Das Berghotel 192 - Verena Kufsteiner - E-Book

Das Berghotel 192 E-Book

Verena Kufsteiner

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Beschreibung

Picknick mit einem Fremden - Wenn aus einer Zufallsbegegnung die große Liebe wird
Von Verena Kufsteiner

Unsicher verharrt Urlauberin Janina vor der Weggabelung. Sie hat sich schon wieder verlaufen. Die Frühlingssonne brennt, ihr Magen knurrt, und Durst hat sie auch - eine Katastrophe! Da hört sie hinter der Anhöhe Kuhglocken bimmeln. Janina atmet auf, als sie kurz darauf die urige Almhütte vor sich sieht.
"Servus! So sieht man sich wieder", ertönt da plötzlich eine dunkle Stimme hinter ihr.
Janina dreht sich um - und steht dem Mann gegenüber, dem sie gestern im Dorf begegnet ist.
"Hallo! Gott sei Dank! Kannst du mir sagen, wie ich ins Dorf zurückkomme?"
Der Fremde grinst verschmitzt. "Hast du dich schon wieder verlaufen?"
Janina nickt und wird rot, und da knurrt ihr Magen laut und verräterisch.
Er lacht. "Hunger? Na komm, was hältst du von einem zünftigen Picknick?"
Meine Rettung, denkt Janina und willigt prompt ein. Und sie ahnt nicht, dass sie damit eine Reihe von abenteuerlichen Ereignissen in Bewegung setzt ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Picknick mit einem Fremden

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Bastei Verlag / Anne von Sarosdy

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar

ISBN 9-783-7325-8017-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Picknick mit einem Fremden

Wenn aus einer Zufallsbegegnungdie große Liebe wird

Von Verena Kufsteiner

Unsicher verharrt Urlauberin Janina vor der Weggabelung. Sie hat sich schon wieder verlaufen. Die Frühlingssonne brennt, ihr Magen knurrt, und Durst hat sie auch – eine Katastrophe! Da hört sie hinter der Anhöhe Kuhglocken bimmeln. Janina atmet auf, als sie kurz darauf die urige Almhütte vor sich sieht.

„Servus! So sieht man sich wieder“, ertönt da plötzlich eine dunkle Stimme hinter ihr.

Janina dreht sich um – und steht dem Mann gegenüber, dem sie gestern im Dorf begegnet ist.

„Hallo! Gott sei Dank! Kannst du mir sagen, wie ich ins Dorf zurückkomme?“

Der Fremde grinst verschmitzt. „Hast du dich schon wieder verlaufen?“

Janina nickt und wird rot, und da knurrt ihr Magen laut und verräterisch.

Er lacht. „Hunger? Na komm, was hältst du von einem Picknick?“

Meine Rettung, denkt Janina und willigt prompt ein. Und sie ahnt nicht, dass sie eine Reihe von abenteuerlichen Ereignissen in Bewegung setzt …

„Hallo? Ist jemand hier?“ Die Kinderstimme hallte durch die Praxis von Landtierarzt Dr. Brandt.

„Ich komm sofort!“ Janina stellte den Napf mit frischem Wasser vor die Dalmatiner-Hündin hin, die am vergangenen Tag angefahren worden war.

Dann richtete sie sich auf und ging in das Vorzimmer hinüber. Hier stand Felix, ein hoch aufgeschossener vierzehnjähriger Junge aus der Nachbarschaft. Er trug einen Karton in der Hand. Sein sommersprossiges Gesicht war blass, und er kaute nervös auf seiner Unterlippe.

„Grüß dich, Felix“, sagte Janina freundlich. „Was kann ich für dich tun?“

„Ist der Herr Doktor da?“

„Doktor Brandt macht gerade seine Hausbesuchsrunde, aber vielleicht kann ich dir helfen. Was führt dich her?“

„Blümchen frisst nimmer.“ Felix lüftete den Deckel seines Kartons. Darin saß auf einigen Küchentüchern eine Schildkröte und äugte unsicher herauf.

„Wie lange frisst Blümchen denn schon nix mehr?“

„Seit gestern. Sie hat dem Opa gehört. Er hat sie mir geschenkt. Kannst du machen, dass sie wieder frisst?“ Bittend reckte Felix ihr den Karton entgegen.

