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Eigentlich ist Celinas Alltag sehr einfach gestrickt, bestehend aus ihrer Arbeit in einer Apotheke, ein paar Freunden und ihrem Kater Mikesch. Doch dann steht ihre kleine Welt auf einmal Kopf. Auslöser ist ihre neue Arbeitskollegin Lydia, die merkwürdige Geheimnisse zu haben scheint. Wer ist der Mann, von dem sie sich verfolgt fühlt? Was steckt hinter alledem? Ohne zu ahnen, was alles auf sie zukommen wird, steckt Celina ihre Nase in diese seltsame Geschichte und stößt auf viele Ungereimtheiten und Dinge, die nicht mehr mit dem normalen Verstand zu erklären sind. Schließlich sieht sie sich gezwungen, ihre alte Hexenkiste vom Dachboden zu holen, um gegen Kräfte anzukämpfen, die sie selbst nicht für möglich gehalten hätte.
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Seitenzahl: 516
Veröffentlichungsjahr: 2016
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Kapitel I: Ein ganz normaler Tag
Kapitel II: Die neue Kollegin und ein unerwartet nettes Wochenende
Kapitel III: Was für ein Montag
Kapitel IV: Gedanken über Gedanken
Kapitel V: Ein Plan wird geschmiedet
Kapitel VI: Kontaktaufnahme
Kapitel VII: Was passiert nur mit Isabell?
Kapitel VIII: Ein aufschlussreiches Gespräch
Kapitel IX: Albträume
Kapitel X: Mikesch dreht durch
Kapitel XI: Gegenwart und Vergangenheit
Kapitel XII: Die Hexenkiste
Kapitel XIII: Schutzzauber
Kapitel XIV: Magie und Wirkung?
Kapitel XV: Zufälle, Einbildung oder Realität?
Kapitel XVI: Lydia und die Männer
Kapitel XVII: Alles läuft schief
Kapitel XVIII: Alleingang
Kapitel XIX: Eskalation
Kapitel XX: Unerwartete Klärung
Kapitel XXI: Wieder ein Alleingang
Kapitel XXII: Nächtlicher Besuch
Kapitel XXIII: Ein ernstes Gespräch
Kapitel XXIV: Frühstück
Kapitel XXV: Eine unruhige Nacht
Kapitel XXVI: Coras Ende
Kapitel XXVII: Dies und das
Kapitel XXVIII: Karten legen
Kapitel XXIX: E-Mails mit Nico
Kapitel XXX: Nico in der Apotheke
Kapitel XXXI: Kontakt und Unterbrechung
Kapitel XXXII: Mysteriöses Chaos
Kapitel XXXIII: Chaosbeseitigung und Erklärungsversuche
Kapitel XXXIV: Geisteraustreibung am Samstagnachmittag
Kapitel XXXV: In der Disco
Kapitel XXXVI: Jenny
Kapitel XXXVII: Ruhige Zeiten?
Kapitel XXXVIII: Ungewöhnliche Maßnahmen
Kapitel XXXIX: Verflucht?
Kapitel XL: Unerwartete Hilfe
Kapitel XLI: Celina schlägt zurück
Kapitel XLII: Befürchtungen
Kapitel XLIII: Celina hakt nach
Kapitel XLIV: Lydia ist wieder da
Kapitel XLV: Mit Sven ins Kino
Kapitel XLVI: Freundschaft und Freundschaft?
Kapitel XLVII: Collin
Kapitel XLVIII: Gerüchte und Lügen
Kapitel XLIX: Informationen für Nico
Kapitel L: Frust, Zuspruch und zwei Verabredungen
Kapitel LI: Erics Schachzug
Kapitel LII: Ein verrückter Abend
Kapitel LIII: Hexerei mit Hindernissen
Kapitel LIV: Die Macht der Vier
Kapitel LV: Alles wird gut
Kapitel LVI: Die Ruhe vor dem Sturm?
Kapitel LVII: Schreck am Ostersamstag
Kapitel LVIII: Eine Nacht im Krankenhaus
Kapitel LIX: Vorbereitungen
Kapitel LX: Der Gegenschlag
Kapitel LXI: Die Wende
Kapitel LXII: Gemischte Gefühle
Kapitel LXIII: Danach
Kapitel LXIV: Das Leben geht weiter
Kapitel LXV: Spuk
Kapitel LXVI: Traumdeutung
Kapitel LXVII: Schutzzauber für Nico
Kapitel LXVIII: Schlechte Nachrichten
Kapitel LXIX: Schutz, Schutz und nochmals Schutz
Kapitel LXX: Alles wieder friedlich?
Kapitel LXXI: Eklat in der Apotheke
Kapitel LXXII: Ahnungen, Träume und eine Vision
Kapitel LXXIII: Verabredungen
Kapitel LXXIV: Date zu viert
Kapitel LXXV: Später am Abend
Kapitel LXXVI: Himmelfahrt
Kapitel LXXVII: Mikesch, der Held
Kapitel LXXVIII: Gespräche und Pläne
Kapitel LXXIX: Der Tag der Ausstellung
Kapitel LXXX: Kriegsrat und ein Glücksbringer
Kapitel LXXXI: Die Aufgabe
Kapitel LXXXII: Warten und Recherche
Kapitel LXXXIII: Treffen mit Nico
Kapitel LXXXIV: Das Wie
Kapitel LXXXV: Bannung
Kapitel LXXXVI: Pizzaparty
Kapitel LXXXVII: Die nächsten Tage und Wochen
„Frau Schmitz, haben Sie diese Medikamente hier liegen lassen?“ Der Tonfall in dieser Frage war natürlich mal wieder vorwurfsvoll. Wie sollte es auch anders sein? Celina verdrehte leicht die Augen und wandte sich dann der Fragenden zu.
„Ja, Frau Evershagen, ich hatte eine Kundin, die sich nicht so ganz entscheiden konnte, daher habe ich die Tabletten dort hingelegt.“ Celina bemühte sich um Freundlichkeit, auch wenn ihr irgendwie gar nicht danach war. „Ich räume sie sofort weg.“
„Ach so ...“ Frau Evershagen zog missbilligend die Augenbrauen hoch, wie sie es so gerne tat, sagte aber nichts mehr.
„Bald ist Feierabend!“, war Celinas Gedanke, an dem sie sich einfach festhielt, während sie die abgelegten Schachteln sorgfältig wegräumte. Drei Jahre hörte sie sich nun schon das Dauergenörgel ihrer Kollegin und Vorgesetzten in der Apotheke, in der sie arbeitete, an. Nervig! Einfach nur nervig!
Natürlich griff Frau Evershagen das Thema nochmal auf: „Wenn morgen hier die neue Kollegin anfängt, darf so etwas aber gar nicht erst einreißen, dann heißt es mit gutem Beispiel voran!“
Celina atmete tief ein, sehr tief. Doch bevor sie zu einer Antwort ansetzen konnte, mischte sich Richard, der gerade fertig studierte neue Apotheker, ein: „Lassen Sie es gut sein, Frau Evershagen. Sie regen sich mal wieder künstlich auf!“
Ja, Richard durfte so mit ihr reden. Er sagte das, was er sagte, stets charmant und doch nachdrücklich. Außerdem war er der Sohn vom alten Apotheker und Chef. Trotzdem durften ihn alle beim Vornamen nennen, er bestand sogar darauf.
Richard war schon in Ordnung, Isabell, ihre etwas jüngere Kollegin auch und na ja, den Rest des Teams, der eigentlich nur aus Frau Evershagen und dem Seniorchef bestand, musste sie ja nicht gerade zum Geburtstag einladen.
Das alles war ihr Alltag. Genauso wie ihre kleine, schnuckelige 2-Zimmer-Wohnung, ihr sehr verschmuster Kater Mikesch und die manchmal ewig langen Telefonate mit ihrer Mutter oder ihrer Freundin Kathi, die eigentlich Katharina hieß. Eigentlich hasste sie Telefonieren wie die Pest, weil sie insbesondere dann die Frage „Was machst du gerade?“ einfach nur nervig fand. Es konnte derjenigen am anderen Ende der Leitung doch schnuppe sein, ob sie versuchte, nebenbei zu bügeln, sich die Fingernägel zu lackieren oder sich was zu essen brutzelte. Aber jemanden am Telefon so einfach abwürgen war auch nicht so ihr Ding.
Ja, manchmal war sie eigentlich viel zu nett, meistens sogar, zu ihren Nachbarn ebenso wie in ihrem Bekanntenkreis. Genau das war wahrscheinlich auch das, was ihre letzte Beziehung gekillt hatte. Wie auch immer, das war Geschichte. Seitdem versuchte ihre Freundin Kathi zusammen mit ihrem Freund Sönke allerdings ständig, sie mit irgendwem zu verkuppeln. Auch manchmal nervig, aber auch manchmal irgendwie echt süß!
An diesem Tag war fast alles wie sonst auch. Sie hörte das Telefon schon klingeln, als sie die Wohnungstür noch nicht einmal aufgeschlossen hatte. Schnell warf sie ihre Jacke und die Tasche in eine Ecke, aber als sie beim Telefon war, hatte es bereits aufgehört zu klingeln. Die Anzeige vom Telefon verriet ihr, dass es Kathi gewesen war. Sie würde es später wieder versuchen, dessen war sich Celina absolut sicher. Inzwischen maunzte Mikesch sie klagend an. Wie hatte sie zuerst zum Telefon laufen können, ohne ihn zu beachten?
Celina musste grinsen. „Ja, ich weiß, Mikesch, du hast mich so vermisst!“ Zärtlich kraulte sie ihm das halblange schwarzweiße Fell und fischte aus einer Tüte in der Küche ein Leckerli. Natürlich rief Kathi wieder an, bereits eine Viertelstunde später. Seufzend ging Celina ran.
