Cursed - Die Auserwählte - Thomas Wheeler - E-Book
SONDERANGEBOT

Cursed - Die Auserwählte E-Book

Thomas Wheeler

0,0
12,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 12,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Eine Frau. Ein Schwert. Ein Land in Aufruhr. England steht in Flammen: Die Roten Paladine ermorden jeden, der sich nicht vor dem Kreuze beugt. Als Nimues Dorf überfallen wird, verliert sie alles – nur eines bleibt ihr: ein geheimnisvolles Schwert, das sie zu einem gewissen Merlin bringen soll. Doch als Berater des korrupten Königs Uther hat Merlin ganz eigene Pläne für das Schwert der Macht. Begleitet von dem jungen Söldner Arthur legt Nimue sich mit den gefährlichsten Männern des Landes an, um ihr unterdrücktes Volk in die Freiheit zu führen … Eine moderne Neuerzählung der Artus-Sage, mit zahlreichen Schwarz-Weiß- und Farb-Illustrationen von Comic-Legende Frank Miller.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 490

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Thomas Wheeler

Cursed - Die Auserwählte

Roman

Aus dem amerikanischen Englisch von Michelle Gyo und Petra Koob-Pawis

Illustriert von Frank Miller

FISCHER E-Books

Inhalt

[Widmung][Motto]1234567891011121314151617181920212223242526272829303132333435363738394041424344454647484950515253545556575859EpilogDankTafelteil

Für Marjorie Brigham Miller

F.M.

Für Luca und Amelia,

die beiden größten Abenteuer meines Lebens.

Mögt ihr beide das Schwert

in eurer eigenen Geschichte in die Hand nehmen.

T.W.

Zwischen heiligen Gesängen kann man ihre Stimme vernehmen,

wie aus den Wassern, denn sie lebt

in der Tiefe, der ruhigen Stille; wo keinerlei Stürme

die Welt erschüttern, und wenn die Wogen rollen,

hat sie die Macht, über Wellen zu schreiten wie unser Herr.

ALFRED LORD TENNYSON, Königsidyllen

Nun, sagte Merlin,

ich weiß, wen du suchst;

Merlin suchst du;

suche nicht weiter,

denn ich bin Merlin.

THOMAS MALORY, Die Geschichten von König Artus und den Rittern seiner Tafelrunde

1

Von ihrem Versteck im Strohhaufen aus und mit tränen- verschleiertem Blick sah Pater Carden aus wie ein Geist aus Licht, fand Nimue. Es lag daran, wie er stand. Er hatte den Rücken der bleichen Sonne zugewandt, und unter seinen herabfallenden Ärmeln und den erhobenen Handflächen schienen Wolken hervorzufließen, als stünde er mitten im Himmel. Zittrig erhob sich seine Stimme über dem Lärm der meckernden Ziegen, dem knisternden Holz, den schreienden Kindern und weinenden Müttern. »Gott ist Liebe. Er ist eine Liebe, die läutert, eine Liebe, die von Sünden reinigt, eine Liebe, die uns vereint.« Der Blick aus Cardens blassblauen Augen traf die kläglichen, heulenden Menschen, die im Schlamm auf die Knie gezwungen worden waren und von Mönchen in roten Kutten umringt wurden.

»Und Gott sieht uns«, fuhr Carden fort, »und heute lächelt er. Denn wir haben Sein Werk vollbracht. Wir haben uns selbst reingewaschen mit Gottes Liebe. Wir haben das verdorbene Fleisch ausgebrannt.« In den Rauchwolken, die um Cardens Arme und Beine waberten, wirbelten rote Ascheflocken. Speichel befleckte seine Lippen. »Sägten die Fäulnis des Dämonismus ab. Vertrieben die schwarzen Säfte aus diesem Land. Gott lächelt heute!« Als Carden die Arme senkte, teilten sich die weiten Ärmel wie Vorhänge, und auf dem Feld dahinter kam ein Inferno aus dreißig brennenden Kreuzen zum Vorschein. Die Gekreuzigten waren in dem dichten, schwarzen Rauch kaum zu erkennen.

Biette, eine stämmige Frau und Mutter von vier Kindern, erhob sich wie ein verwundeter Bär und rutschte auf den Knien auf Carden zu, bevor einer der tonsurierten Mönche in Rot vortrat, seinen Stiefel zwischen ihre Schulterblätter setzte und sie mit dem Gesicht voran in den Schlamm trat. Dort blieb Biette liegen und stöhnte in die feuchte Erde.

In Nimues Ohren klingelte es, seit sie und Pym auf ihrem Pferd Lady ins Dorf geritten waren und die erste Leiche auf dem Pfad gesehen hatten. Sie glaubte, dass es vielleicht Mikkel gewesen war, der Junge des Gerbers, der immer Orchideen für die Mairituale züchtete, doch sein Kopf war von etwas Schwerem zerschmettert worden. Sie konnten nicht einmal anhalten, um nachzusehen, da das ganze Dorf in Flammen stand und vor Roten Paladinen wimmelte, ihre wallenden Kutten tanzten wie die Flammen. Auf dem gelbbraunen Hügel brannte bereits ein halbes Dutzend Dorfälteste an hastig errichteten Kreuzen. Pyms Schreie waren Nimue weit weg erschienen, ihr Geist war leer. Wo sie auch hinblickte, sah sie, wie die Bewohner ihres Dorfes im Schlamm lagen oder aus ihren Häusern gerissen wurden. Zwei Paladine zerrten die alte Betsy, die um sich schlug, an Armen und Haaren durch ihr Gänsegehege. Die Vögel kreischten und flatterten in die Luft und trugen so zu dem unwirklichen Chaos nur bei. Kurz darauf wurden Nimue und Pym getrennt, und sie suchte Schutz in dem Strohhaufen, wo sie die Luft anhielt, als die Mönche mit in Decken eingeschlagenen konfiszierten Gegenständen an ihr vorbeistapften. Sie entrollten die Decken auf dem Boden des offenen Wagens, auf dem Carden stand, und leerten den Inhalt zu seinen Füßen aus. Der Priester blickte darauf hinab und nickte: Wurzeln von Eiben und Erlen, Holzfigurinen von den ältesten Göttern, Amulette und Tierknochen. Carden seufzte geduldig. »Gott sieht uns, meine Freunde. Er sieht diese Gerätschaften zur Beschwörung von Dämonen. Ihr könnt nichts vor Ihm verbergen. Er wird dieses Gift ausmerzen. Und andere wie euch zu schützen, wird euer Leiden nur in die Länge ziehen.« Pater Carden klopfte sich Asche von seinem grauen Kittel. »Meine Roten Paladine erwarten eure Beichten freudig. Um euretwillen, legt sie freiwillig ab, denn meine Brüder sind geschickt im Umgang mit den Werkzeugen der Inquisition.«

Die Roten Paladine drängten sich in die Menge, um jemanden für ihre Folter herauszugreifen. Nimue sah zu, wie Familien und Freunde übereinanderstolperten, um den Paladinen zu entkommen. Weitere Schreie ertönten, als Kinder von ihren Müttern weggezerrt wurden.

Unbewegt stieg Pater Carden von dem Wagen herab, überquerte die matschige Straße und trat zu einem großen und breitschultrigen Mönch in Grau. Seine Wangen unter der Kapuze waren schmal, und seltsame schwarze Muttermale umgaben seine Augen. Sie schienen an seinem Gesicht herabzurinnen wie Tintentränen. Nimue konnte ihre Worte wegen des Geschreis nicht verstehen, aber Carden legte eine Hand auf die Schulter des Mönchs wie ein Vater und zog ihn zu sich heran. Mit gesenktem Kopf nickte der Mönch mehrere Male als Erwiderung auf Cardens geflüsterte Worte. Carden deutete auf den Eisernen Wald, und der Mönch nickte ein letztes Mal, dann stieg er auf sein weißes Pferd.

Nimue wandte sich zum Eisernen Wald um und sah den zehnjährigen Squirrel, der dem Mönch im Weg stand. Er blickte verstört, Blut tröpfelte an seiner Wange herab und er zog ein Schwert hinter sich her. Nimue stürzte hinter dem Strohhaufen hervor und rannte auf Squirrel zu. Sie hörte die Hufschläge des Grauen Mönchs, die hinter ihr lauter wurden.

»Nimue!« Squirrel streckte ihr die Hand entgegen, und sie zerrte ihn zur Wand einer Hütte, gerade als der Mönch vorbeigaloppierte.

»Ich kann Papa nicht finden!«, sagte Squirrel weinend.

»Squirrel, hör mir zu. Geh zu dem Loch in der Esche und versteck dich dort, bis es dunkel wird. Verstehst du mich?«

Squirrel versuchte, sich von ihr loszureißen. »Papa!«

Nimue schüttelte ihn. »Squirrel! Los jetzt. So schnell du kannst. Hörst du mich!« Nimue schrie ihm ins Gesicht. Squirrel nickte. »Sei mutig. Lauf wie bei unseren Fuchswettrennen. Niemand kann dich fangen.«

»Niemand«, flüsterte Squirrel und raffte seinen Mut zusammen.

»Du bist der schnellste von uns allen.« Nimue schluckte ihre Tränen herunter, sie wollte ihn nicht loslassen.

»Du kommst auch?«, fragte Squirrel flehentlich.

