Carla Chamäleon: Fiese Tricks - Franziska Gehm - E-Book

Carla Chamäleon: Fiese Tricks E-Book

Franziska Gehm

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Beschreibung

WUNDERBAR – endlich wieder UNSICHTBAR! In Carlas Stadt treibt ein Trickbetrüger sein Unwesen und bringt ältere Leute als verkleideter Polizist um ihre Wertsachen. Sogar der Opa von Marie-Amylee ist ihm zum Opfer gefallen! Ganz klar ein Fall für den Geheimbund und somit für Carla und ihre Freunde. Doch Carla und Jole müssen feststellen, dass sie plötzlich Probleme haben, Carlas Superkraft Chamäliose auszulösen und sie unsichtbar werden zu lassen. Anscheinend ist Carla nichts mehr so schnell peinlich, egal wie sehr Jole seine Fremdschäm-Aktionen auch auf die Spitze treibt. Aber wie soll Carla den Betrüger dann stoppen? Das vierte Abenteuer von CARLA Chamäleon, der Superheldin wider Willen!  Mit Illustrationen von Julia Christians

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Seitenzahl: 204

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Franziska Gehm

Carla Chamäleon: Fiese Tricks

 

 

 

Über dieses Buch

Der Geheimbund hat einen neuen Fall für Carla und ihre Freunde Jole, Herrn Ping und den Mops: In der Stadt treiben Trickbetrüger ihr Unwesen, und bringen ältere Mitbürger als verkleidete Polizisten um ihre Wertsachen. Sogar der Opa von Marie-Amylee ist den Betrügern zum Opfer gefallen! Doch Carla und Jole müssen feststellen, dass sie Probleme haben, Carlas Superkraft Chamäliose auszulösen. Scheinbar ist Carla nichts mehr so schnell peinlich, egal wie sehr Jole seine Fremdschäm-Aktionen auch auf die Spitze treibt. Wie soll Carla ihren Auftrag jetzt noch ausführen?

 

Das vierte Abenteuer von Carla Chamäleon: der Superheldin wider Willen

 

Mit Illustrationen von Julia Christians

Vita

Franziska Gehm, geboren 1974 in Sondershausen, hat in England und Irland studiert, in Österreich und Dänemark gearbeitet und zahlreiche Kinder- und Jugendbücher veröffentlicht, die in viele Sprachen übersetzt und verfilmt wurden. Genau wie Carla hat sie sich als Kind manchmal in Luft aufgelöst, meistens im Mathe-Unterricht.

 

Julia Christians, ein Harzer Urgestein von 1984, ist aus einem Studium des Kommunikationsdesigns an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig (HBK) 2011 als Diplom-Designerin hervorgegangen und arbeitet seit 2018 als freiberufliche Illustratorin. Sie lebt zusammen mit ihrem Mann, ihren Kindern und der ständigen Frage, ob drei Hunde genug Hunde sind.

WARNUNG: Das Tragen von Mützen mit Bommeln in Übergröße, Verschmelzen mit Hauswänden und das Rappen mit Pinguinen sind ausdrücklich nicht zur Nachahmung empfohlen!

Liebe Leute, die ihr

vergessen habt, was in den ersten drei Bänden passiert ist,

Band 1, 2 und 3 nie gelesen habt (ach, es gibt schon drei Bände?!),

ein Buch grundsätzlich von vorne bis hinten durchlest (brav),

eigentlich noch mitten beim Lesen von Band 1 seid, aber schon mal spicken wollt, was passiert (tss, tss, tss),

euch dieses Buch vorlesen lasst, obwohl ihr bestimmt schon lesen könnt, und der Vorlesende keine Ahnung hat, worum es geht.

Hier erfahrt ihr, was bisher geschah:

Carla Niemann war ein ganz normales 11-jähriges Mädchen. Mit einer (stinkenden) großen Schwester, (peinlichen) Eltern und mit einer besten Freundin, Herta. Carla liebte Listen, Skizzen und ihre Ruhe. SO war es bis zum Beginn des neuen Schuljahres. Dann wurde aus Carlas Leben eine Tragödie in drei Teilen.

