Das Haus Zamis 99 - Diana Dark - E-Book

Das Haus Zamis 99 E-Book

Diana Dark

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Aus Hunderten kleiner, schwarzer Stecknadelköpfe starren mich die Raben an. Ich selbst rührte mich nicht. Schon in der Stadt hatte ich die Erfahrung gemacht, dass sich die Raben zurückzogen und davonflogen, wenn ich mich ihnen zu nähern versuchte. »Danke!«, sagte ich leise. Dann noch einmal, auf Russisch: »Spasibo!« Fast hätte ich als Drittes hinzugefügt: »Krrrooaak!«
Doch mir war nicht zum Lachen.
Die Vögel legten den Kopf schief und schwiegen.
Sie warteten ... lauerten ...
Nach mehreren einzeln abgezählten Herzschlägen trat ich den Rückzug an. Ich stieg wieder in die Fahrstuhlkabine und fuhr abwärts.
Auf mich wartete Theodotos Wolkow, mächtigster Dämon Moskaus und wahrscheinlich ganz Russlands - und zugleich meine Zielperson, die ich fassen und meinem neuen Herren Asmodi zum Fraß vorwerfen sollte ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 130

Veröffentlichungsjahr: 2024

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.


Ähnliche


Inhalt

Cover

Was bisher geschah

DAS SCHWARZE ZIMMER

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

mystery-press

Vorschau

Impressum

Coco Zamis ist das jüngste von insgesamt sieben Kindern der Eltern Michael und Thekla Zamis, die in einer Villa im mondänen Wiener Stadtteil Hietzing leben. Schon früh spürt Coco, dass dem Einfluss und der hohen gesellschaftlichen Stellung ihrer Familie ein dunkles Geheimnis zugrundeliegt. Die Zamis sind Teil der Schwarzen Familie, eines Zusammenschlusses von Vampiren, Werwölfen, Ghoulen und anderen unheimlichen Geschöpfen, die zumeist in Tarngestalt unter den Menschen leben. Die grausamen Rituale der Dämonen verabscheuend, versucht Coco den Menschen, die in die Fänge der Schwarzen Familie geraten, zu helfen. Ihr Vater sieht mit Entsetzen, wie sie den Ruf der Zamis-Sippe zu ruinieren droht. So lernt sie während der Ausbildung auf dem Schloss ihres Patenonkels ihre erste große Liebe Rupert Schwinger kennen. Auf einem Sabbat soll Coco zur echten Hexe geweiht werden. Asmodi, das Oberhaupt der Schwarzen Familie der Dämonen, hält um Cocos Hand an, doch sie lehnt ab. Asmodi kocht vor Wut und verwandelt Rupert Schwinger in ein Ungeheuer.

Seitdem lässt das Oberhaupt keine Gelegenheit aus, gegen die Zamis-Sippe zu intrigieren. Michael Zamis sucht indes Verbündete unter den Oppositionsdämonen, die sich Asmodis Sturz auf die Fahnen geschrieben haben. Sein Unternehmen scheitert, und er wird von Asmodi zur Strafe in eine krötenartige Kreatur verwandelt. Während eines Schwarzen Sabbats wird Asmodi von Thekla Zamis vorgeführt. Aus Angst vor seiner Rache flüchten die Zamis vorübergehend aus Wien, kehren schließlich jedoch dorthin zurück.

Asmodi erlöst Michael Zamis von seinem Freak-Dasein. Im Gegenzug soll Coco Asmodis missratenen Sohn Dorian Hunter töten. Es gelingt Coco, Dorian zu becircen – doch anstatt den Auftrag sofort auszuführen, verliebt sie sich in ihn. Zur Strafe verwandelt Asmodi Dorian Hunter in einen seelenlosen Zombie, der fortan als Hüter des Hauses in der Villa Zamis sein Dasein fristet.

In Wien übernimmt Coco ein geheimnisvolles Café. Sie beschließt, es als neutralen Ort zu etablieren, in dem Menschen und Dämonen gleichermaßen einkehren. Zugleich stellt Coco fest, dass sie von Dorian Hunter schwanger ist.

Das Café Zamis erhält Besuch von Osiris' Todesboten. Sie überbringen die Nachricht, dass Coco innerhalb einer Woche sterben wird. Ebenso erhalten ihr Vater Michael und Skarabäus Toth die Drohung. Alle drei bitten Asmodi um Hilfe, müssen dafür jedoch das für sie jeweils Wertvollste als Pfand hinterlegen. So wird Coco ihr ungeborenes Kind entrissen.