„Oh, da bist du ja endlich, Süße“, begann Kathi ihren Redeschwall. „Hast du schon bei Facebook geguckt? Sven hat ein neues Foto hochgeladen. Ist es nicht toll?“
Celina verdrehte die Augen. Sven war ein Freund von Kathis Sönke und der nächste, mit dem sie Celina schon seit geraumer Zeit unbedingt verkuppeln wollte.
„Ich bin gerade erst zu Hause“, antwortete Celina, „und ich hab den PC noch nicht mal an.“
„Aber du musst unbedingt gleich gucken. Das ist ein ganz neues Foto, so wie es aussieht. Und hast du schon was vor am Wochenende? Wir wollten sonst bei uns einen gemütlichen DVD-Abend machen. Sven hat auch schon zugesagt, aber es kommen noch ein paar Leute mehr.“ Kathi war kaum zu bremsen.
„Ich schau, sobald ich Mikesch versorgt habe“, sagte Celina und wusch mit zwischen Schulter und Ohr eingeklemmtem Telefonhörer den Futternapf des Katers aus. „Was wollt ihr denn so an DVDs gucken?“, fragte sie, obwohl sie eigentlich nicht viel Lust dazu hatte.
„Wir hatten so an Paranormal Activity gedacht, voll gruselig“, meinte Kathi.
Celina hörte auf zu atmen, für einen Moment nur, während sie die Augen schloss. Dann antwortete sie bewusst ruhig: „Du weißt, ich mag solche Filme nicht.“
„Aber Sven ist doch da! Er kann dich doch beschützen!“ Celina konnte Kathis Grinsen förmlich vor sich sehen.
„Meine Antwort lautet nein. Und jetzt will ich noch eben unter die Dusche. Ich meld mich morgen.“ Es war normalerweise überhaupt nicht Celinas Art, Kathi so kurz abzukanzeln. Trotzdem legte sie schnell auf, bevor noch eine weitere Antwort von ihr kam. Sven würde sie schon beschützen ... Kathi hatte keine Ahnung wovon sie da redete.
Später am Abend guckte Celina sich wirklich noch bei Facebook das neu hochgeladene Bild von Sven an. Ja, er sah gut aus. Aber er haute sie auch nicht um. Da blieb sie lieber alleine, anstatt sich jemanden auszusuchen, der einfach nur attraktiv war. Und na ja, so ganz alleine lebte sie ja nicht. Schließlich war Mikesch da, ein bisschen eigenwillig, aber jede Nacht treu an ihrer Seite. Sie liebte es, wenn sein Schnurren sie sanft ins Reich der Träume führte.
Am nächsten Tag ließ Frau Evershagen es sich nicht nehmen, die neue Kollegin allen ganz förmlich vorzustellen. Die Kleine tat Celina einfach leid, als sie ein bisschen schüchtern wirkend so neben der sehr dominanten Kollegin Marke Hausdrachen stand. Sie war sehr zierlich und bestimmt höchstens 1,60 m groß. Ihre großen braunen Rehaugen wirkten sehr ruhelos, als sie sich unsicher umschaute.
„Ich heiße Lydia Jansen“, stellte sie sich vor. „Aber es wäre lieb, wenn mich alle einfach Lydia nennen.“
„Die Kleine wirkt, als müssten wir sie noch ein wenig aufpäppeln“, raunte Isabell Celina zu und sprach ihr damit aus der Seele. Sie hoffte inständig, dass Frau Evershagen Lydia wenigstens einigermaßen mit ihren Launen verschonen würde.
Tatsächlich schien Celinas Wunsch in den nächsten Tagen in Erfüllung zu gehen. Lydia wurde von allen sehr zuvorkommend behandelt, sogar von ihr.
Auch Isabell bemerkte dies. „Weißt du noch, wie wir hier angefangen haben? Zu uns war sie nicht so nett.“
Oh ja, Celina erinnerte sich. Isabell und sie hatten zur gleichen Zeit in der Apotheke angefangen. Der Hausdrache hatte ihnen so manches Mal die Laune verhagelt.
„Vor allem hat sie uns nichts auch nur annähernd so geduldig erklärt“, ergänzte Celina.
„Vielleicht bringt die Kleine es ja fertig, dass sie ein wenig zahmer wird.“
Isabell grinste. „Das wär ja mal was.“
Für das Wochenende beschloss Celina, bei Kathi abzusagen und ein wenig allein zu sein. Manchmal brauchte sie das einfach, obwohl Kathi dafür wenig Verständnis zeigte.
„Ach komm schon, Celina. Das wird bestimmt toll. Sven hat sich schon richtig gefreut, dass du auch da sein könntest.“
„Bin ich aber nicht. Ihr könnt ja gerne gucken, aber lass mich doch einfach“, blieb Celina stur.
„Nur weil wir Gruselfilme gucken wollen?“, fragte Kathi nach.
„Ja, auch!“, gab Celina zu. „Und weil ich keine Lust habe, verkuppelt zu werden. Sven ist ein lieber Kerl und sieht toll aus, aber ich weiß halt nicht, ob das so richtig ist.“
„Gib ihm doch wenigstens die Chance, dich ein bisschen besser kennenzulernen“, argumentierte Kathi.
„Also gut“, lenkte Celina ein. „Ich überleg es mir.“
„Bitte ...“, drängte Kathi noch einmal.
„Ja, ist gut, aber keine Gruselfilme.“ Celina gab sich geschlagen.
„Geht in Ordnung!“ Celina sah förmlich Kathis triumphierendes Grinsen.
Der DVD-Abend am Samstag war dann wirklich nett. Außer Kathi, Sönke und Sven waren noch zwei Arbeitskolleginnen von Kathi und ein Freund von Sönke da, so dass Celina nicht das Gefühl hatte, sie würde nun unbedingt verkuppelt werden, einfach weil es so eine gemütliche Runde war.
Kathi hatte tatsächlich Celina zuliebe sämtliche Gruselfilme verbannt, aber als sie zusammen mit ihr in der Küche eine Riesenportion Mikrowellenpopcorn für das richtige Kinogefühl fertig machte, fragte sie Celina dann doch ein wenig neugierig: „Du sag mal, rein aus Interesse, wieso magst du eigentlich keine Gruselfilme?“
Celina starrte auf die heiße Popcorntüte, die sie gerade vorsichtig öffnen wollte. Sie hatte keine Ahnung, was sie darauf sagen sollte. Konnte oder sollte sie wirklich über solche Dinge mit Kathi reden? Dinge, die sie viel lieber hinter sich lassen wollte ...
„Celina?“, fragte Kathi nach. „Alles in Ordnung?“
„Ähm, ja ...“ Celina schaute in Kathis irritiertes Gesicht.
„Irgendwann erklär ich es dir mal, ja?“
Kathi nickte, schaute Celina in die Augen und meinte dann:
„Okay, ich komm drauf zurück!“ Dann zwinkerte sie und grinste. „Du verbrennst dir gleich die Pfoten!“
Recht hatte sie! Celina ließ die heiße Tüte in die Schale fallen und grinste ebenfalls.
Später am Abend stellte Kathi eine Flasche Sekt auf den Tisch.
„Na, wer köpft die mit mir?“
„Gibt es irgendeinen Anlass?“, fragte Celina.
„Nein, einfach nur so“, meinte Kathi und holte ein Paar Gläser aus dem Schrank.
Ihre Arbeitskolleginnen tranken gern ein Glas mit, Celina verzichtete allerdings. Ihr war da nicht nach. Sönke entschied sich lieber für einen Whisky, ebenso wie Sven. So war die Stimmung insgesamt ein wenig angeheitert, als Sönke vorschlug, den alten Klassiker „Ghostbusters“ zu gucken.
Kathi blickte ein wenig unsicher zu Celina, aber mit diesem Film hatte sie kein Problem, so dass sie breit grinste.
„Das wäre doch mal ne Marktlücke“, fand Sönke während des Films, als die Geisterjäger mal wieder ein Gespenst einfingen.
„Nur dass Geister sich wohl kaum einfach einfangen lassen“, meinte Celina dazu und ärgerte sich sofort, dass ihr das rausgerutscht war, denn Sven schaute Celina neugierig an.
„Du glaubst an Geister?“, fragte er nach.
„Wer weiß ... ich meine ... es kann doch sein“, stotterte sich Celina zusammen.
„Stimmt!“, sagte Sven einfach nur.
Als es dann wirklich spät war und alle nach Hause wollten, bot sich Sönkes Freund an, die beiden Arbeitskolleginnen von Kathi zu fahren. Er hatte ja nichts getrunken.
„Dann fahr ich dich“, beschloss Celina kurzerhand und lächelte Sven zu.
Der nahm das Angebot sehr gerne an: „Von einem Engel gefahren werden. Wer könnte da schon nein sagen?“
Celina überging das Kompliment einfach und hoffte, dass er es dabei belassen würde.
Das tat er wirklich. Nur zum Abschied küsste er sie sanft auf die Stirn und stieg dann aus.
Montagmorgen. Verschlafen schaute Celina in den Badezimmerspiegel über dem Waschbecken. Sie hasste Montage.
Am liebsten wäre sie wieder ins Bett gekrabbelt und hätte sich die Decke über den Kopf gezogen. Wenn sie in dem Moment geahnt hätte, welcher Stein an diesem Tag ins Rollen kommen würde, dann hätte sie sich wahrscheinlich tiefer als tief im Bett vergraben, was ihr allerdings auch nichts genützt hätte.
Zuerst sah alles noch normal und friedlich aus, jedenfalls bis zum späten Vormittag.
