Das Flüstern der Vergangenheit - Kim Leopold - E-Book

Das Flüstern der Vergangenheit E-Book

Kim Leopold

0,0
2,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Nach dem Massaker an einem Hexenclan reist der Ratsvorsitzende Tyros nach Marokko, um die Schuldigen zu finden. Während er mit seiner Vergangenheit konfrontiert wird, muss Moose in Düsseldorf dafür sorgen, dass Louisa nicht die ganze Stadt in Schutt und Asche legt. Kim Leopold hat eine magische Welt mit düsteren Geheimnissen, nahenden Gefahren und einem Hauch prickelnder Romantik erschaffen, bei dem Fantasy-Lover voll auf ihre Kosten kommen. Das Flüstern der Vergangenheit - Der 5. Band der Urban Fantasy Serie Black Heart!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



 

 

 

 

 

 

 

 

Black Heart 05

Das Flüstern der Vergangenheit

 

 

Kim Leopold

 

Für die, die lieben.

 

 

Die glücklichsten Erinnerungen sind die, die uns am traurigsten machen.

 

 

 

 

 

 

[was bisher geschah]

 

1768 - Nach ihrer Hochzeit bleibt der Hexe Freya und ihrem frisch gebackenen Ehemann nichts anderes übrig, als die Magie aus ihr herauszukitzeln, um dem norwegischen König zu helfen. Weil es diesem jedoch nicht schnell genug geht, beschließt er, das Druckmittel zu erhöhen und Mikael zu foltern.

 

2018 - Die Wächter Tyros und Moose finden heraus, dass Alex und die Hexe Louisa einen Traumbund geschlossen haben. Während Louisa versuch, herauszufinden, was das alles für sie zu bedeuten hat, fällt in Marokko ein Clan zum Opfer der Hexenjäger. Schnell stellt sich heraus, dass Tyros eine Verbindung zu den Hexen und Wächtern dort hat. Sie fordern Verstärkung für Alex, Moose und Louisa an - als diese anreist, stellt sich heraus, dass der Wächter Daniel Louisas imaginärem Freund Liam zum Verwechseln ähnlich sieht.

 

Am Palast der Träume beginnt für die Wächterschüler Jascha und Aslan der erste Schultag, zu dem sie prompt zu spät kommen. Jascha legt sich mit seinem Lehrer Silas an und landet daraufhin im Krankenflügel, wo er die Heilerin Emma kennenlernt. Später treffen sie außerdem Hayet und Azalea, die gerade erst angereist sind.

 

[1]

 

Tyros

Marrakesch, 2018

 

Der Duft nach frischen Gewürzen und fruchtigen Tees liegt in der Luft, als ich aus dem Wagen steige. Es ist warm, so warm, dass ich meine Winterjacke noch am Flughafen in meinem Seesack verstaut habe und nur noch mein langärmeliges Shirt trage, damit es mich vor den Strahlen der Mittagssonne schützt.

In Marrakesch ist es halb elf, und die Innenstadt wimmelt nur so von Menschen, die ihren morgendlichen Markteinkäufen nachgehen. Ich bezahle den Taxifahrer in marokkanischen Dirham, die ich am Flughafen in Düsseldorf zu einem überteuerten Kurs eingetauscht habe, schicke eine kurze Nachricht an Moose, dass ich angekommen bin, und nehme meinen Seesack auf den Rücken.

Es ist achtzehn Jahre her, dass ich das letzte Mal hier gewesen bin, aber die Stadt hat sich kaum verändert. Die Gebäude sind noch die gleichen traditionellen Bauten aus hellem Stein, die immer wieder von Mosaiken und bunt bemalten Torbögen unterbrochen werden. Im Schatten der hohen Bäume sitzen Menschen und unterhalten sich, Rentner spielen Schach, Touristen machen Verschnaufpausen, vielleicht, weil sie überfordert von den ganzen fremden Eindrücken sind.

Ich setze mich in Bewegung und folge den Menschenmassen Richtung Djemaa el-Fna, dem großen Markt hier in der Medina. Schon von Weitem begrüßen mich die Trommel- und Flötenspieler, deren Musik sich mit den Stimmen der Marktschreier vermischt.

