Chefarzt Dr. Norden 1209 – Arztroman - Jenny Pergelt - E-Book

Chefarzt Dr. Norden 1209 – Arztroman E-Book

Jenny Pergelt

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Beschreibung

Dr. Daniel Norden weilt zum Jahresausklang bei einem todkranken Patienten in der Behnisch-Klinik. Der Wetterdienst hat eine stürmische Silvesternacht angekündigt, in der auch mit einigen heftigen Windböen zu rechnen sei. Fee und Anneka sind auf dem Weg zu Freunden. Anneka wurde von ihrem alten Freund Raik Simon eingeladen. Fee setzt Anneka in Irschenberg ab und fährt zu ihren Freunden weiter. Später in der Nacht will sie Anneka wieder abholen. Anneka wünscht sich derweil, sie hätte Raiks Einladung nie angenommen. Er sieht in Anneka nur eine gute, alte Freundin. Seit einigen Wochen ist er in einer festen Beziehung mit Janine, die ihn an diesem Abend begleitet. Anneka fühlt sich völlig fehl am Platz. Ihr gefallen weder die Party noch die anderen Gäste. Daniels Patient stirbt kurz nach Mitternacht. Fee verabschiedet sich gegen zwei von ihren Freunden. Der Wind hat inzwischen deutlich an Stärke zugenommen und ist zu einem ordentlichen Sturm angewachsen. Auf der Fahrt zu Anneka hat Fee einen Unfall und kommt von der Straße ab. Die Neujahrsnacht hat es in jeder Hinsicht in sich ... Anneka Norden räumte ihren Schreibtisch auf und summte dabei die Weihnachtsmelodie mit, die leise aus dem Radio zu hören war. Sie liebte die Adventszeit und alles, was mit ihr zusammenhing: süße Plätzchen, gefühlvolle Weihnachtslieder, Lichterglanz und bunten Weihnachtsschmuck. Doch vor allem liebte sie diese wunderbare, heimelige Atmosphäre, die nur dieser besonderen Zeit vorbehalten war und die sich in ihr Herz schlich und dort, mindestens bis Neujahr blieb. Ihre Schreibtischplatte war leer und blank poliert. Nur der kleine Weihnachtsengel, den sie dort nach dem ersten Adventswochenende aufgestellt hatte, stand noch an seinem Platz. Obwohl heute Annekas letzter Arbeitstag in diesem Jahr war, brachte sie es nicht fertig, ihn schon jetzt in einen kleinen Pappkarton zu verstauen, wo er bis zum nächsten Advent ausharren müsste. Das Alten- und Servicezentrum, in dem Anneka seit mehr als einem Jahr als Sozialberaterin arbeitete, hatte über die Festtage geschlossen und nahm erst nach Neujahr den Betrieb wieder auf. Hier würde sich also niemand mehr an der weihnachtlichen Dekoration erfreuen können. Deshalb wäre es eigentlich das Klügste, schon jetzt den gesamten Weihnachtsschmuck, den sie oder ihre Kolleginnen hier verteilt hatten, wegzuräumen. Sie nahm den Engel in die Hand und streichelte ihm mit dem Zeigefinger über den Kopf, um ihn dann an seinen alten Platz zurückzustellen. »Du bleibst hier stehen und hältst die Stellung, bis ich am dritten Januar zurückkomme«, sagte sie so warm und liebevoll, als würde sie mit einem sehr vertrauten, lebendigen Wesen sprechen. »Es wird wirklich Zeit, dass du Urlaub machst und mal wieder unter Menschen kommst«, hörte Anneka plötzlich ein amüsiertes Lachen hinter sich. »Ich mache mir Sorgen, wenn du mit der Weihnachtsdeko plauderst.« »Ich spreche nur mit meinem Engel«, lächelte Anneka. »Und das auch nur noch heute. Ab morgen ist Schluss damit.« Sie drehte sich zu ihrer Chefin um.

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Chefarzt Dr. Norden – 1209 –

Die Fee und der Sturm

Was in der Neujahrsnacht geschah

Jenny Pergelt

Anneka Norden räumte ihren Schreibtisch auf und summte dabei die Weihnachtsmelodie mit, die leise aus dem Radio zu hören war. Sie liebte die Adventszeit und alles, was mit ihr zusammenhing: süße Plätzchen, gefühlvolle Weihnachtslieder, Lichterglanz und bunten Weihnachtsschmuck. Doch vor allem liebte sie diese wunderbare, heimelige Atmosphäre, die nur dieser besonderen Zeit vorbehalten war und die sich in ihr Herz schlich und dort, mindestens bis Neujahr blieb.

