Das Haus Zamis 13 - Neal Davenport - E-Book

Das Haus Zamis 13 E-Book

Neal Davenport

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Beschreibung

Der Schlafende schreckte hoch, als er den Besucher bemerkte. »Wer bist du?«
Die Augen des Alten glühten gespenstisch. »Mein Name ist unwichtig, aber du bist Tiziano Vecellio, besser bekannt als Tizian. Führe mich in dein Atelier!«
Der berühmte Maler gehorchte und präsentierte seinem Besucher dort das Bild einer wunderschönen Frau, an dem er arbeitete.
Der Alte nickte und zog einen goldenen Ring aus der Tasche. »Du wirst in genau vier Wochen mit dem Bild fertig sein - am 15. Mai 1535! Und du wirst die Frau mit diesem Ring malen.«
Tizian nickte - und hatte den Besuch des Alten kurz darauf für immer vergessen ...


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Inhalt

Cover

Was bisher geschah

DER DÄMON VON VENEDIG

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

mystery-press

Vorschau

Impressum

Coco Zamis ist das jüngste von insgesamt sieben Kindern der Eltern Michael und Thekla Zamis, die in einer Villa im mondänen Wiener Stadtteil Hietzing leben. Schon früh spürt Coco, dass dem Einfluss und der hohen gesellschaftlichen Stellung ihrer Familie ein dunkles Geheimnis zugrunde liegt. Die Zamis sind Teil der sogenannten Schwarzen Familie, eines Zusammenschlusses von Vampiren, Werwölfen, Ghoulen und anderen unheimlichen Geschöpfen, die zumeist in Tarngestalt unter den Menschen leben und nur im Schutz der Dunkelheit und ausschließlich, wenn sie unter sich sind, ihren finsteren Gelüsten frönen.

Der Hexer Michael Zamis wanderte einst aus Russland nach Wien ein. Die Ehe mit Thekla Zamis, einer Tochter des Teufels, ist standesgemäß, auch wenn es um Theklas magische Fähigkeiten eher schlecht bestellt ist. Umso talentierter gerieten die Kinder, allen voran der älteste Bruder Georg und – Coco, die außerhalb der Sippe allerdings eher als unscheinbares Nesthäkchen wahrgenommen wird. Zudem kann sie dem Treiben und den »Werten«, für die ihre Sippe steht, wenig abgewinnen und fühlt sich stattdessen zu den Menschen hingezogen.

Während ihrer Hexenausbildung auf dem Schloss ihres Patenonkels lernt Coco ihre erste große Liebe Rupert Schwinger kennen. Als ihr schließlich zu einem vollwertigen Mitglied der Schwarzen Familie nur noch die Hexenweihe fehlt, meldet sich zum Sabbat auch Asmodi, das Oberhaupt der Schwarzen Familie, an und erhebt Anspruch auf die erste Nacht mit Coco. Als sie sich weigert, wird Rupert Schwinger in den »Hüter des Hauses« verwandelt, ein untotes Geschöpf mit einem von Würmern zerfressenen Gesicht, das fortan ohne Erinnerung an sein früheres Leben über Coco wachen soll.

Cocos Verfehlung hat für die Zamis Konsequenzen. Ihre Stellung in Wien wird zunehmend angefochten. Nur Coco ist es zu verdanken, dass die Zamis über ihre Herausforderer aus der Sippe der Winkler-Forcas triumphieren. Auch Asmodi hat die Schmach, die Coco ihm zugefügt hat, nicht vergessen. Jedoch verzichtet er scheinbar großzügig auf weitere Maßnahmen, als ein unbekannter Dämon in London neben anderen Dämonen ausgerechnet Cocos Schwester Lydia entführt, um ihre Sippen in den Kampf gegen Asmodi zu zwingen. Tatsächlich gelingt es Coco, den Dämon zu enttarnen und zu vernichten – durch die Beschwörung des uralten Magiers Merlin, der sich auf Cocos Seite stellt.

Der Hilferuf ihres Bruders Georg führt Coco bald darauf in die Burg des Dämons Gorshat – und in eine Falle, die Asmodi und der dämonische Archivar Zakum ihr stellen. Coco jedoch dreht den Spieß um und entwendet den Signatstern aus Zakums Archiv – das erste von insgesamt sieben Siegeln, die sie benötigt, um den Magier Merlin aus seinem Gefängnis im centro terrae zu befreien. Das zweite Siegel, einen Armreif, findet Coco nach dem Sturz durch einen Zeitschacht in tiefster Vergangenheit in einer Spiegelhöhle – aber die Suche gestaltet sich von Siegel zu Siegel schwieriger ...

