Das Arbeitsrecht ökumenischer Einrichtungen, Unternehmen und Konzerne - Regina Mathy - E-Book

Das Arbeitsrecht ökumenischer Einrichtungen, Unternehmen und Konzerne E-Book

Regina Mathy

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Beschreibung

In Zeiten zunehmender Säkularisierung und finanzieller Engpässe insbesondere im Gesund-heitswesen sehen sich kirchliche Einrichtungen vermehrtem Druck von außen ausgesetzt. Gleichzeitig soll die "Kirchlichkeit" im inneren bewahrt werden. Unterdessen hat in den ver-gangenen Jahrzehnten eine verstärkte ökumenische Kooperation der Konfessionen stattgefun-den. Was liegt also näher, als die interkonfessionelle Zusammenarbeit zu intensivieren - bis hin zur Schaffung gemeinsamer ökumenischer Einrichtungen? In der Literatur bislang kaum diskutiert ist die Frage, wie das Arbeitsrecht solcher ökumenischer, d.h. von katholischer Kir-che und den evangelischen Kirchen bzw. ihren Wohlfahrtsorganisationen Caritas und Diako-nie gemeinsam getragenen Einrichtungen, ausgestaltet werden kann. Die Kirchen haben bisher unabhängig voneinander arbeitsrechtliche Ordnungen geschaffen; Regelungen für den "Ökumenischen Dienst" existieren bis dato nicht. Ausgehend von einem umfassenden Ver-gleich der vorhandenen konfessionellen Regelungen stellt die vorliegende Arbeit verschiedene Modelle zur Ausgestaltung des Arbeitsrechts in ökumenischen Einrichtungen vor.

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Regina Mathy

Das Arbeitsrecht ökumenischer Einrichtungen, Unternehmen und Konzerne

INAUGURALDISSERTATIONzur Erlangung des Grades eines Doktors des Rechts durch die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

Betreut von Prof. Dr. Gregor Thüsing, LL.M. (Harvard)

vorgelegt 2019 vonRegina Mathy

Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

Dekan:

Prof. Dr. Jürgen von Hagen

Erstreferent:

Prof. Dr. Gregor Thüsing LL.M. (Harvard)

Zweitreferent:

Prof. Dr. Heinz-Jürgen Kalb

 

 

Tag der mündlichen Prüfung: 12. Juli 2019

Regina Mathy

Das Arbeitsrecht ökumenischer Einrichtungen, Unternehmen und Konzerne

Möglichkeiten und Grenzen arbeitsrechtlicher Regelungen für von katholischer Kirche und evangelischen Kirchen bzw. ihren Wohlfahrtsorganisationen gemeinschaftlich getragenen Einrichtungen

1. Auflage 2019

Alle Rechte vorbehalten

© 2019, Lambertus-Verlag, Freiburg im Breisgau

www.lambertus.de

Umschlaggestaltung: Nathalie Kupfermann, Bollschweil

Druck: Franz X. Stückle Druck und Verlag, Ettenheim

ISBN 978-3-7841-3227-3

ISBN eBook 978-3-7841-3228-0

eISBN 978-3-7841-3420-8

Inhaltsverzeichnis

Danksagung

§ 1 Das Arbeitsrecht ökumenischer Einrichtungen, Unternehmen und Konzerne – eine thematische Hinführung

A. Der Liebesdienst am Nächsten – eine ökumenische Idee

B. Problemaufriss

C. Untersuchungsgegenstand

D. Gang der Darstellung

§ 2 Ökumene und Arbeitsrecht

A. Ökumene und ihre Entwicklung

I. Ökumene – eine Begriffsbestimmung

II. Kurzer Abriss der Entwicklung der Ökumenischen Bewegung

1. Der Beginn der modernen ökumenischen Bewegung

2. Das Zweite Vatikanische Konzil

3. Ökumene in Deutschland nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil

4. Ökumene in den 1990er und frühen 2000er Jahren in Deutschland

III. Gegenwärtige Position der Kirchen zur Ökumene

IV. Zwischenergebnis

B. Ökumenische Einrichtungen

I. Ökumenische Trägerschaft – eine Begriffsbestimmung

II. Formen von Kooperationen

1. Kooperationsvertrag

2. Strategische Allianz

3. Gründung eines ökumenischen Rechtsträgers

a) Gemeinschaftsunternehmen bzw. Joint Venture

b) Fusion

c) Gesellschafts- und arbeitsrechtliche Implikationen

4. Neugründung eines ökumenischen Rechtsträgers

5. Zwischenergebnis

III. Rechtsträgerschaft der Zusammenarbeit

1. Bestehen eines gemeinsamen Rechtsträgers

a) Rechtsformwahl

b) Rechtsformen des Privatrechts

c) Rechtsformen des öffentlichen Rechts

d) Rechtsformen des Kirchenrechts

e) Stellungnahme

2. Gemeinsamer Betrieb mehrerer Rechtsträger

a) Gemeinsamer Betrieb i.S.d. BetrVG

b) Gemeinsame ökumenische Einrichtung

c) Gemeinsame Mitarbeitervertretung

d) Stellungnahme

IV. Zwischenergebnis

§ 3 Verfassungsrechtliche Anerkennung ökumenischer Einrichtungen

A. Religionsverfassungsrechtliche Grundlagen und unionsrechtliche Implikationen

I. Verfassungsrechtliche Grundlagen

1. Inkorporation der Art. 136 ff. WRV ins GG

2. Bedeutungsgehalt der inkorporierten Artikel

3. Prinzipien des Religionsverfassungsrechts

4. Zwischenergebnis

II. Verhältnis des Religionsverfassungsrechts zu Unionsrecht und EMRK

1. Unionsrecht

a) Keine unionsrechtliche Rechtsetzungskompetenz

b) Art. 10 GRCh – Religions- und Weltanschauungsfreiheit

2. Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)

3. Zwischenergebnis

B. Teilhabe ökumenischer Einrichtungen am verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrecht

I. Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrecht – das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften

1. Religionsgesellschaft (persönlicher Schutzbereich)

a) Religionsgesellschaft i.S.d. Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV

b) Gemeinsames oder verwandtes Glaubensbekenntnis

2. Ordnen und Verwalten eigener Angelegenheiten (sachlicher Schutzbereich)

a) Selbstständiges Ordnen und Verwalten

b) „Ihre Angelegenheiten“

c) Angelegenheiten ökumenischer Einrichtungen

3. Innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes

4. Zwischenergebnis

II. Stimmen im Schrifttum

1. Weites Verständnis des Selbstbestimmungsrechts

2. Erst-recht-Schluss

3. Parallelfall: Weltlich-kirchliche Einrichtungen

4. Ein Blick auf § 118 Abs. 2 BetrVG

5. Sonderfall: Kirchliche Stiftungen

6. Zwischenergebnis

III. Zarter Richtungsweiser: Die Rechtsprechung

1. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

a) Teilhabe an der Verwirklichung eines Stückes des Auftrags der Kirche

b) Neutralitätspflicht des Staates

2. Rechtsprechung der Arbeitsgerichte

a) Zuordnung verselbstständigter Einrichtungen

b) Parallele: Zuordnung weltlich-kirchlicher Einrichtungen

3. Rechtsprechung anderer Fachgerichte

a) BGH zum kirchlichen Mitgliedschaftsrecht

b) BSG zur kirchlichen Fachambulanz

c) BVerwG zur Reichweite des Selbstbestimmungsrechts

d) FG Hamburg zur steuerrechtlichen Privilegierung von Kirchen

4. Zwischenergebni s

IV. Vereinbarkeit mit geltendem Unionsrecht

V. Fazit

C. Zuordnung verselbstständigter ökumenischer Einrichtungen

I. Besonderheit: Ökumenische Einrichtungen

1. Notwendigkeit der Zuordnung ausschließlich zu einer Kirche

2. Zuordnung zu beiden Kirchen

3. Zuordnung zu mindestens einer Kirche

II. Erste Voraussetzung: Erfüllung eines kirchlich-diakonischen Auftrags

III. Zweite Voraussetzung: Verbundenheit mit der Kirche

1. Indiz: Allein- oder Mehrheitsgesellschafterstellung

2. Indiz: Personelle Besetzung willensbildender Organe

a) Vorstand und Aufsichtsrat

b) Sonstige Gremien

c) Leitende Mitarbeiter

d) Kirchlicher Einfluss durch Laien?

3. Indiz: Statut

a) Verankerung des kirchlichen Propriums

b) Ausgestaltung der Satzung bzw. des Gesellschaftsvertrags

4. Indiz: Aufsichtsrecht bzw. Genehmigungsvorbehalt kirchlicher Oberbehörden

5. Indiz: Verbandsmitgliedschaft

a) Problem der Doppelmitgliedschaft

b) Assoziierte korporative Mitgliedschaft bzw. Gastmitgliedschaft

c) Verzicht auf Mitgliedschaft in einem kirchlichen Wohlfahrtsverband

d) Sonderfall: Ökumenische Arbeitsgemeinschaft als Spitzenverband

6. Indiz: Anwendungspflicht für das Kirchliche (Arbeits-)Recht

7. Weitere Indizien

IV. Dritte Voraussetzung: Keine vorwiegende Gewinnorientierung

V. Gerichtliche Überprüfbarkeit

VI. Zwischenergebnis

§ 4 Kirchenrechtliche Anerkennung ökumenischer Einrichtungen

A. Ökumenisches Kirchenrecht?

I. Das Wesen des Kirchenrechts

II. Rechtsquellen des Kirchenrechts

1. Kanonisches Recht der katholischen Kirche

a) Struktur der katholischen Kirche

b) Gesetzgebungskompetenz

2. Evangelisches Kirchenrecht

a) Struktur der evangelischen Kirchen

b) Gesetzgebungskompetenz der Synoden

III. Kirchenrechtliche Selbstverpflichtung zur Ökumene

1. Katholische Kirche

2. Evangelische Kirchen

3. Zwischenergebnis

B. Kirchliches Arbeitsrecht und Ökumene

I. Rechtsquellen für geltende Loyalitätspflichten

1. Katholische Kirche: GrO

2. Evangelische Kirchen: LoyalitätsRL-EKD

II. Mitarbeitervertretungsrecht

1. Katholische Kirche: MAVO

2. Evangelische Kirche: MVG-EKD

III. Arbeitsrechtsregelung

1. Katholische Kirche: KODA-Ordnungen

2. Evangelische Kirche: ARRG und ARGG-EKD

IV. Kircheneigene Arbeitsgerichtsbarkeit

1. Katholische Kirche: KAGO

2. Evangelische Kirche: MVG-EKD und KiGG.EKD

V. Die „Dienstgemeinschaft“ als allgemeines Leitbild

C. Anwendbarkeit der Ordnungen des kirchlichen Arbeitsrechts auf ökumenische Einrichtungen

I. Rechtsqualität der Ordnungen des kirchlichen Arbeitsrechts

II. Anwendung des katholischen kirchlichen Arbeitsrechts auf ökumenische Einrichtungen

1. Grundordnung

a) „Kirchlicher Rechtsträger“ i.S.d. GrO

b) Rechtsfolgen einer fehlenden verbindlichen Übernahme der GrO

2. MAVO

3. Arbeitsvertragsrichtlinien

III. Anwendung des evangelischen Kirchlichen Arbeitsrechts auf ökumenische Einrichtungen

1. LoyalitätsRL-EKD

a) Keine unmittelbare Anwendbarkeit

b) Fakultative Anwendbarkeit

2. MVG-EKD

3. Arbeitsvertragsrichtlinien

D. Stellungnahme

§ 5 Vergleich von katholischem und evangelischem kirchlichen Arbeitsrecht

A. Selbstbestimmungsrecht und (kirchliches) Arbeitsrecht

I. „Kirchliches Arbeitsrecht“

1. Begriffsverständnis

2. Abgrenzung zu Personen, die aufgrund eines besonderen Rechtsverhältnisses zur Kirche tätig sind

II. Rechtsquellen des staatlichen Rechts für das kirchliche Arbeitsrecht

1. Grundrechtsverpflichtung der Religionsgemeinschaften

2. Unionsrechtliche Vorgaben für das kirchliche Arbeitsrecht

3. Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK)

