Das Berghotel 204 - Verena Kufsteiner - E-Book

Das Berghotel 204 E-Book

Verena Kufsteiner

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Beschreibung

Ein perfektes Paar?
Was die Leut՚ sich über die Edelhofers erzählen
Von Verena Kufsteiner

Die Edelhofers scheinen das perfekte Paar zu sein: Vor fünf Jahren sind sie ins Zillertal gezogen, haben einen heruntergewirtschafteten kleinen Hof gekauft und ein erfolgreiches Weingut daraus gemacht. Ihre Weine sind in der ganzen Region beliebt und werden auch im Berghotel ausgeschenkt. Die schöne Helena ist eine ehemalige Schönheitskönigin, der nicht minder attraktive Manuel war früher ein erfolgreicher Manager, bevor die beiden die Ruhe und Idylle des Landlebens suchten und sich nach St. Christoph zurückzogen.
Doch wo Erfolg ist, bleiben auch die Neider nicht aus, und so macht böser Tratsch im Dorf die Runde: Der gute Wein sei gepanscht, die Helena mache den Männern schöne Augen und der Manuel sei zudem ein untreuer Hallodri. Der Tratsch erreicht seinen Höhepunkt, als Helena von mehreren Seiten hört, Manuel sei mit einer schönen Rothaarigen gesichtet worden. Ihr geliebter Manuel ein Ehebrecher? Hals über Kopf flieht sie ins Berghotel zu Freundin Hedi ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Ein perfektes Paar?

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Chiemseer Dirndl & Tracht

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-8824-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Ein perfektes Paar?

Was die Leut' sich über die Edelhofers erzählen

Von Verena Kufsteiner

Die Edelhofers scheinen das perfekte Paar zu sein: Vor fünf Jahren sind sie ins Zillertal gezogen, haben einen heruntergewirtschafteten kleinen Hof gekauft und ein erfolgreiches Weingut daraus gemacht. Ihre Weine sind in der ganzen Region beliebt und werden auch im Berghotel ausgeschenkt. Die schöne Helena ist eine ehemalige Schönheitskönigin, der nicht minder attraktive Manuel war früher ein erfolgreicher Manager, bevor die beiden die Ruhe und Idylle des Landlebens suchten und sich nach St. Christoph zurückzogen.

Doch wo Erfolg ist, bleiben auch die Neider nicht aus, und so macht böser Tratsch im Dorf die Runde: Der gute Wein sei gepanscht, die Helena mache den Männern schöne Augen und der Manuel sei zudem ein untreuer Hallodri. Der Tratsch erreicht seinen Höhepunkt, als Helena von mehreren Seiten hört, Manuel sei mit einer schönen Rothaarigen gesichtet worden. Ihr geliebter Manuel ein Ehebrecher? Hals über Kopf flieht sie ins Berghotel zu Freundin Hedi …

Wie Wellen auf einem tiefroten Meer wogten die Weinblätter im lauen Herbstwind, unzählige Weinstöcke standen auf den sanft geschwungenen Hügeln in Reih und Glied. Einen Moment lang blieb Hedi Kastler stehen, atmete die frische Luft tief ein und genoss den Anblick. Man konnte riechen, sogar schmecken, dass der Sommer vorbei war und der Winter nahte, doch noch schlug sich die Sonne wacker und versorgte das Zillertal mit Wärme und goldenem Licht.

Auch im Herbst hatte St. Christoph, das kleine Bergdorf im Zillertal, einen ganz eigenen Charme, dachte die Hotelchefin lächelnd. Sie liebte ihre Heimat, die zu jeder Jahreszeit in voller Pracht und Schönheit erstrahlte und sie immer wieder aufs Neue begeisterte.

„Na, was ist? Kommst du, oder schlägst du schon Wurzeln?“ Ihr Mann Andi hatte sich zu ihr umgedreht und grinste jetzt gutmütig.

„Ist ja gut, jetzt stress mich halt net“, schimpfte sie, eilte dann aber weiter und gab ihm im Vorbeigehen ein Busserl auf die Wange. Bei jedem Schritt schwang der wadenlange Rock ihres Dirndls um ihre Beine.

