Chefarzt Dr. Norden 1153 – Arztroman - Jenny Pergelt - E-Book

Chefarzt Dr. Norden 1153 – Arztroman E-Book

Jenny Pergelt

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Beschreibung

Die Krankenschwester Marie und Armin van Mergen sind seit einigen Monaten ein Liebespaar, und Armins dünkelhafte Eltern sind überhaupt nicht glücklich darüber. Trotzdem verspricht Armin ihr, sie schon bald seinen Eltern vorzustellen, und Marie hofft auf eine Einladung zum sechzigsten Geburtstag Frederik van Mergens. Zwar zweifelt Marie manchmal an Armins Liebe zu ihr, aber sie verdrängt die trüben Gedanken nur zu bereitwillig. Außerdem hat sie andere Sorgen: Seit einigen Tagen glaubt sie, von einem Unbekannten verfolgt zu werden. Das macht ihr Angst, und sie erzählt Armin davon, der ahnt, dass seine Eltern dahinterstecken. Doch er lacht Marie nur aus. Am nächsten Tag bemerkt Marie ihren "Schatten" wieder, flüchtet vor ihm, stürzt und wird verletzt in die Behnisch-Klinik eingeliefert. Marie ist traurig, weil sie nun nicht zu Frederik van Mergens Geburtstagsparty kann. Doch Fee und Daniel Norden, die ebenfalls eingeladen sind, nehmen sie auf ein, zwei Stunden mit, und keiner ahnt, dass das Schicksal nun Gelegenheit hat, die Karten völlig neu zu mischen … Über Nacht war der Winter noch einmal mit frostigen Temperaturen zurückgekehrt. Der feine Regen, der am frühen Morgen begonnen hatte, verwandelte den kalten Boden sofort in eine spiegelglatte Eisschicht. Allen, die nun zur Arbeit eilten, bescherte das eine unfreiwillige Rutschpartie. "Das hat uns gerade noch gefehlt", schimpfte Daniel Norden, als er mit seiner Frau vor der Behnisch-Klinik aus dem Wagen stieg. "In der Notaufnahme werden wir es heute bestimmt haufenweise mit Glätteopfern zu tun bekommen." "Nun sieh mal nicht gleich so schwarz, Dan. Vielleicht wird's gar nicht so dramatisch. Gegen Mittag hat die Sonne den ganzen Spuk bestimmt wieder weggetaut." "Bis dahin kann viel passieren", unkte Daniel mürrisch. Felicitas lächelte ihrem Mann aufmunternd zu. Leider schien das diesmal nicht zu helfen. Das Glatteis war nicht das einzige Problem, mit dem sich ihr Mann derzeit herumschlagen musste. Seit einer Woche herrschte in München die Grippe. Noch war es zu früh, um von einer Epidemie zu sprechen. Dazu waren die Erkrankungszahlen nicht hoch genug, außer in der Behnisch-Klinik. Hier hatte es inzwischen viele Mitarbeiter erwischt. In allen Abteilungen war es zu einem gefährlichen Personalnotstand gekommen. Die wenigen Pflegekräfte und Ärzte, die es noch nicht getroffen hatte, arbeiteten bereits bis an ihre Grenzen.

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Leseprobe: Vorwiegend heiter

Professor Dr. Egidius Sonntag ist ein wahrlich ungewöhnlicher Chefarzt, überaus engagiert, aber auch mit kleinen menschlichen Fehlern behaftet. Sie machen diese schillernde Figur ganz besonders liebenswert, aber auch verletzlich. Manchmal muss man über ihn selbst den Kopf schütteln, wenn er etwa den 15. Hochzeitstag vergisst und seine an Brustkrebs erkrankte Ehefrau töricht vernachlässigt. Er tut dies nicht aus Lieblosigkeit, aber er ist auch nicht vollkommen. Dr. Sonntag ist der Arzt, der in den Wirren des Lebens versucht irgendwie den Überblick zu behalten – entwaffnend realistisch geschildert, aber nicht vollkommen. Diese spannende Arztserie überschreitet alles bisher Dagewesene. Eine Romanserie, die süchtig macht nach mehr!