Celina sortierte mit Isabell und Lydia Medikamente ein, Frau Evershagen war am Dauertelefonieren und Richard bediente vorne im Verkaufsraum die Kunden, wobei je nach Kundenaufkommen, die anderen mit aushalfen. Praktischerweise konnte man durch eine Glasscheibe direkt in den Verkaufsraum schauen, die von der anderen Seite dann jedoch nur als Spiegel zu sehen war. So hatten sie einen guten Überblick.
Als Richard etwas länger mit einem Kunden beschäftigt war und ein zweiter Kunde die Apotheke betrat, ging Isabell nach vorne. Celina warf nur einen flüchtigen Blick hoch, weil sie gerade ein neues Medikament im Schrank einordnete. Da stutzte sie. Wo war Lydia?
Sie entdeckte sie zeitgleich mit Frau Evershagen, die in dem Augenblick den Raum betrat. Lydia kauerte zitternd in einer Ecke auf dem Boden!
Bevor Celina und Frau Evershagen jedoch bei ihr waren, kam Isabell aus dem Verkaufsraum.
„Wo ist Lydia?“, fragte sie. „Jemand würde sie gerne sprechen.“
Sie folgte den Blicken der anderen und starrte erschrocken auf Lydia. Sprachlos schaute sie zu Celina.
„Sag, sie ist nicht da!“, sagte Celina schnell, weil sie bemerkt hatte, dass Lydia bei Isabells Worten noch ein wenig mehr zitterte und ihre Augen groß aufgerissen hatte.
„Ich ... ähm ... ja“, stotterte Isabell und ging zurück.
„Was um alles in der Welt ist passiert, Kindchen?“, fragte Frau Evershagen, während sie die total verängstigte Lydia aus ihrer Ecke hochzog.
„Wie konnte er mich nur finden?“, stieß Lydia fassungslos hervor und eine Träne rollte ihre Wange hinunter.
Celina und Frau Evershagen schauten bei dieser Frage fast automatisch zur Glasscheibe mit Blick in den Verkaufsraum.
„Dieser Mann dort?“, wollte Frau Evershagen wissen.
Auf der anderen Seite des Tresens bei Isabell stand ein recht gut aussehender Mann Anfang dreißig mit Anzug und Krawatte.
Lydia nickte und weitere Tränen liefen über ihr Gesicht.
„Ich ... ich war mit ihm zusammen“, stammelte sie. „Er ist ein Monster ... warum kann er mich nicht in Ruhe lassen ...“
Nachdem Isabell diesem Kunden nun offenbar das Aufgetragene gesagt hatte, verließ er die Apotheke.
„Was ist los?“, fragte Isabell, als sie nun wieder nach hinten kam.
„Ihr Ex“, erklärte Celina knapp und lief zum Seitenfenster, das einen guten Ausblick auf den Parkplatz hatte.
Nur wenige Momente später standen neben ihr auch Frau Evershagen und Isabell. Lydia traute sich nicht direkt an das Fenster, sie blieb stattdessen ein wenig zurück.
So sahen sie alle, wie dieser Mann in sein Auto, ein ziemlich teures BMW-Modell, stieg.
„Der stinkt ja vor Geld!“, meinte Frau Evershagen.
„Haargenau das habe ich auch gerade gedacht“, sagte Isabell.
Seltsamerweise hatte auch Celina genau diese Worte gedacht, sie sprach sie allerdings nicht aus.
Nachdem dieser Mann nun weggefahren war, kümmerte sich Frau Evershagen erst einmal um Lydia.
„So, Kindchen, setz dich und erzähl, was passiert ist“, gab sie sich betont fürsorglich.
„Kindchen ...“, raunte Isabell Celina zu und verdrehte die Augen.
Die zwinkerte ihr mit dem Hauch eines Grinsens zu. Offenbar fanden beide das Verhalten von Frau Evershagen ein klein wenig übertrieben.
„Er ist ein Monster!“, schluchzte Lydia. „Er lässt mich nicht in Ruhe ...“
„Was hat er getan? Was will er denn? Ward ihr denn lange zusammen?“, sprudelten die Fragen nur so aus Frau Evershagen heraus.
Lydia schniefte noch einmal, putzte sich dann die Nase und fing an zu erzählen: „Sein Name ist Nico Bartels. Er ist Finanzmakler und hat sehr viel Geld. Nebenbei malt er auch noch. So richtig mit Ausstellungen und so. Er glaubt, er darf alles und alles gehört ihm, was er will und wen er will. Wir waren nur sechs Monate zusammen, aber das war der echte Horror ...“
„Aber was will dieser Mann denn noch?“, fragte Frau Evershagen nach.
„Er kann es nicht verkraften, dass ich gegangen bin. Ich war in seinen Augen sein Besitz, etwas, mit dem er machen kann, was immer er will ...“
„Das heißt?“ Nun wurde auch Isabell neugierig.
„Er hat mich misshandelt, mich gedemütigt, wann immer er wollte“, schluchzte Lydia.
„Gut, dass du gegangen bist. Wie lange seid ihr auseinander?“, fragte Isabell.
„Das ist jetzt bald zwei Monate her“, antwortete Lydia zitternd, „aber für ihn sind wir immer noch zusammen ...“
„Aber da gibt es doch sicher Mittel und Wege, um ein solches Verhalten zu unterbinden“, meinte Frau Evershagen.
„Aber was?“, fragte Lydia. „Er findet mich immer.“
„Nun, Kindchen, vielleicht solltest du ihn anzeigen und eine Verfügung bei Gericht beantragen.“
„Anzeigen?“ Lydias große braune Augen wurden noch ein wenig größer.
„Du hast doch gesagt, er hätte dich misshandelt“, half Isabell ihr auf die Sprünge.
„Und eine einstweilige Verfügung des Gerichts würde ihn fernhalten“, ergänzte Frau Evershagen.
„Er hat viel Geld und viel Macht ...“, sagte Lydia niedergeschlagen.
„Das wird ihm auch nicht viel nützen in diesem Fall“, erklärte Frau Evershagen stur. „Morgen früh gehen wir beide zusammen zur Polizei und zum Gericht. Ich spreche das gleich mit dem Chef noch ab.“
Lydia nickte nur noch stumm. Der Tonfall von Frau Evershagen duldete keinen Widerspruch mehr. So fing alles an. Auch für Celina.
Celina schreckte aus dem Schlaf hoch. Sie hatte wohl irgendwas Merkwürdiges geträumt. Ihr Blick fiel auf den Wecker. Es war erst zwei Uhr morgens. Wo war Mikesch? Er lag sonst immer neben ihr. Sie beschloss, sich etwas zu trinken zu holen und gleichzeitig nach ihrem Kater zu sehen.
Nachdem sie ein großes Glas Wasser getrunken und in jedem Zimmer, einschließlich Bad, nachgeschaute hatte, fand sie Mikesch endlich hinter ihrer Couch. Als Celina ihn auf ihre typische sanfte Art rief, kam er sofort zu ihr.
„Du fühlst dich ganz kalt an, Mikesch“, sagte sie zu ihm, während sie ihn streichelte. „Warum bist du aber auch aus dem warmen Bett raus?“
Sie nahm ihn in den Arm und trug ihn zurück ins Schlafzimmer. Kaum hatte sie sich dann mit dem Kater aufs Bett gesetzt, schossen ihr ein paar Bilder ihres Traums wieder in den Sinn.
Da war dieser Mann mit dem Anzug, er stand einfach so da.
Einen Moment später sah sie, wie er vor einer großen Staffelei stand und malte, diesmal in Jeans und T-Shirt. Er war überall mit Farbe bekleckert, selbst sein blondes Haar.
Seltsamer Traum, fand Celina. An mehr konnte sie sich irgendwie nicht erinnern. Wie war noch der Name, den Lydia genannt hatte? Stimmt, Nico Bartels hatte sie gesagt.
Der Besuch ihres Ex in der Apotheke war jetzt ein paar Tage her. Frau Evershagen war tatsächlich mit Lydia zur Polizei gewesen und zum Gericht, gleich am Dienstag. Danach wirkte Lydia zwar immer noch ein wenig ängstlich, jedoch vergleichsweise zu vorher beinahe entspannt.
Jetzt war Samstagmorgen, Celina schaute auf den Wecker, genau 2.45 Uhr, und sie war irgendwie hellwach. Sie hatte diesen Samstag frei und konnte eigentlich ausschlafen. Um 10 Uhr wollte Kathi vorbeischauen zum Frühstücken. Sönke musste heute arbeiten. Bis dahin war noch lange Zeit zum Schlafen.
Celina murmelte sich wieder in ihre Bettdecke ein und machte die Augen zu. Wieder fingen ihre Gedanken an zu kreisen.
Dieser Mann, der dort in der Apotheke gestanden hatte, er war so ein richtig schlechter Mensch? Ein Monster? Er hatte gar nicht so auf sie gewirkt. Vielleicht arrogant, ja. Er hatte zweifellos viel Geld. Aber das? Was ihr immer noch seltsam vorkam, war dieser komische Zufall, dass sie alle drei, Frau Evershagen, Isabell und sie selbst auch, wortwörtlich den gleichen Gedanken hatten, als sie aus dem Fenster geschaut hatten. „Der stinkt ja vor Geld!“ war normalerweise eher nicht die Ausdrucksweise von Frau Evershagen. Es war schon irgendwie gruselig die gleichen Gedanken zu haben wie diese Frau.
Celina versuchte die Gedanken alle beiseite zu schieben und drehte sich anders hin. Mikesch hatte sich angekuschelt und sie kraulte sein Fell, was er mit einem zärtlichen Schnurren beantwortete.
Was für eine Art Mensch war das? Was ging in jemandem vor, der eine Frau nur als Besitz betrachtete und sich das Recht herausnahm, sie zu misshandeln wie es ihm beliebte?
