Das Berghotel 193 - Verena Kufsteiner - E-Book

Das Berghotel 193 E-Book

Verena Kufsteiner

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Beschreibung

Tratsch um die Blütenkönigin - Was ist dran an den Gerüchten?
Von Verena Kufsteiner

Der Schankraum im Gasthof "Zum Ochsen" ist wie immer gut besucht, und die Stimmung ist ausgelassen. Nur Gendarm Ludwig Sirch und Förster Fabian Reckwitz schauen grimmig drein.
"He da, was ist euch denn für eine Laus über die Leber gelaufen?", ruft da einer.
"Tja, eine ganz große: Ein Wilderer treibt sein Unwesen", erklärt der Förster ernst.
Ein Raunen und Murmeln geht durch die Männerrunde, wilde Spekulationen werden laut.
Da mischt sich Wirt Joschi ein: "Der Wilddieb könnt ja auch eine Wilddiebin sein."
"Momenterl mal, du weißt doch was? Los, spuck’s aus!", fordert der Gendarm.
Der Wirt seufzt tief. "Na schön, ich hab sie neulich im Wald gesehen - die Leitner-Annelie."
"Die Annelie?", tönt es da ungläubig aus mehreren Kehlen zurück.
Doch in den Köpfen der Männer beginnt es schon zu rattern ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Tratsch um die Blütenkönigin

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Bastei Verlag / Anne von Sarosdy

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar

ISBN 9-783-7325-8018-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Tratsch um die Blütenkönigin

Was ist dran an den Gerüchten?

Von Verena Kufsteiner

Der Schankraum im Gasthof „Zum Ochsen“ ist wie immer gut besucht, und die Stimmung ist ausgelassen. Nur Gendarm Ludwig Sirch und Förster Fabian Reckwitz schauen grimmig drein.

„He da, was ist euch denn für eine Laus über die Leber gelaufen?“, ruft da einer.

„Tja, eine ganz große: Ein Wilderer treibt sein Unwesen“, erklärt der Förster ernst.

Ein Raunen und Murmeln geht durch die Männerrunde, wilde Spekulationen werden laut.

Da mischt sich Wirt Joschi ein: „Der Wilddieb könnt ja auch eine Wilddiebin sein.“

„Momenterl mal, du weißt doch was? Los, spuck’s aus!“, fordert der Gendarm.

Der Wirt seufzt tief. „Na schön, ich hab sie neulich im Wald gesehen – die Leitner-Annelie.“

„Die Annelie?“, tönt es da ungläubig aus mehreren Kehlen zurück.

Doch in den Köpfen der Männer beginnt es schon zu rattern …

„Madeln, schaut’s mal schnell! Das klingt ja spannend“, zwitscherte Vroni, die als Serviermadel im Berghotel arbeitete, und deutete aufgeregt auf den Zettel, der an einen Baum geheftet worden war.

Sie, die Hotelchefin Hedi Kastler und ein paar andere Mitarbeiterinnen hatten gerade einen kleinen Ausflug zum Bauernmarkt in St. Christoph unternommen. Bei herrlichem Wetter waren sie über den Kirchplatz spaziert, als Vronis Blick auf das kleine Plakat gefallen war. Jetzt strahlte sie vor Aufregung über das ganze Gesicht.

Die Zimmermadeln Lena und Sofie, Hausdame Gerda und Kosmetikerin Gerti scharten sich um Vroni und den aufsehenerregenden Aushang. Einen Moment lang war es ganz still, als sie alle den Text überflogen, dann wurde eifrig durcheinandergeplaudert.

Hotelchefin Hedi reckte den Hals, um zu sehen, was ihre Angestellten da so spannend fanden. Sie schmunzelte, als sie sah, worum es ging: die alljährliche Wahl zur Blütenkönigin, die demnächst wieder in St. Christoph im Zillertal stattfinden würde. Das Madel, das zur Blütenkönigin gekürt wurde, würde ein Jahr lang allerlei repräsentative Aufgaben übernehmen und die Region auf Veranstaltungen und Messen vertreten. Es war eine große Ehre, aber vor allem auch ein riesiges Vergnügen. Die Madeln hatten Jahr für Jahr Spaß daran, sich im spielerischen Wettkampf zu messen, gegeneinander anzutreten und um Blumenkrönchen und -zepter zu kämpfen. Kein Wunder also, dass die jungen Berghotel-Mitarbeiterinnen ganz aus dem Häuschen waren.

