Das Berghotel 189 - Verena Kufsteiner - E-Book

Das Berghotel 189 E-Book

Verena Kufsteiner

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Beschreibung

Vertrauen verspielt?
Ein Urlaub im Berghotel wird zur Zerreißprobe
Von Verena Kufsteiner

Nach anstrengenden Wochen freuen sich Carina und Milan auf ihre gemeinsame freie Zeit. Diese haben sie dringend nötig, denn nicht nur ihr stressiger Beruf, sondern auch private Sorgen haben ihnen zugesetzt. Denn Milan liegt seit längerer Zeit mit dem Nachbarn im Clinch. Dieser mittlerweile handfeste Nachbarschaftsstreit belastet ihre Beziehung.
Während der Graben zwischen den beiden Männern immer größer wird, schmiedet Carina mit der Freundin des Nachbarn einen Plan. Heimlich planen die beiden Frauen einen Urlaub im Berghotel. Wo anders als bei gemeinsamen Unternehmungen in den herrlichen Bergen ist eine Aussprache und Versöhnung möglich? Doch sie haben die Rechnung ohne die beiden Streithähne gemacht, und so jagt eine Katastrophe die nächste ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Vertrauen verspielt?

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Bastei Verlag / Anne von Sarosdy

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar

ISBN 9-783-7325-7868-9

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Vertrauen verspielt?

Ein Urlaub im Berghotel wird zur Zerreißprobe

Von Verena Kufsteiner

Nach anstrengenden Wochen freuen sich Carina und Milan auf ihre gemeinsame freie Zeit. Diese haben sie dringend nötig, denn nicht nur ihr stressiger Beruf, sondern auch private Sorgen haben ihnen zugesetzt. Denn Milan liegt seit längerer Zeit mit dem Nachbarn im Clinch. Dieser mittlerweile handfeste Nachbarschaftsstreit belastet ihre Beziehung.

Während der Graben zwischen den beiden Männern immer größer wird, schmiedet Carina mit der Freundin des Nachbarn einen Plan. Heimlich planen die beiden Frauen einen Urlaub im Berghotel. Wo anders als bei gemeinsamen Unternehmungen in den herrlichen Bergen ist eine Aussprache und Versöhnung möglich? Doch sie haben die Rechnung ohne die beiden Streithähne gemacht, und so jagt eine Katastrophe die nächste …

„Patient mit akutem Brustschmerz“, rief der Rettungssanitäter, während er mit seinem Kollegen die Liege in die Notaufnahme rollte.

Darauf lag ein Mann mit graumelierten Haaren und auffällig fahlem Gesicht. Schweiß rann von seiner Stirn.

„Sein Name ist Rudolf Prechtl. Fünfundsechzig. Hat vor drei Jahren einen Myokardinfarkt erlitten. Wir wurden wegen seiner Thoraxschmerzen gerufen, die in den Oberbauch ausstrahlen. Kurz vor unserem Eintreffen hat er sich übergeben. Außerdem wird ihm immer wieder schwarz vor Augen.“

„Bringt ihn in die eins“, wies Carina Haubold die beiden Rettungshelfer an, welche die Trage daraufhin in den Untersuchungsraum rollten.

„Blutdruck 110 zu 65“, unterrichtete der Sanitäter sie. „Puls 72. Sauerstoffsättigung bei 96 Prozent.“

„Welche Medikamente nimmt er ein?“ Doktor Hofer eilte herbei und musterte seinen Patienten prüfend.

„ASS, einen Betablocker und einen ACE-Hemmer. Vor zwanzig Minuten hat er versucht, sich mit zwei Hüben Nitrospray zu helfen, die haben aber keine Linderung gebracht. Von uns hat er Sauerstoff, zehn Milligramm Morphin und fünfhundert Milligramm Aspisol bekommen.“

„Verstanden.“ Doktor Hofer stellte sich seinem Patienten vor. „Wir werden alles tun, damit es Ihnen bald besser geht, Herr Prechtl“, versprach er und machte die Brust des Patienten frei. Er legte das Stethoskop an und hörte ihn sorgfältig ab. Schließlich richtete er sich wieder auf. „Ich brauche ein EKG.“

Carina war schon dabei, die Klebepunkte anzubringen.

