Cotton Reloaded: Nemesis - 1 - Gabriel Conroy - E-Book

Cotton Reloaded: Nemesis - 1 E-Book

Gabriel Conroy

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Beschreibung

COTTON RELOADED - NEMESIS: Der Beginn einer neuen Ära!

Das G-Team droht zu zerbrechen: Mr. High wurde suspendiert, Philippa Decker sitzt in der Todeszelle, und im Verborgenen lauert ein mächtiger Feind. Um zu überleben und sein Team zu retten, muss Cotton jede Regel brechen. Aber welchen Preis wird er dafür zahlen?

Härter, schneller, explosiver: So haben Sie Cotton noch nie gelesen!

ÜBER DIESE FOLGE

Cotton läuft die Zeit davon. Philippa Decker wurde zum Tode verurteilt. Noch sieben Tage bis zur Giftspritze. Cotton ist der einzige, der noch versucht, die Unschuld seiner Ex-Partnerin zu beweisen. Das FBI hat Philippa längst fallen gelassen. Als alle Hoffnung umsonst scheint, stößt Cotton endlich auf eine Spur - die ihn bis nach Moskau führt. Wird er dort tatsächlich Beweise für Philippas Unschuld finden? Oder ist er in eine tödliche Falle getappt?

COTTON RELOADED - NEMESIS besteht aus sechs Folgen. Die Serie erscheint als eBook und Audio-Download (ungekürztes Hörbuch). COTTON RELOADED ist das Remake der erfolgreichsten deutschen Romanserie JERRY COTTON.

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Seitenzahl: 153

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Inhalt

Cover

Cotton Reloaded: NEMESIS – Die Serie

Über diese Folge

Das G-Team

Über die Autoren

Titel

Impressum

Widmung

Was bisher geschah …

Prolog

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

In der nächsten Folge

Cotton Reloaded: NEMESIS – Die Serie

Der Beginn einer neuen Ära!

Das G-Team droht zu zerbrechen: Mr. High wurde suspendiert, Philippa Decker sitzt in der Todeszelle, und im Verborgenen lauert ein mächtiger Feind. Um zu überleben und sein Team zu retten, muss Cotton jede Regel brechen. Aber welchen Preis wird er dafür zahlen?

Härter, schneller, explosiver: So haben Sie Cotton noch nie gelesen!

COTTON RELOADED – NEMESIS besteht aus sechs Folgen. Die Serie erscheint als eBook und Audio-Download (ungekürztes Hörbuch). COTTON RELOADED ist das Remake der erfolgreichsten deutschen Romanserie JERRY COTTON.

Über diese Folge

Cotton läuft die Zeit davon. Philippa Decker wurde zum Tode verurteilt. Noch sieben Tage bis zur Giftspritze. Cotton ist der einzige, der noch versucht, die Unschuld seiner Ex-Partnerin zu beweisen. Das FBI hat Philippa längst fallen gelassen. Als alle Hoffnung umsonst scheint, stößt Cotton endlich auf eine Spur – die ihn bis nach Moskau führt. Wird er dort tatsächlich Beweise für Philippas Unschuld finden? Oder ist er in eine tödliche Falle getappt?

Das G-Team

Das G-Team ist eine Spezialeinheit des FBI, die bei besonders schwierigen Fällen eingesetzt wird. Offiziell existiert die Einheit nicht. Sollte einer der Agenten gefangen oder getötet werden, werden FBI und Regierung jegliche Kenntnis bestreiten.

Die wichtigsten Mitglieder des G-Teams:

Jeremiah Cotton ist Mitte dreißig und stammt aus einem Kaff namens Grinnell, Iowa. Als er seine Familie bei den Anschlägen am 11. September 2001 im World Trade Center verliert, entschließt er sich, Polizist zu werden. Er fängt als Streifenpolizist beim NYPD an, doch schon bald wird er als Quereinsteiger ins G-Team berufen – was nicht allen gefällt.

Philippa Decker ist Cottons Senior-Partnerin und in vielem sein genaues Gegenteil. Sie ist etwas älter als Cotton, kühler und berechnender als er. Ihr Vater ist der schwerreiche Rüstungsunternehmer Graham Decker, doch man sollte nicht den Fehler begehen, Philippa für ein verwöhntes Töchterchen zu halten.