Auf dem Hof des Weinguts hatte sich bereits der größte Teil der Belegschaft des Berghotels versammelt. Der Vorschlag der Kastlers, die Betriebsfeier hier auf dem Edelhofer-Weingut abzuhalten, war mit großer Begeisterung aufgenommen worden, und jetzt blickte die Hotelchefin in lauter vorfreudige Gesichter.

„Ich bin ja keine große Weintrinkerin, aber der Spätburgunder der Edelhofers soll ja ein Gedicht sein“, meinte Gerti Wachter, die im Berghotel als Kosmetikerin arbeitete und Wassergymnastik-Kurse anbot.

„Das ist noch untertrieben“, geriet der Koch Leo Hofbacher ins Schwärmen. „Überhaupt find ich, die Weine sind zu Recht so beliebt. Net umsonst schenken wir sie ja selber gern drüben im Weinstüberl aus.“

„Ich trink gern das ein oder andere Glaserl Schilchersturm“, bekannte der Sporttrainer Lukas Einrieder.

„Wir auch!“, pflichteten ihm die Zimmer- und Serviermadeln Lena, Sofie, Vroni und Nina eifrig bei.

Hedi musste schmunzeln und tauschte einen amüsierten Blick mit Andi aus. Ihnen beiden war klar, dass die Madeln wohl fast allem zugestimmt hätten, was Lukas sagte. Kaum eine junge Frau konnte sich dem jungenhaften Charme des feschen Sporttrainers entziehen.

„Wenn ich einmal wiedergeboren werd, möchte ich in meinem nächsten Leben gern der Lukas sein“, hatte Andi einmal gescherzt.

„Damit du auch so ungeniert mit den Damen schäkern kannst?“, hatte Hedi ihren Mann geneckt und ihm dabei den Finger in die Seite gepiekt.

„Freilich, welcher Mann träumt net davon, dass ihm die Damenwelt zu Füßen liegt?“, hatte Andi lachend gesagt, war dann aber ernster geworden und hatte sie zärtlich an sich gezogen. „Du weißt doch, dass du die einzige Dame bist, die mich interessiert, gell?“

Ein Lächeln umspielte Hedis Lippen, als sie sich an dieses Gespräch erinnerte, während sie den Blick über den Hof schweifen ließ. Was für ein hübsches Juwel die Edelhofers geschaffen hatten!

Als das Paar vor Jahren aus Wien herübergezogen war und den alten, heruntergekommenen Bauernhof außerhalb des Dorfs gekauft hatten, hatte kaum jemand in St. Christoph daran geglaubt, dass sie erfolgreich sein würden. Ein verwöhntes Paar aus der Stadt, dass – irgendwelchen romantischen Vorstellungen folgend – aufs Land zog, um einen alten Hof zu restaurieren und ein Weingut daraus zu machen? Das erschien den meisten Leuten doch ein bisserl naiv. So waren die Menschen nun einmal, dachte Hedi, ganz besonders hier auf dem Land: Neuem gegenüber waren sie oft erst einmal skeptisch.

Doch die Edelhofers hatten alle Kritiker eines Besseren belehrt. Die beiden Großstadtpflanzerl konnten tüchtig anpacken, scheuten keine harte Arbeit und besaßen Geschäftssinn. Vor den staunenden Augen der Dorfleute hatten sie das Brachland mit dem baufälligen Bauernhaus förmlich auf links gedreht und sich mittlerweile mit ihrem guten Wein einen Namen gemacht, der weit über die Grenzen St. Christophs hinaus bekannt war.

Anerkennend sah sich Hedi um. Helena und Manuel Edelhofer besaßen wirklich Geschmack und hatten ein Händchen fürs Detail und hatten hier ein idyllisches Paradies geschaffen, wo nicht nur Wein angebaut wurde, sondern auch Feiern und Weinverkostungen abgehalten werden konnten – so wie es auch für heute geplant war. Aufwendig hatten sie die Ruine restauriert, ohne jedoch den Charakter des alten Gemäuers einzubüßen. Kopfsteinpflaster bedeckte den schattigen Innenhof, ringsumher gediehen duftende Spätblüher in kräftigen Farben.

„Grüß euch! Da seid’s ja schon alle“, schallte eine gut gelaunte Stimme, und eine auffallend schöne Frau kam auf die Gruppe zu.