„Ich bin Schwester Carina.“ Sie schenkte dem Patienten ein Lächeln. „Wir werden uns gut um Sie kümmern.“

„Vielen Dank. Wissen Sie, das alles wäre net passiert, wenn ich mich net so geärgert hätte“, schnaufte der Mittsechziger. „Mein Vermieter hat geschrieben. Er will die Miete schon wieder erhöhen. Offenbar glaubt er, ich hätte bei mir einen Dukatenesel versteckt. Dabei bekomme ich nur meine Rente.“

„Solche Post mag niemand gern. Versuchen Sie bitte trotzdem, sich zu beruhigen, Herr Prechtl. Denken Sie an etwas Schönes. Ihren letzten Urlaub vielleicht. Wo waren Sie da?“

„An der Ostsee. Auf der Insel Rügen.“

„Wie schön. Mögen Sie das Meer?“

„Sehr sogar. Ich kann stundenlang am Strand sitzen und den Wellen zuschauen.“ Ein versonnenes Lächeln huschte über das Gesicht des Patienten. Unwillkürlich entspannte er sich.

Carina assistierte Doktor Hofer bei der Untersuchung. Auf dem EKG waren die typischen ST-Hebungen eines Infarktes zu erkennen. Die Echokardiographie zeigte diffuse Wandbewegungen an der Herzspitze und Hinterwand. Herr Prechtl musste stationär aufgenommen werden.

Er wurde stabilisiert und zu einer Herzkathederuntersuchung auf die Kardiologische Station geschickt. Vermutlich würde er von den Kollegen dort mit einer Ballondilatation und einem Stent versorgt werden. Wenn es in den folgenden vierundzwanzig Stunden keine Komplikationen gab, hatte er eine gute Chance, wieder gesund zu werden. Das allerdings konnte man nie mit Gewissheit vorhersagen.

Carina war seit dem frühen Morgen auf den Beinen. In der Notaufnahme des Münchner Krankenhauses ging es zu wie in einem Bienenstock. Patienten kamen aus eigener Kraft oder mit dem Rettungswagen an. Kranke und Verletzte nach Unfällen und Stürzen, ein Mann sogar mit einer Messerstichwunde, die er sich bei einem Zank in seiner Stammkneipe zugezogen hatte.

Die Ärzte und Schwestern hatten alle Hände voll zu tun und kamen kaum einmal dazu, hochzuschauen oder gar eine Pause einzulegen. Carina arbeitete seit drei Jahren in der Notaufnahme. Sie liebte ihren Beruf, auch wenn er oft all ihre Kraft abverlangte. Sie hatte gelernt, unter großem Druck ruhig und besonnen zu handeln. Das Team der Notaufnahme war gut aufeinander eingespielt. Jeder achtete auf den anderen.

So auch jetzt.

„Zeit für deine Pause, Carina.“ Schwester Angela schaute herein und wackelte bedeutungsvoll mit einem dampfenden Kaffeebecher in ihrer Hand.

„Für mich?“

„Und ob. Du hattest seit Stunden keine Pause. Glaub net, das hätte ich net bemerkt. Drüben stehen auch Donuts bereit.“

„Danke, du Lebensretterin.“ Carina nahm den Becher und folgte ihrer Kollegin in den Aufenthaltsraum. Es war ihre erste Pause seit Stunden, und es blieb abzuwarten, wie schnell sie vorbei sein würde. Der nächste Notfall – und sie mussten abbrechen.

Carina lehnte sich mit dem Rücken gegen das Fensterbrett und nahm genießerisch einen Schluck Kaffee.

