Das Echo - Stefan Meier - E-Book

Das Echo E-Book

Stefan Meier

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Beschreibung

Familie Dombrowski hat sich ihren Traum vom Haus im Grünen erfüllt. Doch die Idylle trügt - wenn Wände sprechen könnten, dann würden sie eine ganz andere Geschichte erzählen. Die Echos der Vergangenheit lauern auf die junge Familie.

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Stefan Meier

Das Echo

Thriller

Copyright: © 2022 Stefan Meier

Umschlag & Satz: Stefan Meier

Verlag und Druck:

tredition GmbH

Halenreie 40-44

22359 Hamburg

978-3-347-53838-2 (Paperback)

978-3-347-53840-5 (Hardcover)

978-3-347-53849-8 (e-Book)

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Mein herzlicher Dank gilt meinen Freunden

Hanne Dombert,

Henning Sievert

und

Christopher & Lydia Witt,

die mich während des Schreibprozesses und der

Überarbeitung dieses Buches unterstützt haben.

Vielen, vielen Dank –

ohne euch wäre das alles nicht möglich gewesen!

Teil 1

Ein Haus in Neuholm

1

Nils Dombrowski machte an der Türschwelle halt, während seine letzten Schritte noch durch den Flur hallten, und drehte sich ein letztes Mal um. Ohne seine Möbel machte die Wohnung einen merkwürdig winzigen Eindruck. Er konnte sich nicht vorstellen, dass sich über siebzig Quadratmeter auf zweieinhalb Zimmer erstreckten. Den größten Unterschied nahm er im Wohnzimmer wahr. Die beigefarbene Couch, der große Esstisch aus Eichenholz samt vier Stühlen, die Anrichte für den 40-Zoll Fernseher, die Vitrine mit all den Bilderrahmen und Weingläsern und die drei Reproduktionen des französischen Künstlers Claude Monet mit Seerosenmotiven an den Wänden hatten dem Raum Dimensionen gegeben. Nun war er völlig leer und wirkte verwaist.

Er schlenderte eine letzte Runde durch die Wohnung und blieb vor der Balkontür stehen. Obwohl seine Frau Mia vorgestern alle Fenster geputzt hatte, bemerkte Nils, dass sich wieder einige Rückstände von Regentropfen abgelagert hatten. Der überdachte Balkon bot trotz seiner südwestlichen Ausrichtung im Sommer einen idealen Schattenplatz, doch die frühen Aprilschauer in Kombination mit den norddeutschen Böen trugen die Regentropfen bis zu den Glasscheiben heran. Draußen waren die Bäume noch kahl und der nächste Wohnkomplex war hinter den jungen Eichen, Kastanien und Buchen zu erkennen. Im Sommer, wenn die Laubpracht Schutz bot, konnte man unbedenklich halbnackt – oder sogar splitternackt – auf den Balkon gehen, aber um diese Jahreszeit musste man sich noch vor den Blicken der unbekannten Nachbarn schützen. Es war ohnehin noch zu frisch, um halb bekleidet auf den Balkon zu gehen. Dazu musste man noch bis Mitte Mai oder auf einen überdurchschnittlich warmen Tag im April warten.

Die Luft in der Wohnung roch abgestanden, aber vertraut. Jede Wohnung entwickelt nach einiger Zeit einen gewissen Eigengeruch. Die Wohnung seiner Eltern hatte sie, die Wohnung seiner Großeltern ebenso, besonders das Treppenhaus in dem Kieler Altbau. Wie wird wohl meine neue Wohnung riechen? Er würde nach dem Tag drei Kreuze machen, denn er hasste Umzüge. Hoffentlich ist das mein letzter Umzug …

Je länger er durch die leeren Räume schritt, desto mehr begann er in Nostalgie zu schwelgen und an die vergangenen acht Jahre zu denken. Es war wie gestern, als er Anfang 2011 als Junggeselle in die Wohnung gezogen war. Hatte sie bei der Wohnungsbesichtigung auch so klein gewirkt? In der länglichen Einbauküche mit den schrecklich gelblichen Hängeschränken hatte er mit seinen Freunden aus dem Studium Gerichte verschiedenster Länder und Kulturen nachgekocht, im Wohnzimmer hatten sie auf der Couch gesessen, Bier und Whisky getrunken und bei zwei Fußballweltmeisterschaften mitgejubelt, auf dem Balkon hatte er sich auf die Sonnenliege gelegt und sich seinen Thrillern und Fantasyromanen hingegeben und im Schlafzimmer hatte er seine Mia geliebt, bevor sie wenige Jahre später heirateten. Wie lang sie schon zusammen waren – im Sommer würden es zehn Jahre sein.

Es gibt einige Tage im Leben, die so erscheinen, als sei es erst gestern gewesen. Zehn Jahre! Ihre Beziehung hatte in den Jahren natürlich ihre Höhen und Tiefen gehabt. Zwei Mal hatten sie sich getrennt, aber nach kürzester Zeit realisiert, dass sie einfach zusammengehörten. Nils schmunzelte. Gott, du klingst schon wieder so schnulzig.

Irgendwann hatte er Mias Drängen nachgegeben und sie war bei ihm eingezogen. Magische erste Wochen, wenn man sich das erste Mal zu zweit eine Wohnung teilt. Man sieht die Welt nur noch durch eine rosarote Brille – alles ist perfekt. Dann stellt sich irgendwann die Routine ein. Man verbringt nicht mehr das halbe Wochenende im Bett, sondern streitet sich wer an diesem Wochentag für den Abwasch zuständig ist, warum farbige Sockenpaare in die Weißwäsche geraten sind und wieso Geschirr einfach in die Spüle gestellt wird, wenn man es doch direkt abwaschen, abtrocknen und in die Hängeschränke stellen könnte. Achja, schön war sie, die rosarote Phase. Mal hielt die schlechte Laune nur einige Minuten an, mal währte sie über Tage. Sie hatten beide einen sehr impulsiven Charakter, waschechte Sturköpfe. Mia konnte schrecklich nachtragend sein. Nils hingegen hatte immer einige Sticheleien parat, wobei er in den letzten Jahre gelernt hatte, wann diese angebracht waren und wann nicht. Irgendwann hatte man sich auf sein Gegenüber eingestellt und wusste, welche Dinge zur Eskalation führten und wie man sie vermeiden konnte.

Und dann kam einer der Tage, der ihm immer so in Erinnerung bleiben würde, als sei er erst gestern gewesen. Der 15. März 2014, ein Samstag. Nils hatte gerade die Aufbackbrötchen in den Backofen geschoben und war dabei, vorsichtig drei Eier in kochendes Wasser zu legen, als Mia mit geröteten Augen schluchzend im Türrahmen stand.

„Oje, Schatz!“ Langsamen Schrittes ging auf sie zu und hob ihr Kinn leicht an, um in ihre hellbraunen Augen zu blicken. Du bist so wunderschön, selbst wenn du weinst. Die schulterlangen, leicht lockigen Haare wellten sich sanft auf ihren Schultern. Sie trug noch ihren bläulichen Morgenmantel. „Was hast du denn?“ Er drückte sie liebevoll an seine Brust. Ihre Fingernägel senkten sich leicht in seinen Rücken. Sie zitterte.

„Schau.“ Ihre Stimme klang schwach, war aber nicht von Trauer, sondern von Freude, erfüllt. „Hier, schau!“ Mia löste sich aus seiner Umarmung und hielt ihm ein längliches Objekt hin. Er konnte ein Funkeln in ihren Augen erhaschen, bevor er den Kopf senkte und auf diesem Ding zwei Streifen erkannte.

„Ist das etwa…?“ Seine Stimme klang kraftlos und seine Kehle war knochentrocken. Er blickte sie ausdruckslos an. „Du bist …“

„Wir sind schwanger! Nils, du wirst bald Papa sein!“ Tränen kullerten über ihre Wangen und sie schloss ihn wieder in die Arme.

„Das ist so… wundervoll!“ Sobald die Nachricht vollständig zu ihm durchgedrungen war, konnte er sich ein freudiges, volles Lachen nicht verkneifen. Überglücklich hob er Mia hoch, während zwei der drei Eier im Topf vor sich hin klackerten und der Backofen leise surrte. „So wundervoll!“

Am 30. November, dem ersten Advent, war der kleine Tim in ihr Leben getreten und hatte ihr junges Glück auf eine neue Ebene gehoben. Er war so klein, so winzig, so zerbrechlich. Problemlos hatte Timmys Kopf in seine rechte Handfläche gepasst. Als Nils ihn zum ersten Mal halten durfte, lag Mia entkräftet im Krankenbett und sah ihre beiden Männer freudig, aber erschöpft an. Timmy drehte seinen winzigen Kopf zu ihm, gähnte leise und schlief wieder ein. Für Nils war es ein Moment für die Ewigkeit.

Vom Umzug entkräftet stand Nils müde lächelnd im Türrahmen. Er konnte sich nicht erinnern, wie viele Runden er durch die leere Wohnung gedreht hatte, während er die letzten Jahre Revue passieren ließ. Seine Finger glitten langsam über die weiße Raufasertapete im Flur und er drehte sich ein letztes Mal um, bevor er die Wohnungstür hinter sich zuzog und sie doppelt abschloss.

