Das Berghotel 216 - Verena Kufsteiner - E-Book

Das Berghotel 216 E-Book

Verena Kufsteiner

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Lange hat er sich gegen den Gedanken zu verreisen gewehrt. Doch nun ist Matthias froh, dass er sich von seinem Bruder zu einer Auszeit im Berghotel hat überreden lassen. Es ist der erste richtige Urlaub seit dem Tod seiner Frau vor vier Jahren. Und tatsächlich: Matthias blüht auf und wagt sogar den ein oder anderen Flirt.
Vor allem eine beschert ihm Bauchkribbeln: die süße Serviererin Annelie. Ob er sie ansprechen soll?
Aber dann überkommen ihn wieder die großen Zweifel. Diese und andere geheime Gedanken vertraut Matthias seinem Notizbuch an, das er stets bei sich trägt. Eines Abends lässt er es im Restaurant des Hotels liegen, und damit starten die Turbulenzen ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 127

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Frühlingserwachen für Matthias

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Bastei Verlag / Wolf

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-9567-9

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Frühlingserwachen für Matthias

Wenn ein gut aussehender Witwer Urlaub macht …

Von Verena Kufsteiner

Lange hat er sich gegen den Gedanken zu verreisen gewehrt. Doch nun ist Matthias froh, dass er sich von seinem Bruder zu einer Auszeit im Berghotel hat überreden lassen. Es ist der erste richtige Urlaub seit dem Tod seiner Frau vor vier Jahren. Und tatsächlich: Matthias blüht auf und wagt sogar den ein oder anderen Flirt.

Vor allem eine beschert ihm Bauchkribbeln: die süße Serviererin Annelie. Ob er sie ansprechen soll?

Aber dann überkommen ihn wieder die großen Zweifel. Diese und andere geheime Gedanken vertraut Matthias seinem Notizbuch an, das er stets bei sich trägt. Eines Abends lässt er es im Restaurant des Hotels liegen, und damit starten die Turbulenzen …

„Immer hereinspaziert, Burschen! Ihr kommt’s grad recht, um eurer Mutter beim Salatmachen zu helfen“, rief Arnold Braschel ausgelassen. „Ich hab draußen schon den Grill angeworfen.“

„Oh, sind sie da?“, zwitscherte seine Frau Rosa aus der Küche. Ihre Hände steckten in tropfnassen Spülhandschuhen, doch das hielt sie nicht davon ab, in den Flur zu eilen und ihre beiden Söhne herzlich zu umarmen. „Wie schön, dass ihr da seid. Ich hab als Nachspeise euer Lieblingsessen vorbereitet: Topfennockerl mit Bröseln und Zwetschkenröster.“

Matthias und Benedikt tauschten grinsend einen Blick aus. Auch, wenn sie beide längst erwachsene Männer waren: Für ihre Mutter würden sie wohl immer zwei kleine Lausbuben bleiben.

„Du sollst dir doch für uns net so einen Stress antun“, schimpfte Matthias liebevoll. „Komm, wir helfen dir mit dem Salat.“

Rosa lachte. „Helft’s vielleicht besser eurem Vater, bevor der die ganzen Würstel in Kohleklumpen verwandelt. Ich find, das riecht schon verdächtig nach Röstaromen.“

Matthias und Benedikt konnten sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Mit einem raschen Blick verständigten sie sich, nickten einander zu; dann lief Benedikt hinaus in den Garten, wo Arnold tatsächlich gerade fluchend die halbverbrannten Würstchen vom Grill rettete, und Matthias half Rosa mit dem Salat.

Wenig später saß die Familie gemütlich beisammen und ließ sich das Essen schmecken. Der Frühling hatte Einzug gehalten, die Sonne schien mild über Kapfenberg in der Steiermark, wo die Braschels ihr gemütliches Haus hatten. Mit dem Häuserl im Grünen hatten sich Rosa und Arnold einen Traum erfüllt, doch seit die Söhne erwachsen und ins nahe gelegene Graz gezogen waren, wurde es im Haus manchmal doch recht still. Vor allem Rosa empfand das so. Entsprechend groß war die Freude, wenn beide jungen Männer an manchen Wochenenden zum Essen vorbeikamen.

