Das Berghotel 214 - Verena Kufsteiner - E-Book

Das Berghotel 214 E-Book

Verena Kufsteiner

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Beschreibung

Mia und Sebastian erfüllen sich einen langgehegten Traum: Mit einem umgebauten Campingbus wollen sie auf große Weltreise gehen. Ihre erste Station führt die beiden ins Berghotel. Hier hat Sebastian immer mit seinen Eltern die Urlaube verbracht, und hier wollen die beiden noch mal entspannen und Energie tanken, bevor es dann losgehen soll.
Während Mia sich im Wellness-Bereich verwöhnen lässt, streift Sebastian durch das Dorf und hängt seinen trüben Gedanken nach. Denn was Mia nicht ahnt: Schon länger ist er nicht mehr vollends überzeugt von der Reise und vor allem nicht von ihrer Beziehung.
Da trifft er eines Nachmittags auf Anita, seine große Jugendliebe. Sebastian ist erneut verzaubert von ihrer Schönheit und ihrer Anmut. Ist das ein Zeichen? Soll er die Reise abblasen? Das Schicksal kommt ihm zuvor, als einige Tage später sein Geldbeutel mit allen wichtigen Karten und Papieren spurlos verschwindet ...

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Seitenzahl: 126

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Inhalt

Cover

Impressum

Endstation St. Christoph

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Bastei Verlag / Anne von Sarosdy

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-9177-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Endstation St. Christoph

Wenn ein Reisetraum zerplatzt

Von Verena Kufsteiner

Mia und Sebastian erfüllen sich einen langgehegten Traum: Mit einem umgebauten Campingbus wollen sie auf große Weltreise gehen. Ihre erste Station führt die beiden ins Berghotel. Hier hat Sebastian immer mit seinen Eltern die Urlaube verbracht, und hier wollen die beiden noch mal entspannen und Energie tanken, bevor es dann losgehen soll.

Während Mia sich im Wellness-Bereich verwöhnen lässt, streift Sebastian durch das Dorf und hängt seinen trüben Gedanken nach. Denn was Mia nicht ahnt: Schon länger ist er nicht mehr vollends überzeugt von der Reise und vor allem nicht von ihrer Beziehung.

Da trifft er eines Nachmittags auf Anita, seine große Jugendliebe. Sebastian ist erneut verzaubert von ihrer Schönheit und ihrer Anmut. Ist das ein Zeichen? Soll er die Reise abblasen? Das Schicksal kommt ihm zuvor, als einige Tage später sein Geldbeutel mit allen wichtigen Karten und Papieren spurlos verschwindet …

Auf den Almwiesen schmolz der Schnee und dort, wo die weißen Flecken verschwanden, leuchtete frisches Grün. Dazwischen tanzten Farbflecken – das Gelb der Winterlinge, das Weiß und Violett der wilden Krokusse – ganz so, als hätte ein Kind sie mit Fingerfarben dorthin getupft. Durch die geöffnete Seitenscheibe drang frische Frühlingsluft. Sebastian saß auf dem Beifahrersitz und schloss die Augen. Er genoss den Duft nach feuchter Erde und Kräutern. Doch das Glück währte nicht lange!

Der Schrei eines Adlers hallte über den Zillertaler Frühlingshimmel. Gefahr war in Verzug. Schon als Kind hatte Sebastian gelernt, dass Raubvögel kreischten, um ihre Beute aufzuschrecken. Wenn die Murmeltiere und Hasen flüchteten, stießen die Vögel aus großer Höhe hinab. Sebastian fröstelte. Natürlich war er nicht in Gefahr. Trotzdem fühlte er sich wie in einer Falle gefangen.

Seine Freundin, die neben ihm am Steuer saß, ahnte nichts von seinen düsteren Gedanken.

