Das Berghotel 164 - Verena Kufsteiner - E-Book

Das Berghotel 164 E-Book

Verena Kufsteiner

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Beschreibung

In den Bergen muss das Herz froh und gesund werden. Auf diese heilsame Wirkung hofft Julia Mitterhauser. Noch Monate nach ihrem schweren Unfall leidet die junge Frau unter den Folgen des Unglücks. Sie kapselt sich ab und findet keinen Weg zurück ins Leben. Ihre Familie schickt Julia zur Erholung ins idyllische St. Christoph. Und siehe da: In der wunderbaren Berglandschaft taut Julia auf, knüpft sogar neue Kontakte. Bald freundet sie sich mit Anni Gruber, einer Bäuerin aus dem Dorf, an.

Die beiden jungen Frauen sind ein Herz und eine Seele, bis Anni erfährt, dass ausgerechnet Jasper, ihr heimlicher Schwarm, drauf und dran ist, sich in Julia zu verlieben. Anni kocht vor Eifersucht und Zorn! Nie hat sie etwas besessen in ihrem Leben, immer musste sie zurückstecken, und nun nimmt ihr dieses dahergelaufene Stadtpflanzerl auch noch den zukünftigen Mann weg!

Anni schreckt vor nichts zurück, um das Band zwischen Julia und Jasper zu trennen ...

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Seitenzahl: 124

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Inhalt

Cover

Impressum

Weil ihr nichts heilig war

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Michael Wolf

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-6364-7

www.bastei-entertainment.de

Im idyllischen St. Christoph, dort, wo auch der »Bergdoktor« lebt und praktiziert, liegt das Hotel »Am Sonnenhang«. Es ist ein Haus, in dem sehr viel Wert auf Tradition und Gastlichkeit gelegt wird – und sich für die Gäste so mancher Traum erfüllt.

Weil ihr nichts heilig war

Die Intrige der Gruber-Anni

Von Verena Kufsteiner

In den Bergen muss das Herz froh und gesund werden. Auf diese heilsame Wirkung hofft Julia Mitterhauser. Noch Monate nach ihrem schweren Unfall leidet die junge Frau unter den Folgen des Unglücks. Sie kapselt sich ab und findet keinen Weg zurück ins Leben. Ihre Familie schickt Julia zur Erholung ins idyllische St. Christoph. Und siehe da: In der wunderbaren Berglandschaft taut Julia auf, knüpft sogar neue Kontakte. Bald freundet sie sich mit Anni Gruber, einer Bäuerin aus dem Dorf, an.

Die beiden jungen Frauen sind ein Herz und eine Seele, bis Anni erfährt, dass ausgerechnet Jasper, ihr heimlicher Schwarm, drauf und dran ist, sich in Julia zu verlieben. Anni kocht vor Eifersucht und Zorn! Nie hat sie etwas besessen in ihrem Leben, immer musste sie zurückstecken, und nun nimmt ihr dieses dahergelaufene Stadtpflanzerl auch noch den zukünftigen Mann weg!

Anni schreckt vor nichts zurück, um das Band zwischen Julia und Jasper zu trennen …

Anni stand wie betäubt auf dem Kirchhof. Ihre Augen brannten, während sie auf den frischen Grabhügel starrte. Es fühlte sich unwirklich an, hier zu stehen und zu wissen, dass ihr Bruder nie mehr zurückkehren würde. Er war doch erst sechzehn Jahre alt gewesen. Knapp drei Jahre älter als sie selbst. Eben noch hatte er ihr bei den Mathe-Hausaufgaben geholfen, und nun lag er in der kalten Erde.

Anni blinzelte. Der kühle Wind trocknete die Tränen auf ihrem Gesicht, aber es kamen immer wieder neue. Sie umklammerte die einzelne weiße Rose in ihrer Hand und war beinahe froh über den Schmerz, als sich ein Dorn in ihre Haut bohrte und sie für kurze Zeit von ihrem Kummer ablenkte. Der Himmel schien mit ihr zu weinen. Tief hängende Wolken trieben über das Zillertal hinweg, verbargen die nahen Gipfel und kündigten weitere Schneefälle an.