Tragödie 1. Teil: Herta zog ans andere Ende der Welt.

Tragödie 2. Teil: Jole, der Neue in der Klasse, zog in ihr Leben ein.

Tragödie 3. Teil: Carla löste sich in Luft auf. (Also, natürlich nicht ganz, sonst wäre es schwer, ein Buch über sie zu schreiben.)

Wenn Carla in eine peinliche Situation geriet oder nervös wurde, verschmolz sie mit der Umgebung. Wie ein Chamäleon. Total krank!, dachte Carla und holte sich bei Dr. mäd. Haubenmacher Rat. Der diagnostizierte Chamäliose – für die er kein Gegenmittel kannte.

Zum Glück schickte Herta vom anderen Ende der Welt eine Tablette gegen Chamäliose. Doch die schluckte der Pinguin, der gerade bei Familie Niemann zu Gast war. Er bekam davon eine Schleuderzunge und konnte auf einmal reden, genau genommen rappen. Carla blieb der Freak, der sich in Luft auflöste. Für Jole war Carla jedoch eine Superheldin. Ebenso für «Die Kavaliere», ein Geheimbund aus unauffälligen Leuten, die unerkannt Gutes taten. Der Big Boss der Kavaliere, von dem keiner genau wusste, wer er war, bat Carla um Mithilfe.

Schnell wurde Carla zur Geheimwaffe der Kavaliere. Genau wie der Hund von Dr. mäd. Haubenmacher, der die zweite Chamäliose-Tablette gefuttert hatte und dadurch zum unsichtbaren Super-Mops wurde. Gemeinsam überführten sie nicht nur fiese Schurken, sie entlarvten auch den Big Boss, der sich zu Joles größter Überraschung als seine Tante Uta herausstellte.

Doch kaum haben Carla, Jole, Herr Ping und der Mops diese Enthüllung verkraftet, wartet schon der nächste Auftrag auf sie …

Was für ein Müll!

Heute war ein Glückstag. Denn es war Sonnabend. Und der Sonnabend, fand Carla Niemann, war der beste Tag der Woche: Keine Schule und für die Hausaufgaben hatte man noch den Sonntag, der genau aus diesem Grund leider kein Glückstag sein konnte.

Carla Niemann war an diesem Glückstag auf dem Weg zu Jan-Ole Heinz, ihrem neuen Mitschüler, dessen Markenzeichen schlechte Witze und eine schlechte Frisur waren und der in den letzten Wochen dennoch Carlas Freund geworden war. Oder vielleicht gerade deswegen? So genau wusste Carla das nicht. Es war einfach passiert. Und aus Jan-Ole war Jole geworden.

Gutgelaunt bog Carla in den Nachtigallenweg ein, in dem Jole wohnte. Der Nachtigallenweg sah genauso aus wie der Lerchenweg, der Kolibriweg oder jede andere Straße im neuen Vogelviertel. Es bestand nur aus Reihenhäusern, die sich höchstens minimal im Farbton oder durch die unterschiedliche Höhe der Bäumchen davor unterschieden. Doch Carla kannte sich mittlerweile schon bestens aus im Vogelviertel und ging zielstrebig auf Joles Haus zu. Vor der Tür blieb sie stehen und drückte auf die Klingel.

In der Glasscheibe, die in der Haustür eingelassen war, entdeckte sie ihr Spiegelbild. Carla fand, sie sah erfreulich normal aus. Graue Jeans, lila Sweatshirt, olivgrüner Parka. Weder groß noch klein, weder dick noch dünn. Halblange Haare, irgendwas zwischen braun und blond. Ihre Augenfarbe der reinste Mischmasch.

Carla trat etwas näher an die Scheibe heran, kniff die Augen zusammen und zog einen Mundwinkel hoch. Wer konnte schon ahnen, dass in diesem blassen 11-jährigen Mädchen eine Superheldin steckte? Carla war sich da selbst noch nicht ganz sicher. Nur eins stand fest: Wenn sie tatsächlich eine Superheldin war, dann war sie bestens getarnt.