Wieder versuchte Celina ihren Kopf endlich leer zu bekommen. Mit solchen Gedanken war an Schlafen nicht einmal ansatzweise zu denken. Müde fiel ihr Blick auf den Wecker: 3.20 Uhr! Genervt setzte sie sich auf, stand dann auf und ging in die Küche, um im Schrank nach Schokolade oder sowas zu suchen. Nachdem sie fündig geworden war, huschte sie nochmal zum Klo und kuschelte sich wieder ins Bett.
Sie würde jetzt nicht mehr versuchen zu schlafen, sondern einfach nur noch ein wenig ausruhen, das war ihr Plan. Und das war auch ihr letzter Gedanke, als sie nun doch ins Reich der Träume segelte.
Celina erwachte, weil Mikesch sie immer wieder anstupste.
„Hast du schon Hunger?“, murmelte sie verschlafen und blinzelte zum Wecker hinüber. „Ach du Scheibenkleister ...“
Ganz offensichtlich hatte sie ihren Wecker nicht gehört. Es war bereits 9.40 Uhr. In zwanzig Minuten würde Kathi schon da sein! Und Kathi war manchmal echt überpünktlich!
Kaffee kochen und Kater füttern machte sie irgendwie gleichzeitig. Dann wetzte sie ins Bad und wusch sich unter dem Wasserhahn die Haare. Duschen musste ausfallen, aber ungewaschene Haare gingen gar nicht. Während sie sich ihre schulterlangen braunen Haare mit dem Handtuch durchwuschelte, suchte sie schon aus dem Schrank ein paar Klamotten zum Anziehen zusammen. Sie war gerade in ihre Jeans geschlüpft, als es schon an der Tür klingelte. Ein Blick auf den Wecker bestätigte, was sie befürchtet hatte. Kathi war glatt 10 Minuten zu früh dran. Schnell streifte sie ihr T-Shirt über und wickelte sich das Handtuch um die feuchten, immer noch ungebürsteten Haare, bevor sie die Tür öffnete.
Es war tatsächlich Kathi mit einer Brötchentüte.
„Verschlafen?“, fragte sie mit einem Grinsen.
Celina zog eine Grimasse als Antwort.
„Okay, ich kümmere mich um den Kaffee und deck den Tisch“, sagte Kathi knapp.
Celina verschwand im Bad und bürstete erst einmal ihre widerspenstigen Haare.
Der Blick in den Spiegel zeigte ihr eindeutig, dass sie immer noch nicht wirklich wach war. Was war das nur für eine seltsame Nacht gewesen? Sie war tatsächlich doch noch eingeschlafen und sie war sich sicher, dass da wieder so merkwürdige Träume gewesen waren. Allerdings waren nur ein paar Bildfetzen da, an die sie sich erinnerte: Ein Bild von einem Schiff auf hohen Wellen, das er gerade malte, sein Gesicht, ganz ernst, mit Tränen, die ihm über die Wangen liefen, blutige Tränen.
„Ist alles in Ordnung?“, fragte Kathi besorgt, als Celina ins Wohnzimmer kam, wo der Tisch schon fast fertig zum Frühstücken gedeckt war.
„Ja“, antwortete Celina und holte die Kaffeebecher, die noch fehlten.
„Du bist ganz blass!“, sagte Kathi, als Celina sich nun setzte.
„Hab nicht so gut geschlafen“, erklärte Celina. „Das war eine sehr seltsame Woche ...“
Und sie erzählte Kathi von Lydia, von dem Besuch ihres Ex in der Apotheke und dass sie vollkommen aufgelöst gewesen war, von Frau Evershagens Reaktion und von ihrer Begleitung für Lydia bei Gericht und Polizei.
Kathi hörte sich alles ruhig an, ohne zu unterbrechen. Erst als Celina soweit geendet hatte, fragte sie: „Warum regt dich das aber alles so sehr auf, dass du nicht gut schläfst? Erstens gibt es bestimmt tausende solcher Typen und zweitens ist doch alles gut jetzt. Er wird sie bestimmt nun in Ruhe lassen.“
„Ich weiß es nicht“, sagte Celina schulterzuckend. „Ich hatte einfach nur einen merkwürdigen Traum.“
„Du glaubst, dass Träume eine Bedeutung haben?“, fragte Kathi.
„Ja, manchmal schon“, gab sie zu.
„Dann versuchen wir es doch mal mit Traumdeutung“, meinte Kathi grinsend. „Erzähl mal!“
Und Celina erzählte von der letzten Nacht, von Mikeschs seltsamem Verhalten und von den Traumbildern, an die sie sich noch erinnerte.
Als sie geendet hatte, schwieg Kathi eine Weile, dann meinte sie: „Wenn ich das deuten sollte, würde ich wahrscheinlich sagen, dass du ihn in irgendeiner Form für unschuldig hältst.
Die blutigen Tränen könnten ein Sinnbild dafür sein. Das mit Mikesch könnte eine Reaktion auf dein unruhiges Schlafen sein. Vielleicht war ihm das nicht geheuer.“
Celina zuckte nur mit den Schultern.
„Hast du mal geguckt, ob er bei Facebook ist? Nun bin ich ja ein wenig neugierig.“
„Auf die Idee bin ich noch gar nicht gekommen. Okay, schauen wir mal ...“
Da klingelte es an der Tür.
Celina ging hin, war aber schon nach wenigen Minuten zurück.
„War nur der Postbote, er hatte ein Päckchen für meinen neuen Nachbarn“, erklärte sie. „Lass uns jetzt wirklich mal bei Facebook gucken, ob es ihn dort gibt.“
Gesagt, getan. So saßen Kathi und Celina schon bald vor Celinas Computer und suchten bei Facebook.
„Da ist er tatsächlich!“, stellte Celina fest, als sie auf ein Profil mit einem Urlaubsfoto stieß, das einen relativ gut aussehenden Mann so um die dreißig lässig an eine Palme gelehnt zeigte.
Einige weitere öffentlich freigegebene Fotos waren Fotografien von seinen Bildern.
„Da sind ja wirklich Bilder von Schiffen und vom Meer mit dabei!“ Kathi schaute Celina mit einem sehr schrägen Seitenblick an. „Das ist gruselig ...“
„Ja ... manchmal bedeuten Träume eben doch etwas ...“
Celina und Kathi quatschten noch eine ganze Weile über Gott und die Welt. Der Frühstückstisch war gerade abgeräumt und Celina verstaute die Teller im Geschirrspüler, als es an der Tür klingelte.
„Gehst du mal?“, rief sie Kathi zu.
Kathi guckte erstmal durch den Spion.
„Da steht ein echt interessanter Mann vor der Tür“, flüsterte sie Celina zu.
„Das ist bestimmt mein Nachbar“, meinte die schmunzelnd, schob Kathi beiseite und öffnete.
„Hi“, begrüßte sie den Davorstehenden. „Eric Simonsen, nehme ich an?“
„Ähm ja, du, ähm, Sie haben ein Päckchen für mich?“ Der Mann, den Kathi interessant fand, hatte strohblonde, strupsige Haare und stahlblaue Augen.
„Du ist schon in Ordnung. Ich heiße Celina“, stellte sie sich vor und reichte ihm das kleine Päckchen, das zu groß für den Briefkasten gewesen war.
„Okay“, sagte er mit einem Lächeln und nahm es ihr ab.
„Könnte sein, dass da noch ein paar von kommen.“
„Wenn ich da bin, kein Problem“, antwortete sie.
„Na, mit dem bist du ja gleich ganz vertraut“, meinte Kathi, als er weg war.
„Stimmt“, grinste Celina. „Hab ihn schon ein paarmal flüchtig gesehen. Er ist in Ordnung.“
„Das weißt du? Einfach so?“
„Ja, irgendwie schon. Manchmal weiß man das einfach.“ Celina musste über Kathis ungläubigen Blick einfach nur lachen.
„Du bist aber vielleicht auch leichtsinnig“, meinte Kathi dazu.
„Ja, auch das bin ich manchmal“, gab Celina ihr augenzwinkernd Recht.
Wieder klingelte es. Kathi drängelte sich neugierig zum Spion.
„Hm, helles Blond ... aber ansonsten kleiner als dieser Eric und weiblich“, erzählte sie.
„Wer ...?“ Celina erwartete niemanden.
„Deine Arbeitskollegin Isabell, glaube ich.“ Kathi hatte Isabell schon mal kurz bei Celina gesehen.
Die öffnete ein wenig irritiert die Tür.
„Ach gut, dass du da bist!“, meinte Isabell und schneite förmlich herein.
„Was ist los?“, fragte Celina.
„Lydia ...“
„Die neue Arbeitskollegin ...“, warf Kathi ein.
„Sie weiß Bescheid“, erklärte Celina Isabell knapp. „Hab ihr alles von letzter Woche erzählt.“
„In Ordnung ...“ Isabell musste sich erst einmal setzen und durchschnaufen.
Dann erklärte sie: „Dieser Mann, der ihr nachstellt, gibt wohl anscheinend kein Ruhe. Heute hat Lydia von ihm eine SMS gekriegt, die sie total aus der Bahn geworfen hat. Sie ist heulend zusammengebrochen. Richard kümmert sich gerade um sie ...“
„Wegen einer SMS?“, fragte Celina ungläubig nach. „Was zum Geier stand denn da drin?“
„Ich habe sie gelesen. Lydia hat sie allen gezeigt. Da stand wortwörtlich: Ich freu mich drauf, dich wiederzusehen und meine Zähne in deine zarte Haut zu graben.“
„Na, das hört sich ja so richtig nett an!“, meinte Kathi mit extrem sarkastischem Unterton. „So viel dann zum Thema unschuldig ...“
„Hä?“ Isabell schaute von Kathi zu Celina und wieder zurück.
