Das Aschemädchen - Maya Shepherd - E-Book
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Das Aschemädchen E-Book

Maya Shepherd

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Beschreibung

Der Tod ist nicht das Ende, sondern ein Anfang. Die Geschichte wiederholt sich immer wieder. Das waren die letzten Worte ihrer sterbenden Mutter gewesen und Ember glaubte, sie nun verstehen zu können. Ihr jetziges Leben erlosch - es verschlang sie mit Haut und Haaren. Sie musste sterben, um an anderer Stelle aus ihrer Asche wiederauferstehen zu können.

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Veröffentlichungsjahr: 2019

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Maya Shepherd

Das Aschemädchen

 

 

 

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- gekürzte Vorschau -

Inhaltsverzeichnis

Titel

Was zuvor geschah

Vermisst

Der Preis des Lebens

Schuhe aus Glas

Das Aschemädchen

Gewisperte Worte

Unbedeutend

Der Mut zu Glauben

Schlussworte der Autorin

Copyright

Danksagung

Impressum tolino

Was zuvor geschah

Maya Shepherd

Die Grimm Chroniken 7

„Das Aschemädchen“

Copyright © 2018 Maya Shepherd

Coverdesign: Jaqueline Kropmanns

Lektorat: Sternensand Verlag /Martina König

Korrektorat: Jennifer Papendick

Alle Rechte, einschließlich dem des vollständigen oder teilweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

Facebook: www.facebook.de/MayaShepherdAutor

E-Mail: [email protected]

Für Nicky

Diese Folge ist für dich.

Gib niemals auf und kämpfe dich immer wieder

wie der Phönix aus der Asche.

1594

Mary und Dorian kämpfen sich mithilfe der Rapunzelpflanzen immer weiter den Baumstamm empor, welcher sich auf dem Rücken eines Wals befindet. Schließlich erreichen sie eine Tür, dahinter erwartet sie jedoch nur ein Turm mit unzähligen Stufen. Insgesamt sind sie sieben Tage unterwegs und sehen sich dabei gezwungen, fast alle Gegenstände zu benutzen, welche sich in dem Beutel befinden, den Jacob Grimm ihnen als Bezahlung für die Erdenmutter anvertraut hat.

Als sie das Ende des Turms erreichen, betreten sie ein verlassenes Zimmer, in dem schon lange niemand mehr zu leben scheint. Das einzige Zeichen dafür, dass irgendwann jemand hier gewesen sein muss, ist ein kaputter Stuhl.

Sie haben aus ihrem magischen Beutelchen nur noch ein Holzstück übrig. Dieses verwenden sie, um den Stuhl zu reparieren. Sobald dies geschehen ist, verwandelt sich der Raum vor ihren Augen in eine prächtige Stube. Darin befinden sich dreizehn Gemälde, die wie Fenster in fremde Welten erscheinen. Inmitten dieses Zaubers befindet sich die Erdenmutter. Sie weigert sich erst, den beiden zu helfen, da sie ihre Bezahlung aufgebraucht haben.

Außerdem weiht sie Mary in Dorians Geheimnis ein. Vlad Dracul ist nicht nur sein Vater, sondern auch ihrer. Sie sind Halbgeschwister. Eine Prophezeiung verkündet, dass sie ein Kind in die Welt setzen werden, welches entweder alle Vampire auslöschen oder der Untergang der Menschheit sein wird. Das ist der Grund, warum Dracula Mary töten will. Dorian schlägt vor, dass sie keine Kinder bekommen könnten, doch dafür ist es bereits zu spät, denn Mary ist nach ihrer ersten gemeinsamen Nacht schwanger.

Die Erdenmutter erklärt sich bereit, ihnen ihre Welt zu erschaffen, da sie selbst auch Mutter einer Tochter ist. Diese soll im Königreich von Mary und Dorian ein neues Zuhause finden.

Während die beiden in einen siebentägigen Schlaf fallen und von all dem träumen, was sie sich für ihre neue Heimat wünschen, malt die Erdenmutter Engelland aus Asche, Schnee und Blut.

2012

Sobald die Geschwister Maggy und Joe den Wald mit dem Lebkuchenhaus verlassen, betreten sie eine belebte Version von Königswinter. Das Städtchen ist keinesfalls verlassen: Menschen gehen zur Arbeit, Geschäfte bieten ihre Waren an und ganz besonders der Bahnhof ist am Morgen geradezu überfüllt.

