Captain Future 4: Der Triumph - Edmond Hamilton - E-Book

Captain Future 4: Der Triumph E-Book

Edmond Hamilton

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Beschreibung

Auch in der Zukunft sind die Bewohner des Sonnensystems nicht vor den Unbilden des Alterns gefeit. In diese Marktlücke stößt der "Herr des Lebens" mit seinem unheilvollen Lebenswassersyndikat, das die Reichen mit der Verlockung auf ewige Jugend schröpft. Doch diese Jugend ist nur von kurzer Dauer und nimmt ein grausiges Ende. Ein Fall für Captain Future und seine Futuremen ... Der Roman "The Triumph of Captain Future" ist im Herbst 1940 in dem Pulpmagazin Captain Future − Wizard of Science erschienen. Er wird hier, erstmals auf Deutsch, mit sämtlichen Illustrationen und allen zur Serie gehörigen Materialien der Originalausgabe vorgelegt. Die vorliegende Neuausgabe hat es sich zum Ziel gesetzt, Edmond Hamilton als Klassiker der Science-Fiction ernst zu nehmen. Alle Texte werden vollständig und mit größtmöglicher Werktreue ins Deutsche übertragen.

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Seitenzahl: 288

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Ähnliche


Impressum

Edmond Hamilton

Captain Future 4 – Der Triumph

Vorlage für die Übersetzungen war der Erstdruck

»The Triumph of Captain Future«

in Captain Future Magazine (Herbst 1940).

Den Anhang übersetzte Andreas Stöcker

© 2014 by Erbengemeinschaft Edmond Hamilton

Mit freundlicher Genehmigung der Thomas Schlück GmbH, Garbsen

© dieser Ausgabe 2014 by Golkonda Verlag GmbH

Alle Rechte vorbehalten

Illustrationen: H. W. Wesso

Lektorat: Hannes Riffel

Korrektorat: André Taggeselle

Gestaltung: s.BENeš [www.benswerk.de]

E-Book-Erstellung: Hardy Kettlitz

Golkonda Verlag

Charlottenstraße 36 | 12683 Berlin

[email protected] | www.golkonda-verlag.de

ISBN: 978-3-942396-87-5 (Buchausgabe)

ISBN: 978-3-942396-88-2 (E-Book)

Inhalt

Titel

Impressum

Vorbemerkung

DER TRIUMPH

1. Kapitel: Das Elixier des Bösen

2. Kapitel: Die Ankunft der Futuremen

3. Kapitel: Die Venusfalle

4. Kapitel: In der Maschinenstadt

5. Kapitel: Grag stellt sich dumm

6. Kapitel: Dem Lebensherrn auf der Spur

7. Kapitel: Mord auf dem Saturn

8. Kapitel: Das geheime Syndikat

9. Kapitel: Das Grauen im Museum

10. Kapitel: Eine erstaunliche Verkörperung

11. Kapitel: Im Pilzwald

12. Kapitel: Ein bizarres Rätsel

13. Kapitel: Ein legendärer Hinweis

14. Kapitel: Die Nebellande

15. Kapitel: In den Fängen der Geflügelten

16. Kapitel: Die Stadt der Ewigen Jugend

17. Kapitel: Die Schlacht um die Quelle

18. Kapitel: Der Triumph

Anhang

The World of Tomorrow: Saturn, der Planet der Grasebenen

The Futuremen: Nr. 3 – Das lebende Gehirn

Under Observation

The Future of Captain Future

Weitere Bücher bei Golkonda

Phantastik im Golkonda Verlag

Vorbemerkung

Wie schon bei den beiden Bänden mit denVerschollenenAbenteuern von Captain Future,DieRückkehr von Captain FutureundDerTod von Captain Future, sowie beiDer Sternenkaiser,Erde in GefahrundDie Herausforderunghat es sich der vorliegende vierte Band der Neuausgabe der Romane um Curtis Newton zum Ziel gesetzt, Edmond Hamilton als Klassiker derScience Fictionernst zu nehmen. Alle Texte werden vollständig und mit größtmöglicher Werktreue ins Deutsche übertragen. Im Original auftretende Holprigkeiten und Widersprüche, die nicht selten den Entstehungsbedingungen der Texte geschuldet sind, werden übernommen. Allerdings bemüht sich die Übersetzung auch, die Eleganz, das gezielt eingesetzte Pathos und die unterschwellige Ironie der Sprache zu erhalten. Edmond Hamilton war einer der Begründer dessen, was wir heute als »Space Opera«, als große Weltraumoper kennen. Er hat diese Form derabenteuerlichenSF nicht nur mit begründet, er hat sie auch zu einem ersten Höhepunkt geführt. Dem möchten wir in jeglicher Hinsicht gerecht werden.

Die Redaktion

1. Kapitel: Das Elixier des Bösen

Der schwach erleuchtete Raum wirkte ausgesprochen fremdartig. Seine Wände bestanden aus grauem Metall, und die Luftschleuse ließ keine Luft von außen herein. Durch die hermetisch verschlossenen Fenster war undeutlich ein grotesker Wald zu erkennen. Der gewaltige leuchtende Krummsäbel der großen Ringe durchschnitt den schwarzen Himmel. Es gab nur einen Planeten, der solche Ringe besaß.

Ein Beobachter hätte diesen Raum in der Tat für wunderlich befunden. Aber er hätte sich nicht im Traum vorgestellt, dass er das geheime Herz eines gefährlichen Geschäftes war, das wie eine Krake ihre Tentakel nach allen neun Welten des Sonnensystems ausstreckte.

Einer der beiden Männer, die sich in diesem Raum aufhielten, saß an einem Schreibtisch aus legiertem Chrom. Der Mann wurde zur Gänze von einem Kraftfeld aus strahlend blauem Licht eingehüllt, das seinen Ursprung in einem kleinen brummenden Gerät hatte, welches an seinem Gürtel befestigt war. Auch sein Gesicht war nicht zu erkennen. Seine barsche Stimme erklang aus der glühenden Wolke, die ihn umgab. In scharfem Tonfall fragte er: »Sind das jetzt die Händler?«

»Ja, ihre Schiffe landen gerade«, antwortete der andere Mann, während er aus dem Fenster schaute. »Sie sind pünktlich.«

Der zweite Mann war ein Merkurianer mit gelbbrauner Haut; ein Angehöriger jenes Volkes, das auf dem innersten Planeten heimisch war. Mit katzenartiger Leichtigkeit drehte er sich um, und seine gelben Augen blitzten auf.

