Das Berghotel 167 - Verena Kufsteiner - E-Book

Das Berghotel 167 E-Book

Verena Kufsteiner

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Beschreibung

Es ist Franzis erster Tag als Praktikantin im Berghotel, sie ist nervös, und zudem wird heute hoher Besuch erwartet: Robert Bentheim, Inhaber der berühmten Bentheim-Luxushotelkette. Der trifft ausgerechnet dann ein, als Franzi für einen kurzen Moment allein an der Rezeption steht. Ein Blick in die kristallblauen Augen des gut aussehenden Hoteliers genügt, und Franzis Kopf ist völlig leer. Ihr steigt die Röte ins Gesicht, mühsam stammelt sie sich etwas zurecht.

Erst Hedi Kastlers mahnendes Räuspern holt sie in die Wirklichkeit zurück, und da erkennt sie, was Robert Bentheim auf den Tresen gestellt hat: eine kleine blaue Ringschachtel. Franzi ringt sich noch eine Entschuldigung ab und nutzt die Chance, um der peinlichen Situation zu entgehen und die kleine Schachtel sofort zum Safe zu bringen. Dort atmet sie tief durch und schwört sich, dass sie sich beim nächsten Mal nicht so unprofessionell verhalten will. Doch als wenige Tage später die Ringschachtel verschwunden ist, ist die Katastrophe perfekt ...

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Seitenzahl: 130

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Inhalt

Cover

Impressum

Das verschwundene Ringlein

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Anne von Sarosdy / Bastei Verlag

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-6465-1

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Im idyllischen St. Christoph, dort, wo auch der »Bergdoktor« lebt und praktiziert, liegt das Hotel »Am Sonnenhang«. Es ist ein Haus, in dem sehr viel Wert auf Tradition und Gastlichkeit gelegt wird – und sich für die Gäste so mancher Traum erfüllt.

Das verschwundene Ringlein

Als Franzi unter einen bösen Verdacht gerät

Von Verena Kufsteiner

Es ist Franzis erster Tag als Praktikantin im Berghotel, sie ist nervös, und zudem wird heute hoher Besuch erwartet: Robert Bentheim, Inhaber der berühmten Bentheim-Luxushotelkette. Der trifft ausgerechnet dann ein, als Franzi für einen kurzen Moment allein an der Rezeption steht. Ein Blick in die kristallblauen Augen des gut aussehenden Hoteliers genügt, und Franzis Kopf ist völlig leer. Ihr steigt die Röte ins Gesicht, mühsam stammelt sie sich etwas zurecht.

Erst Hedi Kastlers mahnendes Räuspern holt sie in die Wirklichkeit zurück, und da erkennt sie, was Robert Bentheim auf den Tresen gestellt hat: eine kleine blaue Ringschachtel. Franzi ringt sich noch eine Entschuldigung ab und nutzt die Chance, um der peinlichen Situation zu entgehen und die kleine Schachtel sofort zum Safe zu bringen. Dort atmet sie tief durch und schwört sich, dass sie sich beim nächsten Mal nicht so unprofessionell verhalten will. Doch als wenige Tage später die Ringschachtel verschwunden ist, ist die Katastrophe perfekt …

Aufgeregt blickte Franzi an dem geschmackvollen Hotel empor, das sich mit der typischen Alpenbauweise und den Holzbalkonen, an denen schon die ersten roten Geranien blühten, harmonisch in die grüne Landschaft einfügte. Eingerahmt wurde es durch die atemberaubenden Zillertaler Berge, deren schroffe Felsen sich mit sanft geschwungenen Hügeln abwechselten.

Hier also sollte sie in den nächsten drei Monaten leben und arbeiten, und hier würde sie unter Beweis stellen müssen, was sie am renommierten Tourismuskolleg in Innsbruck gelernt hatte. Das Kribbeln in ihrem Bauch, das sie bei dieser Vorstellung empfand, machte sie ganz narrisch. Obwohl sie schon einundzwanzig Jahre alt war, fühlte sie sich wieder wie ein kleines Madel.

Nervös zupfte Franzi die Falten ihres Dirndls zurecht und fühlte mit der Hand, ob ihr goldblonder Zopf, den sie wie einen Kranz am Hinterkopf festgesteckt hatte, noch perfekt saß. Dann atmete sie noch einmal tief durch und ging auf den Eingang des Sporthotels »Am Sonnenhang« zu.

