Das Auge der Prinzessin Singawatha - Walther Kabel - E-Book

Das Auge der Prinzessin Singawatha E-Book

Walther Kabel

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Beschreibung

Alam Bandur, unser liebenswürdiger Wirt in Allahabad, besuchte uns am Morgen nach Warbattys mißglücktem Anschlag auf die Diamanten des Goldschildes des weißen Elefanten ganz überraschend auf unserem Kutter, den er uns als Wohnung zur Verfügung gestellt hatte.
Bandur, ein sehr reicher eingeborener Kaufmann, war durch die Sorge um unsere Sicherheit zu uns getrieben worden. Er hatte in der Morgennummer der Allahabadpost unser gestriges Abenteuer mit allen Einzelheiten geschildert gefunden und so auch gelesen, daß zwei der verhafteten Mitschuldigen Warbattys zu dem Geheimbunde Putra Rakisana — Schwertbrüder — gehörten, einer Vereinigung von über ganz Indien zerstreuten Verbrechern.

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Der Detektiv

Kriminalerzählungen

von

Walther Kabel.

 

Band 16

Das Auge der Prinzessin Singawatha

1921

 

© 2023 Librorium Editions

 

ISBN : 9782383837268

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Inhalt

Das Auge der Prinzessin Singawatha.

Ein Todesurteil.

Beinahe erwischt.

Glasaugen.

Prinz Achmed Ibur Dau.

Der Augenarzt.

Der Kammerdiener des Maharadschas.

In Warbattys Zelle.

Der berühmte Professor.

Der tote Kammerdiener.

Die Billardpartie.

Ein alter Bekannter.

 

 

Das Auge der Prinzessin Singawatha.

1. Kapitel.

Ein Todesurteil.

Alam Bandur, unser liebenswürdiger Wirt in Allahabad, besuchte uns am Morgen nach Warbattys mißglücktem Anschlag auf die Diamanten des Goldschildes des weißen Elefanten ganz überraschend auf unserem Kutter, den er uns als Wohnung zur Verfügung gestellt hatte.

Bandur, ein sehr reicher eingeborener Kaufmann, war durch die Sorge um unsere Sicherheit zu uns getrieben worden. Er hatte in der Morgennummer der Allahabadpost unser gestriges Abenteuer mit allen Einzelheiten geschildert gefunden und so auch gelesen, daß zwei der verhafteten Mitschuldigen Warbattys zu dem Geheimbunde Putra Rakisana — Schwertbrüder — gehörten, einer Vereinigung von über ganz Indien zerstreuten Verbrechern.

Wir empfingen ihn in der Wohnkajüte. Sofort nach der Begrüßung warnte er Harst sehr eindringlich vor den Schwertbrüdern.

»Sie haben sich die Brüderschaft zu Todfeinden gemacht, Master Harst. Nehmen Sie das nicht leicht. Gerade dieser Geheimbund ist fast noch gefährlicher als die Thugs, die Mördersekte, mit denen die Schwertmänner in engster Verbindung stehen. Glauben Sie mir: Warbatty ist auch nicht im entferntesten trotz all seiner Schlauheit so zu fürchten wie der Putra Rakisana. Ich könnte Ihnen Fälle erzählen, in denen Polizeibeamte in ihrer Wohnung am hellen Tage aus Rache von den Schwertbrüdern ermordet wurden, ohne daß man auch nur die geringste Spur von dem Täter gefunden hätte. — Es gibt gegenüber diesen Leuten nur ein Mittel zur Rettung: Schleunigste Flucht, das heißt, einen unbemerkten Wechsel des Aufenthaltsortes! — So gern ich Sie noch wochenlang als meinen Gast beherbergen möchte, Master Harst. — In Ihrem und ihres Freundes Interesse rate ich Ihnen, Allahabad bei Nacht und Nebel zu verlassen! Denn Sie müssen damit rechnen, daß selbst hier auf dem Kutter eine heimtückische Kugel Sie treffen kann, oder daß mitten im Pilgergewühl einer Straße jemand Sie von rückwärts erdolcht und dann in der Menschenmenge blitzschnell untertaucht.«

Er langte in die Tasche und reichte Harst einen großen versiegelten Umschlag, erklärte weiter:

»Dieses Schreiben wurde mir heute früh persönlich für Sie abgegeben, Master Harst. Die Ueberbringerin war eine Verschleierte Mohammedanerin, dem Anzug noch den reichern Ständen angehörend. Anscheinend eine Frau! In Wahrheit dürfte es wohl ein verkleideter Putra Rakisana gewesen sein. Und der Umschlag mit den dicken Siegeln aus goldenem Zierlack mit dem Bilde zweier über einem Busche kämpfender Adler wird vielleicht — Ihr Todesurteil enthalten. Schon häufiger haben die Schwertbrüder ähnliche, versiegelte Schriftstücke verschickt. Auch der Vorgänger des Detektivinspektors Hamilton mußte hier vor den Schwertbrüdern das Feld räumen und wurde insgeheim unter anderem Namen nach einer anderen Stadt versetzt.«

Harst schnitt bereits den Umschlag auf und zog den einmal gefalteten Briefbogen heraus.

