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Der investigative Journalist Lukas Becker stößt bei seinen Recherchen auf eine versteckte, illegale Plattform im Darknet, auf der Menschen versteigert werden. Seine Neugier führt ihn tiefer in die dunklen Abgründe des Internets, als er ahnte. Als er beginnt, die Machenschaften aufzudecken, wird er selbst zum Ziel der Organisation und findet sich plötzlich als das nächste "Angebot" auf der Auktion wieder. Gefangen in einem Netz aus Angst, Misstrauen und Verzweiflung, beginnt ein erbitterter Kampf ums Überleben – immer mit der Hoffnung, dem Dunkel zu entkommen und die Wahrheit ans Licht zu bringen.
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Veröffentlichungsjahr: 2024
Vorwort
**Darknet: Auktion der Furcht**
Der investigative Journalist Lukas Becker stößt bei seinen Recherchen auf eine versteckte, illegale Plattform im Darknet, auf der Menschen versteigert werden. Seine Neugier führt ihn tiefer in die dunklen Abgründe des Internets, als er ahnte. Als er beginnt, die Machenschaften aufzudecken, wird er selbst zum Ziel der Organisation und findet sich plötzlich als das nächste "Angebot" auf der Auktion wieder. Gefangen in einem Netz aus Angst, Misstrauen und Verzweiflung, beginnt ein erbitterter Kampf ums Überleben – immer mit der Hoffnung, dem Dunkel zu entkommen und die Wahrheit ans Licht zu bringen.
**Über den Autor**
Jordan Merian ist ein deutscher Autor und Journalist, der sich auf Thriller spezialisiert hat. Seine Geschichten erforschen die dunklen Ecken der Gesellschaft und konfrontieren die Leser mit den Abgründen menschlicher Machenschaften. Merian lässt seine Figuren oft die Grenzen von Moral und Gerechtigkeit ausloten, was seinen Büchern eine besondere Tiefe verleiht.
Titel: **Darknet: Auktion der Furcht**
Kapitel 1: Die Spur des Unbekannten
Lukas Stiller war nicht jemand, der leicht zu erschüttern war. Als Journalist hatte er schon vieles gesehen – politische Skandale, Gewaltverbrechen, gebrochene Familien. Doch in all den Jahren hatte er immer das Gefühl gehabt, einen gewissen Abstand halten zu können, eine emotionale Distanz, die ihm half, nüchtern und sachlich zu bleiben. Heute jedoch fühlte sich etwas anders an. Etwas, das wie ein unsichtbares Gewicht auf seiner Brust lag und ihn bedrückte.
Es war mitten in der Nacht, und der flackernde Bildschirm seines Laptops war das einzige Licht in seinem spärlich beleuchteten Arbeitszimmer. Die bläulichen Töne des Bildschirms warfen tiefe Schatten an die Wand, die sich bei jeder Bewegung verzogen. Lukas spürte, wie sich ein Knoten in seinem Magen bildete, als er erneut die E-Mail aufrief. Der Absender war anonym, die Worte knapp, aber sie enthielten eine unmissverständliche Botschaft: „Menschen verschwinden nicht einfach. Suche tiefer.“
Ein eisiger Schauer kroch seinen Rücken hinauf, und er fragte sich, warum diese Worte ihm solch eine Beklemmung bereiteten. Es war nicht das erste Mal, dass er mit Verschwundenen zu tun hatte. Doch es war die Art, wie die Nachricht formuliert war, als ob der Absender wusste, dass Lukas bereits eine Ahnung hatte – eine Ahnung, die er bisher versucht hatte zu ignorieren.
„Suche tiefer“, murmelte Lukas leise, seine Finger strichen langsam über die Tasten. Er atmete tief ein, als ob er sich selbst Mut machen wollte, bevor er entschied, dem nachzugehen. Etwas in ihm sagte ihm, dass dies kein gewöhnlicher Fall war. Es fühlte sich an, als ob er einen dunklen Pfad entlanggehen würde, einen Pfad, von dem er vielleicht nicht mehr zurückkehren könnte.