Gerda tippte Hedi auf die Schulter.

„Du könntest dich doch bewerben!“, schlug sie vor. „Immerhin hast du den schönsten Blumengarten im ganzen Ort.“

Hedi lachte prustend auf. „Aber geh, den Spaß überlass ich liebend gern den blutjungen Dirndln. Für so was bin ich doch viel zu alt. Aber tatsächlich freu ich mich sehr drauf, denn ich weiß was, was ihr noch net wisst’s.“

Damit hatte sie die ungeteilte Aufmerksamkeit der jungen Frauen, aus großen Augen sahen sie die Hotelchefin an.

„Was denn? Worum geht’s? Ein Geheimnis?“, plapperten sie alle drauflos.

„Ist ja schon gut“, lachte Hedi. „Also, vielleicht kann die ein oder andere es sich eh schon denken. Die Wahl zur Blütenkönigin wird in meinem Rosengarten hinter dem Berghotel abgehalten. Und net nur das: Ein paar Tage später gibt’s eine große Feier zu Ehren der Blütenkönigin. Bei gutem Wetter wird diese auf der Hotelterrasse stattfinden, bei Regen im Edelweißsaal.“

Nach dieser Neuigkeit war die Begeisterung umso größer. So aufregende, glamouröse Veranstaltungen – direkt im Berghotel, wo sie alle arbeiteten! Ohnehin konnten sie sich keinen passenderen Ort dafür vorstellen.

„Ich werd mich anmelden“, beschloss Sofie kurzerhand.

Eifrig nickte Lena und schloss sich an. „Ich mich auch!“

„Kennt’s ihr euch denn gut mit Blumen aus?“, gab Vroni zu bedenken. „Da steht, es wird net nur ein hübsches Gesichterl gesucht, sondern eine junge Frau, die mit ihrem Wissen über Blumen und das Zillertal sowie mit ihrem Charme glänzt.“

Die Zimmermadeln tauschten einen raschen Blick aus.

„Ehrlich gesagt – net. Bei mir geht jede Pflanze sofort ein“, prustete Lena.

Sofie grinste. „Dann müssen wir wohl doch mit unseren hübschen Gesichtern überzeugen. Einen grünen Daumen hab ich nämlich auch net.“

„Was ist mit dir?“, wandte sich Hedi freundlich an Gerda.

„Oh nein, bloß net, ich bin doch auch net jung genug für so was“, wehrte diese errötend ab. „Nein nein, die jungen Dinger sollen sich den Spaß machen, ich halt mich da lieber raus.“

Mit ihren fünfunddreißig Jahren war sie freilich alles andere als alt, aber dank ihres zurückhaltenden Naturells drängte sie sich ungern in den Vordergrund. Verständnisvoll nickte Hedi. Das Rampenlicht war nun einmal nicht für jeden etwas.

Während sie weiter über den Kirchplatz schlenderten, unterhielten sich die Damen angeregt über die anstehende Veranstaltung. Hedis Blick schweifte über Marktstandln mit deftiger Salami, großen Käseradln und duftendem Bauernbrot, süßem Zuckergebäck und ein bisserl Schmuck und Kunsthandwerk. Sie grüßte Freunde und Bekannte, wechselte ein paar Worte mit den Standbetreibern, ließ sich hier und da eine Kostprobe geben und ließ sich vom fröhlichen Tratsch ihrer Hotelmitarbeiterinnen berieseln.

Der goldfarbene Wetterhahn auf der Turmspitze der weißen Dorfkirche drehte sich im Wind und funkelte hübsch im Sonnenlicht. Weiße Schäfchenwolken zogen über den ansonsten azurblauen Himmel. Genussvoll atmete Hedi die frische Luft und den Duft der frischen Waren ein. Sie liebte das beschauliche Dorf und hätte nirgends lieber wohnen wollen. Obwohl es so ein kleines Örtchen war, wurde es einem hier doch niemals fad, dachte sie bei sich.