Es war nicht schwer zu erraten, warum Blümchen das Futter verweigerte: Ihr Schnabel war zu lang und ähnelte dem eines Papageis.

„Was gibst du ihr zum Knabbern, Felix?“

„Zum Knabbern? Darf sie denn Kekse haben?“

„Nein, ich meine, hartes Futter und Sepiaschale. Sie braucht das, um ihren Schnabel kurz zu halten. Die Sepiaschale ist auch wichtig, damit ihr Panzer gut wachsen kann.“

„Ach so. Das wusste ich net.“

„Ich werde Blümchens Schnabel kürzen. Dann sollte sie auch wieder fressen.“ Janina nahm Felix und die Schildkröte mit ins Behandlungszimmer. Sie setzte Blümchen auf den metallenen Tisch, holte eine Zange und beugte sich über ihre Patientin. Blümchen zog den Kopf ein, als wüsste sie genau, was nun kam. Janina kitzelte sie am Hinterlauf. Die Reaktion erfolgte prompt: Blümchen schob den Kopf heraus. Janina nahm ihn zwischen zwei Finger und hielt ihn fest, während sie die Zange ansetzte und den Schnabel kürzte.

„Tut das weh?“, fragte Felix unsicher.

„Kein bisschen. Es ist für Blümchen, als würde deine Mama deine Fingernägel schneiden. Dabei spürst du auch nichts.“

„Das stimmt … Ups!“ Felix schaute auf die kleine Pfütze, die sich unter der Schildkröte ausbreitete.

„Blümchen hat es geschafft.“ Janina setzte ihren Schützling wieder in den Karton.

Dann holte sie eine Papiertüte und füllte eine längliche Sepia-Schale aus den Vorräten ihres Chefs hinein. „Die legst du in Blümchens Gehege, damit sie daran knabbern kann. Sie sollte nun auch wieder fressen. Falls net, kommst du morgen wieder her, wenn Doktor Brandt da ist.“

„Ist gut.“ Felix kramte nach einigen Münzen in seiner Hosentasche und legte fünf Eurostücke auf den Metalltisch. „Reicht das? Sonst soll ich eine Rechnung mitbringen, sagt Mama. Sie wollte mitkommen, aber meine Schwester ist krank. Papa arbeitet. Aber ich kann schon alleine kommen.“

„Das kannst du. Bist ja auch schon groß. Und das Geld reicht genau.“

Janina schickte Felix viele Grüße für seine Familie mit. Dann machte sich Felix mit seinem Karton auf den Heimweg.

Janina wischte den Behandlungstisch sauber und sprühte ein Desinfektionsmittel darauf, damit er wieder einsatzbereit war. Sie liebte ihre Arbeit. Die Praxis ihres Chefs befand sich in ihrem Heimatdorf eine gute Autostunde südlich von München. Zu den Patienten zählten neben den Haustieren überwiegend Nutztiere wie Kühe und Schweine, aber auch Gänse und Hühner. Doktor Brandt machte jeden Tag eine Runde durch die Ställe und über die Höfe der näheren Umgebung.

„Servus! Bin wieder da.“ Als hätten ihre Gedanken ihn herbeigezaubert, kehrte Josef Brandt von seiner Runde zurück. Unter seinem karierten Hemd spannte sich ein beachtlicher Bauch. „War alles ruhig hier?“

„Ja, alles ruhig. Felix war mit einer Schildkröte hier.“ Janina setzte ihren Chef kurz ins Bild.

Der Arzt nickte bedächtig und bat sie, Platz zu nehmen. Selbst zog er sich seinen Drehstuhl heran und ließ sich darauf sinken.

„Es tut mir so leid, Janina, aber ich muss Ihnen sagen, dass ich noch keinen Nachfolger für meine Praxis gefunden habe. Vorhin hat auch der letzte Kandidat abgesagt.“

„O nein.“ Janina wurde ganz flau. Ihr Chef sprach seit Monaten davon, sich zur Ruhe setzen zu wollen, sobald er einen passenden Nachfolger gefunden hatte. Bis jetzt war seine Suche ohne Erfolg verlaufen.

„Ich werde die Praxis wohl schließen müssen“, seufzte er. „Niemanden von den jungen Absolventen zieht es aufs Land.“

„Aber …“ In ihrem Kopf ging es plötzlich drunter und drüber. Ihr Chef wollte die Praxis schließen? Was sollte dann aus seinen Patienten werden? Und aus ihr?