Er öffnete eine neue Browser-Sitzung, aktivierte seine VPN-Verbindung und tauchte ein in die dunklen Winkel des Internets, von denen er immer nur gelesen hatte. Das Dark Web. Eine Welt, die für die meisten unsichtbar blieb – eine Parallelwelt voller Verbrechen, illegaler Geschäfte und menschlicher Abgründe. Lukas wusste, dass er vorsichtig sein musste. Die dunklen Ecken des Internets waren nicht nur gefährlich wegen der Inhalte, sondern auch wegen der Menschen, die sich dort bewegten. Menschen, die keine Skrupel kannten.
Mit jedem Klick, mit jeder verschlüsselten Seite, die sich langsam aufbaute, spürte Lukas, wie sein Herz schneller schlug. Es war, als würde er die Dunkelheit selbst einatmen – eine erdrückende Präsenz, die ihn umgab. Das ungute Gefühl in seiner Brust wurde stärker, als er die ersten Foren durchstöberte, in denen über verschwundene Menschen gesprochen wurde. Es war nicht wie in den Krimis, die er für gewöhnlich las – die nüchterne Art, wie über das Verschwinden von Menschen gesprochen wurde, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.
„Neuer Markt eröffnet“, lautete ein Beitrag, der seine Aufmerksamkeit erregte. Darunter befanden sich mehrere Kommentare, die darüber diskutierten, wer „gelistet“ wurde und was die „Angebote“ beinhalteten. Es war abstoßend. Lukas verspürte einen Anflug von Übelkeit, während er weiter las. Menschen als Ware. Seine Hände zitterten leicht, als er auf den Link klickte, der ihn zu einer verschlüsselten Seite führte.
Die Seite lud langsam, als ob sie sich Zeit ließ, ihm zu zeigen, was für eine Hölle ihn erwartete. Lukas starrte auf den Bildschirm, unfähig, den Blick abzuwenden. Bilder von Menschen – Männer, Frauen, sogar Jugendliche – mit Nummern versehen, als wären sie Produkte in einem Katalog. Er fühlte, wie sein Atem stockte, sein Magen sich zusammenkrampfte. Die Gesichter wirkten leer, gebrochen, als hätten sie jede Hoffnung verloren.
Ein Bild stach ihm besonders ins Auge. Eine junge Frau, kaum älter als zwanzig, ihr Gesicht war verweint, die Augen leer. Darunter standen Informationen: Alter, Gesundheitszustand, „Verfügbarkeit“. Es fühlte sich an, als ob jemand ihm einen Schlag in die Magengrube versetzt hätte. Er war Reporter, ein Beobachter – aber diese Gesichter, diese Menschen, sie fühlten sich so real an. So nah. Und das Schlimmste war: Sie warteten darauf, dass jemand sie kaufte.
Lukas schluckte schwer. Eine Mischung aus Wut, Verzweiflung und Angst stieg in ihm auf. Wie konnte so etwas passieren, wie konnte so etwas existieren, ohne dass jemand eingriff? Und warum fühlte er sich plötzlich, als ob jemand ihn beobachtete? Er drehte sich unwillkürlich um, sein Blick wanderte durch das dunkle Arbeitszimmer, doch es war niemand dort. Nur die Schatten, die sich unheimlich an den Wänden bewegten.
Zurück auf der Seite bemerkte Lukas etwas, das ihm bisher entgangen war. Eine Liste von Geboten. Es war eine Auktion. Menschen wurden versteigert wie Kunstwerke oder Autos, und die Gebote waren hoch – astronomisch hoch. Lukas‘ Hände zitterten, als er die Summen sah. Er verstand es nicht, oder vielleicht wollte er es einfach nicht verstehen. Wie konnte das alles so versteckt bleiben, wie konnten Menschen so grausam sein?
„Du bist tief genug eingetaucht“, flüsterte eine Stimme in seinem Hinterkopf, doch Lukas wusste, dass er nicht aufhören konnte. Er musste mehr wissen. Mehr herausfinden. Er musste verstehen, wer dahintersteckte, und vor allem, wie man diese Menschen retten konnte. Er wusste, dass er damit ein Spiel begann, das er vielleicht nicht gewinnen würde. Doch die Bilder der Menschen, die Blicke der Opfer, ließen ihm keine Wahl.
Die Stunden vergingen, als Lukas immer tiefer in die Abgründe des Dark Web eintauchte. Die Uhr zeigte bereits vier Uhr morgens, doch er fühlte keinen Schlaf. Nur ein bedrückendes Gefühl der Schwere, das ihm sagte, dass er eine Grenze überschritten hatte – eine Grenze, die es schwer machte, jemals wieder zurückzukehren.