Chefarzt Dr. Norden – 1153 –

Sie hatte das Vertrauen verloren

Katja war ein gebranntes Kind

Jenny Pergelt

Über Nacht war der Winter noch einmal mit frostigen Temperaturen zurückgekehrt. Der feine Regen, der am frühen Morgen begonnen hatte, verwandelte den kalten Boden sofort in eine spiegelglatte Eisschicht. Allen, die nun zur Arbeit eilten, bescherte das eine unfreiwillige Rutschpartie.

»Das hat uns gerade noch gefehlt«, schimpfte Daniel Norden, als er mit seiner Frau vor der Behnisch-Klinik aus dem Wagen stieg. »In der Notaufnahme werden wir es heute bestimmt haufenweise mit Glätteopfern zu tun bekommen.«

»Nun sieh mal nicht gleich so schwarz, Dan. Vielleicht wird’s gar nicht so dramatisch. Gegen Mittag hat die Sonne den ganzen Spuk bestimmt wieder weggetaut.«

»Bis dahin kann viel passieren«, unkte Daniel mürrisch.

Felicitas lächelte ihrem Mann aufmunternd zu. Leider schien das diesmal nicht zu helfen. Das Glatteis war nicht das einzige Problem, mit dem sich ihr Mann derzeit herumschlagen musste. Seit einer Woche herrschte in München die Grippe. Noch war es zu früh, um von einer Epidemie zu sprechen. Dazu waren die Erkrankungszahlen nicht hoch genug, außer in der Behnisch-Klinik. Hier hatte es inzwischen viele Mitarbeiter erwischt. In allen Abteilungen war es zu einem gefährlichen Personalnotstand gekommen. Die wenigen Pflegekräfte und Ärzte, die es noch nicht getroffen hatte, arbeiteten bereits bis an ihre Grenzen. Lange würden sie diese hohe Belastung nicht aushalten können. Sollten auch sie noch ausfallen …

Daniel Norden wusste, was das bedeuten würde. Er müsste alle planmäßigen Operationen absagen und könnte neue Patienten nur noch als Notfälle aufnehmen. Die Routineabläufe würden zum Erliegen kommen. Für die Klinik bedeutete das eine wirtschaftliche Katastrophe. Doch für ihn als Arzt mit Leib und Seele war es noch viel schlimmer. Er liebte seinen Beruf mit jeder Faser seines Körpers. Die schreckliche Vorstellung, Menschen, die medizinische Hilfe bräuchten, abweisen zu müssen, war für ihn kaum zu ertragen und sorgte für manche schlaflose Nacht.

Ein kurzer, schriller Schrei, den Fee an seiner Seite ausstieß, riss ihn aus seiner Grübelei und ließ ihn blitzschnell reagieren. Er griff nach dem Arm seiner Frau und verhinderte so, dass sie stürzte, als sie auf der vereisten Fläche ins Rutschen kam.

»Genau das meinte ich!« Daniel zog seine Liebste dicht an sich heran. »So wie dir wird es heute auch anderen ergehen. Und nicht alle haben dann das Glück, einen starken Mann an ihrer Seite zu haben, der sie auffängt und Schlimmeres verhindert.«

Fee lachte und gab ihrem Mann einen Kuss. »Vielen Dank, mein Lebensretter.« Sie strich ihm sanft über seine Wange. »Mach dir nicht so viele Gedanken, Dan. Das ist doch nicht die erste Grippesaison, mit der wir es zu tun haben. Wir werden auch mit dieser klarkommen. Außerdem klingt jede Grippewelle auch irgendwann wieder ab.«

»Dann wollen wir mal hoffen, dass das bald geschieht, bevor hier alles zusammenbricht.«

Daniel betrat mit Fee die Lobby der Klinik.

Die vielen zusätzlichen Ständer mit Desinfektionsmittel zeugten davon, dass in der Behnisch-Klinik das Ansteckungsrisiko sehr ernst genommen wurde. Für die Mitarbeiter war die jährliche Grippeimpfung ohnehin eine Selbstverständlichkeit, um sich und auch andere vor einer Ansteckung zu schützen.

Doch in diesem Jahr hatte der Impfstoff nicht die erhoffte Wirkung gehabt. Dem Virenstamm, der für die vielen Erkrankungen verantwortlich war, konnte er nichts anhaben.