2

Er klemmte sich den letzten Karton mit Geschirr, der noch rechts vor der Tür stand, unter den Arm und stieg die Stufen des Treppenhauses hinab. Draußen wartete Mia in ihrem langen Wollmantel vor dem geräumigen Umzugstransporter ihres Bruders Christian.

„War das alles?“, fragte sie während Nils den Karton in den Transporter stellte und die beiden wuchtigen Metalltüren zuschlug.

„Ja, die Wohnung ist leer.“

„Na endlich, ich mache drei Kreuze, wenn der Tag rum ist. Aber warum hast du für einen einzigen Karton so lange gebraucht?“

„Ich wollte sicher gehen, dass wir wirklich alles eingepackt haben, darum habe ich nochmal in die Abstellkammer und in alle Hängeschränke geschaut.“ Er stieg auf der Fahrerseite ein und steckte den Schlüssel ins Zündschloss.

„Gib es schon zu“, forderte Mia ihn auf und schielte ihn von der Beifahrerseite aus an.

„Was meinst du?“ Er war ein schlechter Lügner und seine Mundwinkel zuckten leicht nach oben.

„Du warst wieder am Tagträumen und hast in alten Erinnerungen geschwelgt. Du bist schon ein echter Käpt’n Blaubär!“ Sie stieß ihn gegen die Schulter und lachte.

„Ach, du kennst mich einfach zu gut. Ja, ich habe tatsächlich an die letzten Jahre in der Wohnung gedacht. Es ist so viel passiert und nun fühlt es sich einfach komisch an – dieser Umzug. Generell Umzüge. Als würde man einen wichtigen Teil seines Lebens“, er hielt kurz inne, „nein, unseres Lebens, zurücklassen.“

„Sieh den Umzug einfach als ein neues Kapitel an. Für uns drei wurde die Wohnung ohnehin zu klein. Timmy kommt nach diesem Sommer in die Schule. Ich bin mittlerweile verbeamtete Lehrerin. Du hast deinen Masterabschluss in der Tasche und bist seit zwei Jahren als Ingenieur tätig. Wir beide verdienen gut und tauschen nun diese kleine Wohnung in Flensburg gegen ein geräumiges, idyllisches Holzhaus auf dem Lande in Neuholm aus. Schau zur Abwechslung mal nach vorne und blick nicht andauernd zurück. Das würde dir ganz guttun.“ Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange und er drehte den Schlüssel im Zündschloss um. Der Motor stotterte laut und leichte Vibrationen drangen durch den Wagen.

„Du hast ja recht. Ich bin halt ein kleiner Nostalgiker und klammere mich zu oft an der Vergangenheit fest. Damit musst du nun mal klarkommen.“

„Auf was habe ich mich da bloß eingelassen, Herr Dombrowski?“, fragte Mia lachend, während sie die Radiosender durchschaltete.

„Hätten Sie mal lieber das Kleingedruckte gelesen, Frau Dombrowski.“ Er blinzelte ihr zu. Durch das Gewicht der Möbel im Laderaum fühlte sich der Transporter schwerfällig und träge an. „Timmy wird sein neues Zimmer bestimmt lieben.“

„Vor allem den Garten. Das wird eine Abwechslung zu den Spielplätzen sein. Es ist schon komisch, oder?“

„Was meinst du?“ Nils blickte kurz zu ihr hinüber. Ein leichter Nieselregen tröpfelte auf die Windschutzscheibe.

„Naja, er ist bald fünfeinhalb Jahre alt. Wir beide kommen vom Land und dieses Privileg, in einem Haus mit Garten aufzuwachsen, hatte er bisher nicht.“

„Stimmt, daran habe ich gar nicht gedacht. Wenn ich damals auf die Schaukel oder in den Sandkasten wollte, musste ich nur durch die Terrassentür in den Garten gehen.“

„So ging es mir auch. Naja, besser er hat ab sofort die Möglichkeit als gar nicht.“

Nils nickte ihr stillschweigend zu, während er auf die B199 in Richtung Kappeln bog. Neuholm befand sich einige Kilometer hinter Glücksburg in Richtung der Halbinsel Holnis. Die Fahrt würde keine fünfzehn Minuten dauern, selbst mit dem vollen Transporter. Die Regentropfen wurden ein wenig größer und er betätigte die Scheibenwischer, die quietschend über das Glas hin- und zurückglitten. Nils beugte sich leicht nach vorne, um einen Blick in den Himmel werfen zu können. Der bläuliche Himmel vom Vormittag war über den Tag hinweg einem hellgrauen Schleier gewichen, der sich allmählich verdunkelte und Regenwolken formte.

„Drück die Daumen, dass wir im Trocknen zu Hause ankommen.“ Zuhause. Er fand dieses Wort für das neue Haus noch unpassend. Erst über einen gewissen Zeitraum würde das Haus zu einem Zuhause werden.

„Ach, halb so wild, wir sind doch nicht aus Zucker. Manchmal kommst du mir nicht wie ein Norddeutscher vor.“ Sie lachte und warf ihm einen kecken Blick zu.

„Wenn ich mich recht erinnere, Schatz, dann bist du in der Nähe von Cuxhaven aufgewachsen, also starte am besten keine Diskussion mit mir, ob ich Norddeutscher bin oder nicht. Du weißt, dass bei uns richtigenNorddeutschen“, er betonte die letzten beiden Worte intensiv, „alles unterhalb der Elbe zu Bayern zählt, nicht wahr? Was sagst du dazu, du kleiner Bazi?“ Er erwiderte ihren Blick und nach einigen Sekunden brachen sie beide in schallendes Gelächter aus. Was sich liebt, das neckt sich bekanntlich.

„Du Arsch!“, grinste sie und stieß ihm in die Seite.

„Hey, du hast schließlich damit angefangen.“ Er setzte den Blinker und bog von der B199 in die Glücksburger Chaussee ein. Zu beiden Seiten waren brachliegende Felder zu sehen. In der Ferne erkannte Nils eine Frau in einer orangenen Regenjacke, die mit ihren beiden Hunden im Knick spazieren ging.

Mia schaltete noch immer von Sender zu Sender, denn überall schienen irgendwelche Nachrichten oder Staumeldungen, die sie auf der kurzen Strecke nicht betrafen, zu laufen. „Freust du dich denn?“ Sie fand sich damit ab, keinen passenden Sender zu finden, schaltete das Radio aus und warf sich zurück gegen die Lehne.

„Auf was?“

„Das neue Haus mit deiner wundervollen Familie, du Nase.“ Sie rollte leicht mit den Augen. „Hätte ich gewusst, dass du wieder im Tagträumer-Modus bist, wäre ich gefahren. So kurz vor dem Ziel möchte ich nicht verunglücken und irgendwo im Graben enden oder gegen einen Baum prallen.“

„Beim nächsten Umzug bist du der Fahrer, versprochen.“ Nils lächelte seine Frau liebevoll an. „Aber ja, ich freue mich sehr. Ich bin gespannt, ob dein Bruder schon einige Möbel aufgebaut hat und ob er Timmy noch erträgt.“

„Die beiden sind ein Herz und eine Seele. Bestimmt reicht er Christian die ganzen Werkzeuge oder sucht die Schrauben zusammen. Wir hätten auch einen Abstecher bei McDonalds machen und Essen holen können. Je länger wir warten, desto mehr Möbel sind aufgebaut, bevor wir ankommen.“

Er stieß einen kurzen Lacher aus. „Ich weiß nicht, ob du McDonalds ins Spiel bringst, weil du selber Hunger hast oder weil du keinen Bock hast, die Möbel aufzubauen.“

„Beides.“

Auf der linken Seite kam das Glücksburger Schloss in ihre Sichtweite. Das weiße Schloss mit den vier schwarzen Turmspitzen und den rötlichen Dachziegeln ragte aus dem kleinen See heraus. Nils erinnerte sich an einen Spaziergang, als sein Sohn gerade erst Laufen gelernt hatte und das unebene Terrain um den See bereitete ihm Schwierigkeiten. Als Timmy über eine Wurzel stolperte und sich das Knie aufschlug, musste Nils ihn den restlichen Weg auf den Schultern tragen. Zum Schluss hatten sie im Schlosscafé Kaffee getrunken und Rhabarberkuchen gegessen, während Timmy an seinen Reiswaffeln geknabbert hatte.

Glücksburg war ein schönes Städtchen. Es erinnerte ihn ein wenig an seine Heimat in der Probstei. Der einzige Unterschied waren die teils recht steilen Straßen, die man nicht in Norddeutschland erwartet hatte. Auf der linken Seite sah er den Dorfplatz mit einigen Restaurants und dem Edeka, auf der rechten Seite eine Eisdiele und ein Bäcker.

Während sie durch Glücksburg fuhren und die Scheibenwischer immer noch leise über das Glas quietschten, zeigte Mia auf einige Häuser und sie unterhielten sich, welches sie davon am schönsten fanden.

In ihr neues Haus hatten sie sich ab der ersten Minute verliebt. Ein weites, mit dunklem Parkett versehenes Wohnzimmer samt Kamin und zwei weiten Fenstern, die nach Süden und Westen ausgerichtet waren. Eine neue Einbauküche mit Induktionskochfeld und geräumiger Arbeitsfläche. Zwei weiß geflieste Badezimmer und das im ersten Stock verfügte sogar über eine große Badewanne. Die mit roten Klinkern gepflasterte Terrasse grenzte an einen großen, nicht eingezäunten Garten. Unter einer alten Eiche stand eine weiße Sonnenbank, die in Richtung eines kleinen Flusses zeigte. Und der Preis war erstaunlich niedrig gewesen. Verglichen mit anderen Häusern in der Umgebung hätten sie die Immobilie ganze fünfzigtausend Euro teurer eingeschätzt. Da musste er als Geizhals keine vierundzwanzig Stunden darüber schlafen und Mia war ab der ersten Minute ohnehin Feuer und Flamme für das Haus gewesen.