Das Licht der Morgendämmerung schimmerte schwach durch die Vorhänge, als Lukas sich endlich von seinem Laptop löste. Er fühlte sich leer, ausgelaugt, als ob all die Dunkelheit, die er gesehen hatte, ein Teil von ihm geworden war. Doch es war nur der Anfang. Er wusste, dass er tiefer gehen musste, um die Wahrheit aufzudecken, und dass dies ein Pfad war, der ihn alles kosten könnte – seine Sicherheit, seinen Verstand, vielleicht sogar sein Leben.
Die Grenze zwischen Beobachter und Beteiligtem begann zu verschwimmen. Und tief in seinem Inneren wusste Lukas, dass es kein Zurück mehr gab.
Kapitel 2: Das Tor zur Dunkelheit
Lukas war körperlich anwesend, aber sein Geist schien irgendwo in den Schatten gefangen zu sein. Am Morgen, als er schließlich sein Arbeitszimmer verließ, fühlte er sich, als würde ihn eine unsichtbare Hand nach unten ziehen. Sein Kopf pochte, die Nacht hatte keine Ruhe, sondern nur Ungewissheit gebracht. Er war müde – eine Erschöpfung, die nicht nur körperlich war, sondern tief in seine Seele sickerte.
Er setzte sich an den Frühstückstisch, starrte auf seinen Kaffee, dessen Dampf in sanften Spiralen aufstieg. Es war seltsam, wie alles um ihn herum so normal wirkte – das Rauschen des Verkehrs draußen, die Vögel, die durch das Fenster zwitscherten. Es war, als stünde er vor einer Glaswand und beobachtete eine Welt, zu der er nicht mehr wirklich gehörte.
Er versuchte, die Bilder der vergangenen Nacht zu verdrängen, aber es gelang ihm nicht. Sie hatten sich in seine Gedanken eingebrannt, als wären sie unauslöschliche Narben auf seinem Bewusstsein. Die leeren Augen der jungen Frau verfolgten ihn, ihr Gesicht schien sich mit jedem Blinzeln in seinem Verstand wieder einzubrennen. Es war eine Ohnmacht, die ihn lähmte – das Wissen, dass er so viel gesehen hatte, aber so wenig tun konnte.
Seine Finger umklammerten die Kaffeetasse fest, fast schmerzhaft, während seine Gedanken immer wieder zur gleichen Frage zurückkehrten: Was, wenn es wirklich niemanden gab, der half? Was, wenn all das, was er gesehen hatte, nie das Licht der Öffentlichkeit erreichen würde, weil niemand den Mut hatte, es offenzulegen? Eine schwere Last legte sich auf seine Brust, eine Mischung aus Wut und Angst.
Lukas spürte, wie eine Stimme in ihm wütete, eine Stimme, die schrie, dass er etwas tun musste, dass er nicht einfach tatenlos zusehen durfte. Doch die Angst, die unbestimmte Furcht vor dem, was da draußen im Dunkeln auf ihn wartete, ließ ihn zögern. Was, wenn er die Grenze bereits überschritten hatte? Was, wenn er längst im Visier derer stand, die er zu entlarven versuchte?
Er rieb sich müde die Augen, während er versuchte, seine Gedanken zu sortieren. Er konnte einfach nicht loslassen. Die Neugier, das journalistische Feuer in ihm, brannte heller als die Angst. Er wusste, dass das, was er da entdeckt hatte, nicht nur eine Story war – es war eine Abscheulichkeit, die aufgehalten werden musste. Doch wo sollte er anfangen? Und vor allem: Wer würde ihm glauben?
Die E-Mail von letzter Nacht ließ ihn nicht los. "Suche tiefer", hatte die anonyme Quelle geschrieben. Aber tiefer wohin? Lukas war klar, dass er weitermachen musste. Vielleicht war es töricht, vielleicht war es gefährlich – aber nichts tun war für ihn einfach keine Option.
Er atmete tief ein und griff nach seinem Handy. Er brauchte Hilfe, jemanden, dem er vertrauen konnte. Jemanden, der nicht weglaufen würde, wenn er die Wahrheit hörte. Sein Daumen schwebte über dem Kontakt von Sarah, seiner ehemaligen Kollegin und engen Vertrauten. Er wusste, dass sie die Einzige war, die ihn verstehen würde, die bereit war, sich mit ihm in diese Dunkelheit zu begeben.