An einem Ticketschalter kaufen sie ihre Fahrkarten zurück nach Berlin. Dabei erkundigt sich Maggy nach Schloss Drachenburg und erfährt, dass es täglich für Besucher geöffnet ist und niemand etwas von einem blutrünstigen Vampir weiß. Alles ist ganz normal. Wo immer sie in den letzten Tagen waren, es war kein Teil der realen Welt.

In Berlin führt sie ihr erster Weg direkt zu Ludwig beziehungsweise Jacob in die Psychiatrie. Dort finden sie heraus, dass dieser nach einem Anfall ins Koma gefallen ist. Er kann ihnen somit nicht helfen, Will zu retten.

Genauso wenig können sie nach Königswinter zurückkehren, da sie nicht in derselben Version wie ihr Freund landen würden. Zu dieser hat man nur mit einer Einladung der Königin Zutritt. Sie haben sich selbst aus der Geschichte ausgeschlossen, als sie entschieden, den Wald zu verlassen.

1812

Ember hilft Margery dabei, aus dem Schloss zu fliehen. Sie führt die Prinzessin durch den finsteren Wald, bis an die Dornenhecke, welche das gesamte Königreich umschließt. Engelland ist eine Insel und befindet sich seit seiner Entstehung im Krieg mit Margerys Großvater, der ihr nach dem Leben trachtet und deshalb versucht, einen Weg hinein zu finden.

Ihr Vater und viele tapfere Männer verteidigen täglich das Reich vor den Feinden. Umso mehr erstaunt es Margery, dass sie die Dornenhecke verlassen vorfindet. Es gibt dort keinerlei Anzeichen auf eine kürzliche Schlacht.

Ember erzählt ihr, dass die Dornenhecke Menschen mit einem reinen Herzen passieren lassen würde. Sie selbst führt ihr vor, wie die Dornen weichen, sobald sie sich ihnen nähert. Sie ermutigt Margery, es ebenfalls zu versuchen.

Erst sieht es so aus, als würde die Hecke auch der Prinzessin den Durchgang erlauben, doch plötzlich schlagen die Ranken nach ihr aus und sie verfängt sich in den Dornen. Ein Feuer bricht aus und ermöglicht es ihr, sich zu befreien.

Sie gelangt auf ein Mohnblumenfeld. Auch Ember hat es aus der Hecke geschafft, jedoch ist ihre Kleidung völlig verbrannt, während ihre Haut vollkommen unverletzt ist. Margery teilt ihre Kleider mit ihr, woraufhin die Magd ihr erzählt, dass das Feld von dem Blut der Mädchen rot gefärbt sei, die in dem Keller der Königin starben. Ihre Seelen müssten sieben Jahre durch die Mohnblumen tanzen, bevor ihnen ein neues Leben geschenkt werden würde.

Margery will wissen, woher Ember das alles weiß. Diese behauptet, dass sie es sich selbst nicht erklären könne. Es sei eine Art Eingebung.

Die Mädchen werden von den Jägern der Königin aufgespürt. Unter ihnen befindet sich auch Wilhelm, welcher sogar der Hauptmann ist. Er verhält sich Margery gegenüber wie ein Fremder, dabei waren sie als Kinder Freunde.

Zurück im Schloss, lässt die Königin ihre Tochter zu sich in den Keller bringen, wo sie gerade ein Blutbad nimmt. Sie erwähnt, dass Ember nicht wirklich an einer Freundschaft mit Margery interessiert sei, sondern sie nur benutzen würde, um durch sie Kontakt zu Prinz Philipp knüpfen zu können.

Margery glaubt ihrer Mutter jedoch nicht und deutet ihre Behauptung als den Versuch, einen Keil zwischen sie und ihre neue Freundin zu treiben.

Zwei Wochen später lässt die Königin die Prinzessin unerwartet zu sich in den Thronsaal führen. Dort befindet sie sich gerade im Liebesspiel mit einem fremden Mann. Sie zwingt ihre Tochter, im Raum zu bleiben, bis diese fertig sind. Danach offenbart sie ihr, dass der Krieg an der Dornenhecke vorbei sei und sie ihn verloren hätten. Den Mann stellt sie ihr als ihren Großvater Vlad Dracul vor.

Margery ahnt, dass das alles kein Zufall sein kann, und wirft ihrer Mutter vor, sie zu belügen. Sie vermutet, dass der Krieg schon länger vorüber ist und die Königin es bisher nur geheim hielt, um weiter die Angst der Menschen zu schüren. Außerdem will sie wissen, was mit ihrem Vater geschehen ist.