John D. High ist der ehemalige Special Agent in Charge (SAC) und Chef des G-Teams. In Folge 50 (»Tödliches Finale«) wird er suspendiert, als sein Team der mächtigen Geheimorganisation »Die Hand Gottes« zu nahe kommt.

Deborah Kleinman: Die neue Special Agent in Charge des G-Teams. Eine eiskalte Karrieristin – was nicht heißt, dass sie ihren Job nicht gut macht.

Steve Dillagio ist Agent des G-Teams. Ein raubeiniger Ex-Soldat – schlagfertig, manchmal gewalttätig, doch stets loyal seinem Team gegenüber.

Zeerookah: Der ehemalige Hacker mit indianischen Wurzeln ist der IT-Spezialist des G-Teams.

Joe Brandenburg ist kein Mitglied des G-Teams, sondern Detective beim NYPD. Dort war er Cottons erster Partner als Streifenpolizist.

Über die Autoren

Gabriel Conroy ist das Pseudonym eines in Los Angeles lebenden Autors. Er studierte in Kalifornien Film und Journalismus und arbeitete lange in der Filmbranche. Unter seinem echten Namen schreibt er Romane und Artikel, übersetzt Bücher und unterrichtet Deutsch. Als Gabriel Conroy lebt er seine Vorliebe für Pulp, Thriller, Horror und Heftroman-Stories aus.

Timothy Stahl, in den USA geboren, wuchs in Deutschland auf, wo er beruflich als Redakteur für Tageszeitungen und als Chefredakteur eines Wochenmagazins tätig war. 1999 kehrte er in die USA zurück und arbeitet seitdem als Autor und Übersetzer. Timothy Stahl lebt mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen in Las Vegas, Nevada.

Folge 1: Verurteilt

Gabriel Conroy & Timothy Stahl

beTHRILLED

Digitale Originalausgabe

»be« – Das eBook-Imprint von Bastei Entertainment

Copyright © 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Uwe Voehl

Lektorat/Projektmanagement: Lukas Weidenbach

Covergestaltung: Christin Wilhelm, www.grafic4u.de unter Verwendung von Motiven © shutterstock: hxdbzxy | lassedesignen | Paola Crash | Miloje

eBook-Erstellung: Urban SatzKonzept, Düsseldorf

ISBN 978-3-7325-3894-2

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

Im Gedenken

Was bisher geschah …

Als das G-Team einen Terroranschlag in den USA verhindern will, stößt es auf eine religiöse Geheimorganisation. »Die Hand Gottes« hat eine Art Impfstoff entwickelt, um religiösen Fanatismus zu bekämpfen. Doch der Stoff hat Nebenwirkungen. Und ohne es zu merken, wird auch Cottons Partnerin Philippa Decker infiziert.

Zwar gelingt es dem G-Team, den mutmaßlichen Kopf der Organisation zu entlarven: Christopher Alexander Senior, ein exzentrischer Milliardär. Aber die Gruppe scheint unter dem Schutz der Mächtigen zu stehen: Als Sarah Hunter, die Forensikerin des G-Teams, bei verdeckten Ermittlungen einem Beweis nahekommt, wird sie ermordet! John High, der Chef des G-Teams, wird suspendiert, sein Team vom Fall abgezogen. Und niemand ist verzweifelter als Cotton, der sich in Sarah verliebt hatte …

Doch bevor er trauern kann, schon der nächste Schock: Philippa Decker, die immer noch unter dem Einfluss des Impfstoffes steht, soll eine Bombe versteckt haben, um Alexander Senior ein für alle Mal aus dem Verkehr zu ziehen … Und schon wieder kommt Cotton zu spät.

Prolog

Es war noch nicht zu spät. Noch war nichts passiert. Noch war niemand gestorben.

Doch dann kam der Schmerz, völlig unerwartet.

Ein Schlag von hinten. Auf den Schädel.

Sie hatte das Gefühl, alles um sie herum explodierte. Verglühende Sterne vor ihren Augen. Sie rang um Atem. Versuchte noch aufzustehen, aber ihre Beine gehorchten nicht mehr. Sie stöhnte. Meinte zu versinken. Ihr Schädel pochte.