»Das werde ich«, versprach Nimue, »aber zuerst muss ich Pym und Mutter und deinen Vater finden.«

»Ich habe deine Mutter in der Nähe des Tempels gesehen.« Squirrel zögerte. »Sie haben sie gejagt.«

Eis rann durch Nimues Adern bei diesen Worten. Sie blickte kurz zum Tempel auf der Spitze der Anhöhe. Dann wandte sie sich wieder an Squirrel. »Schnell wie der Fuchs«, befahl sie.

»Schnell wie der Fuchs«, wiederholte Squirrel und sah nervös nach links und rechts. Die nächsten Paladine waren zu sehr damit beschäftigt, die letzten aufmüpfigen Bauern niederzuschlagen, als dass sie sie bemerkt hätten. Ohne einen Blick zurück rannte Squirrel über die Weide auf den Eisernen Wald zu.

Nimue rannte über die Straße in Richtung Tempel. Sie rutschte aus und fiel in den Schlamm, der von Pferdehufen aufgewühlt und matschig von Blut war. Als sie sich wieder aufrappelte, bog plötzlich ein Reiter um eine der brennenden Hütten. Nimue sah die Kugel aus Eisen kaum, die er an einer Kette herumschwang. Sie versuchte, auszuweichen, aber sie wurde mit solcher Wucht im Genick getroffen, dass sie durch die Luft in einen Haufen Feuerholz geschleudert wurde. Die Welt zerfaserte, Sterne stoben vor Nimues Augen auf, und sie spürte, wie eine warme Flüssigkeit von ihrem Nacken über ihren Rücken rann. Sie lag ausgestreckt auf dem Boden, um sie herum Feuerholz, und Nimue erblickte neben sich einen in zwei Teile zerbrochenen Langbogen. Der gebrochene Bogen. Das Rehkitz. Der Rat. Hawksbridge.

Arthur.

Es schien unmöglich, dass erst ein Tag vergangen war. Und als sie das Bewusstsein verlor, schnürte ein Gedanke ihr die Kehle zu: Das alles war ihre Schuld.

2

»Aber warum musst du gehen?«, fragte Squirrel, während er über den moosbedeckten Arm einer zerborstenen Statue kletterte.

»Ich gehe doch jetzt noch nicht«, sagte Nimue und musterte einen Ast mit lila Blüten, der zwischen den freiliegenden Wurzeln einer uralten Esche wuchs. Sie wollte das Thema wechseln, aber Squirrel gab nicht auf.

»Aber warum willst du überhaupt gehen?«

Nimue zögerte. Wie könnte sie ihm die Wahrheit sagen? Das würde ihn nur verletzen und verwirren und zu weiteren Fragen führen. Sie wollte weg, weil sie in ihrem Heimatdorf nicht erwünscht war. Sie wurde gefürchtet. Verurteilt. Über sie wurde getuschelt. Man zeigte auf sie. Den Dorfkindern wurde verboten, mit ihr zu spielen wegen der Narben auf ihrem Rücken. Wegen der düsteren Geschichten aus ihrer Kindheit. Weil ihr Vater sie verlassen hatte. Weil sie verflucht war. Und vielleicht stimmte es sogar. Ihre Verbindung mit den Verborgenen – so nannte es ihre Mutter, Nimue hätte es eher Besessenheit genannt – war stärker als bei allen anderen vom Himmelsvolk. Oft kam es ungebeten über sie, auf seltsame, manchmal brutale oder unerwartete Weise, in Visionen oder Anfällen. Der Boden schwankte oder bebte, oder Gegenstände aus Holz verformten sich in ihrer Nähe zu grotesken Massen. Es fühlte sich an wie sich zu übergeben. Auch danach, wenn sie verschwitzt, beschämt und leer in sich zusammensank. Nur dem Ansehen ihrer Mutter als Erzdruidin war es zu verdanken, dass Nimue nicht mit Messern und Stöcken aus dem Dorf gejagt wurde. Aber warum sollte sie Squirrel mit all dem belasten? Seine Mutter, Nella, war wie eine Schwester für ihre Mutter und wie eine Tante für Nimue. Deshalb hatte sie Squirrel die düsteren Gerüchte verschwiegen. Für ihn war Nimue normal, sogar langweilig (besonders wenn sie ihn wie jetzt zu endlos langen Spaziergängen durch den Wald schleifte), und genau so gefiel es ihr. Aber so würde es nicht bleiben.

Sie verspürte Gewissensbisse, als sie den Blick über die urwüchsigen grünen Hügel des Eisernen Walds schweifen ließ, in denen es vor Leben nur so summte und tschilpte und schnatterte, und zu den rätselhaften Gesichtern der alten Götter sah, Gesichter, die sich durch Ranken und schwarze Erde drängten, Gesichter, denen sie über die Jahre hinweg Namen gegeben hatte: Großnase, die Traurige Lady, Narbenglatze, Überbleibsel einer längst untergegangenen Zivilisation. Die Statuen waren wie alte Freunde. Es würde ihr schwerfallen, sie zurückzulassen.

»Ich weiß nicht, Squirrel. Sehnst du dich nie danach, Dinge zu sehen, die du nie zuvor gesehen hast?«

»Wie eine Mondschwinge?«

Nimue lächelte. Squirrel suchte immer das Laubdach des Waldes ab, um einen flüchtigen Blick auf eine Mondschwinge zu erhaschen. »Oder das Meer? Oder die Verlorenen Städte der Sonnengötter? Die Schwebenden Tempel?«

»Die gibt es gar nicht«, sagte Squirrel.

»Woher wollen wir das wissen, wenn wir sie nicht suchen gehen?«

Squirrel stemmte die Hände auf die Hüften. »Wirst du gehen und nie mehr zurückkommen so wie Gawain?«

Nimue glühte innerlich bei dem Namen. Sie erinnerte sich daran, sieben Jahre alt gewesen zu sein, wie sie die Arme um Gawains Hals geschlungen und er sie auf seinem Rücken durch diese Wälder getragen hatte. Mit vierzehn kannte er die besonderen Eigenschaften jeder Blume, jedes Blatts und jeder Rinde des Eisernen Walds, Heilmittel, Gifte, welche als Tee gebraute Blätter Visionen schenkten und welche Herzen einfingen, welche Rinde die Wehen auslöste, wenn man sie kaute, und das Nest welches Vogels das Wetter vorhersagte. Sie erinnerte sich daran, zwischen seinen Beinen zu sitzen, seine langen Arme um sie geschlungen wie die eines großen Bruders, während Milanküken in ihrem Schoß fiepten und Gawain ihr beibrachte, wie man die Muster in zerbrochenen Eierschalen las.

Er verurteilte Nimue nie wegen ihrer Narben. Sein Lächeln war immer entspannt und freundlich.

»Er kommt vielleicht eines Tages zurück«, sagte Nimue mit mehr Hoffnung als Glauben.

»Wirst du ihn suchen?«, fragte Squirrel grinsend.

»Was? Nein, sei nicht albern.« Nimue zwickte Squirrel in den Arm.

»Au!«

»Und jetzt pass auf«, forderte Nimue und sah ihn übertrieben finster an, »denn ich bin es leid, dir während der Lektionen in den Hintern zu treten.«

Nimue zeigte auf einen Busch, der von Nesseln umwuchert war.

Squirrel verdrehte die Augen. »Oshawurzel. Schützt uns vor dunkler Magie.«

»Und?«

Squirrel rümpfte nachdenklich die Nase. »Gut bei Halsweh?«

»Gut geraten«, neckte Nimue ihn. Sie hob einen Stein hoch und legte kleine weiße Blüten frei.

Squirrel popelte in der Nase, tief in Gedanken versunken. »Schafgarbe, für Flüche«, sagte er, »und bei Kater.«

»Was weißt du von Katern?« Nimue schubste Squirrel sanft, und er kicherte, als er rückwärts ins weiche Moos fiel. Sie jagte ihm hinterher, doch sie bekam Squirrel nie. Er flitzte unter dem hängenden Kinn der Traurigen Lady hindurch und sprang auf einen Ast, von wo sich ihm freie Sicht auf Dewdenns Weiden und Hütten bot.

Nimue gesellte sich zu ihm, ein wenig außer Atem, und genoss den Wind in ihrem Haar.

»Ich werde dich vermissen«, sagte Squirrel einfach und nahm ihre Hand.

»Wirst du das?« Nimue stupste ihn mit der Hüfte an und zog seinen verschwitzten Kopf an ihre Rippen. »Ich werde dich auch vermissen.«

»Weiß deine Mutter, dass du gehst?«

Nimue dachte über ihre Antwort nach, als sie das Summen und Wispern der Verborgenen in ihrem Bauch spürte. Sie erstarrte. Es war ein abstoßendes Gefühl, und ihre Kehle wurde trocken. Sie krächzte ein wenig, als sie Squirrel anstupste und sagte: »Lauf jetzt. Die Lektion ist vorüber.«

Das war Musik in Squirrels Ohren. »Juchhu!« Er schoss zwischen den Felsen hindurch und war verschwunden, ließ Nimue mit dem mulmigen Gefühl im Bauch allein zurück.

