Das Berghotel 251 - Verena Kufsteiner - E-Book

Das Berghotel 251 E-Book

Verena Kufsteiner

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Beschreibung

Im Ochsenwirt in St. Christoph sitzen ein paar Mitarbeiter des Berghotels zusammen. Stefan, der Koch-Azubi, Paul, ein Aushilfskellner, und Küchenhilfe Sissi beobachten gerade, wie die kürzlich ins Dorf zurückgekehrte Martha mit ihrem Begleiter Kai schäkert. Das schöne Madel hat seit jeher die Herzen der Burschen gehörig durcheinandergebracht.
"Pass bloß auf, dass sie dir net auch noch den Kopf verdreht", sagt Sissi zu Paul.
"Mir doch net", erwidert er lahm, dabei ist das längst geschehen.
"Aha! Jetzt küsst er sie", kommentiert Sissi begeistert, und im selben Moment knallt Stefan seinen Bierkrug auf den Tisch, stürmt hinüber und reißt Kai unsanft vom Stuhl hoch.
"Du schnappst sie mir net noch einmal weg!", brüllt er. "Du net!"
Es kommt zu einem Handgemenge.
Paul geht dazwischen und ruft: "Ihr depperten Idioten! In welchem Jahrhundert lebt ihr denn? Gehören tut die Martha keinem von euch!"
"Du kriegst sie auch net!", setzt Stefan nach.
"Martha und die Männer, gell?", ruft Sissi, und der halbe Gastraum bricht in schallendes Gelächter aus. Nur Martha läuft mit Tränen in den Augen hinaus ...


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Inhalt

Cover

Martha und die Männer

Vorschau

Impressum

Martha und die Männer

Wenn ein Herz sich nicht entscheiden kann

Von Verena Kufsteiner

Im Ochsenwirt in St. Christoph sitzen ein paar Mitarbeiter des Berghotels zusammen. Stefan, der Koch-Azubi, Paul, ein Aushilfskellner, und Küchenhilfe Sissi beobachten gerade, wie die kürzlich ins Dorf zurückgekehrte Martha mit ihrem Begleiter Kai schäkert. Das schöne Madel hat seit jeher die Herzen der Burschen gehörig durcheinandergebracht.

»Pass bloß auf, dass sie dir net auch noch den Kopf verdreht«, sagt Sissi.

»Mir doch net«, erwidert Paul lahm, dabei ist das längst geschehen.

»Aha! Jetzt küsst er sie«, kommentiert Sissi begeistert, und im selben Moment knallt Stefan seinen Bierkrug auf den Tisch, stürmt hinüber und reißt Kai unsanft vom Stuhl hoch.

»Du schnappst sie mir net noch einmal weg!«, brüllt er. »Du net!«

Es kommt zu einem Handgemenge.

Paul geht dazwischen und ruft: »Ihr depperten Idioten! In welchem Jahrhundert lebt ihr denn? Gehören tut die Martha keinem von euch!«

»Du kriegst sie auch net!«, setzt Stefan nach.

»Martha und die Männer, gell?«, ruft Sissi, und der halbe Gastraum bricht in schallendes Gelächter aus. Nur Martha läuft mit Tränen in den Augen hinaus ...

Martha Richartz seufzte erleichtert. So schnell hatte sich noch nie etwas goldrichtig angefühlt. Eigentlich war sie nicht der entscheidungsfreudige Typ. Wenn ihre Freundinnen sagten, dass sie sich ganz auf ihr Bauchgefühl verlassen sollte, wusste Martha nicht, was dieses »Bauchgefühl« eigentlich sein sollte. Ihr Bauch schien hauptsächlich Zweifel und mehr oder weniger deutliches Unbehagen zu spüren. Wenn sie konnte, befolgte sie einfach den Rat anderer.

Jetzt aber ging es ums »Schneiderstüberl«. Allein ihr Projekt, ihre Zukunft. Und ganz entgegen ihrem Naturell wusste Martha sofort, was sie wollte.

Der Ladenraum, den der Immobilienmakler ihr aufgeschlossen hatte, lag an einem belebten Platz in Tux-Lanersbach. Durch ein großes Schaufenster mit grün lackiertem Rahmen sah sie in der strahlenden Sonne des Zillertals Touristen vorbeiflanieren. Hier drinnen war es angenehm kühl und sehr hell, was beim Nähen freilich von Vorteil war.