Sie brach zusammen. Kämpfte gegen die Dunkelheit an und ergab sich dann ihrer Barmherzigkeit, ließ sich in die Tiefe ziehen.

Das Letzte, was sie sah, waren die rot leuchtenden Ziffern auf dem Zähler des Auslösers.

Gott, dachte sie. O Gott, bitte nicht.

Manhattan, Fifth Avenue, 9:47 Uhr. Damals.

Nur wenige Minuten zuvor hatte Special Agent Philippa Decker ganz vorsichtig, als wären es rohe Eier, die C4-Päckchen aus ihrem Rucksack gehoben. Sie waren bereits mit Auslösern versehen. Mit unheimlicher Ruhe hatte sie die Sprengsätze rings um den großen Heizkessel verteilt.

Dann der Schlag, die Übelkeit, der Kampf gegen die Ohnmacht. Und schließlich die Dunkelheit. Decker versuchte noch, sich dagegenzustemmen, an die Oberfläche der schwarzen See zu schwimmen. Es gelang ihr nicht. Um sie herum war nichts als Finsternis. Nur hören konnte sie noch, am äußersten Rand ihres Bewusstseins.

Das war nicht ungewöhnlich. Decker hatte vor vielen Jahren, in der Ausbildung, davon gehört: Der Gehörsinn bleibt einem, auch wenn man kurz vor der Ohnmacht steht. Sie vernahm diffuse Stimmen, konnte sie jedoch nicht ausmachen.

Bankrott, dachte sie. Ja, so klang es: Bankrott.

Sie hörte das Ticken einer Armbanduhr. Laut. Und verstand ihre eigenen Gedanken nicht mehr. Was sich in ihrem Verstand abspielte, verlor jeden Sinn.

Sie meinte zu spüren, wie starke Hände nach ihren Oberarmen griffen. Hatte das Gefühl, weggezerrt zu werden.

Und dann … nichts mehr.

*

Sein Gottvertrauen zahlte sich einmal mehr aus.

Er atmete auf, als er ins Tageslicht hinaustrat. Es kam ihm vor, als wäre er Stunden durch das Gebäude geirrt. Über Treppen und durch Gänge, immer nach Schritten und Stimmen lauschend, die sich ihm nähern mochten. Und natürlich war ihm ein ums andere Mal jemand über den Weg gelaufen. Immer hatte er sich gerade noch rechtzeitig verstecken können. Und Überwachungskameras gab es zum Glück nur im Verkaufsbereich, wo jemand lange Finger machen konnte. In den Personalbereichen war die Überwachung per Kamera gesetzlich verboten.

Der Herr hielt seine Hand schützend über ihn.

Er hatte geschwitzt. Nicht nur wegen der Frau, die er mit sich zerrte. Auch das Alter machte ihm zunehmend zu schaffen. Ihren linken Arm hatte er über seine Schultern geschlungen und hielt ihn fest, seine andere Hand war fest um ihre Taille gelegt, so zog er sie mit sich, ihre kraftlosen Füße über den Boden schleifend.

Es war ein enormer Kraftakt, einen bewusstlosen Menschen mit sich zu zerren. Vor ein paar Jahren wäre es ihm noch wesentlich leichter gefallen. Andere in seinem Alter konnten sich auf einen ruhigen Lebensabend freuen. Aber er nicht. Er musste kämpfen. Er war schweißgebadet und erschöpft. Das verschwitzte Haar klebte an seiner Stirn. Seine Arme zitterten. Er hatte Angst, entdeckt zu werden. Allein sein Glaube gab ihm die Kraft, weiterzumachen. Sein Atem ging schwer. Er war die Treppen hinuntergetaumelt, dann hatte er seinen und ihren Körper durch einen Notausgang ins Freie gehievt.

Jetzt war er draußen. In einem Hof hinter dem Kaufhaus. Hier war von dem Luxus, den es nach vorne hin, an der Fifth Avenue, ausstrahlte, nichts mehr zu sehen. Hier wurden die Abfälle entsorgt. Mannshohe Container reihten sich aneinander.

Er war etwa achtzig Meter von dem Kaufhaus entfernt, als die Sprengladung hochging.