»Hier kommen sie, Lebensherr«, sagte er erwartungsvoll.

Der Mann, der ›Lebensherr‹ genannt wurde und den eine blaue ›Aura‹ umgab, antwortete nicht. Er wartete schweigend.

Die Tür der Luftschleuse öffnete sich, und ein Dutzend Männer kam hereingestapft. Auch sie waren von strahlend blauen ›Auren‹ umgeben.

Bei dieser ›Aura‹ handelte es sich um ein wissenschaftliches Gerät, das im gesamten System wohlbekannt war: eine Wolke aus strahlenförmiger, sporentötender Energie, die es Menschen erlaubte, Regionen unbeschadet zu durchqueren, in denen es vor tödlichen mikroskopischen Lebewesen nur so wimmelte. Als sie den Raum betraten, schalteten sie ihre Auren ab. Nachdem die Wolken verschwunden waren, kamen weißhäutige Venusier, kahlköpfige rote Marsianer mit großer Brust, ein behaarter Plutonier und ein schlaksiger blauer Saturnier zum Vorschein.

Der große Saturnier schritt zum Schreibtisch und kippte vor dem Lebensherrn eine kleine Tasche aus synthetischer Seide aus. Winzige Platinmünzen und funkelnde Edelsteine ergossen sich zusammen mit weißen Geldscheinen der Systemregierung auf den Tisch.

»Dieses Mal konnten wir auf der Venus vierhundert Flaschen des Lebenswassers verkaufen«, berichtete er dem Lebensherrn. »Hier ist der Erlös. Für die nächste Fahrt könnten wir gut sechshundert Flaschen brauchen.«

»Zähl es sofort«, befahl der Lebensherr dem Merkurianer, der ganz in der Nähe stand, in barschem Tonfall.

»Auf dem Mars haben wir dreihundertzwanzig Flaschen verkauft«, berichtete einer der anderen Neuankömmlinge. Er legte weiteres Geld und seltene planetare Juwelen auf den Tisch. »Wir könnten auch mehr Lebenswasser für das nächste Mal gebrauchen.«

Einer nach dem anderen erstatteten sie dem Lebensherrn Bericht über ihre Anteile am illegalen Handel auf dem Mars, der Erde, der Venus und all den anderen Welten. Der Haufen aus Geld, seltenen Edelsteinen und kleinen Barren hochwertigen Metalls wurde immer größer.

Aus allen neun Welten flossen die giftigen Gewinne des schädlichen Lebenswasserhandels in diesen geheimen Raum! Der katzenhafte Merkurianer zählte und notierte die Summen, die von jedem einzelnen Mann gebracht worden waren. Dann wurde jedem von diesen Unterführern ein Drittel der Summe zurückgezahlt.

»Hier sind eure Provisionen«, sprach der Lebensherr mit strenger Stimme durch seine blaue Aura. »Gib ihnen ihre neue Lieferung an Lebenswasser, Ybor.«

Der Merkurianer gehorchte. Aus einem angrenzenden Raum brachte er Dutzende quadratischer Metallkästen. Jeder dieser Kästen enthielt zahlreiche kleine Glassitfläschchen, in denen sich eine schillernde Flüssigkeit befand, die wie geronnenes Licht funkelte – das mächtige, geheimnisvolle Lebenswasser!

Die Händler machten sich bereit, die Kästen hinaus zu ihren wartenden Raumschiffen zu tragen. Aber ein Venusier blickte verschlagen zu seinem Anführer.

»Wollen Sie uns immer noch nicht sagen, wo Sie das Lebenswasser herhaben?«, fragte er hoffnungsvoll.

Die verborgene Gestalt ihres Anführers versteifte sich. Seine Stimme drang drohend aus der tarnenden Aura.

»Versuche es herauszufinden, und du wirst erfahren, wie es ist zu sterben. Das Geheimnis der Quelle des Lebenswassers gehört allein mir. Weil ich dieses Geheimnis hüte, bin ich der Herr dieses Handels.«

Die Männer ließen sich von der grenzenlosen Bedrohlichkeit seines Tonfalls einschüchtern. Hastig schalteten sie ihre Auren ein und eilten mit den Kästen voll Lebenswasser hinaus durch die Luftschleuse.

Draußen heulten die Raketentriebwerke auf, als ihre Raumschiffe abhoben, um ihre Reise zu den anderen Welten fortzusetzen. Noch immer von seiner Aura verborgen, erhob sich der Lebensherr und schaute aus dem Fenster. Über den von Sternen gesäumten Himmel erstreckten sich die leuchtenden Spuren der Triebwerke der davonrasenden Schiffe.

»Herr des Lebenswasserhandels«, wiederholte die verborgene Gestalt in einem nachdenklichen Flüsterton. »Niemand zuvor hatte jemals das Geld und die Macht, über die ich nun verfüge!«

Die schimmernden, auseinanderstrebenden Raketenschweife streckten sich wie strahlende Tentakel nach allen Welten des Systems aus. Bei diesem Anblick kicherte er triumphierend in sich hinein.

Einer dieser Tentakel des heimtückischen Lebenswassers streckte sich nach einem der kleineren Jupitermonde aus. Auf dem kleinen Satelliten, einer winzigen Kugel mit wenigen hundert Metern Durchmesser, herrschte Nacht. Am Himmel prangte die von Wolken umschlossene Kugel des Jupiter, auf welcher der rote Punkt der Feuersee brannte wie ein düsterer Rubin. Der große Planet erstrahlte in weißem Licht.