Carla verlagerte das Gewicht aufs rechte Bein, stemmte eine Hand in die linke Hüfte und streckte die rechte zur Faust geballt nach oben. «Supergirl!», rief sie – nur mal probehalber – mit hoher Stimme, als gleichzeitig die Tür aufgerissen wurde.

Jole zog die Augenbrauen hoch. Wie immer wanderte nur die linke bis unter seinen Klappscheitel. Dann grinste er. «Sag ich doch!»

Carlas Arm plumpste sofort nach unten, als hätte man bei einer Marionette die Fäden gekappt. Hilflos verschränkte Carla die Hände vor ihrem Körper und knetete ihre Finger, die plötzlich so kalt wie gefrorene Fischstäbchen waren. Doch das half nicht gegen das kühle Kribbeln, das schon ihre Füße erfasst hatte und sich zusammen mit einem Rauschen in ihrem Körper ausbreitete. Wie ein arktisches Meer rollte die Chamäliose heran – diese seltsame Krankheit, die zu Beginn des Schuljahres zum ersten Mal bei ihr ausgebrochen war.

Binnen Sekunden überrollte die Chamäliose Carla von den Zehen bis zum Scheitel, und sie verschmolz mit der Umgebung. Carlas Turnschuhe, Jeans und Parka waren verschwunden. Carla sah aus wie der graue Mülltonnenschrank, vor dem sie stand.

Jole sah Carla fasziniert an. Obwohl er Carla schon mit Hecken, Tischen, Mauern, Sandhaufen und sogar mit einem Elefanten hatte verschmelzen sehen, fand er das Schauspiel noch immer unglaublich. Er hielt die Chamäliose auch nicht für eine Krankheit, sondern für eine Superkraft, mindestens eine besondere Begabung. Vor allem weil Carla nicht nur mit der Umgebung verschmolz, sondern auch deren Eigenschaften annahm.

Nachdem Jole Carlas momentanes Aussehen genügend bestaunt hatte, klopfte er kurzerhand mit den Fingerknöcheln gegen ihren Bauch. DOINK! DOINK!, machte es blechern. «Na, das ist ja mal ’ne Begrüßung!»

«Hallo», sagte der sprechende Mülltonnenschrank.

«Ich wollte dir eigentlich mein neues Zimmer zeigen, aber ich weiß nicht, wie meine Mutter es findet, wenn ich ’ne Mülltonne ins Haus schleppe.»

Carla atmete tief durch die Nase ein und durch den Mund wieder aus. Sie spürte, wie die Chamäliose sich zurückzog. «Geht schon, gleich ist der ganze Müll wieder weg.» Zuerst wurde ihr Kopf, dann ihr Oberkörper und zum Schluss Beine und Füße sichtbar.

«Müll! Da fällt mir einer ein!» Joles Augen glänzten, wie meistens, wenn ein Witz in seinem Gehirn aufleuchtete, was mindestens fünfmal am Tag geschah. «Fragt die Mutter: Sag mal, Fritzchen, hast du mein Nudelsieb gesehen? Fritzchen: Ja, hab ich in den Müll geworfen. Da waren total viele Löcher drin.»

Carla starrte Jole an. Sonst passierte nichts.

«Wie jetzt? Der war SO schlecht, dass du dafür noch nicht mal unsichtbar wirst?»

Carla sah an sich herab und zuckte mit den Schultern. «Scheinbar.»

«Warte mal, mir fällt gleich noch einer ein …»

«JOLE!»

«Okay, komm, mein Zimmer ist der Hammer!» Jole zog Carla ins Haus.

Der Frosch im Wald

Das Haus, in dem Jole seit kurzem mit seiner Mutter und deren Freund wohnte, war genauso geschnitten wie das Reihenhaus nebenan. Und das kannte Carla von zahlreichen Besuchen schon ziemlich gut. Denn bis vor ein paar Tagen hatte Jole dort bei seiner Tante, seinem Onkel und seiner Cousine gewohnt. Nur dass er dachte, die Tante wäre seine Mutter, aber seine Mutter war eben nur die halbe Zeit seine Mutter, aber wohnte die ganze Zeit nebenan! [*]

Damals hatten weder Carla, ja noch nicht einmal Jole selbst geahnt, dass Tante Uta ein Doppelleben führte. Und was für eins! Genau genommen war es sogar ein doppelt geheimes Doppelleben. Denn wie sich herausstellte, hatte Tante Uta eine Zwillingsschwester – Joles Mutter. Und Tante Uta hatte einen geheimen Job: Sie war der Big Boss der Kavaliere, dessen Identität den meisten Mitgliedern des Geheimbundes unbekannt war.