„Vergiss es einfach“, sagte Kathi.
„Wir müssen etwas tun!“, sprudelte Isabell einfach weiter hervor. „Es kann doch nicht sein, dass so ein mieser Kerl einfach ungestraft eine Frau fertigmachen darf, die sich nicht wehren kann.“
„Wenn es denn so ist ...“, wandte Celina ein. „Ich weiß, dass es genau so aussieht, trotzdem gibt es etwas, das mich stört.“
„Was denn?“, fragte Isabell neugierig.
„Sie hat von ihm geträumt!“, erklärte Kathi und verdrehte dabei die Augen. „Sorry, Celina, aber das sieht echt so aus, als wenn er einfach nur ein ganz abartiges Schwein ist.“
„Ach, denkt doch, was ihr wollt!“, sagte Celina ärgerlich.
Kathi schaute betreten zu Boden, während Isabell nun erst richtig neugierig wurde.
„Du hältst es für möglich, dass dieser Kerl unschuldig ist? Wie soll das gehen?“
„Ich weiß es nicht“, antwortete Celina, „aber ich finde Lydias Reaktionen einfach ein bisschen zu dramatisch. Der Typ ist gar nicht an sie herangekommen und sie hat gezittert wie Espenlaub. Und jetzt rastet sie vollkommen wegen ner SMS aus?“
Isabell erklärte daraufhin: „Sie hat erzählt, er hätte sie immer wieder gebissen, so richtig heftig, und daran seine sadistische Freude gehabt.“
„Ich find’s trotzdem total übertrieben!“, ließ Celina sich nicht von ihrer Meinung abbringen.
„Und nun?“, mischte sich Kathi ein. „Was wollt ihr oder was wollen wir nun machen?“
„Detektiv spielen!“, schlug Celina vor.
„Und wie?“, wollte Isabell wissen.
„Ich schreib ihn bei Facebook an? Wäre das ne Idee?“, fragte Celina.
Isabell und Kathi kriegten große Augen. „Aber nicht als du!
Das ist viel zu gefährlich!“, fand Kathi.
„Er ist bei Facebook?“ Isabell guckte ein wenig verwirrt.
„Ja, wir haben ihn vorhin gefunden“, erklärte Celina.
So hingen nun drei Nasen vor Celinas PC und schauten sich dieses Profil an.
„Er wirkt wirklich nicht so ...“, fand Isabell.
„Das kann täuschen!“, war Kathis Meinung.
„Kann er das nicht sehen, dass du geguckt hast?“, fragte Isabell vorsichtig nach.
Kathi und Celina antworteten gleichzeitig: „Nee, kann man nicht sehen.“
Wenig später gab es einen neuen Facebookaccount und zwei Zusatzaccounts als Unterstützung. Celina würde als Cora auftreten, Isabell sie als Caroline und Kathi sie als Christoph begleiten, indem sie ab und zu etwas bei ihr mit Gefällt-mir-Klicks bedachten oder posteten, damit ihr Profil glaubwürdiger erscheinen würde. Sie hofften inständig an alles gedacht zu haben, denn weder Kathi noch Isabell gefiel das mögliche Risiko, das Celina eingehen wollte.
„Was soll denn passieren?“, versuchte Celina die beiden zu beruhigen.
„Was ist, wenn er wirklich so gefährlich ist, wie Lydia sagt?“, konterte Kathi.
Celina ließ die Bedenken so im Raum stehen, streckte ihre Hand vor und Kathi und Isabell schlugen ein.
„Ein bisschen wie bei den drei Musketieren“, meinte Kathi grinsend, „unser Geheimnis!“
Erst am Sonntagnachmittag setzte Celina ihren Plan wirklich um, zum einen weil sie erst noch ein bisschen recherchieren wollte, besonders im Bereich Malerei, und zum anderen weil sie das alleine machen wollte, ohne dass ihr die beiden über die Schulter schauen würden. Wie sie herausgefunden hatte, hatte dieser Nico Bartels erst vor kurzem eine kleine Ausstellung seiner Bilder gehabt. Darauf würde sie sich beziehen, um ihn anzuschreiben.
Sie hatte die Nacht zuvor wieder merkwürdige Träume gehabt, auch wenn sie sich wieder nur an Bruchstücke erinnern konnte, so wusste sie dennoch, dass Lydia eine Rolle gespielt hatte.
„Na, dann will ich es mal versuchen ...“, meinte sie, als sie sich bei Facebook als Cora einloggte. Mikesch hatte sich neben die Tastatur gelegt und schnurrte zustimmend.
Ihre erste Nachricht an ihn kostete sie fast eine Stunde, bevor sie so einigermaßen zufrieden war, dass sie bereit war, sie abzuschicken: „Hallo, du kennst mich nicht, zumindest noch nicht. Ich war neulich auf der Ausstellung deiner Bilder und war sehr fasziniert. Besonders die Bilder vom Meer fand ich wunderschön, vielleicht auch wegen der ungewöhnlichen Farben, die du teilweise dafür verwendest. Ich male selber auch ein bisschen, aber nur als Hobby. Trotzdem habe ich da ab und zu mal eine Frage und würde mich freuen, mich mit jemandem austauschen zu können. Es wäre schön, eine Antwort von dir zu erhalten. Liebe Grüße, Cora.”
Als sie auf die Enter-Taste drückte, hoffte sie inständig, dass der Text, den sie verfasst hatte, gut genug sein würde.
Außerdem setzte sie noch einen oben drauf, indem sie Nico Bartels gleichzeitig einen Freundschaftsantrag schickte, damit er auf sie aufmerksam werden würde.
Sie fand seine Bilder tatsächlich toll und gemalt hatte sie auch mal, wenn sie das auch sehr selten mal tat. So hatte sie als Profilbild für diesen Account ein Bild gescannt, das sie aus einer alten Mappe hervorgekramt hatte. Es war die Bleistiftzeichnung einer Katze, die zwar schon ein paar Jährchen älter war, aber die sie immer noch für relativ gelungen hielt. Ein paar weitere Bilder, teilweise auch farbig, hatte sie ebenfalls hochgeladen und ein kleines Album dafür angelegt.
Ungefähr eine halbe Stunde, nachdem sie die Nachricht abgeschickt hatte, kam eine Antwort: „Hallo unbekannte Cora, natürlich gibt es die Möglichkeit sich auszutauschen, dein Profilbild sieht ganz gut aus, aber vielleicht gibt es die Möglichkeit mal ein Foto von dir selbst zu sehen? LG Nico.“
„Ach du Sch...!“, fluchte Celina. Daran hatte sie überhaupt nicht gedacht. Er würde sehen, dass sie die Nachricht gelesen hatte und dementsprechend eine Antwort erwarten.
Fieberhaft fing sie an, im Internet nach irgendeinem Bild von einer einigermaßen gut aussehenden Frau zu suchen, besser noch nach mehreren Fotos, kam ihr in den Sinn. Also durchforstete sie irgendwelche Modelseiten.
Gleichzeitig antwortete sie Nico Bartels: „Ja sicher gibt es die Möglichkeit, aber ich muss mal eben meine Speichersticks nach einem brauchbaren durchsuchen, ja?“
Zeit schinden war das einzige, das ihr dazu einfiel. Sie klickte sich durch eine Modelagentur und stutzte für einen Moment.
Da war eine Frau, die auf den ersten Blick aussah wie Lydia. Sie war es eindeutig nicht, aber dennoch war die Ähnlichkeit verblüffend.
„Kann ich nicht nehmen, die ist ihr von Typ her viel zu ähnlich.
Dann riecht er den Braten sofort!“, dachte sie laut. Mikesch maunzte zustimmend, so dass Celina lachen musste. „Ja, du hast Recht“, sagte sie und kraulte ihn.
„Schon ein Foto von dir gefunden?“, fragte Nico nach.
Er wurde offenbar ungeduldig. In dem Moment stieß Celina auf ein Model, das relativ natürlich wirkte. Es waren mehrere Fotos da und fast alle schienen in alltäglichen Situationen aufgenommen worden zu sein.
„Ja, ich habe gerade den richtigen Stick gefunden“, antwortete sie ihm und schnitt sich die Bilder dieses Models zurecht.
Dann wählte sie eines dieser Bilder aus und schickte es ihm.
Die Frau war recht hübsch, brünett und hatte blaue Augen.
Als Antwort bestätigte Nico Bartels ihre Freundschaftsanfrage.
„Sie scheint ihm zu gefallen“, murmelte Celina vor sich hin, was Mikesch wiederum mit einem Maunzen bedachte.
„Was möchtest du denn genau wissen?“, kam auf einmal von ihm.
„Alles mögliche aus dem Bereich Malerei“, antwortete Celina schnell, „z.B. ob du Ölfarbe oder Acrylfarbe bevorzugst.“
„Ich male meistens eher ganz klassisch mit Öl und du?“
„Ich eher mit Acryl, weil es bei Öl so lange dauert, bis es durchgetrocknet ist.“ Celina hatte sich, mal abgesehen von ihrem wenigen Wissen über Malerei, einigermaßen vorbereitet. So fachsimpelte sie mehr oder minder gekonnt mit Nico Bartels über dieses Thema.
Auf einmal fragte er: „Bist du schon mal gemalt worden?“
„Ähm nein ...“ Sie war irritiert.
„Denk mal darüber nach, ja? Ich würde das sehr gerne tun, wenn ich darf. Ich muss jetzt nochmal weg, würde mich freuen, wenn wir in den nächsten Tagen mal wieder schreiben.“
Damit verabschiedete er sich erst einmal.