„Sag noch einer, dass die alten Sprichwörter nicht recht haben“, jubelte Mia Pauling und schaltete einen Gang hinunter, damit sich der Bus nicht allzu sehr anstrengen musste. Die einzige Straße, die sich in Serpentinen den Berg hinaufwand, verlangte dem Fahrzeug alles ab. Es rumpelte den steilen Hang hinauf. In den Kurven ächzte es bedrohlich. „Wenn Engel reisen, dann lacht der Himmel!“

„Ich sehe aber keinen Engel.“ Sebastian starrte immer noch hinaus. Er hatte ganz vergessen, wie abgeschieden das Bergdorf St. Christoph lag. Sicher, er war bestimmt zehn Mal hier gewesen, damals mit den Eltern. Doch seit dem letzten Besuch waren Jahre vergangen, und er erinnerte sich nicht mehr an den beschwerlichen Weg.

Mia schickte ihrem Freund einen Seitenblick.

„Früher hättest du so was nicht gesagt. Da war ich immer dein Engelchen.“

„Seit wann bist du so sentimental?“

Langsam aber sicher verging Mia das Lachen.

„Kannst du mir mal erklären, was mit dir los ist? Immerhin sind wir wegen dir hier. Nur zur Erinnerung: Du warst derjenige, der unsere Reise hier beginnen wollte.“ Eine blonde Strähne hatte sich aus dem Knoten auf ihrem Hinterkopf gelöst. Sie blies sie aus der Stirn. „Vielleicht wolltest du ja deine Jugendliebe wiedersehen. Wie hieß sie doch gleich? Angela? Wer von uns beiden ist also sentimental?“

Sebastian stöhnte theatralisch.

„Anita war ihr Name, und ich habe seit Ewigkeiten nicht mehr an sie gedacht. Und was meine schlechte Laune angeht: Du weißt doch selbst, wie anstrengend die letzten Wochen waren. Die Wohnung untervermieten, unsere persönlichen Sachen einpacken und unterstellen, den Bus nochmal durchchecken. Ganz zu schweigen von dem bürokratischen Kram. Kein Wunder, dass ich ein bisschen gestresst bin.“ Daran wollte er selbst nur zu gerne glauben. Doch tief in seinem Inneren wusste er, dass das nur ein Teil der Wahrheit war.

Ein Glück, dass in diesem Augenblick St. Christoph in Sicht kam. Eingerahmt von majestätischen Gipfeln, die das Dorf vor der allzu rauen Witterung und der Hektik der Außenwelt beschützten, lag es wie ein Ei in seinem Nest. Sebastian hielt die Luft an, und auch Mia vergaß die Betroffenheit über die harsche Reaktion ihres Freundes für einen Moment.

„Das ist ja wie im Film“, hauchte sie ergriffen.

Sebastian beugte sich vor.

„Das da ist der Feldkopf.“ Viele Male war die Familie damals mit der Kabinenbahn hinaufgefahren, um wandern zu gehen oder den Wetterturm zu besichtigen, wo Meteorologen ihre Beobachtungen und Messungen durchführten. „Den Hexenstein daneben erkennt man an den zwei Gipfeln“, fuhr er fort. „Links davon, das ist das Frauenhorn.“ Erstaunlich, wie schnell die Erinnerung zurückkehrte. Seine Augen begannen zu leuchten. „Hoffentlich haben wir ein Zimmer mit Blick auf den Achenkegel. Dann können wir die Sonnenuntergänge beobachten. Die sind spektakulär, sag ich dir.“

„Ich kann es kaum erwarten.“ Insgeheim atmete Mia auf. Langsam schien sich Sebastians Laune zu bessern.

Und im Grunde genommen hatte er ja recht. Die letzte Zeit war wirklich beschwerlich gewesen. Aber für sie war es ein positiver Stress gewesen. Immerhin ging es um die Erfüllung eines langgehegten Traums. Sie träumten ihn zusammen, seit sie sich an einem Strand in Australien kennengelernt hatten. So weit hatten sie reisen müssen, um festzustellen, dass sie in München nur ein paar Straßen voneinander entfernt wohnten. Seither glaubte Mia wieder an Wunder, auch wenn ihre Beziehung nach fünf gemeinsamen Jahren längst in der rauen Wirklichkeit angekommen war. Aber das änderte nichts an der Tatsache, dass Sebastian und sie zusammengehörten wie die Sonne an den Himmel.