„So, wir sind gleich da“, sagte er, als sie links einbogen und das Ortsschild ‚Neuholm – Kreis Schleswig-Flensburg‘ passierten.

„Ich hoffe, Christian hat schon einiges an Möbeln aufgebaut.“

„Sonst gehe ich ihm zur Hand. Die Möbel will ich heute noch stehen haben. Den ganzen Kleinkram auspacken und einsortieren können wir auch morgen.“

„Ich will heute Abend einfach nur die Badewanne einweihen“, seufzte Mia und senkte langsam ihre Augenlider. Nils wusste, dass sie sich gerade vorstellte, wie sie elegant aus dem Bademantel glitt, mit einem Fuß den fluffigen Schaum durchstieß und nach und nach mit ihrem wohlgeformten Körper ins angenehm warme Wasser eintauchte.

„Das hast du dir verdient“, flüsterte er in einem wohlwollenden Tonfall.

„In der Tat, das habe ich.“ Sie streichelte ihn an seiner Wange und gab ihm einen Kuss.

Ein letztes Mal bog der Wagen ab und der Untergrund wechselte von Asphalt zu Schotter. Die Reifen knarzten auf den Kieseln. Ein Ruckeln ging durch den Wagen. Das Holzhaus mit seiner skandinavischen Röte kam zum Vorschein. Die Dachziegeln hatten eine satte dunkle Farbe und an einigen Stellen hatte sich über den Winter Moos angesetzt. Die Fensterrahmen waren, der Maklerin zufolge, letztes Jahr nochmal weiß nachgestrichen worden. Der kleine Balkon zur Flussseite, den man über ihr zukünftiges Schlafzimmer erreichen konnte, war aus dem Blickwinkel noch gerade so erkennbar.

Ein Wirbelwind aus dunkelblonden Haaren und gelber Jacke mit Reflektorstreifen an den Armen stürzte aus der Haustür und sprang die drei Stufen hinunter, sobald Nils den Transporter neben Mias gelbem Lupo und seinem Golf geparkt hatte. „Mami! Papi! Da seid ihr endlich! Ich und Onkel Christian waren ganz fleißig,“ rief Timmy und zog seine Eltern an den klebrig schwitzigen Kinderhänden ins Innere des Hauses.

„Na, da bin ich gespannt“, sagte Mia lächelnd und die drei betraten ihr neues Heim.

3

Kaum waren sie über die Türschwelle getreten, drangen die Geräusche eines Akkuschraubers an ihre Ohren. Als sie durch den schmalen Flur gingen und das Wohnzimmer betraten, sahen sie, wie Christian die letzte Schublade an ihrer Anrichte befestigte. Man konnte die Falten in seinem Gesicht deutlich erkennen. Hätte Nils nicht gewusst, dass Mias Bruder nur vier Jahre älter war als sie, dann hätte er kaum glauben können, dass er erst Mitte Dreißig war. Das sind wohl die Nachteile von jahrelangem Trinken und Kettenrauchen, dachte er immer insgeheim, während er die Falten auf der aschgrauen und rissigen Haut zählte. Geraucht hatte Nils damals nur während der Prüfungsphasen im Studium und nach Timmys Geburt dann auch nicht mehr und weder er noch Mia tranken noch viel Alkohol. Ab und an ein Bierchen an der Promenade und die obligatorische, kleine Flasche Sekt zu Silvester.

„Da seid ihr ja endlich. Ihr habt nicht zufällig Essen mitgebracht?“, fragte Christian beiläufig, während er seine abgenutzte Jeans zurechtrückte. Er ging einige Schritte suchend durch das Wohnzimmer, bis er das vierte Bein für den Esstisch fand und sich dem nächsten Schraubprojekt widmete.

„Ich wollte ja Fastfood besorgen, aber Nils war dagegen.“ Mia stieß ihm leicht in die Rippen.

„Mami, ich habe aber auch Hunger,“ sagte Timmy und blickte sie mit seinen tiefblauen Augen traurig an. „Ich will was essen.“

„Ich schaue gleich mal, ob ich noch einige Schnittchen oder ein Stück Obst finde. Irgendetwas werde ich schon auftreiben.“ Sie wuschelte durch seine blonden Haare, die über den Winter ein wenig dunkler geworden waren.

Christian hatte bereits drei Beine angeschraubt, als er sich zu Nils wandte: „Ich brauche gleich mal deine Hände bei der Vitrine. Die Seitenwände sind unglaublich schwer. Das ist eben der Nachteil von Massivholz.“ Er strich mit seinen rauen Fingern über das Eichenholz und seufzte. „Aber trotzdem ist das tausend Mal schöner als diese beschissenen Möbel aus Spanplatten, die die Menschen heutzutage zu Ramschpreisen kaufen.“

„Aber Onkel Christian, ich habe dir doch gut geholfen, oder?“

„Du warst eine großartige Hilfe, Kleiner.“ Er zwinkerte Timmy zu, der darauf fröhlich gluckste.

„Komm, dann suchen wir uns allen mal etwas zu essen und die großen Männer bauen die restlichen Möbel auf.“ Mia legte ihre zierlichen Hände auf Timmys schmale Schultern.

„Bin ich noch kein großer Mann, Mami?“ Er blickte mit großen Augen zu ihr hoch.

„Doch, aber noch nicht so groß wie dein Vater und dein Onkel.“

„Mhh, da hast du recht.“ Mit diesen Worten verschwanden die beiden in der Küche und Nils half Christian den Tisch umzudrehen und an die Wand zu stellen.

„Eine schöne Bude habt ihr euch da zugelegt.“

„Danke. Ich bin gespannt, wie sie fertig eingerichtet aussieht.“ Nils blickte sich im Wohnzimmer um und bemerkte, dass außer der Vitrine alle anderen Möbel bereits aufgebaut waren. Die dreiteilige Couch stand montiert auf der anderen Seite des Raumes. Die Anrichte befand sich neben dem Esstisch und die vier gepolsterten Stühle waren ineinander gestapelt. Die beiden kleinen Bücherregale waren neben einigen Umzugskartons unter der Treppe verstaut. „Ihr habt ja einiges in unserer Abwesenheit geschafft!“, bemerkte er erstaunt und ihm entging nicht, dass Christian sich verlegen an der rechten Wange kratzte.

„Dein Sohn war wirklich eine große Hilfe. Er kennt den Unterschied zwischen Kreuz- und Schlitzprofilen und hat mir immer den richtigen Bit herausgesucht. Manchmal hat er einige Schrauben reingedreht und ich musste sie dann nur noch festziehen. Ich wünschte meine Azubis in der Schreinerei wären so selbständig wie er.“ Christian lachte, während er die eine Seitenwand der Vitrine vorsichtig auf den Boden legte und die Querverstrebungen befestigte.

„Er ist ganz schön weit für sein Alter. Das höre ich immer wieder. Kaum zu glauben, dass er immer noch in den Kindergarten geht.“

„Apropos Kindergarten. Gibt es hier einen im Ort?“

„Er durfte seinen Kitaplatz in Flensburg behalten. Es ist zwar ein Umweg, aber er hat da seine Freunde und ich kann ihn morgens auf dem Weg zur Arbeit vorbeifahren.“

„Und seine Freunde?“

„Er wird mit Sicherheit hier und in Glücksburg neue Kontakte knüpfen. Außerdem kann er seine Flensburger Freunde am Nachmittag besuchen. Wir sind nur fünfzehn Kilometer weitergezogen. Warum fragst du?“

Christian sah ihn an und räusperte sich. „Es ist schön, auf dem Land aufzuwachsen, aber manchmal kann es sehr einsam sein. Mia und ich hatten eine schöne Kindheit, keine Frage, aber wir haben ziemlich isoliert gelebt und dieses Dörfchen scheint recht ruhig zu sein. Hoffentlich gibt es hier ein paar Kinder in seinem Alter in der Nachbarschaft. Niemand ist gern allein, weißt du?“

Noch nie hatte Nils erlebt, dass sein Schwager sentimental wurde. Er strich sich verlegen über die Haare. „Danke für deine Fürsorge. Ich werde es im Hinterkopf behalten.“

Christian nickte und wandte sich wieder der Vitrine zu. „So, jetzt ist ein bisschen Feingefühl gefragt. Ich hebe die andere Seite an und du achtest darauf, dass die Holzdübel in die vorgesehenen Löcher passen. Bereit?“

„Bereit.“

Während die beiden in den nächsten sechzig Sekunden versuchten, ihr Geschick unter Beweis zu stellen, kam Mia aus der Küche. „Ihr habt tatsächlich alles aufgegessen?!“ Es klang nicht wie eine Frage, sondern nach einer Feststellung.

„Timmy hat die beiden Bananen gegessen und ich den halben Apfel und die drei oder vier Schnittchen.“ Dann rief Christian etwas lauter in Richtung Küche. „Große Männer haben schließlich großen Hunger. Habe ich Recht, Timmy?“

„Ja, große Männer haben großen Hunger“, schallte es bestätigend aus der Küche heraus und die drei Erwachsenen konnten sich ein kurzes Lachen nicht verkneifen.

