Das Leben ist zu kurz für Knäckebrot - Sabine Asgodom - E-Book

Das Leben ist zu kurz für Knäckebrot E-Book

Sabine Asgodom

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  • Herausgeber: Kösel
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2011
Beschreibung

Viele Frauen haben sich damit abgefunden, dass die Waage ihr Stimmungsmacher ist. Sie akzeptieren das Diktat des Schlankseins und bestrafen sich selbst, wenn sie »gesündigt« haben. Und das beginnt bereits bei zwei, drei Kilo zu viel.

Ihre erste Diät machte die Bestsellerautorin Sabine Asgodom mit 13. Heute sagt sie: »Ich werde nie wieder Kalorien zählen. Und ich werde mich nie wieder dafür entschuldigen, dass ich dick bin. Es geht für Frauen nicht wirklich ums Gewicht. Es geht darum, uns neu lieben zu lernen: so, wie wir sind – ob wir nun 50, 80 oder 130 Kilo auf die Waage bringen.«

Nachdem sich Sabine Asgodom von gesellschaftlichen Normvorstellungen, Diätzwängen und dem herrschenden Schönheitswahn gelöst hat, genießt sie in vollen Zügen ein Leben aus der Fülle ihrer Talente. Mit dieser Wertschätzung und Lebensfreude gelingt es ihr, alle anderen Frauen anzustecken.

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Seitenzahl: 271

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Copyright © 2010 Kösel-Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbHNeumarkter Str. 28, 81673 München.
© Illustrationen im Innenteil: Alle Einzelabdruckrechte aus diesem Buch bei www.cartoon-concept.de
ISBN 978-3-641-05212-6V002
www.koesel.de
Inhaltsverzeichnis
EINLEITUNG
DICK IST DAS NEUE DÜNN
Ich bin dick, glücklich und erfolgreich!
Nie wieder fürs Gewicht entschuldigen
Der Hungerhaken-Trend wandelt sich
DICK ODER ZU DICK?
Niemand hat das Recht, Dicke zu beleidigen!
DAS ENDE EINER 25-JÄHRIGEN DIÄT-KARRIERE
Abnehmen ohne hungern – wer‘s glaubt
WARUM WERDEN WIR ÜBERHAUPT DICK?
Dicke Menschen sind dick, aber nicht doof
Gehören Sie zum Stamm der Genussesser?
DIE FÜNF »T«, WARUM WIR DICK WERDEN
Talent: Die Lizenz zum Essen
Trotz: Ihr wollt mich dünn? Pah!
Trance: Die Macht der Gewohnheiten
Turbulenzen: Was Stress mit uns macht
Traurigkeit: Ich hab doch alles versucht
DIE FÜNF »L« DER LÖSUNGEN
Liebe: Sich mögen lernen
Lust: Erkennen, was wirklich wichtig ist
Leichtigkeit: Das Leben genießen
Laben: Essen mit Gelassenheit
Lachen: Gehen Sie hinaus und strahlen Sie
Danksagung
ANMERKUNGEN
LITERATUR
Copyright
EINLEITUNG
Eigentlich wollte ich ein Buch für dicke Frauen schreiben. Richtig dicke Frauen. Frauen wie mich. Frauen, die nach dem Kauf eines Kleidungsstücks in XL oder XXL als Erstes das Schildchen mit der Größe rausschneiden (was, das machen Sie bei Größe 40 auch?). Frauen, die nicht gerne schwimmen oder joggen gehen, da sie die Blicke der anderen fürchten. Frauen, die alle Diäten des Orients und Okzidents ausprobiert haben und immer nur dicker geworden sind. Frauen mit Übergewicht eben.
Dann habe ich Seminarteilnehmerinnen und Kundinnen von diesem Buch erzählt. Dünnen, molligen, runden, großen, kleinen, kurvigen, dicken, hageren, starken, vollbusigen, kleinbusigen, dickbäuchigen, Röllchen-tragenden, sportlichen, kräftigen. Ich habe erwähnt, dass es darin um Selbstbewusstsein für dicke Frauen geht. Und alle (in Worten »alle«) Frauen haben gesagt: »Au ja, wann kommt das Buch raus? Das brauche ich!« Und ich habe noch einmal gesagt: »Das wird ein Buch für dicke Frauen!« Und sie haben gesagt: »Ja, super, ich muss auch ein paar Kilo abnehmen.« Und ich habe gedacht: »Spinne ich?« Und dann: »Spinnen die?«
Daraufhin habe ich im Internet auf Twitter eine Umfrage gestartet: »Was glauben Sie – wie viele Frauen fühlen sich zu dick?« Die Antworten haben mich umgehauen. Hier eine kleine Auswahl der Mutmaßungen meiner Tweet-Bekannten:
»Ich kenne eigentlich nur eine, die sich nicht als zu dick bezeichnet. Traurig.« verbesseRunge
»99 Prozent?« Astrid13
»99 Prozent derer, die Frauenzeitschriften lesen, würde ich sagen.« Tanteschmitt
»Ich schätze, 90 Prozent meiner schönen und fantastischen Frauen bezeichnen sich als zu dick – obwohl sie es nicht sind.« villarrasa
»Alle außer mir. Ich bin nämlich manchmal zu dünn.« Quiete_something
»Ich denke, dass sich über 80 Prozent der Frauen als zu dick bezeichnen, aber gleichzeitig das Gewicht nach unten schummeln.« Goldlamm
»Ich befürchte, dies dürften über 50 Prozent sein?« RainerKrumm
»Die meisten finden sich zu dick. Da kann ich mich nur wundern.« Pgerike
»Ich schätze, 80 Prozent; gehöre auch dazu, macht aber nix...« nokidesign
»Vermutlich mehr als 90 Prozent. Gott sei Dank lassen wir den Magerwahn auch in den Medien langsam hinter uns. Das ist gut so.« Linda42a
»Wie viele? ZU VIELE! Die Frage ist doch, woher die Frauen wissen, dass sie zu dick sind. Wer sagt das? Der Spiegel, die Zeitung, die Gesellschaft?« Hartig_Coaching
»Wohl alle Frauen, die Germanys Next Topmodel gucken. Ich glaube, selbst schlanke Frauen ab Größe 38.« Pro-Charisma
»83 Prozent? Super Thema übrigens, auf das Buch freue ich mich.« Haseltweet
»Es gibt keine zu dicken Frauen. Es gibt nur Männer mit zu kleinen Händen ☺« Redenstrafferin
Wenn ich das alles richtig verstehe, heißt das: Wir sind viele. Und zwar »zu viele«. Wie kommen Frauen mit Größe 38 oder 40 dazu, sich selbst als zu dick zu sehen? Warum machen ca. ein Drittel der Frauen in Deutschland ständig Diäten? Was ist los mit dem Selbstbewusstsein von Frauen, die »ganz nebenbei« super begabt und ausgebildet, prima in ihrem Job, tolle Mütter und Ehefrauen, liebevolle Töchter und gute Freundinnen sind? Warum hauen sie sich das Wort »dick« selbst um die Ohren?