Ein prunkvolles Herrenhaus aus weißem Mondgestein erhob sich stolz aus einem Hain riesiger Farne. Umgeben war es von Lustgärten, Schwimmbädern und Spielfeldern. Es war das Heim von Avul Kuun, eines bejahrten jovianischen Radiummoguls und alleinigen Besitzers dieses Mondes.

Avul Kuun saß mit sorgenvoller Miene in seinem Arbeitszimmer, einem kleinen Raum, der mit Flammenholz getäfelt war. Der jovianische Magnat hatte grüne Haut, einen birnenförmigen Kopf, einen gedrungenen Körper und die seltsamen fingerlosen Hände und Füße, die für seine Rasse charakteristisch waren. Sein Gesicht jedoch war verschrumpelt und faltig vom Alter, seine dunklen Augen trüb. Er hatte seinen krummen Körper in einen Mantel aus schwerer violetter Synthetikwolle gehüllt. Kuun hatte seine Diener fortgeschickt. Jetzt saß er in erwartungsvoller Spannung da und schaute fieberhaft aus dem Fenster, das auf den Garten hinausging. Er hörte das gedämpfte Dröhnen eines kleinen Raumschiffs, das irgendwo draußen in der Nacht landete. Nach einer Weile erschien ein gelber Uranier im Fenster. Seine wachsamen Augen blickten sich schnell im Zimmer um.

»Sie sind wirklich allein?«, fragte er den alten Magnaten.

»Ich habe alle Diener nach Erhalt der Nachricht umgehend fortgeschickt«, antwortete Avul Kuun hastig.

Der kleine Uranier trat ein.

»Ich darf kein Risiko eingehen«, zischte er. »Die Planetenpolizei gibt sich alle Mühe, den Lebenswasserhandel zu unterbinden. Erfolg haben sie allerdings keinen. Aber für unsere Kunden könnte das die Sache erschweren.«

»Haben Sie es mitgebracht?«, fragte der alte Avul Kuun ungeduldig.

Der Uranier nickte und zog ein kleines Glassitfläschchen hervor, das mit einer milchigen, schwach leuchtenden Flüssigkeit gefüllt war.

»Das Lebenswasser!«, rief Avul Kuun.

Seine trüben Augen funkelten gierig, als er zitternd seine grüne verschrumpelte Hand nach dem Flakon ausstreckte.

»Zuerst das Geld«, erinnerte ihn der Uranier. »Zweihunderttausend Systemdollar.«

Avul Kuun hielt inne. »Aber das ist Wucher!«

Der gelbe Mann zuckte mit den Schultern.

»Der Boss unserer Organisation verlangt von den Käufern des Lebenswassers den Preis, den sie zahlen können.«

»Er verlangt alles, was sie zahlen können, meinen Sie wohl«, entgegnete Kuun. »Aber ich muss es haben. Ich will wieder jung sein, um meinen Wohlstand zu genießen.«

Er reichte dem Uranier ein flaches Bündel Banknoten. Dieser zählte sie, dann gab er ihm das Fläschchen.

»Trinken sie es jetzt«, wies er ihn an.

Mit zitternder Hand entkorkte Avul Kuun das Fläschchen und hob es an seine Lippen. Das funkelnde Lebenswasser rann ihm die Kehle hinab. Der alte Jovianer keuchte und schüttelte sich, als würde sein gesamter Körper von einer unglaublichen Kraft gequält. Er stolperte, hustete und stützte sich benommen auf einen Stuhl.

Langsam, im Laufe von Minuten, richtete sich Avul Kuuns verwelkter Körper wieder auf. Sein faltiges grünes Gesicht glättete sich rasch. Seine vom Alter trüben Augen wurden klar. Die Jahre schienen nach und nach von ihm abzufallen. Das Lebenswasser machte den alten Jovianer wieder jung!

Er stolperte zu einem Spiegel und starrte mit klaren Augen auf sein aufrechtes, kräftiges neues Selbst.

»Ich sehe jung aus – und ich fühle mich jung«, flüsterte er. Dann wurde seine freudige Stimme lauter. »Ich bin wieder jung! Jetzt kann ich den ganzen Reichtum genießen, den ich angehäuft habe. Jetzt habe ich Jahre des Glücks vor mir.«

Der uranische Verkäufer des Lebenswassers betrachtete ihn mit hämischem Vergnügen in den wachsamen Augen.

Ein weiterer Tentakel des illegalen Handels griff nach der großen Stadt Venusopolis an der venusischen Ostsee.

Than Harthal sah krank aus, wie er da saß und in den Spiegel blickte. Ein Teil seiner Attraktivität, die für einen kometenhaften Aufstieg seiner Popularität im gesamten System gesorgt hatte, war ihm verblieben. Aber in seinem weißen Gesicht, besonders um seine Augen, waren Falten aufgetaucht, und sein dunkles Haar ergraute.

»Vorbei«, murmelte er verbittert zu sich selbst. »Als Telebildstar ist es mit mir vorbei. Ich bin zu alt für romantische Hauptrollen. Bald ...«

Er stand auf und ging ans Fenster. Mit leerem Blick starrte er auf das wunderschöne Venusopolis. Unter dem stets bewölkten Himmel verliefen Straßen aus weißem Zement; anmutige Gebäude und dunkelgrüne Gärten erstreckten sich bis zur Ostsee, deren grüne Oberfläche von schwimmenden Villen übersät war.

Raketengleiter, Autos und Fußgänger schwärmten heiter durch die Straßen und Parkanlagen. Der sanfte, feuchte Westwind aus den Sümpfen flüsterte von unbekannten Geheimnissen.

»Aus und vorbei«, seufzte Harthal resigniert. »Nur weil ich alt werde ...«

»Sie müssen nicht alt werden«, krächzte eine Stimme hinter ihm. »Sie können auf der Stelle wieder jung sein!«

Der Telebildstar drehte sie verwundert um. Ein kahlköpfiger Marsianer mit roter Haut hatte den Raum betreten und begegnete kühl seinem Blick.