Mia wandte sich Nils zu. „Dann fahre ich jetzt schon einkaufen. Soll ich ihn mitnehmen oder kann er hierbleiben?“

Christian schaute auf seine Uhr. „Timmy war eine große Hilfe, aber ich glaube, dass ich mit deinem Mann einen Tick schneller bin. Ich will nicht drängeln, aber ich muss schließlich gleich noch nach Hamburg zurückfahren und möchte gern im Hellen hier starten.“

„Fühl dich nicht genötigt, bis zum bitteren Ende hierzubleiben.“ Mia blickte kurz in die Küche und bat ihren Sohn, sich die Regenjacke wieder anzuziehen.

„Was ich begonnen habe, bringe ich auch zu Ende. Aber tu‘ mir einen Gefallen. Bring mir zwei abgepackte Sandwiches, eine Tüte Kekse und eine große Selter für den Heimweg mit“, sagte Christian, während sein Akkuschrauber die Schrauben in die Seitenwand der Vitrine drehte.

„Wird gemacht, Chef.“ Mia nickte ihm zu, während sie Timmy in die Jacke half und zur Eingangstür schob.

„Wie gesagt, wenn du losfahren willst, dann fahr einfach. Wir schaffen den Rest auch alleine und sind dir für deine Hilfe ohnehin mehr als dankbar“, sagte Nils.

„Papperlapapp! Hier unten ist nur die Vitrine übrig und oben fehlen noch euer und Timmys Bett und sein Kleiderschrank. Wenn wir uns zusammenreißen, dann sind wir fertig, bevor die beiden vom Einkaufen zurückkommen.“ Sie griffen unter die Vitrine, richteten sie auf und schoben sie neben die Anrichte an die Wand.

„Brauchst du hier gerade noch meine Hilfe?“

„Nein, ich kontrolliere nochmal, ob alle Schrauben angezogen sind und dann ist das Ding auch durch.“

„Gut, dann lade ich schon mal die restlichen Kartons und das Gestell für die Betten aus.“ Nils wandte sich von seinem Schwager ab und ging in den Flur. Er bemerkte, dass Mia die Tür nicht richtig geschlossen hatte und sie einen Spalt breit offenstand. Leise pfiff der laue Wind durch die Lücke, bevor Nils die Tür wieder ganz öffnete und zum Transporter ging. Der Schotter unter seinen Schuhen knirschte und er spürte, dass der Regen nachgelassen hatte. Zwar nieselte es noch leicht, aber richtig regnen tat es nicht mehr. Mit einem lauten Knarren öffneten sich die schweren Doppeltüren und er klemmte sich zwei Kartons unter die Arme und ging zurück ins Haus.

Keine zehn Minuten später, Christian war direkt nachgekommen und hatte beim Ausladen geholfen, waren der Transporter leer, alle Kartons und die restlichen Möbelteile auf die entsprechenden Zimmer verteilt. Die beiden Bettgestelle waren fix montiert. Die in Plastik eingewickelten Matratzen sowie die in gelben Säcken verpackten Decken und Kopfkissen würden sie nachher auspacken. Ebenso schnell hatten sie Timmys Kleiderschrank aufgebaut, aber die beiden Messinggriffe für die Türen waren einfach nicht auffindbar.

„Die tauchen schon wieder auf. Ich bin sowieso erstaunt, dass bis auf die Griffe nichts abhandengekommen ist.“

„Hauptsache alle Möbel sind nun aufgebaut.“ Nils blickte sich in dem Zimmer um. Er schätzte den Raum auf etwa zwanzig Quadratmeter. Eine schöne Größe für ein Kinderzimmer. Neben der Tür standen etliche Kartons mit Timmys Klamotten und auf der größten Kiste konnte er mit rotem Wachsmaler das Wort Spillzeuch gekritzelt sehen.

„Und das alles, bevor die beiden vom Einkaufen zurück sind. Lass uns mal die ganzen Werkzeuge zusammenpacken.“ Christian schaute ungeduldig auf seine Armbanduhr und zögerte. „Wenn ihr nichts dagegen habt, dann würde ich gleich mein Essen mitnehmen und direkt losfahren. Es wird sonst zu spät.“

„Wir können auch gerne die Couch für dich beziehen und…“

„Papperlapapp. Ich will keine Bürde sein. Ich ess‘ auf der Fahrt oder mache kurz auf einem Rastplatz halt.“

„Was für dich am einfachsten ist.“ Die beiden verließen das Kinderzimmer und gingen die Treppen ins Erdgeschoss hinab. Unter ihrem Gewicht knarrten die hölzernen Treppenstufen und das Geländer knackte. Christian packte den Akkuschrauber in das dazugehörige Köfferchen und Nils sammelte die diversen Schraubenzieher auf, die verstreut auf dem Boden lagen, und schmiss sie zurück in den Werkzeugkoffer.

Kaum hatten sie die Werkzeuge verstaut, hörten sie, wie ein Wagen die Auffahrt hinauffuhr und kurze Zeit später flog die Haustür auf und Timmy lief singend und klatschend ins Wohnzimmer. „Essen, Essen, Essen, denn wir haben Hunger, Hunger, Hunger.“

Mia reichte ihrem Bruder eine separate Tüte. „Hier ist dein Tribut, oh großer Häuptling.“

Christian konnte sich ein schiefes Grinsen nicht verkneifen. „Alte Spinnerin, dank dir! Aber ich mache mich jetzt direkt auf den Heimweg.“

„Oh, du willst nicht noch bleiben? Du kannst auch gerne auf der Couch schlafen.“

„Das hat dein Mann mir auch schon angeboten, aber länger ertrage ich euch nicht mehr.“

„Dann hau doch endlich ab, du alter Bock!“ Mia legte ihre Arme um seinen Hals und drückte ihn fest an die Brust. „Danke für deine Unterstützung, Bruderherz. Komm uns bald besuchen und melde dich mal öfters.“

„Ach, ich helfe doch gerne – Ehrensache! Spätestens im Sommer seht ihr mich wieder. Dann hauen wir Steaks auf den Grill und zischen ein kühles Bier.“

„Abgemacht!“

Nils reichte ihm zum Abschied die Hand und fühlte die Schwielen und Hornhaut an Christians Fingern. „Gute Heimfahrt. Pass auf dich auf.“

„Danke. Und nun zu dir.“ Er drehte sich zu Timmy um und kniete sich hin, sodass er mit seinem Neffen auf gleicher Augenhöhe war. „Es war schön dich wiederzusehen, Großer. Und vielen Dank für deine Hilfe heute. Wenn ich euch im Sommer besuchen komme, dann hoffe ich, dass mindestens eine Schaukel bei euch im Garten steht.“ Christian nickte in Richtung Nils und Mia. „Sei brav und ärgere die beiden nicht.“

„Mhh, ich gebe mein Bestes.“

„Braver Bengel.“ Er strich ihm kurz durch die Haare, richtete sich dann stöhnend auf und ging in den Flur. „Bis bald, ihr Dombrowskis.“ Den Koffer mit dem Akkuschrauber in der einen und dem Werkzeugkasten in der anderen Hand haltend, drückte Christian die Klinke mit dem Ellenbogen herunter und ging zu seinem Transporter.

„Tschüss, mach’s gut. Bis zum nächsten Mal!“, rief Timmy ihm hinterher, bevor Mia die Tür zuzog und den Schlüssel im Schloss zwei Mal umdrehte.

„So, wer hat Bärenhunger?“, rief sie in die Runde. Mit einem bemitleidenswerten Brüllen antworteten ihre beiden Männer auf die Frage und die drei trugen lachend die Einkaufstüten in die Küche.

4

Ihr gemeinsames Abendessen bestand aus abgepackten Sandwiches, Käsewürfeln und Frikadellen mit Ketchup. Normalerweise hielten sie nichts von abgepackten und mit Konservierungsstoffen vollgepumpten Lebensmitteln, aber nach einem zwölfstündigen Umzug mit einem hungrigen, quengeligen Fünfjährigen wollten sie nicht auch noch lange am Herd stehen und kochen. Da sie vergessen hatten, rechtzeitig die Heizung in der Küche anzumachen und die weißen Keramikfliesen sehr kalt an ihren Füßen waren, saßen Mia und Nils im Schneidersitz auf ihren Stühlen. Timmy hatte sich auf die Eckbank, seinen neuen Lieblingsplatz, gezwängt.

„Na, schmeckt es euch?“, fragte Mia in die Runde und öffnete eine neue Packung Käsewürfel.

Timmy nickte kurz, während er sich seine vierte Frikadelle zwischen die Zähne schob und Nils fürchtete, dass er bald ersticken würde, wenn er nicht endlich ein Glas Wasser zu sich nahm.

„Hast du fein gekocht, Schatz“, grinste Nils sie an.

