Das Geisterschiff - Walther Kabel - E-Book

Das Geisterschiff E-Book

Walther Kabel

0,0
0,49 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Am 26. Juli 1923 vormittags elf Uhr dreißig Minuten war’s …
Da kam Doktor Gybourgs Empfangsdame Miß Leewenstac aufgeregt in unseren Wohnsalon, noch die weiße Operationsschürze vorgebunden, und bat uns, rasch zu Gybourg uns hinüberzubemühen, weil dort eine ältere Dame bei einer Zahnoperation ohnmächtig geworden sei und weil Gybourg, als er ihr die Bluse öffnete, um freieres Atmen zu ermöglichen, auf ihrer Brust an einem Kettchen etwas so Merkwürdiges gefunden habe, das er uns unbedingt zeigen müsse …
»Denken Sie, Mister Harst,« fügte Miß Leewenstac hinzu, »dieses Merkwürdige ist ein aus Elfenbein zierlich geschnitztes und an den Gliedern mit Goldgelenken versehenes Menschenskelett — ein Kunstwerk in seiner Art …!«

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Der Detektiv

Kriminalerzählungen

von

Walther Kabel.

 

Band 118

Das Geisterschiff

 

© 2023 Librorium Editions

ISBN : 9782383839286

 

 

 

 

Inhalt

Das Geisterschiff

Die Frau mit dem Skelett.

Verfolgung zur See …

Unsere Jacht taucht …

Die andere Jacht.

Der Geisterreigen.

Die schwarze Tigerin

Im weißen Saale des Excelsior …

Der erste Akt …

Das Kind …

Harst als Ankläger.

Und doch … Liebe …!

 

 

Das Geisterschiff

1. Kapitel.

Die Frau mit dem Skelett.

In dem kleinen, altmodischen Hotel in der Bagaller-Street in London begann’s …

Dort hatten Harald Harst und ich Quartier genommen — als holländische Kaufleute …

Dort wohnten wir nun, nachdem die Ermordung Ellen Gybourgs im Hause gegenüber aufgeklärt war, unter unseren richtigen Namen: Harald Harst und Max Schraut!

Und drüben in Nr. 15 im zweiten Stock wohnte der Mann, den das Genie meines Freundes von schimpflichem Verdacht befreit hatte: der Zahnarzt Doktor John Gybourg.

All das, was den Fall Gybourg so überaus interessant machte, habe ich im vorigen Band erzählt, in »Doktor Groupys Verhängnis«.

Nun — das neue Abenteuer …

Am 26. Juli 1923 vormittags elf Uhr dreißig Minuten war’s …

Wir hatten gerade unsere Koffer gepackt, da wir abends nach Berlin-Schmargendorf, Blücherstraße 10, heimkehren wollten — endlich heimkehren und dort die paradiesische Ruhe und den Frieden unseres großen Gartens genießen — nach diesen Wochen einer beständigen Hetzjagd aufregender Geschehnisse, die mit dem »Kopf des Maharadscha« begannen und über »Die Treppe des Todes« zu »Doktor Groupys Verhängnis« führten …

Elf Uhr dreißig …

Da kam Doktor Gybourgs Empfangsdame Miß Leewenstac aufgeregt in unseren Wohnsalon, noch die weiße Operationsschürze vorgebunden, und bat uns, rasch zu Gybourg uns hinüberzubemühen, weil dort eine ältere Dame bei einer Zahnoperation ohnmächtig geworden sei und weil Gybourg, als er ihr die Bluse öffnete, um freieres Atmen zu ermöglichen, auf ihrer Brust an einem Kettchen etwas so Merkwürdiges gefunden habe, das er uns unbedingt zeigen müsse …

»Denken Sie, Mister Harst,« fügte Miß Leewenstac hinzu, »dieses Merkwürdige ist ein aus Elfenbein zierlich geschnitztes und an den Gliedern mit Goldgelenken versehenes Menschenskelett — ein Kunstwerk in seiner Art …!«

Harst griff schon nach der Sportmütze …

Wir liefen über die Straße — die beiden Treppen empor — hinein in Gybourgs Sprechzimmer …

Dort lag auf dem Diwan eine grauhaarige Dame mit seltsam fahlgelbem Teint …

Gybourg rieb ihr Stirn und Herzgegend mit Äther ein.

»Sie will gar nicht erwachen,« meinte er verstört … »Sie kam mit einer vereiterten Wurzelhaut zu mir. Ich habe den Zahn entfernt, und da — fiel die Dame um. Ich kenne sie nicht. Sie sagte, sie sei nur auf der Durchreise hier …«

Harald fühlte der Bewußtlosen den Puls …

Schaute noch ernster drein …

»Lieber Gybourg, die Frau ist tot,« sagte er leise. »Erschrecken Sie nicht …! Ich werde Detektivinspektor Colley anrufen, und man wird dann die Leiche in aller Stille abholen. Niemand kann Ihnen irgendeinen Vorwurf machen, und dieser Todesfall bleibt geheim, wird Ihrer Praxis nicht schaden.«

Er schaute die Tote an … bückte sich wieder … sagte:

»Übrigens — die Frau ist jung gewesen, sehr jung … Sie ist geschminkt, und — — sie hat« — er zog ihr die graue Perücke ab — »blondes Haar, wie Sie sehen. — Diese Verkleidung, dazu noch das Goldkettchen mit dem in der Tat sehr fein ausgeführten Elfenbeinskelett geben uns wohl das Recht, das silberne Handtäschchen, den Regenschirm und die Kleidung der Toten etwas genauer zu betrachten …«

In dem Handtäschchen befanden sich:

eine fünfschüssige Liliputrepetierpistole,

eine silberne Morphiumspritze,

einhundertfünfzig Pfund in Banknoten, in einem einfachen Briefumschlag,

eine Eisenbahnfahrkarte von Dover nach Stromeferry in Westschottland,

ein Spitzentaschentuch, das beim Auseinanderfalten große Tintenflecke in der Mitte zeigte.