Dicksein ist kein vorübergehendes Unwohlsein, keine Anwandlung für einen Tag. Dicksein bestimmt das Lebensgefühl, das Seelenheil, wenn Sie so wollen. Denn: Dicksein wird geächtet, Dicksein gilt als Charakterfehler. Wir können es jeden Tag in der Zeitung lesen: Dicke belasten die Krankenkasse und die Umwelt. Dicke sind eigentlich an allem schuld. Ganz abgesehen mal von der Ästhetik! Zu jedem Sommeranfang mokieren sich irgendwelche Journalisten und auch Journalistinnen in Zeitungen und Zeitschriften darüber, dass jetzt wieder der Anblick fetten Fleisches zu befürchten ist, der ihr Auge beleidigt.
Es ist okay, dick zu sein. So, du bist also dick. Also, sei dick und rede nicht mehr darüber!
ROSEANNE BARR

Dicksein ist kein Charakterfehler

Mein Gott, hört auf damit! Dicksein ist kein Charakterfehler, Dicksein ist kein Zeichen von Stupidität und Labilität. Sehr dick sein ist vielleicht ungesund, aber nicht gefährlich für die anderen! Man stirbt nicht beim Anblick eines entblößten XXL-Oberschenkels. Das gilt für die öffentliche Meinung, aber auch für die Einschätzung von Frauen selbst. Dicksein heißt für viele: hässlich sein, nicht richtig sein, eine Versagerin sein – und das beginnt bei drei Kilo zu viel!
In einem Interview hat mir die Leiterin einer kommerziellen Abnehmgruppe erzählt, dass die dünnen Frauen die dicken in ihrer Gruppe verdrängen: »Die ganz dicken kommen gar nicht mehr, die sind sowieso frustriert. Jetzt kommen die Frauen, die vielleicht drei oder fünf Kilo zu viel haben. Wenn überhaupt, oft glauben sie auch nur, dass sie zu dick sind. Und sie erzählen mir, wie sie mit diszipliniertem Sport, Schwimmen oder Laufen, ihren Körper stählen. Ich bin manchmal fassungslos!«
Vielleicht sollten wir die Bedeutung des Gewichts einmal wieder ins rechte Maß bringen:
› Es gibt Menschen, die können sich selbst motivieren. Und andere können es nicht.
› Es gibt Menschen, die können super Ordnung in ihren Unterlagen halten. Andere können es nicht.
› Es gibt Menschen, die Freude daran haben, jeden Tag joggen zu gehen. Andere können es nicht.
› Es gibt Menschen, die haben einen grünen Daumen für Pflanzen. Andere können es nicht.
› Es gibt Menschen, die sind ehrgeizig und wollen voran- kommen. Andere wollen es nicht.
› Es gibt Menschen, die können sich beim Essen disziplinieren. Andere können es nicht.
› Es gibt Menschen, die können Gedichte schreiben. Andere können es nicht.
› Es gibt Menschen, die können schwimmen, radfahren und 84 Kilometer laufen. Andere können es nicht.
› Es gibt Menschen, die können ihren »inneren Schweinehund« bekämpfen. Andere können es nicht.
Niemand würde jemanden beschimpfen, der nicht eislaufen, Ballett tanzen oder dichten kann. Menschen, die nicht bereit oder in der Lage sind, sich dünn zu hungern, werden beschimpft und an den Pranger gestellt. Ihnen wird unterstellt, undiszipliniert, erfolglos und labil zu sein oder wie es in meiner Kindheit hieß: fett, faul und gefräßig.
Mit ein paar Pfund mehr auf den Rippen sehe ich besser aus!
BEYONCÉ, SÄNGERIN
Gestern Abend habe ich durch Zufall eine Sendung auf »Pro7« gesehen, in der die blonde Ansagerin und unbekannte Möchtegern-Models und unattraktive B-, ach was, C-Schauspieler über die Gewichtsprobleme von Schauspielerinnen und Sängerinnen hergezogen sind. Anschließend hat die dünne Moderatorin Ausschnitte aus (vor allem amerikanischen) Talkshows anmoderiert, in denen Dicke aufeinander und aufs Publikum losgelassen wurden. Im alten Rom wurden Sklaven den Löwen zum Fraß vorgeworfen, in manchen Sendungen werden mittlerweile die Dicken als Abschaum vorgeführt. Und das Publikum grölt. In den Reklamepausen dieser«lustigen« Sendung wurde Werbung für Produkte aus den Bereichen Eiscreme, Schokolade, Alkohol und Fastfood gemacht.