„Ha-ha, ab morgen kochen wir wieder normal.“

„Na hoffentlich, das sind ja Zustände wie im Knast.“

Sie gab ihm einen leichten Klaps auf den Oberschenkel. „Zumindest verhungern wir nicht.“ Sie drehte sich zu Timmy um. Seine Augen waren zusammengekniffen und er schielte zu den Käsewürfeln hinüber. In seinem Kopf ratterten wohl gerade die Zahnräder und er überlegte, ob er sich eine fünfte Frikadelle nehmen oder ob er sich etwas Abwechslung gönnen und seiner Mutter die Käsewürfel abluchsen sollte. Während die beiden ihrem Sohn dabei zusahen, wie sein Kopf langsam zwischen den beiden Optionen hin- und herschwenkte, öffnete Nils eine Packung Sandwiches. Mit Thunfisch und herzhafter Salatcreme hieß es auf dem Etikett. Zwar war er kein großer Fan von Thunfisch und hätte lieber wieder eines mit Putenbrust und Käse gegessen, aber da er den ganzen Tag keine richtige Mahlzeit zu sich genommen hatte, war es ihm gleich.

„Was müssen wir gleich noch machen?“, fragte Mia ihn. „Lass dir ruhig Zeit“, fügte sie schnell hinzu, als Nils mit einem Zeigefinger auf seinen vollen Mund deutete und schnell weiterkaute.

„Alle Möbel sind aufgebaut. Ich würde vorschlagen, dass wir gleich schnell noch die Betten beziehen und dann früh schlafen gehen. Morgen packen wir dann in aller Ruhe die Kisten aus.“

„Das klingt nach einem guten Plan. Bist du auch schon müde, Timmy?“ Sie schauten ihren Sohn an, dessen Kiefer wieder am Mahlen war, und die beiden waren sich unsicher, ob er sich nun für eine weitere Frikadelle oder doch Käsewürfel entschieden hatte.

„Äh-äh, ich bin nicht müde. Ich will noch aufbleiben.“ Seine Augen waren allerdings schon kleiner geworden und während des Abendessens hatte er einige Male gegähnt.

„Doch, du musst ins Bett. Deins beziehen wir zuerst. Du kannst Mama gleich beim Abräumen helfen und ich gehe nach oben und mache alles fertig.“ Timmy nickte ihm ohne Widerspruch zu leisten zu und Nils blickte sich in ihrer neuen Küche um. Durch das Fenster konnte man die große Eiche und die Sonnenbank gerade noch so in der Dämmerung erkennen. In etwa einer halben Stunde würden die Objekte bis zum nächsten Morgen von der Dunkelheit verschlungen werden.

Nachdem alle drei fertig gegessen hatten und Mia damit anfing, die Teller in die Spülmaschine zu räumen, ging Nils die knarrenden Treppen nach oben, befreite Timmys kleine Matratze aus der Plastikverpackung und hievte sie auf das Bettgestell. Danach zerriss er die gelben Säcke, in denen das Spannbetttuch, die Decke und das Kopfkissen eingepackt waren und legte alles ordentlich auf das Bett. Moment, etwas Wichtiges fehlt noch! Nils schlurfte zu der Kiste mit dem Wort Spillzeuch. Direkt oben auf der Ansammlung von etlichen HotWheels, Lego-Boxen, Kinderbüchern und Tierfiguren der Marke Schleich fand er den zierlichen Teddybären mit dem flauschigen, dunkelbrauen Fell und den bernsteinfarbenen Kulleraugen, den Timmy mit seiner kreativen Ader Teddy Braun getauft hatte. Nils nahm ihn vorsichtig aus der Kiste, strich das zottelige Fell aus den strahlenden Augen und legte ihn mittig auf das Kopfkissen.

„Schatz?“, hallte Mias Stimme von unten die Treppen hinauf. „Kannst du unser Bett gleich mitbeziehen?“

„Klar, mache ich sofort.“

„Super, dank dir!“

Nils wollte gerade aus dem Kinderzimmer gehen, als ihm ein kühler Windhauch um den Arm streichelte und er leicht zusammenzuckte. Was zur …?! Er sah sich langsam im Zimmer um. Der Teddy lächelte ihm vom Bett aus an. Draußen vor dem Fenster bewegten sich die dürren Zweige der Eiche leicht im Wind. Dünne Schleierwolken zogen schnell am Himmel entlang und ein schwacher, sichelförmiger Mond war erkennbar. Dann fiel sein Blick auf den Kleiderschrank und sein Gefühl teilte ihm mit, dass er hineinschauen sollte. Nein, hineinschauen musste. Seine Fingernägel krallten sich ins Holz der Doppeltüren und er verdammte die fehlenden Messinggriffe bereits, als er sie zunächst vorsichtig einen Spalt breit öffnete und dann schnell aufstieß. Leer! Natürlich war er leer. Was habe ich denn erwartet? Er schielte zu den Umzugskartons neben der Tür. Nils schloss den Schrank vorsichtig und ging zu den Kartons. Auch hier konnte er nichts Unnatürliches feststellten, als er die Kartons einige Zentimeter zur Seite schob. Wahrscheinlich bin ich einfach übermüdet oder ich habe mir einen aufgesackt, weil ich heute die ganze Zeit ohne Jacke herumgelaufenbin. Ja, das wird es sein. Er schob den letzten Karton mit seinem Fuß weg, um noch einen Blick hinter die Tür werfen zu können. Als er sie halb geschlossen hatte, konnte er auch die Quelle seiner Unruhe ausmachen. Auf der weißen Raufasertapete hinter der Tür befand sich ein unförmiger, schwarzer Fleck.

Schimmel, na großartig!Da hatte dein väterlicher Instinkt doch recht. Gut, dass du dich nochmal umgeschaut hast. Er musste sich an eine Szene erinnern, in der Mia und Timmy auf der Wippe gesessen hatten und Timmy heruntergefallen war, als sich die Wippe auf dem höchsten Punkt befand. Nils war am Handy beschäftigt gewesen, als er unbewusst seinen Arm ausstreckt und seinen Sohn kurz vor dem Boden aufgefangen hatte. Väterlicher Instinkt eben.

Schnellen Schrittes ging er ins Badezimmer, riss einen Karton unter dem Waschbecken auf und wühlte durch den Inhalt der Kiste, bis er auf eine Sprühflasche mit der Aufschrift Schimmelentferner stieß. Da er nicht kurz vor dem Schlafengehen die große Chemiekeule im Zimmer seines Sohn auspacken wollte, sprühte er zwei Mal auf ein zusammengefaltetes Stück Toilettenpapier, ging dann zurück ins Kinderzimmer und drückte das leicht befeuchtete Stück Papier auf den Schimmel. Leise hörte er es zischen und einige Sporen quollen rundherum unter dem Papier hervor. Er musste laut husten, während er vorsichtig über die Tapete wischte.

<Neeein!> Wie ein undeutliches Flüstern war eine Frauenstimme leise zu hören.

Nils zuckte zusammen und sah sich um. Das Zimmer war leer. Natürlich. Wer sollte sonst hier sein? Fragend drehte er sich einmal langsam um seine eigene Achse und zuckte mit den Schultern. Er blickte an die Wand und stellte zufrieden fest, dass der Schimmel beseitigt und der unförmige, schwarze Fleck verschwunden war. Morgen, wenn genug Zeit zum Lüften wäre, würde er sich des Schimmels erneut annehmen. Nils öffnete die Tür und lehnte sich an das Treppengeländer. „Hast du gerade etwas gesagt?“

Die Küchentür öffnete sich und Mias Kopf schaute hervor. „Meinst du mich?“

„Ja.“

„Nein, ich räume gerade schon ein bisschen Geschirr ein.“ Ihr Blick fiel auf das zusammengeknüllte Stück Toilettenpapier. „Was hast du denn damit vor?“

„Ach, ich habe nur die staubigen Türklinken geputzt“, log er. Wenn er ihr jetzt von dem Schimmel erzählte, dann würde sie jeden Winkel des Hauses unter die Lupe nehmen. Zwar hatte keiner von ihnen eine Schimmelallergie, aber die Tatsache, dass Schimmel nicht förderlich für die Gesundheit ist, war Grund genug, das Haus selbst zu später Stunde auf den Kopf zu stellen.

„Also sind alle Betten bezogen?“

„Noch nicht, ich musste erstmal den staubigen Türklinken den Kampf ansagen.“

Mia stöhnte leise. „Ich bin müde, dein Sohn auch. Aufräumen und Staubputzen kannst du morgen genug.“

„Hast ja recht. Ich beziehe unser Bett nun.“

„Danke.“ Dann verschwand ihr Kopf wieder in der Küche und Nils hörte das Klimpern einiger Gläser. Er ging ins Badezimmer und spülte das Papier herunter.

Während er die große Matratze im Elternschlafzimmer auspackte, musste er an die weibliche Stimme denken, die er im Kinderzimmer wahrgenommen hatte. Das habe ich mir doch nicht eingebildet. Er fuhr sich über die Haare und zuckte mit den Schultern. Oder doch. Oder sie kam von draußen.

Nachdem er das wuchtige Ungeheuer auf das Bettgestell geschoben hatte, flüsterte ihm eine leise Stimme feucht ins Ohr. „Gut machst du das“. Nils riss seinen Oberkörper herum und stolperte einige Schritte rückwärts. Mia stand lachend im Türrahmen.