Doch in dem Moment, als er ansetzen wollte, die Nummer zu wählen, kam ein Gefühl von Zweifel auf. Was, wenn er sie damit in Gefahr brachte? Was, wenn diese Leute bereits wussten, dass er auf sie aufmerksam geworden war? Lukas ließ das Handy sinken, seine Finger zitterten leicht. Ein stechender Schmerz durchfuhr seine Brust, und er spürte, wie sich Panik in ihm breit machte.
Alleine sein. Er war auf sich alleine gestellt, und diese Erkenntnis traf ihn mit einer Wucht, die ihm fast den Atem nahm. Das Wissen, dass niemand ihn beschützen konnte, dass niemand ihn retten würde, wenn er zu tief tauchte – es fühlte sich an wie eine kalte Hand, die nach seinem Herzen griff und es langsam zusammendrückte.
Er stand auf, schob die Kaffeetasse beiseite und begann ziellos durch die Wohnung zu gehen. Die Enge der Wände schien ihn zu erdrücken, als würde die Dunkelheit, die er in der vergangenen Nacht betreten hatte, langsam zu ihm durchsickern und jeden Winkel seines Lebens einnehmen. Er musste raus, er musste frische Luft haben. Aber konnte er das überhaupt noch, ohne sich ständig umzusehen? Ohne das Gefühl zu haben, beobachtet zu werden?
Mit einem tiefen Seufzen griff Lukas nach seiner Jacke. Sein Herz schlug schnell, während er durch die Wohnungstür trat. Es war absurd, doch er konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass jede Bewegung, die er machte, jemandem da draußen bewusst war. Er sah sich um, prüfte die Straße, die leeren Fenster gegenüber – alles schien normal, doch etwas in ihm schrie, dass es das nicht war.
Er begann, ziellos zu laufen, die kalte Morgenluft schnitt in seine Lungen und weckte ihn ein wenig auf. Doch die innere Unruhe blieb, eine konstante Präsenz, die ihn nicht loslassen wollte. Er wusste, dass er weitergehen würde, tiefer eintauchen, egal welche Gefahr das bedeutete. Denn die Gesichter, die Menschen, die er gesehen hatte, waren nicht einfach Bilder. Sie waren real, und ihre Qualen waren real. Das konnte er nicht vergessen, egal wie sehr er sich wünschte, es zu tun.
Der Park, den Lukas betrat, war fast menschenleer. Nur einige Jogger waren unterwegs, und ein älteres Ehepaar saß auf einer Bank und fütterte Tauben. Für einen Moment blieb Lukas stehen, schaute auf die Szene, die so friedlich und normal wirkte. Es war, als stünde er in einem Traum – oder vielleicht in einem Albtraum, aus dem er nicht erwachen konnte. Eine Welt, in der alles um ihn herum in Ordnung schien, während er allein wusste, welche Abgründe sich direkt unter der Oberfläche verbargen.
Er setzte sich auf eine Bank, sein Blick wanderte über den Teich, der in der Morgensonne glitzerte. Doch das Licht drang nicht wirklich zu ihm durch. Alles, was er sah, alles, was er spürte, war von der Dunkelheit überschattet, die er in der letzten Nacht betreten hatte. Lukas fühlte, wie ihm die Tränen in die Augen stiegen – eine Mischung aus Verzweiflung, Hilflosigkeit und der schieren Überwältigung dessen, was vor ihm lag. Er legte den Kopf in die Hände und schloss die Augen, versuchte für einen Moment einfach nur zu atmen.
Er war nicht bereit aufzugeben. Das wusste er. Er konnte nicht aufgeben. Doch der Weg vor ihm schien so unendlich schwer, so gefährlich und dunkel. Und tief in ihm nagte die Frage: Was, wenn er am Ende der Dunkelheit nicht die Wahrheit finden würde, sondern nur seinen eigenen Untergang?
Lukas schluckte, wischte sich die Tränen weg und atmete tief durch. Er würde weitermachen. Denn die Menschen, die in diesem Schattennetz gefangen waren, hatten keine Stimme – und vielleicht war er die einzige Person, die ihre Schreie gehört hatte. Er musste stark sein. Für sie. Für die, die keine Chance hatten.