„Wenn Sie Urlaub brauchen, um sich woanders zu bewerben, dann verstehe ich das natürlich“, bot er ihr an. „Sie können sich freinehmen, wenn Sie möchten.“

Janina fröstelte, obwohl draußen die Sonne schien.

„Wann wollen Sie schließen?“, fragte sie leise.

„Irgendwann im Sommer.“

„So bald schon?“

„Ja. Mein Rücken ist kaputt. Ich schaffe die Runden kaum noch. Es wird wirklich Zeit. Ich weiß, die Schließung ist ein Schock für Sie, aber ich sehe leider keine andere Möglichkeit. Sie bekommen natürlich eine Abfindung von mir. Und ein ausgezeichnetes Zeugnis. Das versteht sich von selbst.“

Janinas Augen schwammen plötzlich in Tränen. Sie hatte das Gefühl, der Boden würde unter ihren Füßen weggezogen. Die Zukunft war plötzlich ein einziges großes Fragezeichen.

Ihr Chef bot ihr einen Schnaps auf den Schrecken an, aber sie lehnte ab. Immerhin musste sie noch nach Hause radeln, auch wenn ihr gerade tüchtig die Knie zitterten.

Doktor Brandt machte nun Feierabend, deshalb konnte auch Janina nach Hause fahren. Sie hängte ihren Kittel in den Spind und schlüpfte in bequeme Jeans und ein weißes T-Shirt. Ihr Fahrrad war im Vorgarten angeschlossen. Janina löste das Schloss und stieg in den Sattel. Ihr Heimweg führte sie einen Feldweg entlang – zwischen Wiesen und Äckern hindurch. Zu ihrer Rechten erstreckte sich ein blühendes Rapsfeld. Das Gelb schien mit der Sonne um die Wette zu leuchten.

Janina hielt sich im Sattel, bis das Dorf hinter ihr lag, dann flossen die Tränen, die sie bisher mühsam zurückgehalten hatte. Sie stoppte neben einer Bank am Wiesenrand, lehnte ihr Fahrrad an und ließ sich auf die rot gestrichene Sitzfläche sinken. Sie hatte geglaubt, dass sich ein Nachfolger für die Praxis finden würde. Nun erwischte die Schließung sie kalt.

Janina hatte schon immer gern mit Tieren zu tun gehabt. Während sich ihre Zwillingsschwester in der Schule eine Bestnote nach der anderen holte, hatte sie selbst nicht so leicht gelernt und sich ihr Abi hart erkämpft. Ein Studium war für sie nicht infrage gekommen. War das ein Fehler gewesen? Hätte sie wie Adriana studieren und ihre Karriere vorantreiben sollen? Dann würde sie vielleicht jetzt nicht hier sitzen – mit einem Knoten im Magen und der Aussicht auf zahlreiche Bewerbungen, von denen sie nicht wusste, ob sie zu etwas führen würden.

Ihre Ersparnisse würden sie eine Weile über Wasser halten. Aber wer konnte sagen, wie lange sie damit auskommen musste?

Janina wischte sich energisch über die Augen. Nein, sie wollte sich nicht hängen lassen. Sie würde eine neue Stellung finden. Das musste sie einfach!

Von fern tuckerte in Traktor heran. Er zog einen Heuwender hinter sich her und zog auf der nahen Wiese seine Runden. Auch ohne den Fahrer am Steuer zu erkennen, wusste sie, dass es Jannes war. Die Wiese gehörte zu seinem Hof. Jannes war in der Schule zwei Klassen über ihr gewesen. Sie hatte für ihn geschwärmt, aber nie den Mut gefunden, es ihm zu zeigen. Vermutlich hatte er keine Ahnung von ihren Gefühlen gehabt. Inzwischen war er mit einer Bäuerin verheiratet und wurde bald Vater. Und sie selbst? Was hatte sie vorzuweisen? Abgesehen von einer Dachgeschosswohnung, die sie sich mit Karli, ihrem Kater teilte: Nichts! Ihr fehlte es oft an Mut und Selbstvertrauen.