„Gott, wie lang bist du schon hier? Ich habe fast einen Herzinfarkt bekommen!“

„Ich schaue dir bestimmt schon ein oder zwei Minütchen zu. Eigentlich wollte ich dir helfen, aber Zugucken war lustiger.“

Nun war er derjenige, der mit den Augen rollte. „So, Madame. Ich habe das Monster auf das Gestell bekommen, nun musst du es bändigen und beziehen.“ Er schmiss ihr den Sack mit den beiden Kopfkissen entgegen. „Kannst du das bitte machen? Ich würde gerne duschen gehen, bevor ich zu dir ins Bett husche.“

Sie küsste Nils zärtlich auf die Lippen. „Natürlich, Schatz. Lass uns noch unseren Sohn ins Bett bringen und dann weihe mal die Dusche ein.“

Wie auf Kommando kam Timmy aus seinem Zimmer und trug bereits seinen mit Dinos gespickten Pyjama. „Könnt ihr mich endlich ins Bett bringen?“ Seine Stimme klang müde und fordernd zugleich.

„Er muss wirklich müde sein, wenn er freiwillig seinen Pyjama anzieht“, flüsterte Mia ihm ins Ohr.

„Dann komm mal her, Großer!“ Nils schnappte sich seinen Sohn, warf ihn über die Schulter und trug ihn zurück ins Kinderzimmer. Timmy lachte laut und Mia folgte den beiden. Er zog mit der freien Hand die Bettdecke zurück und warf seinen Sohn aufs Bett.

„Das war heute ein aufregender und anstrengender Tag, oder? Aber du hast jetzt ein neues großes Zimmer. Morgen schauen wir uns mal den Garten an.“

Timmy gähnte leise, während er nach Teddy Braun griff und ihn gegen seine Brust drückte.

„Schlaf gut.“ Er gab Timmy einen Kuss auf die Stirn.

„Schlaf gut, ich habe dich lieb,“ sagte Mia, die ebenfalls neben dem Bett hockte und ihren Sohn küsste. „Bis morgen, träum schön.“

„Gute Nacht. Hab‘ euch auch ganz doll lieb.“ Seine Augen waren bereits geschlossen. Der Sandmann brauchte heute Abend nicht mehr vorbeizuschauen. Timmy würde den Weg ins Traumland auch allein finden. Mia und Nils verließen leise das Kinderzimmer und schlossen vorsichtig die Tür hinter sich.

„Ich würde mich freuen, wenn er immer so schnell einschlafen würde“, merkte Mia an.

„Ich würde auch so schnell einschlafen, wenn ich so viel gegessen hätte.“

„Was alles in so einen kleinen Körper passt.“ Sie hielt kurz inne. „Du willst jetzt ins Bad?“

Er nickte ihr zu. „Ich fühle mich verschwitzt und würde jetzt kurz kalt duschen.“

„Dusch lieber warm. Ich hasse es, wenn deine Haut kühl ist“, zwinkerte sie ihm zu. „Ich drängele mich nur kurz vor. Das lange Bad hole ich morgen nach. Ich bin gerade zu müde und will einfach nur unter meine Decke.“ Sie küsste Nils und verschwand hinter ihm im Badezimmer.

Nach dem fliegenden Wechsel betrat Nils das Bad und fand sein Duschgel und Shampoo in der Kiste unter dem Waschbecken, in der er zuvor schon den Schimmelreiniger gefunden hatte. Die Türen zur Dusche wiesen noch leichte Kalkablagerungen auf, aber das war ein Problem für morgen, nicht heute. Beim Schließen merkte er, dass die rechte Tür nicht bündig schloss und Nils sah, dass die Abdichtung an der Ecke locker war. Ebenso ein Problem für morgen!

Mit einem schnellen Ruck drehte er den Hahn auf und war überrascht, als binnen weniger Sekunden das Wasser eine angenehm warme Temperatur angenommen hatte. Das Wasser prasselte auf seinen Körper und er spürte, wie die Tropfen den Schweiß von seiner Haut wuschen. Er steckte den Duschkopf in die Halterung und stellte sich vor, er stünde in einem tropischen Land unter einem Wasserfall, während seine Hände die Kopfhaut genüsslich massierten. Das leichte Trommeln des Wassers auf seinem Kopf war sehr beruhigend.

<Neeein!>

Sein Atem stockte. Nils hielt inne und drehte das Wasser ab. Wieder hatte er eine Stimme gehört. Diesmal war es keine Frau, die gerufen hatte, sondern ein Mann. Und die Stimme war nicht leise gewesen, sondern glasklar, aber sie schien von weit weg gekommen zu sein. Nicht im Haus, sondern von draußen. Er trat aus der Dusche heraus, Tropfen rannen an seinem Körper hinunter und fielen auf die Fliesen.

Langsam glitt Nils zum Fenster. Der Sichelmond war nun deutlicher zu sehen. Die Schleierwolken zogen schnell vor ihm vorbei, sodass einige Teile des Mondes für kurze Zeit verdeckt waren. Die Äste der alten Eiche bewegten sich langsam im Wind und zwei Krähen wippten auf den oberen Ästen und wetzten ihre schwarzen Schnäbel an der Baumrinde. Als sie bemerkten, dass sie beobachtet wurden, hielten sie abrupt inne, drehten ihren Kopf leicht zur Seite und blickten Nils mit ihren dunklen Augen an. Mehr und mehr Tropfen waren an seinem Körper heruntergelaufen und hatten unter ihm eine kleine Pfütze gebildet, während er wie gebannt aus dem Fenster blickte. Woher war die Stimme gekommen? Draußen war niemand zu erkennen. Der Mondschein tauchte die Umgebung in ein fahles gelbliches Licht. Er konnte die Silhouetten einiger weiterer Bäume in der Entfernung erkennen, aber kein Schatten erinnerte ihn an die Statur eines Mannes.

Nils schüttelte mit dem Kopf, während er vom Fenster wegtrat und sich in ein Handtuch hüllte. Er sah sein träges Ebenbild in dem Spiegel über dem Waschbecken an. Du musst wohl dringend Schlaf nachholen, alter Junge. Du fantasierst schon! Er gab sich einen leichten Klaps auf die Wange, putzte seine Zähne und trocknete seinen Körper ab.

Bevor er das Badezimmer verließ, riskierte er noch einen Blick durch das Fenster, nur um festzustellen, dass die Krähen nicht mehr auf dem Ast saßen. Er schaltete das Licht aus und schloss die Tür hinter sich.

Mia war natürlich schon eingeschlafen. Auch für sie war der Tag lang und entkräftend gewesen. Er hob seine Decke an, huschte darunter und legte seinen Kopf auf das weiche Kopfkissen. Mia atmete sanft und ihr Oberkörper bewegte sich rhythmisch auf und ab. Er streichelte ihr vorsichtig über die Schulter, wollte aber nicht riskieren, sie zu wecken. Das Holzhaus bewegte sich leicht im Wind. Leise war hier und da ein Knacken wahrzunehmen. Hoffentlich machen die neuen Geräusche Timmy keine Angst. Wem machte er sich etwas vor? Timmy war bereits im Traumland angekommen und flog über die höchsten Berge oder tauchte durch die tiefsten Seen. Nein, ihm war mulmig zumute. Ihm. Diese Stimme!Die beiden Stimmen. Je länger er darüber nachdachte, desto sicherer war er, dass es pure Einbildung gewesen sein musste. Lächerlich.Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und an die neuen Geräusche muss man sich eben erst gewöhnen. Meist sind es ganz rationale Erklärungen. Nichts Übernatürliches. Keine Geister und Gespenster. Einfach neue Geräusche in Kombination mit Müdigkeit und einer Prise zu viel Fantasie.

Nils drehte sich noch einige Male im Bett um, während er sich im Kopf eine To-Do-Liste für morgen anfertigte. Wieder erfasste eine Böe das Haus und das Holz knackte leicht. Er schloss lächelnd die Augen. Stimmen, so ein Quatsch! Er rollte sich auf die Seite, drückte seinen Kopf in das Kissen und atmete tief ein.

In den nächsten Minuten wurde sein Körper ruhig, seine Atmung gleichmäßig. Die Gedanken verflüchtigten sich und der Körper leitete den Ruhezustand ein. Wie lang er nun im Bett gelegen hatte, wusste er nicht, aber das war ihm auch egal. Er fühlte, wie sein Geist aus dem Körper fuhr und er sich ganz leicht anfühlte. Dann, wenige Momente später, war er eingeschlafen.

Draußen wurde der Wind ein bisschen kräftiger, als er von der Ostsee über das kleine Dörfchen Neuholm fegte. In dem Ort waren alle Lichter aus. Es war bereits mitten in der Nacht. Auch im Haus der jungen Familie Dombrowski war vollkommene Stille eingekehrt. Sohn Timmy schlief seelenruhig in seinem Bett, ebenso seine Mutter Mia. Seit kurzem hatte ebenfalls Vater Nils das Tor in die Traumwelt gefunden. In dem Haus war es, bis auf des leichte Arbeiten des Holzes, ruhig. Nur eine Stimme flüsterte wieder leise in der Ferne.

<Neeein!>

5

Klirrende Geräusche drangen vom Flur in das Schlafzimmer. Mia drehte sich genervt um. „Um Gottes Willen, dieses beschissene Lego.“ Ihr hellbraunes Haar war ganz zerzaust und in ihren Augen konnte man die Schläfrigkeit noch gut erkennen. „Du kennst den Deal. Am Wochenende vor neun Uhr ist er nur dein Sohn.“ Sie drückte ihren Kopf tief ins Kissen.