Fast alle Dorfbewohner aus St. Christoph waren gekommen, um Toni die letzte Ehre zu erweisen. Nun zerstreuten sie sich. Einige unterhielten sich noch in der Nähe mit gedämpfter Stimme über seinen Unfall. Toni war mit seinem besten Freund Jasper beim Schlittschuhlaufen gewesen, aber die Eisdecke auf dem Kuckuckssee war trügerisch – und Toni war eingebrochen!

Wenn Anni ihre Augen schloss, malte ihre Fantasie das Unglück in eisigen Farben aus. Sie sah, wie sich ihr Bruder an den Rand des Eises klammerte, das unter ihm weiter und weiter bröckelte und keinen Halt bot. Sein Freund wollte ihn aus dem Wasser ziehen, aber die nasse Kleidung zog Toni wie ein Bleigewicht unter Wasser. Er versank – und jede Hilfe kam zu spät.

Anni riss die Augen wieder auf.

Ihr Bruder ruhte nun neben ihrer Mutter, aber ein Trost war das nicht.

Ihr fehlt mir so sehr. Ein Zittern lief durch ihren schmächtigen Körper. Ihre dünnen braunen Zöpfe hingen traurig herab. Der dunkle Wintermantel war ihr zu groß, aber ihr Vater hatte gemeint, sie würde noch hineinwachsen.

Anni war ein blasses Madel mit scheuen braunen Augen und einer Zahnspange. Unsicher schaute sie zu Jasper hinüber. Er stand ein wenig abseits von den anderen Gästen, als wäre er nicht sicher, ob er noch dazugehörte. Sein Gesicht wirkte versteinert und verriet nichts von seinen Gefühlen, aber Anni wusste, dass er sich Vorwürfe machte. Er hatte ihr anvertraut, dass er nachts nicht mehr schlafen konnte, weil er sich verzweifelt wünschte, er hätte ihren Bruder retten können. Doch was hätte er tun sollen? Ebenfalls in das kalte Wasser springen? Dann wären sie jetzt vermutlich beide nicht mehr da.

»Alles aus und vorbei«, murmelte ihr Vater. Trübe starrte Anton Gruber auf das Grab seines Sohnes. Seine Augen waren gerötet. »Der Bub hätte mein Erbe werden solln. Nun is der Hof verlorn.«

»Du hast noch mich, Vaterl. Ich helf bei der Arbeit mit, das versprech ich dir«, wisperte Anni.

Daraufhin sah er sie an wie eine exotische Blume inmitten einer Wiese voller Edelweiß.

»Und was soll mir das nutzen, hm?«, erwiderte er. »Du dürres Fähnchen taugst net zur Bäuerin. Der Toni hätte mir nachfolgen sollen. Der Toni.« Ihr Vater schwankte zu einer mit Moos bewachsenen Bank und sank darauf nieder wie ein nasser Sack Kartoffeln.

Anni ließ die Arme hängen. Sie spürte die mitfühlenden Blicke der anderen Dorfbewohner. Vor Scham schoss ihr heiße Röte in die Wangen. Sie ballte die Hände so fest zu Fäusten, dass ihre Nägel blutige Halbmonde in ihren Handballen hinterließen.

»Ohne den Toni ist alles verloren«, nuschelte ihr Vater und ließ das stoppelige Kinn auf seine Brust sinken.

Anni schluckte. Ihr Vater traute ihr nicht zu, dass sie sich nützlich machen konnte, aber sie würde ihm beweisen, dass er sich auf sie verlassen konnte. Sie hatten doch nur noch einander! Ja, sie würde sich bewähren und ihn stolz machen.