Dem Himmelsvolk waren die Verborgenen nicht fremd, unsichtbare Naturgeister, von denen man glaubte, dass Nimues Clan von ihnen abstammte. Gelegentlich rief das Himmelsvolk die Verborgenen in Ritualen an. Während die Erzdruidin den wichtigsten Feiern des Jahres vorstand und bei Auseinandersetzungen vermittelte, war es die Aufgabe des Beschwörers, die Verborgenen anzurufen, damit diese die Ernte segneten oder den Regen brachten, eine Geburt erleichterten und Geister zurück zur Sonne geleiteten. Nimue hatte jedoch schon früh gelernt, dass diese Beschwörungen überwiegend rein zeremonieller Art waren. Die Verborgenen antworteten nur sehr selten. Beinahe nie. Selbst der Beschwörer, der wegen seiner Vertrautheit mit den Verborgenen erwählt wurde, musste die Botschaften der Geister in den Wolken oder der Erde entschlüsseln. Für die meisten des Himmelsvolks glich die Existenz der Verborgenen lediglich einem Rinnsal, einem Tautropfen. Für Nimue war sie wie ein rasch dahinfließender Strom.

Dieses Mal fühlte es sich jedoch anders an. Das Pochen in ihrem Bauch. Die Stille über dem Eisernen Wald. Nimues Herz schlug heftig in ihrer Brust, aber nicht nur aus Angst, sondern auch voller Erwartung. Als stünde etwas Großes bevor. Sie hörte es im Rascheln der Blätter, im Summen der Zikaden, im Flüstern der Brise. Es klang wie das Murmeln aufgeregter Stimmen in einem überfüllten Raum. Und es gab ihr Hoffnung auf eine tiefe Verbundenheit, darauf, all die Antworten zu bekommen, nach denen sie schon so lange suchte.

Nimue spürte eine Bewegung und drehte sich um, sah ein kleines Rehkitz, das ganz in ihrer Nähe stand. Das Summen in ihrem Bauch wurde lauter. Das Kitz starrte Nimue aus tiefschwarzen Augen an, die älter waren als der tote Baumstumpf unter ihr. Älter als das Sonnenlicht auf ihren Wangen.

Hab keine Angst, sagte das Rehkitz. Der Tod ist nicht das Ende.

Nimue konnte nicht atmen. Sie hatte Angst, sich zu bewegen. Die Stille brauste in ihren Ohren. Überwältigendes Staunen erfüllte ihren Kopf und sie kämpfte gegen den Drang an, wegzulaufen oder die Augen zuzumachen, wie sie es für gewöhnlich tat, bis der Moment vorüberging. Nein, diesmal musste sie alles sehen. Endlich, nach so vielen Jahren, wollten die Verborgenen ihr etwas mitteilen.

Die Sonne verschwand hinter einer Wolke, und der Wald wurde dunkel und kalt. Nimue hielt trotz ihrer Angst dem Blick des Kitzes stand. Sie war die Tochter der Erzdruidin und sie würde nicht vor dem Geist der Verborgenen zurückweichen.

Nimue hörte sich selbst fragen: »Wer wird sterben?«

Sie hörte das Schwirren einer Sehne, ein Pfeifen, und ein Pfeil schlug in den Hals des Kitzes ein. Ein Schwarm Amseln brach aus den Bäumen hervor, als die Verbindung durchtrennt wurde. Wütend wirbelte Nimue herum. Da stand Josse, einer der Zwillinge des Schäfers, und stieß die Fäuste triumphierend in die Luft. Nimue drehte sich wieder zu dem Kitz um, das auf der Erde lag, die Augen glasig und leer.

»Was hast du getan?«, schrie Nimue, als Josse sich zwischen den Zweigen hindurchschob, um seine Beute zu holen.

»Nach was sieht es denn aus? Ich habe Abendessen besorgt.« Josse packte das Kitz an den Hinterläufen und hievte es sich über die Schultern.

Silbrige Ranken wanden sich an Nimues Hals und Wangen hinauf, als ihr Zorn aufblitzte und Josses Langbogen sich auf ganz und gar unmögliche Weise verbog und dann in seinen Händen zerbarst. Entsetzt ließ er das Kitz und den Bogen zu Boden fallen, wo das Holz sich wie eine sterbende Schlange wand.

Josse sah zu Nimue auf. Anders als Squirrel kannte er all das düstere Gerede. »Du verrückte Hexe!«

Heftig stieß er Nimue gegen den Baumstumpf und griff nach seinem zerstörten Bogen. Nimue sprang auf, um Josse ins Gesicht zu schlagen, als ihre Mutter plötzlich am Rande des Waldes auftauchte.

»Nimue.« Lenores Stimme war so eisig, dass sie Nimues Wut kühlte.

Schniefend sammelte Josse das Kitz und die Bogenteile ein und stapfte davon. »Das wirst du mir büßen, du verdammte Hexe!«

»Gut! Fürchte dich! Und lass mich in Ruhe!«, gab Nimue zurück.

Josse stürmte davon, und Nimue blieb unter Lenores missbilligendem Blick beschämt zurück.

 

Kurz darauf lief Nimue hinter ihrer Mutter her, die über die glatten Steine des Pfades der Heiligen Sonne auf den verdeckten Eingang zum Versunkenen Tempel zuhielt. Obwohl sie nie in Eile zu sein schien, war Lenore immer zehn Schritt voraus.

»Du wirst das Holz suchen, du wirst es schnitzen, und du wirst den Bogen bespannen«, befahl Lenore ihr.

»Josse ist ein Schwachkopf.«

»Und du wirst dich bei seinem Vater entschuldigen«, fuhr Lenore fort.

»Anis? Noch ein Schwachkopf. Es wäre schön, wenn du ein einziges Mal auf meiner Seite stehen würdest!«

»Dieses Kitz wird viele hungrige Münder ernähren«, rief Lenore ihr in Erinnerung.

»Es war mehr als ein Kitz«, erwiderte Nimue. Und als ihre Mutter nichts sagte, schüttelte sie den Kopf. »Du hörst nicht einmal zu.«

Lenore drehte sich um, grimmig. »Was, Nimue, was höre ich nicht?« Sie senkte die Stimme. »Du weißt, was man sagt. Du weißt, wie sie empfinden. Diese Ausbrüche nähren nur ihre Angst.«

»Das ist nicht meine Schuld«, sagte Nimue und hasste die Scham, die sie verspürte.

»Aber die Wut ist die deine. Du zeigst keine Disziplin. Keine Vorsicht. Im letzten Monat war es Hawlons Zaun …«

»Er spuckt aus, wenn ich vorbeikomme!«

»Oder das Feuer in Giffords Scheune …«

»Damit fängst du immer wieder an!«

»Weil du mir immer wieder Grund dazu gibst!« Lenore packte Nimue an den Schultern. »Das ist dein Clan. Das sind deine Leute, nicht deine Feinde.«

»Es ist ja nicht so, als hätte ich es nicht versucht! Aber sie akzeptieren mich nicht. Sie hassen mich.«

»Dann hilf ihnen, zu verstehen! Denn eines Tages wirst du sie anführen. Wenn ich nicht mehr bin …«

»Sie anführen?« Nimue lachte.

»Du hast eine Gabe«, sagte Lenore. »Deine Verbindung zu den Verborgenen ist stark. Aber ein solches Geschenk ist ein Privileg, kein Anrecht, und man muss es mit Würde und Demut annehmen.«

»Es ist kein Geschenk.«

In der Ferne ertönte eine Glocke. Lenore hob Nimues zerrissenen und matschigen Saum an. »Hättest du nicht einmal eine Ausnahme machen können? Nur dieses eine Mal?«

Nimue zuckte mit den Schultern, ein wenig beschämt.

Lenore seufzte. »Komm.«

Vorsichtig trat sie durch einen Vorhang aus Ranken und stieg dann uralte Stufen hinab, die glitschig waren von Matsch und Moos. Nimue strich mit den Händen an den behauenen Wänden entlang, auf denen Geschichten von den Alten Göttern dargestellt waren, um sich bei ihrem Abstieg in den gewaltigen Tempel abzustützen. Die Sonne fiel durch einen natürlichen Schlot im Dach Hunderte Fuß hinab und badete den Altarstein in Licht.

»Warum muss ich überhaupt daran teilnehmen?«, fragte Nimue und folgte dem sich spiralförmig windenden Pfad in die Tiefe.

»Wir wählen den Beschwörer aus, der eines Tages der Erzdruide sein wird. Heute ist ein wichtiger Tag, und du bist meine Tochter und solltest an meiner Seite sein.«

Nimue verdrehte die Augen. Sie erreichten den Boden des Tempels, wo die Dorfältesten sich bereits versammelt hatten. Ein paar blickten sie finster an, und sie mied den Zirkel und lehnte sich gegen eine Wand auf der anderen Seite.

Vor dem Altar kniete der Sohn von Gustave dem Heiler und meditierte. Clovis, ein junger Druide, war ein treuer Gefolgsmann von Lenore. Man achtete ihn wegen seines umfassenden Wissens in der Heilmagie.

Die Ältesten saßen mit gekreuzten Beinen im Kreis, und Lenore nahm Clovis’ Hand und half ihm auf. Der Heiler Gustave war ebenfalls da, in seinen besten Gewändern, und strahlte vor Stolz. Er saß bei den Ältesten, als Lenore sich an sie wandte. »Wir danken dem Licht, das Leben schenkt. Wir wurden in der Morgendämmerung geboren …«

»Um in der Abenddämmerung zu sterben«, antworteten die Ältesten einstimmig.

Lenore schwieg, schloss die Augen. Ihr Kopf neigte sich, als lauschte sie auf etwas. Nach einem Augenblick wuchsen leuchtende Male, wie silberne Ranken, an der rechten Seite ihres Halses hinauf, über ihre Wange und wanden sich dann um ihr Ohr.

Die gleichen Male, Airmeds Finger, schienen auch auf Nimues Wangen und denen der Älteren im Zirkel auf.