„Na, wie geht’s euch? Was gibt’s Neues?“, fragte Rosa neugierig, während sie mit dem Messer die verkohlten Stellen von der Bratwurst schabte und ihrem Mann dabei seufzend einen Seitenblick zuwarf.

Arnold ließ es sich einfach nicht nehmen, beim Grillen das Zepter an sich zu reißen – das sei Männeraufgabe, meinte er immer im Brustton der Überzeugung. Und Rosa brachte es einfach nichts übers Herz, ihn zu kritisieren, wenn er so stolz auf sein Werk war.

„Alles bestens.“ Benedikt langte tüchtig zu. Er war mit einem gesunden Appetit gesegnet, und manchmal fragte man sich bei seinem Anblick, wo er diese riesigen Mengen hin aß. Der fesche Blonde mit dem unbeschwert-jungenhaften Lächeln war gertenschlank. „Das hab ich euch ja gar net erzählt: Ich hab mit ein paar Kumpels zusammen ein altes Auto gekauft, jetzt tüfteln wir jedes Wochenende dran herum. Ich sag’s euch, wenn wir mit der Schrottkarre fertig sind, wird’s ein richtiges Schmuckstück sein!“

„Du kommst ganz nach mir.“ Kumpelhaft schlug Arnold ihm auf die Schulter. „Als ich in deinem Alter war, hab ich ein altes Motorrad gekauft und auf Vordermann gebracht. Das war eine ganz schöne Arbeit, aber es hat sich gelohnt. Die Harley ist danach wieder gefahren.“

Rosa verdrehte die Augen, konnte sich aber ein Grinsen nicht verkneifen.

„Ja, und zwar einmal ins Nachbardorf und die halbe Strecke zurück. Dann ist sie mehr oder weniger in ihre Einzelteile zerfallen, du hast mich angerufen und ich musste dich mit dem Traktor meines Papas abholen, weil wir damals gar kein eigenes Auto hatten. Ein Glück, dass du zumindest nur die schmale Straße zwischen den Feldern genommen hast, und net direkt auf die Autobahn gebraust bist. Zugetraut hätt ich’s dir.“

„Es war vielleicht keine lange Fahrt, aber die Arbeit hat sich allemal gelohnt“, erzählte Arnold selig.

„Ihr wart damals also schon ein Paar?“, hakte Benedikt neugierig nach.

Arnold nahm die Hand seiner Frau.

„Freilich. Sobald ich sie damals gesehen hab, war’s um mich geschehen. Sie war so fesch, so gescheit und tüchtig, dazu noch herzensgut.“

„Und was hat dir an ihm gefallen, Mama?“, wollte Benedikt wissen.

Rosas Augen funkelten verschmitzt.

„Ich kann immer so gut über ihn lachen“, neckte sie ihren Mann und korrigierte sich dann gleich: „Mit ihm lachen, mein ich natürlich!“

„Frechdachs.“ Arnold zog sie an sich heran und gab ihr ein Busserl auf die Wange.

„So lang geht eure Beziehung schon gut“, stellte Benedikt staunend fest, der immer nur kurze Liebeleien hatte und sich nie lang an ein Madel binden wollte. „Woher habt’s ihr denn gewusst, dass ihr richtig füreinander seid?“

Rosa und Arnold tauschten einen Blick aus und zuckten mit den Schultern.

„Das spürt man einfach“, meinte Rosa dann. „Das ist einfacher, als man sich’s vorher vielleicht vorstellt. Das Herz weiß nämlich meist ziemlich genau, was es will. Man muss nur drauf hören.“

„Und was ist euer Geheimnis, damit’s net bei einem kurzen Strohfeuer bleibt?“ Benedikt musste an all die kurzen Strohfeuer denken, die er in den letzten Jahren erlebt hatte, und die stets so schnell verglommen waren, wie sie aufgelodert waren.