Ihre Mutter gibt zu, dass sie Dorian getötet hat, da er ihr im Weg stand. Dadurch löscht sie jedes Gefühl von Liebe bei Margery aus. Diese wird von Wilhelm zurück in ihr Zimmer im Nordturm geführt. Sie schwört sich, dass sie sich ihrer Mutter nicht kampflos ergeben wird. Sie wird gegen sie kämpfen und, sollte es ihr gelingen, sie auch töten.

Von Wilhelm erwartet sie kein Mitleid, da er sich ihr gegenüber seit Jahren abweisend verhält. Umso mehr überrascht es sie, als er ihretwegen weint. Wenn auch nur mit einem Auge. Sie betrachtet ihn näher und entdeckt in seinen Iriden Glassplitter. Einer davon hat sich durch die Tränen gelöst, sodass Margery ihn herausziehen kann. Es ist ein winziges Stück eines Spiegels.

Sie erinnert sich daran, dass die Veränderung ihrer Mutter begann, als der erste Spiegel nach Engelland kam. In dem Schlafzimmer der Königin befindet sich ein Exemplar, welches sogar sprechen kann. Es riet der Königin seit jeher zu bösen Dingen, unter anderem zum Bad im Blut junger Frauen. Margery vermutet in ihm den Ursprung allen Bösen.

Ein paar Tage später überredet Ember sie erneut zu einem Ausflug und führt sie in die nahegelegene Stadt Spiegeltal. Dort kauft sie bei einem Schmied Pottasche, bevor sie Margery in die Schenke führt. Sie vertraut der Prinzessin an, dass die Königin sie nicht töten wird, da diese sie für einen bestimmten Zweck braucht. Bevor sie sich weiter erklären kann, wird das Lokal von den Jägern gestürmt.

Sie treiben alle Bewohner der Stadt auf den Marktplatz und kontrollieren dort ihre Augen. Manche von ihnen lassen sie gefangen nehmen. Kurz bevor sie die beiden Mädchen erreichen, bricht ein grüner Nebel aus, der allen die Sicht raubt.

Margery wird von einem Unbekannten an der Hand gepackt und davon gezerrt. Als der Dunst sich wieder lichtet, steht sie vor Schloss Drachenburg und der Fremde entpuppt sich als Jacob Grimm. Er war lange Zeit verschwunden und ist nun zurückgekehrt, um ihr zu helfen. Sie muss ihm jedoch versprechen, niemandem von ihrer Begegnung zu erzählen.

Vermisst

Berlin, Kinderheim Elisabethstift, Oktober 2012

Ein endloser Freitag lag hinter Maggy und Joe, als sie in die Wohngemeinschaft zurückkehrten. Erst am Morgen hatten sie Königswinter verlassen und festgestellt, dass sie sich in einer Parallelwelt befunden hatten, die nun wie ein verrückter Traum auf sie wirkte.

Kaum dass sie zurück in Berlin gewesen waren, hatten sie die Charité aufgesucht, um Ludwig zu besuchen, der eigentlich Jacob Grimm war. Sie hatten sich von ihm Antworten erhofft, doch er konnte weder mit ihnen noch mit sonst jemandem reden, denn er lag im Koma.

Das Einzige, was die Geschwister noch wollten, war, in ihre eigenen Betten zu sinken, den Kopf in dem Kissen zu vergraben und sich die Decke über den Kopf zu ziehen, um wenigstens für ein paar Stunden ihrer aussichtslosen Situation entfliehen zu können.

Sie hatten Will an einem Ort zurückgelassen, den sie nicht mehr erreichen konnten. Ihr Freund war nun auf sich allein gestellt und es fühlte sich entsetzlich an, nichts für ihn tun zu können. Schwere Schuldgefühle plagten beide.

Es brannte Licht, als sie die Tür öffneten. Sogleich trat Hannah, eine ihrer beiden Mitbewohnerinnen, in den Flur und starrte sie aus großen staunenden Augen an.

»Ihr könnt euch auf etwas gefasst machen«, prophezeite sie ihnen kopfschüttelnd. »Nico und Lisa reißen euch den Kopf ab!«

Melanie, die ebenfalls hier wohnte, trat auch hinzu. »Wo wart ihr die ganze Zeit?«, fragte sie sowohl fürsorglich als auch verständnislos darüber, dass sie sich nicht einmal gemeldet hatten.