»Auf der Stelle wieder jung?«, wiederholte Than Harthal. »Wer sind Sie? Was meinen Sie damit?«

»Ich meine, dass das Lebenswasser Ihnen in nur wenigen Minuten fünfzehn Jahre ihres Lebens zurückgeben wird«, antwortete der Marsianer. »Jeder weiß, dass Ihr Ruhm als Telebildstar verblasst. Deshalb bin ich gekommen, um Ihnen das Wasser anzubieten.«

»Das Lebenswasser?«, rief der Star aus. »Aber es zu kaufen oder zu verkaufen ist illegal. Die Planetenpolizei hat es verboten!«

Der Marsianer lachte. »Unsere Organisation schenkt dem nicht viel Aufmerksamkeit. Für zwanzigtausend können Sie es haben.«

»Zwanzigtausend? Aber das ist alles, was ich habe.«

»Ich weiß«, entgegnete der Mann. »Aber wenn Sie jung sind, dann werden Sie wieder das große Geld machen.« Der Marsianer zog ein Fläschchen mit einer funkelnden Flüssigkeit aus der Tasche. »Sie gehört Ihnen – zu diesem Preis.«

Mit geweiteten Augen starrte Than Harthal auf das Fläschchen mit dem Lebenswasser. Er sah darin Jugend, Ruhm, Bewunderung, Reichtum ...

»Aber es heißt, dass es gefährlich ist und süchtig macht, Lebenswasser zu trinken.«

»Das ist die Propaganda der Planetenpolizei«, spottete der marsianische Händler. »Aber wenn Sie nicht wollen ...«

»Warten Sie, ich kaufe es!«, rief Than Harthal unvermittelt. »Ich habe das Geld hier in einem vesteckten Tresor.« Nachdem er eine Folge von geheimen Worten ausgesprochen hatte, glitt ein Teil der Wand zurück. Harthal holte eine Schatulle mit Geld hervor und gab sie dem Marsianer. Mit dem Mut der Verzweiflung griff er nach dem Fläschchen und trank die funkelnde Flüssigkeit bis zum letzten Tropfen aus.

Nachdem einige Minuten verstrichen waren und ein heftiger Schmerz seinen Körper heimgesucht hatte, blickte er hoffnungsvoll in den Spiegel. Er schrie vor Freude auf. Die feinen Falten um seine Augen waren verschwunden. Sein Gesicht war wieder völlig glatt, und die grauen Strähnen an seinen Schläfen wurden bereits dunkler.

»Es hat funktioniert!«, sagte Than Harthal mit heiserer Stimme. Tränen der Freude standen ihm in den Augen. »Ich werde wieder ein Star sein!« Verstohlen lächelnd verabschiedete sich der Marsianer.

Noch ein weiterer Tentakel des bösen Lebenswasserhandels erstreckte sich bis zu einer Stadt in der Zwielichtzone des Merkur. Immerwährende Dämmerung lag über der schmalen Zone, in der, zwischen der schrecklichen Glut der heißen Seite und der geheimnisvollen schwarzen Einöde der dunklen Seite, Leben möglich war. Dort hauste, feierte und stritt der zusammengewürfelte Haufen von Bergleuten, die es von vielen Welten hierher verschlagen hatte.

Nur wenige auf den düsteren Metallstraßen bemerkten die schlanke merkurianische Frau, die in einen dunklen Mantel aus feinster künstlicher Seide gehüllt war. Sie blieb vor einer Tür stehen, auf der nur eine einfache Nummer stand, bevor sie zögernd eintrat. Sie fand sich in einem lichtlosen Korridor wieder. Ihr entfuhr ein abgewürgter Angstschrei. Ein Strahl aus hellem Licht hatte sich direkt auf sie gerichtet. In ihm war deutlich ihre geschmeidige Gestalt von gelbbrauner, katzenhafter Schönheit zu erkennen. Ihr feines gelbes Haar türmte sich über ihrem Gesicht auf, in dem goldene Schlitzaugen vor Besorgnis weit aufgerissen waren. Sie war noch immer schön, aber bald würde diese Schönheit ebenso verschwunden sein wie ihre Jugend.

Der Lichtstrahl erlosch. Dann öffnete sich eine Tür, und sie trat zögerlich in einen erleuchteten Raum. An einem Tisch saß ein grauer Neptunianer mit spitzem Kopf, und seine bebrillten Augen musterten sie ungerührt.

»Ver... verkaufen sie hier das Lebenswasser?«, fragte sie.

»Ja, aber das kostet einiges«, antwortete der Neptunianer mit ausdrucksloser Stimme. »Für Sie beträgt der Preis zwölftausend Systemdollar.«

Die Frau erstarrte. »Aber so viel habe ich nicht!«

Die Augen des Neptunianers richteten sich auf ihre Juwelen. Sie trug ein Armband aus marsianischen Feuerrubinen und eine Halskette aus schwarzen Venusperlen.

»Zusammen mit diesen Edelsteinen kommen Sie auf die geforderte Summe«, erklärte er ihr.

»Aber die hat mir mein Mann geschenkt«, rief sie verzweifelt. »Ich kann nicht ...« Mit einem schmerzvollen Ausdruck auf ihrem Gesicht brach sie ab. »Aber ich muss das Lebenswasser haben. Ich muss wieder so jung und schön werden wie einst. Ich werde alt und verliere meinen Mann an andere Frauen.«

Aus schierer Verzweiflung traf sie eine Entscheidung, legte die Juwelen ab und reichte sie ihm.

»Geben Sie mir das Lebenswasser!«

Der Neptunianer gab ihr das Fläschchen mit der milchigen, leuchtenden Flüssigkeit und schaute zu, wie sie es trank. Er beobachtete, wie ihre zarte Gestalt von feurigen Kräften gepeinigt wurde, als ihre einstige Jugend und Pracht in ihr verwelktes Gesicht zurückkehrte. Ungeduldig suchte sie nach einem Spiegel, um ihre wiedergewonnene Schönheit zu betrachten.

Dann verließ sie ohne ein weiteres Wort hastig den Raum. Mit einem trockenen Kichern auf den Lippen blickte der Neptunianer ihr nach.