Während sie noch mit den anstehenden Veränderungen in ihrem Leben haderte, vibrierte das Mobiltelefon in ihrer Tasche. Sie kramte kurz und fand es zwischen dem zerknitterten Katalog eines Haustierausstatters und ihrer Wasserflasche. „Hallo?“

„Janina?“ Die Stimme gehörte ihrer Nachbarin. Anna Winkler. Sie klang atemlos und hustete kratzig. „Hör zu, du musst sofort nach Hause kommen. Es hat ein Unglück gegeben!“

„Ein Unglück?“ Alarmiert presste Janina ihr Telefon fester ans Ohr. Etwas Kaltes schien mit einem Mal ihren Rücken hinunter zu rieseln. „Mei! Was ist denn passiert?“

***

Ein Unglück kommt selten allein, heißt es. Und an diesem Nachmittag musste Janina erfahren, dass das zutraf. Sie hatte das Gefühl, einen Albtraum zu erleben. Nur, dass es kein Traum war, sondern die Wirklichkeit: In ihrer Wohnung war ein Feuer ausgebrochen!

Als sie daheim ankam, war von dem Dachgeschoss des Mietshauses kaum mehr als qualmende Balken übrig gewesen, die wie schwarze Finger in den Frühlingshimmel ragten. Die Feuerwehr war schon dabei, ihre Schläuche einzurollen.

Ein Brandmeister hatte Janina erklärt, dass nach der Ursache des Feuers noch geforscht werden würde. Er vermutete einen defekten Verteiler in ihrer Wohnung. Wahrscheinlich hatte es einen Kurzschluss gegeben. Was kein Opfer der Flammen geworden war, hatten Wasser, Löschschaum und Ruß ruiniert. Die unteren Etagen des Mietshauses waren vorsorglich evakuiert worden, solange ungewiss war, ob Einsturzgefahr bestand.

Janina stand ohne Dach über dem Kopf da.

Der einzige Trost war Karli. Ihr Kater war nicht in der Wohnung gewesen, als der Brand ausgebrochen war. Über eine Dachleiter konnte er zu den Ästen des Kirschbaums gelangen, der im Garten stand. Karli kam und ging, wie es ihm gefiel. Als Janina wie gelähmt an dem rauchenden Haus emporgeschaut hatte, war ihr Kater plötzlich maunzend um ihre Beine gestrichen. Sie hatte ihn hochgenommen und in ihren Fahrradkorb gesetzt. Dann war sie zu ihren Eltern geradelt.

Ihre Familie bewohnte ein Haus in Rimsting, nicht weit vom Chiemsee entfernt. Das Erdgeschoss des gemütlichen Alpenhauses bewohnten sie selbst, die obere Etage wurde an Feriengäste vermietet.

Ihre Eltern waren aus allen Wolken gefallen, als Janina ihnen von ihrem Unglück berichtet hatte. Ihr Vater hatte ihr geraten, sofort Kontakt zu ihrer Versicherung aufzunehmen. Ihre Mutter hatte ihr Kakao und selbst gebackenen Rührkuchen gebracht und sie in die Arme genommen.

„Du kannst hier wohnen, solange du willst.“ Maria war eine kleine, zierliche Frau mit einem großen Herzen. Sie strich Janina über den Kopf. „Wurde bei dem Feuer jemand verletzt?“

„Nein, zum Glück net.“

„Das ist die Hauptsache. Die Einrichtung kann man ersetzen.“

„Aber meine Wohnung ist nun unbewohnbar. Und meine Sachen … Alles fort! Meine Kakteensammlung, die Fotos und … einfach alles!“ Janinas Stimme brach.

„Das ist schlimm, aber die Hauptsache ist, dass es dir gut geht. Ich darf net daran denken, was geschehen wäre, wenn das Feuer ausgebrochen wäre, während du geschlafen hättest.“

Janina ließ den Kopf hängen. Noch immer hatte sie den Gestank des Feuers in der Nase. Fast so, als würde sie ihn nie mehr los. Und sie war am Boden zerstört. Sie mochte keine Veränderungen. Das hatte sie noch nie. Und nun würde sich ihr Leben auf jeden Fall ändern. Ihr Zuhause lag in Trümmern. Sie hat keinen Job und keine Ahnung, was sie mit ihrem Leben anfangen sollte. Konnte es eigentlich noch schlimmer kommen?