Ein Schelm, der Böses dabei denkt. In der Sendung macht man sich über Dicke lustig, und in den Werbepausen werden die Zuschauer angefixt mit lecker, lecker. Das ist kein Zufall, denn alle Mediaplaner überlegen sich die Platzierung von Werbung genau. Die Zuschauer am späten Abend werden offensichtlich als »Genuss-affin« erkannt, die sich aber daran ergötzen, dass sich andere Dicke im Fernsehen zum Affen machen.
Wissen Sie nicht, dass Mangelernährung so was von vorbei ist? Wie können Sie nur so 2006 sein?
MIMI SPENCER
Aber auch in deutschen Hochglanzmagazinen werden Hollywood-Schauspielerinnen öffentlich vorgeführt: Vorher-Nachher-Bilder und der Stempel: 7 Kilo zugenommen, 15 Kilo zugenommen. Und man spürt, wie sich die stark untergewichtige, 1,81 m große Promi-Redakteurin vor Ekel schüttelt (ich habe 25 Jahre lang in den Medien gearbeitet, ich kenne solche). Was für eine Unverschämtheit!
Hallo, das Leben ist zu kurz für Knäckebrot! Ich denke, Sie wissen, wie ich das meine. Das Leben ist zu kurz für Selbstbestrafung, Selbstverachtung und ein Leben im Mangel. Zur Ehrenrettung des Knäckebrots: Ich esse gerne Knäckebrot – aber aus Lust, nicht aus Diätenfrust.
Überhaupt Diäten: Warum sollen Millionen von Frauen ihren Körper nach den Vorstellungen von Medien und Meinungsmachern modellieren? Wir sollten lieber die anprangern, die Frauen mit Kurven das Leben schwer machen: Modedesigner schaffen Kleider ausschließlich für hagere, große Bohnenstangen; Möbeldesigner schaffen Stühle für schmalhüftige Kindfrauen mit kleinem Popo.
Und die deutsche Lufthansa ist nicht in der Lage, die Sitzgurte in der Businessclass so großzügig zu bestellen, dass die geschäftsreisende Rubensfrau sich anschnallen kann, ohne die Flugbegleiter um ein Verlängerungsstück bitten zu müssen.
Das alles macht Frauen, die dick sind, Stress. Und damit ist die Grundlage dafür gelegt, dass sie noch dicker werden. Denn Stress macht dick. Der Volksmund hat das immer schon gewusst und von »Kummerspeck« gesprochen. Und das ist inzwischen wissenschaftlich belegt. Stress, das ist in der Materialforschung die Belastung, die auf etwas wirkt, bis es bricht. Und Stress ist das, was Menschen krank macht – und eben Dicke immer dicker.
Ich weiß, wovon ich schreibe, seit über vierzig Jahren ist Übergewicht mein Thema. Ich habe zig Diäten gemacht, die Folgen des Jojo-Effekts am eigenen Leibe verspürt, und ich habe in jahrelanger Arbeit mit Frauen herausgefunden, was sie dick werden lässt und was ihnen wieder mehr Lebensfreude verschaffen kann.
Dieses Buch wird Ihnen helfen, genau die Kilos abzunehmen, die Sie loswerden wollen. Garantiert! Sie müssen nur bei jeder Heißhungerattacke zu diesem Buch statt zu einer Leberwurststulle oder der Fünferpackung Schokoeis greifen! Im Notfall müssen Sie fest hineinbeißen! Ihr Leben lang! Glauben Sie mir, diese Aussage ist genauso seriös und hilfreich wie alle anderen Diätversprechen, die Sie in den letzten zwanzig Jahren gehört oder gelesen haben.
Im Ernst: Mein Buch will Frauen helfen, sich von ihren »Gewichtsproblemen« endgültig zu verabschieden. Das heißt nicht unbedingt, sich von ihren Pfunden zu trennen, sondern »Schluss mit dem G’schiss ums G’wicht« zu machen (für Nichtbayern: »Ende mit dem Getue um das Gewicht«).
Ich bin ja von Beruf Coach, und ein Prinzip des Coachings ist es, die Menschen Geschichten erzählen zu lassen, damit sie selbst auf die für sie beste Lösung kommen. Da ich nicht jede Einzelne von Ihnen fragen und Geschichten erzählen lassen kann, werde ich Ihnen in diesem Buch viele Geschichten von mir erzählen, die wahrscheinlich auch etwas mit Ihrem Leben zu tun haben. Ich werde Ihnen schildern, welche Schlussfolgerungen ich daraus gezogen habe. Und Sie können die Ihren ziehen. Denn Ihre eigenen Erkenntnisse und Gedanken werden Ihnen helfen, sich aus dem Stress des Dickseins zu befreien.
Absolut Stress lösend und Lachfalten verstärkend sind die zauberhaften Zeichnungen, die Peter Gaymann zu diesem Buch beigesteuert hat. Seine Hühner bringen es einfach auf den Punkt. Ich hoffe, Sie finden ebenso viel Spaß daran wie ich. Meinen absoluten Lieblings-Gaymann finden Sie übrigens auf Seite 34.