4. Zwingende einfachrechtliche Vorgaben

III. Zwischenergebnis

B. Individualarbeitsrecht – Loyalitätspflichten des kirchlichen Dienstes

I. Loyalitätspflichten als Ausfluss des Selbstbestimmungsrechts

1. Verfassungsrechtliche Ermächtigung

2. Eingeschränkte Überprüfungskompetenz staatlicher Gerichte

a) Unionsrechtliche Implikationen

b) Rechtsprechung des EGMR

II. Rechtsquellen und deren Geltungsbereich

1. Geltungsbereich

2. Grundprinzipien

III. Begründung des Arbeitsverhältnisses

1. Religions- bzw. Konfessionszugehörigkeit

2. Aufklärungspflicht

3. Zwischenergebnis

IV. Loyalitätspflichten kirchlicher Mitarbeiter

1. Differenzierungskriterien

2. Unterschiede zwischen den katholischen und evangelischen Loyalitätspflichten

a) Allgemeine Loyalitätspflichten für alle Mitarbeiter

b) Loyalitätspflichten von Mitarbeitern der jeweiligen Konfession

c) Loyalitätspflichten christlicher Mitarbeiter

d) Loyalitätspflichten nicht-christlicher Mitarbeiter

e) Besondere Loyalitätspflichten

3. Zwischenergebnis

V. Folgen von Verstößen gegen Loyalitätspflichten

1. Schwerwiegende Verstöße gegen Loyalitätspflichten

a) Kirchenaustritt

b) Kirchenfeindliches Verhalten

c) Besondere Anforderungen an katholische Mitarbeiter nach der GrO

2. Kündigung als ultima ratio

a) Gesetzliche Grenzen im Verhältnis zum Selbstbestimmungsrecht der Kirche

b) Abwägung der Einzelfallumstände

c) Verfahren

3. Zwischenergebnis

VI. Wesentliche Unterschiede zwischen beiden Ordnungen

1. Nicht-katholische christliche Mitarbeiter in einer der GrO unterfallenden Einrichtung

2. Katholische Mitarbeiter in einer der LoyalitätsRL-EKD unterfallenden Einrichtung

VII. Zwischenergebnis – Divergierende Loyalitätspflichten

C. Kollektivarbeitsrecht – Mitarbeitervertretungsrecht

I. Kircheneigenes Mitarbeitervertretungsrecht als Ausdruck autonomer Rechtsetzungsbefugnis

1. Verfassungsrechtlich gebotene Freistellung vom staatlichen Betriebsverfassungsrecht

2. Unionsrechtliche Implikationen

II. Rechtsquellen und Terminologie

1. Vergleichsgrundlage

2. Terminologie

a) Einrichtung bzw. Dienststelle

b) Mitarbeiter

c) Dienstgeber bzw. Rechtsträger

d) Personen in leitender Stellung bzw. Dienststellenleitung

e) Mitarbeitervertretung

f) Mitarbeiterversammlung

3. Zugrundeliegendes Verständnis – Die Präambeln

III. Geltungsbereich

1. Räumlicher Geltungsbereich

2. Sachlicher Geltungsbereich

a) Grundsatz: Einrichtungen bzw. Dienststellen

b) Ausnahmen vom Grundsatz

3. Persönlicher Geltungsbereich

a) Dienstgeber bzw. Rechtsträger

b) Mitarbeiter

IV. Wesentliche Unterschiede beider Ordnungen

1. Mitarbeiterversammlung

a) Aufgaben

b) Teilnahmerecht

c) Einberufung

d) Modalitäten

e) Teilversammlungen

f) Misstrauensvotum

2. Bildung und Zusammensetzung der Mitarbeitervertretung

a) Arten von Mitarbeitervertretungen

b) Voraussetzungen zur Bildung einer Mitarbeitervertretung

c) Zusammensetzung der Mitarbeitervertretung

d) Wahlberechtigung (aktives Wahlrecht)

e) Wählbarkeit (passives Wahlrecht)

f) Wahl der Mitarbeitervertretung

3. Amtszeit der Mitarbeitervertretung

a) Regelmäßige Amtszeit

b) Vorzeitiges Ausscheiden und zeitweilige Verhinderung von Mitarbeitervertretern

c) Übergangs- und Restmandat

4. Rechtsstellung der Mitarbeitervertreter

a) Arbeitsbefreiung und Freizeitausgleich

b) Teilnahme an Schulungsveranstaltungen

c) Benachteiligungs-, Begünstigungs- und Behinderungsverbot

5. Organisation und Geschäftsführung

a) Vorsitz der Mitarbeitervertretung

b) Sitzungen

c) Ausschüsse und Wirtschaftsausschuss

6. Grundsätze für die Zusammenarbeit zwischen Dienstgeber und Mitarbeitervertretung

a) Pflicht zur gegenseitigen Unterrichtung

b) Allgemeine Aufgaben der Mitarbeitervertretung

7. Beteiligung der Mitarbeitervertretung

a) Beteiligungsformen

b) Angelegenheiten im Einzelnen

8. Interessenvertretung besonderer Mitarbeitergruppen

a) Sprecher bzw. Vertreter der Jugendlichen und Auszubildenden

b) Vertrauensperson der schwerbehinderten Mitarbeiter und Gesamtschwerbehindertenvertretung

9. Weitere Gremien im Zusammenhang mit der Mitarbeitervertretung

a) Gemeinsame Mitarbeitervertretung

b) Gesamtmitarbeitervertretung

c) Erweiterte Gesamtmitarbeitervertretung bzw. Gesamtmitarbeitervertretung im Dienststellenverbund

d) Arbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen bzw. Gesamtausschuss

e) Sondervertretung nach MAVO

f) Gruppenvertretungen nach MVG-EKD

10. Schlichtung bei Regelungsstreitigkeiten

a) Funktion und Zuständigkeit der Einigungsstelle

b) Verfahren vor der Einigungsstelle

V. Zwischenergebnis

D. Kollektive Arbeitsrechtsregelung – Der „Dritte Weg“

I. Der „Zweite Weg“ – Abschluss von (kirchengemäßen) Tarifverträgen

II. Der „Dritte Weg“ – kircheneigenes Arbeitsrechtsregelungsverfahren

1. Grundlagen – Vereinbarkeit mit Art. 9 Abs. 3 GG

2. Einbeziehung der Gewerkschaften

III. Arbeitsvertragsrichtlinien und Arbeitsvertragsordnungen

1. Vergleichsgrundlage

2. Arbeitsrechtliche Kommissionen im Bereich der verfassten Kirchen

a) Wahl der Vertreter

b) Gewerkschaftsbeteiligung

c) Rechtsstellung der Kommissionsmitglieder

d) Beschlussfassung

e) Vermittlungs- bzw. Schlichtungsausschuss

3. Besonderheit: Deutscher Caritasverband

4. Sicherung der Einheit: Zentral-KODA

5. Letztentscheidungsrecht des Bischofs

6. Arbeitsrechtsregelung bei privatrechtlich organisierten Einrichtungen

7. Zwischenergebnis

IV. Zwischenergebnis – Kollektive Arbeitsrechtsregelung

E. Gerichtsschutz bei Rechtsstreitigkeiten

I. Kircheneigene Gerichtsbarkeit in Abgrenzung zur staatlichen Gerichtsbarkeit

1. Rechtsweg zu den staatlichen Arbeitsgerichten

2. Rechtsweg zu den kircheneigenen Gerichten

II. Rechtliche Grundlagen der kirchlichen (Arbeits-)Gerichtsbarkeit

III. Sachliche, örtliche und instanzielle Zuständigkeit

IV. Besetzung und Berufung

1. Besetzung

2. Rechtsstellung und Berufung

a) Mitglieder

b) Vorsitzender und stellvertretender Vorsitzender

3. Berufung

a) Erste Instanz

b) Zweite Instanz

V. Verfahren vor den Kirchlichen (Arbeits-)Gerichten

1. Verfahrensgrundsätze und Durchführung des Verfahrens

2. Einstweiliger Rechtsschutz

3. Weitergehende Rechtsbehelfe

4. Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen

VI. Zwischenergebnis

§ 6 Möglichkeiten und Grenzen eines Arbeitsrechts in ökumenischen Einrichtungen

A. Modelle der Arbeitsrechtsgestaltung in ökumenischen Einrichtungen

I. Einheitliche Zuordnung zu einem Rechtskreis

1. Eindeutige arbeitsrechtliche Zuordnung – katholisches oder evangelisches kirchliches Arbeitsrecht

a) Zugrundeliegende Überlegungen

b) Anwendbares Recht

c) Vereinbarkeit mit geltendem Religionsverfassungsrecht

d) Vereinbarkeit mit geltendem Kirchenrecht

e) Zuordnungskriterien

f) Stellungnahme

2. Weltliches Arbeitsrecht

a) Zugrundeliegende Überlegungen

b) Anwendbare Vorschriften

c) Vereinbarkeit mit geltendem Religionsverfassungsrecht

d) Vereinbarkeit mit geltendem Kirchenrecht

e) Kriterien für die Zuordnung zum weltlichen Rechtskreis

f) Stellungnahme

II. Modifikation der bestehenden Regelungen

1. Kumulation

a) Zugrundeliegende Überlegungen

b) Anwendbare Vorschriften

c) Vereinbarkeit mit geltendem Religionsverfassungsrecht

d) Vereinbarkeit mit geltendem Kirchenrecht

e) Stellungnahme

2. Kleinster gemeinsamer Nenner

a) Zugrundeliegende Überlegungen

b) Anwendbare Vorschriften

c) Stellungnahme

3. Differenzierende Anwendung

a) Zugrundeliegende Überlegungen

b) Anwendbare Vorschriften

c) Vereinbarkeit mit geltendem Religionsverfassungsrecht

d) Vereinbarkeit mit geltendem Kirchenrecht

e) Stellungnahme

III. Eigenständige Regelungen – Schaffung eines gemeinsamen (ökumenischen) Arbeitsrechts

1. Zugrundeliegende Überlegungen

2. Ökumenisches Arbeitsrecht im Einzelnen

3. Vereinbarkeit eines gemeinsamen kirchlichen Arbeitsrechts mit geltendem Religionsverfassungsrecht

4. Vereinbarkeit von ökumenischem kirchlichem Arbeitsrecht mit geltendem Kirchenrecht

a) Parallele Gesetzgebung

b) Kirchenrechtliche Grenzen

c) Letztentscheidungsrecht

5. Stellungnahme

IV. Bewertung der Modelle

1. Loyalitätspflichten

2. Mitarbeitervertretung

3. Arbeitsvertragsgestaltung

a) Anwendung bestehender Arbeitsvertragsrichtlinien

b) Abschluss eines (kirchengemäßen) Tarifvertrags

B. Betriebsübergang

I. Anwendbarkeit des § 613a BGB mit Blick auf das Selbstbestimmungsrecht

II. Voraussetzungen und Rechtsfolgen des § 613a BGB

III. Loyalitätspflichten

1. Betriebsübergang eines weltlichen Betriebs auf einen ökumenischen Rechtsträger

2. Betriebsübergang einer konfessionellen Einrichtung auf einen ökumenischen Rechtsträger

3. Betriebsübergang einer ökumenischen Einrichtung auf einen weltlichen Rechtsträger

4. Betriebsübergang einer ökumenischen Einrichtung auf einen konfessionellen Rechtsträger

IV. Betriebsverfassungs- bzw. Mitarbeitervertretungsrecht

1. Betriebsübergang eines weltlichen Betriebs auf einen ökumenischen Rechtsträger

2. Betriebsübergang einer konfessionellen Einrichtung auf einen ökumenischen Rechtsträger

3. Betriebsübergang einer ökumenischen Einrichtung auf einen weltlichen Rechtsträger

4. Betriebsübergang einer ökumenischen Einrichtung auf einen konfessionellen Rechtsträger

V. Tarifverträge bzw. Arbeitsvertragsrichtlinien

1. Betriebsübergang eines weltlichen Betriebs auf einen ökumenischen Rechtsträger

2. Betriebsübergang einer konfessionellen Einrichtung auf einen ökumenischen Rechtsträger

3. Betriebsübergang einer ökumenischen Einrichtung auf einen weltlichen Rechtsträger

4. Betriebsübergang einer ökumenischen Einrichtung auf einen konfessionellen Rechtsträger

5. Anwendbarkeit unterschiedlicher Arbeitsvertragsrichtlinien bzw. Tarifverträge innerhalb einer ökumenischen Einrichtung