Ihre Schreibtischplatte war leer und blank poliert. Nur der kleine Weihnachtsengel, den sie dort nach dem ersten Adventswochenende aufgestellt hatte, stand noch an seinem Platz. Obwohl heute Annekas letzter Arbeitstag in diesem Jahr war, brachte sie es nicht fertig, ihn schon jetzt in einen kleinen Pappkarton zu verstauen, wo er bis zum nächsten Advent ausharren müsste.

Das Alten- und Servicezentrum, in dem Anneka seit mehr als einem Jahr als Sozialberaterin arbeitete, hatte über die Festtage geschlossen und nahm erst nach Neujahr den Betrieb wieder auf. Hier würde sich also niemand mehr an der weihnachtlichen Dekoration erfreuen können. Deshalb wäre es eigentlich das Klügste, schon jetzt den gesamten Weihnachtsschmuck, den sie oder ihre Kolleginnen hier verteilt hatten, wegzuräumen.

Sie nahm den Engel in die Hand und streichelte ihm mit dem Zeigefinger über den Kopf, um ihn dann an seinen alten Platz zurückzustellen. »Du bleibst hier stehen und hältst die Stellung, bis ich am dritten Januar zurückkomme«, sagte sie so warm und liebevoll, als würde sie mit einem sehr vertrauten, lebendigen Wesen sprechen.

»Es wird wirklich Zeit, dass du Urlaub machst und mal wieder unter Menschen kommst«, hörte Anneka plötzlich ein amüsiertes Lachen hinter sich. »Ich mache mir Sorgen, wenn du mit der Weihnachtsdeko plauderst.«

»Ich spreche nur mit meinem Engel«, lächelte Anneka. »Und das auch nur noch heute. Ab morgen ist Schluss damit.« Sie drehte sich zu ihrer Chefin um. »Wie kommst du eigentlich darauf, dass ich zu wenig unter Menschen komme?« Mit einer ausladenden Handbewegung wies sie auf den großen Raum, den sie sich mit fünf Kolleginnen teilte. Zwischen den einzelnen Schreibtischen standen halbhohe Trennwände, die nur eine schwache Illusion von Ungestörtheit oder Privatsphäre vermittelten.

Heute war es hier ausgesprochen ruhig gewesen. Anneka und Diana hatten den späten Nachmittagsdienst übernommen. Das Telefon hatte kaum geklingelt und nicht ein einziger Besucher hatte sich in den letzten Stunden hier blicken lassen. Das sah sonst ganz anders aus.

»Wir führen hier jeden Tag Dutzende von Beratungen durch, hängen fast ständig am Telefon und hetzen von einem Meeting zum anderen«, sagte Anneka. »An Kontakten mangelt es mir nun wirklich nicht.«

»Du weißt genau, dass ich keine Klienten oder Kollegen meinte.« Diana Breitsprecher drohte ihr zum Spaß mit dem Zeigefinger.

Sie war die Leiterin des Servicezentrums und somit Annekas Chefin. Obwohl Diana mit ihren vierundfünfzig Jahren mehr als doppelt so alt war wie ihre junge Mitarbeiterin, verstanden sich die beiden Frauen blendend.

»Besuchst du deine Familie über Weihnachten?«

»Natürlich.« Anneka lächelte in Vorfreude auf die nächsten Tage. »Ein Weihnachtsfest ohne meine Eltern oder Geschwister kann ich mir gar nicht vorstellen.«

»Das wird sich vielleicht ändern, wenn du erst mal eine eigene Familie hast.«

Anneka schüttelte zweifelnd den Kopf. »Das kann ich mir nicht vorstellen. Für mich ist Weihnachten das Fest der Familie; und meine Eltern, meine Brüder oder meine Schwester werden immer ein Teil davon sein. Auch dann, wenn ich eine Eigene habe. Meine Familie wird dann größer werden, nicht kleiner. Schließlich kommt die Verwandtschaft meines künftigen Ehemannes auch noch dazu.«