Maggy stieß ein erschöpftes Seufzen aus. Das Letzte, was sie gerade wollte, war, Fragen zu beantworten.

Joe zog sie tröstend an sich. Sie würden das zusammen durchstehen.

Erst auf ihre Reaktion und ihr Schweigen hin realisierten die beiden Mädchen, dass einer fehlte: Will. Ihre neugierigen Mienen verwandelten sich in ernste Besorgnis.

»Kommt doch erst einmal rein und setzt euch«, meinte Melanie. »Ihr seht ganz durchgefroren aus. Soll ich euch einen Tee oder Kaffee kochen?«

Hannah zog sich derweil zum Telefonieren zurück.

»Ein Tee wäre prima«, antwortete Joe, hauptsächlich damit ihre Mitbewohnerin etwas zu tun hatte und sie wenigstens eine kurze Zeit in Ruhe lassen würde. »Pfefferminze«, setzte er noch nach, ehe Melanie fragen konnte. Das war Maggys Lieblingstee.

Er half seiner Schwester aus dem Mantel, da ihr selbst dafür die Kraft zu fehlen schien. Ihre Schuhe streifte Maggy sich von den Füßen und ließ sie achtlos mitten im Gang liegen, was sie unter normalen Umständen niemals gemacht hätte. Auf Socken schlich sie in Richtung ihres Zimmers, dabei kam sie an der Küche vorbei. Vor nur einer Woche hatte dort Rumpelstein gesessen. Es war der Anfang eines Albtraums gewesen.

Sie ging weiter und hielt vor der geschlossenen Tür zu Wills Zimmer inne. Sie starrte auf das Holz und strich zärtlich über die Zarge. Dabei stiegen Tränen in ihren Augen auf und sie schniefte leise, ehe sie es schaffte, sich loszureißen, und weiter in ihr eigenes kleines Reich lief.

Joe folgte ihr mit ungutem Gefühl. Ihr Anblick bereitete ihm große Sorgen, da er sie noch nie so erlebt hatte. Maggy war sonst die Letzte, welche die Hoffnung verlor. Er konnte sie in diesem niedergeschlagenen Zustand nicht allein lassen, auch wenn es gerade nicht den Eindruck erweckte, als würde sie ihn wahrnehmen.

Beinahe apathisch ließ sie sich auf ihr Bett sinken und blickte aus dem Fenster. Es war bereits dunkel draußen, sodass sie kaum etwas erkennen konnte. Nur das Licht einer Straßenlaterne schien zu ihnen herein.

Joe schloss die Tür hinter sich und wollte sich gerade neben sie setzen, als Maggy erst konzentriert die Augen zu Schlitzen formte und dann murmelte: »Das gibt es doch nicht.« Sie hastete zum Fenster, löste die Verriegelung und riss es zornig auf. »Verschwindet«, brüllte sie wie von Sinnen und fuchtelte wild in Richtung eines Baumes.

Nun entdeckte auch Joe, was sie derart aus der Fassung gebracht hatte: In den Zweigen hockten große schwarze Vögel, die lauernd zu ihnen spähten – Raben. Doch Maggys Geschrei verscheuchte sie nicht. Stumm und starr blieben sie an Ort und Stelle und ließen die Geschwister nicht aus den Augen, als würden sie sich an ihrer Niederlage ergötzen.

Joe verstand den Zorn und die Verzweiflung seiner Schwester, aber sie musste sich jetzt zusammenreißen, bevor ihre Betreuer eintrafen und sie für übergeschnappt erklären würden.

»Komm da weg«, bat er sie erst sanft, doch als sie darauf nicht reagierte und weiter in die Nacht hinausschrie, legte er kurzerhand seinen Arm um ihre Taille und zog sie gegen ihren Willen zurück.

»Lass mich los«, fauchte sie und versuchte, sich zu befreien.

Joe war stärker und es gelang ihm, das Fenster zu schließen. Er ließ unter Maggys lautem Protest den Rollladen herunter und sperrte somit die Späher der Königin aus.

Als er sich wieder zu ihr herumdrehte, verpasste sie ihm eine Ohrfeige und funkelte ihn zornig an. »Das ist alles deine Schuld«, warf sie ihm vor. »Nur wegen dir habe ich Königswinter verlassen.«

Ihre Worte trafen ihn mitten ins Herz, denn er hatte sich insgeheim schon dieselben Vorwürfe gemacht, doch sie tapfer von sich geschoben und versucht, nicht an sich heranzulassen.