Lenore öffnete die Augen. »Die Verborgenen sind jetzt da.« Sie fuhr fort. »Seit unsere liebe Agatha starb, waren wir ohne Beschwörer. Ohne einen Nachfolger, ohne einen Hüter der Reliquien und ohne einen Priester. Agatha teilte eine tiefe Verbindung mit den Verborgenen. Sie war eine liebe und ergebene Freundin. Sie wird niemals zu ersetzen sein. Doch die neun Monde sind vergangen, und es ist Zeit, einen neuen Beschwörer zu ernennen. Und obwohl es viele Eigenschaften gibt, die ein Beschwörer besitzen sollte, so ist doch keine wichtiger als eine tiefe Verbindung zu den Verborgenen. Und auch wenn wir unseren Clovis lieben« – Lenore lächelte den jungen Druiden am Altar begütigend an – »so ist es an den Verborgenen, ihre Wahl zu treffen.«

Lenore flüsterte uralte Worte und hob die Arme. Das Licht, das von oben hereinströmte, war plötzlich scharf wie das Feuer einer Schmiede, und winzige Funken stoben auf und tanzten in der Luft. Selbst vom Moos, das die Obelisken und alten Felsen bedeckte, stoben Funken auf, die sich mit den übrigen zu einer flackernden, leuchtenden Wolke vereinigten.

Clovis schloss die Augen und streckte die Arme aus, um die Weihe der Verborgenen zu empfangen. Die Funken schwebten als formlose Wolke auf ihn zu, nur um im letzten Moment abzudrehen. Sie streckten sich nach Nimue aus, deren Augen immer größer wurden, als die Wolke sich über sie ergoss. Sie hob einen Arm, um sich zu schützen, obwohl die Funken ihr keine Schmerzen bereiteten.

Im Zirkel der Ältesten erhob sich ein Raunen.

Lenore stand staunend da, doch das Gemurmel wurde immer lauter. Gustave erhob sich. »Das … das Ritual ist unrein.«

Einer der anderen sagte: »Clovis ist an der Reihe.«

Und ein weiterer: »Nimue hat das Ritual gestört.«

Alle Blicke richteten sich auf Lenore. »Clovis ist begabt und von freundlichem Gemüt, und ich schätze seinen Rat. Aber die Wahl des Beschwörers – oder der Beschwörerin – liegt bei den Verborgenen«, sagte sie.

»Was?«, sagte Nimue laut. Sie fühlte sich von den anklagenden Blicken in die Enge getrieben. Ihre Wangen brannten und sie warf ihrer Mutter einen wütenden Blick zu, während sie versuchte, der Wolke zu entkommen, doch die Lichter folgten ihr entschlossen, badeten sie in Helligkeit, wo sie sich doch nichts sehnlicher wünschte, als unsichtbar zu sein.

Florentin der Müller berief sich auf die Tradition. »Aber Lenore, Nimue ist zu jung für solch eine Verantwortung …«

»Das ist wahr, selbst mit sechzehn wäre sie zu jung«, räumte Lenore ein, »aber ihre enge Bindung zu den Verborgenen sollte schwerer wiegen als solche Betrachtungen. Von der Beschwörerin wird vor allem erwartet, dass sie den Verborgenen nahe ist, und dass sie das Himmelsvolk auf beiden Existenzebenen zu Gleichgewicht und Harmonie führt. Seit frühester Kindheit suchten die Verborgenen ihre Nähe.«

Lucien, ein greiser Druide, der seine gebeugte Gestalt auf einen kräftigen Eibenstab stützte, fragte: »Nicht nur die Verborgenen …«

Die Narben auf ihrem Rücken prickelten. Nimue wusste, welche Wendung das Gespräch nehmen würde.

Lenore schürzte kaum merklich die Lippen, das einzige Anzeichen ihrer Wut.

Lucien kratzte sich den weißen, lichten Bart und tat arglos. »Immerhin ist sie von dunkler Magie gezeichnet.«

»Wir sind keine Kinder, Lucien. Sie mögen uns Sonnentänzer nennen, aber das heißt nicht, dass wir den Schatten nicht kennen. Ja, als sie sehr klein war, wurde Nimue von einem dunklen Geist in den Eisernen Wald gelockt und wäre sehr wahrscheinlich getötet worden oder Schlimmeres, hätten die Verborgenen nicht eingegriffen. Man könnte meinen, dass dieses Ereignis allein sie zu einer angemessenen Beschwörerin macht.«

»Das hat man uns erzählt«, sagte Lucien höhnisch.

Nimue wollte am liebsten schrumpfen und sich in einem Rattenloch verkriechen. Doch die Lichter ließen sie einfach nicht in Ruhe. Ärgerlich wischte sie durch die Luft, aber sie stoben auseinander, nur um wieder zu ihr zurückzukehren.

»Was genau willst du damit andeuten, Lucien?«, fragte Lenore.

Gustave versuchte zu vermitteln. »Lasst es uns einfach noch mal mit dem Ritual versuchen, wenn Nimue nicht dabei ist.«

»Ziehen wir jetzt die Weisheit der Verborgenen in Zweifel, wenn uns ihre Entscheidung nicht gefällt?«, fragte Lenore.

»Sie ist eine Verführerin«, blaffte Lucien.

»Das nimmst du zurück«, sagte Lenore warnend.

Lucien fuhr fort. »Wir sind nicht allein mit unserem Argwohn. Ihr eigener Vater hat sie zurückgewiesen, er zog es vor, seinen eigenen Clan zu verlassen, statt unter dem gleichen Dach zu leben wie sie.«

Nimue trat in den Zirkel der Ältesten. »Ich will nicht eure verdammte Botin sein! Seid ihr jetzt zufrieden? Ich will es gar nicht!« Bevor Lenore sie aufhalten konnte, fuhr Nimue herum und rannte den gewundenen Pfad hinauf, während laute Stimmen unter ihr von den Steinwänden widerhallten.

3

Nimue konnte erst wieder atmen, als sie hinaus in die frische Luft des Eisernen Waldes stürzte. Wütend schluckte sie ihre Tränen hinunter. Sie wollte den alten Dummkopf Lucien ertränken und ihrer Mutter die Haare ausreißen, weil sie sie dazu gezwungen hatte, diesen Hohn von einer Zeremonie über sich ergehen zu lassen.

Pym, Nimues beste Freundin, war groß und schlaksig und mühte sich mit einer Weizengarbe, die sie über das Feld schleppte, als sie Nimue den Hügel herabmarschieren sah.

»Nimue!« Pym ließ die Garbe fallen und holte Nimue ein, die an ihr vorbeistürmte. »Was ist los?«

»Ich bin die Botin.« Nimue rannte weiter.

Pym warf einen Blick zum Hügel, dann sah sie wieder Nimue an. »Du bist was? Warte, hat Lenore das gesagt?«

»Wen kümmert es?«, fauchte Nimue. »Das ist alles ein Witz.«

»Mach langsam.« Pym stolperte hinter ihr her, vom Weizenschleppen erschöpft.

»Ich hasse es hier. Ich gehe weg. Ich gehe heute auf dieses Schiff.«

»Was ist passiert?« Pym packte Nimue und drehte sie zu sich herum.

Nimues Miene war grimmig, doch es standen auch Tränen in ihren Augen. Sie wischte sie rasch mit dem Ärmel fort.

Pyms Miene wurde weicher. »Nimue?«

»Sie wollen mich hier nicht. Und ich will sie nicht.« Nimues Stimme zitterte.

»Das ergibt keinen Sinn.«

Nimue betrat rasch die kleine Hütte aus Holz und Lehm, die sie sich mit ihrer Mutter teilte, und zog unter ihrem Bett einen Sack hervor, während Pym im Eingang stand und zusah. In dem Sack waren ein schwerer Wollumhang, Handschuhe und frische Strümpfe, Seife aus Holzasche, Feuerstein, ein leerer Wasserschlauch, Nüsse und getrocknete Äpfel. Sie nahm ein paar Honigkuchen vom Tisch, dann war sie so schnell aus der Tür hinaus wie sie gekommen war.

Pym folgte ihr. »Wo gehst du hin?«

»Hawksbridge«, erwiderte Nimue.

»Jetzt? Bist du verrückt?«

Bevor Nimue antworten konnte, erklangen Schreie. Sie und Pym blickten die Straße hinab und sahen einen Jungen, dem man vom Pferd half. Selbst aus der Entfernung erkannte Nimue, dass das Fell des Pferdes mit Blut verschmiert war. Einer der Männer aus dem Dorf trug den Jungen in seinen Armen. Die Haut des Jungen war blassblau, seine Arme waren unnatürlich lang und dünn und seine Finger schmal, perfekt zum Klettern.

»Eine Mondschwinge«, flüsterte Pym.

Die Dorfbewohner trugen den verletzten Mondschwingenjungen eilig in die Hütte des Heilers, und Kundschafter rannten in den Eisernen Wald, um die Ältesten in Kenntnis zu setzen. Angeführt von Lenore traten sie kurz darauf mit ernsten Mienen aus dem Wald. Sie warfen Pym und Nimue kaum einen Blick zu, bis auf Lucien, der Nimue ein schiefes Lächeln schenkte, als er in die Hütte des Heilers hineinhumpelte.