Mit Hilfe ihres Bruders Volkart gelingt es Coco, die Todesboten zu besiegen. Doch Asmodi gibt das Kind zunächst nicht wieder her. Erst soll Coco noch eine weitere Aufgabe für ihn erledigen. In seinem Auftrag reist sie nach Moskau, zusammen mit dem zwielichtigen Dämon Helmut von Bergen ...

DAS SCHWARZE ZIMMER

von Diana Dark und Rüdiger Silber

Es waren die Worte Gottes, die an das Gehör der jungen Hexe drangen:

Ich will dir viel Schmerzen schaffen, wenn du schwanger wirst; unter Schmerzen sollst du Kinder gebären.

Eine große, schweißglänzende Wölbung aus gestraffter Bauchhaut versperrte ihr den Blick auf das, was zwischen ihren weit geöffneten Beinen vor sich ging.

Und dein Wille soll deinem Mann unterworfen sein, und er soll dein HERR sein!

Die zürnenden Worte Gottes waren es, mit denen er Eva aus dem Paradies vertrieb.

Doch die Stimme, die die Worte in höhnischem Triumph sprach, gehörte Asmodi.

Asmodi ... und Gott: Für die Hexe existierte zwischen dem Fürsten der Dämonen und dem Gebieter des Universums ohnehin kein Unterschied mehr.

1. Kapitel

Asmodi stand aufragend zwischen ihren gespreizten Schenkeln und beobachte mit garstigem Grinsen, was dem eigenen Blick der jungen Hexe aufgrund des geschwollenen Bauchs entzogen war. Die gewölbte Bauchdecke regte und beulte sich wie ein zugeschnürter Sack, in dem ein Wurf Welpen oder Ferkel zappelt. Die Schmerzen waren grauenvoll. Das waren keine normalen Geburtswehen, so viel war der Hexe klar. Vielmehr glichen sie der Folter, die sie einst durchlitten hatte, als Achthon, der dämonische Balg des furchtbaren Comte de Guedelon, ihrem Leib entschlüpft war.

Jetzt flauten die Bewegungen unter der blasenförmigen, zum Platzen gespannten Bauchdecke ab. Sie zeigte keine Ausstülpungen mehr. Doch die Schmerzen ließen nicht nach. Sie verlagerten nur ihr Zentrum ... und steigerten sich noch!

Gequält spürte die Hexe, wie ein Schwall warmer Flüssigkeit zwischen ihren Beinen hervorschoss. Zugleich senkte sich die Wölbung der Bauchdecke ganz langsam. Fingerbreit um Fingerbreit gab sie der Hexe den Blick auf das frei, was aus ihrem Inneren ins Freie kroch.

Sie hätte ihr Grauen hinausgeschrien. Doch die junge Hexe schrie ja schon vor Schmerz, so laut Lunge und Stimmbänder konnten.

Wer der Vater der Ausgeburt war, ließ sich nicht ersehen ... außer dass er ein Monster sein musste. Aber das war nicht das Schrecklichste. Viel schrecklicher war, dass man der Missgestalt auf den ersten Blick die Mutter ansah. Denn das nasse, blutverklebte Ungeheuer, das gerade mit spitzen Zähnen die Nabelschnur durchnagte, besaß eine groteske Mischung aus Pitbullschnauze und dem Gesicht der jungen Hexe.

Aus böse glimmenden Augenschlitzen belauerte es die Frau, die es zur Welt gebracht hatte. Sowie die Nabelschnur durchtrennt war, kroch es auf ihren geschrumpften Bauch und begann den Schweiß aufzulecken.

Asmodi beugte sich vor. In seiner Faust schimmerte eine Harpyienkralle. Er bohrte sie in den Bauch der Hexe und schlitze Haut, Fett- und Muskelgewebe fingerlang auf. »Nun atze dich, mein Sohn«, sprach er und kraulte den Bastard unter der unförmigen Kinnlade. »Auf dass du groß und stark und grausam wirst!«

Und wie ein Terrier, der in einen zu engen Kaninchenbau vordringt, wühlte der Bastard sich durch den blutigen Spalt in die Hexe hinein.

Gegenwart

Ich erwachte mit einem hellen, spitzen Schrei. Keuchend schnappte ich nach Luft.