Just in diesem Moment fiel ein Sonnenstrahl auf ein gelbes Barockschlössl, das immer wieder zwischen den Bäumen aufgeblitzt war und nun in all seiner Herrlichkeit vor ihnen lag. Mia lachte.

„Ein Glück, dass ich meinen Märchenprinzen schon gefunden habe. Sonst müsste ich glatt mal im Schloss vorbeischauen.“

„Da wärst du ganz schön enttäuscht.“ Nicht das kleinste Lächeln zuckte um Sebastians Mund. „Der Baron von Brauneck ist ein netter Mann, aber einen Traumprinz stelle ich mir anders vor.“ Er erinnerte sich an die alten Geschichten. „Früher haben sie im Dorf erzählt, dass er ein rechter Charmeur ist, sehr zum Leidwesen seiner Frau. Außerdem ist er nicht ganz deine Altersklasse.“

Was war nur los mit Sebastian? Lag es wirklich nur am Stress der vergangenen Wochen, dass er so humorlos war? Mia nahm sich vor, ihn in einer ruhigen Stunde danach zu fragen. Jetzt musste sie sich erst einmal auf das Sporthotel „ Am Sonnenhang“ konzentrieren, das vor ihnen aufgetaucht war. Es lag ein Stückerl über St. Christoph, gegenüber dem Schlössl. Im alpenländischen Stil erbaut, fügte es sich harmonisch ins Landschaftsbild ein. Mia wusste sofort, dass sie sich hier wohlfühlen würde.

„Ein herzliches Grüß Gott“, schallte ihnen kurz darauf eine freundliche Stimme von der Rezeption entgegen. Sie gehörte einer Frau im feschen Dirndl, die sie anlachte. „Herr und Frau Schlüter, nehme ich an.“

Sebastian ging an Mia vorbei und trat an den Tresen. Na bitte, er hatte das Lächeln also doch noch nicht verlernt.

„Herr Schlüter und Frau Ludwig“, korrigierte er die Dame. „Kennen Sie mich denn nicht mehr, Frau Kastler?“

In diesem Moment fiel es Hedi wie Schuppen von den Augen.

„Basti, bist du das? Ich hab doch gleich gewusst, dass mir der Name bekannt vorkommt. Das muss ja eine Ewigkeit her sein, dass ich dich zum letzten Mal gesehen hab. Damals warst noch ein Bub. Und schau dich heute an! Aber sag mir, wie geht’s den Eltern?“

Hedis Freude war ansteckend. Sebastian lächelte.

„Sehr gut. Ich soll schön grüßen. Wenn wir nicht auf große Reise gehen würden, wären sie glatt mitgekommen.“

„So. Wohin soll’s denn gehen?“

„Mia und ich wollen uns ein paar Monate lang Europa anschauen. Dafür haben wir extra einen alten Bus gekauft und umgebaut. Bevor es aber richtig losgeht, lassen wir uns hier nochmal so richtig verwöhnen.“

Hedi konnte es nicht glauben.

„Mein Gott, wie die Zeit vergeht. Wie alt warst du, als ich dich zum letzten Mal gesehen hab? Vierzehn? Fünfzehn?“ Im nächsten Moment wurden ihre Wangen rot wie zwei sonnengereifte Äpfelchen. „Ach, jetzt hab ich ‚du‘ gesagt.“

„Das macht gar nichts. Ganz im Gegenteil“, versicherte Sebastian. „Sonst fühle ich mich gleich so alt. Und das bin ich ja eigentlich auch. Ganze zehn Jahre ist es her, dass ich zum letzten Mal hier oben war.“

„Du und alt!“ Hedi lachte. „Was müssten da der Andi und ich sagen? Ach was.“ Sie winkte ab. „Ich finde, man ist immer so alt, wie man sich fühlt.“ Sie wandte sich an Mia. „Aber ich bin unhöflich. Ich freue mich, dass der Basti so ein hübsches Madel mitbringt. Hoffentlich weiß er, was für ein Glückspilz er ist.“