Diana wurde gleich hellhörig. »Dein künftiger Ehemann?«, fragte sie neugierig nach und setzte sich auf Annekas Schreibtischkante. »Ist denn schon jemand in der engeren Auswahl?«

»Nein, noch immer nicht«, seufzte Anneka übertrieben laut. »Wenn es so wäre, wüsstest du es doch längst. Du wärst die Erste, der ich von ihm erzählen würde.«

»Das will ich aber auch schwer hoffen. Als Chefin sollte ich über das Privatleben meiner Mitarbeiterinnen immer bestens Bescheid wissen.«

»Als meine Chefin musst du nicht alles wissen«, widersprach Anneka. Dann fügte sie lächelnd hinzu: »Aber als eine Freundin, die mir viel bedeutet und die ich sehr schätze.«

Ehe Anneka wusste, wie ihr geschah, fand sie sich in Dianas Armen wieder. »Ach, danke, das hast du aber lieb gesagt.«

»Liebe Worte für eine liebe Chefin und Freundin.«

»Nochmals danke«, schniefte Diana.

»Weinst du jetzt etwa wirklich?«, fragte Anneka erschrocken.

Diana winkte ab und blinzelte schnell die kleinen Tränchen fort, die sich in ihren Augenwinkeln gesammelt hatten. »Ich bin nur ein bisschen rührselig. Das ist zu Weihnachten nun mal so.«

»Ja, das stimmt. Mir geht es genauso. Mir hilft es dann, mit meinem Porzellanengelchen zu sprechen.« Sie zwinkerte Diana zu. »Kleiner Tipp von mir: Das solltest du auch mal versuchen.«

»Keine Chance«, erwiderte Diana lachend. »Für meine rührseligen Momente habe ich meinen Mann.« Diana imitierte Anneka und zwinkerte jetzt ihrerseits. »Kleiner Tipp von mir: Das solltest du auch mal versuchen.« Als Anneka losprustete, verbesserte sie sich hastig: »Damit meinte ich natürlich nicht meinen Mann. Der gehört nur mir. Such dir gefälligst einen Eigenen.«

»Als wenn das so einfach wäre.« Anneka war seit einiger Zeit Single. Zu lange, wie sie meinte. Sie sehnte sich nach der großen Liebe und einer glücklichen Beziehung, wie sie ihre Eltern hatten. Doch bislang war nichts davon in Sicht. »Vielleicht treffe ich ja im nächsten Jahr meinen Traummann«, überlegte sie lächelnd. »Es könnte nicht schaden, ihn mir vom Christkind zu wünschen.«

»Schreib doch mal einen Wunschzettel. Womöglich klappt es dann endlich mit dem Mann deiner Träume.«

Anneka stimmte in das fröhliche Lachen ihrer Chefin ein, bis ihre Augen an der großen Wanduhr über der Eingangstür hängen blieben. »Schon nach sechs«, erschrak sie. »Jetzt muss ich aber wirklich los. Ich muss noch ein paar Besorgungen machen, bevor ich mich ganz der Festtagsstimmung hingeben kann.«

»Besorgungen?«, fragte Diana nach.

»Nur ein paar Kleinigkeiten. Die Geschenke habe ich längst zusammen. Aber ich möchte meiner Mutter noch einen schönen Weihnachtsstrauß mitbringen, wenn ich morgen hinfahre.«

Anneka warf ihrem Weihnachtsengel einen letzten liebevollen Blick zu, bevor sie sich von Diana mit einer Umarmung und den besten Wünschen fürs Fest verabschiedete. Dann lief sie los und reihte sich draußen in den Menschenstrom ein, der an diesem Vorweihnachtsabend die Innenstadt belebte und von einem Geschäft zum nächsten hetzte.

›Von wegen ruhig und besinnlich‹, dachte Anneka und versuchte, sich nicht von dem Einkaufswahnsinn und der allgemeinen Hektik und Geschäftigkeit anstecken zu lassen. Im Grunde hatte sie alles, was sie brauchte. Sie plante vorausschauend und erledigte ihren Weihnachtseinkauf nicht in der allerletzten Minute. Sie musste jetzt nur noch ein paar Blümchen kaufen. Mehr nicht.