Fee gab ihrem Mann einen Abschiedskuss und winkte ihm noch einmal zu, bevor sie sich eilig auf den Weg in die Pädiatrie machte. So unbekümmert, wie sie sich Daniel gegenüber gab, war sie nämlich nicht. Mit jeder neuen Krankmeldung, die auf ihrem Tisch landete, wuchsen auch ihre Sorgen. Doch während Felicitas Norden nur für ihr kleines Reich in der Kinderabteilung zuständig war, hatte es ihr Mann ungleich schwerer. Ihm unterstand die ganze Klinik mit all ihren Abteilungen. Und für alle trug er die Verantwortung.

Stirnrunzelnd warf Daniel einen Blick auf seine Uhr, als er das Vorzimmer zu seinem Büro betrat und den verwaisten Schreibtisch von Elvira Fischer, seiner Assistentin, erblickte. Auch hier lief nicht alles so, wie er es sich gewünscht hätte. Seit sechs Wochen war Frau Fischer nun Herrin über das Vorzimmer des ­Klinikchefs. Und genauso lange wünschte er sich sehnlichst seine alte Assistentin zurück, die zu ihrer kranken Mutter nach Berlin gezogen war, um sie zu pflegen. Was er an ihr Gutes gehabt hatte, merkte er erst jetzt so richtig. Sie war die ordnende Hand gewesen, hatte im Hintergrund die Fäden gezogen und dafür gesorgt, dass die Welt des Klinikchefs nicht im Chaos versank. Manchmal hatte er sie im Scherz als wandelnden Terminkalender bezeichnet. Akribisch hatte sie darauf geachtet, dass er keinen Termin verpasste und immer pünktlich war. Von all den anderen vielen Dingen, die sie unermüdlich erledigt hatte, ganz zu schweigen. Nein, Daniel Norden, der Chefarzt der bedeutenden Behnisch-Klinik, hatte wirklich keine Ahnung, wie es ohne sie weitergehen sollte.

Auf die Schnelle einen kompetenten Ersatz zu finden, hatte sich als unmöglich erwiesen. Da es leider an passenden Bewerbern mangelte, war die Wahl schließlich auf Frau Fischer aus der Buchhaltung gefallen. Eine Notlösung, wie man ihm versichert hatte, über die weder sie noch Daniel besonders glücklich war. Doch vorerst war keine andere in Sicht.

Frau Fischer hielt leider nicht viel von Ordnung oder von festen Arbeitszeiten. Gleitarbeitszeit, lautete das Schlagwort. So kannte sie es aus der Buchhaltung und so sollte es für sie auch hier weiterlaufen. Daniel wusste nie, wann sie im Büro erscheinen würde. Unwillig schüttelte er den Kopf. Jeder kam und ging, wie es ihm passte? Woanders mochte das ja funktionieren, aber in einer Klinik?

Seufzend zog er sich um. Es sah nicht so aus, als würde sein Leben in absehbarer Zeit einfacher werden.

Er hatte kaum seinen weißen Arztkittel angezogen, als er die Tür hörte.

»Guten Morgen«, rief seine Assistentin zu ihm hinüber.

»Guten Morgen, Frau Fischer«, begrüßte er sie freundlich, als er zu ihr ins Vorzimmer ging. Doch der Anblick, der sich ihm hier bot, ließ das Lächeln auf seinen Lippen gefrieren. Elvira Fischer stützte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht an ihrem Schreibtisch ab und humpelte mühsam zu ihrem Stuhl. Ein feiner Schweißfilm war auf ihrer blassen Haut zu sehen, als sie sich stöhnend setzte.

»Um Himmels willen, was ist denn mit Ihnen passiert?«

Elvira winkte ab. »Ach, nichts Weltbewegendes. Ich bin nur ausgerutscht, als ich aus dem Haus kam, und habe mir dabei irgendwie das Knie verrenkt. Ich ahnte doch nicht, dass der Gehweg vereist war.« Sie strich behutsam über ihr schmerzendes Bein. »Anfangs tat es gar nicht so weh, aber mit jedem Meter, den ich zurücklegte, wurde es schlimmer.«

»Sie sind das ganze Ende gelaufen?«, fragte ihr Chef fassungslos.

