Das Komplott zu Lima - Roberto Schopflocher - E-Book

Das Komplott zu Lima E-Book

Roberto Schopflocher

4,5

Beschreibung

Der neueste Roman des heute 92-jährigen deutsch-argentinischen Autors Roberto Schopflocher erzählt die faszinierende Lebensgeschichte der Elvira Acostas und die dramatische Geschichte der Judenverfolgung im Südamerika des 17. Jahrhunderts. Auf der Flucht vor den in Brasilien eingetroffenen Inquisitoren Lissabons gelangt die neuchristliche Familie Acostas mit ihrem aufgeweckten Töchterchen Elvira nach Buenos Aires, damals noch ein verschlafenes Nest am äußersten Rand des spanischen Weltreichs. Doch auch von hier müssen sie fliehen, quer durch das noch unbesiedelte Südamerika. Cordoba, dann Santiago de Chile, Lima, Tucumán und wieder Buenos Aires: Elvira erlebt aus nächster Nähe das große Autodafé zu Lima im Jahr 1639 und das Erdbeben Santiagos im Jahre 1647. Abenteuerlich und spannend, ist ihr Leben dauernder Gefährdung ausgesetzt, überschattet von den Verliesen der Inquisition, vom Tod ihres zum Galeerendienst verurteilten Gatten und von der Suche nach ihrem Sohn. Mit einer an Stefan Zweig erinnernden, vergessen geglaubten Sprachkraft erweckt der Autor eine noch wenig bekannte Welt zum Leben, bevölkert von Vizekönigen und ihren Schranzen, von Alt- und Neuchristen, Glaubensrichtern und politisierenden Handelsherren, von Silberbaronen und Grabräubern, Schmugglern und Sklavenhändlern, von Gottessuchern, Messiasgläubigen und Abenteurern.

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Der neueste Roman des heute 92-jährigen deutsch-argentinischen Autors Roberto Schopflocher erzählt die faszinierende Lebensgeschichte der Elvira Acostas und die dramatische Geschichte der Judenverfolgung im Südamerika des 17. Jahrhunderts.

Auf der Flucht vor den in Brasilien eingetroffenen Inquisitoren Lissabons gelangt die neuchristliche Familie Acostas mit ihrem aufgeweckten Töchterchen Elvira nach Buenos Aires, damals noch ein verschlafenes Nest am äußersten Rand des spanischen Weltreichs. Doch auch von hier müssen sie fliehen, quer durch das noch unbesiedelte Südamerika. Cordoba, dann Santiago de Chile, Lima, Tucumán und wieder Buenos Aires: Elvira erlebt aus nächster Nähe das große Autodafé zu Lima im Jahr 1639 und das Erdbeben Santiagos im Jahre 1647. Abenteuerlich und spannend, ist ihr Leben dauernder Gefährdung ausgesetzt, überschattet von den Verliesen der Inquisition, vom Tod ihres zum Galeerendienst verurteilten Gatten und von der Suche nach ihrem Sohn.

Mit einer an Stefan Zweig erinnernden, vergessen geglaubten Sprachkraft erweckt der Autor eine noch wenig bekannte Welt zum Leben, bevölkert von Vizekönigen und ihren Schranzen, von Alt- und Neuchristen, Glaubensrichtern und politisierenden Handelsherren, von Silberbaronen und Grabräubern, Schmugglern und Sklavenhändlern, von Gottessuchern, Messiasgläubigen und Abenteurern.

»Schopflochers exotisch-historisches Buenos Aires leuchtet in diesem Roman, wie einst Thomas Manns München leuchtete –, oder auch dunkler, wie El Grecos Toledo.« RUTH KLÜGER

Geschichte ist der Fundus von Ängsten, Taten, Irrtümern und Träumen, den wir mit wechselnden Resultaten befragen. Sie ist ein trügerisches Kontinuum ohne Ziel, das vertraute Fremde, in dem nach einem Sinn zu suchen müßig ist.

Siegfried Lenz, Über das Gedächtnis

Inhalt

Vorspiel

1 –

Elvira oder die Parallelwelt

2 –

Doña Ana oder die Begegnung zweier Königinnen

3 –

Juan auf Freiersfüßen oder im Schatten des Herrn

4 –

Rodrigo oder verflucht mit allen Flüchen des Alten und des Neuen Paktes

5 –

Baltasar oder das Tausendjährige Reich des Friedens

6 –

Teresilla oder die erste Kunde von Maldonado de Silva

7 –

Manuel Bautista oder Lima, die Stadt der Heiligen Drei Könige

8 –

Mencía Luna oder das Zittern der Mimosen

9 –

Der Sendbote aus Amsterdam oder das letzte Abendmahl

10 –

Juan Sáenz de Mañozca oder das Raunen der Mauern

11 –

Cristóbal oder mit Milde und Barmherzigkeit

12 –

Maldonado de Silva oder Eli, Eli! Lamah sabactani?