Kaum war er offline, klingelte das Telefon und Kathi war dran.
„Hast du ihm schon geschrieben?“, wollte sie wissen.
Celina erzählte ihr die Kurzfassung.
„Was für eine blöde Anmache!“, meinte Kathi dazu. „Er will dich malen ...“
Celina konnte sich bildlich vorstellen, wie sie zu diesen Worten eine Grimasse zog.
„Das war keine Anmache, sondern sehr nett gemeint“, widersprach Celina. Ohne dass sie es hätte erklären können, wusste sie, dass es genau so war, wie sie gerade gesagt hatte.
„Ach nö, lass dich bloß nicht einlullen von ein paar billigen Komplimenten!“, seufzte Kathi.
Ärger kroch in Celina hoch. „Ich habe durchaus noch genug Verstand um zwischen billiger Anmache und wirklich netter Aufmerksamkeit zu unterscheiden!“
„Ist ja in Ordnung“, lenkte Kathi ein. „Ich find’s toll, dass du das tatsächlich soweit hingekriegt hast, obwohl ich mir nicht vorstellen kann, wie du etwas herausfinden willst.“
“Weiß ich auch noch nicht“, gab Celina zu. „Mal abwarten!“
Isabell hatte nicht übertrieben, als sie am Samstag gesagt hatte, Richard würde sich um Lydia kümmern. Genau das tat er, wie Celina am Montag feststellte, und das mehr als fürsorglich. Er war schon immer nett und zuvorkommend gewesen, aber das, was nun geschah, wirkte irgendwie seltsam, fand sie.
„Darf ich dir das abnehmen, Lydia?“, fragte er mehr als einmal und „Kann ich dir helfen?“ schien schon seine Standardfrage zu werden. Das kam nicht nur Celina mit der Zeit merkwürdig vor.
Irgendwann am späten Nachmittag, als Richard Lydia mal wieder einen Karton aus der Hand nahm, platzte Isabell genervt heraus: „Ist jetzt langsam gut, Richard?“
„Wieso? Was meinst Du?“, fragte er irritiert.
„Mir geht dieses Arschgepudere echt auf den Keks!“ Mit diesen Worten ließ sie beide stehen, machte auf dem Absatz kehrt und ging in den Verkaufsraum, in den gerade ein Kunde gekommen war.
Celina, die diese Szene mitbekommen hatte, konnte Isabells Reaktion gut nachvollziehen, zumal sie sich sicher war, dass Isabell insgeheim ein wenig für Richard schwärmte. Und Richard wirkte wirklich wie ein verliebter Gockel, jedesmal wenn er Lydia ansah.
Auf seinen vollkommen erstaunten Gesichtsausdruck achtete Celina jedoch kaum, sie fand Lydias Verhalten sehr viel interessanter.
„Aber ich habe doch gar nichts gemacht ...“, sagte sie und in ihren Augen standen Tränen. Ihre eine Hand hielt sie dabei hinter dem Rücken. Celina konnte diese Hand allerdings sehen, weil Lydia vor der Glasscheibe eines Schrankes stand, in der sie sich spiegelte. Ihre Hand war heimlich zu einer Faust geballt.
Celina hatte keine Zeit, lange darüber nachzudenken, denn ein Aufschrei aus dem Verkaufsraum schreckte sie auf. Isabell schrie wie am Spieß!
Sie alle liefen nach vorne. Der Kunde war schon weg und Isabell stand einfach da und schrie, während sie auf ihre Hand und eine offene Schublade starrte.
„Was ist los, Isabell?“, fragte Celina und rüttelte sie leicht am Arm.
„Eine Spinne, eine riesige Spinne ...“, stammelte sie.
„Eine Spinne?“, fragte Richard ungläubig. „Deshalb schreist du so?“
„Sie hat eine Spinnenphobie“, erklärte Celina knapp.
„Ich wollte die Probentütchen zurück in die Schublade legen“, erzählte nun Isabell, „da kam auf einmal eine riesige Spinne raus und ist mir direkt über die Hand gekrabbelt und dann auf den Boden gesprungen.“ Suchend schaute sie sich um. „Sie muss noch irgendwo sein.“
Celina mochte Spinnen auch nicht besonders und sah sich ebenfalls um.
„Wie groß war sie denn?“, wollte Richard wissen.
„So ...“ Isabell zeigte die Größe einer Vogelspinne an.
„So große gibt es hier doch gar nicht, du übertreibst!“, meinte Richard schmunzelnd.
„Ich übertreibe nicht!“, antwortete Isabell gereizt. „Ich weiß, was ich gesehen habe, sie war so groß und sie war pechschwarz.“
„Dann suchen wir hier besser alles ab“, schlug Celina vor und bewaffnete sich mit einer Zeitschrift, die sie aufrollte. „In welche Richtung ist sie abgehauen?“
Isabell zeigte grob auf die rechte Raumhälfte.
„Geh nach hinten, Isabell, und beruhig dich, wir machen das schon“, sagte nun auch Richard und zog eine große Taschenlampe aus einer anderen Schublade. „Damit können wir jeden Winkel ausleuchten.“
Lydia beteiligte sich ebenfalls an der Suche, während Isabell das wirklich lieber den anderen überließ. So machten sie sich im Verkaufsraum zu dritt auf die Suche nach der Riesenspinne.
Sie nahmen jeden kleinen Kasten beiseite, schoben jedes Regal ein Stückchen weiter und leuchteten in jede Ecke. Als sie mit der rechten Seite des Raumes fertig waren, nahmen sie sich die linke vor. Aber nirgends war auch nur eine winzige Spinne zu entdecken.
„Das gibt es doch gar nicht!“, meinte Richard. „Selbst wenn die Spinne nicht so groß war, müsste doch wenigstens irgendeine da sein.“
„Stimmt, sehe ich auch so“, fand auch Celina.
„Vielleicht hat sie sich das nur eingebildet?“, kam von Lydia.
Celina gefiel dieser Gedanke nicht und auch Richard schien das nicht zu mögen. „Glaub ich nicht!“, meinte er nur dazu.
Isabell wirkte jedoch recht mitgenommen, als sie wieder nach hinten gingen.
„Hey, was ist?“, fragte Celina.
„Weiß auch nicht, Kopfschmerzen irgendwie!“, antwortete Isabell.
Lydia warf einen bedeutsamen Blick zu Richard, den Celina allerdings mitbekam.
Tröstend legte sie den Arm um Isabell. „Ist ja bald Feierabend.
Was hältst du von einer Kopfschmerztablette?“
„Du hast hier fast die freie Auswahl“, meinte Richard grinsend, „ich spendier dir welche.“
Isabell nahm dankend an, doch am nächsten Tag kam sie nicht zu Arbeit, sondern meldete sich krank. Celina rief mittags mal an, um sich zu erkundigen, aber Isabell ging nicht ans Telefon.
Erst abends erreichte sie Isabell. Wie sich herausstellte, war aus den Kopfschmerzen eine heftige Migräne geworden, so schlimm, dass der Arzt Isabell für drei Tage krankgeschrieben hatte.
„Ich habe so etwas noch nie gehabt“, sagte Isabell kläglich, als sie mit Celina telefonierte. „Und ihr habt die Spinne wirklich nicht gefunden?“, fragte sie noch nach.
„Nein, wir haben alles abgesucht“, antwortete Celina bedauernd.
„Sie war aber wirklich da!“, beteuerte Isabell. „Ich habe sie auf meiner Hand gespürt, als sie ...“ Celina konnte bildlich vor sich sehen, wie Isabell sich schüttelte. Dann fuhr Isabell fort: „Sie war unglaublich schnell und ist irgendwo zwischen die Regale gelaufen.“
„Wir haben aber leider nichts gefunden“, wiederholte Celina noch einmal.
„Das ist gruselig!“, fand Isabell und sprach damit das aus, was Celina gerade dachte.
Nachdem Celina das Telefongespräch mit Isabell beendet hatte, ließ sie ihren PC hochfahren. Vielleicht hatte sie Glück und Nico Bartels wäre online. Am Tag zuvor war er das leider nicht. Sie konnte gar nicht sagen, was es war, aber sie mochte es einfach, mit ihm zu schreiben, auch wenn es bisher nur ein eher flüchtiger Eindruck war.
Kaum hatte sie sich eingeloggt, da sah sie, dass er tatsächlich online war!
Bevor sie überhaupt wusste, was sie schreiben sollte, begrüßte er sie schon: „Hallo Cora, na hast du schon drüber nachgedacht?“
„Auch hallo, was meinst du?“, fragte sie nach.
„Ich würde dich immer noch sehr gerne malen!“, schrieb er.
„Kannst du doch, wenn du willst, du hast doch das Foto von mir“, konterte sie.
Er schickte ihr als Antwort einen Zunge-rausstreck-Smiley. „Ich meine live!“
Celina wusste sehr wohl, dass er persönlich meinte, aber genau das ging ja nun nicht.
„Ich weiß noch nicht“, antwortete sie deshalb. „Was machst du sonst so außer Frauen malen?“
„Mit Zahlen jonglieren“, schrieb er zurück. „Ich bin Finanzmakler.“
„Ist das nicht ein bisschen langweilig?“, fragte Celina nach.
„Deswegen male ich zum Ausgleich“, erklärte er. „Was machst du denn so?“
Celina hatte diese Frage erwartet und sie wusste, dass sie keinesfalls schreiben konnte, sie würde in einer Apotheke arbeiten, denn sicherlich wusste er, dass Lydia das tat und würde eine Verbindung herstellen. Deshalb antwortete sie:
„Ich arbeite im Büro einer Versicherung, also auch ganz langweilig.“
„Dann weißt du ja, wie das ist mit dem Malen“, meinte er.