»Ja, das hat ewig gedauert. Ich musste ständig kleine Pausen einlegen und kam nur sehr langsam voran.«

»Ich würde mir das gern mal ansehen, Frau Fischer.« Daniel wartete keine Antwort ab, sondern widmete seine Aufmerksamkeit sofort ihrem Bein. Schnell erkannte er, dass er es nicht mit einer Lappalie zu tun hatte, die mit ein wenig Schonung von allein verschwinden würde. Das Knie war angeschwollen und in seiner Beweglichkeit bereits stark eingeschränkt. Die leisen Schmerzenslaute, die seine Assistentin während der Untersuchung ausstieß, waren ebenfalls kein gutes Zeichen.

Daniel unterdrückte ein gequältes Aufstöhnen. Ausgerechnet heute musste sich Frau Fischer in aller Frühe auf den Weg in die Klinik machen. In ein oder zwei Stunden würde die Glätte sicher vorbei sein. Dann wäre sie hier heil angekommen, doch nun …

Seufzend griff er zum Telefon. »Jetzt organisiere ich erst mal einen Rollstuhl und lass Sie zum MRT bringen.«

»Aber nein! Das muss nun wirklich nicht sein! Ich bin mir sicher, dass die Schmerzen schnell wieder verschwinden werden.«

»Und was macht Sie da so sicher?«, fragte Daniel seufzend. »Weder Sie noch ich können in Ihr Knie hineinschauen. Das Knie ist ein kompliziertes Gelenk mit vielen Bändern und Sehnen. Meine Untersuchung lässt leider vermuten, dass Ihr Knie Ihnen den kleinen Ausrutscher übelgenommen hat. Ich würde auf eine Meniskusläsion tippen, aber sicher wissen wir das erst mit dem MRT-Befund.«

»Aber…«, versuchte Elvira erneut zu protestieren. Doch sie brach ab, als ihr Chef am Telefon zu sprechen begann und eine Schwester mit einem Rollstuhl herbat. Wortlos verfolgte sie, wie er anschließend in der Radiologie anrief und ihr Kommen ankündigte. Ein mulmiges Gefühl machte sich in ihr breit. Was sollte bloß werden, wenn der Chef recht hatte? Womöglich würde sie sogar operiert werden und müsste hier in der Klinik bleiben.

»Wenn ich mein Bein ein wenig hochlege und ihm eine kleine Pause gönne, gehen die Schmerzen bestimmt wieder weg«, schniefte sie leise, als Daniel den Hörer auflegte.

Er setzte sich auf ihre Schreibtischkante. »Ja, das wäre durchaus möglich, Frau Fischer. Aber genauso gut wäre es möglich, dass es doch ernsthaft verletzt ist und wir nur wertvolle Zeit verlieren.« Daniel sah, wie ihre Mundwinkel bei seinen Worten weiter nach unten wanderten. »Kopf hoch, Frau Fischer, vielleicht ist es ja doch nicht so schlimm«, sagte er entgegen seiner Überzeugung.

»Und wenn es nun doch der Meniskus ist?«, fragte sie so zaghaft und leise, dass Daniel sie kaum verstehen konnte. Bisher kannte er sie nur als resolute und selbstbewusste Frau. Sie plötzlich so ängstlich und scheu zu sehen, überraschte ihn.

»Darüber unterhalten wir uns, wenn wir es genau wissen. Alles andere wäre jetzt nur wilde Spekulation. Lassen Sie uns doch bitte erst mal abwarten, was bei der Untersuchung herauskommt.«

»Ach herrje« Sie wedelte mit einer Hand in Richtung Schreibtisch. »Wer soll denn bloß meine ganze Arbeit machen?«

Daniel schluckte schnell die Bemerkung hinunter, die ihm auf der Zunge lag, als er den überquellenden Schreibtisch seiner Assistentin sah. Ein heilloses Durcheinander aus Akten, losen Blättern, schmutzigen Kaffeetassen und leeren Kekspackungen blickte ihm entgegen. Er war froh, als Schwester Inga mit dem Rollstuhl in der Tür erschien und er so um eine Antwort herumkam.