Ihr Blick fiel auf ein Blumenstandl, an dem üppig blühende Rosen, Tulpen, Narzissen und vieles mehr in den leuchtendsten Farben angeboten wurden. Bei dem Anblick ging Hedis Herz auf, sie hatte eine große Schwäche für Blumen. Die Verkäuferin, ein zauberhaftes blondgelocktes Madel im zartrosa Baumwolldirndl, lächelte ihr entgegen.

„Grüß dich, Hedi! Fein, dass du wieder vorbeischaust“, grüßte die junge Frau freundlich.

Hedi lächelte. „Als würd ich es mir je freiwillig entgehen lassen, mit einer verwandten Seele zu fachsimpeln. Mit niemandem lässt sich’s so schön über Pflanzen quatschen, wie mit dir, Annelie.“

Die Leitner-Annelie wohnte drüben in Mayrhofen, nicht weit von St. Christoph entfernt, und führte dort einen kleinen Blumenladen. Zum wöchentlichen Markt kam sie aber stets nach St. Christoph, um ihre duftenden, bunten Waren am Standl anzubieten. Es war für Hedi eine lieb gewordene Gewohnheit geworden, vorbeizuschauen und sich mit Annelie über die gemeinsame Leidenschaft auszutauschen.

„Das Kompliment kann ich nur zurückgeben!“, erwiderte Annelie mit einem anmutigen Lächeln. „Erzähl, wie geht’s deinem Rosengarten?“

„Ach, alles in voller Blüte und herrlich farbenfroh, aber auf den Kletterrosen hab ich letztens viele Blattläuse entdeckt, das macht mir ein bisserl Sorgen“, berichtete die Hotelchefin, und schon waren sie in ein angeregtes Gespräch über natürliche Schädlingsbekämpfung und Blumenpflege vertieft.

„Übrigens, da fällt mir ein … wirst du dich eigentlich als Blütenkönigin bewerben?“, fragte Hedi schließlich. „Das tät ja wie die Faust aufs Auge passen. Es wird immerhin ein Madel gesucht, das net nur hübsch und gescheit ist, sondern auch einen Bezug zu Blumen hat. Wer würd sich da besser eignen als du?“

Ein Lächeln umspielte Annelies Lippen, sie blickte zum Aushang hinüber.

„Ehrlich gesagt hab ich darüber auch schon nachgedacht“, gestand sie.

„Net nur nachdenken, anmelden!“, spornte Hedi sie an. „Sicherlich hast du gute Chancen.“

Tatsächlich konnte sie sich kaum eine passendere Kandidatin vorstellen. Annelie sah aus wie ein Engerl, mit ihren weizenblonden Haaren und den sanften, vergissmeinnichtblauen Augen. Mit ihrem Wissen über Blumen konnte sie gewiss auftrumpfen. Und auch der Bezug zur Region war vorhanden, die Annelie war im Zillertal aufgewachsen und liebte ihre Heimat.

„Ich dank dir“, sagte Annelie herzlich. „Ja, du hast recht, ich werd’s versuchen und mich gleich bewerben.“

Lächelnd nickte Hedi. „Fein. Ich werd dir die Daumen drücken! Aber jetzt entschuldige mich, ich muss rasch zurück zum Hotel. Der Andi ist grad an der Rezeption, aber ich hab versprochen, ihn gleich abzulösen. Oh, und dann muss ich noch so viel für die Blütenköniginnen-Wahl vorbereiten! Da muss freilich jedes Detail stimmen und alles ganz reibungslos ablaufen.“

Vorfreude verlieh ihren Schritten Schwung, als sie sich auf den Rückweg machte. Das Hotel war für sie und ihren Mann Andi so viel mehr als nur ein Arbeitsplatz, es war ihr eigentliches Zuhause, ihr Herzensprojekt und der Ort, an dem sie sich beide am wohlsten fühlten.

Hedi lief ein Stückerl bergan, und dann sah sie es schon: das Sporthotel „Am Sonnenhang“, bei den Einheimischen als Berghotel bekannt. Ihr Herz machte einen Hüpfer, als sie auf das große, ganz im alpinen Stil gehaltene Gebäude zulief. Sie war schon gespannt darauf, welche Herausforderungen der heutige Tag bereithielt, was für interessante Gäste anreisen würden und welche Geschichten sich hier im Berghotel entwickeln würden, denn fad wurde es ihr hier freilich nie.