Langsam erhob er sich von der Bank. Die Angst war noch da, doch ein Funke Entschlossenheit flackerte in seinem Inneren. Er war bereit, das Risiko einzugehen – egal, welchen Preis er dafür zahlen musste.
Kapitel 3: Die erste Entdeckung
Die Nacht kehrte zurück, und mit ihr das Gefühl, dass die Dunkelheit, die Lukas in der letzten Nacht betreten hatte, nun tief in ihm verankert war. Er saß wieder an seinem Schreibtisch, das flackernde Licht seines Laptops ließ die Schatten um ihn herum lebendig wirken. Es war fast, als wären diese Schatten ein Teil seiner Gedanken geworden – ein Symbol für die Ungewissheit, das Entsetzen und die schiere Verzweiflung, die ihn durch die letzten Stunden begleitet hatten.
Sein Herz pochte, als er den Laptop hochfuhr. Er wusste, dass das, was er zu sehen bekommen würde, kein leichter Anblick sein würde. Und dennoch war da diese unbändige Neugier, die ihn antrieb, die ihn zwang, tiefer zu graben. Er spürte das kalte Brennen der Angst in seinem Magen, ein beständiges Zittern in seinen Fingern. Was, wenn er etwas fand, das ihn noch mehr verstören würde? Etwas, das ihm endgültig den Boden unter den Füßen wegziehen würde?
Lukas atmete tief durch, während die vertraute Oberfläche seines Computers vor ihm erschien. Er konnte nicht leugnen, dass er Angst hatte – eine Angst, die wie ein dichter Nebel über seinem Bewusstsein lag, der ihn bei jedem Atemzug ein wenig mehr erstickte. Er öffnete seinen verschlüsselten Browser und aktivierte die notwendigen Tools, um anonym im Dark Web zu surfen. Die tiefe Stille seines Arbeitszimmers wurde nur vom leisen Summen des Laptops unterbrochen, während er auf die dunklen Seiten zugriff, die ihm mehr Antworten, aber auch mehr Schrecken versprachen.
Seine Augen wanderten über die Beiträge in einem der Foren, in denen er bereits zuvor gewesen war. Die nüchterne Sprache der Benutzer, ihre Kaltblütigkeit, ließ einen Schauer über seinen Rücken laufen. Es war, als wären Menschen für sie nichts weiter als Ware – Objekte, die gehandelt, gekauft und verkauft werden konnten, ohne jede Empathie oder Menschlichkeit. Lukas spürte eine unbändige Wut in sich aufsteigen, eine Ohnmacht, die ihn fast übermannte. Wie konnten sie so sein? Wie konnten sie all das tun, ohne einen Hauch von Schuld zu empfinden?
Er klickte weiter, tiefer in das Forum hinein, bis er auf eine Seite stieß, die einen Live-Stream anbot. Seine Finger zögerten, sein Blick verharrte auf dem blinkenden Link. Eine Gänsehaut breitete sich auf seinen Armen aus, und ein Gefühl der Übelkeit drohte, ihn zu übermannen. Doch er wusste, dass er nicht zurückweichen konnte. Wenn er verstehen wollte, was dort draußen geschah, musste er auch die schlimmsten Facetten dieser Welt betrachten.
Mit einem tiefen Atemzug klickte er auf den Link, und die Seite öffnete sich. Der Bildschirm wurde schwarz, und für einen Moment dachte Lukas, dass vielleicht nichts passieren würde. Doch dann begann das Bild sich zu klären. Er sah einen Raum – kahl, düster, die Wände schienen aus kaltem Beton zu sein. In der Mitte des Raumes stand ein Stuhl, und auf diesem Stuhl saß jemand – ein Mann, gefesselt, mit einem Sack über dem Kopf.
Lukas spürte, wie sein Atem stockte. Die Szene fühlte sich unwirklich an, als würde er einen Albtraum beobachten, aus dem er einfach nicht erwachen konnte. Sein Herz raste, und er bemerkte, wie seine Hände unkontrolliert zitterten. Er hätte den Stream beenden sollen, den Laptop zuklappen sollen, um diesem Schrecken zu entkommen – doch er konnte nicht. Seine Augen waren wie gefangen, als die Kamera näher heranzoomte und der Mann auf dem Stuhl begann, sich zu winden.