«Ganz schön anders», sagte Carla und sah sich im Flur um. «Also, vor allem schön.» Der Flur war in einem kräftigen Blau gestrichen. Große, gerahmte Fotos von exotischen Orten hingen an der Wand bei der Treppe: eine Wüstenlandschaft, eine Steilküste mit schäumenden Wellen, eine verlassene Tankstelle an einer endlos wirkenden Straße, eine verrunzelte Frau mit Kopftuch vor einer alten weißen Windmühle.

Die große, weite Welt im Reihenhaus. Wäre Carla nicht so ein Schisser, würde sie sich auch gerne später mal die Welt ansehen. Ihre Tante Mildred meinte immer, das mit dem Schisser-Sein würde sich noch verwachsen. Aber wer ein kleiner Schisser war, würde der nicht automatisch zum großen Schisser? Ein kleiner Feldhase wurde ja schließlich auch nur ein großer Feldhase und kein Wolf.

«Ja, mir gefällts auch.» Jole strich über das Treppengeländer, das genau wie die Treppe hellgrau gestrichen war.

Trotz der kühlen Farben wirkte das Haus warm. Vielleicht lag es an der Lampe, die wie ein orangeroter Seestern an der blauen Wand leuchtete. Oder am süßen Plätzchengeruch, der sich im Haus hielt wie die Hitze nach einem Sommertag.

Carla zog langsam ihre weißen Turnschuhe aus und sah sich nach Hausschuhen um.

Jole, der Carlas Blick bemerkte, grinste. «Hausschlappen gibt’s nur nebenan bei Tante Uta. Wir socken hier einfach durch die Bude. Und jetzt komm!» Jole stürmte die Treppe hinauf, nahm immer zwei Stufen auf einmal.

Zögernd folgte Carla Jole. Sie hätte sich gerne noch länger im Erdgeschoss umgesehen. Vor allem nach der Quelle des herrlichen Plätzchenduftes. Bestimmt hatte Joles Mutter wieder ihre superleckeren Kokosplätzchen gebacken. Die musste doch jemand verkosten!

Jole saß schon strahlend auf seinem Bett, als Carla sein Zimmer betrat. Weit kam sie nicht. Vor Staunen blieb Carla direkt hinter der Türschwelle stehen. Ihr Mund klappte auf und heraus kam nur ein gehauchtes: «Wow!»

Carla hatte das Gefühl, sie stand nicht in einem Zimmer, sondern im Wald. Ein dicker, grüner Teppich bedeckte den Boden wie weiches Moos. Die Socken, Stifte und Schnipsel, die darauf herumlagen, hätte man im ersten Moment für Blätter, Äste oder Pilze halten können. Eine Wand war grün, eine andere blau und die dritte gelb gestrichen. Aber das Beeindruckendste war ein Gebilde, das auf zwei dicken Stämmen thronte. Ein kleines Haus, bei dem nur die vordere Wand fehlte. «Irre, ein Baumhaus im Zimmer», murmelte Carla.

«Mit Bücherregal, Sitzsack und Bett!» Jole klopfte auf die Matratze, auf der er saß. «Und mit Untermieter.»

Erst jetzt bemerkte Carla den Pinguin, der es sich unter dem Baumhaus gemütlich gemacht hatte. «Hallo, Herr Ping!»

Dort lag eine weiße, glatte Matte, die an eine Eisscholle erinnerte. Herr Ping selbst lümmelte in einem viereckigen weißen Kasten. Es war ein alter Kühlschrank, der auf dem Rücken lag und an dem die Tür fehlte. Der Pinguin wackelte fröhlich mit den Beinen und verfolgte eine Sendung in einem kleinen Fernseher, der im Regal vor ihm stand. Er winkte Carla mit einer Flosse zu, ohne den Blick vom Bildschirm abzuwenden. «Hallo, Halli im Nachtigalli!»