Ganz egal, was es sie kosten würde …

***

Zehn Jahre später

Müde schlang Julia die Arme um ihren Freund und wünschte sich, sie wären schon daheim in ihrem Bett und nicht mehr mit dem Motorrad unterwegs. Sie war so müde, dass nicht viel fehlte, und sie würde einnicken. Ihr Helm verhinderte, dass sie sich die Augen rieb, deshalb blieb ihr nichts anderes übrig, als durchzuhalten. Wenigstens herrschte kaum Verkehr.

Alex steuerte sein Motorrad so ruhig und sicher über die A 99, als wäre es heller Tag und nicht schon weit nach Mitternacht. Sie waren zusammen auf einem Konzert ihrer Lieblingsband gewesen und nun auf der Heimfahrt. Julia wäre lieber quer durch ihre Heimatstadt München gefahren, aber Alex hatte gemeint, dass sie über die Autobahn schneller waren. So rollten sie nun in Richtung Süden. Alex nahm kurz die Hand vom Lenker und strich über Julias Finger. An diesem Abend hatte er ihr gesagt, dass er sie liebte, und sie damit unendlich glücklich gemacht. Alex war ihr Traummann: anständig und liebevoll, und sie konnte sich nichts Schöneres denken, als …

Weiter kam Julia mit ihren Gedanken nicht. Ein silberner Kombi wollte in Höhe Vaterstetten auf die Autobahn auffahren und rollte kurz neben ihnen her.

Plötzlich schwenkte er nach links – geradewegs auf sie zu!

Julia spürte einen Ruck, als ihr Freund scharf bremste, aber es war zu spät. Etwas krachte ohrenbetäubend. Julia wurde herumgerissen und durch die Luft gewirbelt. Oben und unten vermischten sich. Dann kam der gnadenlose Aufprall – und mit ihm der Schmerz …

»Neeein!« Julia erwachte von ihrem eigenen Schrei.

In ihren Ohren rauschte das Blut, und ihr Herz wummerte so heftig gegen ihre Rippen, dass es wehtat. Sie fuhr in ihrem Bett hoch und blinzelte. Erst nach einigen Atemzügen lichtete sich der weiße Schleier aus Panik vor ihren Augen, und sie erkannte, dass sie nicht auf der nächtlichen Autobahn lag, sondern daheim in ihrem Bett saß.

Sie hatte von dem Unfall geträumt. Schon wieder! Seit acht Monaten verfolgte das Unglück sie wie ein Schatten. Acht Monate? War es wirklich schon so lange, dass sie ohne ihren Freund leben musste?

Zittrig strich sie sich eine blonde Strähne aus der Stirn. Ihre Haare hingen wirr um ihren Kopf, als wollten sie in alle Richtungen flüchten. Und ihr Gesicht war nass von den Tränen, die sie im Schlaf geweint hatte.

Julia drehte den Kopf zu dem gerahmten Foto auf ihrem Nachttisch. Darauf waren Alex und sie zu sehen – Arm in Arm auf der Zugspitze, so warm angezogen, dass von ihnen kaum mehr als die von der Kälte geröteten Nasenspitzen zu sehen war. Julia erinnerte sich noch, dass ihr Freund sie wenig später in eine turbulente Schneeballschlacht verwickelt hatte … Sacht strich sie mit den Fingerspitzen über sein Foto.

»Guten Morgen«, flüsterte sie, wie sie es immer tat.

Dann blickte sie auf die Finger ihrer rechten Hand hinab, die sich seit dem Unfall taub anfühlten. Ein unangenehmes Ziehen breitete sich von ihrem Nacken aus bis in ihren Arm aus. Bei dem Aufprall hatte sie sich eine Gehirnerschütterung, einen Milzriss und einen komplizierten Bruch am Oberschenkel zugezogen. Dazu mehrere Risse in den Bandscheiben. Letzteres sorgte dafür, dass sie keinen einzigen Tag mehr ohne Schmerzen verbrachte.

Der Fahrer des Unfallwagens war damals weitergefahren und nie gefunden worden. Die Polizei nahm an, dass er das Motorrad übersehen hatte, weil es sich im toten Winkel befunden hatte. Er hatte es versäumt, vor dem Einbiegen über seine Schulter zu blicken, deshalb war er ihnen direkt in die Maschine gefahren. Er musste den Unfall bemerkt haben. Natürlich. Aber angehalten hatte er nicht.