Das donnernde Krachen löschte das ferne Raunen des Verkehrs aus. Der Boden bebte. Die Druckwelle warf ihn um. Die leblose Frau entglitt ihm und schlug neben ihm auf. Er rang um Atem. Er fiel auf die Knie.

Dichte Staubwolken verdüsterten den Himmel und drangen wie eine Wand auf ihn zu.

»O Gott«, sagte er flehend.

Dann regneten Trümmer nieder und schlugen ringsum ein.

Warum, fragte er sich. Wie kann das sein?Hat Mischa etwa …?

Im nächsten Moment schrie er laut auf. Ein Stück Metall, aus einem der Container gerissen, raste auf ihn zu.

Er hob schützend die Hand an, aber es war zu spät. Das Metallstück traf ihn mit der Wucht einer Rakete. Er schrie auf, schmeckte plötzlich Blut in seinem Mund. Ein dumpfer Schmerz wallte durch seinen Körper. Er drückte das Metallstück von sich weg, schnappte nach Luft und warf einen kurzen Blick auf Philippa Decker. Sie schien unverletzt, war jetzt aber von einer weißen Staubschicht bedeckt. So wie er selbst vermutlich auch.

Er wartete ab, endlos scheinende Sekunden. Das Echo der Explosion verhallte. Das Prasseln der Trümmer hörte auf. Er blickte zu der bewusstlos gewordenen Frau und fällte einen Entschluss: Er würde sie zurücklassen. Hier konnte ihr nichts mehr passieren. Er hatte seinen Auftrag erfüllt, mehr oder weniger.

Mühevoll stand er auf. Ihm war schwindlig. Er musste husten. In seinen Ohren hörte er ein schrilles Pfeifen. Er zwang sich, weiterzugehen, torkelnd, weg von hier, nach vorne.

Staub hing wie Nebel über dem Asphalt der Straßen und schien bis zum Himmel hoch zu reichen. Menschen waren darin nichts als Schatten.

Er tauchte ein in diesen Nebel, der dichter wurde, je näher er der Fifth Avenue kam. Er wollte versuchen, sein Auto zu erreichen. Ein Plan, der mit jedem Schritt aussichtsloser wurde. Sirenen heulten. Rot- und Blaulicht zuckte im Staub und strich über die Wände. Megafonverstärkte Stimmen dröhnten, riefen Anweisungen.

Er blieb mitten auf der Fifth Avenue stehen. Nach beiden Seiten war der Verkehr zum Erliegen gekommen. Fahrzeuge stauten sich in ungeordneten Reihen. Überall waren Menschen, standen entweder da wie festgewurzelt oder liefen aufgescheucht umher. Er selbst fiel nicht auf in dem Chaos. Rettungsfahrzeuge versuchten sich Bahn zu schaffen.

Er sah zum Kaufhaus hin. Die Explosion hatte einen großen schwarzen Krater in die prunkhafte Fassade gerissen. Dichter Qualm quoll aus dem Loch. Flammen leckten hinterher. Fetzen von brennendem Dämmmaterial segelten durch die Luft und sanken zu Boden. Aus Feuerwehrschläuchen schossen erste Wasserstrahlen.

Er starrte auf die zerstörte Kaufhausfront und dachte an Mischa. Er hätte den Jungen nicht allein lassen sollen.

Welcher Teufel hat ihn geritten …, fragte er sich.

Ein Windstoß fegte durch die Straßenschlucht. Der graue Nebelstaub teilte sich, gab Farben preis. Und einen Mann.

Schlagartig wurde es eiskalt.

Seit vielen Jahren hatte er diesen Mann nicht mehr gesehen.

Aber gedacht hatte er an ihn jeden verdammten Tag.

Die Lücke im Nebel schloss sich. Der Staub schluckte den Mann, machte ihn erst zum Schatten, dann unsichtbar. Als wäre er wieder in der Vergangenheit verschwunden.

Er sah ihn trotzdem noch vor sich, unauslöschlich.

Der Wind wehte ihm den geflüsterten Namen von den Lippen:

»John High.«

1

Chicago, South Side, 4:31 Uhr. Jetzt.