Nils, der nicht zu Wort gekommen war, strich sich kurz durch das Gesicht, spürte den leichten Ansatz von rauen Bartstoppeln und streifte seine Bettdecke ab. Jaja, vor neun Uhr ist er mein Sohn. Ein kurzer Blick zum Nachttisch bestätigte ihm, dass er keinen Schimmer hatte, wie spät es überhaupt war. Der Wecker war noch eingepackt in irgendeiner der unzähligen Boxen und sein Handy lag womöglich unten in der Küche. Draußen war es bereits hell und seine innere Uhr teilte ihm mit, dass es irgendwann nach sechs sein musste. Aber das war nicht von Bedeutung, denn sein Sohn war bereits wach und da war es egal, ob es sechs, sieben oder eben acht Uhr war.

Rhythmische Klirrgeräusche drangen erneut in das Zimmer und Nils wusste genau, dass Timmy gerade auf der Suche nach einem ganz speziellen Lego-Teil war und frustriert mit seinen kleinen Händen durch den Haufen strich, um es zu finden. Mia stöhnte laut auf. Nils öffnete die Tür, glitt langsam durch den Spalt hindurch und schloss sie behutsam hinter sich. Die Geräusche wurden lauter. Kaum hatte er die Türklinke zum Kinderzimmer heruntergedrückt, wurde es still. Er sah, dass Timmy das gesuchte Teil gefunden hatte und nun ein Fenster in eine rote Wand einbaute.

„Guten Morgen, hast du gut geschlafen?“

Timmy sah ihn lächelnd an, während er weitere Legosteine zusammensteckte. „Ja. Du auch, Papi?“

Nils nickte. „Ich habe geschlafen wie ein Stein“, log er. In der Nacht war er zwei Mal aufgewacht und hatte, wenn überhaupt, nur zwei Stunden geschlafen. An diesem Morgen fühlte er sich wie gerädert. „Du bist ja ganz schön früh wach.“

„Ich habe noch kein Rollo.“ Timmy deutete zum Fenster. Auf dieser Seite des Hauses war es schon wesentlich heller.

„Das baue ich dir nachher an. Und bitte denk nächstes Mal dran, die Legoboxen leiser auszukippen. Du hast Mami geweckt.“

„Ups.“ Timmy guckte verlegen und Nils wusste, dass er das Gleiche kommendes Wochenende wieder predigen würde.

Kinder können Lego-Boxen nicht leise auskippen – das ist ein Fakt! „Was baust du da?“ Er hatte sich auf der anderen Seite des Legohaufens hingehockt und betrachtete die grüne Platte mit den Grundrissen eines Hauses.

„Das sind wir.“ Timmy zeigte auf drei Figuren, die vor einer Tür standen. „Das ist Mamas Auto. Und das ist unser Haus.“ Rote Steine waren in drei bis vier Reihen aufeinander gesteckt und die Figuren konnten tatsächlich von der Höhe her aus den kleinen Fenstern schauen. „Und das ist der Baum da draußen.“ Timmy deutete erneut zum Fenster und Nils spähte zur alten Eiche hinüber. Zwar war der Baum auf der Legoplatte an der richtigen Stelle, aber die Proportionen stimmten nicht, denn der Plastikbaum war nur so hoch wie vier oder fünf Legosteine, während die Eiche draußen beinahe dreimal so groß wie ihr Haus sein musste. „Ist Mami schon aufgestanden?“

„Nein, die will noch ein bisschen weiterschlafen.“

„Darf ich trotzdem weiterspielen?“ Er wühlte wieder durch den Legohaufen und Nils konnte Mia im Nebenzimmer aufstöhnen hören. Irgendwann schmeißt sie das verdammte Lego noch aus dem Fenster. Er konnte sich ein hämisches Grinsen nicht verkneifen.

„Versuch ein bisschen leiser zu sein, in Ordnung?“

„In Ordnung.“ Nun fuhr Timmy mit seinen Händen langsamer durch den Haufen und der Geräuschpegel nahm drastisch ab.

„Ich packe unten schon ein paar Sachen aus und mache danach Frühstück. Du kannst mir helfen oder hier weiter leise spielen.“

„Mhh.“ Timmy zögerte kurz, während seine Augen suchend durch den Haufen glitten. „Ich baue lieber.“

„Okay.“ Nils lächelte sanft, während er sich aufrichtete und in Richtung Tür ging. „Aber denk daran, leise sein.“ Er dachte kurz an den Schimmelfleck hinter der Tür und wandte sich dann wieder seinem Sohn zu. Nils presste seinen Zeigefinger auf die Lippen und Timmy erwiderte die Geste.

Mia hatte gestern Abend noch die Hälfte der Kartons in der Küche in die Schränke eingeräumt. Er widmete sich der verbliebenen Hälfte und stellte die robusten Gläser von Ikea in den Hängeschrank links oberhalb der Induktionskochplatte. Dabei fiel sein Blick auf die Digitalanzeige am Backofen. 6:27. Meine innere Uhr ist nicht schlecht. Bevor er den Rest einräumte, schaute er in alle anderen Schränke, um sich zu vergewissern, dass er Mias System verstanden hatte. Sie wird sowieso einiges wieder umräumen. Aber hey – es ist der Wille, der zählt!

Nach einer Weile waren die verbliebenen Kartons ausgepackt und zusammengefaltet. Bis auf die Utensilien zum Backen war alles einsortiert, denn er war sich unsicher, ob sie zu den anderen Küchengeräten wie Standmixer und Sandwich-Maker gehörten oder doch in einen separaten Schrank, in dem im oberen Fach die Backformen und Messbecher lagern würden und im unteren Fach Mehl, Zucker, Backpulver und Hefe stünden. Er würde die Backutensilien einfach draußen liegen lassen und Mia fragen. Das würde seinen guten Willen unterstreichen.

Nils schob die Tür zum Wohnzimmer auf und beschloss weitere Kartons auszupacken, bevor er später den Ofen für die Aufbackbrötchen vorheizen und Frühstück vorbereiten würde. Die Couch stand schräg vor dem Süd- und dem Westfenster. Die Vitrine und die Anrichte waren an der nördlichen Wand aufgereiht und der Kamin befand sich an der Wand im Osten, hinter der der Flur zur Wohnungstür führte. Noch sahen die weißen Wände sehr karg aus.

Er öffnete einen Karton und blickte in eine Vielzahl gerahmter Bilder. Das eine Bild zeigte die beiden an ihrem Hochzeitstag. Man konnte es Mia noch nicht ansehen, dass sie bereits schwanger war. Sie sah in ihrem weißen Brautkleid wunderschön aus. Er hatte vor knapp sechs Jahren noch einen ganz anderen Haarschnitt gehabt. Fast schulterlanges Haar. Mittlerweile waren sie sehr kurz und seine Geheimratsecken kamen von Jahr zu Jahr deutlicher zum Vorschein. Außerdem beschlich ihn das Gefühl, dass sein dunkelblondes Haar dünner und weniger elastisch wurde. Er schaute das Bild noch eine Weile an, bevor er es in die Vitrine stellte und nach dem nächsten Bild griff. Timmy saß auf einem Laufrad vor dem Haus seiner Großeltern. Sie hatten es ihm zum zweiten Geburtstag geschenkt und er hatte es bei jedem ihrer Spaziergänge genutzt. Selbst wenn sie um das Glücksburger Schloss spaziert waren, wo der unebene Boden sehr undankbar für ein Laufrad war. Es musste trotzdem immer mit. Aber in letzter Zeit hatte er es kaum noch genutzt. Ach herrje, waren seine Haare mal blond. Nur das unschuldige Lächeln mit seinen blanken, weißen Milchzähnen hatte er beibehalten.

Nils kramte sich durch die Kiste, schaute sich alle Bilder genaustens an und erinnerte sich an den Tag ihres Entstehens zurück, bevor er sie neben die anderen in die Vitrine stellte. Geburtstage, Hochzeiten, Silvester, Urlaube – alles war vertreten und Mia hatte an die drei Dutzend Bilder eingerahmt. Ein Bild sagt mehr als tausend Worte, pflegte sie immer zu sagen. Und dann fügte sie oftmals eine eher unpoetische Ergänzung hinzu. Außerdem guckt sich sowieso keiner die Fotos auf dem beschissenen Handy an. Ich drucke die schönsten Bilder einfach aus, dann haben wir mehr davon.

Nachdem alle Bilder in der Vitrine standen und er darauf geachtet hatte, dass Mias Lieblingsbilder vorne mittig aufgereiht waren, konnte er einen weiteren Karton zusammenfalten und in den Flur legen. Vier Kartons leer, neunhundertsechsundneunzig verbleiben. Halt dich ran, alter Junge!

Bevor er sich einem neuen Karton widmen konnte, hörte er, wie sich oben eine Tür öffnete und Mia vom Treppengeländer zu ihm herunterschaute. „Na, bist du schon fleißig?“

„Hey, Prinzessin. Ausgeschlafen?“

Sie gähnte herzhaft und rieb sich die Augen. „Es geht. Ich könnte bestimmt noch ein paar Stunden schlafen, aber ich glaube es ist Zeit fürs Frühstück, oder?“

Nils schielte durch die offenstehende Küchentür und war geschockt, als er auf dem Display des Backofens sah, dass es jetzt bereits 8:13 war. Na, wieder zulange in Erinnerungen geschwelgt? „Ja, ich heize den Ofen vor und schmeiße dann die Brötchen rein. Willst du ein oder zwei Eier? Gekocht, Spiegel- oder Rührei?“

„Zwei, bitte. Gekocht. Ich gehe jetzt in Ruhe duschen und bringe dann deinen Sohn mit runter.“

„Meinen Sohn?“

„Ja, es ist noch vor neun Uhr, oder nicht?“, fragte sie lachend. Das Geländer knackte, als Mia sich davon abstieß und ins Badezimmer ging.