Eine Stimme erklang aus dem Off, verzerrt und kalt. Sie kündigte den Beginn der Auktion an, und Lukas fühlte, wie die Übelkeit in ihm stärker wurde. Er sah die Chat-Nachrichten am Rand des Bildschirms, in denen die ersten Gebote abgegeben wurden. Es fühlte sich an, als wäre er in einen Strudel aus Wahnsinn und Grausamkeit gezogen worden – ein Strudel, aus dem es kein Entrinnen gab.
Lukas schloss für einen Moment die Augen, versuchte, die Bilder aus seinem Kopf zu verbannen. Doch sie waren bereits da, fest verankert in seinem Bewusstsein. Er konnte die Stimme hören, das Geräusch der Ketten, die an den Handgelenken des Mannes rieben, die emotionslosen Worte derjenigen, die Gebote abgaben. Jeder Klick, jedes Gebot, war wie ein Schlag in seinen Magen, ein weiterer Nagel in den Sarg seiner Hoffnung, dass die Welt doch noch irgendwo einen Funken Menschlichkeit besaß.
Tränen stiegen in seine Augen, doch Lukas versuchte sie zu unterdrücken. Er durfte jetzt nicht schwach sein. Er musste stark bleiben, für die Menschen, die hier vorgeführt wurden wie Vieh. Er wusste, dass er etwas tun musste, aber was? Wie konnte er gegen diese unsichtbare Macht ankämpfen, die ihm so weit überlegen schien?
Er öffnete die Augen wieder, blickte auf den Bildschirm, und plötzlich traf ihn eine Erkenntnis mit voller Wucht. Die Kamera drehte sich langsam, und für einen flüchtigen Moment sah er ein weiteres Gesicht – ein Gesicht, das ihm bekannt vorkam. Es war verschwommen, im Hintergrund, doch Lukas war sich sicher, dass er diese Person schon einmal gesehen hatte. Sein Herzschlag beschleunigte sich, eine Mischung aus Furcht und Entschlossenheit ergriff ihn.
Er kannte diesen Mann. Er hatte ihn vor nicht allzu langer Zeit getroffen, während einer Recherche in der Stadt. Es war jemand, den er als Quelle genutzt hatte, jemand, der ihm geholfen hatte, Informationen zu sammeln. Doch jetzt, in diesem düsteren Raum, war dieser Mann nicht mehr der Informant, der ihm half. Er war ein weiteres Opfer, gefangen in einer Hölle, die Lukas kaum begreifen konnte.
Die Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag in die Magengrube, und Lukas spürte, wie ihm die Tränen ungehindert über die Wangen liefen. Er hatte geglaubt, dass er diese Menschen retten könnte, doch stattdessen hatte er sie in eine noch größere Gefahr gebracht. Es war, als ob die Dunkelheit, die er erkunden wollte, nun zurückkehrte, um ihn zu verschlingen. Die Schuld lastete schwer auf ihm, ein Gewicht, das ihm den Atem nahm.
Er wusste, dass er nicht mehr nur ein Beobachter war. Diese Menschen, diese Opfer, waren nicht länger namenlose Fremde – sie hatten Gesichter, Geschichten, Leben, die von Menschen zerstört wurden, die keine Skrupel kannten. Und Lukas wusste, dass er eine Verantwortung hatte. Er konnte nicht mehr einfach wegsehen, nicht mehr einfach aufhören. Er war schon viel zu tief eingetaucht, und es gab keinen Weg zurück.
Mit zitternden Händen schloss Lukas den Laptop. Sein Herz raste, und er atmete schwer, während er versuchte, seine Gedanken zu sortieren. Er fühlte sich verloren, gefangen in einem Albtraum, der kein Ende zu nehmen schien. Doch tief in ihm spürte er auch eine Flamme der Entschlossenheit. Er würde nicht aufgeben, nicht jetzt, wo so viel auf dem Spiel stand.
Er musste weitermachen. Für die Menschen, die keine Stimme hatten. Für die Opfer, die darauf hofften, dass jemand sie retten würde. Und auch für sich selbst – um die Schuld abzutragen, die ihn zu ersticken drohte.
Lukas wusste, dass der Weg vor ihm gefährlich war, dass er kaum eine Chance hatte, gegen das Schattennetz des Dark Web anzukämpfen. Doch er hatte keine Wahl. Die Dunkelheit hatte ihn schon verschlungen – jetzt ging es nur noch darum, ob er in ihr untergehen oder einen Weg finden würde, wenigstens einen Funken Licht hineinzubringen.