»Born to Run, ist doch klar«, sagte Joe Brandenburg. Er grinste mich schief an, nippte an seinem Kaffee und verbrannte sich prompt die Lippen. »Scheiße, ist die Brühe heiß!«

Ich saß am Steuer meines alten Dodge Challenger und verbiss mir ein Lachen. Der Wagen parkte am Straßenrand, nur wenige Meter von dem Mietshaus entfernt, das Brandenburg und ich seit Stunden beschatteten. Draußen waren es minus acht Grad, hier drinnen kaum mehr.

»Kannst ja den Donutshop verklagen«, schlug ich vor. »Gab’s doch mal. Da hat sich eine die Muschi verbrannt, als sie sich den Kaffee aus Versehen in den Schoß gekippt hat. Dann hat sie den Laden verklagt, und jetzt lebt sie in einer Millionenvilla.«

»Ich hab keine Muschi«, raunzte Brandenburg vom Beifahrersitz.

»Eier aber auch nicht.«

»Ach, halt’s Maul. Oder willst du deine Scheiße hier alleine machen?«

Nein, das wollte ich nicht. Trotz allem war ich froh, dass Joe Brandenburg bei mir war. Der Kerl konnte nerven, ja, aber ich durfte von Glück reden, ihn zum Freund zu haben.

»Sorry, Alter«, lenkte ich ein.

»Schon gut.« Brandenburg schaute auf die Uhr und fuhr sich mit einer Hand über das fahle, unrasierte Gesicht. »Halb fünf durch. Darf gar nicht dran denken, wo ich jetzt eigentlich liegen würde, an meinem freien Tag. Zu Hause nämlich, neben meiner Teuersten, im warmen Bettchen. Vorm Aufstehen dann vielleicht ’ne gepflegte Nummer schieben …«

»Hab dich nicht so«, unterbrach ich ihn. So genau wollte ich das gar nicht wissen. Ich saß bei den Brandenburgs oft genug am Esstisch und brauchte von der Dame des Hauses keine solchen Bilder im Kopf. »Hier ist es doch auch schön. Guck nur …«

Brandenburg knurrte irgendetwas.

Draußen, vor den Fenstern des Dodge, fiel leiser Schnee vom Nachthimmel und deckte alles mit feinem Weiß zu, den ganzen Dreck und Müll der Straße. Keine Straße in New York. Wir waren in der South Side von Chicago, an der Roosevelt Road. Gestern Abend angekommen nach elf Stunden Fahrt. Seitdem standen wir hier und hatten noch kein Auge zugetan.

Damit der Kerl uns nicht entging. Wenn er überhaupt kam.

»Born to Run ist überschätzt«, nahm ich den Faden wieder auf und pustete in meinen Styroporbecher. Joe war vorhin in einem Donutshop an der Ecke gewesen und hatte Kaffee besorgt. Ich für meinen Teil wäre lieber verdurstet, als von meinem Posten hier zu weichen. Und unter Strom stand ich ohnehin. Seit Tagen ernährte ich mich praktisch nur noch von Energydrinks.

»Überschätzt? Kein bisschen«, widersprach Brandenburg.

»Streets of Philadelphia«, behauptete ich, »ist eindeutig der bessere Song.«

Ich schaute über den dampfenden Becher hinweg zum Fenster hinaus, ins Schneetreiben und zu der sechsstöckigen Mietskaserne. Der Ruß und Schmutz etlicher Jahrzehnte hatten die Ziegelfront geschwärzt. Diese Gegend der South Side wurde zwar zunehmend trendiger, trotzdem zählte sie noch immer zu den gefährlichsten in Chicago.

Hinter dem Haus führte eine Trasse der Hochbahn vorbei. Hin und wieder geisterte das Licht der Züge zwischen den Wohnblöcken hervor. Der rumpelnde Lärm war in der stillen Nacht weithin zu hören und ließ meinen Dodge jedes Mal vibrieren.

»Born to Run rockt gleich viel härter …«, setzte Joe Brandenburg an.

Ich stieß ihm meinen Ellenbogen in die Seite.