»Sie wird wiederkommen«, sagte er belustigt zu sich selbst. »Jetzt, nachdem sie das Lebenswasser getrunken hat, muss sie wiederkommen.«

Ein weiterer Tentakel des geheimen Lebenswassersyndikats reichte bis zur Erde. Tatsächlich drang er sogar in ein Hochhaus in New York, bei dem es sich um das Hauptquartier der Regierung des Systems handelte.

James Carthew, der Präsident der Regierung, hob seinen ergrauenden Kopf. Zwei Männer betraten sein Büro, das sich in der Spitze des Gebäudes befand.

Der eine war ein korpulenter Erdenmensch in dunkler Uniform – Halk Anders, der Kommandant der Planetenpolizei. Der andere Erdenmensch sah jung aus, hatte in diesem Moment ein bleiches Gesicht und die Augen vor Schrecken weit aufgerissen.

»Hier ist unser Mann, Sir«, erstattete Anders dem Präsidenten Bericht. »Der Angestellte des Finanzministeriums der Systemregierung, der große Summen veruntreut hat. Ein Beamter namens Wilson Webber. Wir haben ihn schon seit einigen Monaten im Verdacht und ihm eine Falle gestellt. Heute ist er hineingetappt.«

Der Präsident schaute Webber fragend an.

»Ist das wahr?«

Der jugendlich wirkende Dieb antwortete mit heiserer Stimme. »Ja, ich habe das Geld gestohlen. Aber ich musste es tun!«

»Von dem Geld hat er Lebenswasser gekauft, Sir«, berichtete Halk Anders mit grimmigem Gesicht.

»Lebenswasser?« Carthew wandte sich mitleidig dem ertappten Dieb zu. »Warum haben Sie das getan?«

Webber rang die Hände. »Es war verrückt, das zu tun, Sir. Aber ich wurde alt, und da gab es eine junge Frau, die ich liebte und für mich gewinnen wollte. Ich hatte von dem Lebenswasser gehört, diesem wundervollen Elixier, das mich wieder jung werden lassen konnte. Also habe ich Schatzanweisungen gestohlen und das Elixier von einem geheimen Händler gekauft. Es hat mich wieder jung gemacht. Ich habe jedem erzählt, dass ich mich einer neuartigen Verjüngungsbehandlung unterzogen habe.«

Seine Stimme überschlug sich vor Emotionen.

»Dann kam der Lebenswasserhändler vor ein paar Tagen zurück. Er erzählte mir, dass die Auswirkungen des Elixiers zeitlich beschränkt seien. Wenn ich nicht bald ein neues Fläschchen trinke, werde ich schnell altern und sterben! Also habe ich versucht, noch mehr Geld zu klauen, um es zu kaufen. Aber ich wurde erwischt. Und jetzt werde ich sterben ...« Sein Satz verlor sich in unkontrolliertem Schluchzen.

Halk Anders explodierte förmlich: »Es ist jedes Mal die gleiche verdammte Geschichte, Sir! Dieses verfluchte Syndikat verkauft den Leuten das Lebenswasser, ohne ihnen zu sagen, dass sie es regelmäßig trinken müssen, um nicht zu sterben. Auf diese Weise machen sie die Leute zu Sklaven dieses Zeugs.«

Carthews feine Gesichtszüge spannten sich sorgenvoll an. »Dann hat die Warnung, die wir gesendet haben, also nichts genützt? Weigern sich die Leute, immer noch zu glauben, dass das Lebenswasser letztendlich tödlich sein wird?«

»Nein, es hat nichts genützt«, antwortete Anders geradeheraus. »Die Verbrecher, die dieses Zeug verkaufen, erzählen den Leuten, die Warnmeldung sei falsch. Sie behaupten, sie sei bloße Propaganda, um dem illegalen Handel zu schaden. Einige Leute sind so verrückt danach, ihre Jugend zurückzuerlangen, dass sie das nur zu gerne glauben.«

Carthew ballte seine Hand zur Faust und knallte sie auf den Schreibtisch.

»Anders, können Sie nicht die Zerschlagung dieses Syndikats organisieren, das hinter diesem verabscheuungswürdigen Handel steckt?«

Der Komandant zuckte hilflos mit den Schultern. »Weiß Gott, Sir, wir haben es versucht. Wir haben bei Hunderten von Filialen des Syndikats Razzien durchgeführt, aber die Händler des Lebenswassers sind fast immer entkommen. Die Wenigen, die wir verhaften konnten, sagen kein Wort.«

»Aber ich habe Sie doch angewiesen, die besten Agenten der Planetenpolizei auf die Suche nach dem Zeug anzusetzen.«

»Das habe ich«, erwiderte Halk Anders verzweifelt. »Zwei von ihnen halten sich momentan hier auf. Sie werden Ihnen erzählen, mit was wir es hier zu tun haben.«

Der Kommandant öffnete die Tür und rief nach ihnen. Ein weißhaariger Mann und eine schlanke, junge Frau traten ein. Bei dem Mann handelte es sich um Ezra Gurney, den berühmten Marschall der Planetenpolizei und Veteran der interplanetarischen Grenzgebiete. Die dunkelhaarige Frau mit den dunklen Augen hieß Joan Randall und war eine Topagentin des Geheimdienstes.

»Ezra und Joan können Ihnen berichten, wie viel sie über das Syndikat herausfinden konnten, Sir«, verkündete Anders grimmig.

Der alte Ezra Gurney schüttelte entmutigt den Kopf, und seine blassblauen Augen wirkten sichtlich mutlos.

»Wir haben nicht viel Hilfreiches in Erfahrung bringen können«, knurrte er. »Ich habe die inneren Planeten durchkämmt und versucht, den Ursprung des Lebenswassers ausfindig zu machen. Ich dachte, eine Überprüfung des interplanetaren Verkehrs würde etwas ergeben, aber das traf nicht zu. Wir sind uns sicher, dass das Zeug von einer einzelnen Welt kommt. Aber von welcher?«

Joan Randalls braune Augen verdüsterten sich, als sie den Mann ansprach, der die neun Welten regierte.