Nimue und Pym knieten sich vor die Fensterläden, als Lenore und die Ältesten sich in der Hütte versammelten. Mondschwingen sah man sehr selten, denn sie waren schüchtern und nachtaktiv und lebten im Blätterdach tiefer Wälder. Ihre Füße berührten selten den Boden, und ihre Haut konnte die Farbe und die Beschaffenheit der Borke des Baums annehmen, den sie erkletterten. Und das böse Blut, das seit langem zwischen dem Himmelsvolk und den Mondschwingen herrschte, machte das Auftauchen dieses Jungen in Dewdenn noch merkwürdiger und beunruhigender.

In der Brust des Jungen rasselte es, als er sprach, und seine Stimme war schwach. »Sie kamen bei Tag, als wir schliefen. Sie trugen rote Kutten.« Der Junge hustete abgehackt, und das Rasseln wurde schlimmer. »Sie setzten den Wald in Brand, umzingelten uns. Viele starben im Schlaf von dem Rauch. Andere sprangen in den Tod. Auf die, die es bis zum Boden schafften, wartete der Graue Mönch, der, der weint. Er schlug uns nieder. Hängte den Rest von uns an ihre Kreuze.« Ein weiterer Hustenanfall nahm dem Jungen den Atem, seine Lippen waren feucht vom Blut. Lenore beruhigte ihn, und Gustave bereitete eilig Wickel zu.

»Das ist nicht länger ein Problem des Südens. Die Roten Paladine kommen in den Norden. Wir sind genau in ihrem Weg«, sagte Felix, ein breitschultriger Bauer und einer der Ältesten.

»Bis wir mehr über ihre Absichten und Zahlen wissen, darf niemand das Dorf verlassen«, sagte Lenore.

Florentine meldete sich zu Wort. »Wie sollen wir unsere Waren verkaufen, wenn wir nicht zum Markt können?«

»Wir schicken Späher aus. Vielleicht wird dieser Spuk schon bald vorbei sein. In der Zwischenzeit werden wir improvisieren. Öffnet die Felder. Teilt eure Güter miteinander. Und wir sollten uns an die anderen Clans wenden.«

Während die Ältesten debattierten, zog Nimue Pym von dem Fenster weg und ging zu den Ställen.

»Was, du willst immer noch weg?«, fragte Pym.

»Natürlich«, antwortete Nimue. Zu warten, würde alles nur schlimmer machen. Es musste jetzt sein.

»Deine Mutter sagte gerade, dass wir nicht nach Hawksbridge reisen können.«

Nimue betrat die Ställe, nahm ihren Sattel von einem Haken und machte ihren Zelter namens Dusk Lady bereit.

»Ich lasse dich nicht an Bord eines Schiffs gehen. Auf keinen Fall.«

Nimue versuchte, hart zu bleiben. »Pym …«

»Nein.« Pym kreuzte die Arme.

 

Hawksbridge war einen Zehn-Meilen-Ritt durch Hügellandschaften und dichten Wald entfernt. Es war groß genug, um Gaukler und Händler in die Tavernen zu locken, und jeden zweiten Donnerstag wurde hier der Markt abgehalten. Für Nimue war es die größte Stadt, die sie kannte. Eine ganze Welt. Eine große Holzfestung auf einem Hügel überragte die Stadt im Norden. Die Krähen nährten sich an einem guten Dutzend Gehängter, die auf der höchsten Mauer der Festung baumelten, eine düstere Warnung für Fremde und Diebe.

Pym erschauderte bei dem Anblick. Sie zog sich die Kapuze ihres Umhangs tiefer ins Gesicht. »Diese Umhänge sind eine miese Tarnung. Und ich habe den ganzen Tag gearbeitet. Ich stinke.«

»Ich sagte dir, du sollst nicht mitkommen«, sagte Nimue erneut. »Und du stinkst nicht. Nicht sehr.«

»Ich hasse dich«, knurrte Pym.

»Du bist wunderschön, und du riechst nach Veilchen«, sagte Nimue beschwichtigend, dann schob sie ebenfalls ihr Haar unter die Kapuze, nur um sicherzugehen. Die Fey trugen ihr Haar offen, anders als die Frauen in der Stadt, die es unter einer Haube oder Kopfbedeckung verbargen.

»Das hier ist Wahnsinn«, sagte Pym.

»Deshalb liebst du mich.«

»Ich liebe dich nicht. Ich werde dich aufhalten und dir das hier ewig nachtragen.«

»Ich bringe Abenteuer in dein Leben.«

»Du bringst Kummer und Strafen in mein Leben.«

Die Wächter am Osttor ließen Pym und Nimue ohne großes Aufheben durch. Die Mädchen stellten Lady in einem Stall nahe dem Tor unter und gingen dann zu dem kleinen Hafen in der Scarcroft Bay, den die einheimischen Fischer und Seehändler nutzten. Laut kreischende Möwen schwebten über den kleinen Koggen, stürzten sich auf die zahlreichen mit Fischen gefüllten Reusen, die auf den Docks standen, und balgten sich um den zuckenden Inhalt.

Als sie sich dem vollen, lärmenden Dock näherten, spürte Nimue, dass Pym vor Aufregung zitterte.

»Woher willst du überhaupt wissen, dass sie dich mitnehmen?«, fragte Pym.

»Die Messingschild nimmt ein paar Dutzend Pilger bei jeder Fahrt mit. Man hat mir gesagt, das wäre das Schiff, das Gawain genommen hat. Es ist das einzige Schiff, das übers Meer zu den Wüstenreichen fährt.« Nimue wich einem Jungen aus, der eine Kiste mit lebenden Krebsen trug.

»Natürlich ist es das einzige Schiff, das zu den Wüstenreichen fährt. Was sagt dir das? Dass niemand zu den Wüstenreichen will, das sagt es dir. Ehrlich, was soll die Aufregung? Zur Botin ernannt zu werden, ist eine riesige Ehre. Die Gewänder sind wunderschön, und du wirst unglaublichen Schmuck tragen. Wo ist das Problem?«

»Es ist komplizierter«, sagte Nimue. Sie liebte Pym wie eine Schwester, aber sie sprach nicht gern über die Verborgenen. Pym mochte, was man sehen und anfassen konnte. Die Verborgenen, das war etwas anderes.

»Deine Mutter will dich wenigstens zu Hause haben. Meine versucht, mich an einen Fischhändler zu verheiraten.«

Nimue nickte mitfühlend. »An den stinkenden Aaron.«

Pym starrte sie wütend an. »Das ist nicht lustig.«

Als Nimue das Ausmaß dessen begriff, was sie vorhatte, wurde sie ernst. Sie wandte sich zu Pym um, wollte, dass sie verstand. »Die Ältesten werden mich nicht akzeptieren.« Das war immerhin die halbe Wahrheit.

»Wen kümmert es, was diese schrumpeligen Zwiebeln denken?«

»Aber was ist, wenn sie recht haben?«

Pym zuckte mit den Schultern. »Du hast eben Visionen, na und?«

»Und die Narben.«

»Sie verleihen dir Charakter?«, schlug Pym vor. »Ich meine, ich versuche hier, zu helfen.«

Nimue lachte und umarmte sie. »Was werde ich ohne dich nur tun?«

Pym stiegen Tränen in die Augen. »Dann bleib, du Idiotin.«

Nimue schüttelte traurig den Kopf, dann drehte sie sich um und lief aufs Dock. Pym eilte ihr hinterher.

»Was, wenn sie herausfinden, dass du eine Fey bist? Was, wenn sie Airmeds Finger sehen?«, flüsterte Pym.

»Das werden sie nicht«, zischte Nimue zurück. »Du kümmerst dich um Lady?«

»Ja. Was ist mit Geld?«

»Ich habe zwanzig Silberstücke.« Nimue seufzte, entnervt.

»Aber was, wenn man dich ausraubt?«

»Pym, es reicht!«, rief Nimue halblaut, während sie auf den kahlen und schwitzenden Hafenmeister zuging, der gerade zudringliche Möwen von seinem Tisch fortscheuchte.

»Entschuldige, aber welches dieser Schiffe ist die Messingschild?«, fragte Nimue.

Der Hafenmeister sah nicht von seinen Listen auf. »Die ist gestern ausgelaufen.«

»Aber ich dachte … ich dachte …« Nimue drehte sich zu Pym um. »Gawain ist mitten im Winter gegangen. Es ist erst November. Sie sollte noch hier sein.«

»Erzähl das den Ostwinden«, gab der Hafenmeister zurück. Er klang genervt.

»Wann kommt sie zurück?«, fragte Nimue flehend, als sie begriff, dass ihre Chance auf eine Flucht schwand.

Der Hafenmeister sah auf, seine Augenlider hingen herab und er blickte finster. »In sechs Monaten! Wenn du jetzt bitte verschwinden würdest?« Unter den Fischern in ihrer Nähe brach ein Gerangel aus, sie stießen Reusen um und die Vögel flatterten auf. Der Hafenmeister vergaß Nimue und Pym sofort und rannte hinüber zu dem Gedränge. »Oi! So geht’s hier nicht! Hört auf!«

Nimue wandte sich ihrer Freundin zu, sie hatte Tränen in den Augen. »Was mach ich denn jetzt?«

Pym strich Nimue das Haar zurück unter die Kapuze. »Nun, so hab ich dich wenigstens noch ein bisschen länger.«

Nimue blickte zum Horizont und versuchte, sich weitere sechs Monate im Dorf vorzustellen. Was für eine Ewigkeit!

Pym legte ihr einen Arm um die Schultern. »Du verträgst dich schon wieder mit deiner Mama.« Sie begann, Nimue zurück zu den Ställen zu ziehen.