VI. Fazit

C. Das ökumenische Unternehmen und der ökumenische Konzern

I. Das ökumenische Unternehmen

II. Der ökumenische Konzern

1. Möglichkeiten der Errichtung einer konzernweiten Mitarbeitervertretung

a) Orientierung an der Konzernmutter

b) Vorgabe durch die Konzernmutter

c) Nach Tochtergesellschaften differenzierender Ansatz

2. Voraussetzungen einer gespaltenen Zuständigkeit

3. Gleichzeitige Errichtung einer erweiterten Gesamtmitarbeitervertretung und einer Gesamtmitarbeitervertretung im Dienststellenverbund

4. Die ökumenische Holding

III. Fazit

§ 7 Ausblick: Neufassung eines ökumenischen kirchlichen Arbeitsrechts

A. Religiöser Konsens als Grundlage der Zusammenarbeit

B. Loyalitätspflichten im ökumenischen Dienst

I. Vorüberlegungen

1. Erfordernis der Konfessionszugehörigkeit

2. Konfessionsdifferenzierende Loyalitätsanforderungen

3. Kirchenaustritt

II. Leitlinien für gemeinsame Loyalitätsobliegenheiten

C. Gemeinsames ökumenisches Mitarbeitervertretungsrecht

I. Zugrundeliegendes Verständnis

II. Einheitliche Terminologie

III. Geltungsbereich

IV. Inhaltliche Leitlinien für die MVO-ÖD

D. Arbeitsrechtsregelung im ökumenischen Dienst

I. Arbeitsvertragsrichtlinien Ökumenischer Dienst

II. Tarifvertrag

E. Stellungnahme

§ 8 Zusammenfassende Thesen

Abkürzungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Die Autorin

Danksagung

Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2019 von der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn zur Promotion angenommen. Das Manuskript wurde im März 2019 fertiggestellt. Im Nachgang zur Disputation am 12. Juli 2019 wurden – soweit möglich und sinnvoll – Literatur und Rechtsprechung bis August 2019 berücksichtigt.

Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Gregor Thüsing LL.M. (Harvard), der mein Thema zur Betreuung annahm, mich bei Bedarf umsichtig und vorausschauend unterstütze, mir aber gleichzeitig den notwendigen Freiraum ließ. Während der Zeit an seinem Lehrstuhl habe ich nicht nur fachlich vieles gelernt; auch für meinen persönlichen Werdegang war die Zusammenarbeit mit ihm eine besondere Bereicherung. Sie wird mir stets in sehr guter Erinnerung bleiben.

Herrn Prof. Dr. Heinz-Jürgen Kalb danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens und seine wertvollen Hinweise. Meinem Doktorvater und Herrn Prof. Dr. Jacob Joussen danke ich für die Aufnahme in diese Schriftenreihe.

Der Konrad-Adenauer-Stiftung bin ich für das mir gewährte Promotionsstipendium zum Dank verpflichtet, das mir nicht nur eine finanzielle Sicherheit bot, sondern insbesondere auch die Teilnahme am Programm der Graduiertenförderung ermöglichte. In diesem Zusammenhang danke ich besonders Herrn Prof. Dr. Matthias Jacobs für die Unterstützung meiner Bewerbung. Der Kanzlei Pinsent Masons gebührt mein Dank für die großzügige Gewährung eines Druckkostenzuschusses.

Ganz herzlich danken möchte ich meinen Kolleginnen und Kollegen am Institut für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit. Die fachlichen – und auch die weniger fachlichen – Diskussionen haben meinen Arbeitsalltag wirklich bereichert. Für die Unterstützung bei den Formalia und dem Korrekturlesen bedanke ich mich bei meiner Familie und meinen Freundinnen und Freunden; besonderer Dank gebührt an dieser Stelle Frau Maike Flink und Frau Sonja Steinhoff.

Von Herzen danke ich meinen Eltern, die mich während meiner gesamten Ausbildung uneingeschränkt unterstützt haben. Ohne ihre Geduld und seelischen Beistand wäre diese Arbeit nicht möglich gewesen. Ihnen widme ich diese Arbeit.

Bonn, im Oktober 2019

Regina Mathy

§ 1 Das Arbeitsrecht ökumenischer Einrichtungen, Unternehmen und Konzerne – eine thematische Hinführung

„Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast.“ (Joh 17, 21)

A. Der Liebesdienst am Nächsten – eine ökumenische Idee

Neben dem Zeugnis des Glaubens und der Feier der Liturgie ist die „Caritas“ als Dienst am Nächsten eine der drei Grundfunktionen des kirchlichen Lebens.1 Sie ist Lebensvollzug der Kirche im Sinne von tätiger Liebe und Wohltätigkeit (vgl. Mt 25, 40). Über Jahrhunderte hinweg nahmen die christlichen Kirchen allein die Sorge für Alte und Kranke wahr. Als Arbeitgeber haben die Kirchen seit Ende der 1960er Jahre in Deutschland erheblich an Bedeutung gewonnen.2 Hierdurch stieg der Anteil der Beschäftigten im kirchlichen Bereich erheblich an. Heute übernehmen öffentliche, private und freigemeinnützige Träger – letztere meist kirchliche – wesentliche Aufgaben des Sozialstaates. Die katholische Kirche und die evangelischen Kirchen sind gemeinsam mit ihren Wohlfahrtsorganisationen, die unter dem Dach des Deutschen Caritasverbandes3 bzw. der Diakonie Deutschland – Evangelischer Bundesverband4 organisiert sind, mit über 1,1 Mio. Beschäftigten in Deutschland nach dem Bund die zweitgrößten Arbeitgeber.5 Die meisten Einrichtungen werden nicht von den verfassten Kirchen, sondern von ihren Wohlfahrtsorganisationen getragen, bei denen auch die Mehrheit der Mitarbeiter6 beschäftigt ist.7 Die Tätigkeitsfelder sind vielfältig und betreffen sämtliche Lebensbereiche – von Kindergärten und Schulen bis hin zu Pflegeheimen, Krankenhäusern und Obdachlosenunterkünften.8 Es handelt sich um gewichtige Player am Markt.9 Im Krankenhausbereich10, sowie in der ambulanten11 und stationären Pflege12 haben kirchliche Träger einen Marktanteil von etwa einem Drittel. Auch im Bereich der Kindertagesstätten und der Jugendhilfe sind sie ähnlich stark vertreten.13 Die organisierte „Caritas“ erreicht somit nahezu alle Bevölkerungsschichten14 und spielt in Deutschland eine wesentliche Rolle.

2017 jährte sich Martin Luthers Thesenanschlag und die daraus hervorgehende Trennung von Katholiken und Protestanten zum 500. Mal. Die katholische Kirche auf der einen und die evangelischen Kirchen auf der anderen Seite haben sich in der Folge religiös und politisch voneinander entfernt. Erste zaghafte Annäherungen von Gläubigen beider Seiten erfolgten Ende des 19. Jahrhunderts und mündeten zu Beginn des 20. Jahrhunderts in der Gründung der Ökumenischen Bewegung. Diese setzte sich die Einheit der Christen zum Ziel. Allerdings definierte die katholische Kirche noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts ihre konfessionelle Identität in Abgrenzung zu anderen christlichen Gemeinschaften15 und sprach sich gegen ökumenische Bestrebungen ihrer Mitglieder aus. Erst das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) brachte ein Umdenken16: Im Dekret über den Ökumenismus „Unitatis redintegratio“ (UR) heißt es: „Die Einheit aller Christen wiederherstellen zu helfen ist eine der Hauptaufgaben des Heiligen Ökumenischen Zweiten Vatikanischen Konzils.“17. Das Bemühen um die Sorge zur Wiederherstellung der Einheit der Kirche sei nicht allein Aufgabe der Hirten, sondern vielmehr universale Verpflichtung aller Gläubigen, so bereits das konziliare Bekenntnis.18 Die Taufe im Namen Jesu Christ eint die Christenheit (vgl. Eph 4, 5; 1 Kor 12, 13). Kardinal Kasper betont: „Durch die gemeinsame Taufe ist schon jetzt eine fundamentale Einheit gegeben.“19

Nach einer Hochphase der Annäherung der katholischen Kirche und der evangelischen Kirchen Ende des vergangenen Jahrhunderts ist derzeit eine Stagnation erkennbar.20 Nachdem viele Gemeinsamkeiten festgestellt werden konnten, bleiben einige grundlegende Punkte offen. Nichts desto trotz gibt es – auch aufgrund der wirtschaftlichen Notwendigkeit – vermehrt Bestrebungen hin zu einer engeren Zusammenarbeit der Kirchen. Hierfür eignet sich kaum ein Bereich besser als der Dienst am Nächsten.21 Die gegenseitige Annäherung kann hier am eindrucksvollsten nach außen getragen werden. Seit einiger Zeit haben sich zunehmend Formen der Kooperation zwischen der katholischen Kirche und den evangelischen Kirchen bzw. ihren Wohlfahrtsorganisationen ergeben.22 Wenn auch weiterhin hinsichtlich einzelner Fragen ein unterschiedliches Glaubensverständnis besteht, so tritt dies in der gemeinsamen Arbeit in Altersheim, Krankenhaus oder im Sterbehospiz deutlich in den Hintergrund.23 Diese Zusammenarbeit dient nicht nur dem jeweiligen Zweck, gleichzeitig können sich Christen hierbei gegenseitig besser kennen und achten lernen.

B. Problemaufriss

Abgesehen von der theologischen Basis spielen in der ökumenischen Zusammenarbeit der Kirchen im karitativen Bereich hauptsächlich ökonomische Gesichtspunkte eine Rolle. Dies beruht sowohl auf externen als auch auf kircheninternen Faktoren: Noch sind etwa 60% der Deutschen Mitglied einer christlichen Kirche24, in den letzten Jahrzehnten haben die Kirchen einen weitreichenden Verlust von Mitgliedern hinnehmen müssen,25 zum einen bedingt durch rückläufige Taufen26, zum anderen durch den demografischen Wandel.27 Die Kirchen kämpfen derzeit mit einem Bedeutungsverlust, der auch auf gesellschaftliche Veränderungen zurückzuführen ist.28 In den vergangenen Jahren führte dies zu Zusammenlegungen von Kirchengemeinden29 und einer deutlich rückläufigen Zahl von Kaplanen und Priestern bzw. Pfarrern und Vikaren.30

Diese innerkirchlichen Veränderungen wirken sich auf kirchliche Einrichtungen aus. Hinzu kommt, dass sich der Wohlfahrtsbereich in den vergangenen Jahrzehnten weitreichend verändert hat.31 Die Bedingungen für sozialkaritative Betätigungen werden – nicht zuletzt aufgrund des demografischen Wandels – stetig schwieriger.32 Infolgedessen kam es zu Strukturreformen des Gesundheits- und Sozialwesens, so beispielsweise im Krankenhausbereich mit der Umstellung von Kostendeckungsprinzip auf pauschale Leistungsentgelte. Erschwerend kommt die rückläufige Finanzierung durch die öffentliche Hand und die zunehmende Konkurrenz mit anderen Leistungsanbietern hinzu. Der wachsende Kosten- und Leistungsdruck hat zur Konsequenz, dass viele konfessionelle Einrichtungen nicht unverändert fortbestehen können. Insbesondere der Krankenhausbereich ist massiv betroffen.33 Haben Orden in der Vergangenheit noch zahlreiche konfessionelle Krankenhäuser getragen, können sie diese Aufgabe aufgrund der sinkenden Zahl der Ordensmitglieder und deren inzwischen sehr hohen Altersdurchschnitts nicht mehr bewältigen.34 Zudem steigen in immer komplexer werdenden Systemen die Anforderungen an die Leitungsebene stetig. Weder Ordensmitglieder noch Pfarrer oder Ehrenamtliche innerhalb der Gemeinden verfügen in der Regel über die erforderliche wirtschaftswissenschaftliche Expertise. Außerdem geht mit der Trägerschaft eine erhebliche finanzielle Verantwortung einher. Orden haben ihrerseits bereits eigene signifikante finanzielle Belastungen zu stemmen, das gilt insbesondere mit Blick auf ihre Altersversorgung.35 In ihrer aktuellen Form ist die heutige Trägerstruktur kaum zukunftsfähig.36 Langfristig werden nur einige wenige leistungsstarke Träger den Anforderungen gerecht werden können.37 Kleine Träger, wie sie im kirchlichen Bereich noch häufig vorhanden sind, werden dem wirtschaftlichen Druck nicht standhalten.