»Ich bin auf dem Mars, der Venus und dem Merkur gewesen, um mehr herauszufinden«, gestand sie ein. »Das Einzige, was ich in Erfahrung bringen konnte, war, dass der Handel mit dem Lebenswasser rasant ansteigt. Tausende von alternden Leuten von allen Welten sind begierig darauf, Wucherpreise für das Elixier zu bezahlen. Ich glaube, dass diese ganze Sache von einem rücksichtslosen Kriminellen organisiert wird, der die Absicht hat, den größtmöglichen Profit daraus zu schlagen. Offen gesagt macht mir das Angst. Jeden Tag trinken Tausende von Leuten mehr das Lebenswasser und werden von ihm abhängig. Wenn das Syndikat nicht zerschlagen wird, wenn dieser teuflische Handel weitergeht ...«

Sie wurde von einem schrecklichen schrillen Schrei unterbrochen, den der überführte Dieb Wilson Webber ausstieß. Entstetzt starrten sie ihn an. Er begann plötzlich, in beängstigender Geschwindigkeit zu altern. Sein jugendlich aussehendes Gesicht trocknete aus und verschrumpelte. Sein Haar wurde weiß.

»Die Wirkung des Lebenswassers lässt nach!«, keuchte Webber, dessen dünne Hand im Schrecken ins Leere griff. »Ich – sterbe.«

Er brach auf dem Boden zusammen und blieb dort liegen: ein alter, runzliger Mann, der sich kaum noch regte und dessen Augen rasch glasig wurden.

»Holen Sie einen Arzt, schnell!«, rief Carthew.

Halk Anders schüttelte traurig den Kopf. »Für ihn kommt jede Hilfe zu spät, Sir. Nichts kann denjenigen helfen, die vom Lebenswasser verzehrt werden.«

Kurz darauf rührte sich Webbers geschrumpfte, tote Gestalt nicht mehr. Vollkommenes, bestürztes Schweigen beherrschte den Raum, während der Kommandant die grässliche Leiche mit einem Tuch verhüllte.

»Und genau das«, meinte Ezra Gurney grimmig, »geschieht mit den Menschen, die das Lebenswasser einmal trinken und dann damit aufhören. Bisher sind nur wenige auf diese Weise gestorben. Aber all die Tausende, die es trinken, müssen dem Herrn des Syndikats gehorchen, oder sie werden auf dieselbe Art umkommen.«

James Carthews Hände zitterten, als ihm die schrecklichen Konsequenzen bewusst wurden, die sich ihm da enthüllten. Der Lebenswasserhandel nutzte mit heimtückischer List die sehnsüchtigen Begierden alternder Männer und Frauen aus, die sich ewige Jugend wünschten. Diese getäuschten Menschen wurden unvermeidlich Sklaven des Syndikats, das sie alleine mit dem hinterhältigen Elixier versorgen konnte.

Und hinter diesem verborgenen, weit verstreuten Syndikat steckte ein scharfsinniger Verstand. Diese üble, machthungrige Person war in der Lage, viele Millionen mit dem mysteriösen Jugendelixier zu versklaven. Dann könnte sie ihre Macht über das Lebenswasser dazu benutzen, diesen Millionen von Sklaven Befehle zu erteilen.

Das schreckliche Potenzial dieser Gefahr ließ Carthews Verstand zusammenfahren. Überdies wuchs diese Bedrohung mit jedem Tag und mit jeder Minute. Die Planetenpolizei war nicht in der Lage, das Herz dieses sich ausbreitenden Krebsgeschwürs zu infiltrieren und zu zerstören. Es gab niemanden mehr, an den sie sich wenden konnten – aber halt!

Carthews verzweifelte Gedanken richteten sich plötzlich auf die eine Person, an die er sich immer in Zeiten dunkler Bedrohung wenden konnte.

»Dieser unheilvolle Lebenswasserhandel muss zerschlagen werden, bevor noch mehr Leute seine Sklaven werden«, verkündete der Präsident und erhob sich entschlossen.

»Wir werden Captain Future rufen!«

2. Kapitel: Die Ankunft der Futuremen

In flackernder Pracht raste ein Komet sonnenwärts durch das System. Seine gewaltige glühende Hülle, sein strahlender Kern und sein endlos langer Schweif boten ein fantastisches Spektakel, während der himmlische Wanderer dahinraste, um seine parabelförmige Umrundung der Sonne zu beenden. Vorbeifliegende Raumschiffe machten vorsichtshalber einen großen Bogen um das leuchtende Ungetüm.

Aber ein Raumschiff, ein kleines, stromlinienförmiges Gefährt, das die seltsame Form einer langgezogenen Träne besaß, klammerte sich kühn an den äußersten Rand der Gas- und Staubhülle. Seine Raketentriebwerke stießen fortwährend Feuer aus, während das kleine Schiff kühn den großen Kometen auf seinem schwindelerregenden Sturzflug zur Sonne begleitete.

Das tränenförmige Gefährt trug selbst den Namen Komet. Es war das Schiff der Futuremen, den berühmtesten aller interplanetaren Abenteurern. Im Inneren, in der Kabine, die das Hauptlabor beherbergte, untersuchte Captain Future, der Anführer dieses seltsamen Quartetts, den großen Kometen.

»Noch etwas näher heran, Otho«, rief er, ohne den Blick von dem kompakten Spektroskop zu wenden, das er gerade benutzte.

Eine zischende Stimme antwortete aus der Steuerzentrale im Bug des rasenden Schiffs.

»Wird erledigt! Aber wir befinden uns schon fast im Inneren der verfluchten Hülle, Chef.«

Curtis Newton, der junge Mann, der im gesamten Sonnensystem unter dem Namen Captain Future bekannt war, antwortete nicht. Konzentriert bediente er das Spektroskop, das durch eine Öffnung auf den Kometen ausgerichtet war.