»Eine Pilgerkarawane«, sagte Nimue, drehte sich plötzlich um und marschierte in die Stadt zurück.

»Pilger? Pilger hassen Fey. Das sind die Letzten, bei denen du dich blicken lassen solltest.«

Nimue wusste, dass sie nach einem Strohhalm griff, aber nach Dewdenn zurückkehren wollte sie auf keinen Fall.

Pym packte sie am Arm. Nimue sah, dass ihre Freundin entschlossen war, sie zu überreden.

»Warte, ich weiß was«, sagte Pym und änderte ihre Taktik. »Ich werde die Botin, und du heiratest den Stinkenden Aaron.«

Nimues mürrischer Gesichtsausdruck bekam Risse. »Ich bin nicht …«

»Na! Dann ist dein Leben also doch gar nicht so schrecklich!«

Nimue rannte davon, und Pym lief ihr hinterher.

 

Es war Markttag, und in den schmalen Straßen war kaum ein Durchkommen wegen der Ochsen, die Wagen voller Korn zogen, Packpferden, die Steinblöcke für die im Bau befindliche Kathedrale schleppten, und barfüßiger Bauernjungen, die einer Gänseschar nachjagten. Eine vierköpfige Familie, den Kleidern nach zu urteilen Pilger, blickte die Mädchen finster an, und der Vater murmelte etwas vor sich hin, als sie vorbeiliefen.

»Pilger«, sagte Pym. »Trotz unserer Umhänge sehen sie, dass wir Fey sind. Warum hast du sie nicht um eine Mitfahrgelegenheit gebeten?«

Nimue runzelte die Stirn.

»Los komm, wir besorgen etwas Brot und Käse für unterwegs und gehen nach Hause, solange es noch hell ist«, sagte Pym. Sie zog Nimue mit sich, und die Straße führte sie auf einen großen Platz. Ihnen lief das Wasser im Mund zusammen, als sie durch eine warme Duftwolke liefen, die nach gebackenem Brot roch. Die Frau des Bäckers hatte einen Tisch mit frischen Königslaiben neben einen Tisch mit Käsegebäck und Gewürzkuchen gestellt. Ein Gaukler in einer fadenscheinigen Tunika jonglierte mit ein paar Bällen, während Theaterleute in der Nähe eine Bühne errichteten.

Pym applaudierte, und Nimue blickte über den Platz und sah zwei Reiter in roten Mönchskutten, die die Menge mit mürrischen Mienen musterten. Sie waren noch jung, vielleicht so alt wie Nimue und Pym, und hatten kahle Köpfe von der Tonsur. Beide waren dünn, doch einer schien einen guten Kopf größer als sein Mitbruder. Nimue packte Pyms Handgelenk fester und ließ ihren Blick zu den Reitern wandern. »Ich glaube, das sind sie.«

»Wer?« Pym suchte die Menge ab.

»Rote Paladine.«

Pym keuchte auf, und ihre Hand flog an ihren Mund.

»Mach keinen Aufstand«, warnte Nimue sie, »wir wollen doch nicht auffallen.«

Pym senkte die Hand, aber aus ihren Augen sprach die Angst.

»Ich will näher ran«, sagte Nimue und wehrte Pyms Bemühungen ab, sie zurückzuhalten. Sie bahnte sich einen Weg durch die Menge, als die Roten Paladine ihre Pferde antrieben und zur gegenüberliegenden Ecke des Marktplatzes ritten, an einer Reihe mit Buden von Handwerkern vorbei. Vor einer Auslage mit Schwertern hielten sie an. Einer der Mönche sagte etwas zu dem Waffenschmied, der nickte, dann wählte er einen Dolch unter den Klingen auf dem Tisch aus und reichte ihn dem anderen Mönch. Der musterte die Klinge, zuckte mit den Schultern, schob sie in eine seiner Satteltaschen, dann trieb er sein Pferd zum nächsten Stand. Wütend verlangte der Waffenschmied nach seiner Bezahlung. Der kleinere Mönch wendete sein Pferd, trabte zu dem Waffenschmied und trat ihn mit dem Stiefel gegen die Brust, so dass der Mann gegen einen der Verkaufstische krachte. Einige Schwerter fielen klirrend zu Boden. Der Rote Paladin wartete, ob der Waffenschmied die Dreistigkeit besitzen würde, sich zu wehren. Doch dieser blieb still und zog sich in seine Bude zurück. Der Mönch schnaubte und sah sich um, ob sich jemand anderes einmischen würde, aber Händler und Bauern gleichermaßen hielten die Köpfe gesenkt und machten einen großen Bogen um den Mönch, der sich zufrieden wieder zu seinem Bruder mit dem gestohlenen Dolch gesellte.

»Sie haben ihn einfach geklaut«, sagte Nimue, erzürnt.

»Na und?«, flüsterte Pym, die sich duckte, um kleiner und unauffälliger zu wirken.

In Nimues Eingeweiden rumorte es vor Wut. Sie folgte den Paladinen im Abstand von fünfzig Schritt, wobei sie darauf achtete, Pilger, Landarbeiter und Krämer als Deckung zu nutzen. Als die Paladine an der Ecke mit der Stadthalle und dem Gewichtsmeister in eine schmale Straße abbogen, zog Nimue Pym unter eine offene Arkade mit geschwungenen Bögen, wo Körbe voller Kräuter und Gemüse zum Verkauf standen. Nimue blickte den Mönchsköpfen hinterher, die sich im Takt des Pferdes wiegten, bis sie außer Sicht waren. Kurz blieb sie stehen, dann zog sie Pym zum Rand der Arkade und dann hinaus auf die schmale Straße. Hinter zwei Lastpferden verborgen sahen sie, wie die Paladine sich zu zwei Brüdern auf Pferden gesellten, die unter einem dreistöckigen Baugerüst standen, auf dem Arbeiter ein wettergegerbtes Dach flickten. Um näher heranzukommen, schlichen Nimue und Pym zu einem weiteren, dreißig Schritt entfernten Durchgang, während die Roten Paladine sich mit gesenkten Stimmen besprachen.

»Wir haben sie gesehen. Jetzt lass uns gehen«, zischte Pym Nimue ins Ohr und zog an ihrem Ärmel.

Nimue trat aus dem Durchgang, ließ Pym stehen und huschte neben einen Wagen, der vom Markt kam. Der Steinmetz gab sich alle Mühe, einen Bogen um die Paladine zu machen, aber da die Straße nicht breit genug für sie alle war, gelang es ihm nicht. »Meine Entschuldigung, Brüder«, rief er, während er versuchte, um die Gruppe herumzufahren. Die Mönche blickten finster drein, als ihre Pferde zurücktraten, um dem Wagen des Steinmetzen auszuweichen. Nimue lief während dieser Ablenkung rasch zwischen den Pferden der Roten Paladine hindurch, zog den gestohlenen Dolch aus der Satteltasche des Diebs und verbarg ihn geschickt in ihrem Ärmel. Als der kleinere Mönch sich in Nimues Richtung wandte, sah er nur noch ihren Rock aufblitzen, als sie um eine Ecke in eine weitere Gasse huschte.

Pym eilte aus dem Durchgang und rannte zurück in das Gedränge unter der Arkade. Ihr Atem hatte sich gerade beruhigt, als sie eine Klinge an ihrem Hals spürte. Sie erstarrte.

»Gib mir all dein Geld!«, knurrte Nimue in Pyms Ohr.

Pym fuhr herum und schlug nach der lachenden Nimue, dann lachte sie selbst mit.

»Au! Hör auf! Du tust mir weh!« Nimue hielt sich die Hände über den Kopf.

»Ich hör nicht auf, du Irre!« Pym machte weiter, bis eine Bauersfrau ihnen etwas Unflätiges zurief, weil sie einen Eimer mit Kohlköpfen umgestoßen hatten. Die Mädchen rannten davon und schoben sich durch die Menge zurück zum Platz. Nimue ging zu der Bude des Waffenschmieds, in dessen Zelt der Hammer erklang, und legte den gestohlenen Dolch an seinen Platz auf dem Tisch mit den Klingen.

4

Sie folgten dem Klang der Musik. Zwei junge Männer hatten ihre Schwerter gegen ein Wagenrad gelehnt und führten aus dem Stegreif ein Konzert auf. Nimue bemerkte die Zahl der jungen Damen, die sich zur Stimme des Sängers wiegten.

Auf grünen Wiesen unterm Himmel blau,

Traf Amors Pfeil sein Ziel genau,

Wir tanzten und küssten die ganze Nacht,

Von Mond und Sternen wohlbewacht.

Neugierig richtete sie ihren Blick auf den Sänger. Er hatte ein jungenhaftes Gesicht, war schmal mit breiten Schultern und längerem Haar, das in der Sonne kupfern aufblitzte. Sein plumperer Freund spielte geschickt die Laute.

Sing holly-ho, mein schönes Sommermädchen,

Sing holly-ho-ho-holly-ho.

Die Stimme des jungen Sängers war angenehm, obwohl er sich bei den höheren Tönen schwertat. Das Summen der Verborgenen in ihrem Bauch und in ihren Ohren schwoll an. Sie berührte ihre Wange, um sicherzugehen, dass Airmeds Finger sich nicht zeigten. Wer ist er?, fragte sie sich. Er war kein Fey, soweit sie sagen konnte. Aber die Verborgenen wollten ihr etwas über diesen Jungen mitteilen. Sie versuchte, die Verborgenen zu ignorieren, aber das Geräusch hielt an. War es eine Warnung? Eine Aufforderung? Beides?