Carla kletterte an der Leiter ins Baumhaus und setzte sich neben Jole. Sie sah sich im Baumhaus um. Das war wirklich Wahnsinn! Ehrfürchtig strich sie über das Holz.

«Das haben wir alles in ein paar Tagen gebaut», sagte Jole. «Tobias kann so was super. Der hat sogar mal auf dem Amazonas ein Boot gebaut und in Alaska eine Holzhütte. Cool, oder? So was will ich auch mal machen.»

«Hm, ja», erwiderte Carla. «Oder man kann auch … an unserer Kiesgrube, da kann man auch ein Boot bauen.»

«Kiesgrube?» Jole sah Carla verstört an.

«Ich meine ja nur.» Carla pustete sich die Haare aus der Stirn. «Und du vermisst dein altes Leben gar nicht? Also, das bei deiner Tante.»

«Na ja, das wohnt ja gleich nebenan, das alte Leben. Ich kann jederzeit rübergehen. Aber dass ich jetzt nicht mehr mit meiner Cousine in einem Haus wohne, das stört mich eher nicht so. Je älter sie wird, desto nerviger wird sie. Ach, und ihre Musik wird auch immer schlechter.» Jole verzog den Mund.

Carla nickte wissend. Ihre große Schwester Norma wohnte direkt im Zimmer neben ihr. Norma selbst fand Carla eigentlich gar nicht nervig, also, meistens zumindest. Dafür aber ihre Krachmusik. Außerdem war es lebensgefährlich, neben Norma zu wohnen. Nicht wegen der Musik, sondern weil in ihrem Zimmer täglich Sachen in Flammen aufgingen, explodierten oder giftige Gase austraten (oft aus Normas alten Socken).

Jole strich sich mit den flachen Händen über seine schwarze Jogginghose. «Also, dann lass mal hören. Du meintest, es gibt vielleicht was zu tun?» Er zwinkerte Carla zu. Einmal lang, einmal kurz, einmal lang – das Morsezeichen für «K» und das geheime Zeichen der Kavaliere. Der Geheimbund, der Carla, Jole und Herrn Ping aufgenommen hatte.

Carla verstand sofort. Sie blinzelte schnell zurück. Obwohl eigentlich weit und breit niemand war, der sie hätte beobachten können. Aber als Mitglied eines Geheimbundes konnte man nicht vorsichtig genug sein. «Richtig. Es gibt eine Anfrage von einer Privatperson.» Carla zog ihr Handy aus der Tasche. Doch bevor sie Jole die Nachricht zeigen konnte, quakte ihr Handy wie ein Frosch, was das Zeichen dafür war, dass Carla eine neue Nachricht bekommen hatte.

«Frosch im Handy?», fragte Jole.

«Chamäleon gab es nicht», erwiderte Carla und tippte und wischte auf ihrem Handy herum. «Und Frösche haben zumindest auch solche langen …» Carla erstarrte, als sie sah, von wem die Nachricht kam. Kurz überlegte sie, die Nachricht später zu lesen. In Ruhe. Alleine. Wie eine Praline, von der man hoffte, dass sie wahnsinnig lecker sein würde und die man nicht vor den Augen anderer genießen wollte. Doch in der nächsten Sekunde gewann die Neugierde. Carla tippte die Nachricht an.

Die Nachricht kam aus einem anderen Universum.

kein problem wegen du weißt schon. Sorry war shit idee

Carla musste schnell die Lippen aufeinanderpressen, um nicht zu sehr zu grinsen. Denn die Freude kribbelte in ihrem Bauch, stieg wie eine Seifenblase auf und wollte raus.

«Zungen?», fragte Jole.

Carla blickte von ihrem Handy auf. «Was?»

«Frösche. Die haben so ähnliche Zungen, oder?»

«Wie …? Ach so, ja.»

«Und, was will die Privatperson?» Jole reckte den Kopf, um etwas auf Carlas Handy zu erkennen.

Carla drückte das Handy an ihre Brust. «Das war nur … Samir.»

