Maschinenpistole untergingen.

Joe Harms stöhnte leise auf, kuppelte ein und gab Gas. Wie von Furien gehetzt, fegte er über die steile Rampe hinauf zur Straße und verschwand.

Ben Walton lächelte andächtig und strich sich über sein Haar. Er war sicher, daß die Vereinigung recht schnell wieder auf Vordermann gebracht wurde …!

*

»Ihr Benehmen läßt den Schluß zu, daß Sie nur wenige Stunden in Ihrer Kinderstube verweilten.« Josuah Parker sah seinen grobschlächtigen Besucher mißbilligend an und trat zur Seite.

Herm Lazer, etwas über 30 Jahre alt, ehemaliger Boxer und nun Mitglied der Vereinigung der Geldverleiher, schmetterte die Tür hinter sich zu und ließ sich in einen jener billigen Strohsessel fallen, die am Fenster standen.

»Mann, Sie habenʼs nötig«, sagte er grinsend. »Wie steht’s nun mit den Flocken, he? Sie hätten schon vor einer Woche zurückzahlen müssen.«

»Ich bin zur Zeit das, was der Volksmund klamm nennt«, antwortete Butler Parker würdevoll. »Eine vorübergehende Erscheinung, die ich persönlich ungemein bedauere.«

»Sparen Sie sich Ihre Sprüche bloß auf …!« schnaufte Herm Lazer. »Sie schulden uns runde 500 Dollar. Und die sind bis Mittag hier auf dem Tisch, ist das klar?«

»Sie werden sich wegen solch einer kleinen Summe doch nicht erregen«, meinte Parker vorwurfsvoll. »Seien Sie versichert, daß ich das Geld zurückzahlen werde.«

»Eben, und zwar bis Mittag.«

»Ich fürchte, daß das nicht gehen wird, Mr. Lazer. Gewisse Beträge, mit denen ich fest rechnete, sind leider nicht hereingekommen.«

»Wie Sie das Geld herbeischaffen, ist Ihre Sache, Parker. Bis Mittag sind die Flocken hier auf dem Tisch. Und wenn das nicht klappt, sehe ich schwarz für Sie.«

»Ich möchte Sie bitten, sich etwas deutlicher auszudrücken.« Josuah Parker, korrekt gekleidet wie immer, verlieh dem schäbigen Mietraum den Glanz eines Fürstenapartments. Und dabei hauste er nur in einem billigen möblierten Raum in der Hubbard Street. Im Haus nannten sie ihn nur den »Butler« und wußten, daß Parker wegen irgendeiner dunklen Affäre seinen Dienst als hochherrschaftlicher Butler hatte aufgeben müssen.

»Schön, ich werde mich deutlich ausdrücken.« Herm Lazer massierte sich sein linkes Blumenkohlohr. »Vor vier Wochen haben Sie sich 300 Dollar geliehen, stimmt doch, oder?«

»Das entspricht genau den Tatsachen.«

»Schön, daß Sie sich wenigstens daran erinnern, Parker. Und vor genau einer Woche mußten Sie 400 Dollar zurückzahlen, stimmt doch auch, oder?«

»Allerdings, ich bin nicht in der Lage, das abzustreiten.«

»Inzwischen sind daraus 500 Dollar geworden, von wegen Zinsen und so …! Und diese Flocken will ich heute mittag sehen. Sollten Sie das Geld nicht haben, werden wir Ihnen mal Pünktlichkeit beibringen.«

»Sie wollen doch nicht etwa …?« Parker unterbrach sich und fuhr sich mit dem Zeigefinger hinter seinen schneeweißen steifen Eckkragen, als sei er ihm plötzlich viel zu eng geworden.

»Wir werden ein Exempel statuieren, Parker, jawohl, das werden wir!« Herm Lazer sprach das Fremdwort »statuieren« sehr vorsichtig aus, um nur ja keinen Fehler zu begehen. »Wir werden Sie so verprügeln, daß Sie vor Freude nach ’nem Krankenhaus brüllen. Wir wollen mal sehen, wie die anderen Schuldner hier in der Straße dann spuren werden.«

»Darf ich fragen, warum ausgerechnet ich dieses Exempel abgeben soll?« Josuah Parker sah seinen Gast verständnislos an. »Ich bin ein schwacher, alter Mann, verstehen Sie? Sie werden mich doch nicht etwa …!«

»Was wir werden, das müssen Sie uns überlassen, Parker.« Herm Lazer stand auf und grinste tückisch. »Sie haben noch drei Stunden Zeit, Alter. Dann werden Sie mir die 500 Piepen auf den Tisch des Hauses blättern.«

Herm Lazer ging zur Tür und öffnete sie. Er drehte sich noch mal zu Parker um.

»Versuchen Sie nur nicht, sich abzusetzen«, warnte er Josuah Parker. »Einer meiner Leute bewacht das Haus. In meinem Verein herrscht Ordnung, verlassen Sie sich darauf!«

»Ein alter Mann wie ich würde wohl schwerlich die Kraft aufbringen, die Flucht zu ergreifen.« Parkers Stimme klang gefaßt, aber doch auch eine Spur müde. Er glich einem Mann, der am Ende seiner Kräfte ist und das auch weiß. Herm Lazer knallte die Tür hinter sich zu und stieg die Treppe hinunter. Als er auf der Straße war, nickte er einem jungen, höchstens 20 Jahre alten Mann zu, der enge Jeans und weiße Gummischuhe trug.

Parker, der am Fenster stand und diese Szene beobachtete, wußte nun ganz genau, daß Herm Lazer nicht übertrieben hatte. Ab sofort stand er unter Bewachung …!