Schon als sie die Eingangshalle betrat, spürte Franzi die warme Atmosphäre, die hier herrschte. Sowohl die Wände und Decken als auch die Möbel waren aus Zirbelholz, das ihr von daheim in Innsbruck vertraut war und mit seinem unnachahmlichen Geruch schon immer beruhigend auf ihre Nerven gewirkt hatte. Man wusste gleich, dass man in Tirol war, wenn man sich in solch einer Umgebung befand. Auch wenn Franzi in der Stadt lebte und nicht hier oben in der Ruhe der Berge, so war sie doch schon immer durch und durch ein Tiroler Madel gewesen.

Noch bevor sie an den Empfang treten konnte, kam ihr ein freundlich aussehendes Paar entgegen. Die Frau, eine hübsche Blondine Anfang vierzig, trug ein tief ausgeschnittenes Dirndl in einem satten Grünton, das die vitale Ausstrahlung ihres offenen Gesichts unterstrich. Ihr kräftig aussehender Mann hatte ein rustikales Trachtenhemd an und dazu lederne Kniebundhosen. Insgesamt waren beide eine sympathische und ausgesprochen lebenslustige Erscheinung. Trotzdem klammerten sich Franzis Finger an die Reisetasche, die sie bei sich trug.

»Grüß Sie Gott. Sie müssen die Franziska Bruckner sein«, eröffnete die blonde Frau das Gespräch.

»Grüß Gott, Frau Kastler«, antwortete Franzi, die ganz richtig erkannt hatte, dass es sich bei dem Paar um die Besitzer des Berghotels handelte.

»Ach bitte, nenn mich doch Hedi. Frau Kastler klingt so förmlich, da wir doch jetzt zusammenarbeiten werden.«

»Und ich bin der Andi«, fügte ihr Mann hinzu. Er zwinkerte fröhlich, als er ihr kräftig die Hand schüttelte.

»Gut, dann bin ich aber auch die Franzi.« Sie lächelte zaghaft.

»Einverstanden.« Andi rieb sich tatkräftig die Hände. »Ist das dein ganzes Gepäck, Franzi? Soll ich dir vielleicht zuerst einmal das Kammerl zeigen, in dem du wohnen wirst?«

»Net so eilig, Anderl!« Lachend fasste Hedi ihren Mann am Oberarm, als er nach Franzis Reisetasche greifen wollte. »Lass sie doch erst einmal ankommen, bevor du gleich mit ihr davonsaust.«

»Wie du meinst, Spatzl«, antwortete er mit unschuldiger Stimme. Dann wandte er sich an Franzi und flüsterte gut hörbar: »Meine Frau ist hier die Chefin im Haus, wie du sicher sofort erkannt hast.«

»Schmarrn! Der Andi hat’s nur immer gleich so eilig mit den Madeln. Der weiß net, dass unsereins auch einmal eine Verschnaufpause braucht. Gell, Anderl?«

Franzi lächelte. Der Knoten, der sich noch vor wenigen Sekunden in ihrem Bauch befunden hatte, löste sich langsam auf. Die Kastlers verströmten eine solche Herzlichkeit, dass man sich einfach wohlfühlen musste.

Hedi nahm Franzi die Reisetasche aus der Hand.

»So, und jetzt trinken wir erst einmal ein Haferl Kaffee miteinander und lernen uns ein bisserl kennen, gell? Anderl, frag doch einmal in der Küche nach, ob die Rosi für uns etwas Leckeres zum Naschen hat.«

»Stets zu Diensten, werte Chefin!« Andi grinste, als Hedi ihm lachend mit dem Zeigefinger drohte.

Gemeinsam gingen die beiden Frauen zur Rezeption hinüber, an der Franzi in den drei Monaten ihres Praktikums arbeiten sollte. Hedi stellte ihr die Hausdame Gerda Stahmer vor, eine freundliche Frau Mitte dreißig, mit der Franzi viel zu tun haben würde, weil auch sie häufig am Empfang aushalf.

»Gerda kann dir gleich alles in Ruhe zeigen. Sie hat die Oberaufsicht über die Zimmermadeln und kennt sich überall bestens aus. Wirst schon sehen: Das Berghotel hat einige Besonderheiten zu bieten.«

Als Andi mit dem Kaffee und hausgemachten Pralinen zurückkam, die die Köchin Rosina Stadler gerade heute Morgen frisch zubereitet hatte, nahmen sich sowohl die beiden Kastlers als auch Gerda Stahmer Zeit, sich mit Franzi in Hedis und Andis Büro zu setzen und ein wenig zu plaudern.