Die Kirchen stecken hier in einem regelrechten Zwiespalt – einerseits wollen sie ihren Grundprinzipien treu bleiben und den Grundauftrag erfüllen, andererseits müssen sie jedoch die hohen wirtschaftlichen und medizinischen Ansprüche erfüllen können.38 Als Ausweg wählen sie unterschiedliche Modelle: Teilweise werden bestehende Einrichtungen neu ausgerichtet, teilweise einzelne Unternehmensbestandteile ausgegliedert. Ein sehr verbreitetes Mittel ist der Ausbau von Unternehmens- und Trägerstrukturen durch Zusammenschlüsse, Kooperationen, Aus- und Neugründungen. Hierfür kommen Kommunen, andere freigemeinnützige oder private Träger, aber auch kirchliche Träger – derselben oder der jeweils anderen Konfession – in Betracht.39 Für viele Einrichtungen erscheint die Kooperation mit einem nicht-kirchlichen Träger die schnellste Lösung zu sein.40 Hier stellt sich jedoch die Frage, inwieweit die Zusammenarbeit mit einem nichtkirchlichen Träger mit Blick auf die Werte der Einrichtung so fortgeführt werden kann wie bisher.41 Nach dem Leitbild kirchlicher Einrichtungen stehen Gemeinwohlorientierung und christliche Nächstenliebe im Fokus. Somit entsteht ein Spannungsverhältnis zwischen christlichem Ansatz und ökonomischen Notwendigkeiten.42 Häufig wird bei der Zusammenarbeit mit nicht-kirchlichen Trägern ein möglicher Profilverlust befürchtet.43 Um weiterhin den christlichen Auftrag möglichst umfassend verfolgen zu können, liegt daher die Beteiligung der jeweils anderen Kirche nahe.44

C. Untersuchungsgegenstand

Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, sich mit der Ausgestaltung einer Zusammenarbeit in ökumenischen Einrichtungen näher auseinanderzusetzen. Die vorliegende Dissertation beschäftigt sich konkret mit den arbeitsrechtlichen Grundlagen von ökumenischen Kooperationen. Dabei ist es wichtig, die Rechtsgrundlagen näher zu betrachten. Die Kirchen können sich im Gegensatz zu weltlichen Arbeitgebern auf ihr verfassungsrechtlich garantiertes Selbstbestimmungsrecht nach Art. 4 Abs. 1, 2 GG und Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV berufen. Besonderheiten bestehen vor allem hinsichtlich der (individualarbeitsrechtlichen) Loyalitätsanforderungen an die Mitarbeiter, des Mitarbeitervertretungsrechts, der Arbeitsvertragsgestaltung (in der Regel auf dem „Dritten Weg“) sowie des (kircheneigenen) Rechtsschutzes.45 Die katholische Kirche und die evangelischen Kirchen haben hierzu jeweils eigene Regelungswerke entworfen, die zahlreiche Gemeinsamkeiten, aber auch entscheidende Unterschiede erkennen lassen. Hierin besteht das wesentliche Problem für eine einheitliche Gestaltung des Arbeitsrechts in ökumenischen Einrichtungen.

Ausgehend von der Würdigung des katholischen und evangelischen Arbeitsrechts ist es Ziel dieser Dissertation, arbeitsrechtliche Problemstellungen in ökumenischen Einrichtungen näher zu analysieren. Kernfrage ist, welche Möglichkeiten für eine Ausgestaltung des Arbeitsrechts bestehen. Basierend auf und unter Verwendung der vorhandenen kircheneigenen Regelungen werden Modelle für das Arbeitsrecht in ökumenischen Einrichtungen entwickelt. Daneben wird die Möglichkeit aufgezeigt, sich von vorhandenen Regelungen zu lösen und eine neue eigenständige (ökumenische) Ordnung zu schaffen. Wie die Mehrzahl der bereits bestehenden Einrichtungen der Wohlfahrtsorganisationen werden aller Voraussicht nach auch ökumenische Einrichtungen privatrechtlich organisiert sein. Daher liegt es nah, dass auch die Mitarbeiter auf Grundlage des Privatrechts beschäftigt werden. Öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse (v.a. Kirchenbeamte) sind daher nicht Gegenstand der vorliegenden Betrachtung.

Gemeinschaftlich getragene Einrichtungen existieren in Ansätzen bereits in verschiedenen Tätigkeitsfeldern und über die gesamte Bundesrepublik verteilt. Ihre Erscheinungsformen und ihre jeweilige Organisation sind dabei vielfältig. Aufgrund der derzeit zu beobachtenden Entwicklung ist davon auszugehen, dass die Zahl ökumenischer Einrichtungen weiter steigen wird. Insofern gewinnt die Problematik des Arbeitsrechts in gemeinschaftlich getragenen Einrichtungen zunehmend an Relevanz.

D. Gang der Darstellung

Die Arbeit gliedert sich inhaltlich in drei Teile: Der erste Teil widmet sich in § 2 dem Begriff der Ökumene und der Geschichte der Ökumenischen Bewegung. Dabei werden die rechtlichen Rahmenbedingungen einer interkonfessionellen Zusammenarbeit – von Kooperation bis hin zu Fusion bzw. Neugründung – aufgezeigt. Hierauf folgt § 3, in dem es um die Grundlagen des kirchlichen Arbeitsrechts im Vergleich zum staatlichen Arbeitsrecht geht. Die Regelungsbefugnis der Kirchen zum Erlass eigener arbeitsrechtlicher Ordnungen beruht auf dem verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrecht gemäß Art. 4 Abs. 1, 2 GG, Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV, das Teil des Religionsverfassungsrechts ist. Zunächst erfolgt eine Darstellung des Religionsverfassungsrechts im Allgemeinen und des Selbstbestimmungsrechts im Speziellen. Hierauf folgen die Voraussetzungen der Zuordnung ökumenischer Einrichtungen zu einer bzw. mehreren Kirche(n). § 4 setzt sich mit der kirchenrechtlichen Anerkennung ökumenischer Einrichtungen auseinander. Dabei geht es neben den kirchenrechtlichen Grundlagen um die Vereinbarkeit der Anwendung vorhandener Ordnungen des kirchlichen Arbeitsrechts in ökumenischen Einrichtungen mit geltendem Kirchenrecht.

Der zweite Teil der Dissertation widmet sich in § 5 dem Vergleich des kirchlichen Arbeitsrechts der katholischen Kirche mit dem der evangelischen Kirchen. Vergleichsgrundlage sind die (Rahmen-)Ordnungen der Deutschen Bischofskonferenz bzw. der Evangelischen Kirche in Deutschland. Im Mittelpunkt stehen die Loyalitätsanforderungen sowie das Mitarbeitervertretungsrecht. Kurz dargestellt werden ebenso wesentliche Unterschiede der Arbeitsrechtsregelung auf dem sog. Dritten Weg sowie des (kircheneigenen) Rechtsschutzes.

Nach der Darstellung der rechtlichen und theologischen Grundlagen einer Gestaltung des Arbeitsrechts in ökumenischen Einrichtungen beschäftigt sich der dritte Teil der Arbeit mit den Gestaltungsmöglichkeiten des Arbeitsrechts in ökumenischen Einrichtungen (§ 6). An dieser Stelle werden Modelle einer Arbeitsrechtsgestaltung – insbesondere mit Blick auf die in § 5 gewonnenen Erkenntnisse – näher untersucht. Dabei geht es auch um spezifische Fragen, wie einen Betriebsübergang von bzw. auf einen ökumenischen Rechtsträger und die Konzeption ökumenischer Unternehmen und Konzerne. Ein Regelungswerk für den „ökumenischen Dienst“ existiert bis dato nicht. Im Rahmen eines Ausblicks sollen Richtlinien für eine solche gemeinsame Ordnung aufgezeigt werden (§ 7). Abschließend werden die in der Arbeit gewonnenen Erkenntnisse thesenartig zusammengefasst (§ 8).

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1Hierold, in: Hdb kath KR, S. 1458; s. auch Isensee, in: Hdb StKR, Bd. II S. 665 (665) m.w.N.

2Frank, RdA 1979, 86 (88 f.); Kaminsky, in: Abschied von der konfessionellen Identität?, S. 18 (19); Richardi, ZevKR 23 (1978), 367 (373 ff.).

3Wird im Rahmen der Arbeit auf Einrichtungen der „Caritas“ Bezug genommen, sind hiervon Einrichtungsträger umfasst, die Mitglied im Deutschen Caritasverband bzw. den Diözesancaritasverbänden sind.

4Wird im Rahmen der Arbeit auf Einrichtungen der „Diakonie“ Bezug genommen, sind hiervon Einrichtungsträger umfasst, die Mitglied im Diakonischen Werk – Evangelischer Bundesverband bzw. den Diakonischen Werken der Landeskirchen sind.

5Demel, Hdb Kirchenrecht, S. 113; Hammer, Kirchliches Arbeitsrecht, S. 51; Die Diakonie beschäftigte hauptamtlich 525.700 Menschen (Stand September 2018), s. im Einzelnnen Diakonie Deutschland (Hrsg.), Jahresbericht 2018, S. 7; für rd. 24.800 Einrichtungen der Caritas sind rd. 660.000 hauptberufliche Mitarbeiter tätig. Darüber hinaus engagieren sich mehrere hunderttausend Menschen ehrenamtlich im Bereich der Caritas, Sekretariat der DBK (Hrsg.), Arbeitshilfen Nr. 306, S. 37.

6Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für alle Geschlechter.

7Diakonie und Caritas beschäftigen somit gemeinsam etwa 1,185 Mio. hauptamtliche Mitarbeiter.

8Die Caritas betreibt in Deutschland rd. 24.780 Einrichtungen, die Diakonie Deutschland hat rd. 31.500 Angebote. Sowohl bei Caritas als auch Diakonie stellen Tageseinrichtungen (bzw. teilstationäre Einrichtungen) den größten Anteil dar (bei der Caritas etwa nahezu die Hälfte, bei der Diakonie etwa ein Drittel aller Einrichtungen), etwa ein Fünftel entfällt auf stationäre Einrichtungen. Die meisten Einrichtungen stellen die der Kinder- und Jugendhilfe dar (bei der Caritas sind in rd. 11.600 Einrichtungen rd. 151.000 Mitarbeiter tätig; bei der Diakonie für über 12.300 Angebote 128.600 Mitarbeiter). Auch der Bereich der Altenhilfe stellt ein wichtiges Betätigungsfeld dar: bei der Caritas sind hier in rd. 2.900 Einrichtungen rd. 119.400 Mitarbeiter tätig; bei der Diakonie sind in fast 5.800 Einrichtungen rd. 153.000 Mitarbeiter beschäftigt). Im Bereich der Krankenhilfe sind bei der Caritas in rd. 2.550 Einrichtungen rd. 273.000 Mitarbeiter, bei der Diakonie in 3.800 Einrichtungen rd. 110.000 Mitarbeiter tätig; Zahlen jeweils bezogen auf hauptamtliche Mitarbeiter; s. für die Caritas (Stand Juli 2019) Sekretariat der DBK (Hrsg.), Arbeitshilfen Nr. 306, S. 39; s. für die Diakonie (Stand Januar 2016) Diakonie Deutschland (Hrsg.), Einrichtungsstatistik, S. 79.