Mit den immer stärker werdenden Gerüchen füllt sich meine Seele mit Sehnsucht. Wie sehr habe ich dieses Land mit seinen Farben und Geschmäckern vermisst!

Wie sehr habe ich die Menschen hier vermisst ...

Der Gedanke an Najam Ahmar, den Clan, der überfallen wurde, wischt mir allerdings das Lächeln aus dem Gesicht. Malika und Junah standen nicht auf Mooses Liste, also haben sie vielleicht überlebt. Aber so viele Menschen, die mir wichtig waren, sind gestorben.

Ich balle die Hände zu Fäusten und versuche, nicht mehr darüber nachzudenken, denn die Wut ist mir so deutlich anzusehen, dass die Menschen mir schon ausweichen.

Wut hilft dir nicht weiter, sie macht dich unberechenbar, rufe ich mir Youssefs Worte in Erinnerung. Wenn der Clanführer damals nicht gewesen wäre, hätte ich niemals den Weg eingeschlagen, den ich nun gegangen bin. Normalerweise gelingt es mir gut, meine Wut im Zaum zu halten, aber jetzt fühle ich, wie sie mich innerlich auffrisst. Ich will die Verantwortlichen aufspüren und zur Rechenschaft ziehen. Etwas anderes hat in meinem Kopf keinen Platz mehr. Nicht einmal eine Erklärung für Moose hatte ich, aber die Dringlichkeit dieser Reise habe ich ihm trotzdem klargemacht. Er wird Fragen stellen, wenn ich zurückkomme, aber vorerst denke ich lieber nicht darüber nach.

Jetzt muss ich unbedingt Malika und Junah finden.

Bevor ich den Markt auf der anderen Seite wieder verlasse, kaufe ich frisch gepressten Granatapfelsaft und zwei Matlou, die gerade erst aus dem Ofen kommen und noch schön warm sind. Der Bäcker schlägt die Gebäckstücke in Zeitungspapier ein und reicht sie mir. Malika liebt die Kombination aus weichem Teig und saftigem Granatapfel immer noch über alles. Ich weiß, es ist unsinnig, sie für sie zu kaufen, aber ich spüre, wie sich dadurch meine Hoffnung verstärkt, sie wiederzusehen.

Während ich die Sachen in meinem Seesack verstaue, tauche ich in den Souks ab. Die kleinen Gassen mit den vielen unterschiedlichen Läden sind gewimmelt voll. Ich bin auf der Suche nach einem ganz bestimmten Geschäft, aber den genauen Weg habe ich nicht mehr in Erinnerung. Es ist so lange her.

Mit einer Karte kommt man hier nicht mehr zurecht, weil die Gassen so schmal sind, dass sie keine Namen tragen. Also frage ich mich in einem Kauderwelsch aus Arabisch und Französisch bei den Besitzern der verschiedenen Geschäfte durch, bis ich schließlich vor einem Laden stehen bleibe, in dem offensichtlich mit Tierhäuten und anderen skurrilen Gegenständen gehandelt wird.

Ich schiebe ein paar Schlangenhäute beiseite und betrete die Räumlichkeit. Die Frau hinter der Theke fällt mir zunächst gar nicht auf, zu erschlagend sind die vielen verschiedenen Muster und Farben hier. Erst als sie aufsteht und sich ihre Lippen zu einem erstaunten Oh öffnen, erkenne ich sie.

»Arifa.«

Sie beginnt zu strahlen und kommt hinter der Theke hervor, um mir zwei Küsse auf die Wangen zu geben.

»Tyros, bist du es wirklich?«, fragt sie auf Französisch und lehnt sich zurück, um mich zu betrachten. »Du bist so erwachsen geworden.«

Und du bist alt geworden, denke ich, spreche es aber aus Respekt nicht aus. Ihre einst dunklen Haare sind beinahe komplett ergraut, die Sonne hat ihrer Haut auch keinen Gefallen getan. Nicht einmal das Leuchten in ihren grünen Augen ist geblieben.

Sie lässt mich los und öffnet die Tür zu ihrem Wohnhaus. »Khadra! Komm mal bitte! Du musst den Laden übernehmen.«

»Wer ist Khadra?«, frage ich neugierig.