*

Und trotzdem fand sie sich keine zehn Minuten später in einem der großen Kaufhäuser Münchens wieder. Sie hatte sich von der Kauflust der anderen anstecken lassen und durchstreifte nun die Gänge, um die Auslagen zu bewundern.

In der Luft hing ein verführerischer Duft nach Zimtplätzchen, Marzipan und Anis; aus den Lautsprechern klangen Weihnachtslieder, die Anneka schon als kleines Kind heiß und innig geliebt hatte. Sie konnte gar nicht anders, als sie mit einem verträumten Lächeln mitzusummen, während sie eine besonders hübsche Glaskugel oder einen filigranen Weihnachtsstern bewunderte.

»Da scheint ja jemand in der rechten Weihnachtsstimmung zu sein.«

Als Anneka hochschaute, blickte sie direkt in das lachende Gesicht von Raik Simon.

»Raik! Wie schön, dich hier zu treffen! Machst du deine letzten Weihnachtseinkäufe?«

»Nicht nur die Letzten, es sind vielmehr die Ersten.«

»Einen Tag vor Heiligabend? Zu dieser Sorte Mensch gehörst du also?«, zog ihn Anneka auf.

»Bei dir hört sich das an, als wären die Menschen, die ihre Weihnachtsgeschenke auf den letzten Drücker kaufen, eine besondere Spezies.« Raik zuckte die Schultern. »Ich habe es einfach nicht früher geschafft. Uns fehlen im Pflegedienst mehrere Leute, und ich muss ständig Sonderschichten schieben, damit die Patienten nicht zu kurz kommen. Und das noch zusätzlich zu meiner eigentlichen Arbeit als PDL.«

»Tut mir leid, das zu hören«, bedauerte Anneka ihre flapsige Bemerkung. Sie wusste doch, wie eingespannt Raik in seinem Job war. Er arbeitete als PDL, also als Pflegedienstleiter, in einem Pflegedienst. Anneka hatte ihn im letzten Jahr kennengelernt, als sie sich um die ambulante Weiterversorgung eines Patienten der Behnisch-Klinik kümmern musste. Sie hatte nach jemandem gesucht, der die Medikamentengabe des älteren Mannes übernahm. Dabei war sie auf Raiks Pflegedienst gestoßen.

Sie hatten sich auf Anhieb verstanden und viele Gemeinsamkeiten entdeckt. Er gefiel Anneka. So sehr, dass sie eine Zeit lang dachte, aus ihnen könnten mehr als nur gute Freunde werden. Doch nach ihrer ersten Verabredung war sie sich dessen nicht mehr so sicher gewesen. Mit Ende zwanzig war Raik nur ein paar Jahre älter als sie. Er war witzig, warmherzig und immer bestens gelaunt. Doch wenn sie sich sahen, vermisste sie dieses besondere Prickeln und die Schmetterlinge in ihrem Bauch. Der Funken war einfach nicht übergesprungen. Schlimmer noch: Diesen Funken der Leidenschaft und Liebe hatte es zwischen ihnen nie gegeben.

Sie trafen sich ein paar Male, verbrachten Zeit miteinander und lernten sich kennen – aber nicht lieben. Gute Freunde wurden sie. Nicht mehr, aber zum Glück auch nicht weniger. Gute Freunde waren viel wert, fand Anneka. Von ihnen konnte man nie genug haben.

»Wie sieht’s aus?«, fragte Raik. »Hast du Lust auf einen Kaffee? Oder einen Glühwein?«

Nur Minuten später standen sie draußen an einem Glühweinstand mit einem dampfenden Becher in ihren Händen. Beide hatten sich für eine alkoholfreie Variante entschieden, weil Raik noch zum Dienst musste.

»Erst um acht«, erklärte er Annika. »Ich habe einer Kollegin die späten Patienten abgenommen, damit sie früher Feierabend machen kann.«

»Das ist nett von dir. Aber ich hoffe, dass du dabei nicht zu kurz kommst.« Etwas besorgt musterte sie ihn. Raik sah erschöpft aus. Dunkle Schatten lagen um seine braunen Augen, die heute etwas müde dreinschauten. »Kann es sein, dass du dir ein bisschen zu viel zumutest?«, fragte sie vorsichtig.