„Ja stimmt“, gab sie ihm Recht. „Kleinen Moment, ich schmeiß mir mal eben eine Pizza in den Ofen.“ Sie merkte nämlich, dass ihr Magen ganz furchtbar zu knurren anfing.
Als sie den Backofen angemacht hatte und wieder am Computer saß, stellte sie fest, dass Nico bereits etwas dazu geschrieben hatte: „Tiefkühlpizza?“
„Ja, ich bin keine gute Köchin“, gab sie zu. „Außerdem macht es keinen Spaß, nur für mich alleine zu kochen.“
„Ich koche gerne ab und zu“, meinte er. „Es macht aber wirklich keinen Spaß, nur für sich selber zu kochen. Vielleicht könnten wir das einfach mal gemeinsam machen, vorausgesetzt, du hast Lust dazu.“ Er zögerte kurz, dann schrieb er jedoch: „Im Moment geht das aber leider noch nicht, bin auf Schonkost.
Aus irgendeinem unerfindlichen Grund spielt mein Magen in letzter Zeit ein wenig verrückt. Aber sobald es mir besser geht, ja?“
Das versetzte Celina einen heftigen Stich, weil sie wusste, dass das nicht gehen würde.
„Das ist eine gute Idee!“, schrieb sie trotzdem. „Du bist Single?“
„Ja, schon eine ganze Weile“, antwortete er.
„Was ist bei dir eine ganze Weile?“, fragte Celina neugierig und hatte Lydias Angaben genau im Kopf. Sie war sechs Monate mit ihm zusammen gewesen und seit zwei Monaten getrennt, hatte sie erzählt.
„Na, du willst es aber genau wissen“, meinte er und setzte wieder den Zunge-rausstreck-Smiley dahinter.
Celina antwortete einfach nur mit einem grinsenden Smiley.
„Ungefähr ein Jahr müsste es jetzt sein“, schrieb er. „Und du?“
Das passte ganz eindeutig nicht zu Lydias Aussage! Jetzt wollte Celina es genau wissen! So antwortete sie: „Seit ein paar Monaten, aber er lässt mich nicht in Ruhe und stalkt mich.“
Nun war Celina gespannt, wie er reagieren würde.
„Was? Sowas geht ja gar nicht“, kam prompt von ihm. „Kannst du ihn nicht anzeigen?“
„Nein, möchte ich nicht!“ Das war das, was ihr spontan dazu einfiel.
„Was macht er denn?“, fragte Nico nach.
„Er schickt mir zum Beispiel dauernd eindeutige SMS ...“
„Dann hol dir doch einfach eine andere Handynummer, dann kann der Idiot dich nicht nerven!“, schlug er vor.
„Gute Idee! Da hab ich irgendwie gar nicht drüber nachgedacht!“, beendete Celina schnell das Thema. Sie hatte genug gelesen!
Nicht nur ihr Gefühl, sondern auch ihr Verstand sagte ihr, dass dieser Mann nicht so war, wie Lydia ihn beschrieben hatte.
Außerdem war Nicos Vorschlag gar nicht von der Hand zu weisen. Warum hatte Lydia sich nicht einfach eine andere Handynummer zugelegt?
„Meine Pizza ...“, schrieb sie, weil die Backuhr dauerpiepste. Sie hatte keine Lust auf dunkelcrosse Pizza. Leicht verschmortes Essen passierte ihr öfters.
Während sie ihre Pizza aus dem Ofen rettete, überlegte sie sehr genau, was sie wie noch fragen konnte, um der Sache auf den Grund zu gehen, aber ihr fiel in dem Moment nicht mehr dazu ein.
Stattdessen beschloss sie, einfach so noch ein bisschen mit ihm zu schreiben, zumal sie wusste, dass dies ihren Eindruck noch verstärken würde, dass dieser Mann nicht das angebliche Monster war, sondern ein sehr netter, aufgeschlossener Mensch.
Ein Maunzen weckte Celina. Sie schlug die Augen auf und starrte auf die dunkle Zimmerdecke. Ihr Gesicht war nass. Celina rieb sich über die Wange. Das war kein Schweiß sondern Tränen. Vollkommen aufgewühlt setzte sie sich auf. Dann machte sie die kleine Leselampe an.
Was war passiert? Was hatte sie geträumt? Mikesch kam schnurrend und kuschelnd bei ihr an. Er wusste immer, wenn es ihr nicht so gut ging.
Langsam formten sich aus ein paar Bruchstücken Bilder. Sie war in der Apotheke. Mitten im Verkaufsraum war ein Riss im Boden, der immer größer wurde. Auf einmal war es ein richtiges Loch im Boden und im nächsten Moment sah dieses Loch wie eine Art Strudel aus. Das lag daran, dass sich etwas aus dem Loch heraus bewegte und auch wieder hinein. Es war etwas Schwarzes. Dann wusste Celina plötzlich, was das Schwarze war: Es waren unzählige Spinnen, die sich alle ähnlich bewegten. Frau Evershagen war da und die Spinnen krabbelten auf ihr herum und zogen sie in das Loch wie in einen Sog. Celina schaute sich in der Apotheke um. Richard stand da an der Seite. Überall auf ihm liefen Spinnen herum, die ihn langsam zu dem Loch schoben. Sein Gesichtsausdruck war panisch. Celina wollte ihm helfen, streckte ihm die Hand hin, aber schon wurde er von ihr fortgerissen. Da bemerkte sie, dass auf dem Boden jemand lag, über und über mit diesen Spinnen bedeckt. Nur ganz kurz konnte sie das vollkommen geschockte Gesicht sehen. Es war Isabell. Celina wollte zu ihr laufen, aber sie war wie festgeklebt am Boden.
In dem Moment kam jemand in die Apotheke, auch jemand, auf den sich die Spinnen sofort stürzten. Es war Nico. Nun wurden Isabell und Nico fast zeitgleich zum Loch gezogen. Celina versuchte freizukommen und ihnen die Hände hinzustrecken, aber sie konnte nur zusehen, wie die beiden von der Schwärze verschlungen wurden. Das war der Traum. Celina wusste wieder alles. Allein die Erinnerung ließ neue Tränen über ihre Wangen rollen. Sie hatte all das nicht nur gesehen, sondern auch gefühlt: Diese Hilflosigkeit, diese Angst, die Panik von Richard, Isabell und Nico, die Verzweiflung.
„Ich muss mich beruhigen!“, sagte sie laut. „Es war nur ein Traum!“ Mikesch stimmte ihr mit einem Maunzen zu.
Sie stand auf und ging in die Küche, um sich etwas zu trinken zu holen. Die Phantomspinne, die Isabell gesehen hatte, war ein paar Tage her, genau vier Tage. Celina schaute auf die Uhr, die in der Küche hing. Es war drei Uhr morgens am Freitag.
Isabell würde heute und morgen wieder arbeiten, genau wie sie selber. Diesen Samstag hatte Lydia frei. Am Samstagabend wollte Celina sich mit Kathi und Isabell treffen, einfach nur so zum Dauerklönen.
Ihre Gedanken wanderten wieder zu dem Traum. Da waren ein paar Abstufungen drin, über die sie zuerst gar nicht gestolpert war. Als Frau Evershagen in den Sog gezogen wurde, hatte sie nichts gefühlt, bei Richard fand sie das wirklich schlimm, aber am schlimmsten war, als es Isabell und Nico traf. Sie hatte ohne Zweifel ein super Verhältnis zu Isabell, die nicht nur Arbeitskollegin, sondern inzwischen auch Freundin war. Wie passte das allerdings mit Nico? Eigentlich, genau betrachtet, kannte sie ihn doch kaum.
Mikesch riss sie aus ihren Gedanken, indem er sich an ihrem Bein hochstreckte und ein klein wenig seine Krallen spüren ließ.
„Ja, Mikesch!“, meinte Celina lachend. „Wenn ich schon in der Küche bin, muss auch ein Leckerli für dich drin sein.“
Nach dem Leckerli kuschelte sich Celina mit Mikesch wieder ins Bett, um noch ein wenig zu schlafen. Wider Erwarten schlief sie sofort ein.
Als sie erwachte, stellt sie fest, dass der Wecker schon eine ganze Weile versucht hatte, sie zu wecken. Das hieß: Echte Eile war angesagt!
Sie kam aber gerade noch pünktlich bei der Apotheke an. Isabell war fast gleichzeitig da, mindestens ebenso abgehetzt wie Celina.
„Verschlafen“, murmelte sie nur und warf ihre Jacke auf einen der Garderobenhaken.
„Du siehst immer noch furchtbar aus“, sagte Celina besorgt. „Geht es dir wirklich besser?“
„Ja, ich habe nur nicht so gut geschlafen“, antwortete Isabell ein wenig ausweichend.
„Wie jetzt?“, hakte Celina nach.
„Schlecht geträumt ...“, erklärte Isabell und setzte ein wenig verlegen hinzu: „Es mag albern klingen, aber tatsächlich von Spinnen.“
Celina ahnte Böses. „Sehr viele schwarze Spinnen, die Menschen in eine Art Strudel gezogen haben?“
Isabell riss überrascht und erschrocken die Augen auf. „Woher weißt du das?“
„Erklär ich dir später!“, raunte Celina ihr schnell zu, denn schon waren die anderen Kollegen in Sicht- und Hörweite. „Sag niemandem etwas davon.“
Isabell nickte nur.
Erst viel später, als beide zusammen ihre Mittagspause verbrachten und niemand in der Nähe war, sprach sie Celina darauf an: „Woher wusstest du, was ich geträumt habe? Wie geht das?“
„Ich war genauso erstaunt wie du“, begann Celina ihre Erklärung. „Ich hatte letzte Nacht nämlich auch einen Albtraum und offenbar den gleichen oder zumindest einen sehr ähnlichen wie du.“
„Das ist echt gruselig, wie kann das sein?“ Isabell schauderte.