Julia stemmte sich aus dem Bett hoch und presste die Zähne zusammen, als das Ziehen in ihrem Rücken stärker wurde. Der Unfall hatte ihr gesamtes Leben auf den Kopf gestellt. Sie schlief entweder schlecht oder gar nicht, und vermisste ihren Freund so sehr, als hätte der Unfall nicht nur ihre Bandscheiben zerrissen, sondern auch ihr Herz. Seit jener Nacht ging sie allen Kontakten aus dem Weg und kapselte sich ab. Ihr Studium hatte sie unterbrochen, weil sie nicht mehr so lange sitzen konnte und in den Vorlesungen vor Schmerzen fast an die Decke gegangen war.

Nichts schien noch irgendeinen Sinn zu ergeben.

Barfuß tappte sie ins Badezimmer, duschte und putzte sich die Zähne. Danach zog sie sich an. Jeans und das erstbeste T-Shirt, das ihr im Schrank in die Hände fiel. Darüber eine Strickjacke, weil sie ständig fror. Ihre Haare band sie mit einem Gummi zum Pferdeschwanz zusammen.

Ihre beiden Zimmer lagen im Dachgeschoss des Hauses ihrer Eltern. Die schrägen Wände, die hellen Farben und die zahlreichen Pflanzen vermittelten ein Gefühl von Geborgenheit. Früher zumindest. Doch seit dem Unfall wusste Julia, dass es keine Sicherheit gab. Das Leben konnte jederzeit zerbrechen wie Glas. Ohne jede Vorwarnung.

Auf dem Küchentisch lag ein Brief. Das Logo gehörte zu einem großen Münchner Reisebüro. Ihre Eltern hatten für Julia eine Reise ins Zillertal gebucht. Die idyllische Umgebung und lange Spaziergänge sollten ihr helfen, die Albträume und die Schmerzen zu überwinden.

Julia schüttelte kaum merklich den Kopf. Die Idee war lieb gemeint, aber sie mochte nicht verreisen. Am liebsten hätte sie ihre vier Wände gar nicht mehr verlassen. Daran war jedoch nicht zu denken. Sie musste sich zurück ins Leben kämpfen, auch wenn sie nicht wusste, wie sie das anstellen sollte. Nach den langen Monaten in der Klinik war ihr die Realität fremd geworden.

Von draußen wehten acht Glockenschläge heran und ermahnten sie zur Eile. Höchste Zeit für ihre Physiotherapie!

Julia angelte ihre Handtasche vom Stuhl, schlüpfte in ein Paar Turnschuhe und verließ ihre Wohnung. Als die Tür zufiel, war sie schon halb die Treppe hinunter. Im Haus war es still. Ihre Eltern waren bereits bei der Arbeit. Julia trat hinaus auf die Straße und spürte den milden Frühlingswind auf ihrem Gesicht. Eine Amsel zwitscherte im Vorgarten ihre Freude über das warme Wetter heraus. Und die Luft roch nach blühenden Kirschbäumen und frisch gemähtem Gras.

Sekundenlang schloss Julia die Augen und atmete tief ein. Dann marschierte sie los. Ihr Ziel war das Café an der Straßenecke. Jedes Mal, wenn sie von dem Unfall geträumt hatte, fühlte sich ihr Magen an wie ein kalter Klumpen. Essen mochte sie jetzt nichts, aber sie sehnte sich nach einem Kaffee. Vielleicht würde er die Schatten der vergangenen Nacht vertreiben. Oder sie zumindest wach machen.

Die Türglocke über dem Eingang bimmelte, als Julia das Geschäft betrat. Der Duft von frisch gebrühtem Kaffee und warmem Gebäck begrüßte sie wie eine freundschaftliche Umarmung. Gedämpfte Musik erklang im Hintergrund. Die meisten Tische waren besetzt. Die Gäste blätterten in der Zeitung oder tippten auf ihrem Handy herum.