Draußen ging soeben ein kräftiger Regenguss nieder. Dicke Tropfen prasselten gegen die Fensterscheiben. Dazu fauchte ein für die Jahreszeit ungewöhnlich kühler Wind durch die Straßen ihrer Heimatstadt. Der Frühling ließ sich Zeit in diesem Jahr. Noch immer gab es in manchen Nächten Frost, und die Tage waren trüb und verhangen. Tiefhängende Wolken trieben über München hinweg und ließen keinen Strahl Sonne durch. Dabei sehnte sich Carina nach Wärme und Sonnenschein.

„Nur noch drei Tage, dann bist du uns für eine Woche los“, stellte Angela fest. „Freust du dich schon auf deinen Urlaub?“

„Und ob. Morgens einmal net schon in aller Frühe aufstehen und noch halb im Schlaf zur Klinik radeln zu müssen, Zeit für meinen Schatz zu haben und für all die Bücher, die ich gern lesen möchte, aber nie dazu komme, weil ich abends schon halb schlafe, sobald ich nur einen Fuß ins Schlafzimmer setze“, zählte Carina auf. Sie strich sich eine Strähne ihrer braunen Haare hinter das Ohr. „Ich kann es kaum erwarten!“

„Ich beneide dich. Eine freie Woche mit deinem Verlobten. Was kann es Schöneres geben? Habt ihr Pläne für euren Urlaub? Wollt ihr wegfahren?“

„Das weiß ich noch net, aber eher net. Ich wäre gern verreist, aber Milan ist immer noch auf Jobsuche und mag net wegfahren, solange er nix gefunden hat.“

„Wie schade für euch. Ich verstehe, dass er keine Ruhe zum Verreisen hat, solange seine Zukunft net geklärt ist. Was ich aber net verstehe, ist, warum ein ausgezeichneter Physiotherapeut wie er keine neue Stelle findet. Da müsste sich doch etwas machen lassen. Werden net überall in der Medizin Leute gesucht?“

„Schon, aber es werden leider auch überall Gelder gestrichen, deshalb gibt es kaum freie Kapazitäten.“ Carina drehte ihren Becher zwischen den Händen und schaute sorgenvoll hinein. „Es macht Milan fertig, dass er nichts Neues findet“, erzählte sie bedrückt. „Tagsüber ist er oft mürrisch und in sich gekehrt, und nachts schläft er schlecht.“

„Er macht sich Sorgen, das ist klar. Jemand wie er kann den Gedanken net ertragen, sich net nützlich zu machen. Das muss hart sein. Viele Menschen definieren sich über ihre Arbeit. Wenn sie die verlieren, haben sie plötzlich keinen Halt mehr.“

„So geht es Milan wirklich gerade.“

„Das tut mir furchtbar leid für euch. Womöglich solltet ihr deinen Urlaub doch zum Verreisen nutzen. Ein Ortswechsel bringt einen manchmal auf neue Ideen. Vielleicht entwickelt dein Schatz im Urlaub einen neuen Plan für seine Zukunft. Und wenn net, dann erholt ihr euch wenigstens. Daheim wartet meistens noch dies oder jenes und will erledigt werden. Da hat man nie so viel Ruhe wie in einem Urlaub in der Ferne.“

„Das stimmt“, pflichtete Carina ihrer Freundin bei.

Die vergangenen Monate waren anstrengend gewesen. Der Winter hatte den Ärzten und Schwestern in der Notaufnahme besonders viel abverlangt. Aus den umliegenden Skigebieten waren häufig Patienten nach schlimmen Stürzen und Unfällen eingeflogen worden. Carina fühlte sich ausgelaugt und träumte davon, ein paar Tage in einer schönen Umgebung die Seele baumeln zu lassen. Doch solange ihr Verlobter keine neue Arbeitsstelle fand, würde daraus wohl nichts werden.

Schnelle Schritte vor dem Aufenthaltsraum rissen die junge Krankenschwester aus ihren Gedanken.

„Schwester Carina?“, fragte Doktor Hofer. „Sie werden in der zwei gebraucht.“

„Bin sofort da.“ Carina stellte ihren Becher ab, warf ihrer Kollegin einen entschuldigenden Blick zu, woraufhin diese nur lächelnd abwinkte, und folgte dem Notarzt in die Aufnahme.