»Da ist tatsächlich ein solider Kern im Inneren der Hülle, Simon«, erklärte er schließlich und hob begeistert den Kopf. »Wir fliegen hinein!«

Curt Newtons Gestalt wurde in den Glanz des Kometen getaucht, von dem nur die harmlose weiße Strahlung durch die Schutzfilter drang. Er war schlank, langgliedrig und über eins neunzig groß, mit den breiten Schultern und den schmalen Hüften eines Kämpfers. Unter seinem fackelgleichen Schopf roten Haars befand sich ein vom Weltraum bronze gefärbtes Gesicht, dessen attraktiven Züge und grauen Augen von einer brillanten Intelligenz geprägt waren sowie von einem machtvollen Willen und einem heiteren, ausgelassenen Humor.

Curt trug einen Overall aus dunkler Kunstseide mit einem grauen Tungstitgürtel. Aus einem Holster aus schwarzem plutonischem Leder schaute der abgenutzte Griff einer kurzen, dicken Protonenpistole hervor. An seiner linken Hand trug er einen Ring, dessen neun Planetenjuwelen in einer konzentrischen Bahn um das zentrale Sonnenjuwel kreisten: das einzigartige Erkennungszeichen von Captain Future.

»Wie sieht es aus, Simon?«, fragte Curt neugierig den Futureman an seiner Seite. »Glaubst du, wir schaffen es in das Innere der Hülle, ohne auseinanderzubrechen?«

Simon Wright, der angesprochene Futureman, antwortete mit einer krächzenden Metallstimme. »Es wird gefährlich, mein Freund. Aber wir können es versuchen.«

Simon Wright war im gesamten System als das »Gehirn« bekannt. Denn genau das war er – ein menschliches Gehirn, das in einem durchsichtigen Serumkasten lebte, der mit Lösungen, Pumpen und Filtern ausgestattet war. An der Vorderseite des quadratischen Kastens befanden sich seine Augen aus Glaslinsen, die auf flexiblen Stielen befestigt waren. Darunter saß der Schallapparat, mit dem er sprechen konnte. An der Seite waren seine Mikrofonohren.

Einst war er ein berühmter Wissenschaftler von der Erde gewesen. Sein Gehirn war aus seinem sterbenden Körper entfernt worden. Jetzt lebte und dachte er in diesem quadratischen Kasten, und nur Captain Future war ein noch größerer Wissenschaftler als das Gehirn.

»Es könnte uns gelingen, durch eine Öffnung in der Hülle zu schlüpfen«, krächzte das Gehirn. »Aber wenn die Hülle das Schiff berührt, bedeutet das unseren sicheren Tod.«

»Also gut, wir werden es versuchen«, verkündete Curt Newton. »Wenn wir erst drin sind, können wir auf dem soliden Kern landen und ihn erkunden. Ich werde es Otho mitteilen.«

Der junge Zauberer der Wissenschaften ging vom Hauptlabor nach vorne in die Steuerzentrale, wo der Androide Otho die Hebel bediente. Grag der Roboter spielte mit einem kleinen grauen Tier, das sich auf seiner Schulter niedergelassen hatte.

»Ich übernehme die Steuerung, Otho«, verkündete Curt. »Wir werden versuchen, in das Innere zu schlüpfen.«

»Teufel des Weltraums!«, fluchte Otho. »Diese Hülle ist schwer aufgeladen. Wenn die uns berührt, wird uns die Explosion in Fetzen reißen!«

Otho war ein Androide, ein künstlicher Mensch, der vor vielen Jahren in einem Labor gebaut worden war. Sein Körper bestand aus gummiartigem, weißem, synthetischem Fleisch, sah aber täuschend echt aus. Kopf und Gesicht waren komplett haarlos, aber definitiv menschlich, und seine grünen Augen funkelten verwegen. Der verrückteste aller Teufelskerle, der schnellste und beweglichste lebende Mensch, das war Otho.

»Als wir das letzte Mal einem Kometen zu nahe kamen, haben uns diese elektrischen Dinger da drin fast das Leben gekostet«, erinnerte er Curt. Der Roboter Grag sprach mit dröhnender Stimme.

»Wenn Otho Angst hat, kannst du ihn ja hier zurücklassen, Herr.«

»Angst?«, ereiferte sich Otho wütend. »Du wandelnder Schrotthaufen ...«

Angesichts dieser Entgegnung richtete sich Grag sprunghaft auf. Der Roboter war riesig – eine menschenähnliche Gestalt aus Metall, über zwei Meter groß, mit mächtigen Armen und Beinen und einem knollenförmigen Kopf. Sein metallenes Gesicht wirkte vor allem aufgrund seiner leuchtenden fotoelektrischen Augen und seines mechanischen Sprachapparats äußerst fremdartig.

Grag war das stärkste Wesen im gesamten System, aber er war auch intelligent. Sofort hatte er Othos spöttische Bemerkung über die Tatsache erfasst, dass er aus Metall war, und nahm sie ihm übel. Das war die eine Sache, wegen der Grag sich nicht necken lassen wollte.

»Ich werde dir den Gummihals langziehen und einen Knoten reinmachen«, brüllte Grag den Androiden an. »Ich werde ...«

»Schluss damit, ihr beiden!«, befahl Captain Future. »Ist es nicht auch schon so gefährlich genug, diesem Kometen zu folgen, ohne dass ihr beiden euch wieder streitet? Ich will verflucht sein, wenn ich wüsste, warum ich so dumm bin, mit einem weltraum-verrückten Haufen wie euch durchs System zu düsen.«

Curts Stimme klang barsch, aber in seinen Augen blitzte ein Funken Humor, während er die beiden streng ansah.

Das kleine graue Tier auf Grags Schulter musterte Otho mit leuchtenden, feindseligen Augen. Eek, der kleine Mondwelpe vom Trabanten der Erde, war ein Wesen, das sich von siliziumhaltigen Mineralien ernährte und keinen Sauerstoff zum Atmen brauchte. Grag hatte ihn als Haustier adoptiert. Eek konnte auf telepathischem Wege Gedanken wahrnehmen. Jetzt gerade spürte er den Ärger seines Herrn auf Otho.