Der Raum hatte genau die richtige Größe und war perfekt geschnitten. In der Ecke neben der Tür zum Lagerraum konnte sie eine bequeme Umkleidekabine für ihre Kunden einbauen. Das Weiß der Wände war ein bisserl klinisch, aber sie würde hier und da Farbtupfer anbringen und mit ihren Kleiderständern und Regalen voller Selbstgenähtem ohnehin fröhliche Farben hereintragen. Martha liebte bunte Stoffe.

Als sie durch eine hübsche, alte Tür mit Milchglasscheibe in den Lagerraum trat, erkannte sie gleich, dass hier genug Platz für eine ganze Reihe von Stoffregalen und einen Zuschneidetisch war. Die Nähmaschine wollte sie vorn in den Laden stellen, sodass sie weiterarbeiten konnte und gleichzeitig für ihre Kunden ansprechbar wäre. Außerdem glaubte sie, dass es den Kunden gefiel, sie direkt bei der Arbeit zu sehen. Das unterstrich die Tatsache, dass bei ihr nur Unikate verkauft wurden. Alles aus eigenem Entwurf und mit eigenen Mustern.

Martha schaute zum Fenster des Lagerraums auf einen Innenhof voller lustig-bunter Topfpflanzen hinaus. Sie sah sich dort auf dem Bankerl sitzen und ihre Jause genießen.

»Gefällt mir«, bekannte die junge Frau.

Der Immobilienmakler machte ein zufriedenes Gesicht und notierte etwas auf seinem Klemmbrett.

»Ich könnt Ihnen freilich noch das Ladenlokal auf der anderen Seite des Platzes zeigen. Dort wird bald etwas frei, das ein klein bisserl größer ist. Im Moment ein Sportgeschäft, der Inhaber möcht sich räumlich verändern. In der Skisaison ist immer viel los bei uns in Tux.«

Nach einem Blick in den Verkaufsraum schüttelte Martha den Kopf.

»Die Größe ist genau richtig.«

Anfangs würde ihre Kollektion noch recht klein sein. In einem größeren Ladenlokal müssten ihre Produkte verloren wirken.

Der Makler nickte und öffnete eine Tür im hinteren Bereich des Lagerraums.

»Hier befindet sich ein kleiner Waschraum für Sie und eventuelle Mitarbeiter. Wie Sie sehen, stammt die Einrichtung noch aus den Siebzigern. Die Vorgängerin hat das Ladenlokal sehr lange gehabt. Daher möchte Ihr Vermieter renovieren, bevor Sie einziehen. Mit weißen und blauen Fliesen und modernen, hochwertigen Armaturen.«

Martha warf einen Blick auf olivgrüne Fliesen und ein hellgrünes Waschbecken, das von mehreren Rissen durchzogen war. Am Wasserhahn klebte ein weißer Kalkfilm. Der Spiegel über dem Waschbecken war beinahe blind, und dennoch erkannte Martha ihr eigenes Bild.

Eine kleine, zierliche Frau mit wilden, lockigen, karamellfarbenen Haaren, die sie für den Termin in einen Pferdeschwanz gebändigt hatte. Ihre blauen Augen leuchteten, und die Wangen mit den Sommersprossen waren gerötet. Unter dem engsitzenden Oberteil ihres knallbunten Dirndls mit ungewöhnlichem Schnitt aus eigenem Entwurf hob und senkte sich ihr Brustkorb. Sie zwang sich, ruhiger zu atmen und die angespannten Schultern zu lockern. Schließlich wollte sie souverän wirken.

»Ich verstehe. Wie lange wird das dauern?«

»Ein oder zwei Monate vielleicht«, antwortete der Makler nach einem Blick in seine Unterlagen. »Wir könnten das Lokal aber für Sie reservieren, sodass Sie es sicher haben, sobald es losgehen kann.«

Martha nickte. Zwei Monate waren perfekt. Schließlich war sie gerade erst vom Studium in Wien zurückgekehrt und musste noch einiges regeln, bevor sie richtig loslegen konnte. Unter anderem musste sie einen Kredit bei der Bank beantragen, da ihre spärlichen Rücklagen gerade einmal für neue Stoffe reichten, aber nicht für Unkosten wie Ladeneinrichtung und die ersten Monate, bis das Geschäft rentabel wurde. Die Renovierung des Waschraums würde ihr Zeit verschaffen. Gleichzeitig hoffte sie, dass es für die Beantragung ihrer Finanzierung von Vorteil war, ein Ladenlokal vorweisen zu können.