»Meine Enkeltochter«, erklärt sie. »Sie ist sechzehn.«

»Wow, ich hab viel verpasst.«

»Nicht allzu viel.« Arifa ruft erneut nach Khadra – Geduld war noch nie ihre Stärke – und wirft mir einen entschuldigenden Blick zu. »Du hast es sicher eilig. Nach allem, was mit Najam Ahmar geschehen ist.«

»Du weißt also bereits davon«, stelle ich überrascht fest.

Ein Schatten legt sich über ihr Gesicht. »Youssef hat es mir erzählt.«

Verwirrt blinzle ich sie an, die Hoffnung, Moose hätte sich in seiner Liste geirrt, breitet sich in meinem Magen aus. »Ich dachte ... Hat Youssef den Angriff überlebt?«

Sie schüttelt mit dem Kopf, und ich weiß nicht, was ich schlimmer finde: die Tatsache, dass er wirklich tot ist oder dass sie nach seinem Tod mit ihm gesprochen hat.

[2]

Freya

Christiania, 1768

 

Stille kann sich so unterschiedlich anfühlen.

Mal ist sie laut. Mal leise.

Manchmal unberechenbar.

Und manchmal genau das, worauf man gehofft hat.

Dieses Mal habe ich keine Angst, als es still um mich wird. Dieses Mal weiß ich, dass mir meine Magie geholfen hat. Sie hat uns gerettet, wenn auch nur für kurze Zeit.

Ich rapple mich auf und ertaste mir den Weg zu der Stelle, an der ich Mikael vermute. Schnell finde ich ihn. Er hängt an der Wand, weil man seine Hände dort festgebunden hat und er durch die Peitschenschläge in die Knie gezwungen wurde. Ich hocke mich neben ihn und taste nach seinem Herzschlag. Die Berührung meiner Fingerspitzen lässt ihn unruhig werden.

Kurz frage ich mich, ob es mit den anderen auch so wäre. Würden sie aufwachen, wenn ich sie berührte?

»Freya«, murmelt Mikael verwirrt und stöhnt auf. »Was ist passiert?«

»Nicht jetzt.« Ich ziehe den Dolch hervor, den er mir Stunden zuvor geschenkt hat, und durchtrenne seine Fesseln. Unsanft fällt Mikael zu Boden. Ich höre ihn scharf einatmen und verziehe schmerzerfüllt das Gesicht. Wie sehr wünschte ich, ich könnte sehen, was ich tue. »Wir müssen hier weg. Kannst du laufen?«

Eilig schiebe ich meine Arme unter seine und helfe ihm hoch. Er stützt sich mit seinem heilen Arm bei mir ab. Ich lege meine Hand auf seinen Rücken, er zuckt zusammen und hätte sich beinahe von mir losgerissen.

»Oh nein«, stoße ich leise aus und löse meine Hand sofort von der zerfetzten Haut. »Tut mir leid. Ich wollte dir nicht wehtun.«

Mikael antwortet mit zusammengepressten Lippen. »Schon gut.«

Er bringt uns zur Tür, die er vorsichtig öffnet, damit wir in den Gang lauschen können. Die Wachen am Beginn des Flures sind in ein Gespräch vertieft. Es ist mehr als unwahrscheinlich, dass sie uns nicht entdecken, wenn wir uns anschleichen, um sie zu überwältigen. Abgesehen davon würden wir das sowieso nicht schaffen, wenn ich uns nicht mit der Magie einen unschlagbaren Vorteil verschaffen würde.

»Wir können nicht hierbleiben«, flüstere ich. »Der König wird vielleicht bald aufwachen.«

»Irgendwo muss es einen Geheimgang geben«, raunt Mikael mir zu. »Aber den können wir jetzt nicht suchen. Erst mal brauchen wir ein Versteck.«

Ich nicke und überlege fieberhaft, aber ich kenne nur den Flur und das Königszimmer. Mikael dagegen scheint eine Idee zu haben, denn er greift nach meiner Hand und zieht mich hinaus auf den Flur. So leise wie möglich entfernen wir uns vom Gespräch der Wachen und biegen um eine Ecke. Mikael atmet erleichtert aus und wartet kurz, bevor wir weiterschleichen. Mit jedem Schritt fühle ich die Anspannung von mir abfallen.