Natürlich war es nur ein Traum gewesen. Dennoch war ich schweißgebadet. Ich fuhr mir mit der Hand übers Gesicht. Dann blickte ich meinen Nebenmann zur Linken an, der in derselben Reihe, aber auf der anderen Seite des Mittelganges saß. Er hatte irgendetwas zu mir gesagt. Zwar auf Russisch, aber mit einem Zungenschlag oder in einem Dialekt, den ich nicht verstand. Offenbar war mein Schrei laut genug gewesen, um ihn von dem Bordfilm abzulenken, den er sich ansah. Ich versuchte ein Lächeln. »Spasibo! U menya vsyo horosho«, nickte ich. ›Danke! Mir geht's gut‹, hatte ich ihm auf Russisch zu verstehen gegeben.

Der Mann nickte zurück und setzte den Kopfhörer wieder auf. Erneut richtete er den Blick auf den kleinen Bildschirm, der über einem Schwenkarm an der Seitenarmlehne des Nachbarsitzes befestigt war.

Auch weitere Flugreisende, die sich nach mir umgewandt hatten, sowie die herzueilende Stewardess beruhigte ich mit dem gezwungenen Lächeln.

Ich befand mich an Bord des Direktfluges von Wien-Schwechat nach Moskau-Domodedowo.

Leider reiste ich in Gesellschaft.

»Ich habe Sie betrachtet, Fräulein Coco«, tönte es rechts von mir. »Sie sahen so unschuldig aus im Schlaf! Aber der kleine, entzückte Schrei, mit dem Sie eben aufgewacht sind, dieses erregende Keuchen, das zwischen Ihren Lippen hervordrang – das klang überhaupt nicht mehr unschuldig! Und Sie sind ja ganz verschwitzt! Wovon haben Sie bloß geträumt?«

Ich schloss wieder die Augen und schwieg. Ich ahnte bereits, was als Nächstes kommen würde.

»Handelte der Traum etwa von mir?«

Bingo!

»Ihr Erröten beweist es: Sie haben von mir geträumt.«

Als ich auch darauf nichts erwiderte, fuhr er fort: »Woher ich das wusste? Weil auch ich keuche und schwitze, wenn ich von Ihnen träume!«

Mein Reisebegleiter hieß Helmut von Bergen – Fürst Helmut von Bergen. Er gehörte zur Schwarzen Familie. Asmodi hatte uns zusammengespannt. Noch so eine Schurkerei, die ich Asmodi niemals vergessen wollte.

Aus meiner Sicht war von Bergen der Fürst der Kotzbrocken. Sein tatsächliches Alter kannte ich nicht, weil er ein Dämon war. Aber er wirkte wie Anfang sechzig. Vom Aussehen her hätte er ein passables Double des Schauspielers Peter Simonischek abgegeben. Als Filmregisseur und Dandy mit einer Vorliebe für um den Hals geschlungene Seidenfoulards, eierschalfarbene Anzüge und schiefergraue Maßhemden war er eine beliebte Persönlichkeit für die Klatschpresse – gewesen. Sein Stern war verblasst. Asmodi schätzte es nicht, wenn es Mitglieder der Schwarzen Familie allzu sehr in die Öffentlichkeit drängte.

Einen Spitzenplatz jedoch belegte er unangefochten: auf der Messlatte für Ekelpakete.

Zu Beginn hatte er noch den Grandseigneur gegeben. Seine Komplimente waren zwar ermüdend, aber immerhin kavaliersgerecht gewesen. Leider hatte es nicht lange gedauert, bis er in das ihm offenbar gemäßere Rollenfach gewechselt war – das des ungenierten, ordinären Lüstlings. Ich konnte nur hoffen, dass er nicht irgendwann anfing, mich zu begrapschen ...

Asmodi hatte sich spendabel gezeigt. Wir flogen Business Class. Aber in dem Airbus A320 der Aeroflot gewährten selbst die teuren Sitze nur beschränkte Beinfreiheit. Daher hatte ich von Bergen den Fensterplatz, den er begehrte, bereitwillig abgetreten, obwohl die Sitznummer auf meinem Flugticket eingetragen war,. Denn ich wollte nicht über seine Knie hinwegsteigen müssen, wenn ich meinen Platz verließ.