***

„Na, Spatzl, kommst du noch mit zum Ochsenwirt? Der Leo und der Franz werden auch da sein“, sagte Andi, legte einen Arm um Hedi und zog sie näher an sich heran.

Die Hotelchefin schmiegte sich an ihren Mann, gab ihm ein Busserl, schüttelte dann aber den Kopf.

„Besser net, mir tun schon die Füße weh, es war ein langer Tag. Ich werd’s mir lieber daheim gemütlich machen, die schmerzenden Füße hochlegen, vielleicht einen Tee trinken“, beschloss sie gut gelaunt. „Aber euch ganz viel Spaß.“

„Schad“, entgegnete er ehrlich. „Mir dir macht’s ja doch immer am meisten Spaß.“

Dafür hatte er sich ein weiteres herzliches Busserl verdient.

„Bis nachher, ich freu mich schon auf dich“, bekannte Hedi zärtlich.

Andi lächelte immer noch, als er sich vor dem Hotel mit den beiden anderen traf: dem Koch Leo Hofbacher und dem Gärtner Franz Kroneder. Sie alle hatten ihre Arbeit für heute beendet, also wollten sie den Abend gemütlich im Gasthof „Zum Ochsen“ ausklingen lassen.

Dort war wie jeden Abend viel los, die Stimmung war ausgelassen. Im Gastraum hatten sich Großbauern zum Stammtisch eingefunden, ein paar Urlauber ließen die urige Atmosphäre auf sich wirken und die Althöfer-Anna, die Frau des Wirts, wirbelte flink umher und nahm Bestellungen auf. Andi, Franz und Leo suchten sich ein gemütliches Platzerl an der Theke, um ihre Maß Bier zu genießen.

„Da schaut’s einmal, das sind ja der Sirch-Ludwig und der Reckwitz-Fabian, die da drüben die Köpfe zusammenstecken und grimmig dreinschauen. Was die wohl so Ernstes zu besprechen haben?“, überlegte Franz.

Leo folgte Franz’ Blick und nickte. „Sicherlich nix Erfreuliches, so viel steht fest“, stimmte er zu.

Der Gendarm und der Förster waren ganz ins Gespräch vertieft. Beide Männer hatten die Augenbrauen finster zusammengezogen und machten überhaupt keinen glücklichen Eindruck.

„He da, was ist euch denn für eine Laus über die Leber gelaufen?“, rief Andi ihnen kurzerhand zu. „Ist denn irgendwas passiert?“

Die beiden blickten hoch. „Hat sich’s noch net zu dir herumgesprochen?“, fragte Ludwig. Der Gendarm konnte ein Seufzen nicht unterdrücken. „Ein Wilderer treibt sein Unwesen. Ein paar kapitale Hirsche hat’s erwischt.“

„Alles mitgenommen, was sich zu Geld machen lässt, die Felle und Geweihe. Die Überreste sind einfach liegen geblieben. Kein schöner Anblick, sag ich euch“, knurrte Fabian übellaunig. Dem Förster setzte die unschöne Angelegenheit sichtlich zu, der Schutz des Wildbestandes lag ihm freilich am Herzen.

Erschrocken zog Andi die Augenbrauen hoch.

„Oh, das ist wirklich eine ernste Sache“, stellte er fest. „Und keine Spur vom Täter?“

Düster schüttelte der Sirch-Ludwig den Kopf.

„Wenn ich den Burschen in die Finger krieg, kann er was erleben. Aber bisher hab ich keine Ahnung, wer der Übeltäter sein mag.“

Der Althöfer-Joschi, der Wirt, stellte gutgefüllte Bierkrüge vor den Männern auf die Theke. Er schien kurz mit sich zu ringen, dann räusperte er sich.

„Wer sagt eigentlich, dass es ein Bursche ist?“, warf er schließlich zögerlich ins Gespräch ein.

Schon waren alle Blicke auf ihn gerichtet.