Freilich wurden sie dabei mehrfach unterbrochen, wenn etwa ein Gast eine Bitte hatte und Hedi zum Empfang eilen musste, oder wenn Gerda einem der Zimmermadeln bei einer Nachfrage half. Aber Franzi spürte sofort, dass hier im Berghotel der Mensch im Vordergrund stand und dass alle sich trotz der vielen Arbeit bemühen würden, ihr bei diesem Praktikum so gut zu helfen und so viel beizubringen, wie sie nur konnten. Das herzliche Klima, das die Kastlers und ihr ganzes Personal verbreiteten, hüllte sie ein wie eine wohlige Decke.

Nach einer Weile stand Andi Kastler jedoch auf und rieb sich die Hände.

»Madeln, so gerne ich auch weiter mit euch plaudern tät – leider ruft mich die Pflicht. Gleich kommt ein Bauunternehmer zur Besprechung vorbei. Einer unserer Tennisplätze muss instand gesetzt werden.«

»Denkst du auch dran, dass du beim Bauhof noch eine neue Leiter für uns ordern musst?«, fragte Hedi. »Der Kilian sagt, die alte Holzleiter wird immer so rutschig, sobald es ein bisserl nieselt. Und ich will net, dass der sich bei uns noch alle Knochen bricht. Kilian Garnreiter ist unser Mann für alle Fälle, den wirst du gleich sicher noch kennenlernen«, fügte sie an Franzi gewandt hinzu.

»Wird erledigt, Spatzl«, gab Andi artig zurück. »Soll ich dir noch mit dem Gepäck helfen, Franzi?«

»Nein, dank dir schön, aber das geht schon. Es ist bloß diese eine Tasche.«

Nun erhob sich auch Hedi. »Dann will ich mich mal wieder der Rezeption widmen. Und die Gerda zeigt dir, wo alles ist. Natürlich auch dein Kammerl.«

Gerda nickte freundlich.

Eilig trank Franzi den letzten Schluck des hervorragenden Kaffees aus, dann nahm sie ihre Reisetasche und folgte Gerda bei einer Führung durch das ganze Haus.

***

Am späten Nachmittag rauchte Franzi der Kopf von all den Eindrücken, die sie an ihrem ersten Tag gewonnen hatte. Da waren zum einen die vielen Einrichtungen des Sporthotels, die Gerda ihr gezeigt hatte, das Hallenbad mit dem angeschlossenen Wellnessbereich, der Fitnessraum, die Sauna, die Tennisplätze und der Außenpool – aber auch das urgemütliche Weinstüberl, die beiden Säle, in denen Feierlichkeiten abgehalten werden konnten, und vor allem das Restaurant, für das die Köche Leo Hofbacher und Rosina Stadler in der Küche jonglierten und die köstlich duftenden Speisen zubereiteten.

Franzi freute sich schon darauf, gleich Feierabend machen zu können, denn die herzliche Rosi hatte ihr in Aussicht gestellt, dass sie dann noch einmal in der Küche vorbeikommen durfte, um einige der Leckereien zu probieren.

»Schließlich musst du ja wissen, welche Schmankerl unsere Gäste erwarten«, hatte sie gesagt und dabei lustig gezwinkert.

Aber auch an der Rezeption hatte Franzi schon einiges lernen müssen. Hedi hatte ihr die Feinheiten der Buchungssoftware erklärt, mit denen Franzi sich freilich auskennen musste, wenn neue Gäste im Berghotel eintrafen. Als Studentin war Franzi es zwar gewohnt, mit dem Computer zu arbeiten, aber jedes Hotel hatte sein eigenes Buchungssystem, und Franzi musste sich in dieses Programm erst einmal hineindenken.

Im Moment stellte sie noch viele Fragen und kam sich manches Mal ziemlich unbeholfen vor. Sie hatte erwartet, dass sie sich im dritten Jahr ihrer Ausbildung am Tourismuskolleg schon ein wenig geschickter anstellen würde. Doch Hedi und Gerda beantworteten all ihre Fragen mit Engelsgeduld und beruhigten sie immer wieder, dass es völlig normal sei, wenn man in den ersten Tagen noch ein wenig durcheinandergeriet.