9Der Jahresumsatz beider Wohlfahrtsorganisationen betrug zusammen ca. 62 Mrd. Euro, s. Vortrag Bangert/Sasserath-Alberti, Wie stellen wir uns auf?, Vortrag anlässlich der ConSozial 2017.

10Marktanteil freigemeinnütziger Krankenhäuser von 33,5%, wobei sich der größte Anteil in kirchlicher Trägerschaft befindet, vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Grunddaten der Krankenhäuser 2017, S. 8. Zahlen spezifisch für die kirchlichen Träger liegen derzeit nicht vor.

11Marktanteil freigemeinnütziger Träger von 33%, wobei sich der größte Anteil in kirchlicher Trägerschaft befindet, vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Pflegestatistik 2017, S. 10.

12Marktanteil freigemeinnütziger Träger von 53%, wobei sich der größte Anteil in kirchlicher Trägerschaft befindet, vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Pflegestatistik 2017, S. 10.

13Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen bilden bei der Caritas mit 46,7% den größten Anteil der Einrichtungen (Stand Juli 2019), s. Sekretariat der DBK (Hrsg.), Arbeitshilfen Nr. 306, S. 39; Unter den freien Trägern im Bereich der Kindertagesstätten haben Träger des DCV bzw. sonstige katholische Träger einen Anteil von 14,8% und Träger des DW bzw. sonstige der EKD angeschlossene Träger einen Anteil von 36,3%, s. Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe 2016, S. 12. Bei diesen Trägern sind zusammen 41,5% der bei freien Trägern tätigen Mitarbeiter beschäftigt, s. Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe 2016, S. 24.

14Ca. 13 Mio. Menschen werden in Deutschland jährlich in Einrichtungen der Caritas betreut, gepflegt und beraten (Stand Juli 2019), s. Sekretariat der DBK (Hrsg.), Arbeitshilfen Nr. 306, S. 37; ca. 10 Mio. Menschen erhalten von der Diakonie Betreuung, Beratung, Pflege und medizinische Versorgung, s. Diakonie Deutschland (Hrsg.), Jahresbericht 2018, S. 7.

15Tück, in: Konfessionelle Identität und Kirchengemeinschaft, S. 11.

16Ebd., S. 11.

17Vat. II UR 1.

18Vat. II UR 5.

19Kasper, Ökumene des Lebens, Vortrag auf dem Katholikentag 2004 in Ulm.

20Vgl. Hatzinger/Schnaben, in: Hdb ev KR, § 15 Rn. 46; vgl. Kasper, in: Grundkonsens - Grunddifferenz, S. 98; Kirchenamt der EKD (Hrsg.), Texte 124, S. 13; Sekretariat der DBK (Hrsg.), Caritas als Lebensvollzug der Kirche, S. 26.

21Vgl. Vat. II UR 12; vgl. auch Isensee, in: Hdb StKR, Bd. II S. 665 (668); Jung/Armbruster, in: Fusion und Kooperation in Kirche und Diakonie, S. 9 (22).

22Wird von katholischer und evangelischer Kirche gesprochen, handelt es sich um eine Verkürzung. Sofern nicht ausdrücklich gekennzeichnet, sind hiermit sowohl die verfassten Kirchen als auch ihre Wohlfahrtsorganisationen gemeint.

23Vgl. auch Sekretariat zur Förderung der Einheit der Christen (Hrsg.), Nachkonziliare Dokumentation Bd. 56, S. 99; Thüsing, in: FS Listl 2004, S. 811 (812); ders., Kirchliches Arbeitsrecht, S. 79.

24Rd. 21,14 Mio. Menschen sind Angehörige der Evangelischen Kirche in Deutschland; 23 Mio. Menschen sind Angehörige der röm.-kath. Kirche, s. EKD (Hrsg.), Gezählt 2019, S. 4 (Stand Dezember 2018).

25Im Jahr 2018 rd. 216.000 Austritte aus der katholischen Kirche, s. Sekretariat der DBK (Hrsg.), Arbeitshilfen Nr. 306, S. 72; rd. 197.200 Austritte aus der evangelischen Kirche im Jahr 2018, s. EKD (Hrsg.), Gezählt 2019, S. 12.

26Die Anzahl der Taufen in der katholischen Kirche ging von 2003 mit fast 206.000 Taufen auf rd. 167.800 2018 zurück. Noch drastischer ist die rückläufige Zahl der Erstkommunionen von rd. 282.000 in 2003 auf rd. 171.300 im Jahr 2018, s. Sekretariat der DBK (Hrsg.), Arbeitshilfen Nr. 306, S. 70. In der evangelischen Kirche ging die Zahl der Taufen von 2004 mit rd. 227.000 auf rd. 176.200 in 2018 zurück. Ebenfalls drastisch sank die Zahl der Konfirmationen von 273.000 in 2004 (2003 269.000) auf 174.100 in 2018, s. EKD (Hrsg.), Gezählt 2019, S. 12.

27Kirchenamt der EKD (Hrsg.), Perspektiven für die evangelische Kirche im 21. Jahrhundert, S. 21 f.

28Günther, Diaspora Deutschland, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 28.12.2014; Isensee, in: FS Listl 1999, S. 67 (80 f.).

292003 gab es noch fast 13.000 katholische Pfarrgemeinden, 2018 waren es nur noch 10.045, s. Sekretariat der DBK (Hrsg.), Arbeitshilfen Nr. 306, S. 58; im Bereich der EKD gibt es 13.792 Kirchengemeinden (Stand 2018), s. EKD (Hrsg.), Gezählt 2019, S. 8.

30Im Jahr 2000 empfingen 154 Männer die Priesterweihe, 2018 lediglich 60. Die Zahl der Priester in der katholischen Kirche hat sich 2003 mit 16.532 Priestern auf 13.285 im Jahr 2018 verringert, s. Sekretariat der DBK (Hrsg.), Arbeitshilfen Nr. 306, S. 76; ähnlich im Bereich der EKD, derzeit stehen rd. 21.000 Theologen im Dienst der Kirche (Stand 2018), s. EKD (Hrsg.), Gezählt 2019, S. 22.

31Konrad, Der Rang und die grundlegende Bedeutung des Kirchenrechts, S. 456.

32Eingehend Fischer, Das konfessionelle Krankenhaus, S. 55 ff.; Köstler, Die religionsverfassungsrechtliche Zuordnung, S. 20 f.

33Vgl. hierzu Fischer, Das konfessionelle Krankenhaus, S. 26 ff.; Konrad, Der Rang und die grundlegende Bedeutung des Kirchenrechts, S. 456; Paeger, in: Konfessionelle Krankenhäuer, S. 167 (167).

34Isensee, in: Hdb StKR, Bd. II 665 (672 f.).

35Fischer, Das konfessionelle Krankenhaus, S. 30.

36Ebd., S. 77 ff.

37Ebd., S. 31.

38Köstler, Die religionsverfassungsrechtliche Zuordnung, S. 23.

39Sekretariat der DBK (Hrsg.), Arbeitshilfen Nr. 209, S. 12 f.

40Fischer, Das konfessionelle Krankenhaus, S. 31.

41Falterbaum, Caritas und Diakonie, S. 104; Fischer, Das konfessionelle Krankenhaus, S. 31.

42Eurich/Hädrich, in: Fusion und Kooperation in Kirche und Diakonie, S. 27 (30).

43Vgl. Negwer, in: Rechtsformen kirchlich-caritativer Einrichtungen, S. 156; a.A. Glawatz, Die Zuordnung privatrechtlich organisierter Diakonie, S. 128.

44So auch Fischer, Das konfessionelle Krankenhaus, S. 31; s. auch Thüsing, Kirchliches Arbeitsrecht, S. 78.

45Bietmann, Betriebliche Mitbestimmung im kirchlichen Dienst, S. 20 f.

§ 2 Ökumene und Arbeitsrecht

Anhand der drei Grundfunktionen des kirchlichen Lebens – Zeugnis des Glaubens, Feier der Liturgie und Diakonie im Dienst an den Menschen – kann die Ökumene heute gut beschrieben werden. Das Zeugnis des Glaubens meint nicht nur den Klerus, sondern jeden einzelnen Christen.46 Dabei geht es um das alltägliche Bekenntnis, das in verschiedenster Form erfolgen kann (vgl. Röm 10, 14 f.). In diesem Sinne haben sich kürzlich die Bistümer Aachen, Münster, Essen und Paderborn mit der Evangelischen Kirche im Rheinland und der Evangelischen Kirche von Westfalen auf eine neue Form der ökumenischen Zusammenarbeit in Form eines konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts an staatlichen Schulen geeinigt.47 Auch die Feier der Liturgie, als zweite Grundfunktion, hat eine zunehmende ökumenische Dimension. Vermehrt werden ökumenische Wort- und Vespergottesdienste gefeiert. Die Diakonie im Dienst ist wahrscheinlich der Bereich, in dem bereits jetzt die engste Zusammenarbeit erfolgt.48 So heißt es im Apostolischen Schreiben Intima Ecclesia natura – über den Dienst der Liebe von Papst Benedikt XVI. „Der Bischof möge, wenn es angebracht ist, karitative Initiativen gemeinsam mit anderen Kirchen oder kirchlichen Gemeinschaften fördern, unbeschadet der Besonderheiten aller Beteiligten.“49 Auch von evangelischer Seite wird eine stärkere Zusammenarbeit in diesem Bereich befürwortet (vgl. etwa § 1 DiakonieG). Differenzen hinsichtlich des Glaubensverständnisses treten hier in den Hintergrund.50

Eine enge Zusammenarbeit der christlichen Kirchen war im Laufe der Geschichte lange Zeit alles andere als selbstverständlich. Zunächst wird daher ein kurzer Blick auf die Entwicklung der Ökumenischen Bewegung geworfen. In einem nachfolgenden Schritt werden „ökumenische Einrichtungen“ sowie „ökumenisches Arbeitsrecht“ näher definiert.

A. Ökumene und ihre Entwicklung

Grundlage einer möglichen Regelung des Arbeitsrechts in ökumenischen Einrichtungen ist eine nähere Auseinandersetzung mit dem Begriff „Ökumene“. Notwendig ist eine Klarstellung, in welchem Kontext dieser Begriff in der vorliegenden Arbeit gebraucht wird.

I. Ökumene – eine Begriffsbestimmung

Der Begriff „Ökumene“ stammt aus dem Griechischen „oikouménē“ und meinte ursprünglich „[ganze] bewohnte [sc. Erde]“, „Erdkreis“ (vgl. Lk 2, 1).51 Im Römischen Reich bezeichnete „Ökumene“ mit zunehmendem Erstarken des Christentums auch die Gesamtheit der Christen. Im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Christentums zu Zeiten Augustinus wurden „ökumenisch“ und „katholisch“ synonym verwendet.52

„Ökumene“ wird in unterschiedlichen Zusammenhängen gebraucht. So meint Interkonfessionelle Ökumene einen Austausch zwischen den verschiedenen Konfessionsfamilien – etwa im Lutherischen Weltbund oder der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen. Abrahamitische Ökumene bezeichnet den Dialog zwischen den monotheistischen Weltreligionen – Judentum, Christentum und Islam. Unter vertikaler Ökumene versteht man die Verständigung zwischen mono- und polytheistischen Religionen.