„Was willst du damit sagen? Weißt du etwa irgendwas?“, bohrte Ludwig sofort aufmerksam nach.

Joschi wand sich unter dem prüfenden Blick des Gendarms.

„Ach, vielleicht ist’s ja gar nix“, druckste er herum und versuchte zurückzurudern.

Andi runzelte die Stirn. „Also komm schon, gib dir einen Ruck, raus mit der Sprache“, forderte er.

So kannte er den Joschi gar nicht. Der Wirt trug normalerweise sein Herz auf der Zunge und war nicht gerade für Zurückhaltung und Schüchternheit bekannt.

„Ich mein ja nur, der Wilddieb könnt in Wirklichkeit eine Wilddiebin sein“, murmelte Joschi. „Das ist halt vielleicht eine Möglichkeit, die man net ganz ausschließen sollte, oder was meint’s ihr?“

„Ein Madel?“, wandte Fabian zweifelnd ein. „Na, ich weiß ja net. Für so was braucht man ordentlich Kraft.“

„Und die Damen sind allesamt zarte Blüten, die nix zustande bringen, tagaus, tagein nur friedfertig sind und bestenfalls Stricknadeln hochheben können?“, wandte Anna spitz ein, die gerade ein Tablett voll schwerer Bierkrüge vorbeitrug.

Da war freilich was dran, und die Männer grübelten über die Theorie nach, dass unter Umständen eine weibliche Wilddiebin ihr Unwesen treiben könnte. Natürlich war das nicht ganz auszuschließen.

„Wie dem auch sei: Du verschweigst uns doch was, gell?“, wandte sich Ludwig schließlich wieder an Joschi, der sich scheinbar ganz aufs Polieren der Flaschen hinter der Theke konzentrierte und es wohl schon bereute, sich überhaupt eingemischt zu haben.

Der Wirt seufzte tief, dann murmelte er: „Na schön, aber ich will halt echt keine voreiligen Schlüsse ziehen und niemanden vorschnell beschuldigen. Also, vor ein paar Tagen war ich spät abends noch unterwegs und da hab ich ein Madel gesehen, dass sich in Richtung Wald davongestohlen hat. Dunkel und praktisch gekleidet, mit einer Taschenlampe bewaffnet. Das ist mir schon ein bisserl merkwürdig vorgekommen, aber ich hab mir gedacht, sie wird schon ihre Gründe haben. Aber wenn ihr jetzt von Wilderei redet’s … ja, da frag ich mich halt, was für Gründe sie wohl gehabt hat, abends allein in den Wald zu gehen.“

Aufmerksam sah Fabian ihn an. „Und hast du das Madel zufällig auch erkannt?“, drängte er. Dem Förster war es freilich wichtig, dass der Wilddieb geschnappt wurde, wer es auch sein mochte.

Joschi wand sich noch einen Moment lang unbehaglich, dann rückte er damit heraus: „Die Leitner-Annelie.“

„Die Annelie!“, tönte es ungläubig aus mehreren Kehlen zurück. „Nein, das kann net sein, unmöglich. Doch net die Annelie!“

Auch Andi schüttelte den Kopf. Er kannte die Blumenhändlerin ein wenig, mit der seine Frau so gern plauderte. So einem liebreizenden, sanftmütigen und zarten Madel traute er so eine Untat nie im Leben zu.

„Warum sollte die Annelie das denn tun?“, fragte der Hotelchef fassungslos.

Der Niederstetter-Germo, der in St. Christoph als Postbote arbeitete, schwenkte nachdenklich sein Maß Bier, als handelte es sich um ein feines Weinglas.

„Man weiß halt nie, was in anderen Menschen vorgeht und aus was für Gründen sie das tun, was sie tun“, sinnierte er. Seine Zunge war schon ein bisschen schwer vom Alkohol, aber er schien festentschlossen, auch einen Gesprächsbeitrag zu leisten. „Womöglich wirft ja ihr Blumengeschäft net genug Ertrag ab. Vielleicht läuft das Geschäft net so gut. Und ihr Vater – Gott hab ihn selig – war immerhin ein leidenschaftlicher Jäger und ausgezeichneter Schütze. Also warum sollte die Tochter net auch zur Flinte greifen?“