Die Stewardess kam mit Getränken vorbei. Ich hörte, wie von Bergen murrte: »Wussten Sie schon, Fräulein Coco, dass die russischen Fluglinien den Wodka-Ausschank verboten haben? Zu viele Besoffene, die über die Stewardessen hergefallen sind! Ich wäre wirklich lieber mit Austrian Airlines geflogen.«

Ich erhob mich und trat auf den Mittelgang hinaus. Aus dem Gepäckfach über den Sitzen fischte ich den Rucksack hervor, der mein Handgepäck darstellte. Dann begab ich mich auf den Weg zu den Toiletten.

Die Toiletten befanden sich ganz hinten am Heck des Fliegers, sodass ich den Passagiertrakt in voller Länge durchmessen musste.

Ich passierte die Abtrennung zur Touristenklasse. Hier bot jede Sitzreihe zweimal drei Plätze, getrennt durch den Mittelgang, und es gab noch weniger Fußraum zwischen den Reihen. Die Touristenklasse war nicht ausgebucht. Ich erblickte etwa ein Dutzend leerer Sitze.

Als auffallende Frau den engen Mittelgang eines Passagierflugzeugs mit gelangweilten Fluggästen abzuschreiten, hat etwas von einem Spießrutenlauf.

Kurz vor den WCs merkte ich, dass ein Mann, der in Reihe 22 oder 23 saß, mir entgegenstarrte. Er machte seine beiden Sitznachbarn aufmerksam, die mich nun ebenfalls anglotzten. Diese Art unverschämter Aufmerksamkeit hatte ich seit meinem Zusammensein mit dem Fürsten zur Genüge genossen. Nur die drei Gaffer sahen den Mittelfinger, den ich im Vorbeigehen in Hüfthöhe für sie ausstreckte. Sofort stupsten sie einander an, und alle drei senkten rasch den Blick, als würde sich plötzlich etwas ungemein Spannendes auf den Sitzlehnen ihrer Vordermänner abzeichnen. Wenige Schritte später schloss ich mich in einer der beiden Klokabinen ein.

Das Übelkeitsgefühl im Bauch war bereits abgeflaut. Ich blickte in den Spiegel. Ein klammer Film überzog meine Stirn, was ihr einen porzellanartigen Glanz verlieh, und Schweißperlen standen auf der Oberlippe. Ich wischte sie mit der Zungenspitze fort.

Die Träume kamen immer wieder, als eine beständige Mahnung, was meine derzeitige Lage verschuldet hatte. Als ob es einer solchen Mahnung überhaupt bedurft hätte.

Ich hatte mein ungeborenes Kind an Asmodi verpfändet, und er hatte mich übertölpelt. Der Fötus war nun in seiner Gewalt. Wahrscheinlich schwamm er in irgendeiner höllischen Nährlösung, die das Böse in ihm fütterte. Ich hatte mir noch nicht einmal einen Namen für mein Kind überlegen können. Es gab eine Zeit, da hätte es Dorian geheißen. Falls es ein Junge war. Aber die Zeit war vorbei. Außerdem wusste ich selbst das nicht: ob es ein Junge war oder ein Mädchen! Schlimmer noch: Sogar des Vaters meines Kindes konnte ich jetzt nicht mehr sicher sein. Denn um das Maß vollzumachen, behauptete Asmodi, meine Erinnerung an die Zeugungsnacht sei eine von ihm bewirkte Illusion gewesen. Nicht Dorian Hunter sei der Vater – sondern er selbst, Asmodi, der Fürst der Dämonen, habe mir beigewohnt und mir seinen Samen eingepflanzt.

Dorian Hunter bedeutete mir nichts mehr. Er war tot. Zumindest hatte Asmodi es behauptet. Seine Worte klangen mir noch im Ohr: »Ach ja, ich musste auf dem Weg durch den Garten euren Hüter des Hauses töten. Er hat den Frevel begangen, mich anzugreifen. Ich werde davon absehen, den Herrn des Hauses dafür zu bestrafen.«

Asmodi selbst ... nun ja, was ich für ihn empfand, war noch nicht einmal das Gegenteil von Liebe. Denn das Gegenteil von Liebe wäre ja bloß Hass. Wahrhaftig: Die Empfindungen, die ich für – oder besser: gegen –Asmodi hegte, mit Hass zu verwechseln, wäre so angemessen gewesen, wie das Tosen einer stürmischen Brandung mit dem Geplätscher von Strandwellen gleichzusetzen.

Aber egal, wer der Vater war – ich war die Mutter. Deshalb hatte Asmodi mich in der Hand. Deshalb saß ich neben dem widerlichen Fürsten im Flugzeug nach Moskau, auf Geheiß Asmodis, in unbekannter Mission, deren Ziel er uns beizeiten enthüllen würde.