Pym schnalzte mit der Zunge und stieß Nimue den Ellbogen in die Seite.

Doch bald ist Herbst, mein Sommermädchen,

dann zieh’n die Schwalben weiter.

Der Blick des Sängers fiel auf Nimue, und der Vers blieb auf seiner Zunge haften.

Und der warme Wein …

Nimues Wangen färbten sich rot. Sie sah weg, beschämt, doch dann sah sie dem Sänger in die grauen Augen – Augen, die sie an die Wolfsjungen im Eisernen Wald erinnerten, wachsam, verspielt, gefährlich. Er sang weiter.

… doch da kam eine Maid mit blauen Augen,

wie kaltes Eis auf hoher See,

Sing holly-ho, mein schönes Wintermädchen …

Der Sänger lächelte Nimue an.

»Du gefällst ihm«, flüsterte Pym ihr ins Ohr. Nimue musste lachen. Doch das Summen in ihrem Bauch und die grauen Augen des Sängers waren zu viel, und sie wandte sich um zum Gedränge auf dem Markt, wo ein Gaukler von Kindern umringt tanzte und jonglierte. Er ließ seine Bälle fallen, und einer rollte an Nimue vorbei. Der junge Sänger hob ihn auf. Doch statt dem Gaukler den Ball zurückzugeben, bot er ihn lieber Nimue an. »Den hast du fallen lassen.«

Nimue nahm den Ball und grinste. »Sehe ich wie eine Gauklerin aus?«

Der Junge musterte sie. »Noch nicht, aber ich weiß, was dir fehlt.«

Mittlerweile hatte der Gaukler den Sänger erreicht – der ihm die Kappe vom Kopf stahl und sie Nimue aufsetzte. »Perfekt! Jetzt siehst du aus wie die bezauberndste Gauklerin, die diese Stadt je gesehen hat!«, erklärte er.

Pym schnaubte, der Mann protestierte, und Nimue ließ sich hinreißen und erwiderte: »Ich jongliere nur mit Feuer.«

Der Sänger lächelte. »Das dachte ich mir.«

Wegen der rauen Manieren und der abgetragenen Hose hielt Nimue den Jungen für einen Söldner. Dem Himmelsvolk wurde beigebracht, dass man seinesgleichen auf den Waldwegen nahe Dewdenn meiden sollte.

Der Gaukler verlor die Geduld mit ihnen und nahm seinen Ball zurück, während der Sänger sich den Bardenhut auf den eigenen Kopf setzte. »Keine Scharade mehr. In Wahrheit bin ich der große Gauklermeister Giuseppe Fuzzini Fuzzini! Und ich suche nach einem Lehrling, der in meine Fußstapfen tritt.« Er nahm zwei Rüben von einem Wagen, der vor einer Bude stand, und begann selbst zu jonglieren, wobei er dem Gaukler geschickt auswich, der sich seinen Hut zurückholen wollte. Nimue prustete vor Lachen. Besonders weil der junge Söldner sein mageres Talent doch etwas überstrapaziert hatte und rückwärts in einen der großen Obstkörbe fiel, während die Rüben auf den Boden polterten.

»Lust auf ein Bier?«, fragte er schließlich, als er sich aufgerappelt, seine Kleidung abgeklopft und dem Gaukler seinen Hut mit einer Verbeugung zurückgegeben hatte.

»Tut mir leid, wir werden zu Hause erwartet«, sagte Pym.

»Vielen Dank, werter Herr, wir sind in der Tat sehr durstig«, erwiderte Nimue und ging an dem Barden vorbei in Richtung einer lärmenden Taverne namens Zum Raben.

»Großartig.« Er lächelte und folgte ihr ins Wirtshaus.

 

»Ich bin Arthur«, sagte der Sänger, stellte zwei Krüge Ale vor Pym und Nimue und zog sich einen Stuhl an den kleinen Tisch in der vollen Taverne. Pyms Blick huschte umher. Die Stadtbewohner sahen misstrauisch zu ihnen hinüber.

»Nimue. Das hier ist Pym.« Nimue stupste Pym an, die daraufhin flüchtig lächelte.

»Das ist ein schöner Name, Nimue«, erwiderte Arthur und hob den Becher. »Ich muss sagen, ich mag eure Umhänge, sehr mysteriös. Seid ihr Schwestern des Konvents oder so was?«

»Nein, wir sind gedungene Assassinen«, sagte Nimue.

»Das dachte ich mir.« Arthur spielte mit, obwohl Nimue sah, dass er sie immer noch einzuordnen versuchte.

»Ihr lebt in Hawksbridge?«, fragte er.

»In der Nähe«, sagte Nimue, die keine Eile hatte, Arthurs Fragen zu beantworten. Ein Bier mit einem Jungen in der Stadt kann schließlich nicht schaden, oder? Sie nahm einen kleinen Schluck. Ihre Lippen prickelten. Das Ale war herb und warm, doch es wurde besser, je mehr sie trank. »Und du?«

»Nur auf der Durchreise.«

»Bist du ein Söldner?«

»Aber nein. Wir sind Ritter«, sagte Arthur. Er nickte zu einem lärmenden Tisch in der Nähe, wo mehrere raue Jungs Knochenwürfel spielten. Ein Einheimischer erhob sich von dem Tisch und knurrte: »Betrügerhaufen!« Der große Söldner mit dem Würfel trug ein Kettenhemd und hatte einen Kahlkopf mit mehreren Dellen, was zu seiner schiefen Nase passte. Er stand drohend auf und der Einheimische eilte davon, dann ging sein stumpfer Blick zu Pym und Nimue, die schnell wegschauten.

»Bors da drüben befehligte Lord Adelards Heerschar, bevor das Herz des alten Knaben aussetzte«, erklärte Arthur.

Bors war gewiss kein Ritter. Er und seine Truppe lachten und krakeelten herum wie Männer, die es auf einen Streit anlegten. Andere Einheimische behielten die Nasen in ihren Bechern. Im Rabenwurde es noch voller. Die Sonne flackerte durch das Fenster über dem Westtor. Ein Barde stimmte seine Rebec, und Pyms Stimme nahm einen nervösen Ton an.

»… bei Anbruch der Nacht! Hallo? Nimue? Deine Mutter wird uns das Fell gerben!«

»Mag sein. Ist aber kein Grund, sich vorher schon ins Hemd zu machen.« Ein weiterer Einheimischer verlor beim Knochenwürfeln gegen Bors. Er reichte ihm einen Beutel mit Münzen unter dem Jubel der »Ritter«.

»Nimue, die Wälder sind nicht sicher bei Nacht, und hier können wir auch nicht bleiben.«

»Geh noch nicht«, sagte Arthur da und legte sanft eine Hand auf Nimues Arm.

»Arthur! Warum versteckst du dich?«, bellte Bors herüber. »Bring diese feinen Maiden her, damit wir sie begrüßen können!«

Arthur zuckte zusammen, fing sich wieder, dann setzte er ein Lächeln auf. Er erhob sich, und die Männer an Bors’ Tisch murmelten und lachten.

Pym sah sie mit flehentlichem Blick an, aber Nimue trank ihr Ale aus, wischte sich mit dem Ärmel über den Mund und folgte Arthur zum Spieltisch. So ist es hier draußen in der Welt, dachte sie. Ein Abenteuer hinter jeder Ecke. Sie stellte sich vor, wie sie einen Sack Münzen gewann und sich bei einer der luxuriösen Handelskarawanen, die zu den Südmeeren reisten, einen gepolsterten Sitz kaufte. Ein paar Münzen könnten ihr und Pym auch Unterkunft und Verpflegung sichern. Vom Bier waren ihre Schritte beschwingt, als sie hinter Arthur zu dem Tisch ging.

»Werte Herren …«, fing Arthur an.

Bors unterbrach ihn. »Jungs, Arthur hat sich da recht liebliche Gesellschaft gesucht.«

Nimue gefiel die Art nicht, wie die Männer lachten. Sie sah einen Tisch voller Josse, eine Menge leerer Köpfe und lautes Gepolter.

»Kommt schon, Mädchen, lüftet die Kleider und lasst mal einen Blick auf die Ware werfen.« Bors beäugte Pym und Nimue wie Vieh.

»Macht weiter, Jungs«, sagte Arthur und wollte die Mädchen wegführen.

»Ich will auch mal«, sagte Nimue und ignorierte das Gelächter. Bors’ fette Finger zählten Münzen auf den Tisch. Der Söldner blickte zu ihr auf.

»Das … ist keine gute Idee«, warnte Arthur.

»Nimue«, zischte Pym.

Ein Grinsen breitete sich über Bors stopplige Wangen aus. »Aber natürlich, meine Taube.« Die anderen Söldner lachten schallend und pfiffen zustimmend.

»Hat die Dame fünf Silber?«, fragte Bors.

»Nein, ich fürchte nicht.«

»Egal, wir gestatten auch andere Einsätze.« Er schwieg kurz und musterte sie von oben bis unten. »Wie wär’ es, wenn wir um einen Kuss würfeln?«

Pym packte Nimue an den Schultern. »Wir wollten gerade gehen …«

Nimue entzog sich ihrem Griff. »Einverstanden.« Erneut erklang Jubel unter den Männern.