Julia steuerte die Theke an.

»Guten Morgen!« Wie an jedem Morgen stand Nils hinter dem Tresen – ein Student in ihrem Alter, mit kurzen dunklen Haaren und blitzenden braunen Augen, die offen in die Welt blickten. Er war stets zu einem Lächeln bereit. Über sein Shirt und die Jeans hatte er eine braune Schürze gebunden. Er füllte das Wasser in einem der Kaffeeautomaten nach, dann blickte er Julia an. »Dasselbe wie immer?«

»Ja, bitte.«

»Kommt sofort.« Er stellte einen großen Pappbecher mit dem Logo des Cafés unter die Kaffeedüse und drückte auf zwei Knöpfe. Summend machte sich die Maschine an die Arbeit. »Stell dir vor: Ich hab Karten für ›Schwanensee‹ ergattert. Erste Reihe«, erzählte er mit einem breiten Lächeln. »Die Vorstellung ist erst im August, aber schon jetzt beinahe ausverkauft. Du kommst doch mit, oder?«

»Oh, ich weiß net …«

»Ach komm. Lass mich bitte net hängen. Meine Kumpels verdrehen nur die Augen, wenn ich vom Ballett anfange. Sie verstehen einfach nicht, wie toll das ist. Du schon.« Nils kniff ein Auge zu und wedelte mit den Händen wie ein Magier, der ein Kaninchen aus dem Hut zaubert. »Das Russische Staatsballett. Erste Reihe. Komm schon.«

»Na gut, ich bin dabei«, gab sie nach.

»Großartig. Halte dir den Abend frei, ja?«

Nils nannte ihr das Datum der Vorstellung und grinste von einem Ohr zum anderen. Sie hatten das Studium zusammen angefangen – Sport und Germanistik. Während der gemeinsamen Vorlesungen und Seminare waren sie Freunde geworden. Sie mochten Sport und das Ballett. Auch das verband sie. Nils jobbte frühmorgens in dem Café, um sein Studium zu finanzieren. Er war schon zweimal durch eine Zwischenprüfung gerauscht, das hatte ihn aufgehalten, aber er wollte unbedingt im kommenden Jahr sein Examen schaffen.

Die Kaffeemaschine hatte ihre Arbeit beendet. Nils klemmte einen Deckel auf den Becher und reichte ihn Julia über den Tresen.

»Wann kommst du wieder zur Uni? Noch ist es Zeit, in das Semester einzusteigen. Du kannst meine Mitschriften bekommen und dich in den Stoff einarbeiten.«

Julia schüttelte den Kopf. »Ich bin noch net so weit.«

»Es ist hart, nach so vielen Monaten wieder einzusteigen, ich weiß, aber du darfst dein Studium jetzt net aufgeben. Das hätte Alex net gewollt. Versuch’s einfach, dann wirst du auch zurechtkommen. Du hast immer leicht gelernt. Du wirst das schaffen.«

»Ich kann net. Noch net.« Julia seufzte.

»Wenn du den Sprung zurück an die Uni jetzt net wagst, findest du womöglich nie mehr den Mut dazu. Mach es, Julia. Du hast nur noch ein Jahr bis zum Abschluss. Es wär verdammt schade, wenn du jetzt abbrechen würdest.«

Julia ließ die Schultern sinken. Nils hatte recht, aber sie konnte seinem Rat nicht folgen. Er wusste nichts von den Albträumen und den Panikattacken, die sie seit dem Unfall plagten.

»Meine Eltern schicken mich für ein paar Wochen ins Zillertal«, erzählte sie. »Ich soll schon morgen fahren.«

»Das ist keine üble Idee. Vielleicht sind die Berge das Richtige für dich. Eine andere Umgebung, ein Dorf, in dem dich net alles an Alex erinnert …« Nils nickte.

»Ich möchte eigentlich net wegfahren.«