Ich drehte kaltes Wasser auf und schöpfte mir eine Handvoll ins Gesicht. Dann zog ich ein Tuch aus dem Spender. Ich wischte mir über Stirn, Nase, Wangen und Kinn. Dennoch hätte ich eine Quaste voll Puder gebraucht, um den schweißigen Schimmer auf der Haut abzudecken. Aber ich habe nie zu den weiblichen Wesen gehört, die stets ein ganzes Schminkset mit sich führen. Ich bin auch keine Handtaschenschwingerin.

Immerhin hatte ich diesmal eine Art Handtaschenersatz dabei – den Rucksack. Aus dem Außenschlitz zauberte ich etwas Ungewohntes hervor, einen Eyeliner und einen Lippenstift.

Ich erneuerte den schwarzen Lidstrich und zog das dunkle, fast schwarze Rot auf meinen Lippen nach. Es war eine andere, unvertraute Coco Zamis, die mir da aus dem Spiegel entgegensah.

Nachdem Asmodi mich in seine Dienste gezwungen hatte, war ich fast so weit gewesen, wieder die Vollglatze zu tragen, die Meister Hans, der Wiener Scharfrichter aus dem 15. Jahrhundert, mir geschoren hatte. Aber einen Kahlschädel hätte Asmodi bei seiner neuen Agentin nicht geduldet – zu auffällig, und auch zu unweiblich. Er wollte, dass ich attraktiv aussah. Ich wollte vor allem, dass ich anders aussah, solange ich nach seiner Pfeife tanzte.

Mich in Asmodis Handlangerin zu verwandeln, sollte einer Verpuppung/Entpuppung gleichkommen. So wollte ich selbst es. Durch die Veränderung würde sich mein Handeln in Asmodis Sold weniger beschmutzend auf mein altes, mein wahres Ich auswirken.

Hoffte ich zumindest.

Also hatte ich darauf verzichtet, meine schwarze Rabenmähne mithilfe eines kleinen Schönheitszaubers schnell auf die alte Länge wachsen zu lassen. Ich trug das Haar jetzt kurz. Als dunkler Rahmen hatte das frühere lange Haar zwar die Form meines Gesichtes mit den hohen Wangenknochen und das Grün meiner Augen betont. Aber die Kurzhaarfrisur wirkte unkonventioneller. Unweiblicher.

Der Umwandlung entsprach mein Outfit. Back in Black. Ich trug schwarze Lederleggings, ein schwarzes Shirt mit rotem Aufdruck (Sonnenuntergang hinter Wolkenkratzer-Skyline, garniert mit Fledermäusen) und einen taillierten Kurzblazer, ebenfalls aus Leder.

Ich schmiss das Papiertuch in den Abfall, fuhr mir mit der Hand durchs kurze, widerspenstig gewordene Haar und verließ die Toilettenkabine.

Jemand beobachtete mich heimlich. Ich bemerkte es nur, weil mein Blick zufällig auf den Schminkspiegel fiel, den eine weibliche Hand über die Sitzlehne nach oben hielt, als würde sie ihr Make-up überprüfen. Doch sie hielt ihn im falschen Winkel, um sich selbst darin betrachten zu können. Der Spiegel war auf mich gerichtet.

Dann erkannte ich, dass die Frau in derselben Sitzreihe saß wie die drei Stielaugen, die mich auf dem Weg zur Toilette angegafft hatten. Nur saß sie auf der anderen Seite des Mittelgangs. Neben ihr, zum Fenster hin, dösten zwei weitere Frauen. Zumindest taten sie so. Dabei hatte ich das Gefühl, dass sie mich ebenfalls beobachteten.

Das war schon sonderbar: drei Männer auf der einen Seite der Sitzreihe – drei Frauen auf der anderen. Und alle schienen sich für mich zu interessieren.

Als ich an ihnen vorbeiging, ignorierten sie mich geflissentlich. Ich aber tat, als entglitte mir der Rucksack. Beim Aufheben ließ ich mir genug Zeit, um überdeutlich eine dämonische Aura zu erspüren. Nur meine Übelkeit, meine Wut und meine Hast hatten mich daran gehindert, es bereits auf dem Herweg wahrzunehmen.

»Außer uns beiden sind weitere sechs Dämonen an Bord«, sagte ich leise, als ich wieder neben dem unausstehlichen Fürsten Platz nahm.