»Vielleicht ist es im Moment tatsächlich etwas heftig. Aber was soll ich machen? Die Patienten müssen nun mal versorgt werden.« Er lächelte ihr beruhigend zu. »Ich schaffe das schon, Anneka. Es gibt also keinen Grund, sich meinetwegen den Kopf zu zerbrechen. Ab Januar wirds etwas leichter für mich werden. Dann fangen zwei neue Schwestern bei uns an, und ich kann mich aus der Pflege zurückziehen und mich wieder meinen Leitungsaufgaben widmen.«

»Es ist ein Ende in Sicht?«

»Ja, Weihnachten muss ich noch voll durchziehen, aber das stört mich nicht besonders. Mir ist es wichtiger, an Silvester und Neujahr frei zu haben.«

»Du willst also ins neue Jahr hineinfeiern.«

Raik nickte. »Ich wurde zu einer Party eingeladen. Wir treffen uns mit einem Haufen Leute in einem schicken Wochenendhaus in der Nähe von Irschenberg. Ich freue mich schon riesig darauf. Und was hast du Silvester vor?«

»Ich werde den Silvesterabend sehr ruhig und höchstwahrscheinlich allein verbringen. Es ist niemand da, mit dem ich feiern könnte. In diesem Jahr haben scheinbar alle die Idee gehabt, Silvester auswärts zu verbringen. Du kennst doch meine Freundin Rosa …« Sie wartete kurz Raiks Nicken ab und fuhr dann fort: »Wir hatten letztes Jahr zusammen gefeiert und wollten das eigentlich auch dieses Mal so machen. Aber dann haben sich ihre Pläne kurzfristig geändert. Ihre zukünftigen Schwiegereltern haben eine Skihütte gemietet, in der sie nun gemeinsam feiern werden. Und bei meinen anderen Freunden sieht’s ähnlich aus. Entweder sind sie irgendwo im Urlaub oder bei der Verwandtschaft.«

»Und deine Familie?«

»Meine Eltern sind bei Bekannten eingeladen, und meine Geschwister …« Anneka hob eine Hand, um sie alle an den Fingern abzuzählen. »Bei meinem großen Bruder Danny wirds wegen der Babys keine Party geben. Seine Praxis und die Zwillinge halten ihn so sehr auf Trab, dass er wahrscheinlich lange vor Mitternacht auf dem Sofa einschläft.« Anneka streckte den zweiten Finger in die Höhe. »Felix arbeitet als Lotse am Flughafen und hat als Neuer dieses Jahr den Silvesterdienst. Und die beiden Jüngsten, Dési und Janni, feiern mit ihren Freunden. Sie hätten sicher nichts dagegen, wenn ich mich ihnen anschließen, aber dafür fühle ich mich nun doch schon etwas zu alt.«

Raik lachte. »Euch trennen doch nur vier Jahre, wenn ich das richtig in Erinnerung habe.«

»Immerhin.« Anneka sah ihn ohne Bedauern an. »Egal, mich stört’s nicht, am Silvesterabend allein vor dem Fernseher zu hocken.«

Raik überlegte kurz. »Wir könnten zusammen feiern, wenn du als meine Begleitung mitkommst. Mark, der die Party ausrichtet, wird nichts dagegen haben. Er meinte, je mehr Gäste, umso besser sei die Stimmung.«

»Ich weiß nicht so recht …« Anneka behagte der Gedanke nicht, zu einer Feier zu gehen, auf der sie bis auf Raik niemanden kannte. Noch nicht einmal den Gastgeber. Und dass Raik sie als seine Begleitung dabei haben wollte, löste zusätzliches Kopfzerbrechen bei ihr aus. Was hatte seine Einladung zu bedeuten? Erhoffte er sich plötzlich mehr als Freundschaft von ihr?

Raik nahm Annekas Hand und sah sie bittend an. »Anneka komm mit. Du wirst sehen, es wird eine tolle Party werden. Wir haben uns in diesem Jahr kaum gesehen, und dass wir uns jetzt zufällig über den Weg gelaufen sind, ist bestimmt ein Zeichen.«

»Ein Zeichen?«, fragte Anneka verblüfft. »Was will uns dieses Zeichen denn sagen?«

»Na, was wohl? Dass wir unbedingt zusammen ins neue Jahr feiern sollen.«