13 –

Doña Felipa oder die Geisterschlacht

14 –

Andresillo oder das Erdbeben von Chile

15 –

Violante oder die transkontinentale Treibjagd

16 –

Blanca oder die messianischen Zeitläufte

17 –

Andrés oder der Christus der Pönitenz

18 –

Diego oder die Rückkehr nach Hause

Glossar

Vorspiel

Der Bachiller und Lizentiat Juan Sáenz de Mañozca war der einflussreichste der drei sehr ehrwürdigen und illustren Inquisitoren, eingesetzt gegen die irrgläubige Ruchlosigkeit und Apostasie Limas, der Stadt der Heiligen Drei Könige. Er befand sich im Audienzsaal seines Palastes, wo er sich auf dem ihm vorbehaltenen vergoldeten Sessel niedergelassen hatte. Seine Füße ruhten auf einem riesigen Berberteppich. Über ihm breitete sich die prächtig getäfelte Zimmerdecke aus; an der Wand vor ihm hing ein mannshohes Kruzifix, dem er ein komplizenhaftes Lächeln schenkte.

Nach einer Weile der Nachdenklichkeit erhob er sich, die Hände auf die Armlehnen gestemmt. Dann entblößte er sein schütteres Haar und schloss die Augen, um sich seinem Gebet hinzugeben:

»Hier stehen wir, Herr Heiliger Geist, von der Sünde des Hochmuts beherrscht, versammelt aber in Deinem Namen. Komme über uns, vergegenwärtige Dich; geruhe, Dich in unseren Herzen einzunisten; lehre uns, was wir tun müssen, um Dein Wohlgefallen zu verdienen! Sei unser Heil, der Du uns unser Urteil eingibst! Du, der Einzigartige, dem ein wahrhaft glorreicher Name zu eigen ist, gemeinsam mit dem Vater und dem Sohn. Du, dem die Unparteilichkeit wohlgefällig ist, verhindere, dass uns unsere Unwissenheit zur Verruchtheit verleite. Auf dass wir der Gerechtigkeit dienen, gemildert durch das Mitleid. Mögen wir in der Zukunft der ewiglichen Belohnung unserer guten Werke teilhaftig werden. Amen!«

Er nahm wieder Platz, klemmte sich seinen schwarzumrandeten Zwicker auf die Nase und rückte den Aktenstoß zurecht, der auf einem imposanten Tisch mit kunstvoll gedrechselten Beinen bereitlag. Andere mochten diese von orthographischen Fehlern strotzenden Protokolle langweilig finden, schwerfällig wiederkäuend und mit umständlichen Floskeln behaftet. Für ihn stellten sie unerschöpfliche Fundgruben ständig neuer Entdeckungen dar, die ihm die Verirrungen des menschlichen Geistes und die Schwäche des menschlichen Fleisches bestätigten.

In tiefster Seele war er von der Niedertracht seiner Widersacher überzeugt, von denen er sich umstellt wähnte. Ein teuflisches Heer, das die alleinseligmachende Kirche bedrohte: Lutheraner, Anhänger des Talmuds und des Korans, Zauberer, Hexen. Und immer wieder Verblendete, die danach strebten, allein durch ihr Herz mit Gott zu kommunizieren – man stelle sich vor: Christen ohne Kirche!

Er war vom Bewusstsein erfüllt, dass ihn der Allmächtige in seiner Gnade mit der Sicht in die Vergangenheit ausgestattet hatte. Durchdrungen von dieser Überzeugung, dienten ihm die vorliegenden Schriftstücke als ein Instrument, dazu bestimmt, Unsichtbares sichtbar zu machen. Geheime Seelenkanäle, die ihm erlaubten, mit Verflossenem zu kommunizieren. Mit dem Zweimaster etwa, der fast zwanzig Jahre zuvor eine Gruppe judaizierender Brasilianer ans Ufer des Río de la Plata gebracht hatte. Die er in seiner, wie er fest glaubte, überirdischen Vorstellungsgabe nun genauer in Augenschein nahm, da sie für ihn Mosaiksteinchen darstellten im Schauprozess, den er seit einiger Zeit vorbereitete und der unter dem Namen La gran complicidad, »Das große Komplott«, in die Geschichte eingehen sollte.

1Elvira oder die Parallelwelt

An einem trübenHerbstmorgen anno 1619 durchschneidet ein Zweimaster die lehmbraunen Wellen des Río de la Plata. Mit gestrichenen Segeln steuert er auf den Hafen von Buenos Ayres zu, der südlichsten Einfallspforte des spanischen Weltreichs in dem – stolzem Königswort gemäß – die Sonne niemals untergeht.