»Hey!«, protestierte mein Freund und Helfer. »Ich hab hier ’n Kaffee in der Hand, du Arsch!«

»Zielperson«, flüsterte ich. »Da ist er.«

Brandenburg schaute in die Richtung, in die ich mit dem Kinn wies. Eine dunkle Gestalt kämpfte sich durch den Schnee auf die Insel aus orangefarbenem Licht vor dem Hauseingang zu. Männlich, weiß, schätzungsweise Mitte dreißig. Groß gewachsen, fast hager. Aber scheinbar ziemliche Muckis unter der schwarzen Lederjacke. Seine Augen saßen tief in dem entstellten Gesicht. Er biss beim Gehen in einen Hotdog.

»Bist du dir sicher?«, fragte Brandenburg.

»Die Visage vergess ich nie.«

Sie hatte sich mir ins Gedächtnis gebrannt, in einer Lagerhalle in Brooklyn. Da hatte ich ihn gesehen, vor knapp zwei Jahren. Hinter der Frontscheibe eines weißen Vans. Er hatte mich überfahren wollen. Der Versuch war in die Hose gegangen, zum Glück. Leider war mir der Typ danach entwischt.

Und nun sah ich ihn wieder.

Endlich, dachte ich und schloss die Fäuste so fest ums Lenkrad, dass die Knöchel knackten. Ich wusste nichts über den Mann, weder seinen Namen noch sonst etwas.

Nur eines wusste ich: Er war meine letzte Chance.

»Was für ’ne Fresse«, meinte Brandenburg und schaute auf den grobkörnigen Ausdruck einer Überwachungskamera, den er in der Hand hielt. »So was kann nur eine Mutter lieben.« Er faltete das Blatt zusammen und legte es ins Handschuhfach.

»Wenn ich mit dem fertig bin«, sagte ich rau, »erkennt ihn nicht mal seine Mutti wieder.«

»Vorsicht, Kumpel«, warnte Brandenburg. »Guck dir die rechte Jackentasche an.«

Ich sah es. »Ausgebeult. Könnte eine Knarre sein.«

»Könnte sein. Oder weiß Gott was.«

Ich warf meinem Freund einen Blick zu und grinste schief. »Oder weiß Gott was.«

Brandenburg seufzte, stellte seinen Kaffeebecher in den Getränkehalter zwischen den Sitzen, holte seine 9 mm Automatik hervor, zog am Schlitten und ließ ihn nach vorne schnappen. »Wie steht’s? Willst du noch ’ne Runde quasseln, oder schnappen wir uns die Hackfresse?«

Ohne zu antworten, öffnete ich die Fahrertür. Bevor ich ausstieg, sagte ich nur noch: »Streets of Philadelphia. So was von klar.«

Brandenburgs gezischtes »Scheiße, Mann!« hatte allerdings nichts mit unserer Diskussion über Bruce Springsteens besten Song zu tun.

Der Kerl hatte uns entdeckt!

Auch ich sah, wie er zu uns herüberschaute. Er kam mir vor wie ein Tier, das Gefahr witterte. Er ließ den Hotdog in den Schnee fallen und fuhr blitzschnell herum. Seine Bewegungen waren wendig und kontrolliert.

Ein Profi, dachte ich.

In der nächsten Sekunde war er bereits im Eingang des alten Apartmenthauses verschwunden.

»Hinterher!«, rief ich.

Ich knallte die Wagentür zu. Rannte los.

Der Schnee knirschte unter meinen Füßen. Ich zwang mich, meinen Atem zu beruhigen. Wie ich es auf der FBI-Academy in Quantico gelernt hatte. Mit der Rechten griff ich nach meiner Dienstwaffe, eine Kimber Custom II. Mit einer fließenden Bewegung zog ich sie aus dem Schulterholster. Lud sie durch. Hielt sie mit beiden Händen, die Arme ausgestreckt, den Lauf zu Boden gerichtet. Falls sich ein Schuss löste.

Hinter mir hörte ich, wie Brandenburg aus dem Auto kam und mir folgte. Vor mir im Schnee sah ich die Fußabdrücke des Mannes, die zum Eingang des Hauses führten.

Die Tür war nur angelehnt.

Könnte eine Falle sein.

Die Schritte meines Kumpels verlangsamten sich. Er ging von rechts auf die Eingangstür zu. Ich wich nach links. Beide pressten wir uns an die kalte Ziegelwand und achteten darauf, auf keinen Fall in die Schusslinie vor der Tür zu geraten.

Ich schaute hoch und fing Brandenburgs Blick auf.