Den Dialog und die Zusammenarbeit der christlichen Konfessionen bezeichnet man gemeinhin als „Ökumenische Bewegung“.53 Mit diesem Begriff werden die „Bemühungen aller Christen bzw. Kirchen für die Wiederherstellung der christlichen Einheit“ umschrieben.54 Jedenfalls in Deutschland wird dem Begriff „Ökumene“ das Verständnis der Ökumenischen Bewegung zugrunde gelegt. Wenn auch wissenschaftlich gesehen unpräzise, soll auch die vorliegende Arbeit hierauf aufbauen. Dabei geht es konkret um den interkonfessionellen Austausch zwischen der römisch-katholischen Kirche und den evangelischen Kirchen.55

II. Kurzer Abriss der Entwicklung der Ökumenischen Bewegung

So alt wie das Christentum sind auch die ersten Zerwürfnisse der Christen – diese begannen bereits in der Urkirche. Ein erster namhafter Streit war der sog. Antiochenische Zwischenfall zwischen Paulus und Simon Petrus.56 Viele Streitigkeiten konnten beigelegt werden, ohne dass es zu Abspaltungen kam, jedoch nicht alle. Link vergleicht die Kirche mit einem Baum57: Dieser gabelt sich seit dem abendländischen Schisma (1054) in zwei große Stämme (Orthodoxie und Westkirche), aus denen seit der Reformation weitere Äste und Zweige hervortreiben. Im Osten stehen die byzantinische und die orientalischen Kirchen, im Westen der römische Katholizismus und die Reformationskirchen. Für Deutschland ist die durch Martin Luthers Veröffentlichung der 95 Thesen ausgelöste Reformation mit ihren religiösen und weitreichenden politischen Folgen von besonderer Relevanz.58

Ein erster Versuch, den durch die Reformation hervorgerufenen Konflikt zwischen Lutheranern und Katholiken zu lösen, war das Augsburger Bekenntnis von 1530, in dem die lutherischen Lehren und ihre teilweisen Übereinstimmungen mit der römisch-katholischen Kirche dargestellt wurden.59 Diese Bemühungen scheiterten. Auch das Konzil von Trient (1545 bis 1563) verbesserte die Lage nicht. Weiterhin definierte es den Katholizismus im Gegensatz zum Protestantismus.60 1617 wurde in Deutschland von den Protestanten das 100-jährige Jubiläum von Luthers Thesenanschlag gefeiert. Luther galt den Protestanten als Befreier vom „römischen Joch“.61 In Rom rief man zeitgleich ein Sonderjubiläum zur „Ausrottung der Ketzerei“ aus.62 Ein Jahr später begann der 30jährige Krieg.

1. Der Beginn der modernen ökumenischen Bewegung

Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts traten vereinzelt ökumenische Bestrebungen in Erscheinung. So wurde 1844 der noch heute bestehende Wingolfsbund als überkonfessioneller Studentenbund gegründet, der als erste ökumenische Institution gilt. Die Bestrebungen zur Gründung kamen nicht von den Kirchenoberen, sondern erwuchsen aus Bewegungen kleinerer privater Gruppen und Vereine. Weitere bedeutsame Bestrebungen zur Ökumene setzten erst im 20. Jahrhundert ein. Aus protestantischer Sicht wird der Beginn der modernen ökumenischen Entwicklung auf das frühe 20. Jahrhundert datiert.63 Die Ökumenische Bewegung ging ursprünglich neben Laien maßgeblich von der protestantischen Kirchenleitung aus. Bis zum Zweiten Weltkrieg lehnte die katholische Kirche einen konfessionsübergreifenden Austausch ab. Internationale Aktivitäten Anfang des 20. Jahrhunderts fanden in Deutschland zunächst wenig Widerhall.64 Bereits 1909 rief der Amerikaner Paul Francis Wattson die Weltgebetswoche für die Einheit der Christen – jeweils vom 18. bis 25. Januar – ins Leben. 1916 erklärte Papst Benedikt XV. in einem Apostolischen Schreiben die Teilnahme der katholischen Kirche hieran. Als wichtiger Vorläufer der Ökumene wird die erste „Weltkonferenz für Mission“ in Edinburgh (UK) im Jahre 1910 angesehen.65

Zum Verständnis der Position der katholischen Kirche Anfang des 20. Jahrhunderts ist der CIC von 1917 entscheidend. Danach galt die katholische Kirche als identisch mit der Kirche Jesu Christi, es bestand ein exklusiver Identitätsanspruch.66 Nichtkatholiken waren nach dem Verständnis des CIC/1917 Häretiker und Schismatiker (vgl. cann. 167 § 1 n. 4; 731 § 2; 765 n. 2; 795 n. 2; 985 n. 1; 1240 § 1 n. 1; 1458 § 1; 1470 § 1 n. 6; 2314 § 1, 2339)67, damit ausgeschlossen von der aktiven Teilnahme am Gottesdienst und nicht zugelassen zu den Sakramenten. Katholiken wiederum war es untersagt, an Gottesdiensten anderer Konfessionen teilzunehmen und Sakramente zu empfangen.68 Die einzige Möglichkeit zur Wiederherstellung der kirchlichen Einheit war die Einzelkonversion.69 Andere (nicht-katholische) Kirchen und kirchliche Gemeinschaften galten als nicht-katholische Sekten (cann. 542 § 1 und 693 § 1 CIC/1917).

Gleichzeitig erstarkte die „Bewegung für praktisches Christentum“, die 1925 ihre erste Weltkonferenz abhielt. Zwei Jahre später fand die erste Weltkonferenz der „Bewegung für Glaube und Kirchenverfassung“, die stärker auf die Kirche ausgerichtet war, in Lausanne (Schweiz) statt. Katholiken wurde allerdings die Teilnahme vom Heiligen Stuhl untersagt (vgl. can. 1325 § 3 CIC/1917).70 Diese ablehnende Haltung wurde auch in der Enzyklika Mortalium animos von 1928 deutlich.71 Die Enzyklika warnt vor einer Gleichstellung aller christlichen Konfessionen und ist damit Zeugnis der bis dahin vertretenen Rückkehr-Ökumene, d.h. einer Wiedervereinigung nur durch Rückkehr zur katholischen Kirche.

Aus dem protestantisch geprägten Milieu entstand der Hochkirchliche Bund. Hiervon spaltete sich in Deutschland 1924 der neugegründete Hochkirchliche Ökumenische Bund ab.72 Letzterer verstand sich als „Umfassungsbewegung“ – „una sancta catholica ecclesia“.73 Später wurde spezifiziert, dass die Wahrheit nicht in einer Kirche und in einer sichtbaren Gemeinschaft alleine existiere, es gäbe vielmehr Teilwahrheiten, sie sich gegenseitig befruchteten.74 Mit Schreiben des Sanctum Officium75, der Kardinalskongregation für die Reinhaltung der katholischen Glaubens- und Sittenlehre, an die deutschen Bischöfe wurde es Katholiken untersagt, sich in irgendeiner Weise an dem (Hochkirchlichen) Ökumenischen Bund zu beteiligen.76

Nach katholischem Verständnis begann die Ökumenische Bewegung in Deutschland 1938 mit der „Una Sancta Bewegung“, begründet von Max Josef Metzger.77 Daneben werden aus katholischer Perspektive häufig der Jaeger-Stählin-Kreis und das Zweite Vatikanische Konzil als wesentlich für die Ökumenische Bewegung angesehen.78 1946 bildeten sich zunächst zwei voneinander unabhängige Gesprächskreise, auf katholischer Seite geleitet vom einstigen Erzbischof von Paderborn, Lorenz Kardinal Jaeger, auf evangelischer Seite von dem damaligen Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche von Oldenburg, Wilhelm Stählin. Die Arbeitskreise vereinigten sich 1968 zum „Evangelischen und Katholischen ökumenischen Arbeitskreis“, der bis heute existiert.79 1957 gründete Erzbischof Lorenz Kardinal Jaeger das „Johann-Adam-Möhler-Institut für Ökumenik“ mit dem Ziel einer künftigen Einheit in der Wahrheit und in der Liebe.80 Das Institut besteht bis heute.

Auf internationaler Ebene kam es 1948 zur konstituierenden Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) in Amsterdam (Niederlande).81Katholiken wurde weiterhin die Teilnahme untersagt. Die katholische Kirche ist heute nach wie vor nicht Mitglied des ÖRK, mittlerweile erfolgt jedoch eine enge Zusammenarbeit.82

2. Das Zweite Vatikanische Konzil

Im Land der Reformation hatten die beiden Weltkriege die Konfessionen näher zusammengebracht. Zum einen hatten die Kirchen gleichermaßen die nationalsozialistische Unterdrückungspolitik erfahren, zum anderen hatten sie gemeinsam die Schrecken des Krieges erlebt.83 Auf der katholischen Seite ergab sich allerdings eine deutlich erkennbare Divergenz zwischen der Auffassung des Vatikans und der der Laien. Das Sanctum Officium prägte weiterhin eine ablehnende Haltung gegenüber den anderen christlichen Konfessionen und änderte hieran auch bis unmittelbar vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil nichts.84 Erste „Ökumenische Kreise“, die unabhängig von der institutionalisierten Kirche agierten, entstanden bereits Ende der 1950er Jahre.

Weniger als drei Monate nach seiner Wahl verkündete Papst Johannes XXIII. 1959 seine Absicht zur Einberufung eines Konzils. Anders als bei früheren Konzilen war die Vorbereitungskommission etwa zur Hälfte mit Bischöfen und Ordensoberen besetzt, d.h. mit späteren Entscheidungsträgern, so konnte der Kurienapparat bereits während der Vorbereitung entscheidenden Einfluss nehmen. Der Papst musste hinsichtlich seines eigenen Anliegens, der Förderung der Ökumene, zunächst größere Widerstände überwinden. Um den Einfluss der Kurie einzuschränken, richtete Papst Johannes XXIII. 1960, d.h. noch vor Eröffnung des Konzils, das „Sekretariat für die Förderung der Einheit der Christen“ ein.