„Keine Ahnung! Aber ich habe einen Verdacht!“, meinte Celina.
„Wir reden morgen Abend mal mit Kathi darüber. Mal sehen, was sie dazu sagt.“
Kaum hatte Celina am Samstagmittag Feierabend, da klingelte schon ihr Handy.
„Soll ich noch was mitbringen?“, war Kathis erste Frage am Telefon.
Celina antwortete: „Nee, brauchst du nicht ... außer Zeit. Wir müssen ein bisschen was besprechen.“
„Stimmt, Du hast ja gestern Abend am Telefon schon angedeutet, dass es irgendwas Neues gibt. Ich bin gespannt!“
Als nächstes kaufte Celina schnell ein, bevor sie endlich zu Hause ankam. Sie wollte schließlich noch ein klein wenig aufräumen. Mikesch begrüßte sie mit seinem üblichen schmeichelnden Schnurren.
„Du Meister aller Bettler!“, lachte Celina und gab ihm sein Begrüßungsleckerli.
Gleich nachdem er es verschlungen hatte, schnupperte er neugierig an der Einkaufstüte.
„Da ist nichts für dich drin“, sagte Celina zu ihm. „Aber wahrscheinlich riechst du die Baldriankapseln, die ich aus der Apotheke mitgebracht habe ... für den Fall der Fälle, falls ich mal wieder schlecht schlafe.“
Als es genau in dem Moment an der Tür klingelte, zuckte Celina zusammen. „Ja, und für mein angespanntes Nervenkostüm auch ...“, setzte sie noch hinzu, drehte sich um und öffnete die Wohnungstür.
„Hi!“ Mit einem breiten Grinsen stand ihr Nachbar Eric vor der Tür und streckte ihr eine Packung „Merci“ hin. „Weil du so oft Pakete für mich annimmst!“
„Das ist nett!“, freute sich Celina.
Plötzlich hörten beide ein Poltern und ein Fauchen aus der Küche. Bevor Celina irgendwie reagieren konnte, schoss Mikesch an ihr und Eric vorbei in den Hausflur.
„Was ... oh shit ... Mikesch!”, rief Celina.
„Deine Katze ist nach oben zum Dachboden hoch gelaufen“, meinte Eric ganz verdattert.
„Kater ...“, erklärte Celina knapp und rannte schon die Treppen hoch, dicht gefolgt von Eric.
Die Tür zu den Bodenräumen stand offen und von Mikesch war nichts zu sehen.
„Da hat schon wieder jemand die Bodentür aufgelassen!“, seufzte Celina genervt.
„Warum lässt man die offen?“, fragte Eric, der bereits neben ihr stand.
„Weil Frau Müller aus dem Erdgeschoss findet, das Treppenhaus müsste mehr gelüftet werden!“, erklärte Celina augenrollend. „Sprich sie besser gar nicht darauf an, sonst wird sie dir wegen jedem Kleinkram ein Gespräch ins Ohr drücken.“
Suchend schaute sie sich auf dem Dachboden um. Hier waren mehrere Holz- und Drahtverschläge für die einzelnen Mieter des Hauses.
„Dein Kater muss ja hier oben sein, dann mache ich jetzt aber die Tür zu, damit er nicht wieder durch das Treppenhaus ganz abhauen kann!“, meinte Eric.
„Gute Idee!“, fand Celina und ging in die Hocke, um das Sichtfeld von Mikesch nachzuempfinden.
Während dessen hatte Eric die Tür geschlossen und ging nun jeden einzelnen Verschlag ab.
„Also hier draußen auf dem Gang läuft er nicht herum“, stellte Eric fest. „Normalerweise kann er aber auch nicht in die einzelnen Abteilungen kommen. Da ist alles fest verschlossen.
Außer dieser hier ...“ Eric bückte sich bei einem der Verschläge.
„Schau, hier ist ein Loch im Drahtgitter, nicht sehr groß, aber bestimmt groß genug für eine Katze ... sorry ... Kater natürlich.“
Überrascht blickte Celina zu ihm. „Das ist meiner ...“ Eilig wühlte sie in ihren Taschen nach ihrem Schlüsselbund. Als sie den passenden Schlüssel gefunden und aufgesperrt hatte, war ein abgrundtiefes Knurren zu hören.
„Was ist das?“, fragte Eric verwundert.
„Das ist Mikesch, mein Kater ... das macht er fast nie ...“
Vorsichtig näherte sie sich dem Knurren. In einer Ecke standen ein paar Kisten und Kartons mit einer Decke darüber, unter der sich etwas ganz leicht bewegte. Ganz langsam zog Celina die Decke herunter. Hinter einer Kiste von der Größe ungefähr zweier Schuhkartons kauerte Mikesch. Sein ganzer Körper wirkte sehr angespannt.
„Mikesch, hey ...“, sagte sie zärtlich, ging in die Hocke und streckte ihre Hand hin.
Plötzlich schnellte seine Tatze vor und aus dem Knurren wurde ein Fauchen. Celina starrte wie vom Donner gerührt auf ihren Arm, auf dem sich ein langer Kratzer abzeichnete, der sich langsam rot färbte. Ein Blutstropfen lief ihren Unterarm hinunter und fiel auf den Boden.
„Lass mich das machen“, sagte Eric, der auf einmal neben ihr stand und sie beiseite zog.
Sein Blick fiel auf die Kiste, hinter der sich Mikesch verkrochen hatte. Oben auf dem Deckel war ein fünfzackiger Stern, ein Pentagramm, eingebrannt.
„Interessante Kiste ...“, meinte er, „dein Kater scheint zu wissen, dass das ein Schutzsymbol ist ...“
Celina schaute ihn erstaunt an. Nicht nur, dass Mikesch sich tatsächlich genau hinter dieser Kiste versteckte, Eric schien zu wissen, was das für ein Symbol war. Das war eher selten, wie sie wusste.
Eric lächelte ihr kurz zu und konzentrierte sich dann auf den verschreckten Kater. Seine Hand tastete nach der Decke, die halb auf der Kiste lag. Mit einer blitzschnellen Bewegung warf er die Decke über den Kater und packte zu. Eine Mischung aus Knurren und Fauchen machte sehr deutlich, was Mikesch davon hielt, aber Eric hatte ihn fest gepackt, so dass er nicht ausbüxen konnte.
„Schnell nach unten!“, sagte Eric. „Lange kann ich ihn so nicht halten! Der Bursche hat Kraft!“
„Ja, natürlich ...“ Celina war überrascht von Erics schnellem Erfolg, stolperte hinter ihm her, ließ noch schnell das Schloss von ihrem Verschlag einrasten und lief dann mit ihrem inzwischen heftig blutenden Arm hinter ihm die Treppe hinunter.
In ihrer Wohnung blieb Eric auf dem Flur unsicher stehen.
„Wohin?“ Mikesch hatte sich halb losgezappelt.
„Schlafzimmer“, gab Celina die Anweisung und zeigte ihm wo.
Eric warf die Decke samt Kater auf das Bett und schloss schnell die Zimmertür.
Wie Celina dann sah, hatte auch er ein paar kleinere Kratzer an den Armen abbekommen.
„Desinfektionsspray für Verletzungen ist im Badezimmer“, sagte sie und war schon auf dem Weg dorthin. Das Pflaster war leider im Schlafzimmer. Da weder Eric noch Celina es für sinnvoll hielten, die Tür zu früh zu öffnen, ging Eric in seine Wohnung, um welches zu holen. Gleich darauf kam er mit einem Verbandskasten wieder.
„Dreht er öfters mal so durch?“, fragte er, während er Celina ein großes Pflaster auf den Arm pappte.
„Nein, nie ...“, antwortete sie.
„Irgendetwas muss ihn aufgebracht haben“, meinte er.
„Er war zuletzt in der Küche“, sagte sie und warf dort einen Blick rüber.
Auf dem Boden lag die umgekippte Einkaufstasche. Eine kleine Papiertüte aus der Apotheke lag daneben. Das war die Tüte mit den Baldriankapseln. Lydia hatte ihr die herausgesucht und hineingetan. Mit großen Buchstaben stand darauf: Gute Besserung!
Lydias Schrift. Warum nur hatte sie das da drauf geschrieben?
„Ich denke mal, das vielleicht?“ Eric nahm die Apothekentüte hoch. „Ein seltsamer Geruch vielleicht.“
„Das ist nur Baldrian, normalerweise stehen Katzen da eher drauf“, erklärte sie.
„Austesten!“, schlug Eric vor.
Celina nickte. Nun wollte sie auch wissen, ob es das war.
Vor der Schlafzimmertür hielt er sie zurück und meinte: „Lass mich ... wenn ich darf!“
„Ja, ist okay!“, gab sie ihre Zustimmung.
Eric ging hinein und schloss die Tür gleich wieder hinter sich.
Celina wartete auf dem Flur. Kurz darauf hörte sie etwas Poltern und eine Art Aufjaulen. Gerade wollte sie nachsehen, ihre Hand lag schon auf der Klinke, da wurde die Tür wieder geöffnet und Eric schlüpfte schnell wieder hinaus.
„Mach gleich wieder zu!“, sagte er und drückte schon selbst die Tür ins Schloss.
„Was war?“, fragte sie nach.
„Nun, offenbar war es weniger der Baldrian, der ihn aufgeregt hat“, erklärte er und drückte ihr die Tablettenschachtel in die Hand. „Es war das hier!“ Eric hielt die total zerfetzte Papiertüte hoch. Das „Gute Besserung“ war glatt in der Mitte zerteilt worden.