Mia war sich da in letzter Zeit nicht so sicher. Über die freundliche Begrüßung freute sie sich trotzdem. Hier würde sie sich wohlfühlen. Und das lag nicht nur an der herzlichen Chefin. Mia holte tief Luft und atmete den Duft des Zirbelholzes ein, das allenthalben zu finden war. Die Theke der Rezeption, sämtliche Möbelstücke und sogar die Decken waren aus diesem heimischen Holz gefertigt und verliehen dem Hotel seinen besonderen Charme.

Während sich Hedi um den Check-In kümmerte, sah sich Sebastian um.

„Ich hatte schon immer das Gefühl, dass das Berghotel aus der Zeit gefallen ist. Es hat sich nichts verändert.“

„Allzu viel ist wirklich net anders geworden“, bestätigte Hedi und schob die Personalausweise über die Theke zurück. „Der Andi und ich haben nur das Hallenbad renovieren lassen und den Wellnessbereich ausgebaut. Außerdem wurde das Weinstüberl umgebaut.“

„Das wird mir gar net auffallen.“ Sebastian zwinkerte ihr zu. „Da sind die Eltern immer alleine hingegangen, und ich durfte nicht mit.“

„Wenn ich mich recht erinnere, hat dir das net viel ausgemacht.“ Hedi nahm einen Schlüssel vom Haken und reichte ihn Sebastian. „Du warst ja die ganze Zeit mit der Wachberger-Anita unterwegs.“

Sebastian betrachtete den Messingschlüssel in der Hand.

„Stimmt. Die Anita, die hab ich ja ganz vergessen“, murmelte er versonnen.

Was wohl aus ihr geworden war? Schon wollte er sich bei Hedi nach seiner Jugendfreundin erkundigen, als er Mias Blick bemerkte. Er beschloss, lieber kein Öl ins Feuer zu gießen und Hedi später zu fragen, wenn sie alleine waren.

Hedi Kastler besaß eine ausgezeichnete Menschenkenntnis und bemerkte Bastis Zögern. Da kam ihr der Garnreiter-Kilian gerade recht.

„Ah, da ist ja schon mein Mann für alle Fälle.“ Sie winkte ihn zu sich an die Rezeption. „Der Kilian hilft euch mit dem Gepäck. Und jetzt kommt erstmal an und werdet heimisch. Wenn ihr was braucht, wisst ihr ja, wo ihr Hilfe findet.“

Sie zwinkerte den beiden zu und sah ihnen nach, wie sie in Kilian Garnreiters Begleitung Richtung Aufzug gingen. So richtig glücklich wirkte das junge Paar nicht. Aber das lag wahrscheinlich an der Aufregung vor dem großen Abenteuer. Hedi schüttelte den Kopf. Nein, das wäre nichts für sie gewesen. Sie hatte schon Heimweh, wenn sie mit dem Anderl nur ein paar Tage weg war von daheim, um Verwandtschaft zu besuchen. Und diese kleinen Ausflüge waren nichts gegen die mehrmonatige Reise, die Sebastian und Mia vor sich hatten. Kein Wunder, dass die beiden jungen Leute angespannt waren.

***

„Wenn ich gewusst hätt, dass das Berghotel neuerdings ein Schrottplatz ist, hätt ich den alten Traktor net ins Tal schleppen lassen müssen“, witzelte der Oberberger-Marinus, als er die Küchentür mit dem Rücken aufdrückte.

Sissi, die junge Küchenhilfe, hielt die Luft an. Auf diesen Moment hatte sie hin gefiebert, seit der Marinus tags zuvor die Küche verlassen hatte. Ihr Herz schlug bis zum Hals und um ein Haar hätte sie sich beim Schnittlauchhacken geschnitten.

Der Koch Leo Hofbacher sprang Marinus zu Hilfe. Er nahm ihm eine der beiden Kisten ab, die er in den Armen balancierte.