„Ehrlichkeit“, erwiderten seine Eltern wie aus einem Mund.

Sie mussten lachen, dann fügte Arnold noch hinzu: „Ehrlichkeit und Verständnis, würd ich sagen. Das hilft einem über so manche kleine Krise hinweg.“

„Aber Matthias, jetzt erzähl du doch auch einmal“, wechselte Rosa das Thema und sah ihren älteren Sohn besorgt an. „Du bist ja heut so schweigsam.“

Matthias räusperte sich und rang sich ein Lächeln ab.

„Tschuldigung, ich war in Gedanken ganz bei der Arbeit. Ich schreib an einem Artikel für ein Fachmagazin.“

Benedikt verdrehte die Augen.

„Mal wieder. Du arbeitest zu viel, Bruderherz! Gönn dir doch einmal ein bisserl Freizeit. Hab doch einfach mal Spaß.“

„Die Arbeit macht mir Spaß“, antwortete Matthias ernst, ohne auf den flapsigen Tonfall seines Bruders einzugehen.

Benedikt seufzte aus tiefster Seele.

„Ich mein net die Art von Spaß. Es geht im Leben doch net immer nur um Arbeit, man muss sich auch einmal eine Gaudi gönnen, ganz unbeschwert.“

„Dein Bruder hat recht“, sprang Rosa Benedikt zur Seite. „Matthias, mein Schatz – es ist ja schön, dass du so pflichtbewusst bist, aber man sieht dich so selten richtig ausgelassen und vergnügt.“ Dann verstummte sie. Man sah ihr an, dass sie darüber nachdachte, noch etwas zu sagen, doch sie verkniff es sich.

„So, und jetzt hol ich die Nachspeise aus der Küche“, beschloss sie stattdessen und sprang energisch auf. „Topfennockerl für alle!“

***

„Es ist wegen der Elena, gell?“, fragte Benedikt später geradeheraus, als Arnold den Grill saubermachte und Rosa auf einer Liege in der Sonne eingeschlafen war.

Die Burschen saßen noch bei einem Bier beisammen. Jetzt zuckte Matthias zusammen.

„Es ist Jahre her“, sagte er leise, wohlwissend, dass das Benedikts Frage nicht beantwortete.

„Ja, ist es. Aber es hat dich sehr mitgenommen, und das ist ja auch verständlich. Das kannst du doch net leugnen, Matthias. Seit ihrem Tod vergräbst du dich nur noch in der Arbeit.“

Matthias trank einen Schluck von seinem Bier und schwieg einen Moment. Nachdenklich ließ er den Blick über den Garten schweifen, den er seit seiner Kindheit so gut kannte. Hier hatte er auch vor ein paar Jahren noch mit seiner Frau Elena gesessen – als diese noch am Leben gewesen war. Damals, bevor eine grausame Krankheit sie ihm entrissen hatte.

„Mag sein“, gab er dann zu. „Aber … außer meiner Arbeit ist mir doch nix geblieben.“

„Das ist doch Blödsinn“, widersprach Benedikt energisch. „Du bist doch grade mal Mitte dreißig! Glaubst du, die Elena hätt gewollt, dass du dich einfach aufgibst? Tragisch genug, dass sie so jung ums Leben gekommen ist. Glaub mir, das tut mir entsetzlich leid für dich. Aber du, mein Guter, du hast den größten Teil deines Lebens noch vor dir. Du musst aus diesem tiefen Loch herauskommen, in das du gefallen bist. Du darfst dich net für immer vergraben, sondern musst rausgehen, was unternehmen, Spaß haben, doch neu verlieben.“

Unwillkürlich schnaubte Matthias.