DER DÄMON VON VENEDIG

von Neal Davenport

Die schmächtige Gestalt in der grauen Kutte verschmolz mit dem Regen. Zielstrebig schritt sie auf ein zweistöckiges Gebäude zu, das am Ende der Straße lag. Vor dem Haus blieb sie stehen und musterte das palastähnliche Gebäude aufmerksam. Nur das laute Plätschern des Regens war zu hören, in das sich das Rauschen des nahen Meeres mischte.

Nach ein paar Augenblicken öffnete der Mann die hohe Tür und trat ein. In der Halle war es stockfinster, doch der Schmächtige schien in der Dunkelheit sehen zu können. Ohne zu zögern, durchquerte er die Halle und wich geschickt einem Kandelaber aus. Kurz bevor er den breiten Treppenaufgang erreichte, blickte er sich nochmals lauschend um. Im Haus war es völlig ruhig. Ein süßlicher Duft nach Räucherstäbchen und verbranntem Wachs hing in der Luft. Gemächlich stieg der Mann die Steinstufen hoch und blieb im ersten Stockwerk stehen. Zwei grün glühende Augen blitzten ihn an und kamen rasch näher. Der Kuttenmann hob langsam die rechte Hand, und die Katze, die ihn beobachtet hatte, kam schnurrend näher und strich um seine Beine. Es störte sie nicht, dass seine Kutte klitschnass war.

1. Kapitel

Der Mann wandte sich nach rechts. Er verlangsamte schließlich seine Schritte und blieb vor der dritten Tür stehen. Seine Hände bewegten sich in Schlangenlinien. Geräuschlos, wie von Geisterhänden bewegt, öffnete sich die Tür.

Die Katze lief an ihm vorbei ins Zimmer und miaute leise.

Langsam trat der Mann ein und blieb wieder stehen. Das Wasser tropfte aus seiner Kutte, und innerhalb weniger Sekunden bildete sich um ihn herum eine große Lache. Lautes Schnarchen war zu hören, das von einem schweren Baldachinbett herkam. Die Katze sprang auf das Bett und wandte dem Mann ihre leuchtenden Augen zu. Der Schmächtige bewegte wieder die Hände. Drei Kerzen, die in einem hohen Goldleuchter steckten, flammten auf und tauchten den spartanisch eingerichteten Schlafraum in mattes Licht.

Auf der breiten Liegestatt schlummerte ein grobknochiger Mann. Sein Gesicht war bleich, das volle kastanienfarbene Haar zerwühlt, und der gleichfarbige Vollbart hing aus dem Bett und fiel fast bis auf den Boden. Eine Truhe stand neben dem Bett, eine weitere war an der rechten Wand zu sehen, neben der ein Stuhl stand, auf den der Schlafende seine Kleider gelegt hatte. An den Wänden hingen Gobelins, und auf dem schimmernden Boden lagen orientalische Teppiche.

Der Schmächtige schob die Kapuze in den Nacken. Sein Kopfhaar war schneeweiß und seine Haut fast durchsichtig. Schneeweiß war auch sein dichter Bart, der zum größten Teil von der Kutte verdeckt wurde.

Die Katze schlug mit der rechten Pfote spielerisch nach dem Gesicht des Schlafenden, der unwillig brummend die Augen öffnete und die Katze verjagte.

»Mistvieh«, murmelte er verärgert und hob ein wenig den Kopf. Nun sah er den Alten. »Wer seid Ihr?«, fragte er und setzte sich verwundert auf.

»Mein Name ist unwichtig«, sagte der Alte. »Du bist Tiziano Vecellio, besser bekannt als Tizian.«

»Ja, der bin ich«, sagte der Maler selbstgefällig.

»Steh auf, Tizian«, sagte der Alte im Befehlston.

»Aber ich möchte doch ...«

Die Augen des Alten glühten gespenstisch. Tizian konnte den Blick nicht abwenden. Einen Augenblick lang schien sein Körper in sich zusammenzufallen. Er schlug die Decke zur Seite und kroch aus dem Bett. Bekleidet war er mit einem kunstvoll bestickten Nachthemd.