Captain Future hatte die Steuerung übernommen. Er erhöhte die Geschwindigkeit und lenkte das Schiff näher an den flackernden Kometen heran.

»Festhalten, ihr zwei«, befahl er über seine Schulter, während die Raketentriebwerke laut aufheulten. »Wir fliegen direkt in die Hülle hinein.«

Der Komet bot ein beängstigendes Spektakel, während sich das Schiff der Futuremen ihm näherte und die Triebwerke konstant Feuer spuckten. Das gesamte Firmament vor ihnen schien ein Vorhang aus leuchtenden elektrischen Flammen zu sein.

Diese strahlende Kraft drang selbst durch die superisolierten Wände ihres Schiffs. Plötzlich sträubten sich Curts rote Haare. Von den Wänden und vor allem von Grags metallenem Körper sprühte ein Regen aus violetten Funken.

»Seht euch nur die elektrische Spannung an, die Grag erzeugt!«, rief Otho mit brüllendem Gelächter. »Wir könnten ihn jetzt in eine Ecke stellen und als elektrostatische Batterie benutzen.«

»Mir gefällt das nicht, Herr«, beschwerte sich der Roboter. »Und Eek hat Angst.« Er streichelte den kleinen Mondwelpen, der sich furchtsam duckte.

»Eek hat immer Angst«, erwiderte Otho. Dann spähte er bestürzt nach vorne. »Da spalt mir doch einer meine Atome – schaut auf den Bildschirm!«

Vor ihnen leuchtete eine siedende See aus elektrischer Kraft. Der Sprühregen aus violetten Funken in der Steuerzentrale zehrte an ihren Nerven. Sie spürten den grimmigen Atem der schrecklichen Kraft des Kometen.

Und doch flog Captain Future das Schiff tiefer in die furchteinflößende Gas- und Staubhülle hinein. Seine grauen Augen suchten, unbeeindruckt von dem blendenden Licht, weiter nach einer Öffnung in der gewaltigen Wand aus Energie.

Auf Curts gebräuntem Gesicht zeigte sich ein seltsames Lächeln. Es waren Augenblicke wie dieser, wenn er sich mit Todesverachtung den blinden Kräften des Universums entgegenwarf, in denen sich Captain Future am lebendigsten fühlte.

»Ich glaube, ich sehe eine Öffnung«, sagte er gelassen. »Haltet euch fest, Jungs. Ich werde die Komet mit voller Geschwindigkeit hindurchschießen lassen müssen.«

»Curtis, warte!«, ertönte die krächzende Stimme des Gehirns von hinten aus dem Labor. »Komm her und schau zur Erde!«

Curt drehte ab. Er ließ die Steuerung einrasten und ging mit den beiden anderen Futuremen ins Laboratorium. Das Gehirn nahm seine Augen von dem unglaublich starken Teleskop, damit Captain Future hindurchblicken konnte.

Am Himmel wirkte die Erde wie eine kleine graue Kugel, die vom noch kleineren weißen Mond begleitet wurde. Aber selbst auf diese Entfernung war der leuchtend helle Punkt über dem Nordpol der Erde durch das Teleskop deutlich zu erkennen.

»Das Signal«, brummte Grag mit seiner tiefen Stimme. »Der Präsident ruft dich, Herr.«

»Zum Teufel«, entfuhr es Curt enttäuscht. »Gerade, als wir dabei waren, ins Innere des Kometen vorzustoßen. Jetzt müssen wir abbrechen.«

Mit seinen unergründlichen Augenlinsen schaute Simon Captain Future bedeutungsvoll an.

»Es muss etwas Wichtiges sein, mein Freund«, krächzte das Gehirn. »Der Präsident ruft uns über dieses Signal nur, wenn er einen guten Grund dafür hat.«

Curt nickte stirnrunzelnd. »Ich weiß. Wir müssen rasch zur Erde fliegen und herausfinden, was los ist. Aber warum, im Namen der tausend Sonnen, muss das ausgerechnet jetzt passieren?«

Er hob Simon hoch und ging voraus in die Steuerzentrale. Mit einer einzigen ruckartigen Bewegung riss er das Schiff herum. Dann gab er Vollgas und jagte das kleine Gefährt mit schwindelerregender Beschleunigung Richtung Erde.

Otho war aufgeregter als die anderen.

»Das System steckt in Schwierigkeiten. Ich kann den Ärger förmlich riechen. Hoffentlich ist es etwas Ernstes.«

»Du weltraumtrunkener Idiot«, knurrte Curt Newton. »Wenn du unbedingt Ärger haben willst, kann ich dich ja zurück in diesen Kometen werfen.

Grag knurrte zustimmend.

»Otho sehnt sich immer nach Ärger. Aber wenn es dann so weit ist, muss ich ihm jedes Mal aus der Patsche helfen.«

»Wann hast du mir schon einmal aus der Klemme geholfen?«, erwiderte Otho verächtlich.

»Wie war das denn damals auf dem Pluto«, wollte Grag wissen.

Curt hörte auf, ihrem Gezänk zuzuhören. Sein Gesicht hatte einen ernüchterten Ausdruck angenommen, während er zusammen mit dem Gehirn auf den grauen Planeten hinausblickte, dem sie sich rasend schnell näherten.

»Ich wünschte, ich wüsste, was da nicht stimmt«, murmelte er. »Die Lage wirkte entspannt, nachdem wir diese unangenehme Angelegenheit auf dem Neptun geregelt haben.«

Das tränenförmige Schiff, die Komet, raste mit höchster Geschwindigkeit Richtung Erde und dem Signal entgegen, das nach ihnen rief. Captain Future dachte traurig an die vielen Male, die er auf dieses Signal geantwortet hatte. Jedes Mal waren er und seine Futuremen gerufen worden, um gegen eine tödliche Bedrohung zu kämpfen. Würde das auch jetzt so sein?

»Wir können nicht immer gewinnen«, dachte er grimmig. »Wir hatten Glück, aber die Gesetze der Wahrscheinlichkeit müssen sich irgendwann einmal gegen uns wenden.«