Er wusste, dass es nicht stimmte. Er konnte nichts dafür, dass es eine böse Königin gab, die Will benutzte, um die Vergessenen Sieben zu finden. Es war nicht seine Schuld, dass Will ein Märchenerzähler war, der in einen Krieg zwischen Licht und Dunkelheit verstrickt war. Maggy und er hatten mit all dem nichts zu tun.

Aber Will war ihr Freund und sie hatten ihn verlassen. Er hatte ihn verlassen.

Die Art, wie Maggy ihn bebend vor Wut ansah, verriet ihm, dass sie damit rechnete, dass er sich auf der Stelle umdrehen und aus dem Zimmer stürmen würde. Ein Teil von ihr wollte das vielleicht sogar.

Doch er kannte seine Schwester gut genug, um zu wissen, dass ein anderer Teil von ihr, der stärkere Teil, schon jetzt zutiefst bereute, derart die Kontrolle verloren zu haben, und nur zu stolz war, es zuzugeben. Maggy hatte noch nie jemanden geschlagen, das war nicht ihre Art. Dass sie es nun getan hatte, zeigte, wie verzweifelt sie war.

Er breitete seine Arme aus und zog seine Schwester an sich. Erst sträubte sie sich und versuchte, ihn von sich zu schieben, dann erstarb ihre Gegenwehr jedoch und sie ließ sich schluchzend an ihn sinken.

»Es tut mir leid«, entschuldigte sie sich schniefend. »Ich wollte das nicht.«

Er streichelte ihr liebevoll über das braune Haar und hielt sie so fest wie schon lange nicht mehr. »Ich weiß«, versicherte er ihr und nahm ihr den Ausbruch nicht übel, auch wenn seine Wange noch etwas brannte.

»Ich habe es nicht so gemeint«, beteuerte sie und sah mit verheulten Augen und laufender Nase zu ihm auf. »Du bist nicht schuld!«

Unglücklich lächelte er sie an und wusste zu schätzen, dass sie versuchte, sein schlechtes Gewissen zu besänftigen, aber sie hatte nur ausgesprochen, was ohnehin schon an ihm genagt hatte.

Was hätte Will an seiner Stelle getan? Wäre er mit Maggy geblieben, wenn der Fluch des Schlafenden Todes Joe getroffen hätte? Auch wenn er nichts für ihn hätte tun können? Oder hätte er Maggy ebenfalls in Sicherheit gebracht? Hätte Will gewusst, dass für Joe das Leben seiner Schwester über allem stand?

Etwa eine halbe Stunde später erreichten Lisa und Nico die Wohngemeinschaft. Sie kündigten ihre Anwesenheit mit einem ungeduldigen Klopfen gegen Maggys Zimmertür an, ehe sie diese auch schon aufrissen, ohne auf ein Herein zu warten.

Lisa hatte einen knallroten Kopf – ob vor Kälte oder Wut, ließ sich nicht sagen. »Was habt ihr euch nur dabei gedacht?«, platzte es ungehalten aus ihr heraus, während sie vor ihnen auf und ab tigerte. Sie hatte nicht einmal ihre Jacke oder ihre Schuhe ausgezogen. »Wisst ihr überhaupt, was für Sorgen wir uns gemacht haben? Wir haben die Polizei eingeschaltet!«

Nico stand mit verschränkten Armen vor der Zimmertür, als müsste er diese für den Fall absichern, dass die Geschwister versuchten, die Flucht zu ergreifen. Wie üblich übernahm er den ruhigeren Part.

Er und Lisa waren beide erst Anfang dreißig. Normalerweise war ihr Umgang freundschaftlich, sie waren mehr ältere Freunde als vom Jugendamt abgestellte Betreuer. Sie ließen ihren Schützlingen so viele Freiheiten, wie sie nur konnten, umso mehr musste ein derartiger Vertrauensbruch sie verletzt haben.

»Wo wart ihr? Wo ist Will?«, rief Lisa und stemmte die Hände in die Hüften. Sie verlangte nach einer Antwort.

Joe und Maggy schauten sie beide reumütig an.

»So war das nicht geplant«, setzte Maggy entschuldigend an.

- Ende der Buchvorschau -

Impressum

Texte © Copyright by [email protected] Korrektorat: Martina König/ Jennifer Papendick

Bildmaterialien © Copyright by Coverdesign: Jaqueline Kropsmanns

Alle Rechte vorbehalten.