»Führe mich in dein Atelier, Tizian!«, befahl der Alte.

Der berühmte Maler griff nach dem Kerzenhalter. Ein paar Minuten später betraten sie das riesige Atelier.

»Woran arbeitest du gerade, Tizian?«, erkundigte sich der Alte und blickte sich interessiert um.

Tizian wies auf eine Staffelei. »Ich habe eben erst begonnen«, erklärte er und schritt auf die Leinwand zu.

Der Alte folgte ihm. Die Leinwand war rötlich-braun getönt, und die Umrisslinien einer weiblichen Gestalt waren zu sehen, die mit verdünnter schwarzer Farbe aufgetragen waren.

»Wann wirst du mit diesem Bild fertig sein, Tizian?«

»Ich weiß es nicht«, sagte der Maler.

»Du wirst in genau vier Wochen mit dem Bild fertig sein«, sagte der Alte. »Das ist der 15. Mai 1535!«

Tizian nickte. Der Alte griff in eine Tasche seiner Kutte und holte einen Goldring hervor, in dem sich ein kugelförmiger Stein befand, der leicht bläulich schimmerte.

»Wie ist der Name deines Modells, Tizian?«

»Elenora Gonzala.«

»Sie ist eine Spanierin?«

»Ja, Herr.«

»Du schenkst ihr diesen Ring«, sagte der Alte. »Und du wirst sie mit diesem Ring malen. Hast du mich verstanden?«

»Ja, Herr, ich habe Euch verstanden.«

Der Alte warf ihm den Ring zu, und Tizian fing ihn geschickt auf. Dann trat der Alte an das Bild heran und strich mit dem rechten Zeigefinger über die Leinwand. Er murmelte etwas Unverständliches, und seine Hände huschten rasch hin und her.

»Du vergisst meinen Besuch, Tizian«, sagte der Alte. »Und nun geh zurück in dein Schlafgemach!« Er wartete, bis Tizian gegangen war.

Die Katze, die ihnen gefolgt war, kam nun schnurrend näher. Der Alte bückte sich, strich der Katze über den Kopf und raunte ihr Worte in einer längst vergessenen Sprache zu. Die Katze setzte sich, und es schien, als würde sie die Worte des Alten verstehen. Etwas später richtete er sich auf, verschränkte die Hände vor der Brust, flüsterte ein paar Worte und verbeugte sich vor der Leinwand.

Bald darauf verließ er das Haus und verschwand im Regen ...

Während des ganzen Fluges von London nach Wien hatte ich über die Botschaft nachgedacht, die mir Oirbsen gestern übermittelt hatte.

Meine Freundin Rebecca und ich waren kaum eine Stunde im Haus in der Park Lane gewesen, als der gnomenhafte Bursche mit dem Nussknackergesicht auch schon aufgetaucht war. Wie üblich war der undurchsichtige Bursche mit Frack und Zylinder bekleidet.

»Ich habe eine Botschaft von Merlin erhalten«, sagte er, ohne sich lange mit einer Vorrede aufzuhalten. »Du sollst nach Wien fahren.«

»Das gefällt mir aber gar nicht«, entgegnete ich enttäuscht.

»Tja, ich kann es nicht ändern.« Der Kleine grinste und hob die Schultern.

»Und was soll ich in meiner Heimatstadt tun?«, erkundigte ich mich gespannt.

»Es hört sich vielleicht alles ziemlich merkwürdig an«, sagte der Gnom. »Du sollst genau um Mitternacht das Kunsthistorische Museum betreten. Kennst du dieses Gebäude?«

»Natürlich«, sagte ich.

»Dort soll ein Bild von Tizian hängen«, sprach Merlins Vertrauter weiter. »Es ist als Mädchen im Pelz bekannt. Hast du schon mal was davon gehört?«

Ich nickte. »Ja, ich kenne dieses Bild.«

»Gut. Du gehst hin und vollführst den ersten Teil der Beschwörung, mit der du dich normalerweise mit Merlin in Verbindung setzt. Alles Weitere wirst du dann aus dem Bild erfahren.«

Mehr hatte mir Oirbsen nicht sagen können – oder nicht sagen wollen.