Das Zweite Vatikanische Konzil (Vaticanum II)85, von der römisch-katholischen Kirche als das 21. Ökumenische Konzil angesehen, hatte den Auftrag zur pastoralen und ökumenischen Erneuerung. Nach dem Tod von Papst Johannes XXIII. Im Juni 1963 wurde das Konzil von Papst Paul VI. fortgesetzt. Das Konzil verlief in vier Sitzungsperioden, in denen insgesamt 16 Dokumente promulgiert wurden, und endete im Dezember 1965. Grundlegende Dokumente für den katholischen Ökumenismus sind die Dogmatische Konstitution über die Kirche (Lumen gentium, LG)86, das Dekret über den Ökumenismus (Unitatis redintegratio, UR), die Erklärung zur Religionsfreiheit (Dignitatis humanae) und die Dogmatische Konstitution über die göttliche Offenbarung (die Verbum).87 Nicht-katholische Kirchen und kirchliche Gemeinschaften werden als legitime Existenzformen christlichen Lebens angesehen.88

Ein Meilenstein der Ökumenischen Bewegung ist das im Zuge des Konzils verfasste Dekret über den Ökumenismus „Unitatis redintegratio“89. Inhaltlich steht das Ökumenismusdekret in enger Beziehung zur dogmatischen Konstitution LG. Es beginnt mit den Worten „Die Einheit aller Christen wiederherstellen zu helfen ist eine der Hauptaufgaben des Heiligen Ökumenischen II. Vatikanischen Konzils.“.90 Christus habe eine einige und einzige Kirche gegründet.91 Die vorliegende Spaltung sei ein „Ärgernis für die Welt und Schaden für die Sendung der Kirche“.92 Die Taufe aller Christen begründe ein sakramentales Band der Einheit, alle Getauften seien Schwestern und Brüder im Herrn.93 Nach dem Ökumenismusdekret darf die Schuld der Trennung nicht den nicht-katholischen Christen zur Last gelegt werden, denn „(…) die katholische Kirche betrachtet sie als Brüder, in Verehrung und Liebe“.94 Hinsichtlich anderer christlicher Konfessionen wird erstmals von „Kirchen“95 und „kirchlichen Gemeinschaften“96 gesprochen.97 Auch Nichtkatholiken und Kirchen bzw. kirchliche Gemeinschaften werden als legitime Existenzformen christlichen Lebens angesehen.98 Durch das Zweite Vatikanische Konzil wurde der Kirchenbegriff ausgeweitet und damit das Verfassungsrecht des CIC/1917 revidiert.99

3. Ökumene in Deutschland nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil

Ausgehend vom Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils wurde – nun auch von katholischer Seite – der Dialog mit anderen Konfessionen gesucht.100 Dabei ging es zum einen um bilaterale interkonfessionelle Gespräche und zum anderen um einen multilateralen Dialog, insbesondere gefördert durch den ÖRK.101 Der katholisch-orthodoxe Dialog erzielte 1965 mit der Aufhebung der gegenseitigen Exkommunikation beider Kirchen aus dem Jahr 1054 einen großen Erfolg. Die Leuenberger Konkordie von 1973 und die sich daraus entwickelnde Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa führte zu einer gemeinsamen Abendmahlsfeier von Lutheranern und Reformierten und damit zur Überwindung wesentlicher kirchentrennender Differenzen der evangelischen Kirchen in Europa.102

In den 1970er und 1980er Jahren herrschte eine regelrechte Aufbruchsstimmung. Viele Gläubige engagierten sich für die Ökumene und hofften auf verbindliche Gemeinschaften christlicher Kirchen.103 So entstanden gerade in den 1970er Jahren im Zuge der charismatischen Erneuerung viele neue Gemeinschaften, nicht wenige von ihnen sind ökumenisch geprägt.104 Initiativen und Vereine innerhalb und außerhalb der Kirchen setzten sich dafür ein, dass sich die Kirchen verstärkt neben ökumenischen auch zu politischen Fragen positionierten.105 Theologische Gespräche zwischen der DBK und der VELKD begannen bereits in den 1980er Jahren.106 Entscheidende Impulse für die Ökumene in Deutschland kamen zudem durch die Besuche von Papst Johannes Paul II. in Deutschland in den Jahren 1980 und 1987.107 Ein im Auftrag der Ökumenischen Kommission eingerichteter Arbeitskreis evangelischer und katholischer Theologen kam 1985 zu dem Ergebnis, dass die gegenseitigen Lehrverurteilungen des 16. Jahrhunderts die Partner heute nicht mehr treffen.108

4. Ökumene in den 1990er und frühen 2000er Jahren in Deutschland

Die 1995 von Papst Johannes Paul II. promulgierte Enzyklika „Ut unum sint“ (UUS) war der Ökumene gewidmet. Der Papst bekräftigt das unbedingte Streben nach der Einheit der Christen.109Johannes Paul II. greift damit den drängenden Wunsch Christi zur Einheit wieder auf.110 Nicht unerwähnt bleiben sollte das im August 2000 von der Kongregation für die Glaubenslehre veröffentliche Schreiben „Dominus Iesus – Über die Einzigkeit und Heilsuniversalität Jesu Christi und der Kirche“. Hierin wird der Rang der katholischen Kirche stark hervorgehoben. Teile der katholischen Kirche und insbesondere die evangelischen Kirchen sehen hierin eine deutliche Belastungsprobe des ökumenischen Verhältnisses.111

Anders als im Fall der katholischen Kirche gibt es keine einheitliche evangelische Kirche. So wird im Rahmen des ökumenischen Dialogs teilweise zwischen der Verständigung zwischen der katholischen Kirche und der lutherischen bzw. der katholischen Kirche und der reformierten Kirchengemeinschaft differenziert.112 Dabei sind sich die katholische und die lutherische Kirche hinsichtlich der Realpräsenz Christi in der Eucharistie einig.113 Die reformierte Kirche hingegen misst dem Abendmahl lediglich eine rein symbolische Bedeutung bei. 1999 veröffentlichten die katholische Kirche und die Lutheraner die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre (GER).114 Katholiken und Lutheraner erklären, dass ein Grundkonsens hinsichtlich der Grundwahrheiten der Rechtfertigungslehre besteht. Die weiterhin bestehenden Unterschiede im Verständnis werden ausdrücklich als tragbar angenommen.115

2001 unterzeichneten die „Konferenz Europäischer Kirchen“ (KEK) und der „Rat der Europäischen Bischofskonferenzen“ (CCEE) die Charta Oecumenica, eine Selbstverpflichtung zur Achtung der Vielfalt der christlichen Traditionen.116 Durch die 2007 unterzeichnete „Magdeburger Erklärung“ haben elf Mitglieder der „Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK)“117, darunter auch die katholische Kirche vertreten durch die DBK sowie die EKD, die gegenseitige Anerkennung der Taufe vereinbart.

Begeisterung lösten im In- und Ausland der erste Ökumenische Kirchentag 2003 in Berlin sowie zweite Ökumenische Kirchentag 2010 in München aus. Der dritte Ökumenische Kirchentag ist 2021 in Frankfurt am Main geplant.118 Wie bereits Papst Johannes Paul II. setzte auch Papst Benedikt XVI. während seiner Deutschlandbesuche 2005 und 2006 ein Zeichen für die Ökumene, indem er zu verschiedenen ökumenischen Gesprächen einlud. Auch das 2008 von Papst Benedikt XVI. anlässlich des 2000. Geburtstages des Apostels Paulus ausgerufene Paulusjahr stand ganz im Zeichen der Ökumene. Inwieweit Papst Franziskus neue Impulse für den Dialog der christlichen Konfessionen setzt, bleibt abzuwarten. Bisher hat er sich der Ökumene sehr zugewandt positioniert.119

III. Gegenwärtige Position der Kirchen zur Ökumene

Ein derart großer ökumenischer Enthusiasmus wie nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil ist nicht mehr vorhanden.120 Zwischenzeitlich empfand man den ökumenischen Dialog als schwierig.121 Man sprach sogar von einer Krise der Ökumene.122 Der ökumenische Prozess habe, so Kasper, inzwischen eher das Format einer friedlichen Koexistenz.123 Auch die Forschung konzentrierte sich in den vergangenen Jahrzehnten auf einige wenige Theologen und Initiativen.124 Die Ursachen für die Stagnation sind vielseitig: Zollitsch führt den Rückgang des ökumenischen Enthusiasmus darauf zurück, dass durch die deutliche Annäherung in den vergangenen Jahrzehnten nun die Differenzen sichtbarer wurden.125 Ähnlich äußert sich Schockenhoff, der das momentane Stocken der Ökumene darin begründet sieht, dass die Kirchen verstärkt nach der eigenen Identität suchen.126 Unterschiedliche Auffassungen in konfessionellen Fragen führten dazu, dass sich die einzelne Konfession nach ihrer Position fragen müsse.

Teilweise wird sogar die Gefahr eines Identitätsverlusts durch die Ökumene gesehen.127 Dabei könnten durch den Versuch, konfessionelle Profile zu überwinden, umgekehrt sogar rekonfessionalisierende Tendenzen entstehen.128 So unterstreicht Papst Benedikt XVI.: „Das Notwendigste für die Ökumene ist zunächst einmal, dass wir nicht unter dem Säkularisierungsdruck die großen Gemeinsamkeiten fast unvermerkt verlieren, die uns überhaupt zu Christen machen und die uns als Gabe und Auftrag geblieben sind.“129 Sofern den Menschen die christliche Identität nicht mehr bewusst ist, droht die Ökumene in einem „Wischi-waschi-Ökumenismus“ zu verschwimmen, befürchtet Kasper.130 Es sei wichtiger denn je die Fundamente der Ökumenischen Bewegung zu sichern. Ein Identitätsverlust – egal ob konfessionsbezogen oder bezogen auf das Christentum – sei für eine erstarkende Ökumenische Bewegung kontraproduktiv.

Mit Blick auf die zahlreichen Fortschritte der Vergangenheit einerseits und die momentan vermeintliche Stagnation andererseits wird oftmals eingewandt, dass die Lehre aus bestimmten Aspekten ein Problem mache, wo Gläubige gar keins sehen. Die eigentliche Frage, die sich heute mehr denn je zu stellen scheint, ist diejenige, welches Ziel Ökumene eigentlich hat. Meint Ökumene „Rückkehr“ oder steht sie für „Vereinigung und Verschmelzung“? Oder soll Einheit in der Ökumene den kleinsten gemeinsamen Nenner abbilden? Es gibt nach wie vor keine einheitliche Vorstellung davon, was von Einheit erwartet wird und wie diese aussehen soll.131 In der Ökumenischen Bewegung bestand von vornherein weitgehende Einigkeit darüber, dass Einheit nicht mit Uniformität gleichzusetzen sei.132

Insbesondere die evangelisch-lutherische Seite prägte das Konzept der Einheit in versöhnter Vielfalt.133 Konfessionen sollen nach diesem Verständnis nicht ihre Bedeutung verlieren. Dabei sei jedoch eine Verständigung über das Bekenntnis erforderlich, die eine gemeinsame Feier der Sakramente und die gegenseitige Anerkennung ordinierter Dienste voraussetze. Aufgrund der Versöhnung werden sich alle momentan bestehenden Konfessionen wandeln, ohne dabei jedoch ihre Identität zu verlieren.134 Äußerungen von Papst Franziskus lassen sich dahingehend verstehen, dass er sich ebenfalls für dieses Modell ausspricht.135

Aus der vorangehenden Darstellung wird deutlich: Es gibt keine einheitliche Antwort auf die Frage, was das ökumenische Ziel ist. Im Prozess der Einheitsbildung geht es nicht nur um das Sammeln von Informationen über die jeweils andere Konfession, um sie besser kennenzulernen, sondern auch darum, sich gegenseitig zu bereichern und voneinander zu lernen („Ökumene der Gaben“136).137 In der heutigen Ökumenischen Bewegung steht ein stetiger Austausch im Vordergrund (Dialogökumene).138

IV. Zwischenergebnis

Seit Ende des 19. Jahrhunderts haben sich Christen einander deutlich angenähert. Spätestens mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil bekennt sich auch die katholische Kirche zur Ökumene. In den letzten Jahrzehnten ist jedoch nach einer langen Phase deutlicher Annäherung eine Stagnation erkennbar.

B. Ökumenische Einrichtungen

Insbesondere kleinere kirchliche Einrichtungen stehen sowohl aus kircheninternen Gründen als auch aufgrund externer Faktoren vor großen Schwierigkeiten, sodass strukturelle Veränderungen notwendig werden. In jüngerer Zeit ist zu beobachten, dass sich Einrichtungen, die bisher in der Trägerschaft der verfassten Kirche oder von Orden standen, verselbstständigen.139 Eigens zu diesem Zweck wurden Trägerorganisationen gegründet, wie beispielsweise die Caritasträgergesellschaft Trier e.V. (ctt), die Malteserwerke e.V. oder die Deutsch-Ordens-Hospitalwerk GmbH. Die Bildung größerer Einheiten ist auf dem Markt der freien Wohlfahrtspflege ein probates Mittel, um die Konkurrenzfähigkeit zu steigern.