Helena Edelhofer trug ein herrliches, tiefrotes Dirndl, das ihre hochgewachsene, schlanke Statur, die schmale Taille und die langen Beine betonte. Ihre langen Haare glänzten in der satten Farbe von Mahagoni, die Augen waren von einem intensiven Smaragdgrün. Mit den hohen Wangenknochen konnte man sie sich perfekt als Model in einem Modemagazin vorstellen, und wie Hedi wusste, hatte Helena früher tatsächlich manchmal Jobs als Model angenommen.

Mit energischer Herzlichkeit begrüßte sie nun die Hotelbelegschaft, umarmte Hedi, mit der sie seit ihrem Umzug nach Tirol befreundet war, und führte die Gruppe in einen großen Gewölbekeller, in dem elegant eingedeckte Tische mit blütenweißen Tischtüchern standen. Schummriges Kerzenlicht spiegelte sich in dünnwandigen Gläsern, die klassische Musik im Hintergrund war leise und dezent.

„Ich frag mich ja immer, wie Leute all diese verrückten Aromen herausriechen und -schmecken können“, wunderte sich Lukas. „Ich bin da ganz pragmatisch, ich unterscheid nur zwischen ‚schmeckt mir‘ und ‚schmeckt mir net‘.“

Helena lachte. „Und im Grunde genommen kommt’s ja auch nur darauf an, gell? Trotzdem macht’s Spaß, sich darauf einzulassen und den Gaumen ein bisserl zu schulen.“

Ihr Mann trat neben sie, auch er richtete ein paar grüßende Worte an die Hotelangestellten. Manuel war kaum weniger fesch als seine Frau, mit den schwarzen Haaren und den stahlblauen Augen, die aus dem sonnengebräunten Gesicht leuchteten, war er eine auffallende Erscheinung. Der fesche Trachtenanzug mit der grünen Weste stand ihm ganz ausgezeichnet und betonte seine breiten Schultern. Er hatte ein herzliches, einnehmendes Lächeln. Er legte den Arm um seine Frau, und sie tauschten ein inniges, liebevolles Lächeln aus, bevor sie den Abend offiziell für eröffnet erklärten.

Charmant führten die Edelhofers durch die Weinverkostung, kredenzten edle Tropfen und erklärten allerhand interessante Dinge darüber, wie man Wein klassifizierte und die unterschiedlichsten Geschmäcker darin wahrnehmen konnte. Die Hotelbelegschaft amüsierte sich prächtig, die Stimmung war ausgelassen, nicht zuletzt deshalb, weil manch einer den Wein genussvoll trank, statt nur zu probieren und auszuspucken.

„Du trinkst ja gar nix.“ Vroni stieß Nina sanft mit dem Ellenbogen an. „Schmeckt’s dir denn net? Oder fühlst du dich net gut?“

Das blasse, ruhige Madel, das vor einem knappen Jahr im Berghotel als Serviererin angefangen hatte, wurde tomatenrot und geriet ins Stottern.

„Ich wollt’s den Kastlers eigentlich in Ruhe unter vier Augen erzählen“, flüsterte sie, während plötzlich alle Blicke auf sie gerichtet waren. „Aber ich … ich werd demnächst für eine Weile in der Arbeit ausfallen.“

Besorgt runzelte Vroni die Stirn. „Oh je, bist du denn krank?“

Lukas hatte schneller geschaltet. „Vroni, du Dummerl, es geht doch net um eine Krankheit. Schwanger ist sie! Gell, Nina?“

Nina nickte und senkte den Blick. Die Aufmerksamkeit war ihr sichtlich unangenehm, aber vor allem schien sie zu befürchten, dass ihre Chefs negativ auf die Neuigkeit reagieren würden, die immerhin bedeutete, dass Ersatz für das Serviermadel gefunden werden musste.

Doch Hedi lächelte strahlend. „Wie schön!“, rief sie aus und umarmte Nina herzlich. „Das ist ja wunderbar, ich gratuliere dir ganz herzlich.“

Der Jubel war groß, jeder wollte Nina gratulieren, das Madel wurde mit Fragen gelöchert. Erleichtert atmete Nina auf, nun ließ sie sich die Freude auch anmerken. Obwohl ihr Bauch noch ganz flach war, legte sie zärtlich die Hand darauf.