Nachdenklich lief Martha in den hellen Verkaufsraum zurück, wo die Schaufenster schon jetzt darum flehten, mit ihren besten Stücken gefüllt zu werden. Sie sah es vor sich: Mütter mit niedlichen Madeln, die Kittelkleiderl in bunten Mustern bekamen, oder freche Burschen in Pluderhosen aus Cordstoff mit coolen Jungsoberteilen in kräftigen Farben und lässigen Motiven. Frauen auf der Suche nach ausgefallenen Dirndln für den nächsten Tanzabend oder Männer, die sich eines ihrer modern geschnittenen Trachtenhemden aussuchten. Die Handtaschen aus handbedrucktem Canvas-Stoff mit Tiroler Motiven würden hoffentlich auch die Touristen hereinlocken. Dazu einige ungewöhnliche Accessoires und geschneiderte Dekoartikel in der Auslage ... Ihr Laden hätte jedem etwas zu bieten.

Martha war mit ihren Gedanken so weit in der Zukunft, dass sie zu spät bemerkte, wie nervös der Immobilienmakler auf seine Uhr schaute. Offensichtlich wartete er auf eine Antwort.

»Ähm ... Müssen Sie für den Vermieter noch etwas über mich wissen?«, fragte sie.

»Nun ja, Sie müssten mir diesen Fragebogen ausfüllen.« Er reichte ihr ein Blatt. »Sie sagten, Sie sind vierundzwanzig Jahre alt? Das ist freilich noch recht jung, aber Ihr Vermieter möchte gerade jüngeren Geschäftstreibenden eine Chance geben. Und da Sie bereits ein abgeschlossenes Modedesignstudium vorweisen können ...«

Martha griff nach dem Formular und stellte sich vor, wie sie ihren Eltern erzählen würde, was ihr jemand aufgrund ihres Studium zutraute. Vater und Mutter waren keineswegs begeistert gewesen, als Martha nach der Matura nach Wien gegangen war, um eine Schneiderlehre und später das Designstudium zu absolvieren. Die beiden wohnten in Hochbrunn, einem Weiler außerhalb von St. Christoph. Dieses beschauliche Bergdorf lag nicht weit von Tux in einem ruhigen Nebental des Zillertals. St. Christoph war ihre ganze Welt, sie hatten nicht begriffen, wieso Martha nach der Schulzeit fortgemusst hatte. Vor einem Monat war sie zurückgekehrt, ruhiger, souveräner, selbstständiger. Sie war bereit, sich in der Nähe ihrer betagten Eltern eine eigene Existenz aufzubauen. So konnte sie sich kümmern und allen in St. Christoph beweisen, dass sie auf eigenen Füßen stand.

Tief durchatmend ließ sie sich einen Kugelschreiber geben und füllte das Formular mit ihrer großen, verschnörkelten Handschrift.

Der Makler nickte zufrieden. »Dann sind wir uns also einig?«

Noch einmal schaute Martha sich um, ließ die Möglichkeiten, die dieser Raum ihr bot, an sich vorüberziehen und nickte dann ebenfalls. In ihrem Bauch kribbelte es vorfreudig. Am liebsten hätte sie den Mann umarmt.

»Ein tolle Lage und Räume wie für mich gemacht. Ja, wir sind uns einig!«

Ihr blieb morgen noch genug Zeit, die spontane Entscheidung infrage zu stellen. So, wie sie es immer tat.

Obwohl: Wahrscheinlich würde sie kaum Gelegenheit dazu finden, denn sie hatte einen Nähauftrag an Land gezogen, um sich über Wasser zu halten. Auch darauf freute sie sich.

Jetzt, mit einem abgeschlossenen Studium in der Tasche und auf dem Weg zur Selbstständigkeit, fing ihr Leben erst richtig an. Es war, als ob sich überall Türen öffneten und sie nur hindurchtreten musste.

***

Im Sporthotel »Am Sonnenhang« im schönen St. Christoph herrschte das ganze Jahr über Betrieb. Gerade in den beiden Hauptsaisons war das Haus fast immer ausgebucht, aber auch zu den Zeiten, wenn weniger Touristen ins Zillertal kamen, konnten die Besitzer Hedi und Andi Kastler sich nicht über ausbleibende Buchungen beklagen.