„Mich neu verlieben“, wiederholte er bitter. „Nein, für mich gibt’s keine Liebe mehr. Von allen Frauen, die ich bisher kennengelernt hab, war die Elena die einzige, von der ich mich verstanden gefühlt hab. Du tust dir ja leicht damit, Madeln kennenzulernen. Du bist offen und extrovertiert. Aber für mich ist das ein Ding der Unmöglichkeit.“

„Mag ja sein, dass du eher der zurückhaltende Typ bist und immer schon warst“, lenkte Benedikt ein. „Aber das heißt noch lang net, dass du nie mehr eine nette Frau kennenlernen wirst. Schau dich doch an, du bist ja ein fescher Typ! Und ein interessanter Gesprächspartner. Ich könnt mir vorstellen, dass dir die Madeln hinterherlaufen würden, wenn du es zulassen würdest.“

„Es zulassen? Als wär das so einfach. Nein, ich werd nie mehr eine Frau kennenlernen, die so gut zu mir passt wie Elena. Überhaupt keine Frau, die sich für mich interessiert. Sehen wir den Tatsachen doch ins Auge: Ich bin ein ganz schöner Langweiler, der nur von seinem Job spricht.“ Er zuckte mit den Schultern.

Benedikt verdrehte die Augen.

„Hörst du dich eigentlich selbst reden? Stimmt schon, in letzter Zeit gibt’s kaum ein anderes Thema als deine Arbeit. Aber dann musst du das halt ändern, musst ein bisserl was erleben und dich aufraffen. Du hast noch eine Zukunft vor dir, und in dieser Zukunft warten Glück und Liebe auf dich.“

„Worüber redet’s ihr zwei Burschen denn?“, fragte Rosa etwas schläfrig und streckte sich. Sie war aus ihrem Nickerchen erwacht.

Ein verschmitztes Grinsen trat auf Benedikts Gesicht.

„Oh, ich hab grad beschlossen, dass der Matthias und ich gemeinsam in den Urlaub fahren werden.“

„Was?“ Matthias riss die Augen auf. „Das ist mir aber neu. Dafür hab ich keine Zeit.“

„Ach, jetzt hab dich net so“, forderte Benedikt ungeduldig. „Sogar du musst dir einmal Urlaub nehmen, gell? Und wie ich dich kenn, hast du nix Spannendes vor, sondern würdest dich in der freien Zeit nur mit Fachliteratur daheim einsperren. Das tut dir net gut. Du brauchst ein bisserl Sonne und Spaß.“

Vergnügt klatschte Rosa in die Hände.

„Oh, das klingt ja nach einer großartigen Idee! Ihr zwei Brüder auf großer Fahrt. Wohin soll’s denn gehen? Ans Meer?“

Benedikt musste nur kurz nachdenken.

„Ins Zillertal. Ein Kumpel von mir war letztens dort und schwärmt seither ständig davon. Man hat dort wohl großartige Sportmöglichkeiten, die Landschaft ist ein Traum, fad wird’s einem sicher net. Er hat mir sogar das Hotel empfohlen, in dem er war. Sporthotel ‚Am Sonnenhang‘, wenn ich’s recht in Erinnerung hab. Ich werd ihn noch einmal fragen, bevor ich’s buche.“

Matthias war überrumpelt. „Net so eilig, jetzt wart doch einmal!“, protestierte er. „Ich hab doch noch gar net zugesagt.“

„Komm schon.“ Eindringlich sah Benedikt seinen Bruder an. „Das wird super. Es wird dich aus deinem Arbeits- und Alltagstrott reißen und auf andere Gedanken bringen.“

Matthias schüttelte seufzend den Kopf und nahm noch einen großen Schluck von seinem Bier. Er öffnete schon den Mund, um zu widersprechen, doch dann überlegte er es sich anders. Konnte es denn schaden, sich einen Ruck zu geben und sich auf einen Urlaub einzulassen? Benedikt hatte ja recht, er war völlig überarbeitet. Früher hatte er gern Sport an der frischen Luft gemacht, und plötzlich vermisste er das.

„Warum eigentlich net?“, murmelte er. „Na schön, dann fahren wir halt ins Zillertal.“

Triumphierend lächelte Benedikt.