Manche Autorinnen (besonders prominente) kokettieren in ihren Büchern mit dem Dicksein. Es ist halt so, Frauen werden sich immer zu dick fühlen, Diäten werden sie für immer begleiten, wenn der Hosenbund kneift, viele lustige Geschichten dazu, das Buch ist systemunterstützend – und die Gewinner am Diätmarkt freuen sich.
Mein Ansatz ist ein anderer, denn: Kokettieren ist die neckische Seite der Resignation. Resignation heißt: Frauen finden sich damit ab, dass die Waage ihr Lebenscoach ist.
Sie akzeptieren das Diktat des Schlankseins; sie akzeptieren, dass sie ein besserer Mensch sind, wenn die Waage das »richtige« Gewicht zeigt. Und sie bestrafen sich selbst, wenn sie »gesündigt« haben.
Laut Statistik haben 72 Prozent aller Frauen in Deutschland schon einmal eine Diät gemacht (bei Männern sind es 52 Prozent).1 33 Prozent sogar schon mindestens fünf Mal. Das heißt: Zig Millionen Frauen in Deutschland, Österreich und der Schweiz hungern und kasteien sich deswegen, terrorisieren ihre Familien mit Diätgerichten und schlechter Laune, ziehen ihre Kinder in die Diätfalle, mit den Auswirkungen des »Sich-nicht-Mögens« und »Falschseins«. Es entsteht die Selffulfilling-Prophecy-Abwärts-Spirale, von denen die meisten Dicken ein Lied singen können. Was wurde ihnen oft als Kinder gesagt: »Iss nicht so viel, du wirst dick. Du bist dick. Schau mal deinen dicken Hintern an...«
Untersuchungen beweisen, dass dies der Startschuss zu einer »erfolgreichen« Dicken-Karriere ist. Fast jede Dicke kennt diese Marschmusik im Kopf: »Dick, dick, rumtata, dick, dick...« Ich kenne sie auch, immer wieder schleicht sie sich in mein Hirn.
Wenn die Natur gewollt hätte, dass unser Knochengerüst sichtbar ist, dann hätte sie es an der Außenseite unseres Körpers angebracht.
ELMER RICE
Ein Beispiel: Wir sind zu einem Fest eingeladen. Mein Mann schaut mich an und sagt: »Du hast dich ja so schick gemacht.« Ohne eine Sekunde nachzudenken lege ich meine Hand auf meinen Bauch und antworte: »Ja, dick wie ich bin.« Und erschrecke. Auch bei mir klappt immer noch ab und zu die innere Abstrafmethode. Wichtiger als alle unsere positiven Eigenschaften, egal ob wir erfolgreich, blitzgescheit, begabt, warmherzig, zupackend und zauberhaft sind, ist für alle vermeintlich dicken Frauen die brutale Erkenntnis: »Ich bin eine Diät-Versagerin.«
Mein Buch soll systemsprengend sein. Es geht darin zwar um das (vermeintliche) Dicksein, aber vor allem geht es um die Kunst, selbstbewusst zu sein – in allen Kleidergrößen, mit 50, 80 oder 130 Kilo! Es geht um den Selbstwert von Frauen, denen ein Kilo mehr oder weniger beim morgendlichen Wiegen nicht mehr die Vitalität raubt, die Stimmung verdirbt, sie in depressive Laune versetzt. Und es soll die Diätfalle zwischen Mutter und Tochter auflösen, damit eine Generation selbstbewusster Mädchen aufwachsen kann, die sich nicht mit fünf schon zu dick fühlen und mit 13 Anorektikerin sind.
In diesem Buch zeige ich auf, warum wir überhaupt dick werden. Und meine Erklärung ist eine andere als die der meisten Ernährungsberaterinnen und Fitness-Coaches. Ich stelle Ihnen die fünf »T« des Dickwerdens vor:
TALENT: Die Lizenz zum Essen
TROTZ: Ihr wollt mich dünn? Pah!
TRANCE: Die Macht der Gewohnheiten
TURBULENZEN: Was Stress mit uns macht
TRAURIGKEIT: Ich habe doch alles versucht
Wissenschaftlich erwiesen ist (nach Prof. Martin Seligman):
› Diäten funktionieren nicht.
› Diäten erhöhen Übergewicht, senken es nicht.
› Diäten können schädlich für die Gesundheit sein.
› Diäten können Essstörungen hervorrufen – Bulimie und Anorexia.
Die wichtigste Erkenntnis: 19 von 20 Studien zum Thema Übergewicht zeigen, dass dicke Menschen nicht mehr essen als dünne. Einer dicken Frau zu sagen, sie könne mit Diät abnehmen, ist eine Lüge: Um abzunehmen und das Gewicht zu halten, muss sie für den Rest ihres Lebens erheblich weniger essen als »Normalgewichtige«. Und ganz unter uns: Ich werde Ihnen verraten, warum das Abnehmen in bestimmten Gruppen genauso sinnvoll ist, wie wenn die Metzgerinnung von Oberschwaben Fett-weg-Seminare macht und anschließend Leberkässemmeln anbietet (dazu später mehr).
Essen hat Sex als Quelle der Schuldgefühle abgelöst!
PSYCHOLOGY TODAY
Dicksein ist so beschämend, weil wir unterstellen, dass jede Dicke verantwortlich für ihr Gewicht ist. Das ist falsch. Jeder Körper hat ein natürliches Gewicht, das sich heftig gegen alle Diäten wehrt. Martin Seligman nennt es den Set-Point. Denn Gewicht ist in weiten Teilen genetisch bedingt.
Fest steht:
› Du kannst mithilfe fast jeder Diät in ein oder zwei Monaten erheblich abnehmen.
› Du wirst innerhalb weniger Jahre fast alles wieder zurückgewinnen.