„Schlaf dich heute Nacht erst einmal aus“, sagte ihre Mutter. „Du wirst sehen: Morgen früh schaut die Welt ganz anders aus.“

Janina nickte. Nach diesem furchtbaren Tag wollte sie nur noch in ihr altes Zimmer gehen, sich hinlegen und die Decke über den Kopf ziehen. Doch als sie die Tür zu ihrem früheren Zimmer öffnete, erkannte sie es nicht wieder. All ihre Möbel waren fort: der Schreibtisch, die Poster mit den Tierbildern über dem Bett, sogar die Truhe, in der ihre alten Schulsachen lagerten. Alles weg! Stattdessen standen hier Tische mit Nähmaschinen und Stühlen. Vor dem Fenster blühten Geranien.

„W-was ist denn das hier?“

„Nun …“ Ihre Mutter sah sie zerknirscht an. „Wir dachten net, dass du das Zimmer noch einmal brauchen würdest. Es stand so lange leer. Im vergangenen Monat haben wir es umgeräumt. Meine Quilt-Gruppe trifft sich hier einmal in der Woche.“

„Oh. Dann schlafe ich eben in Adrianas Zimmer.“

„Es tut mir leid, aber das geht auch net. Dort hat sich dein Vater ein Arbeitszimmer eingerichtet.“

„Was ist mit der Ferienwohnung? Kann ich dorthin?“

„Die ist gerade belegt. Das herrliche Wetter …“

„Also kann ich nirgendwo hin?“ Damit hatte Janina nicht gerechnet.

„Wir können dein Zimmer wieder für dich umräumen.“

„Nein, lass nur. Kann ich auf dem Sofa schlafen?“

„Freilich. Ich mache es nachher für dich fertig.“

„Was ist mit den Sachen aus meinem Zimmer? Ich hatte noch Kleidung im Schrank. CDs. Kleinigkeiten.“

„Wir haben alles in Kartons eingepackt und im Keller eingelagert. Wir werden sie für dich hochholen.“

Ihre Mutter half ihr beim Tragen der Kisten. Sie stellten alles im Flur ab.

Janina war zum Umfallen müde und hätte sich gern schlafengelegt, aber ihr Vater saß noch im Wohnzimmer und schaute fern.

„Sein Lieblingskrimi läuft“, erklärte ihre Mutter lächelnd. „Noch eine halbe Stunde, dann hast du das Wohnzimmer für dich allein. Magst du mitschauen? Rudolf Eisler spielt mit.“

„Wer?“

„Das ist ein Schauspieler aus München. Er ist schon etwas älter, aber ich sehe ihn gern.“

„Dann möchtest du den Rest des Krimis bestimmt mit Vaterl zusammen anschauen.“

„Das muss net sein.“ Ihre Mutter wirkte auf einmal unsicher.

„Ist schon gut.“ Janina deutete über ihre Schulter hinaus. „Ich werde mich in den Garten setzen und entspannen. Auf den Schrecken muss ich meine Gedanken erst einmal sortieren. Vorher könnte ich vermutlich ohnehin net schlafen.“

„Das versteh ich. Ruf uns, wenn was ist, ja?“

„Ja, mach ich.“ Janina lenkte ihre Schritte hinaus in den Garten.

Sie ging zu der Bank, die neben dem Hauseingang stand und zu deren Füßen dekorative Pflanzschalen aufgestellt waren, in denen es herrlich bunt blühte. Selbst aus der Öffnung einer alten Gießkanne sprossen üppige rote Ranunkeln. Hummel summten um die Blüten herum.

Janina schlüpfte aus ihren Schuhen, zog die Knie an den Körper und barg das Gesicht in den Händen. Noch nie hatte sie sich so verloren gefühlt wie in diesem Augenblick.

Sie hatte kein Zuhause mehr.

Keinen Job.

Und keinen Platz auf der Welt.

Alles geht nur noch schief, haderte sie mit sich. Ich wünschte, ich könnte aus meiner Haut und neu anfangen, aber das ist unmöglich. Die Tränen flossen, brachten jedoch keine Erleichterung.

Da spürte sie plötzlich, wie eine Hand sanft über ihren Kopf strich. Sie blickte hoch – geradewegs in das besorgte Gesicht ihrer Schwester.

„Mei, Janni, was machst du für Sachen?“