Nils hielt einen Moment inne und dachte an gestern. Das tiefe, intensive Neeein, dass er unter der Dusche gehört hatte. Er spürte, wie es ihm kalt die Arme hochzog. Mach dich nicht verrückt. Pure Einbildung, weiter nichts. Er raffte sich auf, ging in die Küche, heizte den Backofen auf zweihundert Grad Umluft vor und kramte den Eierkocher aus dem Hängeschrank hervor.

***

Eine knappe halbe Stunde später saß Familie Dombrowski am Frühstückstisch. Nils musste alle Brötchen aufschneiden, weil die anderen beiden sich beschwerten, dass sie zu heiß seien und es ihnen recht war, wenn sich nur einer die Finger verbrannte. Timmy hatte die Angewohnheit entwickelt, das weiche Innere der Brötchen herauszupulen und separat zu essen. Da es der weiche Teil vom Brötchen war, nannte er es liebevoll Wolle. Den knusprigen, übriggebliebenen Teil klappte er immer zusammen und bezeichnete es als U-Boot. Als Timmy noch kleiner gewesen war und seine eigenen Brötchen noch nicht schmieren konnte, hatte er seine Eltern stets aufgefordert, ihm ein U-Boot mit Nutella oder ein Käse-Schinken U-Boot zu machen. Heutzutage schmierte er sich seine Nutella U-Boote selbst. Es war keine Seltenheit, dass die dickflüssige Nuss-Nougat-Creme aus allen Seiten quoll und auf den Tisch kleckerte.

„Die Eier sind perfekt“, merkte Mia an. Das Eigelb war noch ein klein wenig flüssig, während der weiße Teil hingegen fest war.

„Danke, das ist das Ergebnis jahrelangen Drills. So, Chef, was ist der Plan für heute?“

„Ich würde sagen, dass wir uns gleich anziehen und erst unseren Garten und danach das Dorf auskundschaften. Das Wetter ist schön und wir werden ohnehin den ganzen Nachmittag Kisten auspacken und saubermachen.“

Timmy blickte sie mit verschmiertem Mund an. „Oh ja, ich will den Garten sehen. Gibt es im Dorf einen Spielplatz?“

Die Eltern sahen sich fragend an. „Das werden wir nachher herausfinden“, antwortete Nils, der gerade dabei war, in sein erstes, mit Käse belegtes Körnerbrötchen zu beißen.

***

Nachdem die Küche wieder auf Vordermann gebracht war, ging Nils hoch ins Schlafzimmer und zog sich eine Jeans und einen dicken, beigefarbenen Pullover an. Als er die Tür zum Kinderzimmer öffnete, zuckte Timmy heftig zusammen. „Hey, warum so schreckhaft? Bist du fertig? Wir wollen nun Spazierengehen.“

Timmy nickte kurz. Sein Gesicht war blass und er machte den Eindruck, als ob er gleich weinen würde. „Ich muss aber nochmal fix aufs Klo“, stammelte er. Dann drückte er sich an seinem Vater vorbei und verschwand im Badezimmer.

Nils betrat verwundert das Kinderzimmer und schloss die Tür hinter sich. Der Schimmelfleck von gestern war nicht mehr zu sehen, aber um sicherzugehen würde er heute noch einmal mit Chlor darüber gehen. Sicher ist sicher. Er ging zum Bett, schüttelte das Kopfkissen auf und faltete die Bettdecke ordentlich zusammen. Als er einen kleinen Schritt nach vorne machte, um die Decke zurechtzulegen, spürte er ein leichtes Stechen am großen Zeh. VerdammtesLego! Er warf einen Blick nach unten. Einige Legosteine waren unter das Bett gefallen. Seufzend ging er in die Hocke, um sie aufzuheben. Klirrend landeten die kleine Steine in der bereits bis zum Rand gefüllten Box. Das Klimpern weckte bei ihm Kindheitserinnerungen. Auch er hatte gerne mit Lego gespielt und hatte sich immer die Frage stellen müssen, für wen er es überhaupt gekauft hatte – für Timmy oder doch für sich? Mit einem unterdrückten Lächeln musste er sich eingestehen, dass er keine objektive Antwort auf die Frage geben konnte. Im Raum nebenan hörte er die Klospülung und das Zuschlagen des Toilettendeckels.

„Hey, den Deckel kann man auch festhalten!“, rief Mia von unten, aber im gleichen Moment begann der Wasserhahn zu rauschen und Nils bezweifelte, dass Timmy seine Mutter gehört hatte.

Nils war auf dem Weg zur Tür, als er beinahe über Timmys Morgenprojekt gestolpert wäre. Er beugte sich über das Haus und sah, dass sein Sohn die Hauswände um mehrere Reihen und Fenster ergänzt hatte. Zudem führte eine Treppe in den ersten Stock und ein Teil des Kinderzimmers war bereits fertig. Zwei Figuren standen immer noch mit erhobenen Armen vor der Haustür. Er suchte die dritte Figur. Sie lag umgekippt und alle Viere von sich gestreckt neben dem Plastikbaum.

6

In dünne Jacken gehüllt traten die drei vor die Tür. Rustikale, rotbraune Pflastersteine bildeten einen schmalen Pfad und führten einmal rund um das Haus. Zwischen dem Weg und der Hauswand befand sich ein karges, tristes Beet, in dem vereinzelt lilafarbene Krokusse und weißgelbe Osterglocken blühten. Nils wollte bald mit Timmy einige Projekte starten, um mehr Farbe rund um ihr Haus zu zaubern, und überlegte bereits, welche Beete am besten für ihren Gemüse- und Kräutergarten geeignet wären.

Als sie um die nächste Ecke gingen, erblickten sie einen riesigen Garten mit viel Rasenfläche und noch mehr Maulwurfshügeln, eine mit ebenfalls roten Steinen gepflasterte Terrasse, einen Steingrill, bei dem der Grillrost fehlte, und den kleinen Fluss zu ihrer Linken. Neben der Sonnenbank, die zum Fluss hin ausgerichtet war, stand die riesige Eiche, an deren Ästen und Zweigen sich bereits grünliche Knospen gebildet hatten.

Timmy legte seinen Kopf in den Nacken und starrte zu den Baumspitzen hoch. „So einen großen Baum habe ich noch nie gesehen.“

Nils nickte zustimmend. Das Ding ist riesig! Als er gestern aus dem Badezimmerfenster den Baum gesehen hatte, hatte er angenommen, der Baum stünde direkt neben dem Haus, tatsächlich aber war er bestimmt fünfzig Meter oder noch weiter vom Haus entfernt. Als er mit Mia das Haus besichtigt hatte, war ihm der Baum zwar aufgefallen, aber die schier unglaubliche Größe realisierte er jetzt erst. Nils spähte zu ihr hinüber. Auch sie sah stumm zur Spitze hinauf und schien sprachlos.

Die Eiche bestand aus unzähligen Ästen und Zweigen, aber hauptsächlich gingen auf gut vier Metern Höhe drei dicke Äste ab. Der eine Ast ragte, ohne große Umwege zu machen, steil in die Luft und bildete die Baumspitze. Der zweite Ast machte nach bereits wenigen Metern eine Wendung und verlief parallel zum Erdboden. An dem würde sich eine Schaukel wunderbar aufhängen lassen. Der letzte dicke Ast befand sich zwischen den anderen beiden und war auf der Hälfte abgebrochen. Entweder hatte ein kräftiger Sturm gewütet oder es war ein Blitz eingeschlagen und hatte den Ast erwischt. Wahrscheinlich war es ein Zusammenspiel aus beidem gewesen. Zunächst hatte der Blitz eingeschlagen und den Ast beschädigt. Über die Jahre hinweg war er abgestorben und eines stürmischen Herbsttages hatte der Baum nachgegeben und sich von seinem geliebten Ast getrennt.

Noch immer standen die drei neben ihrem Haus und sahen zum Baum hoch. Nils hatte nicht bemerkt, dass er eine Gänsehaut bekommen hatte. Der kahle Baum sah zugegebenermaßen schon ein bisschen gespenstisch aus. Einige der langen, dürren Zweige hingen schlaff in Richtung Boden und ähnelten krummen, knochigen Fingern. Sie luden ein, sich an ihnen hochzuziehen und an ihnen herumzuklettern, nur um dann in einem unachtsamen Moment auszurutschen und mit dem Kopf voraus nach unten zu stürzen. Sich beim Aufschlag auf den harten Lehmboden das Genick zu brechen, um wieder eins mit Mutter Erde zu werden und mit dem toten Körper den Baum zu nähren.

„Ich will mir den Baum angucken!“, rief Timmy und rannte über den Rasen. Tautropfen hatten sich auf den Grasspitzen gebildet und mit dem Sonnenschein sah der Rasen wie ein leuchtendes Meer voller winziger Perlen aus. Timmys Schuhe fegten einige der Tropfen im hohen Bogen durch die Luft, die nach kurzer Flugdauer zwischen den Grashalmen verschwanden.