«Wie, braucht der schon wieder Hilfe?», fragte Jole. «Sollst du dich ins Lehrerzimmer schleichen und seine Schulaufgaben verbessern?»

Carla schüttelte den Kopf. «Nein, das fand er selber blöd. Hat er gerade geschrieben.»

«Dann kann er ja nicht ganz blöde sein, wenn er das blöde fand.»

Carla nickte und schielte auf das Profilbild von Samir. Leider war es nur ein Fußballpokal. Samir ging mit Carla und Jole in eine Klasse. Rein räumlich waren sie sich also fast täglich sehr nahe. Ansonsten schien Samir aber ein komplett anderes Universum zu bewohnen. Und mit anderen Universen war es wie mit anderen Ländern – Carla fand sie SEHR spannend, aber war ein zu großer Schisser, um sich dorthin vorzuwagen.

Jole wackelte von einer Pobacke auf die andere. «Ja und, was ist denn jetzt? Welche Privatperson?»

In dem Moment flog die Tür auf und Marie-Amylee tippelte, umhüllt von einer Wolke blumigen Parfüms, ins Zimmer. «Hello, people!»

«Diese Privatperson», sagte Carla.

Auftrag vom Teddybären

Marie-Amylee stand mit den Händen an den Hüften auf dem Moosteppich in Joles Zimmer, kaute Kaugummi und sah sich mit weit aufgerissenen Kulleraugen um. Ab und zu blinzelte sie mit ihren langen, geschminkten Wimpern. «Das ist ja totally crazy, dein Zimmer!», rief sie aus. «Jetzt musst du bloß noch in Strumpfhose hier rumhüpfen, wie dieser Robin Wood.»

«Und wieso stehst du auf einmal in meinem Wald?», fragte Jole.

Marie-Amylee guckte wie ein Baum. «Hä? Ach so, deine Mum war draußen im Garten und hat mich reingelassen. Voll synthetisch, übrigens, deine Mum.»

«Meinst du vielleicht sympathisch?» Joles linke Augenbraue wanderte unter eine Haarsträhne, die ihm in die Stirn hing.

«Whatever!» Marie-Amylee winkte ab. «Sie ist NICE!» Ihre metallic-blauen Fingernägel glänzten, und ihre Armreifen klimperten.

Carla musterte ihre Mitschülerin. Wie immer hatte sie Stil – und zwar ihren ganz eigenen. Sie trug Stiefeletten mit Leopardenmuster (zu schick, um sie im Haus auszuziehen), schwarze Sportleggins mit durchsichtigem Netzstreifen an der Seite und einen braunen, kuscheligen Hoodie, der wohl nach Lammfell aussehen sollte, aber mehr an einen Teddybären erinnerte. Ihre schwarzen Haare hatte sie zu zwei Knubbeln zusammengedreht, die wie die Ohren von Mickey Mouse von ihrem Kopf abstanden. Ihr lila Lippenstift war vom Kaugummikauen schon etwas verschmiert.

Carla würde sich nie trauen, so rumzulaufen. Viel zu auffällig. Aber zu Marie-Amylee passte es perfekt. Während Carla nach dem Motto «lasst euch von mir nicht stören, ich bin gar nicht da» durchs Leben ging, war Marie-Amylees Motto ein lautes «TADAAA! Hier bin ich, freut euch!». Und das, fand Carla, war eigentlich ganz schön cool.

Unauffällig schielte Carla zu ihrem Freund neben sich. Jole war auch eher so TADAAA! Er und Marie-Amylee könnten glatt Geschwister sein. Oder … na ja … sie passten irgendwie zusammen. Kein Wunder, dass sich die beiden schon mal geküsst hatten. Natürlich nicht richtig, also schon volles Programm mitten auf den Mund, aber nicht aus Liebe oder so, sondern für eine gute Sache und quasi im Auftrag der Kavaliere. Wobei … sicher wissen konnte Carla das nicht, das mit der Liebe. Denn die war nie sicher und gar nicht so einfach, wie in all diesen Knutsch-Filmen, so viel hatte Carla schon begriffen.