Aufregen allein bringt nichts, das ist auch mir klar, deshalb habe ich recherchiert, was wir wirklich brauchen, um als Frau, und meinetwegen als dicke Frau, zufrieden und glücklich zu sein. Dazu müssen wir uns als Erstes von einem weiteren großen Irrtum verabschieden: Schlanksein macht nicht automatisch glücklich. Ich kenne genauso viele unzufriedene dünne wie dicke Frauen. Ich werde Ihnen deshalb die fünf »L« wie Lösungen vorstellen. Es sind:
LIEBE: Sich mögen lernen
LUST: Erkennen, was wirklich wichtig ist
LEICHTIGKEIT: Das Leben genießen
LABEN: Essen mit Gelassenheit
LACHEN: Gehen Sie hinaus und strahlen Sie
Sie werden in diesem Buch auch erkennen, Dicksein taugt nicht zur Entschuldigung. Nach dem Motto: Wenn ich schlank wäre, dann wäre ich die strahlende, dünne Schönheit, die in mir steckt, und...
› hätte den Mann, der mich vergöttert
› den Traumjob, in dem ich glänze
› den Erfolg, der mir zusteht
› die Freunde, die mich schätzen
› die Anerkennung, die ich mir ersehne.
Ich zeige Frauen, dass sie ein erfülltes Leben haben können, egal ob sie dünn oder dick sind. Es kommt auf ihr Selbstwertgefühl an. Ob sie sich mögen oder nicht. Es kommt auf die innere und äußere Haltung an. Wir wissen, dass nicht alle Männer auf Dünne stehen, und wir wissen auch, dass nicht alle dünnen Frauen erfolgreich in ihrem Job sind. Hier noch einmal als Spruch fürs Poesiealbum:
Dünnsein allein macht nicht glücklich!
Oder, wie wir es aus dem Amerikanischen kennen: »Size doesn’t matter«. Die Größe zählt nicht. Lebenserfüllung und Lebensfreude sind nicht durch Schlankheitsdiäten zu bekommen. Du kannst dünn und der bezauberndste Mensch der Welt sein, du kannst dick und die schrecklichste Schnepfe sein – und umgekehrt. Das hat nichts mit dick oder dünn zu tun. Ganz nebenbei: Eine glückliche Dicke kann umwerfend ausschauen!
Übrigens: Ich werde Ihnen in diesem Buch neben ganz viel luststeigernden Übungen und Methoden, um Leichtigkeit zu gewinnen, eine faszinierende Marketingstrategie vorstellen, wie Sie den Mann finden, der Sie so liebt, wie Sie sind. Entwickelt von einer Frau, die sich auskennt: eine Top-Managerin, die ganz systematisch an dieses Thema herangeht. Ich möchte in diesem Buch Lust auf Leben machen, die Lust am Essen wiedererwecken, die Lust am eigenen Körper stärken.
MEIN WUNSCH: Das Leben soll dir schmecken!
DICK IST DAS NEUE DÜNN
Mein Name ist Sabine, und ich bin dick. Ich habe Diäten gemacht, seit ich 13 Jahre alt war. Ich habe in dieser Zeit mehrmals mein eigenes Gewicht abgehungert. Und es doppelt zurückbekommen. Nach der Recherche zu diesem Buch ist mir eines klar: Ich werde nie wieder in meinem Leben eine Diät machen. Ich schwöre.
Und: Ich werde mich nie wieder dafür entschuldigen, dass ich dick bin, oder dass ich eigentlich ganz anders bin, oder dass ich gerade Stress habe, oder dass eine dünne Frau in mir wohnt, oder dass ich gleich morgen mit einer Diät anfangen werde, oder, oder... Mal sehen, ob Sie nach der Lektüre dieses Buches zu einem ähnlichen Entschluss kommen.
Ich werde mich im Essen nicht mehr zügeln und keine Kalorien mehr zählen. Ich werde keinen Salat essen, wenn ich keine Lust auf Salat habe, und ich werde Schokolade essen, wenn ich Schokohunger habe. Ich habe in diesem Jahr gelernt: Es geht nicht um Diät. Essen ist nicht unser Feind. Unser Körper ist nicht unser Feind. Es geht um etwas ganz anderes. Es geht darum, uns neu lieben zu lernen. So wie wir sind. Einzigartig und nicht artig. Mit einem Körper, der okay ist, so wie er ist.
Ich habe zwei Wochen Diät gemacht, und was ich verloren habe, sind vierzehn Tage!
TOTIE FIELDS
Um von diesem Buch zu profitieren, müssen Sie übrigens gar nicht übergewichtig sein. Vielleicht haben Sie ein gestörtes Verhältnis zum Essen, das man Ihnen gar nicht ansieht. Zum Beispiel als gezügelte Esserin, die einen großen Teil Ihrer Energie in ausgeklügelte Speisepläne investiert, um dem Dämon Essen nicht zu verfallen. Oder Sie gehören zu den Fitnessfreaks, die alles erbarmungslos wieder abstrampeln, was Sie sich angefuttert haben. Auch für Sie ist dieses Buch, das Freiheit von Kontrollzwängen geben soll.