Arthur schüttelte den Kopf, doch Nimue wandte sich wieder Bors zu. »Wenn ich gewinne, bekomme ich zehn Silber.«

Bors kicherte. »Einverstanden.« Er nahm die Knochenwürfel in die gewaltigen Pranken. »Weiß die Dame, wie man spielt?«

»Man wählt eine Zahl?«

»Fast. Du brauchst eine Sieben, egal wie. Eine Zwei und Fünf. Drei und Vier. Sechs und eine Eins. Es ist ganz einfach, deine Chancen stehen gut. Ich hatte eben nur eine Glückssträhne.« Bors schob die Würfel über den Tisch.

Nimue nahm die Würfel entgegen, wog sie in der Hand. Sie waren natürlich gezinkt. Kein Dummkopf würde je eine Sieben damit würfeln. Aber Nimue war kein Dummkopf. Sie warf die Würfel über den Tisch, und als sie aufkamen, schloss sie die Augen und griff in Gedanken nach den Verborgenen. Sie spürte ein sehr leises Summen in ihrem Bauch, und ein zarter Silberfaden kroch an ihrer Wange hinauf, größtenteils von ihrer Kapuze verdeckt. Die Verborgenen antworten, dachte Nimue erfreut. Manchmal konnte sie die Macht in kleinen Maßen lenken.

Pym sah Airmeds Finger, und ihre Augen weiteten sich besorgt.

Die Würfel blieben liegen und zeigten eine Drei und eine Vier.

Bors starrte sie an. Die Söldner setzten sich gerader auf. Niemand sprach.

Langsam blickte Bors zu Nimue auf. »Würfel noch mal.«

»Warum? Ich habe gewonnen.«

Bors beugte sich vor und schob Nimue die Würfel zu. »Zwei von drei? Das ist nur gerecht.«

»Das war nicht vereinbart«, sagte Nimue.

»Würfel noch mal, Nimue, und dann lass uns gehen. Bitte«, flehte Pym.

»Dann sind es zwanzig Silber, wenn ich gewinne«, forderte Nimue.

Bors setzte sich zurück, und der Stuhl knarzte unter seinem Gewicht. »Könnt ihr das fassen?« Er schüttelte den Kopf und bellte vor Lachen. »Du willst zwanzig Silber? Dann will auch ich den Gegenwert meiner Münzen.«

»Einverstanden.«

Pym packte Nimue am Arm. »Hör auf.«

Nimue nahm die Würfel, schüttelte sie in der Hand. Wieder krochen Airmeds Finger an ihrem Hals hinauf und hinter ihr Ohr. Sie warf. Eine Sechs und eine Eins. Die Söldner hoben die Hände und schrien ungläubig auf, schwiegen dann, als sie den Blick in Bors’ Augen sahen.

»Verhext du mich?«, knurrte er.

Im Raben wurde es still. Nimue spürte die Blicke aus vielen Augen auf sich.

Eine Stimme sagte leise in ihrem Kopf: Flieh, du Närrin. Nimue beachtete sie nicht und lächelte Bors an. »Warum? Fürchtest du dich vor Hexen?« In ihren Ohren pochte es, und der Damm brach. Die Macht strömte aus ihr heraus, und der hölzerne Würfeltisch erblühte mit grotesken Knubbeln und Dornen, und aus Bors Stuhl wuchsen Äste, die sich um seinen Hals und seine Brust schlangen. Bors gurgelte und riss den Tisch um, zusammen mit den Bierkrügen und Weinbechern, während die Söldner verängstigt aufsprangen.

»Feyhexen!«, schrie einer der Söldner.

»Aye! Das war’s! Fort mit euch!« Pym und Nimue wandten sich um und sahen, dass der Wirt auf sie zeigte. »Wir wollen euresgleichen hier nicht!«

»Es tut uns leid«, brachte Pym hervor. Nimue fühlte sich ganz benommen. Der Ausbruch der Magie hatte sie geschwächt, sie fühlte sich leer und verbraucht. Sie spürte, wie Pym sie in Richtung Tür zog, und dann stießen sie mit dem Roten Paladin zusammen, der den Dolch gestohlen hatte. Nimue sah sofort weg und murmelte: »Tut mir leid, Bruder«, dann eilten sie hinaus.

Zum ersten Mal an diesem Tag wurde Nimue von der Angst überwältigt.

5

Nimue und Pym eilten mit Lady durch die Stadttore, als sie gerade geschlossen wurden. Die meisten Händler waren schon vor Stunden zu ihren Höfen zurückgekehrt. Nach Einbruch der Nacht mussten sich Besucher von Hawksbridge beim Wächter melden.

Der Mond in Form eines Fingernagels schien matt durch die Wolken. Als sie eine Meile von den Stadttoren entfernt waren, war das einzige Geräusch auf der Straße das langsame Trappeln von Ladys Hufen.

»Nimue, was sollte das? Du weißt, dass du in der Stadt keine Magie anwenden darfst! Sie werden uns dafür aufknüpfen!«

»Ich wollte das nicht. Ich wollte nur … mir geht’s nicht so gut.« Nimues Kopf pochte. Sie hatten kaum etwas gegessen, nur ein paar Kekse aus dem Dorf, und von dem Bier war ihr schwindlig.

»Warum hast du Streit mit diesen …«

»Sie machen mir keine Angst«, murmelte Nimue, die sich immer noch schwach fühlte. Die Roten Paladine waren jedoch etwas anderes. Ihre Wut von vorhin war verraucht, zurück blieb nur ein mulmiges Gefühl. Es war, als hätte sie sich selbst dabei zugesehen, wie sie sich so leichtsinnig benahm.

»Das halbe Dorf sucht vermutlich nach uns.« Pym war besorgt.

»Es tut mir leid, Pym. Versuch, zu schlafen. Ich bringe uns nach Hause.«

Pym knurrte, dann ergab sie sich der Müdigkeit und legte ihre Wange an Nimues Rücken. Nimue machte sich nichts vor wegen des zweistündigen Ritts, der vor ihnen lag. Lady war kein Schlachtross, Wölfe konnten sie leicht in Schrecken versetzen. Und es war kein Geheimnis, dass die Lichtungen Dieben Unterschlupf boten, die nur darauf warteten, dass Händler mit Beuteln voller Münzen vom Markttag vorbeikamen, um sie auszurauben.

Nimues Gedanken wurden vom Trappeln eines Pferds unterbrochen, das sich ihnen von hinten näherte. Pym regte sich. »Was ist das?«

»Still«, raunte Nimue und lenkte ihr Pferd im Kreis, um nach einem Versteck Ausschau zu halten. Ihr Herz pochte, aber Lady wählte genau diesen Moment, um zu bocken, und stand erstarrt mitten auf der Straße, während Nimue ihr die Fersen in die Flanken grub und eine einsame Gestalt ins Mondlicht geritten kam. Verzweifelt zog Nimue ein Käsemesser heraus, das sie im Sattel versteckt hatte. »Komm nicht näher!«

Pym packte ihre Schultern.

»Ich ergebe mich«, sagte eine vertraute Stimme. Ein schwarzes Pferd trat aus der Dunkelheit. Der junge Mann darauf hielt ein Kleidungsstück hoch, das Nimue kannte. »Gehört der einer von euch?«

Als sie Arthur sah, spürte Nimue wieder das Summen in sich. Ihre Hand glitt an ihren Hals, und jetzt erst merkte sie, dass sie ihren Umhang verloren hatte.

»Du bist den ganzen Weg geritten, nur um mir einen Umhang zurückzugeben?«

»Es ist ein hübscher Umhang.«

»Bist du allein?« Nimue blickte in die Dunkelheit über Arthurs Schulter.

»Aye. Bis auf Egypt hier.« Arthur tätschelte den langen Hals seines Pferds.

Nimue drängte Lady vorwärts, bis sie nah genug war, dass Arthur ihr den Umhang reichen konnte.

»Hab noch nie gesehen, dass jemand Bors so abgefertigt hat«, sagte er, doch Nimue konnte nicht erkennen, ob er beeindruckt von ihr war oder Angst vor ihr hatte.

Sie warf sich den Umhang über die Schultern, und nur ungern gestand sie sich ein, dass sie ebenfalls Angst hatte. »Schade. Etwas mehr Bescheidenheit würde ihm guttun.«

»Du solltest besser aufpassen.«

»Ich brauch deinen Rat nicht«, sagte Nimue und gab ihr Bestes, selbstbewusst zu klingen, doch sie wusste, dass sie es in der Taverne zu weit getrieben hatte.

Arthur lächelte und schüttelte den Kopf. »Wirklich? Du weißt Bescheid, hm?«

Charmantes Lächeln hin oder her, sein Tonfall verärgerte sie. »Wenigstens genauso gut wie ein junger Söldner, der tut, was man ihm sagt, und den Mund hält.«

»Danke«, warf Pym da ein, »für den Mantel. Das hättest du nicht zu tun brauchen.«

»Ich bin euresgleichen noch nie begegnet.«

»Und?«, fragte Nimue.

Arthur hob die Hände. »Vielleicht hast du nicht so viel von der Welt gesehen, wie du glaubst. Hier gibt’s zum Beispiel einen Kerl namens Ringnase, der öfters hinter der nächsten Biegung auf der Lauer liegt.« Pym blickte erschreckt drein.

»Und lass mich raten: Das weißt du, weil er für dich arbeitet«, sagte Nimue.

Arthurs Ohren wurden rot. »Für Bors, gelegentlich.«

»Echte Ritter«, erwiderte Nimue höhnisch.

»Hör mal, die Zeiten sind zu gefährlich für Fey, als dass sie Männer am helllichten Tag verhexen können.«

»Wir sind keine Hexen«, gab Nimue sofort zurück.