Ein paar Stunden später hatte ich mich über eine magische Kugel mit meinen Eltern in Verbindung setzen wollen, aber keinerlei Kontakt mit ihnen herstellen können. Sie befanden sich offenbar nicht in unserem Haus in Wien. Daraufhin hatte ich zum Telefon gegriffen und zu Hause angerufen. Mein Bruder Georg hatte sich gemeldet, den ich auf meinen Besuch vorbereitet hatte.

Merlin hatte mir zweimal geholfen, und als ich wieder einmal seine Hilfe benötigte, hatte er mich wissen lassen, dass er sich selbst in Gefahr befinde. Dann war die Verbindung mit ihm abgebrochen. Einige Zeit später hatte sich Oirbsen bei mir gemeldet, der sich als Merlins Bote ausgegeben hatte. Wenn ich Merlin helfen wolle, müsse ich sieben Siegel an mich bringen. Zwei hatte ich bereits gefunden: den geheimnisvollen Signatstern, der meine magischen Fähigkeiten verstärkte, und den Armreif, mit dem ich die Zeitschächte lenken konnte. Aber nicht nur die Suche nach Merlin, die mir sogar richtigen Spaß machte, bewegte mich. Ich wusste, dass Asmodi mir nach dem Leben trachtete, und das war schlimm.

Einer seiner engsten Vertrauten, der unheimliche Dämon Zakum, hatte mir in Irland eine Falle gestellt, in die ich auch prompt geraten war. Ein unbedeutender Dämon, der aber über die Fähigkeit verfügte, jede beliebige Gestalt anzunehmen, hatte mich getäuscht. Er hatte sich als Oirbsen ausgegeben, mich zu einem Zeitschacht gelockt und mich hineingestoßen. Ich hatte mich in der Vergangenheit wiedergefunden, aber mit Hilfe des Signatsterns und einiger Freunde alle bedrohlichen Situationen meistern können. Ja, es war mir sogar gelungen, in Merlins Versteck, eine Spiegelhöhle, einzudringen, und den Armreif an mich zu nehmen. Ich war in die Gegenwart zurückgekehrt und hatte den falschen Oirbsen unschädlich gemacht.

Nun blieb die Frage, was Asmodi und Zakum wussten. War ihnen bekannt, dass ich mich in der Vergangenheit befunden hatte?

Ich hoffte, dass sie diese Zeitreise nicht bemerkt hatten. In meiner ersten Freude hatte ich Rebecca alles von meinen Abenteuern in der Vergangenheit berichtet. Das war ein Fehler gewesen, und mir war keine andere Wahl geblieben, als ihr die Erinnerung an meine Erzählungen wieder zu nehmen. Ich durfte keinerlei Risiko eingehen, denn es war durchaus denkbar, dass Zakum sich an Rebecca wenden würde. Aber da würde er nun nicht mehr viel erfahren, denn Rebecca würde ihm einfach erzählen, dass ich den falschen Oirbsen entlarvt und in den Zeitschacht gestoßen hatte.

Meine Gedanken beschäftigten sich mit all diesen Dingen, als ich das Flugzeug verließ und die Abfertigungshalle betrat. Als ich meinen Koffer vom Transportband genommen hatte und durch die Sperre ging, kam mir Georg lächelnd entgegen.

»Hallo, Schwesterchen«, sagte er leise. »Ich freue mich, dass du noch am Leben bist.«

»Was gibt es Neues, Georg?«, fragte ich. Er nahm mir den Koffer ab.

»Nichts«, meinte er leichthin und schritt dem Ausgang zu. »Alles ist verdächtig ruhig.«

Ich wartete mit weiteren Fragen, bis wir seinen Wagen erreicht hatten. Georg legte den Koffer auf die Rücksitze des knallroten Jaguars, und wir stiegen ein.

»Der Wagen ist magisch gesichert«, sagte er. »Niemand kann uns abhören.«

»Wo sind unsere Eltern?«, fragte ich, während er startete und langsam losfuhr.

»In Salzburg«, antwortete er. »Sie kommen erst in zwei, drei Tagen zurück. Sie hielten es für besser, sich einige Zeit außerhalb Wiens aufzuhalten.«

»Lydia ist in London«, stellte ich fest. »Wo stecken unsere Brüder?«

»Adalmar und Volkart sind bei Onkel Ingvar auf Castello della Malizia.«

Ich warf Georg einen flüchtigen Blick zu. Kein Mensch kommt auf die Idee, dass er ein Dämon ist. Er sieht ziemlich durchschnittlich aus. Sein Gesicht ist einfach nichtssagend. Man hat es nach wenigen Augenblicken bereits vergessen.