Und: Auch Frauen, die von Natur aus dünn sind, sollen bitte dieses Buch lesen und weiterempfehlen. Vielleicht bekommen Sie überraschende Erkenntnisse und verstehen ihre dicke Freundin/Schwester/Kollegin besser, die doch »eigentlich« eine patente Frau ist und »nur das mit dem Gewicht nicht hinkriegt«. Übrigens, Schwestern der Fülle: Die Diskriminierung von dünnen Frauen macht uns Dicke auch nicht glücklicher. Sprechen Sie mir nach: »Nicht jede Frau, die dünner ist als ich, ist anorektisch.«
Auch Männer, die sich herantrauen, können einen Nutzen aus dem Lesen dieses Buches ziehen, egal ob selber übergewichtig oder als Partner einer »molligen« Frau. Ich schreibe zwar gezielt für dicke Frauen, weil ich deren (Gefühls)-Welt am besten kenne. Doch die Erkenntnisse hängen weder am Gewicht noch am Geschlecht. Und vielleicht fallen in Zukunft ein paar zynische Bemerkungen weniger über dicke Frauen, dann hätte sich das Buch schon gelohnt.
Eine Bemerkung zum Thema Essstörungen. Dieses Buch handelt von Frauen, die (gerne) viel und vielleicht einseitig essen und sich deshalb (manchmal) unglücklich fühlen. Im Fall von gefährlichen Essstörungen wie Magersucht, Bulimie, Binge-Eating, extremem Übergewicht und ähnlichem braucht es mehr als ein Buch (auch wenn ich hoffe, dass Sie hier manche Anregungen zum Nachdenken finden). Frauen, die unter massiven Essstörungen leiden, sollten sich professionelle Hilfe suchen. Adressen finden sie auf der Internet-Seite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (www.bzga-essstoerungen.de).

Ich bin dick, glücklich und erfolgreich!

Es geht um das Vorurteil, dass dicke Frauen faul, undiszipliniert und labil seien. Was für ein Blödsinn! Ich brauche nur mein eigenes, ziemlich erfülltes Leben anschauen, in dem ich es tausend Mal bewiesen habe:
› Ich war 25 Jahre lang eine erfolgreiche Journalistin, meine Leserinnen haben mich geschätzt, manche geliebt. Ich habe zehn Jahre lang in Redaktionen von Frauenzeitschriften gearbeitet, neun Jahre in einer, die Gott sei Dank nie eine Diät im Heft hatte – der Cosmopolitan.
› Ich habe 1999 den Mut gehabt, mich selbstständig zu machen. Ich bin Management-Trainerin und Coach geworden. Ich widerspreche allen gängigen Vorstellungen einer erfolgreichen Geschäftsfrau; wenn man den Fitnessgurus glaubt, überhaupt dem Bild eines erfolgreichen Menschen. Aber ich bin erfolgreich. Auch ohne Triathlon.
› Ich halte Reden auf großen Bühnen, vor großem Publikum, oft sind es 1000 und mehr Zuhörer, und manchmal bis zu vier Stunden lang – und das in Größe 52. Es gibt übrigens inzwischen auch in dieser Größe wunderbare Auftrittsjacken!
› Ich coache Führungskräfte aus Wirtschaft und Politik. Ja, die schätzen mich trotz Übergewicht, auch wenn das Thema »schlanke Strukturen« heißt. Ich kann Strategien entwickeln und weiß, wie man Veränderungen herbeiführt. Daran kann es nicht liegen, dass ich nicht dauerhaft abgenommen habe. (Ich glaube auch nicht, dass Kalorien die kleinen Männchen sind, die im Kleiderschrank wohnen und nachts die Kleider enger nähen.)
› Ich habe zwischen 120 und 150 Auftritte im Jahr, Vorträge, Moderationen, Seminare. Und ich war jedes Mal pünktlich, ausgeschlafen, gut vorbereitet und begeisternd. Es kann also auch nicht sein, dass ich undiszipliniert bin, wie Dicken gern nachgesagt wird.
› Ich bin ein beliebter (nein, liebe Finger auf der Tastatur, nicht beleibter) Gast in Fernseh-Talkshows, weil ich Stimmung, gute Laune und Lebendigkeit in die Sendung bringe. Aber ehrlich, im Fernsehen sieht man dicker aus,als man in Wirklichkeit ist!
› Ich bin Deutschlands erster Certified Speaking Professional, eine Auszeichnung des Internationalen Rednerverbands Global Speakers Federation, nur rund 600 Redner weltweit haben sich diese Zertifizierung erarbeitet. In der Zertifizierung haben meine Kunden mich grandios bewertet. Nein, nicht aus Mitleid, sondern weil ich et was bewege. Ach ja, Dicke sind träge?
› Ich verdiene richtig gutes Geld und weiß, dass auch eine Kaviardiät mich nicht glücklich machen würde. Das von wegen »Fettsucht als Unterschicht-Problem«! Ich glaube inzwischen: Reiche Zu-viel-Esser können ihre Angewohnheit nur besser tarnen – mithilfe von Super-Steppern im Keller und Personal Trainern, die sie dreimal in der Woche um die Alster/durch den Englischen Garten/ den Tiergarten/den Central Park, am Rhein/East River/ Neckar entlang treiben. Einer Studie habe ich entnommen, dass unter Frauen in Führungspositionen mehr Untergewichtige (7,5 Prozent) als Adipöse (4,7 Prozent) zu finden sind. Aber darüber macht sich niemand Sorgen (genauso wenig wie über Arbeitssucht).
› Ich habe 23 Bücher geschrieben, darunter manche Bestseller und Longseller mit einer Gesamtauflage von schätzungsweise einer halben Million, und weiß jetzt, dass die Zeit am Schreibtisch wertvoller für mich war als drei Abende Workout im Fitnessstudio. Die Frage ist doch: Was erfreut meine Seele? Was erscheint mir als sinnvoll?