*

Leutnant Branch vom Morddezernat stutzte, als Anwalt Mike Rander die Tür öffnete.

»Die Welt stürzt ein«, meinte er anzüglich. »Sollte Ihr Butler etwa krank sein oder gekündigt haben?«

»Parker hat seinen Jahresurlaub genommen«, antwortete der sympathische Anwalt lächelnd. »Kam für mich auch ganz überraschend.«

»Haben Sie eine Ahnung, wo er sich herumtreibt?«

»Er schwieg sich wie immer aus, Leutnant. Übrigens möchte ich wetten, daß Sie nicht ganz zufällig hier bei mir vorbeikommen.«

»Stimmt, ich wollte nur mal sehen, was Ihr Butler so treibt.«

»Ich sagte Ihnen ja schon, er nahm seinen Jahresurlaub.«

»Sind Sie sicher, daß er die Stadt verlassen hat?«

»Bei Parker bin ich eigentlich niemals sicher, Branch. Glauben Sie, daß er was ausgefressen hat?«

»Haben Sie die Schlagzeilen der Zeitungen gelesen?« wechselte Leutnant Branch das Thema, ohne Mike Randers Frage zu beantworten.

»Sie spielen auf die ›Juicemen‹ an?«

»Richtig, ich meine die Geldverleiher.«

»Übrigens ein treffender Ausdruck, wie? Diese Gangster verleihen ›Saft‹, damit arme Teufel sich über Wasser halten können. Daß sie dafür horrende Zinsen einstreichen, wird von den Geldnehmern meist übersehen.«

»In Kreisen dieser ›Juicemen‹ scheint in letzter Zeit aber allerhand los zu sein, Leutnant.«

»Genau ausgedrückt, Rander, wurden in den vergangenen 6 Tagen vier dieser illegalen Geldverleiher ermordet. Entweder handelt es sich dabei um interne Streitigkeiten der Gangster, oder irgendein Unbekannter hat den Geldverleihern den Kampf angesagt.«

»Jetzt geht mir ein Licht auf, warum Sie meinem Butler einen Besuch abstatten wollten.« Mike Rander schüttelte den Kopf. »Sie wissen doch, Branch, daß Parker nur sehr ungern schießt.«

»Ich gebe zu, daß diese Schießereien nicht nach Parker aussehen«, räumte der Leutnant ein. »Auf der anderen Seite weiß Ihr Butler zu treffen, wenn er angegriffen wird. Alle vier bisher erschossenen Geldverleiher sind ausgekochte und harte Gangster, die uns gut bekannt sind. Gegen solche Leute kommt nur ein Mann auf, der sich in dieser Branche auskennt.«

»Parker hätte sich bei mir bestimmt gemeldet«, erwiderte Anwalt Mike Rander. »Ich gebe zu, daß er gerade in den vergangenen Tagen die Zeitungen sehr intensiv studierte. Er deutete auch an, diesen Gangstern müsse das Handwerk gelegt werden.«

»Na bitte, Rander, da haben wir es doch …! Parker interessierte sich für diesen Fall. Für mich heißt das, daß er den ›Juicemen‹ den Kampf angesagt hat.«

»Ist schon drin«, lächelte Mike Rander. »Doch wie gesagt, Branch, Parker ist kein Revolverheld, der mit rauchender Pistole herumläuft. Falls er den Geldverleihern wirklich auf den Pelz gerückt ist, so hat er bisher keinen Schuß abgefeuert. In solch einem Fall hätte er sich bei mir gemeldet.«

»Sollte Parker sich melden, so schärfen Sie ihm ein, daß er keine Extratouren reiten darf. Ich würde sonst verdammt sauer reagieren. Wir vom Morddezernat sind selbst hinter den ›Juicemen‹ her. Ich möchte meine Ermittlungen nicht stören lassen.«

»Gut, in Ordnung. Sollte Parker sich noch melden, werde ich ihm alles ausrichten, Leutnant. Jetzt zufrieden?«

»Zufrieden bin ich erst, wenn diese Geldverleiher ausgespielt haben«, antwortete Leutnant Branch. »Sie sind wie eine moderne Pest. Sie sollten unsere Akten mal einsehen. Diese Gangster lassen die Banknoten großzügig flattern und verteilen sie unter das Volk. Wie gern schnappt irgendein Mensch, dem das Wasser bis zum Halse steht, nach solch einem Rettungsanker und leiht sich Geld aus. Damit sitzt er aber bereits in der Falle. Er muß nicht nur zurückzahlen, sondern auch die horrenden Zinsen tragen. Und pünktlich auf die Minute, erwarten diese ›Juicemen‹ ihr Geld zurück. Wer nicht spurt, wird zusammengeschlagen und landet im Krankenhaus. Nach solch einer Behandlung treiben die säumigen Schuldner jeden Cent zusammen, den sie erwischen können. Sie lösen ihre Haushalte oder Geschäfte auf, sie pumpen sich neues Geld und werden sogar zu verzweifelten Dieben, nur aus der Angst heraus, noch einmal ›behandelt‹ zu werden. Selbstmorde kommen unter den Schuldnern immer wieder vor. Diese Gangster sind in meinen Augen genauso gefährlich wie Rauschgifthändler, Rander …!«

»Die ›Juicemen‹ sind demnach also straff organisiert, wie?«

»Selbstverständlich, Rander. Sie brauchen vor allen Dingen einen Mann, der das auszuleihende Geld zur Verfügung stellt. Es handelt sich dabei natürlich um immense Summen, wie Sie sich vorstellen können. Wir kennen Fälle, in denen die Gangster das Leihgeld förmlich aufzwingen.«

»Wie soll ich das verstehen?« Mike Rander sah seinen Gesprächspartner interessiert an.