Das lag vermutlich daran, dass das Sporthotel »Am Sonnenhang« das einzige Hotel im Ort war. Die St. Christopher hatten vor Jahren beschlossen, dass Urlaubsgäste erwünscht waren, ihr hübsches, beschauliches Dorf allerdings nicht in eine Touristenhochburg verwandeln sollten. Man wollte das Dorfleben erhalten, wie es seit Jahrhunderten gewesen war. Und so gab es außer dem Hotel nur vereinzelte Fremdenzimmer etwa im Gasthaus »Zum Ochsen« am Marktplatz oder über dem Gemischtwarenladen der Jeggl-Alma im Dorf. Die glücklichen Feriengäste, die ein Zimmer im beliebten Berghotel ergattern konnten, genossen diese ursprüngliche Gemütlichkeit. Viele kamen deshalb immer wieder.

Das Hotel selbst war in alpiner Bauweise erbaut, ragte ein wenig oberhalb des Dorfkerns auf und schmiegte sich an einen hinter dem Hotel aufsteigenden Berg. Von der Panoramaterrasse am Restaurant aus hatte man einen fantastischen Blick über das üppig-grüne Tal und die umstehenden, majestätischen Berge, deren weiße Spitzen in der Sommersonne funkelten. Wie Wächter schienen sie St. Christoph vom Lärm und der Hektik der Welt abzuschirmen.

Auch drinnen war das Sporthotel »Am Sonnenhang« ein bisserl wie aus der Zeit gefallen. Alpenländische Gemütlichkeit paarte sich mit dem Duft der Möbel aus heimischem Zirbelholz, die den Eindruck vermittelten, als hätten sie schon immer genau so genau hier gestanden und wollten sicher noch hundert Jahre damit weitermachen.

Doch eben das wollte Hedi ihnen nicht gestatten. Voller Tatendrang wirbelte sie zwischen den Tischen des Hotelrestaurants umher und zeigte ihrem Mann Andi die eine oder andere Nische, in der es ihrer Meinung nach einer Veränderung bedurfte. Andi schaute ein bisserl besorgt zu, nickte hier und da und versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie wenig Anlass er bisher für eine Renovierung gesehen hatte. Das passte doch alles ganz wunderbar.

»Schau, Anderl«, dozierte Hedi gerade, »diese Vorhänge im roten Karostoff und die passenden Tischdecken. Die haben sicher schon fünfzehn Jahre auf dem Buckel.«

Andi schaute sich eine der Tischdecken an und konnte keinen Fehler entdecken.

»Ja ... und?«

»Mei, das ist nimmer modern. Die Farbnuance ... Das hat man so in schicken Hotels andernorts nimmer.«

Andi kratzte sich am Hinterkopf.

»Müssen wir denn ein schickes Hotel werden? Ich dacht immer, wir sind eher traditionell in Tirol verankert?«

Mit fast mitleidigem Lächeln kam Hedi zu ihm zurück.

»Freilich sind wir das. Aber das heißt doch net, dass wir für den Rest unseres Lebens eine Einrichtung behalten müssen. Ab und zu muss halt einmal was Neues, was Frisches her. Dem man die Tiroler Wurzeln ansieht, und das trotzdem net verstaubt ausschaut.« Sie legte den Kopf schief, als Andi nicht die Begeisterung zeigte, die sie sich anscheinend erhofft hatte. »Die Martha aus Hochbrunn hat mir ein paar wirklich tolle Ideen gezeigt. Für Vorhänge, Tischdecken, Sitzbezüge ... Alles in der passenden Optik. Sie war letzte Woche da. Du warst grad bei der Bank in Schwaz, aber ich sag dir: Das Madel hat Talent und ein Auge für gute Stoffe! Hat sie ja auch in Wien gelernt.«

»Net, dass die Wiener Ahnung vom Tiroler Charme hätten ...«, brummelte Andi, der das Gefühl hatte, noch ein bisserl Widerstand leisten zu müssen.

Letztendlich würde er sich den Wünschen seiner Frau ja doch beugen. Das tat er immer, wenn's um Inneneinrichtung und Dekoration ging. Für so etwas hatte sie einfach mehr Gespür als er. Andi kümmerte sich um handwerkliche Reparaturen, einen gut sortierten Weinkeller und andere praktische Dinge. Der »schöne Schein« war Hedis Metier.

Sie legte ihm eine Hand an den Oberarm.