Er öffnet eine Tür und zieht mich kurz darauf in einen Raum. Es ist warm und riecht nach Tabak, aber da niemand schreiend aufspringt, sind wir wohl allein. Ich lege den Kopf schief und lausche. Ein knisterndes Kaminfeuer, irgendwo tropft etwas in regelmäßigen Abständen, doch sonst ist es still.

Mikael schließt die Tür mit einem leichten Klicken und führt mich weiter in den Raum hinein. Ich stoße mit den Knien gegen ein Sofapolster, und er bittet mich, Platz zu nehmen. Zögerlich setze ich mich hin und befühle den samtigen Stoff. »Sind wir hier sicher?«

»Vorerst.« Mikael lässt sich neben mir auf das Sofa fallen. Ich taste nach seiner Hand und zeichne die markanten Knöchel nach. Er atmet schwerfällig aus. »Zumindest so lange, bis Struensee zurückkehrt.«

»Wieso?« Alarmiert horche ich auf. Was hat Struensee mit unserem Versteck zu tun?

»Das ist sein Gemach«, erklärt er. »Und er wird nicht erfreut sein, wenn er uns hier entdeckt.«

[3]

 

Tyros

Marrakesch, 2018

 

Khadra wirft ihre langen schwarzen Haare über die Schulter und setzt sich mit höflich-reserviertem Gesichtsausdruck hinter die Theke. Ich kann ihr ansehen, dass sie genervt ist, weil sie für eine Weile den Laden beaufsichtigen muss. Sie guckt genauso wie meine Schüler, wenn ich ihnen eine unliebsame Hausaufgabe gebe.

Arifa führt mich durch das steile Treppenhaus in ihre kleine Wohnung. Das Mosaik im gefliesten Vorraum ist ein großes Hamza - oder wie manche auch sagen: die schützende Hand der Fatima -das sie regelmäßig mit schützender Magie auflädt. Ich stelle meinen Seesack ab und schlüpfe aus den Stiefeln. Sie bedankt sich bei mir mit einem aufmerksamen Lächeln, bevor sie mich durch die kleine Wohnküche führt. In ihrer Wohnung riecht es nach Kräutern, Gewürzen und frischem Gebäck. Auf der Küchentheke entdecke ich ein Blech frisch gebackener Matlous, die mir das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Allmählich spüre ich meinen Hunger.

Die warmen Farben, mit denen ihr Wohnzimmer gestrichen ist, vermisse ich in Österreich. Diese marokkanische Wärme, die Herzlichkeit und das leckere Essen – alles Gründe, wieso ich lieber hiergeblieben wäre. Leider hatte ich keine andere Wahl.

Arifa bringt mich in den Raum, in dem vor achtzehn Jahren über meine Zukunft entschieden wurde. Die roten Wände, die Bücherregale mit den schweren, teils handgeschriebenen Büchern, Flaschen mit bunten Flüssigkeiten und Schraubgläsern mit getrockneten Kräutern werfen Erinnerungen an Männer auf, die längst zu Schatten ihrer selbst geworden sind. Ihre Sorge vor einem Krieg in der magischen Welt war es, die mich an den Palast gebracht hat. Nach wie vor frage ich mich, wieso sie ausgerechnet mich ausgewählt haben, um am Palast zu unterrichten und wenig später in den Rat aufgenommen zu werden.

Aber ich schätze, das ist eine der vielen Fragen, die mein Leben lang unbeantwortet bleiben werden. Außerdem bin ich wegen etwas ganz anderem hier.

»Setz dich«, bittet Arifa mich, also nehme ich auf einem der Sitzkissen an dem niedrigen Tisch Platz. »Wie kann ich dir helfen?«

»Ich hatte gehofft, du hilfst mir dabei, Malika zu finden.« Ich bemühe mich um einen neutralen Tonfall, aber das fällt mir verdammt schwer, wenn es um sie geht.

Arifa unterdrückt ein Lächeln. »Ich würde meinen, du wüsstest, wie du sie findest.«

»Ich kann sie nur im Traum erreichen, weil ich keine Handynummer von ihr habe. Aber wir haben die letzten Stunden nicht mehr zusammen geträumt, und ich will keine Zeit verlieren. Ich mache mir Sorgen.«

»Sie wird sich mit Sicherheit vor einfachen Auffindungszaubern verstecken«, gibt Arifa zu bedenken.

---ENDE DER LESEPROBE---