„Wunderbar! Es wird dir sicherlich gefallen. Und weißt du was? Die Madeln im Zillertal sollen angeblich ganz besonders hübsch sein. Es wär doch gelacht, wenn ein attraktiver Kerl wie du dort keine neue Liebe fände!“

***

Die herrlichsten Düfte hingen im Speisesaal des Sporthotels „Am Sonnenhang“, das in der Region nur als das Berghotel bekannt war, in der Luft. Die Gerüche ließen einem das Wasser im Mund zusammenlaufen. Das Klimpern von Besteck und fröhliche Stimmen waren zu hören.

Emsig liefen die Serviererinnen in ihren feschen, blauen Dirndln mit den blütenweißen Schürzen hin und her, trugen Speisen an die Tische, nahmen Bestellungen auf, scherzten freundlich mit den Hotelgästen und sorgten dafür, dass alle Gäste rundum zufrieden waren. Oberkellner Jakob Schmiedl dirigierte die Serviermadeln mit unauffälligen Gästen, um sicherzustellen, dass alles reibungslos ablief.

Die Hotelchefin Hedi Kastler lächelte freudig, während sie durch den Speisesaal schlenderte. Sie liebte es, all die zufriedenen Gesichter zu sehen. Dass sich die Hotelgäste hier wohlfühlten, war ihr das Wichtigste. Das Berghotel war ihr ganzer Stolz, und dass so viele Stammgäste Jahr für Jahr wiederkamen, war für sie der Beweis, dass sie und ihr Mann Andi gute Arbeit leisteten. Nicht umsonst war das Berghotel weit über die Landesgrenzen bekannt und beliebt.

Sie sah überall nach dem Rechten, ging von Tisch zu Tisch, plauderte ein wenig mit den Gästen und stellte so sicher, dass sich jedermann wohlfühlte. Ihr Blick fiel auf Annelie, eine der Serviererinnen, und ihr Lächeln wurde noch warmherziger. Sie kannte die Annelie schon lange. Zu was für einem tüchtigen Madel sie doch herangewachsen war! Die seegrünen Augen funkelten munter, als sie hin und her lief und Tabletts voller Gläser balancierte. Die blonden Engelslocken hatte sie zu einem praktischen Zopf zusammengebunden, der bei jedem Schritt fröhlich wippte.

Einen Moment lang blieb Hedi stehen, sah Annelie bei der Arbeit zu und versank in Erinnerungen. Es versetzte der Hotelchefin jedes Mal einen Stich, an Annelies Eltern zu denken, mit denen sie gut befreundet gewesen war. Vor allem Annelies Mutter Gerda hatte Hedi sehr nahgestanden. Als die beiden beliebten Leute dann bei einem Autounfall ums Leben kamen, war es für ganz St. Christoph ein Schock gewesen. Doch freilich war es für niemanden so hart gewesen wie für Annelie, die damals gerade erst achtzehn Jahre alt war und gerade die Matura bestanden hatte.

Für Hedi war es ganz selbstverständlich gewesen, dem jungen Dirndl ein bisserl zur Seite zu stehen und sie im Alltag zu unterstützen. Mittlerweile hatte sich Annelie wieder gefangen und kam ganz gut zurecht. Das geerbte Elternhaus hatte sie verkauft – es wäre zu schmerzhaft gewesen, darin zu wohnen. Stattdessen lebte sie in einem Anbau hinter dem Hotel, ganz ähnlich wie Chefkoch Leo Hofbacher. Den Erlös aus dem Hausverkauf hatte sie auf das Sparbuch gelegt. Eines Tages wollte sie sich einen großen Wunsch erfüllen und ein eigenes kleines Café eröffnen, hatte sie Hedi einmal anvertraut. Doch im Moment war sie glücklich und zufrieden damit, im Berghotel zu kellnern. Die Arbeit bereitete ihr viel Freude, und das sah man ihr auch an.

„Vielen lieben Dank“, sagte einer der Hotelgäste, dem das Madel gerade einen Bierkrug serviert hatte. „Annelie, gell? Ich hab einen Anschlag auf dich vor.“