»Ach, Anderl. Sie soll dir einfach selbst zeigen, was ich mein. Da wirst du schon sehen, wie's unser Restaurant und die Hotelbar aufwerten tät.« Dann drückte sie ihm ein Busserl auf die Wange, das ihn vermutlich von den damit verbundenen Kosten ablenken sollte. »Außerdem hab ich auch den Kai Tauber herbestellt, damit er uns ein paar neue Eckbänke für die Bar baut.«

»Was denn? Den Tischler-Kai aus Bergfelden?«

Jetzt kam Leben in Andi, denn unter so etwas Handfestem wie Möbeln für die Hotelbar konnte er sich mehr vorstellen. Er war selbst schon ein paar Male in der Tischlerei Tauber im kleinen Weiler Bergfelden außerhalb von St. Christoph gewesen.

»Ja. Ich hab ihn gebeten, uns Entwürfe zu zeichnen. Ich mag's net, wie bei den Tischen an der Wand durch die Bestuhlung Platz verloren geht. Außerdem kommen Eckbänke gerade bei den jungen Sportlern gut an, die so gern zu uns kommen. Das ein oder andere Pärchen tät sicher gern etwas näher beieinandersitzen als auf Stühlen. Dafür ist so eine Bank freilich perfekt. Im Moment ist es sehr modern.«

Andi schnaubte. Eckbänke hatte es bei seinen Eltern schon gegeben. So neu kam ihm die Idee nicht vor. Allerdings sprach das durchaus für sie, und da er den Tauber-Kai mit seiner bodenständigen Art mochte, wollte er sich die Entwürfe gern einmal anschauen.

»Dann sollten wir ihn auch nach Einbauschränken für die Nischen im Restaurant fragen. Die Gerda hat schon oft gesagt, dass ein bisserl Stauraum nottäte. Wenn der Kai uns da etwas in die Ecken einpassen könnt ...«

Gerda Stahmer war ihre Hausdame, eine praktisch veranlagte Frau, deren Anregungen immer Hand und Fuß hatten.

Hedis blaue Augen leuchteten – zusammen mit dem sattgrünen Dirndl und ihren vollen, blonden Haaren ein unwiderstehlicher Effekt. Zwar waren sie schon lange verheiratet, doch er konnte ihr noch immer kaum einen Wunsch abschlagen, wenn sie ihn so anschaute.

Andi selbst trug fast immer Trachtenhemd und Kniebundlederhose, war eher ein kerniger, traditionell veranlagter Bursche als ein moderner Feingeist. Doch auch er verstand, dass ein gutlaufendes Hotel mit der Zeit gehen musste. Und wenn Hedi in der Richartz-Martha und dem Tauber-Kai zwei Fachleute für ihre Ideen gewinnen konnte ... Noch dazu zwei, die in St. Christoph aufgewachsen waren und wussten, was zu ihnen passte und was net. Mei, dann sollte es wohl so sein.

»Ist gut, Hedi, du hast mich überzeugt. Wann kommen die zwei?«

Hedi strahlte übers ganze Gesicht und zwinkerte spitzbübisch.

»Wenn du mir gestern zugehört hättest, dann wüsstest du, dass sie gleich hier sein müssten.«

Da grinste auch Andi. Gestern Abend war seine Lieblingsshow im Fernsehen gelaufen. Andi sah wenig fern, aber bei dieser Show vergaß er alles um sich herum. Hedi zog ihn deshalb manchmal auf, man könne währenddessen nix mit ihm anfangen. Wahrscheinlich hatte sie sich bewusst den Sonntagabend ausgesucht, um ihn von ihren Plänen in Kenntnis zu setzen. Um diese Zeit war kein Widerstand von ihm zu erwarten.

»Du bist ein ganz raffiniertes Weibsstück, weißt du das eigentlich?«, neckte er gutmütig. »Aber ist schon recht. Ich hör mir alles an, und am End überzeugst du mich eh.«

Zu seiner Freude belohnte Hedi seine Gutmütigkeit mit einem liebevollen Busserl, sodass er automatisch die Arme um ihre Taille schlang und sie an sich zog.

Wer konnte seiner Traumfrau schon widerstehen?

***

»Da kommt Paula, das Serviermadel!«

Paul Lohmann verdrehte die Augen. Diesen Witz hatte sein ehemaliger BWL-Studienkollege Stefan Werninger in den letzten Wochen gefühlte zweihundertmal gebracht, und Paul hatte ihn von Anfang an gähnend langweilig gefunden. Sissi Zöllner, die Küchenhilfe, wollte sich allerdings immer noch schier ausschütten vor Lachen.