»Wirst schon sehen, in Nullkommanix hast du die Rezeption genauso im Griff wie wir. So schwer ist’s gar net, wenn man sich einmal dran gewöhnt hat«, hatte Hedi gesagt.

Trotzdem war Franzi froh, dass sie in wenigen Minuten erst einmal Feierabend hatte und sich erholen durfte. Vielleicht würde sie noch einmal auf die Panoramaterrasse zurückkehren, denn die hatte ihr bei ihrem Rundgang mit Gerda besonders gut gefallen. Die Aussicht dort war unbeschreiblich schön. Man hatte das Gefühl, über dem ruhigen Tal mit dem hübschen Örtchen St. Christoph zu schweben. Und wenn man dann noch die frische Frühlingsluft einsog, konnte man alle Aufregung fahren lassen, einfach genießen und sich vorstellen, dass man in einer ganz eigenen Welt gelandet war, in der die Sorgen des Alltags einfach nicht zählten.

Doch bevor es so weit war, musste sie noch eine letzte Buchung vornehmen. Es hatten sich nämlich noch zwei Gäste angesagt, die bisher nicht eingetroffen waren. Ein Robert und eine Clara Bentheim, die die beste Suite des Hotels gebucht hatten, ein Apartment mit zwei Zimmern, einem Badezimmer und einer kleinen Wohnkammer. Dazu gehörte auch ein hölzerner Balkon, dessen Aussicht auf die majestätischen Berge rings ums Tal atemberaubend war.

Franzi hatte die Suite vorhin gemeinsam mit Gerda begutachtet, damit alles am Platz war, wenn die Gäste eintrafen. Die wunderschön geschnitzten Möbel aus Zirbelholz und die liebevolle Tiroler Dekoration verliehen der eleganten Suite einen so gemütlichen Eindruck, dass sie am liebsten direkt dort geblieben wäre.

Andererseits war das Kammerl, das die Kastlers ihr netterweise für die Dauer des Praktikums zur Verfügung stellten, zwar klein, aber ebenfalls ausgesprochen bequem. Es hatte sogar auch bei ihr eines der köstlichen hausgemachten Schokoladenstückerl auf dem rot-weiß karierten Kopfkissen gelegen, wie es jeder Gast bei der Ankunft in seinem Zimmer vorfand.

»Du brauchst eigentlich net mit mir zu warten, Franzi. Genieß deinen Feierabend. Der Tag war lang genug für dich«, versicherte Hedi, die bemerkt hatte, dass Franzi verstohlen gähnte.

Franzi lächelte dankbar, erwiderte dann aber bestimmt: »Aber nein, die zwei Herrschaften schaff ich auch noch.«

Und tatsächlich betraten ebenjene Herrschaften in diesem Moment die Empfangshalle. Der junge, groß gewachsene Mann mit dunklen Haaren trug eine sportliche, aber teuer wirkende Reisetasche in der rechten Hand. Neben ihm schritt eine elegante ältere Dame auf die Rezeption zu, den erschöpft wirkenden Kilian Garnreiter hinter sich, der einen riesigen Koffer mit sich zerrte. Kilian kümmerte sich im Berghotel stets um das Gepäck der Gäste und war sicherlich einiges gewohnt, aber dieser Koffer wirkte massiv.

»Grüß Sie Gott, Frau Bentheim, Herr Bentheim.« Hedi trat lächelnd hinter dem Empfangstresen hervor. »Ich bin die Hedi Kastler. Wir haben miteinander telefoniert.«

Die eleganten Gäste erwiderten ihren Gruß, auch wenn Clara Bentheim dabei ziemlich kühl und reserviert wirkte.

Nur Franzi war wie vor den Kopf gestoßen. All ihre Sinne waren allein auf diesen Mann gerichtet, der mit seinen dunklen Haaren und den tiefbraunen Augen geradezu magisch auf sie wirkte. Unter seiner dünnen Steppjacke, die leicht offen stand, trug er einen eleganten Pullover, der straff über seine muskulöse Brust gespannt war. Er schaute ungeheuer fesch aus. Erst als sich Hedi unauffällig räusperte, bemerkte Franzi, dass sie Herrn Bentheim wortlos anstarrte.