Im Behandlungsraum zwei saß ein hochgewachsener Mann mit dunklen, leicht gewellten Haaren und braunen Augen auf der Untersuchungsliege. Er presste seinen linken Arm an sich und verzog vor Schmerzen das Gesicht. Blutflecken zeichneten sich auf dem Verband ab, den er um seinen Arm gewickelt hatte. Sie kannte den Patienten. Es war …

„Milan?“ Alarmiert sah sie ihren Verlobten an. „Was machst du denn hier?“

„Ich strenge mich an, net umzukippen.“ Er lächelte schief.

„Dein Arm blutet. Was ist passiert?“

„Unser Nachbar.“ Sein Blick verdüsterte sich. Mehr sagte er nicht, als würde dieses eine Wort alles erklären.

„Net schon wieder“, seufzte Carina. Was als Zwist begonnen hatte, war inzwischen zu einem handfesten Nachbarschaftsstreit geworden. Doch wie erklärte der das Blut am Arm ihres Verlobten? „Hat Albert dich etwa verletzt?“

„Er net, aber sein Hund. Die Töle hat mich angefallen.“

„Was? Etwa der Wuschel?“ Sie riss verblüfft die Augen auf.

„Das ist kein Wuschel, sondern ein dreiköpfiger Zerberus, wenn du mich fragst. Das Viech hat sich in meinem Arm verbissen, als hätte es tagelang nichts zwischen die Zähne bekommen. Albert hat ihn auf mich gehetzt.“

„Das kann ich mir net vorstellen.“

„Glaub es ruhig. Genauso ist es passiert. Ich war unterwegs und wollte ahnungslos daheim mein Fahrrad anschließen, als ich das Viech plötzlich an meinem Arm hängen hatte. So schnell konnte ich mich gar nicht umgucken. Ich habe die Wunde verbunden, aber sie hört net auf zu bluten.“

„Wir kümmern uns gleich darum.“

„Ich weiß, aber diesmal reicht es mir. Diesmal kommt Albert net so einfach davon. Ich werde ihn verklagen.“

„Eine Klage? Damit machst du alles nur schlimmer. Rede doch lieber in Ruhe mit ihm. Ich kann mir net vorstellen, dass das Absicht war.“

„Ich aber. Reden bringt da nichts. Jetzt muss ein Anwalt ran.“

„Das wird alles noch schlimmer machen. Albert und Julia sind unsere Nachbarn. Wir sollten versuchen, Frieden zu halten.“

„Was nutzt es, wenn wir das versuchen und sie net?“ Milan schnaubte erbittert. Der herbe Zug, der sich nun um seinen Mund eingrub, verriet nichts Gutes.

Carina sank das Herz. Der Zank zwischen ihrem Verlobten und ihrem Nachbarn sorgte seit Monaten für Verstimmung bei ihnen. Nichts, was sie sagte, konnte daran etwas ändern. Eine Versöhnung schien ausgeschlossen zu sein. Carina hätte längst einen Umzug in Erwägung gezogen, wäre eine hübsche und bezahlbare Wohnung in ihrer Heimatstadt nicht ein seltener Glücksfall gewesen. Sie liebte ihr Zuhause und wollte nicht weg, aber der Zank der beiden Männer vergällte ihr so manchen Feierabend. Was ließ sich da nur tun?

War es schon so weit gekommen, dass ihr Nachbar seinen Hund auf ihren Verlobten hetzte? Das konnte, nein, das wollte sie sich lieber nicht vorstellen.

Während ihrer Unterhaltung hatte Doktor Hofer den Verband von dem verletzten Arm ihres Verlobten abgenommen. Darunter kam eine stark blutende Bisswunde zum Vorschein.