Mein liebster Leserbrief kam vor drei Jahren aus der Mongolei. Da schrieb eine Frau, sie hätte als Studentin in Korea mein Buch »Eigenlob stimmt« in Koreanisch gelesen. Ob sie es auf Mongolisch übersetzen dürfe, »wir mongolischen Frauen brauchen es!«.
› Und last but not least, wie die Deutschen zu sagen pflegen: Ich habe gerade vom Bundespräsidenten das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen bekommen – für mein »engagiertes Wirken«.
Soll ich Ihnen ehrlich etwas verraten? Diese Aufzählung ist auch für mich. Ich brauche sie immer wieder einmal, um mich vom Druck des Dünn-sein-Müssens zu retten. Ich habe eigentlich schon lange gewusst, dass das Gewicht kein Maßstab für Glück ist. Aber ich habe mich immer wieder verunsichern lassen. Von SPIEGEL-Titelstorys wie von meinem eigenen Spiegelbild. Von den faszinierenden Geschichten von Frauen, die 25 Kilo im Schlaf abgenommen haben, bis zu dem Wunsch, Stiefel über meine strammen Waden zu bekommen. Von der Scham, beim Arzt ein gelbgemarkertes »adipös« in meine Karteikarte gedrückt zu bekommen.
Ich bin fett, nach Beschreibung des Body Mass Index (BMI), aber ich bin nicht dumm und auch nicht faul. Und ich verbitte mir, dass mir – wie allen Übergewichtigen – nicht nur der Zusammenbruch des Gesundheitssystems, sondern gleich auch noch die Schuld am Klimawandel in die Schuhe geschoben wird (das glauben Sie nicht? Na dann lesen Sie mal Seite 91).

Nie wieder fürs Gewicht entschuldigen

Ich höre jetzt schon Kritikerinnen schreiben: Ach, die dicke Autorin will sich mit dem Buch nur dafür entschuldigen, dass sie es nicht schafft, abzunehmen. Soll ich Ihnen etwas verraten: Das brauche ich gar nicht, denn ich fühle mich nicht schuldig. Es geht nicht um Schuld oder Entschuldigen. Überhaupt werde ich mit dem Kainswort »Schuld« aufräumen. Es geht nicht darum, dass wir Dicken uns das Leben noch schwerer machen, sondern leichter bitteschön.
Ich muss mich nicht fürs Dicksein entschuldigen- ich fühle mich nämlich gar nicht schuldig!
Ich habe für dieses Buch Dutzende anderer Bücher ausgewertet, über Diäten, über die Diätlüge, über Bewegung und Selbstbestimmung, weibliche Macht und Mythen. Die deutschen Bücher zum Thema Übergewicht waren meist sehr gut wissenschaftlich belegt und haben mich aufgerüttelt, wie das wichtige Buch »Dick, doof und arm?« des Soziologen Friedrich Schorb.2 Er ist den Lügen des Schlankheitswahns auf den Grund gegangen und demaskiert sie als Volksverdummung und Geschäftemacherei. Ich habe beim Lesen eine solche Wut auf die Pharma- und Diätindustrie entwickelt, die von dicken, unglücklichen Frauen (und immer mehr Männern) profitieren – durch öffentliche Wiege-Veranstaltungen über gefährliche Abnehmpillen bis Joghurt gegen Blähbauch. Und ich habe irgendwann ganz nüchtern erkannt: So funktioniert Wirtschaft. Wo ein Markt ist, will verdient werden. Basta.
Das heißt für jede einzelne Frau: ihren eigenen Umgang mit ihrem Gewicht zu finden, sich auszusöhnen mit ihrem unvollkommenen Körper und Lebensfreude zurückgewinnen. »Ich bin ein unvollkommener Mensch in einer unvollkommenen Welt!« Dieser Satz hat mir sehr geholfen. Und er stimmt sogar.
Ich bin ein unvollkommener Mensch in einer unvollkommenen Welt!
Schorbs zweites Buch »Der Kreuzzug gegen Fette«3 hat mich wachgerüttelt, was die gesellschaftliche Entwicklung zur Schlankheitsnorm und -kontrolle angeht. Eine These aus diesem wissenschaftlichen Buch: Wenn alle Menschen sich nur noch um ihr Gewicht und ihre Fitness kümmern, haben sie keine Zeit mehr, sich in der Gesellschaft zu engagieren. Statt in die Bürgerinitiative gehen sie ins Fitnessstudio. Ihre Gesundheit ist der Bauchnabel der Welt, alles andere tritt dahinter zurück. Wir erleben dadurch eine Entpolitisierung der Menschen. Die Frage ist: Wer profitiert davon?
In meinem Überschwang nach der Lektüre habe ich leider gleich eine Bekannte beleidigt: Sie hat stolz erzählt, dass sie vier Mal in der Woche nach der Arbeit zwei Stunden ins Fitnessstudio geht, um hart zu trainieren, und wollte mir Gleiches empfehlen. »Asozial« habe ich das genannt. Ich entschuldige mich bei ihr für den wirklich uncharmanten Ausdruck. Ich werde aber gern später erklären, was ich mit a-sozial gemeint habe.
Die »Lizenz zum Essen« des Mediziners Gunter Frank4 war herrlich bestätigend und forderte beim Lesen zum ständigen Kopfnicken heraus. Viele Erkenntnisse, die so banal klingen und so erleichternd sind: Es gibt den hageren Typ und den molligen. So ist es! Manchen Menschen bekommen gekochte Speisen besser als die lautstark propagierte Rohkost. Auch hier konnte ich nur tüchtig nicken. Und der erfahrene Arzt stellt fest: Stress und Druck machen Menschen dick! Am besten war übrigens der angebissene Schaumkuss auf dem Titel – ja, der Mensch versteht mich! Dieses Buch empfehle ich allen meinen Leserinnen! (Leider kann ich nicht alles zitieren).