Doch inmitten des Trubels entging Hedi nicht, dass Helena kreidebleich geworden war und die Lehne des Stuhls, hinter dem sie stand, so fest umklammerte, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten. Mit steifen Schritten verließ sie den Raum.

Sofort übernahm Manuel das Steuer.

„Darauf muss angestoßen werden!“, rief er fröhlich. „Für die werdende Mutter freilich mit Traubensaft, gell? Lasst’s uns die Gläser erheben!“

Kaum jemand schien bemerkt zu haben, dass Helena verschwunden war, es gab nun andere Themen, um die die Gespräche kreisten. Doch ein paar leise, erstaunte Stimmen konnte Hedi doch hören, als sie die Ohren spitzte: „Hast du gemerkt? Die Helena ist auf einmal rausgelaufen. Und dieser Gesichtsausdruck – sie hat sich wohl gar net für die Nina gefreut. Komisch, was ist wohl los mit ihr?“

Eine Weile hielt Manuel die Verkostung alleine ab, bis seine Frau zurückkehrte, hübsch und strahlend wie eh und je. Sie verhielt sich so, als sei gar nichts gewesen, doch Hedi konnte sich schon denken, warum die fesche Winzerin vorhin verschwunden war.

***

Nach der Weinverkostung fuhren die Hotelmitarbeiter nach Hause, beschwipst und ausgelassener Stimmung, wobei sie sich Sammeltaxis teilten: nach St. Christoph oder in die umliegenden Ortschaften wie Mautz und Mayrhofen.

„Ich lauf zu Fuß heim, das Wetter ist so herrlich!“, krähte Lena ausgelassen und drehte sich mit ausgebreiteten Armen um die eigene Achse.

„Unter gar keinen Umständen, in der Wettervorhersage war von Regen die Rede“, sagte Kilian Garnreiter, der Hotelgäste als Chauffeur vom Bahnhof holte, sie begrüßte und sich um ihr Gepäck kümmerte, wie gewöhnlich etwas steif und förmlich, doch sogar er hatte an diesem lustigen Abend rosige Wangen.

Nach und nach kamen die Taxis an, um ihre Fahrgäste abzuholen, der Innenhof leerte sich. Nur Hedi und Andi blieben noch ein bisserl, um mit dem befreundeten Paar zu plaudern.

„Wie schön ihr’s hier habt“, seufzte Hedi verzückt, lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und blickte hoch zum sternenklaren Himmel. Sie spürte den Alkohol, der ein federleichtes Gefühl in ihren Kopf zauberte und die Welt ganz sachte verschwimmen ließ.

„Ihr doch net minder!“, rief Helena. „Euer Berghotel ist wie ein kleines Paradies.“

„Genau das hab ich vorhin über euer Weingut gedacht“, antwortete Hedi schmunzelnd. „Man kann sich heute kaum mehr vorstellen, wie’s hier vor ein paar Jahren noch ausgesehen habt. Euch ist das Kunststück gelungen, alles zu erneuern und zu modernisieren, ohne dass der Charme verloren gegangen ist. Anfangs gab’s doch viele Skeptiker, aber ihr habt euch net beirren lassen.“

„Das war alles Helenas Verdienst.“ Manuel ergriff die Hand seiner Frau und sah ihr zärtlich in die Augen. Sein Daumen streichelte sanft über ihren Handrücken und den funkelnden Ehering. „Sie ist einfach unglaublich, hat so einen guten Geschmack und scheut sich gleichzeitig net, sich die Hände schmutzig zu machen. Ihr hättet sehen sollen, wie sie hier geschuftet hat, wie sie mit den Handwerkern verhandelt hat und sich von Rückschlägen nur noch mehr anfeuern hat lassen.“

„Du Charmeur, ich werd ja gleich rot.“ Das Lächeln machte Helenas Gesicht noch schöner, sie lehnte sich an Manuels Schulter. „Glaubt ihm kein Wort, er war mindestens so fleißig wie ich.“

Schmunzelnd tauschten Hedi und Andi einen Blick aus, und Hedi wusste, dass ihr Mann gerade etwas ähnliches dachte wie sie. Die Edelhofers zählten zu den Paaren, die nach vielen Jahren noch frisch verliebt wirkten. Es war herzerwärmend, die beiden miteinander zu sehen. Da schien eine magische Anziehungskraft zwischen ihnen zu sein, die sich in all den kleinen, liebevollen Gesten, den zärtlichen Blicken, den charmanten Worten zeigte. Man merkte ihnen richtig an, dass es ihnen schwerfiel, die Finger voneinander zu lassen.