»Hast du etwas von Asmodi gehört?«

Georg grinste. »Nein, aber ich kann mir denken, dass er vor Wut schäumt und auf Rache sinnt. Ich bin sicher, er ist davon überzeugt, dass ich Gedda Ranthir getötet habe.«

»Hm ... Mich wollte Zakum töten!«

»Erzähle!«

»Er lockte mich in eine Falle. Aber ich konnte mich befreien.«

»Das möchte ich ganz genau hören, Coco.«

»Nein«, sagte ich entschieden. »Es ist besser, wenn du keine Einzelheiten weißt.«

»Das musst du entscheiden«, sagte er ein wenig eingeschnappt. »Aber demzufolge droht uns beiden große Gefahr. Hat Zakum in Asmodis Auftrag gehandelt?«

»Das habe ich nicht in Erfahrung bringen können, doch es ist anzunehmen. Zakum würde sich nicht ohne Rückendeckung von Asmodi an uns heranwagen.«

»Wir müssen vorsichtig sein. Weshalb bist du nach Wien zurückgekommen?«

»Ich suche nach Merlin, das weißt du ja. Aber auch darüber kann und will ich dir nicht viel erzählen. Ich bin in Merlins Auftrag nach Wien gekommen. Ich muss um Mitternacht ins Kunsthistorische Museum gehen.«

Georg lachte. »Dorthin würde ich nicht gehen«, meinte er. »Es hängen zu viele Heiligenbilder dort. Diese Ausstrahlung dürfte dir nicht gut bekommen.«

»Ich werde es überleben«, sagte ich zuversichtlich. »Aber ich möchte mir kurz das Museum bei Tag ansehen. Fahr mich bitte hin.«

»Du hast seltsame Wünsche«, entgegnete er kopfschüttelnd.

Die Straße, die vom Flughafen Schwechat nach Wien führt, war ziemlich stark befahren. Rechts tauchten die Ölraffinerien auf. Daran schloss sich auf der linken Seite der Zentralfriedhof an. Die Ausstrahlung der Grabkreuze wirkte betäubend. Georg nahm die Ausstrahlung ebenfalls wahr. Sein Gesicht war verzerrt, Schweißtropfen perlten über seine Stirn. Er trat stärker aufs Gaspedal und überholte rücksichtslos einige Autos, deren Fahrer wütend hupten und ihm einige Freundlichkeiten zubrüllten.

Erleichtert atmeten wir auf, als der riesige Friedhof hinter uns lag. Ein paar Minuten später passierten wir einen weiteren Friedhof, doch hier war die Ausstrahlung nicht so stark zu spüren.

»Wir müssen endlich ein Mittel gegen diese Kreuze finden«, sinnierte mein Bruder.

»Adalmar arbeitet doch an einem Talisman, der die Ausstrahlung eindämmen soll«, entgegnete ich.

»Aber bis jetzt hat er keinen Erfolg damit gehabt. Ich finde es entwürdigend, dass uns Kreuze, Kirchen und Weihrauch so schwach machen. Es gibt einfach keine vernünftige Erklärung dafür, und doch bekomme ich Schweißausbrüche, wenn ich ein Kreuz sehe.«

Wir fuhren die schnurgerade Simmeringer Hauptstraße entlang und erreichten schließlich den Schwarzenbergplatz. Georg bog nach links in den Ring ein und fuhr an der Oper vorbei. Das Kunsthistorische und das Naturhistorische Museum lagen vor uns. In der Burg fand Georg einen Parkplatz.

»Ich warte hier auf dich, Coco.«

Ich stieg aus, überquerte den Ring und betrat den Maria-Theresien-Platz. Es war ein warmer Frühlingstag. Der Platz war von Touristen belagert, die eifrig die beiden Museen und das in der Mitte des Platzes befindliche Maria-Theresien-Denkmal fotografierten und filmten.

Langsam stieg ich die Stufen hoch, die zu drei hohen Toren führen. Ich trat ein und blieb überwältigt stehen. Vor mir lag ein gewaltiger Treppenaufgang, riesige Säulen in einer gewaltigen, mit einem Gemälde verzierten Kuppel.