„Wir müssen die Wunde spülen und nähen“, entschied der Arzt. „Sind Sie gegen Tetanus geimpft, Herr Kelsch?“

„Ja, die Impfung wurde vor einem Jahr erneuert. Darauf achtet Carina gewissenhaft.“

„Das ist gut. Bei Tierbissen besteht immer die Gefahr einer Infektion, deshalb werden Sie vorsorglich ein Antibiotikum von mir bekommen.“

„Ein Kaffee wäre mir lieber“, versuchte Milan einen matten Scherz. „Aber notfalls gebe ich mich mit den Tabletten zufrieden. Diesen Abend hatte ich mir allerdings anders vorgestellt. Dieser Zwischenfall wird Albert noch leidtun.“

„Mei, Milan, ihr solltet euch versöhnen“, mahnte Carina bedrückt, „sonst wird euer Streit noch böse enden!“

***

Wenige Stunden später war Carinas Dienst zu Ende. Sie hatte sich auf einen entspannten Abend daheim gefreut, aber nach dem Essen verzog sich ihr Verlobter sofort hinter seinen Computer und sprach kein Wort mehr. Ein Blick auf den Bildschirm verriet ihr, dass er die Suchmaschinen nach Klagen und Schmerzensgeldern nach Hundebissen befragte.

Offenbar war es ihm ernst mit seiner Anzeige!

In der Wohnung hing noch der würzige Duft der Lasagne, die es zum Abendessen gegeben hatte. Die Mahlzeit war still verlaufen. Carinas Versuche, ein Gespräch in Gang zu bringen, waren an ihrem Verlobten vorbeigeflossen wie Wasser an einem Felsen. Seine grimmige Miene verriet, dass seine Gedanken bei seinem Nachbarn weilten.

„Lass die Sache auf sich beruhen“, bat sie ihn nun einmal mehr. „Ein Prozess wird die Fronten nur verhärten und für weiteres böses Blut sorgen. Willst du das etwa?“

„Was ich will, ist nimmer von Belang. Soll ich es etwa hinnehmen, dass er seinen Hund auf mich gehetzt hat?“

„Glaubst du denn wirklich, das hat er getan?“

„Und ob. Das Viech hat mich angefallen.“

„Womöglich war es ein Reflex. Wuschel ist ein lieber Hund. Er würde nie …“

„Er hat es aber getan. Schau her!“ Ihr Verlobter deutete auf seinen verletzten Arm. Der weiße Verband verbarg die Wunde, die mit etlichen Stichen hatte genäht werden müssen. „Es tut verflixt weh. Das kannst du mir glauben.“

„Ich weiß. Das ist schlimm. Rede mit Albert darüber. Bitte.“

„Mit Reden hab ich schon oft versucht, aber das hat nix gebracht. Es wird Zeit, zu handeln. Wenn ich jetzt nichts unternehme, bist du womöglich sein nächstes Opfer, aber das werde ich net zulassen. Nein, jetzt ist Schluss.“ Milan schob grimmig den Unterkiefer vor.

So unversöhnlich hatte sie ihn früher nie erlebt. Doch seitdem er mit dem Nachbarn im Clinch lag, war er nicht wiederzuerkennen. Sein Groll machte Carina Angst. Würde er später im Leben auch so nachtragend sein? Was, wenn sie einmal einen Fehler machte? Würde er dann jeder Versöhnung aus dem Weg gehen und stur auf seinem Recht beharren? Gab es für ihn keine Kompromisse? Kein Verzeihen?

„Möchtest du noch eine Schmerztablette, Milan?“

„Lieber net. Ich hab schon so viele bekommen, dass mir ganz flau ist.“ Sein Ton wurde sanfter. Er schob die Tastatur von sich, legte seinen gesunden Arm um Carina und zog sie zu sich heran. „Es tut mir leid, dass du meinen ganzen Ärger abbekommst. Das ist net fair.“

„Ich möchte so gern wieder in Frieden leben.“

„Das möchte ich auch. Leider scheint Albert einen Tritt in den Hintern zu brauchen, ehe er das einsieht.“

„Was stört dich denn nur so an ihm?“

„Einfach alles.“

„Geht es net ein bisserl konkreter?“