«Mann, bin ich happy, dass ich euch beide hier treffe», sagte Marie-Amylee und sank auf Joles Schreibtischstuhl. Das Shirt, das darauf lag, drückte sie einfach mit ihrem Hintern platt. Sie fasste mit den Händen an ihre Frisur-Knubbel und drehte sie jeweils kurz. Es sah aus, als würde sie an zwei Knöpfen ihr Gehirn einschalten. «Sieben auf einen Streich, sozusagen.»

Hatte nicht geklappt, das mit dem Gehirn, dachte Carla, zumindest bei den Zahlen nicht. «Wegen der Nachricht, die du mir geschickt hast?», fragte sie. Bisher hatte sie ihrer Mitschülerin noch nicht geantwortet, weil sie erst mit Jole darüber reden wollte. Schließlich waren sie ein Team, und Carla konnte nicht einfach irgendwelche Aufträge annehmen.

«Genau. Meine Mässätsch! Also, was geht? Nehmt ihr auch Aufträge von Primatpersonen an?» Marie-Amylee machte eine beachtliche Blase mit ihrem Kaugummi. Hinter der rosa Blase lugten ihre Kulleraugen erwartungsvoll hervor.

«Kommt drauf an, worum es geht, oder?» Jole sah fragend zu Carla.

Carla nickte ernst. Jole hatte vollkommen recht. Ein Auftrag von Marie-Amylee – das konnte auch bedeuten, sie sollten sich um einen Dosenhersteller kümmern, weil Marie-Amylee sich beim Öffnen einer Dose einen Fingernagel abgebrochen hatte.

Die Kaugummiblase platzte laut. Marie-Amylee bekam die Reste glücklicherweise schnell wieder in ihren Mund, drückte ihr Kreuz durch und ratterte auch schon los: «Also, people, es geht um ein voll krasses Ding. Ich sag’s euch, ich wär fast schon zur Polizei gestiefelt, aber das will er ja nicht, weil, der ist so was von stur und quadratköpfig, unmöglich, echt. Nein, nein, sagt er, nein kochanie, lass mal gut sein, und ich so – aber du brauchst Hilfe! Und er so – ach wo, ich doch nicht! Und ich voll so die Panik-Ättäck und er so ganz gechillt, dabei ist das alles total susp…sus…seltsam, ich schwöre, aber meint ihr, der hört mal auf mich un-»

«HALT!» Jole fasste sich an den Kopf. Wie Heugabeln wühlten seine Finger in den Haaren, die danach auch an einen Strohhaufen erinnerten. «Mach mal langsamer! Von den vielen Wörtern bekomme ich Matsch in der Birne und kippe gleich wie Fallobst aus dem Baumhaus.»

«Um wen geht es denn überhaupt?», fragte Carla. «Wer ist ER?»

Marie-Amylee sah Carla und Jole an, als wäre sie erstaunt darüber, wie schwer von Begriff die beiden Geheimagenten waren. «Na, Opa Bolek!»

Trio ist Trumpf

«Okay, Opa Bolek also», sagte Carla und atmete durch. «Dein Opa hat irgendein Problem, will aber nicht zur Polizei?»

«Mann, Leute, das hab ich euch doch gerade erzählt!» Marie-Amylee verdrehte ungeduldig die Augen. «Ihr müsst schon zuhören, echt jetzt! Also, soll ich noch mal ganz von den Basics mit der Story anfangen, oder wie?»

«Nein, nein, lass mal», sagte Jole schnell. «Können wir nicht einfach direkt mit deinem Opa reden?»

«Zeugenvernehmung, super Idee!» Carla nickte. Vorausgesetzt natürlich, Marie-Amylee kam nicht vollkommen nach ihrem Opa, und der war genauso überdreht und chaotisch wie sie. Dann müssten sie den Fall wegen Verständigungsproblemen ablehnen.

Plötzlich krächzte Herr Ping unter dem Baumhaus. «Yeah, Yeah, super Idee! Weil ich mich schon seh, cool von Kopf bis zum Zeh. Mit dem Beat in meinem Schnabel geh ich ab wie’n Motorradl. Denn hört zu, ihr Luschen, ihr kommt nicht aus den Puschen. Gegen PING-DA-KING verliert ihr nur im Ring!»