Kapitel 4: Die Kontaktaufnahme
Lukas saß auf der verstaubten Couch in seinem Wohnzimmer, das Licht war gedämpft, und die Dunkelheit drückte sich gegen die Fenster, als wolle sie mit Gewalt hereinbrechen. In seiner Hand hielt er ein halbvolles Glas Whisky, dessen goldene Flüssigkeit bei jeder Bewegung leicht gegen den Rand schwappte. Er nahm einen tiefen Schluck, spürte das Brennen in seiner Kehle, das sich durch seine Brust zog und für einen Moment die eisige Kälte in ihm überdeckte.
Vor ihm lag eine Packung Zigaretten, zerknittert und alt. Er hatte vor Jahren aufgehört zu rauchen, als seine Arbeit stressiger wurde und er gemerkt hatte, dass die Sucht mehr Kontrolle über ihn hatte, als er wollte. Doch heute war das anders. Heute fühlte er sich, als hätte er bereits die Kontrolle verloren, und der Nikotinrausch schien ihm wie eine willkommene Ablenkung von der Realität, die sich wie eine Schlinge um seinen Hals zog.
Mit zitternden Fingern nahm er eine Zigarette aus der Packung, klemmte sie sich zwischen die Lippen und griff nach dem Feuerzeug. Der Klick des Feuerzeugs klang fast wie ein Hohn in der Stille des Zimmers, und das orange Licht der Flamme spiegelte sich kurz in seinen Augen wider, bevor er die Zigarette anzündete. Der erste Zug füllte seine Lungen, ließ ihn für einen Moment die Enge vergessen, die ihn die letzten Stunden begleitet hatte.
Er lehnte sich zurück, starrte an die Decke und ließ den Rauch langsam ausströmen. Er beobachtete, wie er in Spiralen in die Dunkelheit stieg, bevor er sich langsam auflöste. Es war seltsam beruhigend, wie der Rauch einfach verschwand – so leicht, als wäre er nie da gewesen. Wie gerne würde Lukas das gleiche mit seinen Sorgen tun. Sie einfach ausatmen und zusehen, wie sie verblassten, bis nichts mehr von ihnen übrig war.
Doch stattdessen schmerzte sein Kopf von den endlosen Gedanken, die ihn nicht losließen. Die Gesichter der Menschen, die er gesehen hatte – der Mann, der gefesselt auf dem Stuhl saß, die Frau, deren leere Augen ihn durch den Bildschirm hindurch angeschaut hatten. Sie alle schienen ihn zu verfolgen, als wären sie jetzt ein Teil von ihm geworden. Eine Last, die er nicht mehr ablegen konnte.
Lukas nahm einen weiteren Schluck Whisky und schloss für einen Moment die Augen. Das warme Brennen in seiner Brust schien die einzige echte Wärme zu sein, die er seit Tagen gefühlt hatte. Er fühlte sich, als stünde er am Rand eines Abgrunds, als wäre jeder Atemzug, jeder Gedanke ein Schritt weiter ins Nichts. Er hatte das Gefühl, dass der Boden unter ihm immer brüchiger wurde, dass er irgendwann einfach fallen würde, ohne jemals wieder aufzutauchen.
Doch er wusste, dass er handeln musste. Das Gefühl der Schuld und der Ohnmacht war zu stark, um es einfach zu ignorieren. Er musste tiefer graben, er musste verstehen, wer hinter diesen Gräueltaten steckte. Und dafür brauchte er Hilfe – jemanden, dem er wirklich vertrauen konnte, jemanden, der bereit war, das gleiche Risiko einzugehen. Er griff nach seinem Handy, das auf dem Tisch lag, neben der Flasche Whisky.
Sarah. Sein Finger schwebte über ihrem Namen. Sarah war eine Freundin, mehr noch – sie war jemand, der ihn besser verstand als viele andere. Sie hatten oft zusammen gearbeitet, sie hatte den gleichen Durst nach Wahrheit, das gleiche brennende Gefühl der Gerechtigkeit in sich. Doch dieses Mal fühlte es sich anders an. Er wusste, dass er sie damit in eine gefährliche Situation bringen würde, dass er sie einem Risiko aussetzen würde, das sie beide vielleicht nicht überstehen konnten.