Ich finde die Idee erschreckend, dass der eigene Körper etwas ist, an dem man immer arbeiten muss!
SUSIE ORBACH, PSYCHOTHERAPEUTIN
Und dann habe ich wieder einmal die »Bibel« meiner wilden dreißiger Jahre nachgelesen, Susi Orbachs »Anti-Diät-Buch« von 1978. Was mir damals die Macheten der Kämpferin in die Hand gegeben hat, erschien mir bei erneutem Nachlesen allerdings mit dem feministisch-psychoanalytischen Ansatz erstaunlich larmoyant und trotz des sicher belegten Hintergrunds gesellschaftlicher Repression gegen Frauen irgendwie »gestrig«. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung hat Susie Orbach vor kurzem selbst konstatiert: »Der Feminismus hat verloren. Heute geht es nur noch darum, Superwoman zu werden...«5
Was sehr spannend in diesem aktuellen Interview war: Die Londoner Psychoanalytikerin erzählt, wie sie die Kosmetiklinie »Dove« beraten hat, eine ganz andere Anzeigenkampagne zu starten, mit normalen Frauen mit normalen Figuren. Sie sagt dazu: »Besser Erfolg für wahrhafte Schönheit als wie bisher Körperhass in die Welt zu exportieren.«
Auf halbem Weg der Recherche war ich in Gefahr, das Thema zu »überpsychologisieren«. Es ging plötzlich nur noch um Schuld und Mutterhass, das Patriarchat als solches, den Wunsch nach Autonomie und Fett als »das unausgesprochene Nein des Körpers«. Stimmt von allem etwas, verleitet aber zu tiefem Selbstmitleid und dem Gefühl: Ich kann ja nichts dafür. Wenn meine Eltern mich anders erzogen hätten... (Dass Erziehung eine Rolle spielt, darauf können Sie getrost eine Latte-Macchiato-mit-Extra-Caramel-Fudge-Sirup-Schlagsahne-und-Schokostreusel schlürfen). Die Frage ist jedoch: Wie gehe ich heute, mit meinen 26, 36, 46 oder 56 Jahren damit um? Um diese Antwort habe ich mich bemüht.
Ich bin fest davon überzeugt, dass Kurven natürlich sind und weiblich und echt.
KATE WINSLET
Eines der Bücher, das mich bei den Schlussfolgerungen meiner Recherche sehr bestätigt hat: »When You Eat at the Refrigerator, Pull up a Chair«6 der amerikanischen BestsellerAutorin Geneen Roth. Roth ist eine Anti-Diät-Kämpferin, die mit Zehntausenden von amerikanischen Frauen gearbeitet hat, die glaubten, Dünnsein stehe für kraftvoll, grandios und glücklich. Mein Lieblingssatz in diesem Buch heißt: »Auch dünne Menschen haben Cellulite, werden alt und sterben irgendwann.« Geneen Roth hat mich direkt gepackt bei meinen Gewohnheiten, bei meinen Vorlieben und Ängsten, im täglichen Tun. Dieser praktische Ansatz hat mir gefallen. Warum Sie sich einen Stuhl vor den Kühlschrank stellen sollten, erzähle ich Ihnen später.
Das absolute Superbuch zum Thema ist »Fat!So?« der Anti-Dicken-Diskriminierungs-Aktivistin Marilyn Wann.7 »Fatso« ist das klassische Schimpfwort für dicke Kinder in den USA, ähnlich dem Wort »Fettsack«, mit dem deutsche dicke Kinder beleidigt werden. Marilyn Wanns Motto heißt: »Because you don’t have to apologize for your size!« Ja, das ist es: »Weil du dich nicht für dein Gewicht entschuldigen musst.« Ein großer Satz, eine wunderbare Erkenntnis. Ich finde: die Revolution! Sie werden mehr davon bekommen.
Ein Praxisbuch für Schönsein ohne Diät ist von der Engländerin Mimi Spencer: »101 Things to do before you Diet«.8 In diesem Ratgeber, in dem man das eine oder andere Kapitel durchaus für oberflächlich ansehen kann, stehen ganz ohne große Aufregung Ausdrücke, die mich umgehauen haben, wie »the dictatorship of thin«. Ja, es gibt eine Diktatur des Dünnseins, und ich möchte Ihnen Handwerkszeug zur Verfügung stellen, wie Sie die Unterdrückungsmechanismen dieser Diktatur aushebeln.
Eines der Geheimnisse eines erfolgreichen Lebens ist, zu essen, was du magst!
MARK TWAIN
Ich habe monatelang alle Google-Alert-Meldungen zu den Themen »Übergewicht«, »Abnehmen« und »Dicke Frauen« aus dem Internet gesammelt (bei Letzerem war übrigens neben interessanten Berichten über die schrille amerikanische Sängerin in XXL Beth Ditto und der Berliner Komikerin Cindy aus Marzahn ziemlich viel Schweinkram dabei). Unglaublich, wie viele wissenschaftliche Studien täglich veröffentlicht werden, die das Horrorbild des dicken Todes zeigen, Fettleber, Krebs, Siechtum... Anfangs blitzte noch jedes Mal bei einer superaktuellen Studie der Gedanke auf: Ah ja, so ist das. Bis der Gegenbeweis vom nächsten Experten kam. Mein Interesse galt bald weniger der Frage, an welcher Uni wurde die Studie erstellt, sondern: Welche Pharmafirma, welches Unternehmen aus der Diätindustrie hat sie in Auftrag gegeben?