»Gr … Grüß Gott«, stammelte sie verlegen. Plötzlich schienen ihre Wangen zu glühen.

Robert Bentheim schenkte ihr ein Lächeln, das sie noch tiefer erröten ließ.

»Ich … ich hoffe, Sie hatten eine gute Anreise«, murmelte sie unbeholfen.

»Ja, danke, wir sind gut durchgekommen«, antwortete er.

»Gut durchgekommen? Ganz und gar nicht«, schimpfte seine Mutter. »Von Hamburg bis hierher – die Strecke ist eine einzige Katastrophe! Dieser Verkehr!«

»Das tut mir leid«, flüsterte Franzi, als wäre es ihre Schuld.

Dabei konnte sie den Blick nicht von Robert Bentheim abwenden. Seine dunklen Augen schienen direkt in ihr tiefstes Inneres zu schauen.

»Du übertreibst mal wieder, Mutter.« Er hob entschuldigend die Schultern.

»Dann möchten Sie sich sicher gern frisch machen«, lenkte Hedi geschickt ein. »Wir haben unsere beste Suite für sie hergerichtet. Eine Wohnkammer mit zwei getrennten Schlafzimmern, einem eigenen Bad und dem Balkon mit der schönsten Aussicht, die wir zu bieten haben. Sie müssten bitte nur noch Ihre Anmeldung ausfüllen.« Sie reichte Herrn Bentheim ein Klemmbrett, auf dem er unterschrieb. »In Ihrer Suite finden Sie unser Programmheft und einige Faltblätter zu den Sehenswürdigkeiten unseres schönen Zillertals. Wir würden uns freuen, wenn wir Sie bei unserem Frühlingsfest am Samstag begrüßen könnten. Aber jetzt wird der Herr Garnreiter Ihnen erst einmal Ihre Zimmer zeigen und sich auch um das Gepäck kümmern. Gell, Kilian?«

Kilian nickte beklommen.

Franzi bemerkte den skeptischen Blick, den er dem umfangreichen Reisekoffer zuwarf. Dann machte er sich damit auf den Weg zu den Aufzügen. Clara Bentheim folgte ihm sofort, doch Robert verharrte noch an der Rezeption. Sein Blick schien mit dem von Franzi zu verschmelzen.

»Robert, kommst du bitte?«, fragte seine Mutter scharf.

Kaum merklich zuckte ihr Sohn zusammen.

»Ach, nein, ich habe noch etwas im Handschuhfach vergessen«, erwiderte er und eilte in die entgegengesetzte Richtung davon.

Kopfschüttelnd folgte Clara Bentheim Kilian Garnreiter und ihrem riesigen Koffer in den wartenden Aufzug.

»Wir wünschen Ihnen einen schönen Aufenthalt«, rief Franzi ihr ungeschickt hinterher, als sich die Türen bereits geschlossen hatten.

Am liebsten wäre sie im Boden versunken. Ein wenig souveräner hätte sie sich schon zeigen können, wenn Gäste eintrafen! Abermals stieg ihr die Hitze ins Gesicht. Es hatte alles an diesem ungeheuer attraktiven Mann gelegen. Plötzlich hatte sich Franzi ganz unbeholfen gefühlt, und jeder vernünftige Gedanke hatte sich einfach in Schmetterlinge in ihrem Bauch verwandelt. Was war nur mit ihr los gewesen?

Doch Hedi lächelte liebenswürdig.

»Lass dich net narrisch machen, wenn so wichtige Gäste wie die Bentheims bei uns eintreffen. Das kommt manchmal vor. Und wie der Andi sagen würde: Auch wenn sie eine Hotelkette besitzen, sind sie bei uns ebensolche Gäste wie alle anderen auch, gell?«

»Hotelkette?«, fragte Franzi benommen.

Dann plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen: Robert und Clara Bentheim! Das waren freilich die Inhaber der berühmten Bentheim-Hotelkette! Ihre Luxushotels im gesamten deutschsprachigen Raum zählten zu den besten der Welt.

Jessas, dann hatte sie sich nicht nur vor Hedi, sondern auch vor den wichtigsten Hotelbesitzern überhaupt zum Narren gemacht! Bei denen brauchte sie sich nach ihrem Abschluss also schon einmal nicht zu bewerben …

Unglücklich schlug Franzi die Hände vors Gesicht.

»Ich weiß echt noch gar nix!«