Eine enge Zusammenarbeit von Einrichtungen kann zur Nutzung von Synergieeffekten führen.140 Sowohl die katholische Kirche141 als auch die evangelischen Kirchen sprechen sich grundsätzlich für Kooperationen im sozialen Bereich aus. So plädiert auch die ACK explizit für eine Bündelung der Kräfte im Bereich der sozialen Dienste und Einrichtungen.142 In der Umsetzung bestehen – so Fischer – von Seiten der kirchlichen Träger hinsichtlich einer Zusammenarbeit jedoch Bedenken: „Auf der Suche nach Kooperationspartnern wird das vorhandene Konkurrenzdenken zwischen den kirchlichen Trägern diese Suche sicherlich erschweren. Es müssen noch so manche Rivalitäten und Eifersüchteleien innerhalb kirchlicher Träger zugunsten eines gemeinsamen Ziels überwunden werden.“143 Die katholische Kirche lehnt mit Verweis auf die Divergenzen im Glaubensverständnis die Gründung eines gemeinsamen ökumenischen Rechtsträgers ab. Vorzugswürdig sei eine verbindlich geregelte Kooperation der beteiligten Träger in Form einer Arbeitsgemeinschaft.144 Diese Probleme konnten in der Praxis bereits vielfach überwunden werden. Kooperationen und Fusionen im kirchlichen Bereich haben in den letzten Jahren stark zugenommen.145

I. Ökumenische Trägerschaft – eine Begriffsbestimmung

Der Begriff „ökumenische Einrichtung“ bezeichnet vorliegend von katholischer Kirche und den evangelischen Kirchen gemeinsam getragene Einrichtungen, d.h. in „ökumenischer Rechtsträgerschaft“.146 Dabei wird der Begriff „Kirche“ weit verstanden und bezieht sich sowohl auf die verfassten Kirchen als auch auf Einrichtungen außerhalb der verfassten Kirchen, die regelmäßig von den Wohlfahrtsorganisationen getragen werden.147 „Verfasste Kirche“ umfasst Kirchengemeinden, Gemeindeverbände und Diözesen bzw. Landeskirchen. Außerhalb der verfassten Kirche bestehen caritative bzw. diakonische Verbände, Vereinigungen und Einrichtungen. Für die katholische Kirche sind das in erster Linie die Mitglieder des Deutschen Caritasverbands (DCV), dem als Dachverband die 27 Diözesan-Caritasverbände und anerkannte zentrale Fachverbände angehören. Wohlfahrtsverband der evangelischen Kirchen ist die Diakonie Deutschland – Evangelischer Bundesverband148. Ihr gehören 19 rechtlich selbstständige Diakonische Werke (DW) an.

Ökumenische Trägerschaft meint die Zusammenarbeit christlicher Kirchen zur Betreibung einer ökumenischen Einrichtung. Trägerschaft steht dabei für die für die jeweilige Einrichtung (rechtlich) verantwortliche(n) Institution(en). Eine ökumenische Trägerschaft kann verschieden ausgestaltet werden. Erfolgt eine Zusammenarbeit von Angehörigen bzw. Vereinigungen bekenntnisverschiedener Kirchen auf Grundlage einer Vereinbarung, ohne dass dabei ein gemeinsamer Rechtsträger zugrunde liegt und bleiben die Beteiligten in der Zusammenarbeit eigenständig, kann von ökumenischer Trägerschaft im weiteren Sinne gesprochen werden.149 Kennzeichen ist ein gemeinsamer Betrieb der Einrichtung durch mehrere Rechtsträger.150 Die Arbeitnehmer stehen in arbeitsvertraglicher Beziehung zum jeweiligen Rechtsträger, werden jedoch gemeinsam in einer Einrichtung tätig.

Erfolgt die Zusammenarbeit im Rahmen einer ökumenischen (eigenständigen) Rechtsträgerschaft151, kann von ökumenischer Rechtsträgerschaft (ökumenische Trägerschaft im engeren Sinne) gesprochen werden.152 Arbeitsverhältnisse bestehen einheitlich zwischen den Arbeitnehmern und dem ökumenischen Rechtsträger.

Teilweise werden auch die Begriffe „gemischt-konfessionelle Trägerschaft“153 oder „interkonfessionelle Trägerschaft“154 verwandt. Da es vorliegend aufgrund der arbeitsrechtlichen Besonderheiten jedoch gerade auf die Zusammenarbeit der katholischen Kirche und der evangelischen Kirchen ankommt, ist der Begriff „ökumenische (Rechts)-trägerschaft“ präziser und wird daher im Folgenden zugrunde gelegt.

II. Formen von Kooperationen

Je nach Verbindlichkeit der Zusammenarbeit und der rechtlichen Umsetzung sind verschiedene Formen der Kooperation zu unterscheiden.155 Aufgrund der Gestaltungsfreiheit von Unternehmen sind Abgrenzungen zwischen Kooperationsformen nicht immer trennscharf möglich. Ein erster Anknüpfungspunkt kann dabei die Intensität der Zusammenarbeit sein. Hiermit hängt oftmals der Formalisierungsgrad zusammen, d.h. deren rechtliche Grundlage.

1. Kooperationsvertrag

Unter einer Kooperation versteht man die „Zusammenarbeit verschiedener selbstständiger Rechtsträger […], die sich lediglich auf einzelne Unternehmensaktivitäten bezieht und die jeweilige rechtliche Eigenständigkeit unberührt lässt“156. Kooperationen können in Form von unverbindlichen Absprachen erfolgen oder aufgrund einer verbindlichen vertraglichen Verpflichtung.157 Die Zusammenarbeit kann dabei auch rein projektbezogen erfolgen.158 Im Falle eines Kooperationsvertrags liegt ein Dauerschuldverhältnis sui generis vor.159

Entscheidend ist, dass die Eigenständigkeit der beteiligten Rechtsträger unberührt bleibt.160 Der Aufbau und die Nutzung gemeinsamer Strukturen sind bei einer Kooperation jedoch nicht ausgeschlossen.161 Eine Kooperation kann auch als Zwischenstadium zu einer Fusion erfolgen.162 Im Bereich der ökumenischen Zusammenarbeit kann eine Kooperationsvereinbarung zwischen den verschiedenen konfessionellen Trägern die Einbringung von Mitarbeitern in den Betrieb und die Organisation einer Einrichtung eines Rechtsträgers vorsehen.163 Die Erzdiözese Freiburg und die Evangelische Landeskirche in Baden haben sich beispielsweise für eine fortbestehende konfessionelle Trägerschaft ihrer Sozialstationen, jedoch für eine enge Zusammenarbeit entschieden. Je nach Konfessionsproporz im Einzugsbereich kirchlicher Sozialstationen wird entweder ein Kooperations- oder ein Betreuungsvertrag geschlossen. Sofern die jeweils nach Mitgliedern kleinere Kirchengemeinde Mitarbeiter in die Sozialstation entsendet, kommt der Kooperationsvertrag zur Anwendung. Die Dienstaufsicht bleibt beim jeweiligen Anstellungsträger, die Fachaufsicht kommt dem Verband zu, dem die Sozialstation angehört.

2. Strategische Allianz

Einen Unterfall einer Kooperation bildet die strategische Allianz: Hierbei handelt es sich um eine „mittel- bis langfristige, nicht ausdrücklich vertraglich geregelte, von jeder Partei kündbare Verbindung zweier oder mehrerer Organisationen“.164 Hierdurch können Teilbereiche gemeinsam betrieben werden. So können sich zwei konfessionsverschiedene Krankenhäuser auf diese Weise etwa eine Geburtsstation teilen. Eine Zusammenarbeit im Rahmen einer strategischen Allianz erfolgt regelmäßig in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gemäß § 705 BGB als Außengesellschaft oder in Form eines nichtrechtsfähigen oder rechtsfähigen (e.V.) Vereins. Auf diese Weise kann eine gemeinsame Einrichtung mehrerer Rechtsträger gegründet werden.165 Die Selbstständigkeit der beteiligten Rechtsträger bleibt erhalten166, die Anstellungsträgerschaft für die Mitarbeiter verbleibt jeweils bei den einzelnen beteiligten Trägern.167 Entsprechend wird auch die Dienstaufsicht von dem jeweiligen Anstellungsträger ausgeübt. Demgegenüber wird die Fachaufsicht auch von Organen der gemeinsamen Einrichtung durchgeführt.168

3. Gründung eines ökumenischen Rechtsträgers
a) Gemeinschaftsunternehmen bzw. Joint Venture

Beim Joint Venture handelt es sich um den Oberbegriff verschiedener Formen der projektbezogenen Unternehmenskooperation.169 Im Gegensatz zum (einfachen) Kooperationsvertrag erfolgt im Rahmen eines Joint Ventures eine sehr enge mittel- bis langfristige Zusammenarbeit der beteiligten Unternehmen. Differenziert wird zwischen dem sog. Contractual Joint Venture, das lediglich zu der Gründung einer BGB-Gesellschaft führt und letztlich eine strategische Allianz darstellt. Demgegenüber gründen im Rahmen des sog. Equity Joint Ventures mehrere Unternehmen zusammen ein rechtlich selbstständiges Unternehmen.170 Im Gegensatz zu einem gemeinsamen Betrieb fallen beim Gemeinschaftsunternehmen die Anstellungs- und die Betriebsträgerschaft zusammen.

Rechtlich wird das Equity Joint Venture in der Regel zweistufig ausgestaltet (Doppelgesellschaft): Die Zusammenarbeit erfolgt auf Basis eines Joint-Venture Vertrages, durch den eine GbR in Form einer Innengesellschaft begründet wird.171 Daneben sind die Gesellschafter der Innen-GbR Gesellschafter des Gemeinschaftsunternehmens. Die Rechtsträgerschaft kann originär von den beteiligten Kirchen gemeinsam übernommen werden. Als Rechtsformen kommen ebenfalls der Verein, die GbR oder die – für das Gemeinschaftsunternehmen übliche – GmbH172 in Betracht.

b) Fusion

Durch eine Fusion werden die beteiligten Rechtsträger rechtlich zu einer gemeinsamen Einheit geführt.173 Damit geht die rechtliche Selbstständigkeit eines oder beider Unternehmen verloren.174 Die vormals beteiligten Rechtsträger bestehen nicht selbstständig fort.175 Es kommt zur Bildung eines eigenen gemeinsamen und umfassenden Rechtsträgers. Dieser kann beispielsweise in Form eines eingetragenen Vereins (e.V.), einer GmbH oder einer Stiftung durch Vereinigungen bekenntnisverschiedener Kirchen entstehen. Auf diese Weise können Unternehmens- und teilweise sogar Konzernstrukturen aufgebaut werden. Eine Fusion ist vom verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrecht gedeckt, allerdings müssen auch nach der Fusion weiterhin die für eine Zuordnung zu einer Kirche erforderlichen Merkmale gegeben sein.176

c) Gesellschafts- und arbeitsrechtliche Implikationen

Im Falle der Zusammenarbeit auf Basis eines (einfachen) Kooperationsvertrags oder im Wege einer strategischen Allianz bleiben die Arbeitsverhältnisse bei den jeweils beteiligten Rechtsträgern bestehen. Anders verhält es sich hingegen bei Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens sowie im Falle der Fusion. Die gesellschafts- und arbeitsrechtlichen Implikationen von Umstrukturierungen können an dieser Stelle nur angerissen werden.177 Eine Umstrukturierung unterliegt im Regelfall den Regelungen des UmwG.

Zur Schaffung ökumenischer Rechtsträger kommt insbesondere eine Umwandlung durch Verschmelzung oder Spaltung in Betracht: Sollen nur einzelne Vermögenswerte übertragen werden, erfolgt eine Übertragung im Wege der Spaltung. Dabei werden drei Arten der Spaltung unterschieden: Aufspaltung (§ 123 Abs. 1 UmwG), Abspaltung (§ 123 Abs. 2 UmwG) und Ausgliederung (§ 123 Abs. 3 UmwG). Eine Spaltung kann entweder erfolgen, indem ein bereits bestehender Rechtsträger einen durch Spaltung übertragenen Gegenstand aufnimmt (Spaltung durch Aufnahme) oder ein neu entstandener Rechtsträger, der die durch die Spaltung getrennten Vermögensteile aufnimmt (Spaltung zur Neugründung).178