Sprühregen unter wolkenverhangenem Himmel. Aus dem Schiffsinnern dringen die Litaneien der Schwarzen, die den Tod eines der ihren beklagen. Ein junges Mädchen steht fröstelnd am Bug des Schiffes und versucht, durch den Regenschleier die Silhouette des Städtchens zu erkennen, dem sie sich nähern: vereinzelte Gebäude, zwischen denen sich ein paar ärmliche Kirchtürme abzeichnen. Santa María de las Buenos Ayres de la Santísima Trinidad. Was für ein langer Namen für eine so winzige Stadt!

Ein junges Mädchen: Elvira Acosta y Enríquez. Elvirilla, die kleine Elvira, »mein kluges Töchterlein« für den Vater, den toleranten Rodrigo. Die »Vergiss-nie-wer-du-bist« für Felipa, die herbe Mutter.

Standhaft verharrt die Kleine auf ihrem Posten, obwohl die Nässe durch ihr dünnes Kleidchen dringt. Was sie jedoch kaum wahrnimmt, denn der Fahrtwind, der ihr die Haarsträhnen ins Gesicht weht, vermittelt ihr ein Gefühl der Freiheit, das sie so sehr erfüllt, dass Wind, Nässe und Kälte unbemerkt an ihr abgleiten. Die Unruhe der letzten Wochen ist vergessen. Das sie erwartende Leben in Buenos Ayres bedeutet ein spannendes Abenteuer für sie. Dem Gewisper der Erwachsenen mit der bangen Frage, ob man sie wohl unbehelligt an Land gehen lassen werde, schenkt sie keine Beachtung, zumal die Optimisten an Bord versucht hatten, derartige Sorgen zu zerstreuen. In Buenos Ayres nehme man alle Immigranten mit Kusshand auf. Die Behörden seien am Bevölkerungszuwachs interessiert, schon alleine, um sich besser vor den Angriffen der wilden Indianerstämme verteidigen zu können, die dort noch immer ihr Unwesen trieben. Und im Übrigen biete jeder Neubeginn Chancen, die es wahrzunehmen gelte. So die Behauptung der Zuversichtlichen.

Plötzlich aber wird die Kleine von der Erinnerung an den schrecklichen Ausgang ihrer Geburtstagsfeier heimgesucht. Ist es doch nur wenige Wochen her, dass ihre behütete Kindheitswelt jäh zusammengebrochen war: Nachdem sie ihre Geschenke in Empfang genommen hatte, war sie damals mit ihren Vettern und Kusinen im Park herumgetollt, als unverhofft einer der Onkel auftauchte und den Kindern befahl, ihre Spiele unverzüglich einzustellen. Dabei hatte er die Stimme erhoben, bis sie sich überschlug. Was sich anhörte, als schimpfe er mit ihnen. Verstört stoben sie auseinander. Dabei gewahrten sie die fremden Männer mit bösen Gesichtern, die ins Haus eingedrungen waren, um sich des Onkels zu bemächtigen. Dessen Sohn, Elviras Spielgefährte Eusebio, blieb schluchzend zurück.

Schmerzlich überkommt sie die Sehnsucht nach dieser Heimat, die sie so Hals über Kopf hatte verlassen müssen: die Sehnsucht nach dem fröhlichen, bunten Brasilien. Nach ihrem Hündchen Pequi mit dem verständigen Blick. Nach ihrer vielköpfigen Familie auf der Zuckerrohrplantage mit den sich unter tiefblauem Himmel wiegenden Königspalmen. Den Andeutungen der Erwachsenen hatte sie entnommen, dass viele der Onkel und Tanten, Kusinen und Vettern in sämtliche Himmelsrichtungen geflohen waren. Die meisten von ihnen nach der rettenden Karibik. In Orte, deren fremdartige Namen sie sich nicht gemerkt hatte. Dennoch war mehr als einer den Inquisitoren aus Lissabon in die Hände gefallen; wer weiß, was aus ihnen geworden war. Warum nur, warum? Und was ist eigentlich ein Inquisitor?

Während sie weiterhin am Bug des Schiffes steht und der Lärm der aufgeregten Passagiere an ihr Ohr dringt, die sich auf die Landung vorbereiten, beschleicht sie die Angst vor dem Unbekannten. Vermischt allerdings, diese Angst, mit der kitzelnden Neugier vor einer verlockenden Zukunft, die vor ihr liegt. Und als ihr geholfen wird, auf einen der großrädrigen Ochsenkarren zu klettern, der, die Konstellation der Gezeiten nutzend, die Reisenden ans Ufer bringen soll, überkommt sie erneut der unbändige Freiheitsdrang, der alle trüben Gedanken und widersprüchlichen Gefühle hinter sich lässt.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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