»Bringen Sie Frau Fischer bitte zum MRT. Dr. Heinrich wartet schon. Ich komme gleich nach.«

*

Zusammen mit seinem Chef sah sich Dr. Nils Heinrich, der Chefradiologe der Behnisch-Klinik, die MRT-Aufnahmen auf dem Bildschirm an.

Mit seinen zwei Metern Körperlänge und der Statur eines amerikanischen Rugbyspielers schien er das gesamte Untersuchungszimmer auszufüllen. Neben ihm wirkte selbst die rundliche Frau Fischer klein und zierlich.

Sein tiefer Bass dröhnte durch den Raum, als er augenzwinkernd zu ihr sagte: »Da haben Sie aber ganze Arbeit geleistet, Frau Fischer. Ihren Meniskus hat es zerfetzt, als wäre er auf eine Landmine gefallen.« Dabei lachte er, als hätte er einen besonders guten Witz gemacht.

»Herr Kollege«, mahnte Daniel leise. Ärgerlich runzelte er die Stirn. Es wurde mal wieder Zeit, mit seinem schwergewichtigen Chefradiologen über einfühlsame Patientengespräche zu reden. Mit seiner lockeren Redensart und dem schrägen Humor verunsicherte er die Patienten oft. So auch Frau Fischer, die in ihrem Rollstuhl saß und sorgenvoll zu Heinrich aufblickte. Natürlich hatte der mal wieder keine Ahnung, was seine saloppen Sprüche anrichteten.

An seinen Chef gewandt, sagte er immer noch glucksend: »Schon gut, schon gut. Ich weiß ja, ich übertreibe es mal wieder. Also dann, viel Spaß beim Flicken. Falls sich der ganze Aufwand überhaupt noch lohnt.«

Bevor ihn Daniel erneut ermahnen konnte, hatte er mit einer Schnelligkeit, die man ihm gar nicht zutraute, das Zimmer verlassen.

»So schlimm?«, fragte Elvira Fischer angstvoll ihren Chef, nachdem sich die Tür hinter Heinrich geschlossen hatte.

»Keine Sorge, Frau Fischer. Es gibt wahrlich Schlimmeres.« Mit einem Stift zeigte Daniel auf eine Stelle des Bildschirms. »Sehen Sie das hier? Das ist Ihr Innenmeniskus.«

Elvira nickte, obwohl sie sich nicht sicher war, dass sie ihrem Chef folgen konnte. Für sie war das da auf dem Bildschirm nur ein großes Durcheinander in unterschiedlichen Schattierungen und Grautönen, aber nichts, was sie für einen Innenmeniskus gehalten hätte.

»Sie müssen sich das Knie so stark verdreht haben, dass er eingerissen ist«, fuhr ihr Chef fort.

»Eingerissen? Dr. Heinrich meinte, er wäre zerfetzt.«

Daniel seufzte leise. »Dr. Heinrich neigt manchmal zu Übertreibungen. Am besten vergessen Sie einfach, was er gesagt hat. Es ist wirklich nur eine ganz normale Meniskusläsion.«

»Und was kann man da machen?«

»Ganz genau kann das erst während der Arthroskopie gesagt werden. Aber so wie es auf den Bildern aussieht, werden wir ein Stück des Meniskus entfernen müssen.«

»Es muss also wirklich operiert werden?« Frau Fischer klang weinerlich. Schon waren die ersten Tränen in ihren Augen zu sehen, und auf ihren Wangen bildeten sich hektische rote Flecken.

Schon als ganz junger Arzt hatte Daniel gelernt, wie wichtig eine umfassende Aufklärung der Patienten war. Sie mussten verstehen, was in ihrem Körper vor sich ging und warum so manche unangenehme Maßnahme erforderlich war. Nur so konnte ein gutes Vertrauensverhältnis zwischen einem Arzt und seinem Patienten entstehen. Dass das nötig war, damit eine Behandlung zum Erfolg führte, hatte er in seinem langen Berufsleben oft genug erfahren.

Gerade bei überängstlichen Patienten wie Frau Fischer war das besonders wichtig. Deshalb nahm er sich für seine Patientengespräche mehr Zeit als andere Ärzte. Selbst wenn sie – so wie heute – knapp bemessen war.