Er las die beiden sehr eng beschriebenen Seiten, nickte dann und meinte:

»Ganz recht! Es ist mein Todesurteil! Nun, der Klügere gibt nach. Ich habe hier ja auch nichts mehr zu tun. — Würden Sie mir Ihren Kutter für eine Woche leihen, Master Bandur?«

»Sehr gern. Auch für einen Monat. Leider kann ich Ihnen jedoch meinen Monteur oder Maschinisten nicht mitgeben. Ich brauche ihn für mein Geschäft als Lenker eines Lastautos.«

»Oh, das tut nichts. — Jedenfalls besten Dank. Ich verstehe mit Bootsmotoren sehr gut umzugehen. Wo lassen wir aber die indische Pilgergesellschaft, die auf dem Vorderdeck haust? Ich möchte die bescheidenen Leutchen nicht gern obdachlos machen.«

Bandur überlegte. »Die können ganz gut auf einem meiner Lastkähne unterkommen.« erklärte er dann.

»Mir fällt ein Stein vom Herzen,« lächelte Harst. »Die Leutchen wären also untergebracht. — Bitte tun Sie jedoch den Ihrigen gegenüber so, als ob wir nur eine kurze Fahrt heute abend in Ihrer Begleitung unternehmen wollten.«

»Gut — abgemacht! Von mir erfährt niemand etwas über Ihre Abreise und Ihr Reiseziel, Master Harst. Wer die Schwertbrüder kennt, ist dreifach vorsichtig. Und — — ich kenne sie! Ich will Ihnen nur eingestehen: ich habe mich vor einem Jahre von ihnen losgekauft. Sie hatten mir Rache geschworen. Ich opferte 25 000 Rupien und wurde sie so für immer los —«

»Ah!« machte Harst. »Unglaublich! Die Bande nimmt also sozusagen Lösegeld an. — Nun — Sie, Master Bandur, taten klug daran dergestalt Ihre persönliche Sicherheit sich zu verschaffen. Bei mir liegen die Dinge anders. Ich — fürchte Warbatty als einzelnen doch weit mehr als die Putra Rakisana — falls ich überhaupt etwas fürchte!« Er lächelte dazu wieder ohne jede Prahlerei.

In demselben Moment bemerkte ich ein winziges Motorboot, das auf unseren Kutter zuschoß. Darin saß Inspektor Hamilton mit einem Polizeibeamten.

Ich eilte an Deck und führte Hamilton in die Kajüte. »Master Harst,« rief er sofort, »wir haben bei der Razzia im unterirdischen Brahmatempel in der verflossenen Nacht großes Glück gehabt. Aber gerade deshalb möchte ich Sie in Ihrem Interesse —«

»Weiß schon!« nickte Harst, ihn unterbrechend. »Auskneifen soll ich. Wird geschehen — noch heute abend. — Und Sie selbst, der Sie doch auch jetzt nicht gerade bei dem Geheimbunde beliebt sind?«

»Ich — ganz im Vertrauen! — ich — werde morgen nach dem Nordosten versetzt, wo die Putra Rakisana nicht vertreten ist —« —

Eine halbe Stunde später saßen wir beide wieder allein in der Kajüte. Unsere Gäste hatten uns mit der nochmaligen Mahnung: »Vorsicht — größte Vorsicht!« verlassen.

»Der gute Bandur will uns natürlich sehr gern lossein, weil er selbst Angst vor den Schwertbrüdern hat,« meinte Harst, nachdenklich und langsam sich eine Zigarette anzündend. »Er fürchtet ihre Rache, weil er uns beherbergt hat. Nur um ihm nicht Ungelegenheiten zu bereiten, flüchte ich von hier. Außerdem zieht es mich jetzt auch mächtig nach dem berühmten Lucknow hin, wo ja wahrscheinlich Freund Warbatty wieder auftauchen dürfte. Wenigstens ist diese Stadt ja die nächste Etappe seiner verbrecherischen Tour durch Indien, wie wir bereits längst wissen.«

Mich zog es gar nicht nach Lucknow! Gar nicht! Ich hatte hier in Allahabad von dieser Verbrecherjagd wieder einmal über und über genug bekommen. Und aus diesem selben Gefühl — also dem einer gewissen Scheu vor neuen Abenteuern fragte ich nun:

»Wie lautet eigentlich das Todesurteil? Bin ich miterwähnt darin?«

Harst blinzelte mir listig zu.

»Gewiß! — Da lies!« Er reichte mir den Briefbogen.

Und ich fand darauf folgendes — mein Erstaunen wird jeder begreifen! — in deutscher Sprache:

»Sehr geehrter Herr Harst. Ein Zufall hat mich in den Zeitungen der letzten Monate immer wieder auf Ihren Namen als den des zur Zeit berühmtesten Detektivs aufmerksam gemacht. Ich habe mit wachsender Spannung dann ihre gerade zu verblüffenden Erfolge gelesen, habe schließlich eigentlich nur noch alle möglichen Zeitungen gelesen, nur um wieder auf Ihren Namen zu stoßen. Ihre Erlebnisse in Nagpur sind die letzten, die ich ausführlich geschildert fand. Da entstand urplötzlich in mir der Entschluß, mich Ihnen anzuvertrauen. Ich sagte mir, daß nur Sie mir helfen könnten. Ich werde eine Frau, die mir treu ergeben ist, mit diesem Briefe nach Nagpur senden, damit er schnellstens in Ihren Besitz gelangt.

Sie haben vielleicht schon gemerkt, daß ich eine halbe Landsmännin von Ihnen bin. Von meiner Mutter lernte ich deutsch lesen und schreiben. Ich liebe Deutschland, obwohl ich nie dort war und — falls Sie sich nicht meiner annehmen! — nie dorthin gelangen werde.