Ein schönes Paar, dachte die Hotelchefin bei sich, und das lag freilich nicht nur daran, dass beide ausnehmend attraktiv waren – Helena, die nicht nur neben ihrem eigentlichen Beruf als Architektin auch als Model gejobbt hatte und sogar eine ehemalige Schönheitskönigin war, und der einstige Manager Manuel, der ebenso charismatisch wie gut aussehend war. Nein, die wahre Schönheit des Paares lag in der Harmonie und in dieser beinahe körperlich spürbaren Chemie.

„Habt ihr’s eigentlich niemals bereut, ins Zillertal gezogen zu sein, net einmal ein Minuterl?“, fragte Andi neugierig. „Ich mein, verglichen mit Wien ist St. Christoph ja doch ein recht verschlafenes Nest, und ihr hattet beide net grad ein langweiliges Leben. Du, Helena, als gefragte Architektin, die an bedeutsamen Großprojekten gearbeitet hat, und du, Manuel … du warst auch eine ganz große Nummer im Beruf, gell?“

Manuel und Helena tauschten einen Blick aus, bevor sie wie aus einem Munde antworteten: „Keine Sekunde haben wir’s bereut!“

Helena lachte. „Wir wollten’s ja net anders haben. Das hektische Leben in der Stadt war eine Weile ganz lustig, ja, und uns beiden haben unsere Berufe ja Spaß gemacht. Aber irgendwann haben wir uns doch nach ein bisserl mehr Ruhe gesehnt.“

„Die Idee ist uns irgendwann bei einem Glaserl Wein gekommen und hat uns nimmer losgelassen“, pflichtete Manuel ihr bei. „Ein eigenes Weingut, die Idylle des Landlebens, das herrliche Zillertal, das wir aus dem Urlaub kannten …“

„Und dann haben wir beschlossen, Nägel mit Köpfen zu machen“, fuhr Helena fort. „Das Träumen allein bringt einen ja schließlich nirgendwohin, man muss die Träume schon auch in die Realität umsetzen.“

„Und zum Glück ist’s ja gut gelaufen, das Geschäft mit den Weinen floriert. Übrigens, Andi, ich hab deinen Ratschlag berücksichtigt und den Weinkeller noch ein bisserl umgebaut. Magst es anschauen?“

Die beiden Männer zogen von dannen, wobei sie sich angeregt über die Statik von Weinregalen und die perfekte Lagertemperatur unterhielten. Hedi und Helena blieben sitzen und genossen die milden Herbsttemperaturen.

„Helena. Als die Nina vorhin von ihrer Schwangerschaft erzählt hat und du kurz rausgegangen bist…“, schnitt Hedi das Thema zögerlich an. Sie konnte sich schon denken, worum es gegangen war.

Helena schluckte, senkte den Blick. Einen Moment lang antwortete nicht, sondern legte die schlanken Beine auf das Terrassengeländer, nestelte an der dunkel glänzenden Schürze ihres Dirndls herum, blickte seufzend zum Sternenhimmel. Hedi bemerkte, dass ihre Augen verräterisch feucht schimmerten.

„Ja“, flüsterte die Winzerin, „es hat mir offen gestanden schon einen Stich versetzt. Ich möchte net neidisch sein, das ist eine hässliche Eigenschaft, aber …“ Sie ließ das Ende des Satzes offen.

Verständnisvoll nickte Hedi. Die Edelhofers schienen zwar das perfekte Paar mit dem perfekten Leben zu sein – attraktiv, glücklich verliebt in einer harmonischen Ehe, erfolgreich, wohlhabend – doch jedermann kannte Probleme und Sorgen, dagegen waren auch Helena und Manuel nicht immun.

„Das tut mir leid“, sagte Hedi leise. „Gar keine Neuigkeiten?“

Traurig schüttelte Helena den Kopf.