„Seit wann interessierst du dich für Autos?“

„Tu ich net. Aber die Klapperkiste da draußen kann man net übersehen.“

„Ich glaub, das ist ein Campingbus“, meldete sich Sissi zu Wort. Versonnen streifte sie ein paar kleingehackte Schnittlauch-Stückerl von den Fingern. „Das muss toll sein, mit so einem Auto durch die Gegend zu fahren und die Welt zu entdecken.“

Leo lachte Marinus an.

„Pass bloß auf, dass die Sissi net zu unserem Gast in den Bus steigt und auf und davon braust“, warnte er den Jungbauern.

Der zuckte nur mit den Schultern.

„Wenn es sie glücklich macht, warum net?“

Inzwischen hatte Leo die Kiste auf die hochglanzpolierte Arbeitsfläche gewuchtet und einen der beiden Käselaibe herausgenommen, rund und gelb wie eine Butterblume. Er schickte einen vielsagenden Blick hinüber zu seiner Küchenhilfe. Man musste kein Hellseher sein, um zu wissen, dass ihr Marinus’ Antwort nicht gefiel. Wie ertappt senkte Sissi den Kopf und hackte auf den Schnittlauch ein, als gelte es, einen Wettbewerb zu gewinnen.

Leo konnte sich nur wundern. Er dachte an die Gerüchte, die im Dorf die Runde machten. Seit der Marinus vom Studium aus Wien zurück war, wurde er immer wieder mit der Zöllner-Sissi gesehen. Dem Leo konnte es recht sein, auch wenn er sich im Falle einer Hochzeit wahrscheinlich eine andere Küchenhilfe suchen musste. Aber das musste er sowieso, wenn sie genügend Geld zusammen hatte, um ihre Ausbildung zur Dorfhelferin zu finanzieren. Doch allen Gerüchten zum Trotz schien es mit der Liebelei der beiden nicht weit her zu sein.

„Wenn ihr mich fragt: Daheim ist es am Schönsten. Wo sonst gibt es so fesche Madeln und einen so guten Kas!“, erwiderte er diplomatisch und zog ein Messer aus dem Messerblock.

Mit kräftigem Schnitt teilte er den Käselaib in zwei Hälften. Er schnitt eine ordentliche Scheibe ab, rollte sie zusammen und steckte sie in den Mund. Genüsslich schloss er die Augen. Eine Weile war nichts zu hören außer Sissis Hacken.

„Wie machst des bloß, dass der so anders schmeckt als bei den anderen Bauern?“, fragte Leo endlich.

„Das werd ich dir auf die Nase binden.“ Marinus lachte.

Er nahm die beiden anderen Laibe aus der Kiste und brachte sie in die Speisekammer, dorthin, wo der Koch die ganz besonderen Leckereien aufbewahrte. Auf dem Rückweg zog er einen Zettel aus der Tasche seines Jankers und legte ihn Leo zur Unterschrift vor.

„Morgen früh bring ich wieder Milch“, versprach er, zwinkerte der Sissi zu und verließ die Küche mit einem Gruß.

Draußen vor dem Seitentrakt des Hotels blieb er noch einmal stehen und ließ den Blick über die Landschaft gleiten. Der Hofbacher-Leo hatte schon recht. Daheim war es wirklich am schönsten. Das hatte er in seinen Jahren in Wien mehr als einmal deutlich erfahren. Erst in der Ferne hatte er die wahre Magie seiner Heimat gespürt. Der Anblick der majestätischen Berge, die seit Urzeiten über Land und Leute wachten, beruhigte ihn. Hier fand er endlich den Trost, den er in Wien so dringend gebraucht hätte. Marinus atmete tief ein. Ein Duft nach Erde und Kräutern lag in der Luft, und die Vögel zwitscherten, als wollten sie den Frühling mit aller Macht herbeisingen.

„Mei, ham mir’s schee da heroben“, seufzte er.

„Hast du das net vermisst, als du zum Studieren in Wien warst?“, fragte eine Stimme hinter ihm.