Diese fünf so verschiedenartigen Dinge habe ich hier absichtlich so im einzelnen aufgezählt.

Weshalb — wird meinen Lesern sehr bald klar werden.

Dann nahm Harald den eleganten Regenschirm der Toten in Augenschein.

Er hatte eine Krücke von Elfenbein, und in den reichen Schnitzereien, die oben in einen glatten Knopf ausliefen, zeigte sich seltsamerweise wieder … ein Skelett!

Harald trat mit dem Schirm ans Fenster, kehrte uns den Rücken zu und sagte plötzlich:

»Sie, Doktor, und Miß Leewenstac werden nichts dagegen haben, daß ich das Kettchen mit dem Skelett vorläufig behalte und daß wir diesen Fund der Polizei verschweigen.«

Er schien an dem Schirmgriff zu drehen …

Was er eigentlich tat, sahen wir nicht. —

Gybourg und die Leewenstac waren einverstanden, und so verschwand denn Kettchen und Skelett in Haralds Jackentasche.

»Hm,« meinte er nun, »ich hätte noch eine Bitte … Auch die Fahrkarte möchte ich unterschlagen. Ich bin nämlich schon jetzt überzeugt, daß dieses verkleidete blonde Weib, deren Kostüm und Wäsche, deren tadellos gepflegte Hände und kostbare Ringe mir zu einem neuen Fall verhelfen werden. Die Fahrkarte aber könnte die Polizei veranlassen, mir in der Hafenstadt Stromeferry, wohin die Tote offenbar reisen wollte, ins Handwerk zu pfuschen … Also …!!«

Und er schob auch die Fahrkarte in die Tasche. —

Abends elf Uhr wurde die Leiche abgeholt, und eine Stunde früher saßen wir beide reisefertig in Inspektor Colleys Dienstzimmer auf der 6. Polizeistation, und Harald bedankte sich bei dem etwas bärbeißigen Beamten für das heute abermals bewiesene liebenswürdige Entgegenkommen.

»Keine Ursache,« lehnte Colley kurz ab. »Nur — viel Arbeit haben Sie mir da mit dieser Toten aufgebürdet, die, wie bereits im Laufe des Tages festgestellt wurde, heute morgen hier auf dem Waterloo-Bahnhof eintraf und im Wartesaal frühstückte, den Kellner nach einem Zahnarzt fragte und an Gybourg gewiesen wurde. Da sie verkleidet war, muß ich unbedingt herausbringen, wer sie ist. Ich wittere da dunkle Geschichten, zumal der Inhalt ihres silbernen Handtäschchens recht merkwürdig ist: Pistole und Morphiumspritze!«

»Ja — und dann der Schirm!« nickte Harald.

»Der Schirm?«

»Allerdings! — Dort liegt er ja …«

Er nahm ihn vom Nebentisch …

»Bitte, Mister Colley, prüfen Sie ihn …«

»Hab’s schon getan! Sehr elegant, kunstvollste Elfenbeinschnitzerei …«

»Ja — echt chinesisch. Der Griff war einst ein Spazierstockgriff …«

»Möglich …«

»Und — ist hohl …«

»Hohl?« Colley machte große Augen …

»Hohl — und gefüllt, Inspektor …«

Colley ließ sich den Schirm reichen, drehte an dem runden Knopf oben, betrachtete die Schnitzerei, schüttelte den Griff dicht am Ohr …

»Hm — ich höre nichts,« meinte er.

»Oh — die Edelsteine sind in Watte gepackt …«

»Verdammt!« platzte der Inspektor heraus. »Sie geben einem das Gift wirklich tropfenweise ein!«

»Der Knopf läßt sich losschrauben — aber nicht so, wie Sie’s versuchen … Drücken Sie erst mal kräftig auf den Kopf des Skeletts, und dann drehen Sie nach links herum.«

»Ah — verdammt — — wirklich!!«

Nun zeigte der dicke Schirmgriff seine Höhlung, nun nahm Colley das lange Stück Watte vorsichtig heraus, faltete es auseinander und legte vierzig wundervolle, wasserklare Diamanten von doppelter Erbsengröße frei …

Vierzig Stück …!!

Inspektor Colley stierte fassungslos auf die in allen Farben sprühende Pracht …

Leckte sich die Lippen, murmelte:

»Sie sind doch ein Teufelskerl, Harst! Nie im Leben hätte ich die Steine entdeckt!«

»War kein Kunststück. Ich besitze selbst einen chinesischen Spazierstock mit Elfenbeingriff. Auch der hat sein Geheimnis …«