Carla und Jole steckten die Köpfe von oben unters Baumhaus. Marie-Amylee rollte mit dem Schreibtischstuhl zu Herrn Ping. Er hockte noch immer im alten Kühlschrank, den Tobias für ihn zum Bett umgebaut hatte. Und noch immer guckte er wie gebannt auf den kleinen Fernseher.

«Das müsst ihr euch ansehen, people!», rief Marie-Amylee mit Blick auf den Bildschirm, woraufhin Carla und Jole aus dem Baumhaus stiegen. Offenbar lief etwas im Fernsehen, das Marie-Amylee das «voll krasse Ding» mit ihrem Opa vergessen ließ.

Der Pinguin hatte den Lokalsender Town-Tivi eingeschaltet, wie am neongelben Logo links oben in der Ecke bestens zu erkennen war. Eine junge, sehr hübsche Moderatorin mit asiatischen Gesichtszügen, pinken Haaren und Nasenpiercing strahlte in die Kamera und redete, als hätte sie zu viele Energiedrinks getrunken.

«… also seid dabei, Leute! Verpasst sie nicht, EURE CHANCE auf den Titel! Macht mit bei Town-Tivi SUCHT DEN SUPERSTAR DER STADT!»

Ein goldenes Logo mit dem glitzernden Schriftzug

Superstar

wurde eingeblendet, und dazu ertönte ein Jingle, der wie eine Mischung aus Siegesfanfare, Silvesterknaller und Klospülung klang. Unterlegt war das Ganze mit einem schnellen Discobeat.

Carla guckte, als hätte sie in eine Zitrone gebissen. «Wie jetzt, da willst du doch nicht etwa mitmachen?!»

Herr Ping spielte gelassen mit einer Flosse an dem KING-Anhänger seiner Goldkette, die ursprünglich mal ein Fahrradschloss gewesen war. Er sah Carla mit halb geschlossenen Augen an und raunte: «Hö ma Baby, dazu sag ich doch nicht maybe!»

Kaum war der letzte Ton des Jingles verklungen, sprudelte die Moderatorin wieder los: «Also, ihr Lieben, meldet euch an, schickt uns euer Video. Ihr könnt singen, tanzen, rappen, zaubern, jonglieren oder jodeln – ganz egal, ihr alle könnt DER SUPERSTAR DER STADT werden! Teilnahmeberechtigt ist jeder ab zehn Jahren, mit Zustimmung der Erziehungsberechtigten. Also, legt los, ich freu mich schon auf eure Videos. Ciao, ciao und Küsschen, eure Yuka!»

Herr Ping sprang mit einem Satz auf, seine Füße platschten wütend im Kühlschrankfach. Dann reckte er den Schnabel und krächzte herzzerreißend, als wäre er in einen Eiszapfen getreten. Doch es war Yuka, die eben einen Eiszapfen durch sein kleines Pinguinherz gestoßen hatte. «Ab zehn, ab zehn?! Na, danke auch schön!», jaulte er und verschränkte eingeschnappt die Flossen.

«Ooooch», machte Marie-Amylee und strich Herrn Ping behutsam über den Kopf. «Was denn los, du süßer Ping-Puschel? Spielt keiner mit dir?»

Herr Ping sah Marie-Amylee an, als wollte er ganz sicher nicht mit ihr spielen, sondern ihr am liebsten mit einer eiskalten Flosse auf die Kaugummiblase klatschen, die sie schon wieder machte.

«Herr Ping ist noch nicht zehn, oder?», flüsterte Jole Carla zu.

Carla sah den Pinguin mitleidig an. «Nee, höchstens drei. Und mit der Zustimmung der Eltern, das wäre auch schwierig. Die wohnen am Südpol.»

«Ah, ich check’s!», sagte Marie-Amylee zu Herrn Ping. «Du bist noch minderwertig.»

Jole hockte sich neben den Kühlschrank. «Tut mir leid, Herr Ping, aber da kannst du wohl nicht mitmachen.»

Der Pinguin, der sonst nie um einen Reim verlegen war, erwiderte gar nichts, so verzweifelt war er.